schutzgemeinschaft alt bamberg festschrift 2008
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40f e s t s c h r i f tau s g a b e 2008
s c h u t z g e m e i n s c h a f t a lt b a m b e r g e.v.
Jahrefür den
Denkmalschutz
2
Fotos Titelseite:links oben Haus der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg, Schillerplatz 9links Mitte Treppenhaus Karolinenstraße 1links unten Nördlicher Pavillon im Michaelsberger Garten
rechts oben Obere Mühlen, ehemalige Eckertsmühle, vor dem Abbruchrechts Mitte ehemaliges Schleusenwärterhaus ERBA-Geländerechts unten ehemaliger Chirurgischer Pavillon (heute Stadtarchiv), Unt. Sandstr. 30a, Ausschnitt
Foto Rückseite:Osttürme des Doms, Blick von Domstraße 3 aus
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S“Sehr stat t l ich und
schön ist Bambergs An-
blick von weitem. Seine
Altenburg, sein hochgele-
gener vierthurmiger Dom,
der Michelsberg mit seiner
prächtigen Kirche und noch
mehrere Thürme und an-
sehnliche Gebäude, vor Allem aber die herrliche Residenz, geben der Stadt ein reiches, vornehmes
Ansehen und erwecken in dem ankommenden Fremden einen sehr günstigen Vorbegriff. Nichts
stört diesen auch beim Eintritt und weiterem Vordringen in das Innere. Gutgepflasterte, ansehnliche
Strassen, die prächtige Kettenbrücke, welche über die Regnitz führt und die östliche Vorstadt verbindet,
mehrere schöne Plätze, Paläste, Kirchen, zahlreiche gut ausgeschmückte Kaufmannsgewölbe und ein
reges Leben lassen mit Wohlbehagen empfinden, dass man in eine grössere Stadt eingetreten sei, in
den Mittelpunkt freundlichen Wohllebens, des Ueberflusses, der Civilisation, der Künste”.
Gustav von Heeringen (1800-1851)
Wanderungen durch Franken, Leipzig 1839/40, S. 88.
Stadtansicht Bambergs um 1800 (gedruckt im Meisenbach Verlag, Künstler unbe-nannt). Mit dieser Ansicht war der Hausbesitzerbrief, den die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg an alle Denkmaleigentümer versandt hatte, geschmückt.
Prolog
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Sandra Schlicht
Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V.
40Jahrefür den
Denkmalschutz
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Impressum
Herausgeber:Vereinsleitung der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V.Schillerplatz 996047 BambergTel. 0951 – 202521Email: schutzgemeinschaft@altbamberg.dewww.altbamberg.de
Redaktion:Sandra Schlicht
Fotos:Peter Berns, Sylvia Buckel, Marion Dubler,Bernhard Metzner, Sandra Schlicht
Layout:Studio Linear, Graphische Arbeitenwww.studio-linear.de
V.i.S.d.P.:Dr. Jörg Händler, 1. Vorsitzender
9
Prolog
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Editorial
Vorwort der Verfasserin
I. Die Entstehung der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg Die Vorgeschichte Der Kunigundensockel und das Haus zum Marienbild Die Namensfindung Die Gründungsveranstaltung am 27. September 1968 Das Haus am Schillerplatz
II. Vorstände und Vereinsstruktur 1968-1986 1987-1993 und 1993-1996 1996-1999 1999-2005 seit 2005
III. Aktivitäten/ÖffentlichkeitsarbeitDie ersten Jahre Vortragsabende Der Hausbesitzerbrief Gemeindeverordnung Die BAMBERGER GESPRÄCHE Altstadt-JugendfestivalsDie achtziger Jahre Die Sanierung der Oberen Mühlen ErlweinbautenDie neunziger Jahre bis heute Bauleitplanverfahren Förderung öffentlicher Projekte Pavillon am Michaelsberg Sphingen im Hain Dr.-Ingo-Fessmann-Preis Bamberger Spaziergänge
Ehrenmitglieder und -vorstände Dr. Victor Harth Gudila Freifrau von Pölnitz Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg Dr. Christa Harth
Ausblick
Filme
Literaturverzeichnis und Quellen
Epilog
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Inhalt
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T
LEditorial
Liebe Freunde der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg!
Am 27.09.1968 trafen sich im Grünen Saal der Harmo-
nie am Schillerplatz 50 engagierte Bürgerinnen und Bürger
der Stadt Bamberg, um aus Protest gegen den Abbruch
des das Stadtbild prägenden Hauses „Zum Marienbild“
am Kaulbergfuß zu Gunsten einer Verbreiterung der
Straße einen Verein zum Schutze der Altstadt Bamberg zu
gründen. Ziel war es, Umdenkprozesse bei Bürgern und
Verantwortlichen der Stadt Bamberg in Gang zu setzen.
Am Abend der Gründungsversammlung treten 43 Bürge-
rinnen und Bürger in den Verein ein.
Seit diesem Tag setzen sich der Verein und seine Mit-
glieder für Denkmalpflege und Denkmalschutz ein. Pres-
sekonferenzen werden abgehalten, „Bamberger Gesprä-
che“ zum Gedanken- und Erfahrungsaustausch geführt,
Vorträge und Ausstellungen organisiert und Führungen
durch die Stadt mit dem Titel „Bamberger Spaziergänge“
durchgeführt. Auch den Protesten, Aktionen und Beiträgen
der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg ist es zu verdanken,
dass das Bewusstsein für den Schutz und den Erhalt der
historischen Baussubstanz und der historischen Strukturen
in der Bevölkerung fest verankert ist. Nicht zuletzt dem
Engagement unseres Vereins ist es zu verdanken, dass die
Altstadt Bamberg in den Status eines Weltkulturerbes der
UNESCO erhoben wurde.
Tätigkeiten und Engagement unseres Vereins haben
sich in den Jahren seit der Gründung aber auch verändert.
Dies hat vor allem damit zu tun, dass auch Bund, Länder
und Kommunen die Bedeutung des Denkmalschutzes und
der Denkmalpflege erkannt und entsprechende Einrich-
tungen und Organisationen geschaffen haben, auch damit,
dass sich immer mehr Bürger in neuen Vereinen und Orga-
nisationen engagieren und einzelnen Themen wie Verkehr
und Verkehrsplanung, Stadtplanung und Stadtentwicklung
sowie Naturschutz und Ökologie den Schwerpunkt geben.
Bestimmte Aufgaben und Aufgabenbereiche wurden daher
der Schutzgemeinschaft abgenommen.
Dem gegenüber werden aber in Zukunft neue Auf-
gaben auf die Schutzgemeinschaft zukommen: Im Zuge
steigender Ölpreise und ausufernder Energiekosten, neuer
ökologischer Gesichtspunkte und moderner Techniken
werden zukünftig ganz neue Umstände beim Erhalt, der
Renovierung oder Restaurierung von Denkmälern von
Eigentümern, Kommunen, Stadtplanern und uns zu be-
achten sein. Hier sind neue Konflikte, neue Auseinander-
setzungen, aber auch neue Chancen und Tätigkeitsfelder
für unseren Verein absehbar. Ihre Daseinsberechtigung hat
die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg nicht verloren und
wird Sie in Zukunft auch nicht verlieren. Diese rechtfertigt
sich auch anhand folgenden Beispiels: Der diesjährige Tag
des offenen Denkmals steht unter dem Thema „Vergan-
genheit aufgedeckt - Archäologie und Bauforschung“. Die
Stadt Bamberg beteiligt sich wieder an diesem Ereignis mit
vielfältigen Aktionen. Als im Zuge von Baumaßnahmen
in der oberen Sandstraße und der Kleberstraße Reste his-
torischer Bauten bzw. Brunnen gefunden wurden, hatte
sich die Schutzgemeinschaft dafür engagiert, diese Zeug-
nisse sichtbar und erlebbar zu machen. Seitens der Stadt
Bamberg wurde dies aber abgelehnt, eine Umsetzung für
nicht möglich erachtet bzw. für nicht notwendig befunden.
Wann, wenn nicht bei solchen „Zufallsfunden“ sollte die
Stadt Bamberg das oben zitierte Motto ernst nehmen?
Zumindest in der Sandstraße wird, dank des Einsatzes
von “IG interesSAND”, in Erwägung gezogen, die aufge-
fundenen baulichen Reste des Sandtores auch oberirdisch
wieder erlebbar zu gestalten.
Für die Schutzgemeinschaft wird es also auch in Zu-
kunft noch viel zu tun geben, um den Verantwortlichen
in der Stadtverwaltung die Bedeutung von Denkmälern
begreifbarer zu machen. Wir sind dafür bereit - wir denken
weiter.
Ihr Dr. Jörg Händler
1. Vorsitzender
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13
D
FDDen Auftrag, eine Festschrift für die Schutzgemein-
schaft Alt Bamberg anlässlich ihres 40-jährigen Vereins-
jubiläums zu verfassen, nahm ich ohne zu zögern an. Nach
Bamberg war ich aufgrund des hiesigen Studienangebots
an der Otto-Friedrich-Universität gekommen, wo ich das
Aufbaustudium Denkmalpflege und meine Promotion
absolvierte. Daraufhin habe ich mich schließlich hier nie-
dergelassen, bin eine Wahlbambergerin geworden. Der
Erhalt der Altstadt lag mir mit meiner Ausbildung zur
Denkmalpflegerin schon immer am Herzen, so dass mir
das Verfassen der Festschrift auch persönlich viel Freude
bereitet hat.
Die Geschichte der Schutzgemeinschaft ist zugleich
eine Geschichte der Denkmalpflege in Bamberg und
war dies stellenweise sogar weit über Bambergs Grenzen
hinaus.
Die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg, 1968 gegründet,
hat noch vor Inkrafttreten der Denkmalschutzgesetze die
so genannten Bamberger Gespräche ins Leben gerufen,
die sich zu einer bundesweit geschätzten Denkmal-pfle-
ge- Tagung entwickelten. So war beispielsweise Erich
Schosser, einer der Väter des 1973 in Kraft getretenen
Denkmalschutzgesetzes in Bayern, als Redner auf Initiative
der Schutzgemeinschaft in Bamberg ebenso zu Gast wie
Hans-Jochen Vogel, Politiker und damals Bundesminister
für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau.
Die vielfältigen, einfallsreichen Aktivitäten der Schutz-
gemeinschaft haben einen erheblichen Anteil daran, dass
die Bamberger Bürger selbst die Qualitäten und Einmalig-
keit ihrer Altstadt als Werte erkannt haben und weiterhin
erkennen, um sich auch für den Erhalt einzusetzen. Wer
weiß, ob ohne das Engagement der Schutzgemeinschaft
Bamberg überhaupt zum Weltkulturerbe der UNESCO
ernannt worden wäre.
Bürgerschaftliches Engagement, verbunden mit ehren-
amtlicher Tätigkeit, ist in unserer heutigen Zeit sicher keine
Selbstverständlichkeit mehr. Viele Menschen sind allzu
schnell der Meinung, dass sie nichts bewegen könnten,
aber die Erfolge der Schutzgemeinschaft beweisen, dass
mit Engagement, Aufklärungsarbeit und Diplomatie auch
eine Bürgerinitiative durchaus Ziele erreicht.
Für die intensiven Gespräche, die ich mit einigen Grün-
dungs- und Vorstandsmitgliedern führen konnte, möchte
ich mich herzlich bedanken. Zum einen haben sie mir die
Arbeit erleichtert und zum anderen wurde die Geschichte
dadurch greifbar und persönlich. Mein besonderer Dank
gilt den Gründungsmitgliedern Werner Hottelmann
und Dr. Christa Harth sowie den Vorstandsmitgliedern
Marion Dubler, Dr. Horst und Gisela Miekisch, Gabriele
Pfeff-Schmidt und Rosemarie Egger. Rainer Hartmann,
ehemaliger 1. Vorsitzender, möchte ich herzlich für die Ge-
sprächsbereitschaft und die Korrekturlektüre danken. Dr.
Jörg Händler und Ingo Schmitt, die 1. und 2. Vorsitzenden
der Schutzgemeinschaft, danke ich für die Unterstützung
und das Vertrauen.
Der Schutzgemeinschaft wünsche ich, dass es ihr
auch weiterhin gelingt, die Bamberger für ihre Stadt zu
begeistern und dass sie vor allem auch die Jugend, die
diese Stadt in Zukunft schützen soll, als Fürsprecher und
Mitglieder gewinnt.
Sandra Schlicht im August 2008
Vorwort
Vorwort der Verfasserin
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D
BDie Vorgeschichte
Der offiziellen Vereinsgründung am 27. September
1968 gingen einige Ereignisse voraus, die schließlich in
der Konstituierung der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg
mündeten. Zunächst einmal soll hier geschildert werden,
aus welcher Situation heraus die Schutzgemeinschaft
entstand.
Was waren das für Leute, die eine Bürgerinitiative
ins Leben riefen, um den Altbaubestand Bambergs zu
schützen - zu einer Zeit, in der politische Strukturen
aufbrachen und zahlreiche Demonstrationen stattfanden,
so auch in Bamberg 1968 beispielsweise gegen den Viet-
namkrieg oder aber die Notstandsgesetze1?! Die Studen-
tenbewegungen jener Jahre, deren Mitglieder „schon vom
äußeren Habitus anders“ waren, denn „Allein durch unser
Aussehen waren wir eine Provokation für die Bürger“,
so Gerhard Prückner2, sind nicht gleich zu setzen mit
den Gründungsmitgliedern der Schutzgemeinschaft Alt
Bamberg. Für diese engagierten sich Bamberger Bürger,
Denkmaleigentümer und Liebhaber ihrer Stadt, die eben
nicht die Konfrontation, sondern den Konsens suchten,
um ihr Anliegen, nämlich den Erhalt der Baudenkmale,
durchzusetzen.
Die Verkehrsplanung für die Stadt Bamberg war in
den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts ein wichtiges
I. Die Entstehung der
Schutzgemeinschaft Alt BambergBamberg ist eine Stadt mit einer über tausendjährigen Geschichte. Die noch in den sechziger Jahren
erhaltene Bausubstanz und Stadtstruktur legten nahezu lückenlos Zeugnis ab von der Bau- und Siedlungs-
geschichte der Stadt. Nach den Entbehrungen der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegsjahre brachte der
lang ersehnte Aufschwung einen ungeheuren Bauboom mit sich. Altes wurde oftmals unüberlegt abgebrochen,
neue Wohnhäuser, zahlreiche neue Kaufhäuser, aber vor allem neue Straßen entstanden in den Innenstädten
Deutschlands. Vielerorts mussten Kriegsschäden beseitigt werden, und unterschiedliche Wiederaufbau-
lösungen wurden umgesetzt. Bamberg aber hatte das Glück - rein architektonisch betrachtet - nur geringe
Kriegsschäden erlitten zu haben. Die Altstadt als besonders wertvoll und schützenswert zu erachten, dies war
dennoch keine selbstverständliche Einstellung. Zwar gab es bereits Denkmalämter, so feiert das Bayerische
Landesamt für Denkmalpflege dieses Jahr sein 100-jähriges Bestehen, aber ein Denkmalschutzgesetz, das
historische Gebäude vor dem Abbruch hätte effektiv schützen können, war noch nicht in Kraft.
Vor dem Hintergrund der stellenweise radikalen Vorgehensweise im Umgang mit der Altstadt haben sich
Bamberger Bürger dazu entschlossen, eine Bürgerinitiative zum Schutz ihrer Altstadt zu gründen.
Die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg, die nunmehr ihr 40-jähriges Bestehen feiert, wurde am 27. Septem-
ber 1968 gegründet.
