sport ohne doping!
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Sport ohne Doping!• Reflektieren, Positionieren und Bewegen
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sj.de
Argumente für junge Sportlerinnen und Sportler!
Sport ohne Doping!• Reflektieren, Positionieren und Bewegen
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w.d
sj.de
Argumente für junge Sportlerinnen und Sportler!
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Sport ohne Doping• Reflektieren, Positionieren und Bewegen
5
Liebe Leserinnen und Leser,
liebe Sportlerinnen und Sportler,
seit acht Jahren ist die Deutsche Sportjugend auf sehr
intensive Weise im Bereich der Dopingprävention tätig.
Diese Aktivitäten haben mit der Verabschiedung des Na-
tionalen Doping Präventionsplans im Jahre 2009 für die
Deutsche Sportjugend und ihrer Mitgliedsorganisationen
noch einmal eine ganz neue Dynamik gewonnen. Hierzu
gehört auch, dass wir im Jahre 2010 durch das Bundes-
ministerium des Innern ein dsj-Projekt „Sport ohne Do-
ping“ gefördert bekommen.
Ein zentraler Baustein dieses Projektes ist die hier vor-
liegende Broschüre „Sport ohne Doping! – Reflektieren,
Positionieren und Bewegen“, die sich speziell an Euch als
junge Sportlerinnen und Sportler wendet.
Wir als Jugendverband im Sport messen gerade der
Einbeziehung von Euch in unsere Dopingpräventions-
Aktivitäten einen besonderen Stellenwert zu. So ha-
ben wir im Zusammenhang mit der Durchführung der
deutsch-französischen Anti Doping Camps einen Pool
von Juniorbotschafter/-innen Dopingprävention aufge-
baut. Die Mitglieder dieses Pools haben es sich zur Auf-
gabe gemacht, die Botschaft, dass Doping zutiefst uncool
ist, nicht nur in ihre Trainingsgruppe zu tragen, sondern
auch bei Veranstaltungen andere davon zu überzeugen,
dass nur ein sauberer Sport Spaß macht.
Die vorliegende Broschüre stellt einen
wichtigen Baustein dar, auch diese Ak-
tivitäten zu unterstützen. Sie soll Euch
als jungen Sportler/-innen Anregungen
geben, argumentieren zu lernen und sich
engagiert in die Diskussion für einen do-
pingfreien Sport einzubringen. Für uns
ist dies Verwirklichung unseres zentralen
Ziels, Jugendarbeit nicht nur für, son-
dern gemeinsam mit Euch zu gestalten.
Ich danke in diesem Zusammenhang
ausdrücklich Prof. Dr. Gerhard Treutlein, Leiter des
Zentrums für Dopingprävention der Pädagogischen
Hochschule Heidelberg und seinem Team, die an dieser
Broschüre mitgearbeitet haben und die Euch dazu brin-
gen sollen, sich mutig und aktiv für einen sauberen Sport
einzusetzen.
Ich wünsche mir, dass diese Broschüre eine weite Ver-
breitung findet!
Viel Spaß beim Lesen und noch mehr Spaß beim aktiven
Handeln!
Ingo Weiss
1. Vorsitzender
der Deutschen Sportjugend
Frankfurt am Main, Dezember 2010
Vorwort
6
InhaltsverzeichnisSport ohne Doping! Reflektieren • Positionieren und Bewegen
7
InhaltTeil I Grundlagen des Leistungssports – Gefährdung durch
Medikamentenmissbrauch und Doping .................................... 81.1 Worum geht es beim Leistungssport? ...................................................................................................9
1.2 Wo liegt das Problem? ................................................................................................................................. 13
1.3 Was ist Doping? ................................................................................................................................................ 14
1.4 Wie entsteht die Versuchung zu Medikamentenmissbrauch und Dopingmentalität? .............................................................................................................................................. 16
1.4.1 Nahrungsergänzungsmittel (NEM), Schmerzmittel, Sportlergetränke – brauchen Sportlerinnen und Sportler solche Mittel? .............................................................................................................................16
1.5 Ist das Dopingproblem lösbar? ................................................................................................................. 19
Teil II „Für oder gegen Doping?“ – Wie verhalte ich mich im „Wettkampf der Argumente“? ....................................................20
2.1 Der Sieger hat immer Recht? – Soll der Klügere immer nachgeben? .....................................21
2.2 Wird Doping gelernt? ..................................................................................................................................... 23
2.3 Werden Sportlerinnen und Sportler zum Doping verführt? ..................................................... 27
2.4 Gegen Doping und für den Sport argumentieren ......................................................................... 29
2.5 Im Wettkampf der Argumente................................................................................................................... 31
2.6 Wie reagiere ich auf die Argumente der Dopingbefürworter? ............................................. 33
2.7 Wenn gar nichts mehr hilft ........................................................................................................................ 35
Teil III „Sich entscheiden lernen: Wie kann ich selbst über mich bestimmen?“ .............................................................................38
3.1 Im Dilemma zwischen Erfolgsorientierung – Werten und Regeln des Sports ............. 39
3.2 Zum Umgang mit einer typischen Versuchungssituation ..........................................................41
3.3 Typische Versuchungssituationen ...........................................................................................................47
3.4 Argumentieren und Entscheiden .............................................................................................................. 503.4.1 Medikamentenmissbrauch und Doping – ein Problem? ..........................................................................503.4.2 Stimmen für und gegen die Reduktion der Dopingliste ...........................................................................513.4.3 Dopingfreigabe – das kleinere Übel? ........................................................................................................543.4.4 Doping und Verantwortung .....................................................................................................................55
3.5 Das Autorenteam ............................................................................................................................................. 57
3.6 Literaturhinweise/Organisationen ............................................................................................................. 583.6.1 Aktuelle Buchveröffentlichungen .............................................................................................................583.6.2 Organisationen ........................................................................................................................................58
3.7 Links ......................................................................................................................................................................... 593.7.1 Internetadressen .......................................................................................................................................593.7.2 Arbeitsmedienmappe zur Dopingprävention ............................................................................................60
3.8 Projektpartner Dopingprävention ............................................................................................................... 61
8
Teil I Grundlagen des Leistungssports – Gefährdung durch Medikamentenmissbrauch und Doping
1
9
Wenn du Leistungssport treibst, erlebst du schöne Mo-
mente, aber auch gefährliche, unangenehme, riskante.
