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Post on 18-Sep-2018
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Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Wissenschaftsjournalisten sind umsichtig und gut informiert.
Aber wenn das Publikum drängende Fragen hat, sind sie nicht immer mit
Antworten zur Stelle“
Dr. Alexander Mäder, Leiter Wissenschaftsressort Stuttgarter Zeitung, WPK-Vorstand
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Ja, da wo neue Studien unkommentiert als neues Wissen dargestellt werden, wo selbst
offensichtliche Fragen zur Methode nicht aufgeworfen werden und wo die abweichende
Meinung nicht einmal eingeholt, das abweichende Ergebnis einfach übergangen wird. Kontrollinstanz können und sollen wir nicht sein, kritisch und gut
informiert schon.“
Kai Kupferschmidt, freier Wissenschaftsjournalist, redaktionelle Mitarbeit Der Tagesspiegel
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Die Zeit ist vorbei, in der Reporter brav wiedergaben, was Herr Professor entdeckt hatte. Längst wird in Redaktionen verlangt, Neues kritisch einzuordnen. Oft vertrauen
Wissenschaftsjournalisten allerdings reflexhaft großen Namen wie Harvard,
Charité oder Nature. Weniger Respekt vor Promis täte auch uns gut.“
Nicole Heißmann, Wissenschaftsredakteurin Stern
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Bei aller Liebe zur Wissenschaft: Journalisten sollten endlich aufhören,
sich als Schoßhündchen der Forscher zu verstehen. Schoßhündchen beißen nicht. Mehr Biss ist aber genau das, was dem
Wissenschaftsjournalismus in Deutschland fehlt.“
Alexander Stirn, freier Wissenschaftsjournalist, München
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Alle Wissenschaftsjournalisten sind unzahm! Nur sind die meisten so genannten meistens gar keine. Sondern Popularisierer,
die sich mit der Sache der Wissenschaft gemein machen. Das mag eine wichtige
Arbeit sein. Aber sie ist zahm und zahnlos wie Wackelpudding.“
Björn Schwentker, freier Wissenschaftsjournalist
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Wissenschaftsjournalisten sollten aufhören, PR für die Wissenschaft zu betreiben, weil da
draußen im Internet inzwischen Millionen Fact-Checker leben. Wie sagte Horst Stern
einmal: "ein Journalist sollte die Dinge, die er sorgfältig recherchiert hat und die er für wahr
befunden hat, auch aussprechen."
Volker Stollorz, freier Journalist
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Wissenschaftsjournalisten sind nicht unbedingt zu zahm. Wichtig ist in jedem Fall
ein möglichst fundierter fachlicher Hintergrund zu den Dingen, über die man
berichtet. Er schafft automatisch Distanz und eine gesunde Skepsis und befähigt den
Journalisten die neuen Sachverhalte korrekt einzuschätzen."
Dr. Rüdiger Schacht, freier Journalist
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Viele Wissenschaftsjournalisten verstehen sich noch zu sehr als
Übersetzer der Wissenschaftler. Etwas mehr kritische Einordnung würde vielen
Beiträgen gut tun“
Claudia Ruby, freie Journalistin, WPK-Vorstand
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Lasst Euch nicht zähmen! Als Zoologe sage ich Euch: Zeichen der
Domestizierung sind Hängeohren, rückgebildete Gebisse und die Abnahme der Gehirnmasse um zwanzig Prozent“
Jacob Vicari, freier Wissenschaftsjournalist aus Hamburg
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Wie kritisch Wissenschaftsjournalisten mit einem Thema umgehen können, hängt auch von den Arbeitsumständen ab. Zeitdruck und
knappe Finanzen sind nicht die besten Voraussetzungen“
Dr. Arndt Reuning, freier Journalist, WPK-Vorstand
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Wenn Wissenschaftsjournalisten die Wissenschaft kritisch beobachten
würden, wären sie echte Journalisten. Aber diese Tradition ist in Deutschland