1 So fand beispielsweise am 29. Juni 1968 auf dem Bamberger Schön-leinsplatz anlässlich der dritten Lesung der Notstandsgesetze ein Sit-in statt. Siehe hierzu auch: KOHN Werner, 1988, S. 10 ff.
2 Prückner war in Bamberg aktiv bei der Vietnam-Demonstration beteiligt und beschreibt seine Erfahrungen als junger Demonstrant in einem 1988 erschienen „Foto-Taschenbuch“. „Also, wenn wir durch die Straße gegangen sind, besonders mein Freund – riesengroß und
langhaarig -, der ja schon lange in Bamberg lebte und der stadtbekannte Bürgerschreck war, und ich – klein und langhaarig -, wir waren ein Paar, das sehr aufgefallen ist.“ Alle Zitate aus: PRÜCKNER Gerhard, in: KOHN Werner, 1988, S. 85.
3 Fränkischer Tag, Ausgabe vom 24.12.1965, Nr. 299, S. 18.4 Fränkischer Tag, Ausgabe vom 5.11.1965, Nr. 257, S. 24.5 Der Bürgerverein Bamberg Mitte, der auf eine über 100-Jährige
Die Entstehung der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg
15
IA
S
Thema, das einschneidende Veränderungen auch für das
Stadtbild bedeutete. Neben dem Ausbau der Einfallstraßen
sollten auch im innerstädtischen Bereich neue Straßen ent-
stehen, für deren Realisierung wiederum Häuserabbrüche
notwendig waren, und schließlich stand der Neubau der
Unteren Brücke an.
In Bamberg herrschte eine rege Bautätigkeit, die sich
nicht nur auf den umfangreichen Straßen- und Brücken-
neubau beschränkte. Es entstanden sowohl in der Innenstadt
als auch in den Stadtrandbereichen zahlreiche öffentliche
Gebäude, vor allem Schulneubauten, der Neubau des Land-
ratsamtes oder aber das Hallenbad am Margaretendamm.
„Eins steht hingegen fest:“, so berichtet der Fränkische
Tag im Dezember 1965 rückblickend, „So viel wie in den
letzten Jahren in Bamberg gebaut worden ist, speziell von
der öffentlichen Hand, wird im kommenden und in dem
ihm folgenden Jahren in Bamberg mit größter Wahrschein-
lichkeit nicht gebaut werden können.“3
So wünschenswert auch die Bauaktivitäten an sich wa-
ren, da sie grundsätzlich die Verbesserung der Lebensquali-
tät in der Stadt verfolgten, so kritisch ist der Umgang mit
den gegebenen Voraussetzungen zu sehen. Die von einer
gewissen Modernisierungseuphorie geprägte Einstellung
einiger Handelnder beziehungsweise Planer erschwerte sicher-
lich den Umgang mit einer historischen Stadtstruktur in
einer Zeit, in der architektonisch und infrastrukturell gern
frei geplant wurde. Vielleicht lag es auch daran, dass stel-
lenweise Trassenplanungen zur Verkehrsentlastung und
zur Schaffung so genannter leistungsstarker Straßen an
auswärtige Ingenieurbüros vergeben wurden. Diesen fehlte
offensichtlich die nötige Vorsicht beim Planen im Bestand,
denn allem Straßenbauwillen zum Trotz erschien dem
damaligen Vertreter des Bausenats, Oberbaurat Gibbisch,
beispielsweise der geplante Durchbruch zwischen Siechen-
kreuzung und Zollnerunterführung zu umfangreich. Er
gab in einer Sitzung des Bausenats im November 1965 an,
„Fest stehe lediglich, daß die bisherigen Untersuchungen
durch das Ingenieurbüro größere Abbrüche vorsehen als
die Baudirektion für notwendig erachtet.“4 Hierbei spielte
allerdings mehr die Kostenentwicklung eine tragende Rolle
als der sensible Umgang mit der Stadt, denn schließlich
war der Durchbruch nur finanzierbar, wenn sich die Ab-
brüche im Rahmen hielten. Auch Bamberg wollte eine
moderne Stadt sein, und der Individualverkehr nahm un-
aufhaltsam zu. Schließlich galt der eigene PKW als Zeichen
des Aufschwungs, und neue Straßen waren notwendig, um
den Verkehrsfluss zu gewährleisten.
Der Ausbau des Straßennetzes hatte zusätzlich das Ziel,
den Durchfahrtsverkehr umzuleiten, um ein unnötiges
Durchqueren der Stadt vor allem mit Schwerlastern zu
vermeiden.
Als im Jahr 1965 der Bau einer Südtangente geplant war,
deren Trasse durch den Hain führen sollte, um in erster Li-
nie eine Entlastung für den Kaulberg zu schaffen, meldete
sich bereits ein Bamberger Bürgerverein zu Wort, um diese
Planung zu verhindern. Der Bürgerverein Bamberg Mitte5
gab zu Bedenken, „daß die Kaulberg-Entlastungsstraße in
Form einer vierspurigen Autobahn den Hain zerschneide
und ihn zudem durch eine riesige Baustelle für Jahre hin-
aus wenigstens teilweise unpassierbar mache“6 und zwei-
felte grundsätzlich an der „Glaubwürdigkeit“ des Projektes.
Der Bürgerverein Bamberg Mitte versuchte vergeblich zu
argumentieren, dass der Theresienhain 1870 vom Bayern-
könig Ludwig II. der Stadt mit der Auflage geschenkt wor-
den sei, diesen in seiner Eigenschaft als Park zu erhalten.
1973, anlässlich der 1000-Jahr-Feier Bambergs, würdigte
der Fränkische Tag in einer Sonderbeilage die den Hain
zerschneidende Hainbrücke wie folgt: „Lange umstritten,
letztlich aber überzeugend: die Hainbrücke unter dem
linken Regnitzarm. Die Teichlandschaft unter der Brücke
bindet die beiden Hainteile“.7 Ganz anfreunden aber
konnten sich nicht alle Bamberger mit den Veränderungen
im Hain, wie ein Leserbrief beweist: „Man mag über den
Wert der Hainbrücke für den Verkehr streiten; daß sie
den Erholungswert des Hains entscheidend geschmälert
hat, wird der eifrigste Brückenbauer und Bergdurchbohrer
nicht bestreiten.“8
Geschichte zurückblicken kann, war wiederholte Male auch für die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg ein wichtiger Austauschpartner. Er entstand im Jahr 1905 als sich Bürger des I. Distrikts (Inselgebiet) zur Gründung eines Bürgervereins zusammenschlossen. Siehe hierzu auch DUBLER Marion, 2005, S.27 ff.
6 Siehe Artikel „Bürgerverein attackiert Südtangente“ im Fränkischen Tag, Ausgabe vom 12.11.1965, Nr. 263, S. 14.
7 Sonderbeilage „1000-Jahre-Bamberg“ des Fränkischen Tags vom 19.06.1973, S. 79. Die so genannte Teichlandschaft hatte der Starnberger Architekt Bernhard Winkler gestaltet, dem auch der Auftrag erteilt wor-den war, Vorschläge über die Gestaltung der Bamberger Fußgängerzone vorzulegen.
8 Leserbrief von P. v. Meißner im Fränkischen Tag, Ausgabe vom 20.01.1973, Nr. 16, S. 23.
16
ZDie Entstehung der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg
Zunächst sollen nun der Neubau der Unteren Brücke
und die Restaurierung des Kunigundensockels geschildert
werden. Die erste steinerne Untere Brücke in Bamberg, de-
ren Grundstein am 23. Juni 1739 gelegt worden war und die
bereits im November desselben Jahres, unter Leitung von
Balthasar Neumann, fertig gestellt werden konnte, erhielt
bereits wenige Jahre darauf ihren Skulpturenschmuck, zu
dem auch eine Kunigundenfigur zählte. Die Untere Brücke
wurde jedoch mehrfach durch Hochwasser zerstört, und
so waren nicht nur Instandsetzungsarbeiten erforderlich,
sondern wiederholte Male vollständige Neubauten der Brücke.
Diese wurde zwischenzeitlich mehrfach durch den Bau
provisorischer Holzstege ersetzt. Am 12. April 1945 wurde,
um die heranrückende US-Armee aufzuhalten, das mittlere
Joch der aus drei weiten Korbbögen bestehenden Unteren
Brücke von 1912/13 gesprengt. Nach der Besetzung durch
amerikanische Truppen erhielt die Untere Brücke einen
Notübergang für Fußgänger. Dieser Notübergang blieb bis
in die Mitte der sechziger Jahre erhalten. 1965 kam es zur
Ausschreibung eines Wettbewerbs für einen Neubau der
Unteren Brücke, die schließlich 1967 fertig gestellt wurde.
Bei den Abbrucharbeiten der noch teilweise bestehenden
Brücke von 1912/13 wurde auch der Sockel der Kunigun-
denfigur aus dem 18. Jahrhundert stark zerstört. Geplant
war ein Abbruch des originalen Sockels, der durch einen
modernen Sockel ersetzt werden sollte. Diese Planung aber
führte zu massiven Protesten in der Bamberger Bürger-
schaft, zu denen auch einige spätere Gründungsmitglieder
der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg zählten. Sie nahmen,
so Werner Hottelmann, Kontakt mit dem Vorsitzenden des
Bürgervereins IV. Distrikt9 auf, der unmittelbar betroffen
war von den Abbrucharbeiten an der Unteren Brücke. Die
Protestaktion war erfolgreich, die Bürger verschafften sich
Der Kunigundensockel
und das Haus zum Marienbild
Zwei Ereignisse waren unmittelbare Auslöser für die Gründung der
Schutzgemeinschaft Alt Bamberg. Zum einen war es die geplante
Zerstörung des Kunigundensockels auf der Unteren Brücke, und zum
anderen der Abbruch des Hauses zum Marienbild am Kaulbergfuß.
9 Der Bürgerverein des IV. Distrikts entstand bereits 1891 und umfasste das Sandgebiet bis zur Altenburg. Die Distrikte in Bamberg waren in Folge der Säkularisation gebildet worden aufgrund der Auflösung der Immunitäten. Bereits 1806 wurde das Stadtgebiet Bamberg in vier Dis-trikte unterteilt, die sich im Wesentlichen an den jeweiligen Pfarreien orientierten. DUBLER Marion, 2005, S. 33.
10 Die Meinung der Bamberger kommt auch in Leserbriefen des Frän-kischen Tags zum Ausdruck: „Warum man den Sockel gleich zerstören mußte, ist das größte Rätsel.“ …“Der Stein war so hart, daß er noch Jahrhunderte überdauert hätte! Und wenn der Sockel zehnmal eine „Kopie“ gewesen sein sollte, der neue Sockel wäre dann nur noch eine Kopie der Kopie.“, Leserbrief von H. G., im Fränkischen Tag, Ausgabe vom 23.03.1968, Nr. 70, S. 17.
Barocker Sockel der Kunigundenfigur auf der Unteren Brückein Bamberg. Zustand 2008.
17
DGehör10 und so blieb der Sockel, der restauriert wieder zur
Aufstellung kam, erhalten. Die Ausführung aber des Brü-
ckenneubaus der Unteren Brücke als einfache Betonkon-
struktion war und ist gestalterisch in dieser städtebaulich
herausragenden und zugleich höchst sensiblen Situation,
in unmittelbarer Nachbarschaft zum Alten Brückenrat-
haus, als unbefriedigend zu beurteilen. Denn nicht nur der
geplante Abbruch des Sockels, sondern auch der Neubau
der Unteren Brücke führte zu Un-stimmigkeiten und
ließ die Idee einer Vereinsgründung zum Schutz der Alt-
stadt heranreifen. Dies bezeugt auch ein Leserbrief von
Werner Hottelmann, der am 23. März 1968 im Fränkischen
Tag erschien: „Die mißlungene Untere Brücke sollte uns
allen zu denken geben und die verantwortlichen Behörden
abhalten in diesem Stil weiterzuplanen. Es wird höchste
Zeit, daß sich die Vereine, die der Kunst, der Historie und
der Verschönerung unserer Stadt dienen, mit allen klar
denkenden Bürgern zu einem Verein zusammenschlie-
ßen, der der Erhaltung unserer Stadt (Altstadt) dienen
soll.“11 1970, im Rahmen eines Bamberger Spaziergangs
der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg, wertete der 1. Vor-
sitzende, Dr. Victor Harth, den Brückenneubau wie folgt:
„Wir befinden uns auf der Unteren Brücke, die im Laufe
der Stadtgeschichte viel Sorgen bereitet hat. Diese Untere
Brücke ist die vierzehnte oder fünfzehnte Untere Brücke,
im Volksmund mit allen möglichen Bezeichnungen bereits
belastet, von denen eine der harmlosesten noch „Unteres
Brett“ heißt. Denn die Bamberger sind bei allem ihnen
zugefügten Unglück noch humorvoll.“12
Das zweite Ereignis, das schließlich zur Gründung
der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg führte, war der Ab-
bruch des Stadtbildprägenden Hauses zum Marienbild am
Kaulbergfuß. Tatsächlich handelte es sich um zwei mittel-
alterliche Gebäudekomplexe, die im Jahr 1968 abgebrochen
wurden: Pfahlplätzchen 5, das Haus zum Marienbild, und
Unterer Kaulberg 1, das Haus mit dem romanischen Turm.
Das Haus zum Marienbild verdankt seinen Namen einer
Mariendarstellung auf der dem Pfahlplätzchen zugewand-
ten Front, die spätestens seit der Mitte des 17. Jahrhunderts
nachgewiesen ist. Wolf Heinrich Zennefaß, Organist der
Benediktinerklosterkirche St. Michael, ließ 1653 auf der
Höhe des zweiten Obergeschosses ein Marienbild an der
Fassade anbringen, hierbei wurde vermutlich ein bereits
bestehendes Marienbild erneuert. 1933 gestaltete Hans
Bayerlein im Zuge von Instandsetzungsarbeiten an dem
Anwesen die Fassadenmalerei zum Pfahlplätzchen hin
neu, indem er eine Darstellung der Maria mit dem Kind so-
wie eine Stadtansicht Bambergs aufbrachte. 1939 verkaufte
der Besitzer des Hauses, der bis zu diesem Zeitpunkt selbst
darin wohnte, das Anwesen an die Stadt Bamberg bezie-
hungsweise an das Bürgerspital. Über die bauhistorische
Bedeutung lagen bereits Erkenntnisse vor, so dass nicht
erst beim Abbruch der Häuser die romanische Bausubstanz
entdeckt wurde. In der „Liste der schutzwürdigen Profan-
11 Leserbrief von Werner Hottelmann „Bamberg, die schöne Stadt…?“, im Fränkischen Tag, Ausgabe vom 23.03.1968, Nr. 70, S. 17.
12Schriftliche Vorbereitung vom 27.06.1970 von Dr. Victor Harth für den Bamberger Spaziergang, Archiv der SGAB, Bamberger Spaziergänge.
Gesamtansicht der Kunigunde,eine Replik, mit ihrem barocken Sockel. Die Originalfigur befindet sich in der Jakobskirche.