Die schönen Seiten des Sports stellen sich meist fast
von alleine ein; die dunklen Seiten kommen dagegen oft
schleichend daher und treffen junge Sportlerinnen und
Sportler unvorbereitet. Die negativen Seiten kannst du
weitgehend vermeiden, wenn dein Umfeld – deine El-
tern, dein Trainer, deine Trainerin, dein Arzt usw. – dich
rechtzeitig auf Risiken vorbereiten; du kannst dich aber
natürlich auch selbst informieren! Informations- und Re-
flexionsanstöße geben - genau das wollen wir, die Auto-
ren, mit dieser Broschüre: Mit dem Lesen der Texte und
dem Bearbeiten der Aufgaben soll dir ermöglicht werden,
Dinge selbständig zu beurteilen und unabhängiger
von deinem Umfeld zu werden. In der Fachsprache:
Wir wollen dir auf deinem Weg zur Mündigkeit im Sport
helfen.
Aus Unterhaltungen und Interviews mit gedopten wie
nicht gedopten Sportlerinnen und Sportlern wissen wir,
dass das Umfeld eine entscheidende Rolle spielt, welchen
Weg ein(e) Sportler/-in nehmen wird. Steht es eindeutig
für sauberen, fairen Sport, dann ist die Versuchung zur
Gefährdung ihrer Gesundheit, Missbrauch und Betrug
gering. Noch besser ist es allerdings, wenn du so ent-
scheidungsfähig wirst, dass du selbständig und verant-
wortlich mit Versuchungssituationen umgehen kannst!
Worum geht es? Stell’ dir mal vor, du gerätst in folgende
Situation: du bist der Schüler/die Schülerin, wie wirst du
entscheiden?
Du stehst kurz vor der entscheidenden Klausur in Mathematik und
fühlst dich recht unsicher. Da erfährst du, dass es ein Mittel gibt,
mit dem du beim Lernen für die Klausur länger wach und konzen-
triert sein kannst; auch für die Klausur selbst ist bei Einnahme des
Mittels garantiert, dass du toll konzentriert sein wirst; zwar könnte
es für deinen Körper schädlich sein, aber die Prüfung muss unbe-
dingt gut werden. Du würdest dir damit einen Vorteil gegenüber
deinen Klassenkamerad/-innen verschaffen. Würdest du es nehmen
oder auf die Einnahme dieses Mittels verzichten?
In Versuchungs- und Entscheidungssituationen geraten
also nicht nur Leistungssportler/-innen. Die Entschei-
dung fällt schwerer, wenn du auf solche Situationen
nicht vorbereitet bist und dir vorher nicht einige Dinge
klar gemacht hast: Werde ich mir möglicherweise negati-
ve gesundheitliche Folgen einhandeln? Verhalte ich mich
fair meinen Klassenkamerad/-innen gegenüber? Beweise
ich durch die Einnahme eines solchen Mittels nicht mir
selbst, dass ich ohne Verwendung von solchen Mitteln
das Gewünschte nicht leisten kann (was im Zweifelsfall
zu noch mehr Unsicherheit führt und zum Problem, dass
ich in ähnlichen Situationen immer wieder zu „unterstüt-
zenden Präparaten“ greifen werde)? Der Körper vergisst
nichts – zumindest langfristig.
Kann ich eine erfolgreiche Leistung überhaupt noch mit
meinen eigenen Fähigkeiten in Verbindung bringen oder
doch eher mit der Wirksamkeit von Medikamenten?
Über deine Einstellung zur Verwendung von Mitteln, die
nicht zur Wiederherstellung oder zum Erhalt deiner Ge-
sundheit, sondern ausschließlich zur Leistungssteigerung
eingesetzt werden, solltest du in einer ruhigen Minute –
am besten zusammen mit Freundinnen und Freunden –
mal etwas ausführlicher nachdenken, ebenso über kurz-
und langfristige Folgen von Entscheidungen.
Nun zu einer Situation im Sport, denn Versuchungssitua-
tionen gibt es natürlich nicht nur im Alltag, sondern auch
im Leistungssport:
Deine Mannschaft befindet sich in einer entscheidenden Spielphase;
es steht unentschieden. Kurz vor Spielende bricht ein Gegner durch
und erhält dadurch die Chance, das Spiel für seine – die gegnerische
Mannschaft – zu entscheiden. Du befindest dich direkt hinter ihm
und könntest ihn durch ein Foul stoppen.
• Würdest du ihn foulen?
1.1 Worum geht es beim Leistungssport?
10
• Würdest du ihn foulen, wenn es um den Abstieg deiner
Mannschaft gehen würde?
• Würdest du ihn foulen, wenn damit die Teilnahme an
der Weltmeisterschaft gesichert werden könnte?
Bei Entscheidungen in Versuchungssituationen geht es
nicht nur um die Einnahme von Leistung steigernden
Mitteln, sondern ganz allgemein um das Erlangen eines
Vorteils oder um den Verzicht darauf. Für manche Situ-
ationen gibt es Regeln, die eingehalten werden müssen,
weil sonst ein fairer Wettkampf nicht möglich ist (forma-
le Regeln, wie du sie im Regelbuch deiner Sportart finden
kannst). Darüber hinaus gibt es aber informelle Regeln,
mit denen formuliert wird, welches Verhalten und Han-
deln von einem fairen Sportler oder Sportlerin erwartet
wird.