nicht sehr ausgeprägt “
Winfried Göpfert, Journalist, em. Professor für Wissenschaftsjournalismus an der FU Berlin
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
"Die Frage ist gar nicht, ob die Wissenschaftsjournalisten bissiger sein wollen,
sondern ob sie es können! Von wenigen Spezialisten abgesehen, sind leider die wenigsten
in der Lage, aktuelle Forschungsergebnisse der unterschiedlichen Disziplinen wirklich fachlich einzuschätzen – und das ist die Voraussetzung
für kompetente Bissigkeit.“
Christoph Drösser, Redakteur, Ressort Wissen ZEIT Hamburg
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Ja, viel zu oft. Es fehlt: - die kritische Distanz gegenüber den
Experten und Institutionen- die selbstbewusste, journalistische
Beurteilung zur Relevanz eines Themas
- die kreativ-freche Umsetzung (die Wissenschaftlern nicht gefallen muss)“
Peter Ehmer, Redaktionsleiter „Leonardo“, WDR
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
"Wachsames Begleiten der Wissenschaft bedeutet nicht nur tiefgründige
Recherche, sondern auch (mehr) Mut zur strikten Auswahl. Denn Qualität zeigt sich auch darin, manches bewusst /nicht/ zu
bringen. Auch bzw. vor allem wenn intensive PR-Arbeit einen verlockend leicht gemachten Artikel verheißt."
Antje Findeklee, Online-Redakteurin Spektrum der Wissenschaft
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Manchen Wissenschaftsjournalisten fehlt der Biss. Sie wollen Wissenschaft erklären
und dafür von Wissenschaftlern gelobt werden. Aber kritischer Journalismus ist nicht
ihr Ding“
Dr. Klaus Dartmann, DW-TV, WPK-Vorstand
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
"Ich lese viel zu häufig ein 'Ja, aber...'. Wissenschaftsjournalisten brauchen
einen unabhängigen Geist und sollten klipp und klar 'Ja.' oder 'Nein.' sagen
können."
Dr. Veronika Hackenbroch, Redakteurin Ressort Wissenschaft & Technik SPIEGEL
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Lange Jahre wurde Wissenschaftsjournalisten nicht zu unrecht mangelnde Distanz zum Gegenstand ihrer
Berichterstattung vorgeworfen. Heute ist der Wissenschaftsjournalismus in Deutschland auf einem guten Weg, zu einem ‚normalen‘
Journalismus zu werden.“
Martin Schneider, Stellv. Redaktionsleiter der TV-Wissenschaftsredaktion des Südwestrundfunks,
WPK-Vorstand
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Nein, ich denke nicht, dass Wissenschaftsjournalisten zu zahm sind.
Schwierig wird es, wenn sie sich bei kontroversen Themen in einem Spannungsfeld zwischen
öffentlicher Meinung und unabhängiger Bewertung von Forschung befinden. Da kommt es meiner Meinung nach darauf an, sich unabhängig
zu entscheiden und wenn nötig, das Konfliktpotenzial klar zu benennen.“
Eva Opitz, PressesprecherinAlbert-Ludwigs-Universität Freiburg
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
"Ein paar Fragen zur Sache und der Beitrag steht, das ist die Regel. Kritische Fragen und der Blick
von außen auf die Forschung müssen aber durch die Journalisten kommen. Das ist aufwändig, aber unbedingt nötig. Sonst machen sich Journalisten
überflüssig, denn reine Erklärstückchen schreiben die Pressestellen ja schon selber ganz gut."
Dr. Antonia Rötger, Kommunikation & Medien Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher
Forschungszentren, Journalistin
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
“Zahm” oder “wild” sind nicht die Kriterien für guten Wissenschaftsjournalismus, eher
„mutig“, “kenntnisreich“, „denk- und sprechfähig“. Dann wird der Diskurs mit den PR-Abteilungen umso fruchtbarer, je besser
die sind.
Prof. Joachim Treusch, Präsident der Jacobs University Bremen,
WPK-Kuratorium
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
Rückfrage: Was heißt „zu zahm“? Zu unkritisch? Oder mehr an der Sache orientiert und weniger darauf aus, kontroverse Debatten zu befeuern?