18
Wbauten der Stadt Bamberg (Häuserliste)“, die 1962 August
Gebeßler im Auftrag des Landesamts für Denkmalpflege
erstellte, ist sowohl das Haus zum Marienbild als auch das
Haus mit dem romanischen Turm aufgeführt. Da es zum
Zeitpunkt der Listenerstellung noch kein Denkmalpflege-
Gesetz gab, teilte Gebeßler die Schutzwürdigkeit der Bam-
berger Baudenkmale in drei Qualitätskategorien ein, wobei
die Klasse I für „Bauten von hervorragender künstlerischer
Qualität, von städtebaulich hoher Bedeutung und beson-
derem historischem Interesse“ stand. „Sie verkörpern“,
so Gebeßler weiter, „das Zentrum denkmalpflegerischer
Anliegen und Aufsicht in Bamberg.“13 Gebeßler ordnete
sowohl das Haus Pfahlplätzchen 5 als auch das Haus Un-
terer Kaulberg 1 der Kategorie I zu. Für beide Anwesen
resümierte er knapp aber zutreffend deren Bedeutung und
Entstehungszeit, verwies auf die wichtigsten und wertvolls-
ten Merkmale, so dass über beide Anwesen grundlegende
13 GEBEßLER August, 1962, Vorwort.14 Fränkischer Tag, Ausgabe vom
28.04.1966, Nr. , o. S.
Die Entstehung der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg
Leserbrief von Werner Hottelmann, in dem er die Gründung eines Vereins zur Erhaltung der Altstadt anregt. Erschienen am 23. März 1968 im Fränkischen Tag.
bauhistorische Kenntnisse vorlagen und diese demnach
als ausgesprochen schutzwürdig galten.
Wie es dennoch zum Abbruch kommen konnte,
bleibt fragwürdig. Da das Haus zum Marienbild aufgrund
eines Unfalls beschädigt worden war, wurde der Abbruch
vor allem durch statische Probleme und eine angeblich
generelle Baufälligkeit gerechtfertigt. Im März 1966 wur-
den die Bewohner unvermittelt, aufgrund der drohenden
Einsturzgefahr des Hauses, evakuiert. Der Fränkische Tag
schilderte die Räumung des Hauses im Zusammenhang
mit dem geplanten Abbruch des Leisthauses im April 1966
wie folgt: „Wie unseren Lesern sicher noch in Erinnerung
sein wird, mußte dieses mächtige Anwesen am Fuße des
Kaulberges am Freitagabend, 11. März, um 19 Uhr quasi
binnen einer halben Stunde wegen akuter Einsturzgefahr
geräumt werden.“14 Tatsächlich aber stand das Haus vor
19
Der Kaulbergfuß mit dem Haus zum Marienbild,
Pfahlplätzchen 5, und das Haus mit dem romanischen Turm,
Unterer Kaulberg 1vor dem Abbruch.
Das Haus zum Marienbildmit dem Unterstand
für den Verkehrspolizisten.
Abbruch des Hauses zum Marienbild.
20
D
ED
allem dem Verkehr im Weg. Trotz einer aufwändigen
Verkehrsregelung durch einen Verkehrspolizisten, der vor
dem Haus zum Marienbild einen Unterstand besaß, war
der Untere Kaulberg ein Nadelöhr, durch das der Verkehr
nur langsam abfließen konnte. Das größte Problem stellten
außerdem Lastkraftwagen und Schwertransporte dar, die
sich durch die Engstellen am Pfahlplätzchen drängelten,
wobei es wiederholt zu Unfällen kam.
Durch den Abbruch der Häuser Pfahlplätzchen 5 und
Unterer Kaulberg 1 verlor Bamberg zwei bedeutende mit-
telalterliche Bürgerhäuser. Den Verlust des Hauses zum
Marienbild bezifferte Tilmann Breuer, der noch 1966 das
Haus besichtigte und daraufhin eine Baubeschreibung
für das Bamberger Inventar verfasste, wie folgt „Wie die
Beschreibung des Zustandes vor dem Abbruch zeigt, war
einer der eindrucksvollsten, über hochmittelalterlicher
Wurzel errichteten und im 17./18. Jahrhundert überform-
ten Wohnkomplexe des Spätmittelalters aufgegeben
worden.“15
Der Abbruch des Hauses zum Marienbild führte zu
einer gänzlichen Veränderung des Stadtraumes am Pfahl-
plätzchen. Der Platz hatte die städteräumliche Platzsitua-
tion eingebüßt und war als solcher nicht mehr erlebbar,
da das Haus Pfahlplätzchen 5 den Platz nach Südosten
geschlossen hatte. Im Fränkischen Tag erschien am 3.
April 1968 ein Foto der Abbruchbaustelle mit der treffen-
den Bildunterschrift: „Bamberger Durchblick 1968 am
»Kahlplätzchen«“16.
Der Kahlschlag am Pfahlplätzchen im Jahr 1968 gab
den Gründungsmitgliedern der Schutzgemeinschaft den
entscheidenden Anstoß, ihr Vorhaben, eine Bürgerinitia-
tive zu gründen, um die Altstadt Bambergs zu schützen,
nunmehr in die Tat umzusetzen. Sicher ist es hierbei nicht
ganz unwichtig, dass einige von ihnen, wie das Ehepaar
Hottelmann oder Freifrau von Pölnitz, in unmittelbarer
Nachbarschaft des Pfahlplätzchens wohnten und sie somit
auch von der Zerstörung der Häuser am Kaulbergfuß direkt
betroffen waren.
Eine Neubebauung am Kaulbergfuß erfolgte erst in den
achtziger Jahren. Die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg
hat zum Thema der Neugestaltung des Kaulbergfußes
Informationsabende veranstaltet, um die Bevölkerung
über die Planungen zu informieren. Obwohl seitens der
Stadt immer betont wurde, dass der Abbruch des Hauses
lediglich aufgrund der Einsturzgefahr erfolgt sei, war doch
schnell klar, dass nun endlich der Weg frei war für eine
neue Verkehrsführung. Pläne für die schließlich 1985-
1986 durchgeführte Aufweitung des Balthasargäßchens
bestanden bereits seit dem späten 19. Jahrhundert. Zur
Verbreiterung der Gasse wurde nun noch ein weiteres
Gebäude, das Gasthaus zum Balthasar, abgebrochen. Auf
schmalerem Grundriss entstand an der Südseite der so er-
weiterten Gasse ein Studentenwohnheim. Die Baulücke am
Pfahlplätzchen 5 und Unterer Kaulberg 1 wurde ebenfalls
durch den Bau eines Studentenwohnheims geschlossen. Es
wird auch als das Studentenwohnheim zum romanischen
Turm bezeichnet.
15 BREUER Tilmann, 1997, S. 1313.16 Bildunterschrift zu einem Foto von Emil Bauer, Fränkischer Tag,
Ausgabe vom 03.04.1968, Nr. 79, S. 29.
Abbruch der Anwesen Pfahlplätzchen 5 undUnterer Kaulberg 1,hier Blick zum Kaulbergfuß.
Die Entstehung der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg
Die Baustelle wuchert langsam zu. Die Bebauung des Kaulberg-fußes zog sich lange hin.
21
Im April 1979 veranstaltete die Schutzgemeinschaft einen Informationsabend zur Gestaltung des Kaulbergfußes. Das Haus zum Marienbild war zu diesem Zeitpunkt bereits seit über 10 Jahren abgebrochen.
22
D
Dverbunden war. Es wurde kein Klassifizierungssystem zur
Denkmalwürdigkeit aufgestellt, um die Schutzwürdigkeit
eines Gebäudes zu definieren, sondern es ging um den
Erhalt der Altstadt als Ganzes.
Da es zum Zeitpunkt der Vereinsgründung noch kein
Denkmalschutzgesetz gab, war es also nicht von Belang,
ob ein Bauwerk, für dessen Erhalt sich die Schutz-
gemeinschaft einsetzte, Denkmaleigenschaf-
ten, wie sie im Gesetzestext formuliert sind,
besaß.
Obwohl also der Name „Schutzgemein-
schaft Alt Bamberg heutzutage etwas wort-
gewaltig oder sogar archaisch klingen mag,
bringt er dennoch Sinn und Zweck des Vereins
unmissverständlich zum Ausdruck, nämlich
gemeinschaftlich das Alte Bamberg schützen
zu wollen.
Die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg, als Bürgeri-
nitiative zum Erhalt der historischen Altstadt Bambergs
gegründet, hat sich bei ihrer Entstehung an einer bereits
bestehenden Bürgerinitiative orientieren und Rat einholen
können. Dank persönlicher Kontakte war den Gründungs-
mitgliedern Dr. Ludwig Wegele bekannt, der in Augsburg
eine ähnliche Bürgerinitiative ins Leben gerufen hatte. Es
handelt sich um die „Alt-Augsburg-Gesellschaft“, die Dr.
Wegele 1959 mitbegründete. Die Augsburger Bürgeriniti-
ative dürfte wohl eine der ersten ihrer Art in Deutschland
sein. In diesem Zusammenhang sei kurz erwähnt, dass die
Alt-Augsburg-Gesellschaft bis heute besteht und sich noch
immer aktiv für den „Erhalt und die Wiederherstellung
gefährdeter Bau- und Kulturdenkmale“17 einsetzt.
Eine kleine Gruppe von Gründungsmitgliedern der
Schutzgemeinschaft Alt Bamberg, die sich vor der ei-
gentlichen Konstituierung der Bürgerinitiative mehrfach
Die Namensfindung
getroffen hatte, um sowohl über den Namen des Vereins zu
diskutieren als auch einen Satzungsentwurf zu erarbeiten,
hatte auch die Gründungsveranstaltung vorbereitet und
insgesamt 55 Personen, von denen 50 erschienen, in den
Grünen Saal der Harmonie geladen. Die Moderation des
Abends übernahm Franz Albinger, der als Vorsitzender
des Bürgervereins IV. Distrikt zumindest den Bamberger
Innenstadtbewohnern bekannt war. Im Laufe des Grün-
dungsabends wurde die Satzung vorgestellt, eine elfköpfige
Vorstandschaft per Akklamation gewählt. Außerdem wur-
den Dr. Victor Harth zum ersten Vorsitzenden und Werner
Hottelmann zum zweiten Vorsitzenden, auf Vorschlag von
Franz Albinger wiederum per Akklamation, einstimmig
bestimmt. Die Vorstandschaft, die sich unter anderem aus
Der Name des Vereins sollte dessen Ziele unmittelbar
zum Ausdruck bringen. Der bewusst gewählte Ausdruck
„Gemeinschaft“ sollte deutlich machen, dass sich der Ver-
ein von Beginn an als überparteilich und überkonfessionell
definierte und seine Mitglieder keiner starren Hierarchie
untergeordnet sein sollten. Es war den Gründungsmit-
gliedern von Anfang an ein wichtiges
Anliegen, mit diesem Verein alle in-
teressierten Bamberger Bürger oder
Liebhaber der Stadt anzusprechen,
unabhängig von ihrem Alter oder
ihrer politischen Einstellung.
Mit dem Ausdruck „Alt Bamberg“
war und ist die historische Altstadt
gemeint, die sowohl Bauwerke als
auch das historische Straßen- und
Wegenetz umfasst. Interessant ist der
weit reichende Denkmalbegriff, der für
die Gründungsmitglieder ganz spontan
oder intuitiv mit dem Ausdruck Alt Bamberg
Das Schild der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg, das anlässlich des Festumzugs zur 1000-Jahr-Feier Bambergs
angefertigt wurde.
Die Gründungsveranstaltungam 27. September 1968
17 Siehe hierzu die Eigendarstellung auf der Homepage der Alt Augsburg
Gesellschaft: http://www.altaugsburggesellschaft.de/org/wir-ueber-uns.
htm,, Seite aufgerufen am 14.05.2008.
Die Entstehung der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg
23
folgenden Personen zusammensetzte, entsprach zugleich
dem Personenkreis, der sich bereits im Vorfeld um die
Entstehung der Schutzgemeinschaft bemüht hatte: Irene
Hottelmann-Schmidt, Werner Hottelmann, Dr. Victor
Harth, Gudila Freifrau von Pölnitz, Nina Gräfin Stauffen-
berg, Franz Albinger, Bodo Schmidt-Hammer, Peter Reiser
und Udo Strauß.
Von den 50 geladenen Gästen trugen sich 43 Personen
ins Vereinsregister ein. Außerdem wurden an dem
Abend die Mitgliedsbeiträge festgelegt und schließlich
ein Kassierer (Schmidt-Hammer) und ein Schriftführer
(Ingeborg Loewe) gewählt.
Mit dem Eintrag ins Vereinsregister beim Amtsgericht
Bamberg am 23. Oktober 1968 wurde die Gründung der
„Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V.“ als gemeinnüt-
ziger Verein offiziell anerkannt.
Artikel über die Gründungsveranstaltungerschienen am 30.09.1968 im Fränkischen Tag.
24
U
N
Um der radikal geplanten Trassenführung durch die
Altstadt vom Kaulbergfuß bis zum Schönleinsplatz über
die Bischofsmühlbrücke, durch den Rosengarten Geyers-
wörth und den Zinkenwörth entgegenzuwirken, erwarb die
Schutzgemeinschaft kurzerhand zwei Häuser am Schiller-
platz. Die Häuser Schillerplatz 1 und 3 sollten abgebrochen
werden, um die Straße, leicht verschoben und verbreitert,
direkt mit dem Schönleinsplatz zu verbinden. Für die
voll-ständige Umsetzung dieses Straßenneubaus hätten
nicht nur weitere Häuser abgebrochen werden müssen,
sondern es wäre zu einer rigorosen Störung der Altstadt-
struktur gekommen. Erfreulicherweise hat die Stadt von
einer solchen Schneise durch die Altstadt Abstand genom-
Die Entstehung der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg
men und wollte nun die beiden Häuser am Schillerplatz 1
und 3 abbrechen oder veräußern. Inwiefern der Kauf der
beiden Häuser durch die Schutzgemeinschaft dazu beige-
tragen hat, zumindest einen Straßendurchbruch und somit
eine Beeinträchtigung des Schillerplatzes zu verhindern,
lässt sich nicht mehr klären. Unbestritten bleibt jedoch,
dass die Schutzgemeinschaft durch den Erwerb ein deut-
liches Signal gesetzt hatte: diese Bürgerinitiative handelt!
Die Schutzgemeinschaft wollte die beiden Häuser, die
in einem relativ schlechten Zustand waren, vorbildlich
instand setzen. Dieses Projekt fand aber keine Umsetzung,
da sich bereits 1976, also ein Jahr später, eine ganz neue
Das Haus am Schillerplatz
Noch bevor die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg ihr eigenes
Vereinshaus am Schillerplatz bezog, hatte der Erhalt des Platzes
an sich die Bürgerinitiative bereits beschäftigt.
Gesamtansicht des Schillerplatzes 1891.
25
Historische Aufnahme der Häuser Schillerplatz 1 und 3. Foto von Alois Erhardt, 1893.
Das E.T.A.-Hoffmann-Theater und die Häuser Schillerplatz 1 und 3. Aufnahme von Alois Erhardt, 1891.
26
Situation und neue Lösungen ergaben. Ein auf das große
Verhandlungsgeschick zurückzuführender Vorschlag von
Irene Hottelmann-Schmidt, die als Stadträtin, Mitglied
des Bausenats und des Aufsichtsrats der Stadtbau über
das nötige Wissen und Informationen verfügte, stieß auf
Interesse. Die Stadtbau GmbH, die einen größeren und
repräsentativen neuen Verwaltungssitz suchte, übernahm
die „Armenbeschäftigungsanstalt“, Zinkenwörth 22. Die
Theaterwerkstätten sollten Raum finden in den direkt
ans E.T.A.-Hofmann-Theater angrenzenden Häusern
Schillerplatz 1 und 3, und die Schutzgemeinschaft erhielt
im Gegenzug das Haus am Schillerplatz 9. So gelang es
nicht nur, für alle Beteiligten eine zufrieden stellende
Lösung herbeizuführen, sondern auch für die Häuser
Zinkenwörth 22 und für die Häuser am Schillerplatz eine
Nutzung zu finden, die den Erhalt des Schillerplatzes
langfristig sicherte.