Im genannten Beispiel geht es unter anderem darum,
dass du auch für die Gesundheit deines „Gegners“/dei-
ner „Gegnerin“ mitverantwortlich bist – wenn du ihn/
sie foulst, riskierst du möglicherweise eine schmerzhafte
und folgenreiche Verletzung. Zum Leistungssport gehö-
ren Siege, aber auch Niederlagen. Zu verlieren ist oft sehr
bitter. In einem Wettkampf gibt es nur einen Sieger, da-
gegen viele „Verlierer“. Die Art und Weise, wie es dir ge-
lingt, eine „Niederlage“ zu verdauen, entscheidet darüber,
ob du das Fair Play-Prinzip verinnerlicht hast. Im Übri-
gen gab und gibt es Spiele ohne Schiedsrichter/-innen.
Die „Gegner“ müssen selbst regeln, wie eine Situation zu
entscheiden ist, ob z.B. ein Ball im Aus war. Wenn da je-
der/jede nur auf seinen/ihren Vorteil bedacht ist, ist ein
Wettkampf nicht mehr möglich, z.B. beim Fußballspielen
im Schwimmbad oder am Strand.
ist ein Begriff, der ein bestimmtes sportliches Verhal-
ten kennzeichnet, das über die bloße Einhaltung von
Regeln hinausgeht. Es beschreibt eine Haltung der
Sportlerinnen und Sportler: Achtung und Respekt vor
dem sportlichen Gegner und Wahrung seiner physi-
schen und psychischen Unversehrtheit. Der sportli-
che Gegner wird als Partner gesehen oder zumindest
als Gegner, dessen Würde es zu achten gilt, selbst im
härtes ten Kampf.
Fairplay (Fairness) gebietet also:
• die Anerkennung und Einhaltung der
Wettkampfregeln,
• den partnerschaftlichen Umgang mit dem
Gegner/der Gegnerin,
• auf gleiche Chancen und Bedingungen zu
achten,
• das Gewinnmotiv zu „begrenzen“ (kein Sieg um
jeden Preis),
• Haltung in Sieg und Niederlage zu bewahren.
Fair Play ist also eine bestimmte Einstellung sowie
eine Art zu denken, nicht nur eine Art des Verhaltens.
Es zielt ab auf die Beseitigung von Tricks, Gewalt und
Betrug. Vor allem der Gebrauch von Doping-Mitteln
ist ein eklatanter Verstoß gegen den Geist des Fair
Play. (http://de.wikipedia.org/wiki/Fair_Play)
Fair Play
RegelnDurch Gesetze und Regeln wird das Zusammenleben
von Menschen geregelt. Bei den geschriebenen Regeln
gibt es bei einem Verstoß so genannte harte Sanktionen
(z.B. Gefängnisstrafe, im Sport eine Spielsperre, rote
Karte usw.), bei den informellen Regeln weiche Sank-
tionen wie Ausschluss aus der Gruppe oder Nichtbe-
achtung. Gesetze und Regeln sind Vereinbarungen, sie
können weiterentwickelt oder verändert werden.
Regeln sollten als Basis allgemein verbindliche morali-
sche Kriterien haben. Deshalb sollten sie auch immer
wieder auf ihren Sinn hin überprüft werden. Wer Re-
geln aufstellt, muss auch damit rechnen, dass sie über-
treten werden. Sanktionen sollen die Wahrscheinlich-
keit des Einhaltens von Regeln erhöhen.
11
Ein weiteres Problem kannst du an folgendem Fall er-
kennen:
Bei einer Matheklausur kommt ein Schüler mit einer Aufgabe
nicht zurecht. Er erinnert sich genau, gestern eine ähnliche Aufgabe
gelöst zu haben, aber jetzt weiß er nicht weiter. Da bekommt er von
seinem Nachbarn einen Zettel zugeschoben; auf diesem entdeckt er
den Hinweis zur Lösung dieser Aufgabe. Erleichtert macht er sich
an die Arbeit.
Ist dir das auch schon passiert? Ist doch schön, wenn man
Hilfe bekommt? Ein bisschen Mogeln muss doch schließ-
lich erlaubt sein?!?! Die Geschichte geht allerdings weiter:
Einige Tage später erfährt der Schüler, dass er die schlechtes-
te Note, eine 6, bekommt und zwar wegen eines Täuschungs-
versuchs! Der ihm zugeschobene Lösungsweg der schwierigen
Aufgabe war nicht nur falsch, sondern darüber hinaus auch
noch identisch mit jenem seiner Nachbarn. Pech gehabt, oder?
Kannst du aus dem Fall etwas für deinen Leistungssport
lernen? Heutzutage kommt es oft vor, dass Jugendliche
Ratschläge von Freunden, Trainerinnen und Trainern
u.a.m. erhalten, ähnlich wie in dem geschilderten Fall.
Und wahrscheinlich scheint dir zunächst einleuchtend,
dass du dir durch Befolgen des Tipps einen Vorteil ver-
schaffen kannst. Zum Beispiel, um dich besser zu fühlen,
um deine Leistung zu steigern, um Schmerzen in Training
und Wettkampf besser aushalten zu können. Woher weißt
du, dass der Einflüsterer Recht hat? Du weißt es nicht, du
glaubst es nur? Weil er ein guter Freund oder beliebter
Trainer ist? Glauben heißt nicht wissen, das dicke Ende
kommt aber möglicherweise kurz- oder langfristig nach.