„Zahm“, im Sinne von gezähmt oder gar domestiziert ist ein Attribut, das zum Journalismus generell nicht recht passt. Faire, kritische Auseinandersetzung mit
der Sache allerdings gehört zu einem verantwortungsvollen Journalismus. Und: In einer
Zeit, in der immer weniger Zeit für Recherchen bleibt, ist der Sachverstand von
Wissenschaftsjournalisten umso wichtiger
Christiane Götz-Sobel, Redaktionsleiterin ‚Abenteuer Forschung‘, ZDF, WPK-Beirat
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Watchdog? Kuscheltier? -Wissenschaftsjournalisten sind
Journalisten. Also müssen sie kritisch sein – unbedingt. Aber genauso auch
sorgfältig, fair und verantwortungsvoll –unbedingt.“
Reiner Korbmann, Science&Media, Chefredakteur "Medizin&Wissenschaftsjournalist"
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Viele Wissenschaftsjournalisten machen einen guten Job. Vor allem, wenn es um die Berichterstattung von
Forschungsergebnissen geht. Ein bisschen unterbelichtet sind m.E. Themen aus der
Wissenschaftspolitik. Zuweilen können das Wissenschaftssystem und die verantwortlichen
Politiker nahezu unbeobachtet von der Presse schalten und walten; Gelder vergeben oder nicht vergeben oder Dinge umorganisieren. Ich denke, für solche Prozesse
sollten sich Journalisten etwas mehr interessieren“
Ina Helms, Kommunikation Helmholtz Zentrum Berlin
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Wissenschaftsjournalisten entwickeln sich zunehmend zu handzahmen Stubentigern. Adrett
und freundlich erklären sie die naturwissenschaftlich erklärbare Welt ohne wirklich
anzuecken - Ausnahmen bestätigen die Regel. Verheerend ist zudem, dass die vermeintliche
Objektivität wissenschaftsjournalistischer Beiträge auch von denen genutzt wird, die es zu kritisieren
gilt. Mehr Biss, mehr Meinung täte uns gut!“
Mirko Smiljanic, freier Journalist, Köln
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
"Gegenfrage: Auf welcher Wissenschaftsseite gibt es eine
Kommentarspalte? Und: Welches Medium außer BILD setzt sich satirisch mit
Wissenschaft auseinander?"
Thomas Reintjes, freier Journalist, Köln
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Ja, sie sind häufig zu zahm. Aber wer will es ihnen vorwerfen? Sie sind überarbeitete Multitasker, die es
gerade so schaffen, Forschungsergebnisse journalistisch (im Sinne von: lesbar) aufzubereiten. Für
kritischen Journalismus bräuchten sie dagegen Zeit, Luft zum Atmen, weniger Existenzkampf. Der Appell, kritischer zu sein, geht also eigentlich an die, welche die Bedingungen journalistischer Arbeit schaffen: die
Verlage – und die Gesellschaft.“
Annette Leßmöllmann, Professorin für Journalistik mit dem Schwerpunkt
Wissenschaftsjournalismus an der Hochschule Darmstadt
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Die Berufsentscheidung geht meist mit einer positiven Einstellung zu Wissenschaft und ihren
Protagonisten einher. Viele Wissenschafts-journalisten sollten versuchen, kritischer, mutiger, journalistischer zu werden. Das funktioniert mit einer guten – journalistischen - Ausbildung und
fachlicher Kompetenz. Ohne wird es schnell peinlich. Und frech, konfrontativ, aber doof - so
kann das Ziel jedenfalls nicht heißen."
Richard Friebe, freier Journalist
Sind Wissenschaftsjournalisten zu zahm?
„Wissenschaftsjournalisten haben die Aufgabe, intensiv zu recherchieren und
wissenschaftspolitische Fragen zu bewerten. Der Wissenschaft tut es gut, wenn sie kritisch begleitet wird. Davon
kann sie nun profitieren."Ich hoffe, Sie können es noch zum Einsatz
bringen"
Prof. Jörg Hacker, Präsident Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina
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