1977 ging das Haus am Schillerplatz 9 in den Besitz der
Schutzgemeinschaft über, und am 1. Dezember 1984 konn-
te das „Zentrum der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e.V.
für Denkmalschutz und Denkmalpflege“ feierlich eröffnet
werden. Dieses Ziel war erreicht worden dank zahlreicher
Unterstützer und Spenden. Die betreffenden Firmen und
Privatpersonen werden auf einer Tafel im Eingangsbereich
des Hauses aufgeführt. Ihnen gilt ein großes Dankeschön.
Besonders erwähnt werden sollen an dieser Stelle der Ju-
niorenkreis der Industrie- und Handelskammer sowie der
Die Entstehung der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg
Beitrag des Kunstmalers Hans Liska, durch deren Mithilfe
und Spendenbereitschaft war der Erwerb der Häuser Schil-
lerplatz 1 und 3 überhaupt zustande gekommen.
Die Schutzgemein-
schaft Alt Bamberg
verfügte nach rund 16
Jahren ihres Bestehens
über ein eigenes Ver-
einshaus. Großer Dank
sei ausgesprochen an
Freifrau von Pölnitz,
die die ganzen Jahre
zuvor der Schutzge-
meinschaft Räumlich-
keiten im Böttinger-
haus zur Verfügung
gestellt hatte.
Werner Hottelmann betreut seitdem das Vereinshaus,
und Rosemarie Egger kümmert sich bereits seit vielen
Jahren um die Pflege des Vorgartens.
Tafel im Eingang des Hauses Schillerplatz 9 als Danksagung an alle Firmen und Personen, die am Umbau beteiligt waren.
Das Vereinshaus der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg am Schillerplatz 9.
27
Artikel erschienen im Fränkischen Tag über
die feierliche Einweihung des Vereinshauses am
Schillerplatz 9.
28
D Der Ausschuss bildet gleichzeitig den Beirat. Laut
Satzung handelt es sich bei den beratenden Mitgliedern
um „Personen, die wissenschaftlich, künstlerisch oder
fachlich anerkannt sind, und die sich bereiterklären, die
Schutzgemeinschaft in ihren Zielen zu unterstützen.“18
Die Vereinsleitung wird für die Dauer von drei Jahren ge-
wählt. Neuwahlen finden im Rahmen der entsprechenden
Mitgliederversammlung statt.
Der Vorstand der Schutzgemeinschaft kommt regel-
mäßig - derzeit jeden dritten Mittwochabend im Monat
- zusammen. Die Sitzungen des Vorstands sind öffentlich
und werden im Vereinshaus am Schillerplatz abgehalten.
Der Schriftführer, seit vielen Jahren ein Amt, das Gisela
Miekisch ausübt, erstellt bei den Vorstandssitzungen ein
Protokoll.
II. Vorstände und Vereinsstruktur
Einmal im Jahr findet die große Jahreshauptver-
sammlung statt, zu der alle Mitglieder der Schutzgemein-
schaft eingeladen sind. Bei diesen Versammlungen berich-
tet die Vereinsleitung über die Aktivitäten des vergangenen
Jahres und stellt die Projekte und Ziele des kommenden
Jahres vor. Im Rahmen dieser großen Versammlung wer-
den auch alle drei Jahre die neuen Vorstände gewählt. Die
Jahreshauptversammlungen sind zugleich ein Festakt, bei
dem unter anderem seit 2005 die Preisverleihung des Dr.-
Ingo-Fessmann-Preises vorgenommen wird oder Ehren-
mitglieder beziehungsweise -vorstände ernannt werden.
Vorstände und Vereinsstruktur
Vorstand der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg. Erste Reihe von links nach rechts: Dr. Jörg Händler, 1. Vorsitzender, Dr. Horst Miekisch, Gisela Miekisch, Werner Hottelmann, Gabriele Pfeff-Schmidt und Marion Dubler. In der zweiten Reihe von links nach rechts: Ingo Schmitt, 2. Vorsitzender, Matthias Prell und Peter Berns.
Die Vorstandschaft der Schutzgemeinschaft setzt sich aus einem ersten und einem
zweiten Vorsitzenden zusammen. Ihnen steht ein höchstens neunköpfiger Ausschuss
zur Seite, dem bereits der Schriftführer und der Schatzmeister angehören.
18 Zitat aus der aktuellen Vereinssatzung.
29
B
ND
Seit der Jahreshauptversammlung vom 24.11.2005 setzt
sich der Vorstand und Beirat der Schutzgemeinschaft wie
folgt zusammen:
1. Vorsitzender. Dr. Jörg Händler
2. Vorsitzender: Ingo Schmitt
Schatzmeister: Werner Hottelmann
Dem Beirat gehören, neben der bereits erwähnten
Schriftführerin Gisela Miekisch, folgende Personen an:
Peter Berns (Filme)
Marion Dubler (Denkmalpflege, Gartendenkmalpflege)
Bernhard Metzner (Stadtgeschichte, EDV, Mitglieder)
Dr. Horst Miekisch (Bamberger Spaziergänge,
Geschichte, historische Forschungen)
Gabriele Pfeff-Schmidt (Denkmalpflege,
Architektur, Archiv)
Matthias Prell (Denkmalpflege, Architektur)
Die Mitgliederbetreuung stellt seit vielen Jahren Ro-
semarie Egger sicher. Sie kontrolliert den Eingang der
Mitgliedsbeiträge, führt die Mitgliederliste und übermittelt,
bei runden Geburtstagen von Vereinsmitgliedern, Geburts-
tagsglückwünsche im Namen der Schutzgemeinschaft.
Die Mitgliederzahl liegt seit einigen Jahren konstant bei
etwa 300. Die große Mehrzahl der Mitglieder beweist dem
Verein über viele Jahre die Treue.
Außerdem ist Sylvia Buckel aktives Mitglied der Schutz-
gemeinschaft und zuständig für Öffentlichkeitsarbeit
und den Pavillon am Michaelsberg. Alexander Hornung
ist ebenfalls ein aktives Mitglied. Er steht für Fragen zur
Organisation und Catering für die Feste im Pavillon zur
Verfügung.
1968-1986
Bei der Vereinsgründung in der Harmonie im Septem-
ber 1968 wurde Dr. Victor Harth zum 1. Vorsitzenden der
Schutzgemeinschaft ernannt. Ihm zur Seite stand Werner
Hottelmann als 2. Vorsitzender. Beide hatten ihre Ämter
über viele Jahre inne. Die Zeit der Vereinsgründung und
die Aktivitäten der ersten Jahre waren ereignisreich und
zeugen von großer Kreativität und Einsatzbereitschaft für
die Ziele der noch jungen Bürgerinitiative. Die Ära Harth
kann zweifelsohne als Phase der Institutionalisierung der
Schutzgemeinschaft bezeichnet werden. Es war Dr. Harth
gelungen, aufgrund seiner Kontakte, seiner mit diplomati-
schem Geschick geführten Verhandlungen mit der Stadt
und wegen des Ansehens, das die Schutzgemeinschaft vor
dem Hintergrund der fachlich beeindruckenden Tagungen
und Veranstaltungen erringen konnte, den Verein auf ein
festes Fundament zu stellen. Die Schutzgemeinschaft
war sowohl in Bamberg als auch überregional eine feste
Größe, eine Institution. Bürgernähe, Aufklärungs- und
Öffentlichkeitsarbeit hat die Schutzgemeinschaft in Bam-
berg selbst durch Basare, Punschverkauf, Stärkantrinken,
die Bamberger Spaziergänge und die Ausspracheabende
aufgebaut.
1. Vorsitzender: Dr. Victor Harth
2. Vorsitzender: Werner Hottelmann
1987-1993 und 1993-1996
Nachdem Dr. Victor Harth nach einer 18-jährigen
Amtsperiode als 1. Vorsitzender der Schutzgemeinschaft
Alt Bamberg zurücktrat, übernahm zunächst Werner
Hottelmann, der bisher das Amt des 2. Vorsitzenden
bekleidete, den 1. Vorsitz. Somit blieb eine gewisse Kon-
tinuität in der Vorstandschaft vor allem für die Mitglieder
gewahrt. Im Zusammenhang mit der Einladung zur Jah-
reshauptversammlung im Juni 1981 hatte Dr. Victor Harth
bereits in Erwägung gezogen, nicht mehr für das Amt des
1. Vorsitzenden zu kandidieren. Nachdem er aber einstim-
mig wiedergewählt worden war, hatte er das Amt, das er
eigentlich an einen jüngeren Vorsitzenden übergeben
wollte, nochmals für insgesamt sogar zwei Amtsperioden
übernommen.
1993 wurde Rainer Hartmann zum 1. Vorsitzenden
gewählt. Das Amt bekleidete er für eine volle Amtsperiode.
Bereits in den achtziger Jahren hatte Rainer Hartmann
als aktives Vorstandsmitglied die Schutzgemeinschaft
tatkräftig unterstützt, beispielsweise bei den erfolgreichen
Bemühungen der Schutzgemeinschaft, die Erlweinbauten
(Chirurgie und altes E-Werk) zu erhalten.
Werner Hottelmann übernahm 1993 das Amt des 2.
Vorsitzenden und mit dem Ende der Amtsperiode im Jahr
1996 beendete Werner Hottelmann seine aktive Amtszeit
als Vorsitzender, blieb aber weiterhin als Schatzmeister
im Vorstand.
30
D
M
D
1987-19931. Vorsitzender: Werner Hottelmann
2. Vorsitzender: Rainer Hartmann
1993-19961. Vorsitzender: Rainer Hartmann
2. Vorsitzender: Werner Hottelmann
1996-19991. Vorsitzender Dr. Horst Miekisch
2. Vorsitzender Dr. Christa Harth
Dr. Horst Miekisch, der seit 1986 Mitglied der Schutz-
gemeinschaft Alt Bamberg ist und seit vielen Jahren die
Bamberger Spaziergänge vorbereitet und organisiert, über-
nahm in der Zeit von 1996-1999 den Vorsitz des Vereins.
Während seiner Amtszeit konnte das von ihm initiierte
Förderprojekt zur Instandsetzung des nördlichen Pavillons
im Michaelsberger Terrassengarten abgeschlossen werden.
Den zweiten Vorsitz übernahm Dr. Christa Harth.
1999-20051. Vorsitzende: Gabriele Pfeff-Schmidt
2. Vorsitzende: Dr. Christa Harth
Mit der Architektin Gabriele Pfeff-Schmidt als 1. Vor-
sitzende stand in der Zeit von 1999-2005 erstmals eine
ausgesprochene Fachkraft an der Vereinsspitze. Ihre Er-
nennung zur Kreisbaumeisterin des Landkreises Bamberg
ließ jedoch keinen ausreichenden Raum mehr für das
ehrenamtliche Engagement als Vorsitzende der Schutz-
gemeinschaft, so dass sie das Amt mit dem Auslaufen
der Amtsperiode an ihren Nachfolger, Dr. Jörg Händler,
übergab. Gabriele Pfeff-Schmidt ist weiterhin im Beirat
der Schutzgemeinschaft aktiv.
seit 20051. Vorsitzender Dr. Jörg Händler
2. Vorsitzender Ingo Schmitt
Dr. Jörg Händler ist seit 2002 Mitglied der Schutz-
gemeinschaft Alt Bamberg und hat das Amt des 1. Vor-
sitzenden seit der Jahreshauptversammlung 2005 inne.
Mit ihm steht nun ein Jurist an der Vereinsspitze. Ingo
Schmitt übernahm 2002 das Amt des 2. Vorsitzenden.
Obwohl die beiden Vorsitzenden beruflich selbständig tätig
sind, gelingt es ihnen dennoch, engagiert ihr Ehrenamt
wahrzunehmen. Beiden war und ist es ein Anliegen, die
Effizienz der Vorstandsarbeit zu steigern und den Bekannt-
heitsgrad der Schutzgemeinschaft in der Öffentlichkeit
zu verankern. Dies wird durch öffentliche Auftritte der
Schutzgemeinschaft, Festivitäten, wie beispielsweise das
Kornelkirschenfest im Jahr 2007, auch stellenweise schon
erreicht. Für die Zukunft der Schutzgemeinschaft und
damit zugleich für die Zukunft der Altstadt Bambergs ist
es beiden wichtig, die Jugend anzusprechen und für eine
aktive Vereinsmitarbeit zu gewinnen.
Vorstände und Vereinsstruktur
Foto rechts:Ziel eines Spaziergangs durch
Treppenhäuser am Dombergfuß:Das Marschalk-von-Ostheimsche Haus, Karolinenstr. 18, um 1730.
Der sanierte nördliche Pavillon im Michaelsberger Terrassengarten, für den die Schutzgemeinschaft eine Patenschaft übernommen hat.
31
32
I
DAktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit - Die ersten Jahre
VortragsabendeBereits im Gründungsjahr 1968 lud die
Schutzgemeinschaft alle Interessierten zu einer
ersten Großveranstaltung mit dem Thema „Denk-
malpflege und Bürgerinitiative“. Der Vortragende,
Dr. Ludwig Wegele, war Kulturreferent der Stadt
Augsburg und Mitbegründer der 1959 entstande-
nen Bürgerinitiative „Alt-Augsburg-Gesellschaft“,
die, wie bereits erwähnt, der Schutzgemeinschaft
Alt Bamberg als Vorbild diente.
Im Januar 1971 sprachen Dr. Erich Schosser
MdL und Regierungsbaumeister Dipl.-Ing. Dr.
E. Schleich, beide aus München, im Spiegelsaal
der Harmonie zum Thema: „Die Zerstörung
alter Städte“. Im Oktober desselben Jahres fand
erneut ein Vortrags- und Diskussionsabend statt.
Zu dem Thema „Rettung historischer Stadtkerne.
Historischer Stadtkern als Ganzheit - = lebendige
Stadtmitte von morgen“ war der Münsteraner
Landesbaudirektor, Dr. Ing. D. Wildeman, gela-
den. In einem Lichtbildervortrag zeigte Wildeman
sowohl positive als auch negative Beispiele von
Denkmalpflege aus verschiedenen europäischen
Großstädten. Die Schutzgemeinschaft resümierte
den Vortragsabend, laut Jahresbericht von 1971, als
sehr anregend für die eigene Arbeit.
Für den Vortragsabend über „Die Sanierung alter
Städte“ im Juni 1973 konnte Dr. Hans-Jochen Vogel, Bun-
desminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau,
als Redner gewonnen werden. Der Vortragabend war
zugleich ein Beitrag der Schutzgemeinschaft im Rahmen
der 1000-Jahr-Feier Bambergs.
III. Aktivitäten/Öffentlichkeitsarbeit
Die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg leistete in den ersten Jahren
ihres Bestehens vor allem Aufklärungsarbeit bei den Bürgern ebenso
wie bei der Stadtverwaltung. Sie hat sich immer als „Vermittler
zwischen Bürger und Behörde sowie zwischen Behörde und
Bürger verstanden“, so Dr. Victor Harth in einem Beitrag über die
Vereinsgeschichte19.
19 HARTH Victor, „25 Jahre Schutzgemeinschaft Alt Bamberg e. V. Ein
Rückblick auf die siebziger und achtziger Jahre“, in: Informationsheft
Schutzgemeinschaft „Alt-Bamberg“ e.V., Februar 1994, S. 24.