Ob du Informationen trauen kannst oder ob du dir
nicht möglicherweise negative Wirkungen einhan-
delst, weißt du nur, wenn du dich umfassend in-
formierst, schließlich geht es um deine Gesundheit
und deine Zukunft! Ähnlich sieht es im Umgang mit
Werbung aus. Wenn man dieser alles glauben würde, wäre
die Nahrung heute völlig unzureichend und du müss-
test ständig Vitamine und Nahrungsergänzungsmittel
nehmen, um gesund zu bleiben und in anspruchsvollen
Situationen (Klassenarbeiten, Wettkämpfe etc.) leistungs-
fähig zu bleiben. Dieser Bereich ist eine Gelddruckma-
schine für die Verkäufer; wenn du nicht informiert bist
und kaufst, machst du den Verkäufer reich und dich arm!
Fazit: Glaube nicht alles, was du hörst, informiere dich
und entscheide selbst!
ZitatDr. Helmut Oberritter (Geschäftsführer der Deutschen
Gesellschaft für Ernährung): “Die Umsetzung einer vollwer-
tigen, gemüse- und obstreichen Ernährung bringt nicht nur
Genuss, sondern hält auch fit und gesund. Nahrungsergän-
zungsmittel sind dann nicht nötig, zumal auch die Nationale
Verzehrsstudie II gezeigt hat, dass es trotz nicht immer op-
timalen Ernährungsverhaltens angesichts einer guten Nähr-
stoffversorgung der Bevölkerung keine Notwendigkeit gibt, zu
Supplementen zu greifen“.
Professor Dr. Bernhard Watzl (Max-Rubner-Institut,
Karlsruhe): „Über die Wirkung von Nahrungsergänzungs-
mitteln gibt es bislang keine Studien mit vergleichbarer pro-
tektiver Wirkung wie für Gemüse und Obst. Ergebnisse aus
dem Reagenzglas können nicht auf den menschlichen Körper
übertragen werden, da hierbei nur Einzelsubstanzen und nicht
die Komplexität gering verarbeiteter Lebensmittel berücksich-
tigt werden.“ (April 2010, http://www.gourmet-report.de/
artikel/336642/Fuer-den-Koerper-das-Beste-Obst-und-Ge-
muese-statt-Vitaminpillen.html)
Und es könnte noch komplizierter werden, denn oft geht
es darum, ob du bereit bist, deine natürlichen Grenzen
zu akzeptieren oder sie zu Lasten deiner Gesundheit und
Zukunft verschieben willst:
Bei Deutschen Meisterschaften, Europameisterschaften, Welt-
meisterschaften oder Olympischen Spielen hast du den End-
kampf erreicht. Solltest du gewinnen, winken dir Ruhm, öf-
fentliche Aufmerksamkeit, Sponsoring, Berufschancen usw. Da
bietet dir dein Arzt eine Pille mit der Bemerkung an, die Ein-
nahme würde dir den Sieg garantieren. Allerdings würden 50%
derjenigen, die die Pille konsumieren, im Verlauf der nachfol-
genden 12 Monate sterben. Würdest du die Pille akzeptieren?
Wenn es „nur“ um Kreis- oder Deutsche Meisterschaften
geht und mit der Einnahme ein Sterberisiko verbunden
ist, fällt eine Entscheidung wahrscheinlich leicht, viel
schwerer dagegen, wenn z.B. ein Olympiasieg winkt.
Nationale Ver-zehrsstudie ist eine bundeswei-te Erhebung zur Ernährungssi-tuation von Ju-gendlichen und Erwachsenen
Supplement Ersatzstoffe
Protektiv schützend, vor-beugend
12
Auf eine entsprechende Frage haben bei früheren Befra-
gungen rund 50% der Spitzensportler/-innen geantwor-
tet, sie würden das Mittel nehmen. D.h. im Spitzensport
sind nicht wenige bereit, ohne Rücksicht auf Verluste zu
handeln und auch unerlaubte und gesundheitsschädigen-
de Mittel zu verwenden, auch um den Preis des eigenen
Lebens. Du solltest dir rechtzeitig überlegen, ob du bereit
bist, zwar deine Grenzen auszuloten, sie durch Training
und systematisches Üben in einem gewissen Umfang hi-
nauszuschieben, sie dann aber auch zu akzeptieren, d.h.
in einer Art und Weise Sport zu betreiben, die du in spä-
teren Jahren nicht bereuen wirst.
Auf den nachfolgenden Seiten geht es darum, dass du
eine Vorstellung davon entwickelst, wie für dich sinnvol-
les Sporttreiben aussehen soll. Es geht darum, ob nur der
Sieg als Ziel im Vordergrund steht oder ob es auch um
Ziele wie Wohlbefinden, Lebensfreude, Freundschaft,
Respektieren des Gegners oder der Gegnerin usw. geht.
Wir wollen dir ein paar Denkanstöße geben, aber ohne
pädagogisch erhobenen Zeigefinger – Entscheiden musst
du selbst, wie es mit deinem Leistungssport weitergehen
soll!
Aufgabe:Handeln von Jugendlichen im Sportverein wird oft
durch Vorbilder (z.B. ein(e) herausragender(e) Sport-
ler/Sportlerin, ein(e) erfolgreiche(r) Trainer oder Trai-
nerin) beeinflusst. Was zeichnet in deinen Augen ein
gutes Vorbild aus, was ist dir bei Vorbildern wichtig?
Welche Folgen es hat, wenn Sportlerinnen und Sportler
wenig Verantwortung für ihre Sportart, aber auch für ih-
ren Verein, Verband oder Land tragen wollen, kannst du
am Beispiel des Radsports sehen. Dort haben Dopingfäl-
le dazu geführt, dass die ganze Sportart in Verruf gekom-
men ist und als Leistungssport in Deutschland erheblich
geschädigt ist. Deutschland ist heute ein anderes Rad-
sportland als vor dem Skandal im Jahr 2006, Radfahren
ist zwar eine Massenbewegung, sowohl bei Volksrennen
wie auch bei Radtouristik, aber nicht mehr beim Leis-
tungssport.
ZitatDer langjährige Manager des Radteams Gerolsteiner, Hans-Mi-
chael Holczer, zur Frage, ob die Freigabe von Doping eine Lösung
wäre: „Überhaupt nicht. Doping freizugeben, hieße in letzter Kon-
sequenz, dass man die Selbstzerstörung des Körpers freigibt. Do-
ping ist – und daran führt kein Weg vorbei – in unterschiedlichen
Formen und unterschiedlichen Auswirkungen mit unterschiedlichen
Folgen immer gesundheitsschädlich. Ob sie im Körper den Schmerz
ausschalten, den Körper überlasten oder ihn in anderer Art mani-
pulieren. Allein was Wachstumshormon bewirken kann. So lange
unsere Gesellschaft Sterbehilfe in Frage stellt und weiter, aus meiner
Sicht richtige, humane Ziele verfolgt, kann man Doping nicht freige-
ben. Wenn wir es freigeben, dann sind wir in einer Freakshow und
der sportliche Wert ist ganz weg.“
Diese Aufgabe kannst du alleine oder mt einem Partner beantworeten
13
In einer modernen demokratischen Gesellschaft hat der
Einzelne viel mehr Freiheiten als in früheren Gesellschaf-
ten. Töchter und Söhne müssen nicht unbedingt die glei-
chen Berufe erlernen oder Lebenswege gehen wie ihre
Eltern; der Staat nimmt dir heute nur wenige Entschei-
dungen zu deinem Lebensweg ab. Das heißt, du kannst
in der Gesellschaft auf- und absteigen; vieles hängt von
deinen Entscheidungen und von deinen Vorlieben und
Abneigungen ab. Begabung, Fleiß und Anstrengung sind
heute wichtiger als die Zugehörigkeit zu einer bestimm-
ten Schicht z.B. früher zum Adel. Damit musst du aber
zugleich auch mehr selbst entscheiden und verantworten
als frühere Generationen; viele empfinden dies als Ent-
scheidungsdruck, mit dem sie nicht zurechtkommen.
Druckempfinden verleitet nicht wenige zum Griff zur
Pille. Seit geraumer Zeit nimmt dieser Trend zu. Niemand
zwingt die Menschen direkt dazu, aber Einflüsterungen
und Werbung führen zur Situation, dass immer mehr
Menschen glauben, ihre Leistungsfähigkeit mit Tabletten
steigern zu müssen oder alle Probleme mit Pillen lösen
zu können. Wer sinnvoll mit dem Problem umgehen und
seine Entscheidung unabhängig von solchen Einflüssen
treffen will, muss informiert sein und darüber reflektie-
ren können.
Wettkampfsport scheint eine Alternative zur von vielen
so empfundenen Regel- und Orientierungslosigkeit des
Alltags zu bieten und könnte – richtig betrieben – sogar
ein Vorbild für eine moderne Leistungsgesellschaft sein.
Jede Sportart hat eindeutige Ziele und gibt an, wie sich
diejenigen verhalten müssen, die an Wettkämpfen teil-
nehmen. Regelverstöße ziehen Konsequenzen nach sich
– sofern sie beobachtet oder entdeckt werden, so auch
die Dopingregeln. Diese besagen: Verboten ist, was auf
der Dopingliste von WADA und NADA steht. Kennst du
die Regeln, weißt du genau, was verboten ist? Nur Emp-
fehlungen gibt es zur Grauzone der Dinge, die nicht oder
noch nicht auf der Verbotsliste stehen, nämlich zur Ver-
wendung z.B. von Nahrungsergänzungs-, Schmerzmitteln
oder Koffein. Meist wissen die Konsumenten nur etwas
zu (oft vermeintlichen)
Wirkungen, aber wenig
oder nichts zu Neben-
wirkungen. Weißt du
z.B., dass du bei der Verwendung von Aspirin in höherer
Dosierung im Extremfall etwa bei einem unglücklichen
Sturz schon verbluten
kannst? Oder dass Vi-
tamine auch massive
negative Wirkungen
haben können?
(Mehr dazu findest du auf Seite 20)
Wissen ist also eine wichtige Voraussetzung, sein Sport-
treiben aber auch seine Lebensführung insgesamt sinn-
voll gestalten zu können.
1.2 Wo liegt das Problem?
Grundlagen des WettkampfsportsDas Wesen des Wettkampfsports wird durch die infor-
melle Fair-Play-Regel und die Vorgaben zur Chancen-
gleichheit bestimmt. Zusätzlich spielen die Gesund-
heit der Sportlerinnen und Sportler und der Schutz
des Ansehens der jeweiligen Sportart eine wesentliche
Rolle. Im Leistungssport sollen Leistungen gezeigt
werden, die mit den eigenen geistigen und körperli-
chen Möglichkeiten erbracht werden. Das Prinzip der
Chancengleichheit versucht, den Schutz gleicher Wett-
kampfbedingungen zu gewährleisten. Medikamenten-
missbrauch und Doping verletzen diese Grundsätze
und schädigen Sportler/-innen und Sport. Der Sport
hat sich seine Regeln selbst gegeben, also muss er auch
selbst für eine strikte Regeleinhaltung sorgen, auch bei
den Dopingregeln: Doping ist kein Kavaliersdelikt!
14
Im Alltagssprachgebrauch wird der Begriff Doping heu-
te verharmlost. Da werden in der Werbung „Haare oder
Computer“ gedopt und alles, was zu Leistungssteigerun-
gen führt, hoch gelobt. Solche sehr positiven Darstellun-
gen von Doping und Leistungssteigerung erschweren die
Aufgabe der Prävention im (Leistungs-) Sport, weil der
Eindruck vermittelt wird, Doping sei etwas Normales
und verstoße nicht gegen Regeln. Regeln sind veränder-
bar, auch die Dopingregeln; wer mit den derzeitigen Re-
geln nicht einverstanden ist, soll sich offen für eine Ver-
änderung einsetzen. Bevor sie nicht verändert sind, sind
sie einzuhalten. Das Leben im Leistungssport würde un-
erträglich werden, wenn jede(r) jederzeit selbst entschei-
den könnte, welche Regeln einzuhalten sind und welche
nicht.