Einladungsplakat zum ersten Vortragsabend der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg im Dezember 1968. Es sprach Dr. Ludwig Wegele, Begründer der Alt Augsburg
Gesellschaft, zum Thema „Denkmalpflege-Bürgerinitiative“.
33
FDer Hausbesitzerbrief
Für die historische Altstadt Bambergs lag seit 1962
eine so genannte Häuserliste vor, die, wie bereits erwähnt,
August Gebeßler im Auftrag des Landesamts für Denk-
malpflege erstellt hatte. Diese diente, nach Inkrafttreten
des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes am 1.10.1973,
als Grundlage zur Erstellung einer Denkmalliste für
Bamberg.
Die Schutzgemeinschaft
nutzte bereits 1970 im Ein-
vernehmen mit der Stadtver-
waltung die Häuserliste, um
einen Brief an alle Bamberger
Denkmaleigentümer zu sen-
den: den Hausbesitzerbrief.
Besitzer von Baudenkmalen
sollten über den besonderen
Wert ihrer Häuser informiert
werden. In vielen Fällen
konnten so Restaurierungen
und Instandsetzungsarbei-
ten angeregt werden. Nach
Inkrafttreten des Denkmal-
schutzgesetzes versandte
die Schutzgemeinschaft im
Jahr 1974 weitere Hausbe-
sitzerbriefe an Eigentümer
von Häusern, die Teile eines
schutzwürdigen Ensembles
bildeten oder aber besonders
charakteristisch für ihre Zeit
waren, denn diese waren
zuvor in der Häuserliste mit
ihren Denkmalklassen nicht
berücksichtigt worden. Die
Briefe klärten die Hausbesit-
zer nunmehr darüber auf, dass ihr Anwesen in der offiziel-
len Denkmalschutzliste verzeichnet sei, und sie erhielten
damit zugleich den entsprechenden Wortlaut des amtlichen
Textes. Für besonders gelungene Instandsetzungsarbeiten
verlieh die Schutzgemeinschaft Plaketten an engagierte
Hauseigentümer.
Hausbesitzerbriefder Schutzgemeinschaft
Alt Bamberg.
34
D
D
Izu alle ihr bekannten Bürgerinitiativen für Denkmalpflege
der Bundesrepublik, Landesämter für Denkmalpflege und
Vertreter der entsprechenden Bundesministerien und
Landesvertreter aus München geladen.
Die I. BAMBERGER GESPRÄCHE waren zugleich das
erste Treffen dieser Art in der Bundesrepublik überhaupt.
Die Teilnehmer regten die Schaffung einer Zentralkartei
aller Bürgerinitiativen für Denkmalschutz und Denkmal-
pflege in der Bundesrepublik an. Diese wurde von der
Schutzgemeinschaft Alt Bamberg erstellt. Sie enthielt Mit-
teilungsblätter und Informationsmaterial der unterschied-
lichen Initiativen, die sich dem Denkmalschutz widmeten.
Die Schutzgemeinschaft hatte damit zugleich die Aufgabe
übernommen, Anfragen aus dem gesamten Bundesge-
biet zum Thema Bürgerinitiative und Denkmalschutz
zu beantworten, da sie eben als zentrale Anlaufstelle
für diese Fragen galt. Die alphabetisch geordnete Zen-
tralkartei, die zumindest teilweise noch erhalten geblieben
ist, ist ein Zeitdokument der frühen siebziger Jahre und
bezeugt die Aktualität der Denkmalschutzfragen zu dieser
Zeit. Aus heutiger Sicht beeindruckt die beachtliche Anzahl
an Bürgerinitiativen, die sich mit dem Denkmalschutzge-
danken befasst haben.
Bei dem so genannten „Round-table-Gespräch“, das Dr.
Victor Harth moderierte, kamen bedeutende Fachleute aus
der Denkmalpflege zum Erfahrungs- und Meinungsaus-
tausch zusammen. Teilnehmer des Round-table-Gesprächs
waren unter anderen der Architekt A. von Branca (Mün-
chen), Professor F. Mielke (Berlin), Regierungsbaumeister
Dr. E. Schleich (München) und Stadtbaumeister K. Rahn
(Rothenburg o. d. T.).
Themen der weiteren BAMBERGER GESPRÄCHE
mit hochrangigen Vertretern der Denkmalpflege und des
Städtebaus:
1975 II. “Alltägliche Sorgen im Denkmalschutz”
1977 III. “Wo stehen wir heute im Denkmal-
schutz? Erfahrungsaustausch - Was machen Sie?”
1979 IV. “Stadtbild und Stadtgestaltung,
Restaurierung und Neugestaltung in Altstadtbereichen”
GemeindeverordnungIm Jahr 1972 arbeitete die Schutzgemeinschaft Alt Bam-
berg an einem Entwurf für eine „Gemeindeverordnung
zum Schutze und Erhalt des historischen Stadtgebietes
von Bamberg“. Anregungen für diesen Entwurf kamen
aus verschiedenen Städten Bayerns, für die bereits Orts-
satzungen und Gemeindeverordnungen zum Schutz der
Altstädte vorlagen, wie beispielsweise für Duderstadt seit
1961 oder aber für die Stadt Dinkelsbühl, für die seit 1967
eine „Baugestaltungsverordnung“ zum Schutz des histo-
rischen Stadtbilds und der Kunst- und Kulturdenkmäler
bestand. Interessant ist der Wortlaut des Briefes, den die
Schutzgemeinschaft an die unterschied-lichen Stadtver-
waltungen verschickte, um über deren Ortssatzungen
Informationen einzuholen: „Wie Sie wissen, haben wir in
Bamberg eine unverhältnismäßig große Zahl denkmal-
geschützter Häuser. Auch ein zukünftiges Denkmalpfle-
gegesetz wird nicht ausreichend Schutz für diese Häuser
bieten.“20. Die Schutzgemeinschaft befürchtete also bereits
vor Inkrafttreten des Denkmalschutzgesetzes, dass dieses
die Altstadt von Bamberg nicht wirklich in befriedigendem
Maße schützen würde.
Die BAMBERGER GESPRÄCHE
Die BAMBERGER GESPRÄCHE sind aus heutiger
Sicht eine äußerst bemerkenswerte Veranstaltungsreihe
gewesen. Als Bürgerinitiative, die sich für den Erhalt der
eigenen Stadt einsetzte, agierte die Schutzgemeinschaft
doch weit über die eigenen Stadtgrenzen hinaus. Durch
die BAMBERGER GESPRÄCHE wurde Bamberg zum
Forum und zur Diskussionsplattform der bundesweiten
Denkmalpflege, und dies sowohl in Fachkreisen als auch
für interessierte Laien, die sich über Bürgerinitiativen
informieren oder austauschen wollten.
Im Rahmen der 1000-Jahr-Feier Bambergs fand am
29. und 30 September 1973 das erste Bamberger Gespräch
„Denkmalschutz – Stadtsanierung - Fragen der Urbanität“
auf der Altenburg statt. Die Schutzgemeinschaft hatte hier-
20 So beispielsweise der Wortlaut eines Rundbriefes der Schutzgemein-
schaft an die Stadtverwaltungen in Königsberg/Bayern, Füssen/Allgäu,
Neuburg/Donau und Berching vom 12.07.1972. Archiv der Schutzge-
meinschaft, Akte Ortssatzung.
Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit
35
N
DAltstadt-Jugendfestivals
Die Altstadt-Jugendfestivals der Schutzgemeinschaft
waren als Beitrag für die Jugend geplant. Die Jugendlichen
sollten für ihre Stadt sensibilisiert werden mit einem für
sie ansprechenden Angebot an Musik und Veranstaltun-
gen. Während die zahlreichen Aktivitäten, Vorträge und
Feierlichkeiten im Rahmen der 1000-Jahr-Feier Bambergs
kaum für junge Menschen konzipiert waren, wollte die
Schutzgemeinschaft nunmehr ein spezielles Jugendfest
veranstalten, das den Jugendlichen auch die Problematik
des Denkmalschutzes und die Schutzwürdigkeit ihrer
Stadt näher bringen sollte. „Wir stellten uns zur Aufga-
be“, so Victor Harth zum Entschluss, Jugendfestivals zu
veranstalten, „der Jugend ein Stadterlebnis zu vermitteln,
den täglichen Lebenswert einer pulsierenden, harmoni-
schen, alten, gewachsenen Stadt: unverwechselbar und
menschenprägend.“21
Vom 4. bis 9. Juni 1974 fand unter der Leitung von
Alexander Ochs das erste Altstadt-Jugendfestival in Bam-
berg statt, das die Schutzgemeinschaft organisiert hatte.
Das Festival wurde von über 7000 Jugendlichen aus dem
In- und Ausland besucht. Die Alte Hofhaltung war ganz
bewusst als Hauptveranstaltungsort gewählt worden, um
die jungen Menschen für die Altstadt zu begeistern. Großes
Verhandlungsgeschick war nötig, für diesen illustren Ver-
anstaltungsort eine Genehmigung zu erhalten, denn eine
mögliche Brandgefahr im Zuge einer Großveranstaltung
mit ausgelassenen jungen Menschen war als Hauptprob-
lem erachtet worden.
Nach dem Erfolg des ersten Altstadtfestes veranstal-
teten die Schutzgemeinschaft und Alexander Ochs, vom
31. Juli bis 1. August 1976 erneut ein Altstadt-Festival.
Veranstaltungsort war nun nicht mehr der Innenhof
der Alten Hofhaltung, sondern das Sandgebiet zwischen
Elisabethenplatz und Katzenberg. Zu den Altstadtfesti-
vals erschien ein lustig illustriertes Altstadtblatt, das das
Programm und die Veranstaltungsorte der verschiedenen
Darbietungen beinhaltete.
Diese Feste, die maßgeblich von Irene Hottelmann-
Schmidt initiiert worden waren, fanden großen Anklang,
waren sehr gut besucht und verliefen friedlich. Die Or-
ganisation und Ausführung dieser Großveranstaltungen
aber waren mit einem enormen Arbeitsaufwand für die
aktiven Mitglieder der Schutzgemeinschaft verbunden, so
dass weitere Altstadtfeste nicht mehr durchführbar waren,
denn die Kräfte wurden für die eigentliche Vereinsarbeit
dringend benötigt.
21 HARTH Victor, 1994, S. 27.
Cartoons vonGerd Bauer, ausdem Altstadtblattdes Altstadtjugend-festivals der Schutzgemeinschaft.
36
D
IDie Anwendung des Städte-
bauförderungsgesetzes, das 1971 ver-
abschiedet worden war, veränderte
den Umgang mit der Altstadt. Das
Gesetz offenbarte der Stadt neue
finanzielle Möglichkeiten bei der
Aufwertung von sanierungsbedürf-
tigen Stadtteilen, es erforderte aber
auch eine intensive Vorbereitung,
um jedem einzelnen Gebäude im
jeweiligen Sanierungsgebiet gerecht
zu werden.
Mittlerweile ist das Gesetz für die
Anwendung in historischen Innen-
städten modifiziert worden und kam
bei der Altstadtsanierung vor allem
in den neuen Bundesländern zur
Anwendung. Hierbei fanden denk-
malpflegerische Zielsetzungen eine
bessere Umsetzung und so konnten
auch bei der Sanierung größerer
Innenstadtbereiche durchaus Erfolge
erzielt werden.
Die achtziger Jahre waren zudem
geprägt von einer großen Anzahl
an Bauvorhaben, die das Stadtbild
nachhaltig und einschneidend ver-
änderten. So entstanden in dieser
Zeit die so genannten Theatergassen,
eine groß angelegte Geschäfts- und
Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit - Die achtziger Jahre
22 Die große Synagoge, erbaut von Johannes
Kronfuß, an der Herzog-Max-Straße war in
der Reichskristallnacht vom 9. auf den 10.
November 1938 in Brand gesteckt worden.
In den achtziger Jahren stand die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg vor einer Vielzahl
neuer Aufgaben und Herausforderungen. Hatte sie sich bisher in erster Linie für den
Erhalt von einzelnen Bauwerken eingesetzt, wurde sie nun mit ganzen Sanierungsgebieten
(Obere Mühlen, Kaulbergfuß-Schranne, Bamberg-Mitte, Theatergassen) konfrontiert.
Nicht mehr ein einzelner Bauherr oder Investor war Ansprechpartner, sondern ein
Sanierungsträger wurde zum Bauherren für ein ganzes Altstadtviertel.
Die achtziger Jahre
Beispiel für die Aktivitäten der Schutzgemeinschaft: Um den Verkehrsfluß in der Karolinenstr. zu fördern, war ein Abbruch beziehungsweise ein Teilabbruch einiger Anwesen vorgesehen.Die Schutzgemeinschaft setzte sich erfolgreich für deren Erhalt ein.
37
D
D
Das im Mühlenviertel dominierende Gebäude, die
Eckertsmühle, stand, wie das Alte Rathaus, im Fluss. Es
handelte sich um einen Fachwerkbau, der sich im vorderen
Teil über ein Erdgeschoss aus Sandstein erhob. Die Schutz-
gemeinschaft bezeichnete diesen Baukörper als „technisch
imponierenden Fachwerkingenieurbau“ und formulierte
in einer ausführlichen Stellungnahme Leitlinien bei der
Anwendung des Städtebauförderungsgesetzes, um eine
radikale Flächensanierung auch in Zukunft in Bamberg
zu vermeiden.23
Wohnhausanlage mit Tiefgarage mitten im Zentrum Bam-
bergs, zwischen der Langen Straße, Zinkenwörth und dem
Schillerplatz gelegen. In diesem Quartier befand sich die
einzig erhaltene Bamberger Synagoge. Diese war in den
zwanziger Jahren, nachdem die jüdische Gemeinde über
eine neue Synagoge22 verfügte, von der Kultusgemeinde
verkauft und durch Verlängerung und das Einziehen einer
Zwischendecke als Druckerei nutzbar gemacht worden.
Obwohl die Synagoge in der Generalsgasse das letzte
architektonische und damit anschauliche Zeugnis für die
reiche Vergangenheit jüdischen Lebens in Bamberg war,
wurde sie abgebrochen.
Die Schutzgemeinschaft, die sich stets für den größt-
möglichen Erhalt an historischer Bausubstanz einsetzte,
geriet in dieser Zeit zunehmend in Konflikt mit der
Stadtverwaltung und auch mit der Presse, die eine recht
23 Stellungnahme der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg vom 12.08.1980.
Archiv der SBAG, Ordner Obere Mühlen.
einseitige Berichterstattung verfolgte, was vor allem bei der
Sanierung der Oberen Mühlen deutlich wurde.
Einen professionellen Schub bekam die Schutzgemein-
schaft mit der Anstellung von Volkmar Eidloth Mitte der
achtziger Jahre. Er unterstützte den Vorstand und konzi-
pierte die Ausstellung „Bamberg Stadt Denkmal“, die im
Vereinshaus am Schillerplatz 9 von Januar bis Juli 1988
anlässlich des zwanzigjährigen Jubiläums der Schutzge-
meinschaft gezeigt wurde. 1990 erschien im Bamberger
Collibri-Verlag die entsprechende Publikation, als Doku-
mentation zur Ausstellung. Es handelt sich um ein Buch,
das „die Aussagen der Denkmalliste zu den städtebaulichen
Eigenschaften Bambergs - im wahrsten Sinne des Wortes
- anschaulich zu machen“ versuchte, so Eidloth in der Ein-
führung, was auch tatsächlich gelang, so dass das Werk bis
heute nichts an seiner Aktualität eingebüßt hat.