Doping ist ein Begriff, der nur für den lizenzmäßig be-
triebenen Wettkampfsport im WADA- und NADA-Code
geregelt ist. Trotz dieser Definition besteht eine Grauzo-
ne zwischen Doping und Nichtdoping, z.B. in Form von
Grenzwerten bestimmter Stoffe oder in Form von ver-
unreinigten Nahrungsergänzungsmitteln. Solche Grenz-
werte werden nicht selten genutzt, um eine Form des
Dopings zu realisieren, die nicht bestraft werden kann,
solange die Analysen geringere Werte anzeigen. Dennoch
ist dies aus unserer Sicht Doping, auch wenn Trainer oder
Ärzte hier etwas anderes erzählen sollten.
Doping ist alles, was jenseits der natürlichen Möglichkei-
ten liegt und meistens mit Hilfe von Medikamenten Fol-
gendes bewirkt:
Doping soll….
den entscheidenden Kick ermöglichen (Amphetamin, •Koffein).
über Ermüdung und Überlastung hinwegtäuschen •(Amphetamin).
Schmerz unterdrücken (schmerzstillende Mittel). •
die Muskelkraft erhöhen (anabole Steroide). •
die Sauerstoffversorgung der Muskulatur und die •Ausdauer steigern (Erythropoietin usw.).
das Selbstvertrauen erhöhen (Kokain, Kortison •usw.).
Stress abbauen (Betablocker, Cannabis usw.). •
die Gene zum Zweck der Leistungssteigerung mani- •pulieren.
Doping ist der Versuch, seine eigenen Grenzen zu spren-
gen, um im Wettkampf der Bessere oder der Beste zu
sein, ohne Rücksicht auf die eigene Zukunft, auf sei-
ne Gesundheit und auf die Folgen für andere und die
Gesellschaft. Dabei wird nicht nur dem, der nicht dopt,
Schaden zugefügt! Doping widerspricht den grundlegen-
den Werten und Prinzipien des organisierten Sports. Es
kann der Gesundheit der/des Dopenden schaden, ver-
letzt die Gebote der Chancengleichheit und der sportli-
chen Fairness und gefährdet Gegenwart und Zukunft des
organisierten Sports!
1.3 Was ist Doping?
WerteWerte drücken Vorstellungen über das Wünschens-
werte aus und sollten verbindliche Grundlagen unse-
res Handelns sein. Zentrale Werte sind z.B. Freiheit,
Solidarität, Gleichheit oder weitergehend die Würde
und Freiheit des Menschen. Sie sind Leitvorstellungen,
an denen sich unser Handeln ausrichten sollte.
15
Versuche der Leistungssteigerung ohne Rücksicht auf
Verluste sind auch schon mit Nahrungsergänzungsmitteln,
Schmerzmitteln u.a.m. möglich. Deshalb ist Klarheit not-
wendig, was unter „Medikamentenmissbrauch“, „Substi-
tution“ und „Dopingmentalität“ zu verstehen ist:
Bei der Substitution • handelt es sich um das Ersetzen
verbrauchter Substanzen im Körper, z.B. Salzverlust
beim Schwitzen. Sinnvolle Substitution ist der Ersatz
von Stoffen im Körper, bei denen ärztlich eine Man-
gellage festgestellt wird, z.B. von Eisen. Bei sehr har-
ten körperlichen Belastungen (z.B. bei einem Mara-
thonlauf) kann Substitution sinnvoll
sein; bei einem normalen Training
und nur kurz dauernden Wettkämp-
fen ist Substitution nicht notwendig.
Die Verwendung von Hormonen
oder Kreatin fällt auf keinen Fall
unter den Begriff der Substitution.
Im Normalfall dürfte eine gesun-
de, ausgewogene Ernährung und
ausreichender Schlaf dem Körper
wesentlich besser bekommen als die
Belastung mit Medikamenten oder
mit anderen Pillen (z.B. Nahrungs-
ergänzungsmitteln)!
Medikamentenmissbrauch: • Hier
handelt es sich um den Gebrauch
von Medikamenten zu einem an-
deren Zweck als zur Heilung von
Krankkeiten. Er liegt immer dann
vor, wenn ohne zwingenden me-
dizinischen Grund Medikamente
eingenommen werden. Doping
und Medikamentenmissbrauch im
Sport haben ein wichtiges Merk-
mal gemeinsam: Es wird versucht,
auf künstlichem Wege unter Aus-
blenden von Gefahren und Risiken
angestrebte Ziele um jeden Preis zu
erreichen. Ärzte oder Ärztinnen,
Apotheker oder Apothekerinnen,
die Gesunden Medikamente ver-
schreiben, verstoßen gegen ihren
Berufseid und geltendes Recht.
Der Begriff Dopingmentalität • steht für die Be-
reitschaft, seine natürlichen Grenzen mit Hilfe von
künstlichen Mitteln zu verändern, mehr aus sich raus-
zuholen, als normalerweise möglich wäre. Sie kann ab
der frühesten Kindheit entstehen, etwa durch frühe
Gabe von Vitaminen, Nahrungsergänzungsmitteln,
durch Einnahme von Schmerzmitteln (wenn Schmer-
zen nur befürchtet werden) oder durch die Anwen-
dung von Medikamenten zum Bestehen in Leistungs-
situationen. Im Kopf setzt sich dann meist fest: Ich
bin nicht ausreichend fit, wenn ich nichts nehme.
16
Die Versuchung wird groß, wenn Sportlerinnen und
Sportler mit dem Hinausschieben ihrer Leistungsgrenzen
auf natürlichem Weg (Training, Ernährung, Schlaf usw.)
nicht zufrieden sind oder schneller zu Erfolgen kommen
und Niederlagen vorbeugen wollen. Oft sind überhöh-
te Erfolgserwartungen (z.B. durch Trainer/-in, Eltern,
Verein, Verband) oder Einflüsterungen (durch Werbung,
Freund/-innen, Bekannte, Dealer/-innen) im Spiel.
Interne (im Sportler/ in der Sportlerin liegende) Gründe
für den Einsatz solcher Mittel können z.B. sein:
Nachteile durch Verletzung oder Alterung ausglei- •chen wollen,
Abbau von Stress, •
Dämpfung von Angst, •
Ausgleich von Minderwertigkeitskomplexen. •
Beispiele für externe Gründe:
Selektionsdruck: Ich will auf jeden Fall eine Kaderzu- •gehörigkeit oder die Zugehörigkeit zu einer National-
mannschaft erreichen,
Wettkampfhäufigkeit: Es bleibt zu wenig Zeit für Re- •generation und den sinnvollen Wechsel zwischen Be-
lastung und Erholung,
Weltklasseleistungen und Rekorde, die selbst bei •höchstem Talent ohne Doping nicht zu erreichen
sind.
Im Fitnessport kommen heute weitere Gründe hinzu,
vor allem der Wunsch nach einem idealen Körper.
1.4.1 Nahrungsergänzungsmittel
(NEM),Schmerzmittel,
Sportlergetränke–brauchen
SportlerinnenundSportler
solcheMittel?
Viele Sportler und Sportlerinnen meinen, körperliche
Belastungen seien nur noch unter Zuhilfenahme solcher
Mittel auszuhalten. Für diese Mittel stellt sich die gleiche
Frage wie beim Medikamentenmissbrauch: Brauchen ge-
sunde Sportler und Sportlerinnen solche Mittel? Im Aus-
nahmefall ja!
Was aber ist ein Ausnahmefall:
Wenn du krank bist. •
Wenn in deinem Körper bestimmte Defizite durch •eine medizinische Untersuchung nachgewiesen sind.
Wenn du einen mehrstündigen Wettkampf (etwa •einen Marathonlauf oder einen Langtriathlon) ab-
solvierst oder dein Alltag, dein Training oder deine
Wettkämpfe von kurzer Dauer geprägt werden - sind
das etwa Ausnahmefälle?
Die Werbeversprechen hierzu sind oft euphorisch und
viel versprechend; die massive Werbung vor allem für
1.4 Wie entsteht die Versuchung zu Medikamentenmissbrauch und Dopingmentalität?
17
Nahrungsergänzungsmittel (NEM) hat dazu geführt,
dass besonders gesundheitsbewusste Menschen regelmä-
ßig NEM nehmen, obwohl sie eigentlich keinen Bedarf
haben.
Trotz dieser Regelung wird meist nicht über mögliche
Nebenwirkungen berichtet, sondern im Gegenteil nur
über zu erwartende, positive (meist wissenschaftlich nicht
abgesicherte) Wirkungen. Vor allem von dem Kauf von
Nahrungsergänzungsmitteln aus dem Internet raten wir
dir wegen den häufig vorkommenden Verunreinigungen
dringend ab, sie können zu einer positiven Dopingprobe
führen. Aber auch der Kauf von Nahrungsergänzungs-
mitteln in Supermärkten, Drogeriemärkten und Apothe-
ken bietet dir keine Gewähr.
Ohne Mangelerscheinungen genügt für den Alltag – auch
für deinen Sportalltag – in der Regel eine abwechslungs-
reiche, ausgewogene Ernährung. Dadurch verminderst
du die Gefahr, einen positiven Befund bei einer Doping-
kontrolle zu haben und hast auch keine unerwünschten
Nebenwirkungen zu erwarten. Zwar wird oft suggeriert,
es gebe keine Überdosierungen und keine Gefahren bei
Nahrungsergänzungsmitteln, aber bei der Einnahme von
Konzentraten über längere Zeiträume musst du dir klar-
machen, dass du in komplexe Regel- und Steuerungsme-
chanismen deines Körpers eingreifst. Oft wird nicht nur
ein Produkt eingenommen, sondern eine Vielzahl. Die
verschiedenen Wechselwirkungen sind meist nicht be-
kannt und auch nicht abzuschätzen. Wenn du Glück hast,
sind solche Mittel nur teuer, aber nicht schädlich.
Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmitteln in natür-
licher Form nicht überlegen und es gibt in unseren Brei-
ten praktisch keine ernährungsbedingte Mangelsituation:
Wenn eine Mangelsituation entsteht, dann weil im Durch-
schnitt zu wenig frisches Gemüse und Obst verzehrt
wird; Ernährungsfehler lassen sich nicht durch NEM be-
seitigen. Es gibt also viele gute Gründe, dass du dich aus-
führlich mit sinnvoller Ernährung beschäftigst und nicht
nach Mitteln suchst, die dich vermeintlich leistungsfähi-
ger machen. Du brauchst dich nicht jeden Tag perfekt
zu ernähren, um gesund zu bleiben, aber insgesamt soll-
te die Ernährung vielfältig und ausgewogen sein, mög-
lichst Obst und Gemüse beinhalten und im Wesentlichen
nicht industriell verarbeitet sein. Der Satz „Vorbeugen
ist besser als Heilen“ gilt für eine vollwertige Ernährung,
nicht aber für NEM. Nahrungsergänzungsmittel und
Sportlergetränke sind kein Ersatz für eine sinnvolle
Ernährung, eine gesunde Lebensweise und den Auf-
enthalt an der frischen Luft!
NEMWas sind Nahrungsergänzungsmittel (NEM)?
NEM zählen zu den Lebensmitteln und sind dazu be-
stimmt, die allgemeine Ernährung zu ergänzen; dies
bedeutet, dass ihr Effekt nicht über die Wirkung nor-
maler Ernährung hinausgehen darf. Ist eine größere
Wirkung zu erwarten, sind NEM als Arzneimittel zu
deklarieren und müssen dann auf ihre gesundheitliche
Unbedenklichkeit überprüft werden.