Die Oberen Mühlen haben in einer einzigartigen Weise die Bedeutung der Regnitz für die Stadt Bamberg belegt. Als technische Denkmäler legte der Mühlenkomplex Zeugnis ab von der Wirtschaftsgeschichte der Stadt. Die Mühlen veranschaulichten, wie die Bamberger über Jahrhunderte von und mit dem Fluss lebten.
Die Sanierung der Oberen Mühlen
Das Bauensemble Obere Mühlbrücke 8-14 bestand
aus insgesamt 8 Gebäuden, von denen 6 vollständig ab-
gebrochen und 2 saniert wurden. Der Bauträger, die St.
Joseph-Stiftung, war zugleich Eigentümer der Gebäude,
was die Umsetzung einer wenig sensiblen Flächensani-
erung erleichterte. Im statischen Gutachten der Firma
Strunz vom 23. August 1979 wurde die Eckertsmühle,
Obere Mühlbrücke 9, als baufällig eingestuft und die
empfohlene Sanierung lautete „Abbruch und Ersatz durch
Neubau.“24 Die gleiche Sanierungsempfehlung sprach das
38
Die Oberen Mühlen vor der Sanierung. Links im Bild die Schwalbenmühe und rechts im Bild die Eckertsmühle.
Die Eckertsmühle vor dem Abbruch. Im Hintergrund sind die Turmhaube von Schloss Geyerswörth und die Brudermühle zu erkennen.
Abbrucharbeiten an den Oberen Mühlen, hier mit Blick zum Alten Rathaus.
Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit - Die achtziger Jahre
39
24 Statisches Gutachten der Firma Strunz, Archiv der SGAB, Ordner: Obere Mühlen.
Die Eckertsmühle wurde fast vollständig abgebrochen. Lediglich die sandsteinerne Fassade im Erdgeschoss blieb teilweise erhalten.
Das sandsteinerne Erdgeschoss der abgebrochenen Eckertsmühle.
Gutachten für die Gebäude Obere Mühlbrücke 8 und 10
aus. Die Gebäude 11, 12 und 12a sollten vollständig entkernt
werden. Lediglich für die Gebäude 14 und 14 a wurden ein
Umbau und eine Nutzung „in normaler Weise“ in Betracht
gezogen. Mit dem hastigen Abbruch der Eckertsmühle
wurden sodann rasch vollendete Tatsachen geschaffen.
Die Schutzgemeinschaft bemühte sich leider vergeblich
um eine behutsamere Sanierung des Mühlenviertels, lud
die Bevölkerung zu Informationsabenden ein, versuchte
Artikel in der Presse zu veröffentlichen, nahm immer
wieder Kontakt mit dem Stadtrat und dem Bürger-
meister auf, konnte aber kein gutes Gesprächsklima
mehr herbeiführen und blieb im Prinzip ungehört. Die
Sanierung der Oberen Mühlen wurde damit beinahe
zu einer Zerreißprobe für die Schutzgemeinschaft und
bedeutete einen großen Rückschlag für die Denkmal-
pflege in Bamberg.
Anstelle der dominanten Eckertsmühle entstand
an den Oberen Mühlen das Hotel und Restaurant
Nepomuk, eine Stahlbetonkonstruktion mit Fachwer-
kapplikation, die sich in keiner Weise am historischen
Vorbild orientiert. Außerdem entstand ein auf mehrere
Baukörper verteiltes Studentenwohnheim mit annäh-
rend 100 Appartements.
Die Sanierung des Mühlenviertels feierte im Som-
mer dieses Jahres ihr 25-jähriges Jubiläum. In der
Presse wurde das Sanierungsjubiläum als vorbildlich
für das Weltkulturerbe gewürdigt. Warum selbst ein
Vierteljahrhundert nach Umsetzung einer radikalen
Flächensanierung noch keine Kritik, sondern sogar
Lob geäußert wird, ist aus denkmalpflegerischer Sicht
überhaupt nicht nachvollziehbar und lässt uns heute
erahnen, wie schwer der Kampf um den Substanzerhalt
im Mühlenviertel tatsächlich war.
40
BEigentlich war der Abbriß des Erlweinbaus, wie das
alte chirurgische Krankenhaus in der Unteren Sandstra-
ße entsprechend ihrem Erbauer benannt wurde, bereits
1982 beschlossen. Die Parksituation sollte sich in diesem
Gebiet sowohl für die Innenstadtbewohner als auch für
Gäste durch die Schaffung von PKW-und Busparkplätzen
deutlich verbessern. Aus diesem Grund stufte die Stadt-
verwaltung das Gebäude des Architekten Hans Jakob
Erlwein (1872-1914) als Frühwerk, welches unter Zeit- und
Geldmangel entstanden war, für nicht erhaltenswert ein.
Die Schutzgemeinschaft und das Landesamt für Denk-
Erlweinbauten
malpflege aber setzten sich für den Erhalt des Gebäudes
ein, für das bereits der Nutzungsvorschlag als Stadtarchiv
diskutiert wurde.
Die Schutzgemeinschaft lud daraufhin im Juli 1982 zu
einem Ausspracheabend in den Grünen Saal der Harmo-
nie ein. Der damalige Oberbürgermeister Paul Röhner,
Bürgermeiser Grafberger, Vertreter von Universität und
Bürgervereinen und zahlreiche Bamberger Bürger waren
der Einladung gefolgt. Rainer Hartmann, damals Vor-
standsmitglied der Schutzgemeinschaft, äußerte sich zum
drohenden Abbruch der Erlweinschen Chirurgie, und Dr.
Victor Harth, 1. Vorsitzender, verteidigte den Erhalt des
ehemaligen Elektrizitätswerkes in der Tränkgasse. Das
ebenfalls von Erlwein stammende technische Gebäude
war 1901 in Betrieb genommen worden und integriere
sich, so Dr. Victor Harth, hervorragend in das architekto-
nische Umfeld. Beide Redner hoben zudem hervor, dass
die Bausubstanz an sich in einem einwandfreien Zustand
und ein Kosten verursachender Abbruch keineswegs zu
rechtfertigen sei.
Der sich über einige Jahre hinziehende Kampf um
den Erhalt des alten Elektrizitätswerkes wie der Chirurgie
hat sich gelohnt. Für beide Gebäude konnte eine gute
Nutzung gefunden werden, und heute rühmt die Stadt
Bamberg sich mit dem ehemaligen E-Werk, die schönste
Volkshochschule Bayerns zu haben. Im November 1991
konnte das Stadtarchiv feierlich seinen Tag der offenen
Tür im ehemaligen chirurgischen Krankenhaus begehen.
Beide Gebäude gelten als Vorzeigeobjekte der Stadt sowohl
für den Erhalt technischer Denkmäler als auch für deren
gelungene Umnutzungskonzepte.
Einladungsplakat der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg zu einem Informationsabend bezüglich des geplanten Abbruchs der Chirurgie von Erlwein.
Besonders große Erfolge konnte die
Schutzgemeinschaft Alt Bamberg
bei dem Kampf um den Erhalt der
Bamberger Erlweinbauten erzielen.
Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit - Die achtziger Jahre
Der “Erlweinbau” (auch: Chirurgischer Pavillon)des Krankenhauses in der Unteren Sandstraße.
41
I
E
Die Landschaft des Berggebie-
tes, als gewachsene Denkmal- und
Kulturlandschaft, sei integraler
Bestandteil der Altstadt Bambergs,
argumentierte die Schutzgemein-
schaft. Außerdem sah sie im Bau
der Bergverbindungsstraße einen
Verstoß gegen die Richtlinien für
das Welterbe. Auf diese Problema-
tik machte die Schutzgemeinschaft
wirkungsvoll mit einer Fotomontage
der geplanten Trasse in einer ganz-
seitigen Anzeige im Fränkischen
Tag, erschienen am 2.3.1996, auf-
merksam. In einem Bürgerentscheid vom Dezember 1998
votierten die Bamberger Bürger schließlich gegen den Bau
einer Bergverbindungsstraße.
Im Juni 1991 veranstaltete die Schutzgemeinschaft das
Georgendammfest, um zusammen mit anderen Bürgerver-
einen und den betroffenen Anwohnern gegen die Tiefgara-
Die neunziger Jahre bis heute
Bauleitplanverfahren
In den frühen neunziger Jahren beschäftigten Verkehrs- und Parkprobleme in
der Innenstadt die Schutzgemeinschaft: die geplante Bergverbindungsstraße
und der Bau der Tiefgarage am Georgendamm. Gegen die Realisierung einer
Bergverbindungsstraße setzte sich die Schutzgemeinschaft äußerst intensiv ein
und bildete eine Verkehrsgruppe, die sich fast ausschließlich mit dem Thema
befasste.
Ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit der Schutzge-
meinschaft sind bereits seit längerer Zeit die Stellungnah-
men zu Bauleitplänen der Stadt, zu denen der Verein als
Träger öffentlicher Belange im Rahmen der Bürgerbeteili-
gung Stellung bezieht. In der Zeit der Vorstandschaft von
Gabriele Pfeff-Schmidt (2002-2005) beispielsweise wurden
jährlich 6 bis 8 Stellungnahmen ausgearbeitet. Diese Arbeit
war und ist stellenweise äußerst zeitaufwändig, erfordert
häufig ein Aktenstudium und die Teilnahme an Bause-
natssitzungen. Die Bauleitplanverfahren sind außerdem
jeweils Gegenstand der Vorstandssitzungen, in denen sie
vorgestellt und besprochen werden.
Die neunziger Jahre bis heute
ge zu demonstrieren. Hier konnte die Schutzgemeinschaft
zumindest einen Teilerfolg erzielen, da das ursprüngliche
Bauvorhaben die gesamte Ufersituation zerstört hätte.
1993 feierte die Schutzgemeinschaft ihr 25-jähriges
Bestehen. Zum Jubiläum in der Harmonie hielt Professor
Dr. Tilmann Breuer den Festvortrag.
Das Tal am Ottobrunnen, vom Michaelsberg aus gesehen
42
D Die Schutzgemeinschaft wählt auf Vorschlag von
Vereinsmitgliedern historische Objekte aus, deren Restau-
rierung oder Instandsetzung sie finanziell durch Spenden
und Sonderaktionen unterstützt. So konnte der nördliche
Pavillon im Michaelsberger Terrassengarten durch eine
Anschubfinanzierung wieder instand gesetzt und der dortige
Delphinbrunnen restauriert werden. Die Restaurierung
der Sphingen im Hain ist als weiteres Förderprojekt der
Schutzgemeinschaft zu nennen.
Auf Vorschlag von Dr. Horst Miekisch hat die Schutz-
gemeinschaft Alt Bamberg ab 1994 die Instandsetzung
des damals sanierungsbedürftigen nördlichen Pavillons im
Michaelsberger Terrassengarten angeregt. Dieser stieß in
den eigenen Reihen nicht gleich auf große Zustimmung.
Erwähnenswert ist, dass der Pavillon von der Schutzge-
meinschaft schon vor dem Anlauf des Förderprojektes in
besonderer Weise gewürdigt wurde: der schneebedeckte
Pavillon war 1981 als Motiv für die Weihnachtskarten des
Vereins ausgewählt worden.
Der nördliche sowie der südliche Pavillon, symmetrisch
angeordnet an den Eckpunkten des Terrassengartens, stel-
len nicht nur prägnante Elemente dar, sondern sind auch
architekturhistorisch als Beispiele barocker Gartenarchi-
tektur wertvoll. Der südliche Pavillon wurde bereits unter
der Leitung des Architekten Wolfgang Frickert ab 1983
instand gesetzt. Dies war auch eine Voraussetzung, um
die Gartenanlagen wieder für die Öffentlichkeit zugänglich
zu machen, was seit 1987 möglich ist. In diesem Zusam-
menhang gab die Stadt außerdem ein Parkpflegewerk in
Auftrag, das seit 1996 durch das Garten- und Friedhofsamt
der Stadt Bamberg mit Unterstützung der Denkmalpflege-
und Umweltschutzbehörden umgesetzt wird.
Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit - Die neunziger Jahre bis heute
EEin besonderer Themenschwerpunkt
der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg
in den vergangenen Jahren war die
Unterstützung von Förderprojekten.
Pavillon am
Michaelsberg
Pavillon am
Michaelsberg
Förderung öffentlicher ProjekteFörderung öffentlicher Projekte
Der südliche Pavillon mit Delphinbrunnen, Originalradierung von Michael Knobel, limitierte Auflage, zum Preis von Euro 45,00 bei der Schutzgemeinschaft zu erwerben.
Der nördliche Pavillon, vom Reuthersberg aus gesehen, Radierung von Michael Knobel.
43
Artikel über die feierliche Eröffnung des restaurierten Pavillons erschienen am 16.10.1999 im Fränkischen Tag.
44
S
DDie Schutzgemeinschaft Alt Bamberg brachte insge-
samt 30 000 DM Spendengelder für das Förderprojekt auf.
Diese Gelder kamen unter anderen durch den Verkauf von
Radierungen mit dem Motiv der Pavillons, die der Künstler
Michael Knobel geschaffen hatte, zusammen. Die zwei
Kupferradierungen des Baudenkmals, von denen insge-
Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit - Die neunziger Jahre bis heute
samt 200 Abzüge entstanden, sind auf handgeschöpftem
Büttenpapier gedruckt und wurden zu einem Preis von
80,00 DM angeboten. Bereits im Dezember 1994 konnte
die damalige Schatzmeisterin der Schutzgemeinschaft,
Dr. Christa Harth, dem Stadtkämmerer Heinz Faust einen
Scheck über 15 000 DM als Anschubfinanzierung für die
Instandsetzung des Pavillons überreichen.
Schließlich waren im Oktober 1999 die Arbeiten am Pa-
villon abgeschlossen, und das Bauwerk konnte feierlich der
Öffentlichkeit präsentiert werden. Bei seiner Rede würdigte
OB Herbert Lauer den Einsatz der Schutzgemeinschaft,
wie das Rathausjournal berichtet: „Lauers Dank galt vor
allem der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg, die mit
30 000 DM zur Restaurierung beigetragen hatte: „Ich sehe
diese Spendenbereitschaft der Bamberger Bürgerinitiati-
ven und Vereine als Mitverantwortung am Erhalt unserer
wunderschönen Heimatstadt“.
Die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg hat für „ihren“
nördlichen Pavillon eine Patenschaft übernommen, um
den Erhalt des Gebäudes langfristig zu sichern. Die Finan-
zierung für den notwendigen Bauunterhalt wird nunmehr
durch die Vermietung des Pavillons für Feierlichkeiten wie
Geburtstage oder Taufen gesichert.
Der Pavillon kann für private Feiern gemietet werden und wird zu diesem Zweck individuell hergerichtet. (Dekoration und Gestaltung: Sylvia Buckel)
45
Der gut besuchte Pavillon beim Tag des offenen Denkmals 2006.
Der nördliche Pavillon des Michaelsberger Terrassengartens. Foto 2007.
46
D
BVertretern der Denkmalschutzbehörden und natürlich
in Gegenwart von Vorstands- und Beiratsmitgliedern der
Schutzgemeinschaft feierlich enthüllt wurden. Die Finan-
zierung der Restaurierungsarbeiten in Höhe von 4000 €
konnte durch eine Spende der Kulturstiftung der Sparkasse
Bamberg (3000 €) sichergestellt werden; den restlichen
Betrag brachte die Schutzgemeinschaft selbst auf. Zwar
konnten die Musikmuschel und ihr Skulpturenschmuck
wieder restauriert werden, dem Vandalismus aber sind sie
leider weiterhin ausgesetzt.
Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit - Die neunziger Jahre bis heute
Beide Figuren waren durch Witterungseinflüsse und
Vandalismus stark in Mitleidenschaft gezogen. Beirats-
mitglied Marion Dubler regte 2005 das Förderprojekt
„Sphingen an der Musikmuschel im Hain“ an, nachdem
sie von dem Bamberger Studenten Michael Eccard ein Foto
der linken Sphinx mit ihrem noch unversehrten Gesicht
erhalten hatte. Der Bildhauer Adelbert Heil restaurierte
innerhalb von drei Monaten die beiden Sphingen, die
im Herbst 2006 im Beisein des Bürgermeisters Werner
Hipelius, des Sparkassendirektors Konrad Gottschall, von
Sphingen im Hain
Die beiden Skulpturen
an der Musikmuschel
im Hain, die 1814
entstanden waren, konnten
durch den Einsatz der
Schutzgemeinschaft
Alt Bamberg im Jahr 2006
restauriert werden.
Die beiden Skulpturen
an der Musikmuschel
im Hain, die 1814
entstanden waren, konnten
durch den Einsatz der
Schutzgemeinschaft
Alt Bamberg im Jahr 2006
restauriert werden.
Dr. Jörg Händler und der Restaurator Adelbert Heil.
Feierliche Enthüllung der restaurierten Sphingen. Von li. nach re.: Bürgermeister Werner Hipelius,2. Vorsitzender Ingo Schmitt, 1. Vorsitzender Dr. Jörg Händler, “Cleopatra” Sarah Böttcher, Konrad Gottschall, Vorsitzender der Sparkassenstiftung.
47
D
DDer mit 500 € dotierte Preis wird im Rahmen der Jah-
reshauptversammlung feierlich überreicht. In den Jahren
2006 und 2007 hat Dr. Ingo Fessmann, Namensgeber und
Stifter des Preises, die Verleihung persönlich vorgenom-
men. Dr. Ingo Fessmann und seine Frau Angelika sind seit
1975 Mitglieder der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg.
Die Ehrung der Hauseigentümer durch die Preisver-
leihung des Dr.-Ingo-Fessmann-Preises für besonders
gelungene Instandsetzungsarbeiten ist für die Bauherren
eine wichtige Anerkennung ihrer Leistung. Im Jahr 2005
wurden Hauseigentümer geehrt, die die historischen
Fensterläden ihrer Anwesen restauriert und wieder ange-
bracht haben. Im darauf folgenden Jahr ist durch den Preis
die Restaurierung und das Wiedereinsetzen historischer
Fenster gewürdigt worden. 2007 wurde der Preis für die
Instandsetzung und Wiederverwendung von historischen
Türen verliehen.
Die Verleihung von Preisen für denkmalpflegerisch
vorbildliche Instandsetzungsarbeiten hat bereits Tradition
Die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg
verleiht seit 2005 an Hauseigentümer,
die bei der Restaurierung ihrer Anwesen ein
besonderes Engagement bei der Gestaltung
von Fassadenelementen zeigten,
den Dr.-Ingo-Fessmann-Preis.
Dr.-Ingo-Fessmann-Preis
in der Schutzgemeinschaft. Schon in den Anfangsjahren
verlieh die Schutzgemeinschaft für vorbildliche Restaurie-
rungen eine Plakette für Verdienste um „Alt-Bamberg“.
Dr. Ingo Fessmann und Dr. Jörg Händler bei der Verleihung des Preises im Rahmen der Jahreshauptversamm-lung 2006.
Die Eheleute Fessmann bei der Jahreshauptversammlung 2006.
Preisverleihung durch Dr. Ingo Fessmann und Dr. Jörg Händler bei der Jahreshauptversammlung 2007.
48
I
D
Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit - Die neunziger Jahre bis heute
Im Rahmen der Spaziergänge gelang es dem Verein
immer wieder, häufig auch unzugängliche Kulturschätze
und Baudenkmale zu präsentieren. Die Schutzgemein-
schaft machte auf die frühen Bamberger Spaziergänge der
siebziger Jahre durch Plakate aufmerksam, die nach einem
festen Plakatierungsplan in der Stadt angebracht oder aber
in Geschäften ausgelegt wurden. Zusätzlich erhielt die
Presse eine Kurzmitteilung.
Die Spaziergänge waren je nach Thema und Aktualität
unterschiedlich stark besucht, aber insgesamt waren und
sind sie immer auf großes Interesse bei den Bamberger
Bürgern und Gästen gestoßen. Laut Zeitungsberichten der
siebziger Jahre beispielsweise fanden sich zwischen 150
und 300 Teilnehmer ein. Im August 1971 hatten Dr. Victor
Harth und das Ehepaar Hottelmann einen Spaziergang
durch das Sandgebiet angeboten, dazu waren rund 300 In-
teressenten erschienen. Vor dem Hintergrund, dass erst in
den letzten Jahren die Sanierung der Sandstraße umgesetzt
werden konnte, ist es doch bemerkenswert, dass bereits vor
über 35 Jahren die Bamberger ein nachweisliches Interesse
für dieses Gebiet gezeigt haben.
Die Bamberger Spaziergänge sind eine
feste Einrichtung der Schutzgemeinschaft,
die seit den Anfängen des Vereins den
Bamberger Bürgern die Möglichkeit
bieten sollen, ihnen bekannte oder auch
unbekannte Denkmäler ihrer Stadt näher
zu bringen.
Bamberger Spaziergänge
Bamberger Spaziergang zum Thema Treppenhäuser und Innenhöfe von Bamberger Häusern am Dombergfuß vom Oktober 2007.
Innenhof Lugbank 6
Innenhof Karolinenstraße 22 sog. Schlotfegerhäuschen
49
DDie Auswahl der Objekte trifft seit einigen Jahren mit
viel Engagement Dr. Horst Miekisch, der die Spaziergänge
nicht nur thematisch vorbereitet, sondern sich auch darum
bemüht, Verantwortliche, Besitzer und Bauherren oder
auch Bewohner zu Wort kommen zu lassen.
Beim jüngsten Spaziergang auf dem Gelände der
ERBA hat Prof. Wilfried Krings die große Besucherschar
mit einem Vortrag über die Geschichte der Industriestätte
fachkundig informiert.
Heutzutage wird auf die Spa-
ziergänge vornehmlich durch die
Lokalpresse aufmerksam gemacht.
Außerdem ist das Programm über
die Homepage der Schutzgemein-
schaft im Internet abrufbar.
Bamberger Spaziergang zum Weiher am Fuß des Michaelsberges auf dem Weg zum Ottobrunnen vom Juli 2007.
Dr. Horst Miekisch begrüßt die Teilnehmer
Die zahlreichen Besucher folgten aufmerksam den Ausführungen von Prof. Wilfried Krings.
Auch Harald Lang, Geschäftsführer der GmbH, die 2012 auf dem ERBA-Gelände die Landesgartenschau durchführen wird, war der Einladung gefolgt. Aktueller Anlass war der geplante Abbruch der Schleusenwärterhäuser, über den die Lokalpresse berichtet hatte.
Der geplante Abbruch der Schleusenwärterhäuschen auf dem Erba-Gelände war der aktuelle Anlass für den Bamberger Spaziergang.
50
D
DEs handelt sich um Dr. Victor Harth, Gründungsmit-
glied und langjähriger I. Vorsitzender, Freifrau Gudila
von Pölnitz, Gründungsmitglied, unterstützte den Verein
vor allem dadurch, dass sie über viele Jahre der Schutz-
gemeinschaft für ihre Sitzungen und Zusammenkünfte
Räumlichkeiten im Böttingerhaus zur Verfügung stellte.
Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg, ebenfalls Grün-
dungsmitglied, engagierte sich aktiv für die Schutzgemein-
schaft. So war es eine Idee der Gräfin, die Vereinskasse
durch die Herstellung und den Verkauf von Weihnachts-
karten mit Bamberger Motiven aufzubessern. Das vierte
Ehrenmitglied, Frau Dr. Christa Harth, Gattin des ersten
Vorsitzenden Dr. Victor Harth und aktive Unterstützerin
der Schutzgemeinschaft, war ebenfalls von Beginn an mit
dem Verein verbunden und hat einige Jahre den 2. Vorsitz
des Vereins übernommen.
Dr. Victor HarthDr. Victor Harth hat die Schutzgemeinschaft Alt Bam-
berg als erster Vorsitzender des Vereins aktiv mitgestaltet.
Als angesehener Mediziner war er es gewohnt, Ärzte-
kongresse zu organisieren und er machte sich seine Liebe
zu Bambergs Altstadt ebenso zu nutze wie seine berufli-
chen Erfahrungen, um nunmehr Denkmalpflegekongresse
in Bamberg vorzubereiten und durchzuführen. Es gelang
ihm für die Bamberger Gespräche, die in regelmäßigen
Abständen zwischen 1973 und 1979 in Bamberg auf der
Altenburg stattfanden, hochrangige Vertreter der Denkmal-
pflege und des Bauwesens als Redner zu gewinnen.
Neben dieser bedeutenden Lobbyarbeit wollte Dr.
Harth aber vor allem auch die Bamberger Bürger selbst
für ihre Stadt begeistern, indem er beispielsweise bei den
Bamberger Spaziergängen immer wieder die Bedeutung
der Altstadt hervorhob: „In den meisten deutschen Städ-
ten sind die Stadtkerne und die wertvollsten Altstadtteile
im Zweiten Weltkrieg zerstört worden. Bamberg hat das
große Glück, daß es nur eine geringe Beschädigung durch
die Kriege erfahren hat. Unsere Stärke ist, daß wir noch
geschlossene bauhistorische Einheiten haben.“25
Durch seinen großen persönlichen Freundes- und Be-
kanntenkreis war es ihm außerdem gelungen, zahlreiche
Mitglieder für den Verein anzuwerben.
Dr. Victor Harth war Mitglied des Landesdenkmalrates
und des Nationalkomitees für Denkmalschutz.
Die Ehrenvorstandschaft der Schutzgemeinschaft wur-
de Dr. Victor Harth 1987 verliehen. Werner Hottelmann
hatte für diesen Anlass eine Laudatio für Dr. Harth vorbe-
reitet und vorgetragen.
Ehrenmitglieder und -vorständeDie Schutzgemeinschaft Alt Bamberg hat vier ihrer Mitglieder zu
Ehrenmitgliedern beziehungsweise zu Ehrenvorständen ernannt. Allen vieren
ist eines gemeinsam: Sie waren zugleich Gründungsmitglieder und zählen bis
heute in der Erinnerung zu den bedeutenden Mitgestaltern und Unterstützern
der Schutzgemeinschaft.
Dr. Victor Harth so wie ihn viele in Erinnerung haben, stets mit seiner Kamera unterwegs.
25 Dr. Victor Harth, Schriftliche Vorbereitung für den Bamberger
Spaziergang zur Unteren Brücke und zum Leisthaus, Juni 1970, SGAB,
Ordner: Bamberger Spaziergänge.
Ehrenmitglieder und -vorstände
51
W
N
Gudila Freifrauvon Pölnitz
Während ihrer Zeit in Bamberg wohnte Gudila Freifrau
von Pölnitz im Böttingerhaus. Durch ihre Bekanntschaft
mit Familie Hottelmann und aufgrund ihres Interesses für
historische Gebäude war Freifrau von Pölnitz bereits bei
der Entstehung des Vereins aktiv beteiligt. Sie hatte den
Kontakt zu Dr. Ludwig Wegele, dem Gründer und Vor-
sitzenden der Augsburger Bürgerinitiative Alt Augsburg
Gesellschaft, hergestellt. Die Schutzgemeinschaft konnte
Räumlichkeiten im Böttingerhaus über viele Jahre nutzen,
um dort unter anderem Vorstandssitzungen abzuhalten
oder Vortragsabende zu veranstalten. Das Böttingerhaus
war offizieller Sitz der Schutzgemeinschaft, und die
prominente Adresse diente für Korrespondenz auch als
Postanschrift.
Freifrau von Pölnitz öffnete die Tore zu ihrem Domizil
im Rahmen der Bamberger Spaziergänge auch für die Öf-
fentlichkeit und übernahm persönlich die Führung durch
ihr Anwesen.
Nina SchenkGräfin von Stauffenberg
Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg hat die Schutzge-
meinschaft Alt Bamberg als Gründungs- und langjähriges
Vorstandsmitglied aktiv unterstützt. Von ihr stammte die
Idee, sowohl zur Aufbesserung der Vereinskasse als auch
zu Werbezwecken, Weihnachtskarten mit Bamberger Mo-
tiven zum Verkauf anzubieten. Bereits im Gründungsjahr
der Schutzgemeinschaft bot sie Interessierten die erste
Weihnachtskarte an. „Die erste Karte, 1968, hatte als Motiv
eine eigene Tuschezeichnung des Portals des Böttingerhau-
ses.“, so Gräfin Stauffenberg in einem handgeschriebenen
Brief an die Schutzgemeinschaft26. Diese Tuschezeichnung
wurde lange von der Schutzgemeinschaft als Logo verwen-
det und erschien auf Plakaten der Schutzgemeinschaft
ebenso wie auch als Briefkopf.Die Tuschezeichnung des Böttingerportals der Gräfin Stauffenberg. Diese Zeichnung diente als Weihnachtsmotiv und wurde anschließend zum Erkennungsbild der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg, fand Verwendung als Briefkopf und auf Plakaten. In Erinnerung daran erscheint die Zeichnung auf dem Umschlagbild der aktuellen Festschrift.
26 Der Brief der Gräfin Stauffenberg ist im Jahresbericht 2006 der Schutz-
gemeinschaft vollständig abgedruckt. Siehe hierzu Schutzgemeinschaft
„Alt-Bamberg“ e. V. Jahresbericht Ausgabe 2006, S. 29.
52
DDie Weihnachtskarten der Gräfin Stauffenberg, die mit
einer Auflage von etwa 300 Exemplaren starteten, erreich-
ten in den Folgejahren eine Auflage von etwa 1500. Die
Karten wurden allesamt mit Originalfotos bestückt und
in Handarbeit geklebt. In den ersten Jahren fotografierte
die Gräfin die Motive selbst, so dass auch das Detailfoto
der Putten vom Leisthaus noch von ihr ausgewählt und
aufgenommen wurde.
Die Leisthausputten zierten die Weihnachtskarte des
Jahres 1969. Das Motiv und die dazugehörige Bildunter-
schrift „Bald Vergangenheit: Vom Leisthaus“ zeugen vom
Protest gegen den geplanten Abbruch des Hauses, den die
Schutzgemeinschaft leider nicht verhindern konnte. 1970,
bei einem Bamberger Spaziergang der Schutzgemein-
schaft, ist auch über den geplanten Abbruch des Leisthau-
ses berichtet worden. Dr. Victor Harth hatte das Haus als
„Schlußstein von unserem Klein-Venedig“ bezeichnet. Die
Schutzgemeinschaft hatte sich zu dem Zeitpunkt stark für
den Erhalt des Stadtquartiers am Obstmarkt eingesetzt, da
sie eine „Generalbereinigung des gesamten Quartiers“27
befürchtete. Trotz dieser nachhaltigen Bemühungen wur-
de das Leisthaus schließlich 1972 abgebrochen. „Vor 432
Jahren wurde das Haus am Obstmarkt 7, das Leisthaus,
gebaut, am Samstag mußte es wegen Baufälligkeit einge-
rissen werden.“, so kommentierte der Fränkische Tag den
Abbruch. Weiter ist zu lesen: „Was vom Leisthaus noch zu
verwerten war, wie Hauswappen, gotische Erker, Türbögen
Ehrenmitglieder und -vorstände
und original Konsole wurden sichergestellt, da sie wieder
verwendet bzw. ins Museum gebracht werden sollen. Die
Schutzgemeinschaft Alt Bamberg war dabei besonders
rührig und bekam das, was sie wollte, unter anderem das
Empire-Treppenhausgeländer.“28 Hätte die Schutzgemein-
schaft wirklich bekommen, was sie wollte, wäre das Haus
nie abgebrochen, sondern instand gesetzt worden.
Das Leisthaus, auch Haus zum schwarzen Rad;
Obstmarkt 7
„Die Gesamterscheinung des Hauses, wie sie bis 1972
erhalten blieb, dürfte auf diesen Neubau (von 1551 für den
Kartenmaler Barthel Schrag errichtet) zurückgegangen
sein: ein viergeschossiger Bau mit Satteldach und je
vier Achsen an den Traufseiten zum Obstmarkt und zur
Unteren Brücke, das Erdgeschoss und das Obergeschoss
massiv, das zweite und dritte Obergeschoss aus verput-
zem Fachwerk; tonnengewölbte Keller; Dachgerüst mit
dreireihig stehendem Stuhl, die Holzverbindungen teils
verblattet, teils verzapft.“ Im 18. Jahrhundert wurde das
Anwesen im Äußeren und im Inneren barockisiert: Ein-
bau von korbbögigen Türen, Gesimse, dekorative Gauben,
Stuck in einigen Zimmern mit u.a. Bandelwerk, Vögeln
und Vasen. Die Hausfigur, um 1720 entstanden, ist von
Leonhard Gollwitzer oder seiner Werkstatt. Sie befindet
sich im Historischen Museum Bamberg.29
Nach 20 Jahren hat die Gräfin die Weihnachtskarte-
naktion aufgegeben. In dieser Zeit konnte sie durch den
Verkauf der Karten für die Schutzgemeinschaft Spenden
von rund 25.000 DM erzielen. Sie blieb aber weiterhin ein
aktives Mitglied der Vorstandschaft.
27 Zitate von Dr. Victor Harth, schriftliche Ausarbeitung für Bamberger
Spaziergänge vom 27.06.1971, SGAB, Ordner: Bamberger Spaziergänge.28 Fränkischer Tag, Ausgabe vom 28.02.1972, Nr. 48, S. 9.29 Zitat und Informationen aus dem Beitrag „Obstmarkt 7“ von GUTBIER
Rainer im Bamberg-Inventar. S. 1087-1089.
Die Leisthausputten als Weihnachtskartenmotiv der SchutzgemeinschaftAlt Bamberg.Diese Aufnahme fertigte die Gräfin noch selbst an.
53
I
F
In der jüngst erschienen Biographie über die
Gräfin von Stauffenberg, die ihre Tochter Konstanze von
Schulthess anhand von zahlreichen Aufzeichnungen der
Gräfin verfasste, findet auch der Einsatz der Gräfin für
die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg Erwähnung. In dem
Kapitel über das Leben der Gräfin nach dem Krieg heißt
es wie folgt: „Das größte Engagement meiner Mutter aber
galt dem Denkmalschutz, in den sechziger Jahren fast noch
ein Fremdwort. … Zusammen mit Herrn Hottelmann und
Herrn und Frau Dr. Hardt [sic], um nur einige Mitstreiter
zu nennen, begann sie, die Hausbesitzer anzuschreiben,
deren Eigentum sichtbar verfiel.“30
Die Ehrenmitgliedschaft in der Schutzgemeinschaft
Alt Bamberg wurde Gräfin Stauffenberg im Jahr 2003
verliehen.
Dr. Christa HarthFrau Dr. Christa Harth ist Gründungsmitglied der
Schutzgemeinschaft und war von Beginn an ein aktives
Vereinsmitglied. In den Jahren 1996 bis 2005 bekleidete
sie das Amt des 2. Vorsitzenden der Schutzgemeinschaft
„Alt-Bamberg“. In den Anfangsjahren unterstütze sie ihren
Gatten, Dr. Victor Harth, der mit der Vereinsgründung 1.
Vorsitzender wurde, tatkräftig. Da ihr Mann viel Zeit für
das Ehrenamt aufbringen musste, um die Schutzgemein-
schaft zu gestalten und ihr zu einem gewissen Ansehen zu
verhelfen, übernahm Frau Dr. Harth den Löwenanteil der
eigentlichen Arbeit in der gemeinsamen Arztpraxis.
Frau Dr. Christa Harth wurde im Rahmen der Jah-
reshauptversammlung 2006 zur Ehrenvorsitzenden der
Schutzgemeinschaft gewählt.
Protest gegen den Abbruch des Leisthauses. Diese Fotomontage, die den historischen Zustand des Leithauses, den Abbruch und den geplanten Neubau dokumentiert, entstand im Namen der Schutzgemeinschaft mit Bamberger Sprüchla von Gerhard Krischker.
Das neue „Leisthaus“. Aufnahme von 2008.
30 SCHULTHESS VON Konstanze, 2008, S. 204-205
Frau Dr. Christa Harth bei der Jahreshauptversammlung 2006: Ernennung zum Ehrenvorstand der Schutzgemeinschaft Alt Bamberg.
54
D
V
Ausblick
Vor diesem Hintergrund erscheint die Schutzgemein-
schaft Alt Bamberg unbedeutend und beinahe überflüssig.
Wie wichtig aber die Arbeit der Schutzgemeinschaft ist,
zeigt sich immer wieder. Aufklärungsarbeit zu leisten,
um die Bamberger selbst für ihre Stadt zu begeistern ist
der Schutzgemeinschaft seit ihrem Bestehen ein ganz
besonderes Anliegen. Die Themenschwerpunkte der ver-
gangenen Jahre machen deutlich, wie unabdingbar das
bürgerschaftliche und ehrenamtliche Engagement der
Schutzgemeinschaft ist.
Der drohende Verkauf des Klosters St. Michael hat im
vergangenen Jahr viel Einsatz von der Schutzgemeinschaft
erfordert und die Notwendigkeit und Bedeutung der Zu-
sammenarbeit mit anderen Gruppierungen und Vereinen,
um die sich die Schutzgemeinschaft bemüht hat, wieder
aufgezeigt. Außerdem befasst sich der Verein schon seit
einigen Jahren mit den Planungen zur City-Passage, die
Den Erhalt der Stadt Bamberg sichern heutzutage bestimmte Institutionen, die es zur Zeit der
Vereinsgründung der Schutzgemeinschaft teilweise noch nicht gab, beziehungsweise in dieser
Form nicht existierten. Zum einen ist der Schutz von Baudenkmalen erst seit 1973 gesetzlich
festgeschrieben. Außerdem sind die offiziellen Strukturen, wie die städtische Denkmalpflege
oder aber das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, das mit seiner Außenstelle in Seehof
Bamberg besonders nah ist, dem Schutz der Baudenkmale verpflichtet. Zum anderen ist die
Altstadt Bambergs seit 1993 Weltkulturerbe der UNESCO. Der Erhalt der Altstadt Bambergs
ist also keine rein lokale oder regionale Aufgabe mehr, sondern ein Auftrag für das Erbe der
Menschheit.
Ausblick
nach einer gewissen Ruhephase erneut aufgerollt werden
sollen.
Die Schutzgemeinschaft macht auf ihre Ziele auch in
der Öffentlichkeit immer wieder aufmerksam und betei-
ligt sich beispielsweise regelmäßig am Tag des offenen
Denkmals oder aber beim Tag des Weltkulturerbes. Diese
öffentlichen Auftritte sollen dazu dienen, den Bekannt-
heitsgrad der Schutzgemeinschaft in der Bevölkerung zu
steigern und möglichst neue und vor allem auch jüngere
Mitglieder zu gewinnen. Damit auch junge Menschen den
Wert erkennen, den eine historische Altstadt inne hat und
sie sich somit auch für den Erhalt ihrer Stadt einsetzen,
wird seit geraumer Zeit ein Jugendkonzept erarbeitet.
1. Vorsitzender Dr. Jörg Händler: “40 Jahre für den
Denkmalschutz – Zeit für einen Blick nach vorn: Wir
engagieren und rüsten uns für die Zukunft, wir denken
weiter!”
55
DFilme
Die Schutzgemeinschaft Alt Bamberg verfügt
über ein Filmarchiv. Die Filme von Peter
Berns (Mitglied der Schutzgemeinschaft
seit 1991 und Beiratsmitglied seit
2005) dokumentieren einige Bauwerke,
Ensembles und auch die Geschichte der
Schutzgemeinschaft selbst. Außerdem befindet
sich noch ein Film von Dr. Victor Harth
im Besitz der Schutzgemeinschaft, der über
die Medaille berichtet, die anlässlich der
1000-Jahr-Feier Bambergs im Jahr 1973 auf
Initiative der Schutzgemeinschaft geprägt
worden war.
� Die ERBA und ihr altes E-Werk - ein Stück
Industriegeschichte
12.04.1997 - 8 min.
� Die ehemalige Mang’sche Wachsbleiche - oder
was von ihr noch übrig ist
14.06.1997 - 8 min.
� Tocklergasse 8 - Wie die Stadt mit ihren geschütz-
ten Kulturdenkmälern umgeht
14.06.1997 - 5 min.
� Im ehemaligen Bahnbetriebswerk Bamberg
18.10.1997 - 22 min.
� Die Ulanenkasernen - bzw. was von ihnen noch
übrig blieb
24.04.1999 - 25 min.
� Die alte Hofhaltung - Die Vorbereitung der Kai-
ser-Heinrich-Ausstellung
23.10.1999 - 36 min.
� Das Schiefe Haus Obere Brücke 2 - ein 800
Jahre altes Brückenfundament als Stütze
25.03.2000 - 17 min.
� Kapuzinerstr. 1 - geht Klein Venedig baden?
25.03.2000 - 8 min.
� Königstraße (früher Steinweg) Nr. 1, 8, 10 - an
einer alten Handelsstraße
27.01.2001 - 27 min.
� Eisgrube 14 - Das Haus zum Apfelweibla
04.05.2001 - 18 min.
� Schillerplatz 22 und 24, Am Kanal 17 a - wo
künftig keine Möbel mehr knarren
29.06.2001 - 17 min.
� Fischerei - aus Gold wird Fisch
16.05.2003 - 12 min.
� Der Delphin soll wieder sprudeln
27.06.2003 - 25 min.
� Eine Medaille entsteht. Ein Dr. Harth-Film
1973 - 9 min.
� Den jüngsten Bamberger Spaziergang zum Erba-Gelände vom 12.04.2008 hat Josef Russ in einem
15-minütigen Film festgehalten.
56
Literaturverzeichnis und Quellen
DUBLER Marion, Mittendrin. 100 Jahre Bürgerverein
Bamberg-Mitte e. V., Bamberg, 2005.
EIDLOTH Volkmar, Bamberg Stadt Denkmal, Doku-
mentation einer Ausstellung der Schutzgemeinschaft Alt-
Bamberg e.V., Collibri-Verlagsbuchhandlung, Bamberg,
1990.
FRANKENBUND (Hrsg.), „Bamberg – Geschenk eines
Jahrtausends“, in: Frankenland. Zeitschrift für Fränkische
Landeskunde und Kulturpflege, Heft 2, Februar 1973, 25.
Jahrgang, Würzburg, S. 27-30.
FRICKERT Wolfgang, „Restaurierung eines barocken
Gartenpavillons“, in: das bauzentrum, Fachzeitschrift für
Architekten und Bauingenieure, Denkmalpflege-Renovie-
rung-Sanierung, Ausgabe Oktober, 7/91, S. 64-75.
GEBEßLER August, Liste der schutzwürdigen Profan-
bauten der Stadt Bamberg (Häuserliste), Aufgestellt im
Auftrag des Landesamts für Denkmalpflege, 1962.
KOHN Werner, In der Provinz, 1968. Das Foto-Ta-
schenbuch 12, Berlin, 1988.
PETZET Michael (Hrsg.), Die Kunstdenkmäler von Bay-
ern, Die Kunstdenkmäler von Oberfranken, Stadt Bamberg
5, Innere Inselstadt, 2. Halbband, R. Oldenbourg Verlag,
München, 1990.
PETZET Michael/BREUER Tilmann (Hrsg.), Die
Kunstdenkmäler von Bayern, Die Kunstdenkmäler von
Oberfranken, Stadt Bamberg 4, Bürgerliche Bergstadt, 1.
Halbband, Bayerische Verlagsanstalt, Deutscher Kunstver-
lag, München, Berlin, 1997.
PETZET Michael/BREUER Tilmann (Hrsg.), Die
Kunstdenkmäler von Bayern, Die Kunstdenkmäler von
Oberfranken, Stadt Bamberg 4, Bürgerliche Bergstadt, 2.
Halbband, Bayerische Verlagsanstalt, Deutscher Kunstver-
lag, München, Berlin, 1997.
PFEIFFER Gerhard, „Die Bamberg-Urkunde Ottos
II. für den Herzog von Bayern“, In: Historischer Verein
Bamberg, 109. Bericht, 1973, S. 15-32.
PRÜCKNER Gerhard, „Es hat schon Tradition hier,
Dinge so zu lassen, wie sie sind“, in: KOHN Werner, In
der Provinz, 1968. Das Foto-Taschenbuch 12, Berlin, 1988,
S. 80-90.
„Schlusswort zum 1. Bändchen, in: Alt-Bamberg. Rück-
blicke auf Bambergs Vergangenheit, Beilage zum „Bam-
berger Tagblatt“, 1. Jahrgang 1897/98, Bamberg,
SCHULTHESS VON Konstanze, Nina Schenk Gräfin
von Stauffenberg. Ein Porträt, Pendo Verlag, München/
Zürich, 2008.
ZeitungKonsultation der Tageszeitung Fränkischer Tag
Stadtarchiv
Abbildungen zum Haus zum Marienbild, Pfahlplätz-
chen 5, aus dem Stadtarchiv Bamberg mit folgenden Sig-
naturen:
BS Nr. 333 Pfahlplätzchen 5 - H2 B3 mit Unterstand für
Verkehrspolizisten
BS Nr. 333 Pfahlplätzchen 5 -H3 B1 Blick zum Kaul-
bergfuß
BS Nr. 333 Pfahlplätzchen 5 -H4 B1 Abbruch in Farbe
BS Nr. 333 Pfahlplätzchen 5 -H4 B2 Abbruch in Farbe
BS Nr. 333 Pfahlplätzchen 5 -H7 B3 romanischer
Turmstumpf sichtbar
BS Nr. 333 Pfahlplätzchen 5 -H8 B2 romanischer
Turmstumpf sichtbar, Baustelle wuchert zu
BS Nr. 333 Untere Sandstraße 30a, Chirurgischer
Pavillon
Archiv der SchutzgemeinschaftAlt Bamberg
Literaturverzeichnis und Quellen
57
“Wer an den Dingen der Stadt keinen Anteil nimmt,
ist kein stiller, sondern ein schlechter Bürger”
Perikles, griechischer Staatsmann, ca. 480 v. Chr. – 429 v. Chr.
Diese Stadtansicht (nach Merian) hat die Schutzgemeinschaft bei Einladungen anlässlich der 1000-Jahr-Feier zur Dekoration der Post verwendet.
Epilog
58
s c h u t z g e m e i n s c h a f t a lt b a m b e r g e.v.
SCHUTZGEMEINSCHAFT
ALT BAMBERG E. V.
Schillerplatz 9
96047 Bamberg
Telefon: 0951 - 20 25 21
E-Mail: schutzgemeinschaft@altbamberg.de
www.altbamberg.de
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