WERBUNGMit Nahrungsergänzungsmitteln werden zur Freude
der Hersteller Milliardenumsätze gemacht. Geschätz-
te Zahlen für 2007 für die USA 15 Milliarden Dollar,
für Deutschland 1,3 Milliarden Euro. Die Anbieter
werben für ihre Produkte mit angeblicher Natürlich-
keit und Unbedenklichkeit. Vor allem, wenn Produkte
über längere Zeit in hohen Dosen genommen werden,
birgt die Einnahme erhebliche Risiken. Zudem kön-
nen solche Mittel Dopingsubstanzen enthalten. Man
sollte sein schönes und sauer verdientes Geld nicht der
Pharma-Industrie hinterherwerfen! (Prof. Dr. Horst
Pagel, Universität Lübeck)
Das Motto der Werbung: „Wenn ein Mittel von nie-
mandem benötigt wird, dann muss man eben den Be-
darf dafür wecken!“
Die Werbung will dir Defizite einreden, die du im
Normalfall nicht hast, und vermittelt dir die Illusion,
du könntest Vorräte bilden, was du nicht kannst. Das
Ziel der Werbung ist es, die Nachfrage zu erhöhen und
den Umsatz zu steigern – es geht nicht um die Förde-
rung deiner Gesundheit und Leistungsfähigkeit! Eine
sinnvolle Vorbeugung und Vorbereitung geht nur über
eine gesunde Lebensführung, das ist letztlich preis-
werter und vor allem gesünder!
18
Was im Zusammenhang mit Nahrungsergänzungsmitteln
noch erwähnt werden sollte, ist die Darreichungsform:
Pille, Tablette, Dragee, Pulver oder ähnliche Formen.
Diese Formen machen NEM Arzneimitteln ähnlich und
transportieren unterschwellig ein Heilversprechen. Es ist
zunehmend schwierig zu unterscheiden, ob die Pille, die
ich einwerfe, ein Nahrungsergänzungsmittel, ein Arznei-
mittel oder gar eine Partydroge ist.
Wie bei den Dopingmitteln sind auch bei Nahrungser-
gänzungsmitteln meist nur versprochene Wirkungen,
selten aber mögliche unerwünschte Nebenwirkungen be-
kannt; hierzu einige Beispiele:
Vitamin C • stärkt das Immunsystem – Gefahr: Herz-
schädigung, Nierensteine
Eisen • wirkt gegen Müdigkeit und Erschöpfung – Ge-
fahr: Leber- und Herzschäden
Zink • stärkt das Immunsystem – Gefahr: begünstigt
Bakterien und Pilze im Körper
Kreatin • steigert Maximalkraft, Schnellkraft, Schnel-
ligkeitsausdauer – Gefahr: Muskelverletzungen
Die kritischste Nebenwirkung • : Nahrungsergän-
zungsmittel fördern die Entwicklung von Doping-
mentalität.
ZitatStellungnahme des Wissenschaftlich-Medizinischen Beirats des
DSB (14. Oktober 2005, Frankfurt am Main) zum Thema
Nahrungsergänzungsmittel: „Der Beirat gibt zu bedenken, dass
seitens der Sportmedizin seit Jahren ein vernünftiger Umgang
mit Nahrungsergänzungsmitteln angemahnt wird, weil solche
nur in bestimmten Situationen und bei gezielter Indikation er-
forderlich sind. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass die
regelmäßige Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln den
Glauben an die Machbarkeit von sportlichen Leistungen durch
Präparate jedweder Art fördert und damit zu einer Zunahme
der Dopingmentalität beitragen kann. Schließlich ist ein mög-
liches Risiko kontaminierter Produkte, falls nicht jede Charge
kontrolliert wird, nicht auszuschließen.“
Indikation in der Medizin das „Angezeigtsein“ einer bestimm-ten Behandlung
kontaminiert verunreinigt, verseucht
Charge (von charger ‚beladen‘, ‚beauftragen‘) bezeichnet: allgemein eine Menge, in diesem Fall eine Produktions-serie
Weitere Hinweise zu Nahrungsergänzungsmitteln:
www.koelnerliste.com
19
Der Wunsch, Medikamentenmissbrauch und Doping
könnten ein für alle Mal „ausgerottet“ werden, ist zwar
verständlich, aber nicht erfüllbar. Wo es Regeln gibt, gibt
es auch die Versuchung, diese zu brechen, Regelverstö-
ße sind eine „Normalität“, der wir uns stellen müssen.
Wer den Wunsch nach der endgültigen „Lösung“ äußert,
sollte sich überlegen, ob er/sie nicht ein heimlicher Be-
fürworter der Freigabe von Doping ist. So lange es diese
Gesellschaft und diesen Leistungssport gibt, kann Me-
dikamentenmissbrauch oder Doping nicht völlig ausge-
schlossen werden. Zur Verringerung des Problems helfen
nur Prävention (was können wir tun, dass junge Men-
schen in Versuchungssituationen nein sagen können?),
Repression (Kontrollen, Analysen, Bestrafung), For-
schung, Transparenz und Sportorganisationen sowie
Staat und Gesellschaft, die es bei der Bekämpfung von
Medikamentenmissbrauch und Doping ernst meinen.
Dabei ist weniger entscheidend, ob Gesetze verschärft
werden, sondern ob der Wille zur Bekämpfung bei allen
Beteiligten gegeben ist. Jeder kann hierzu seinen Beitrag
leisten, auch du!
Wichtiger als Fragen wie
Welche Substanzen und Methoden sollen auf die Do- •pingliste, welche nicht?
Sind Grenzwerte, bis zu denen etwas genommen •werden kann, angemessen oder müssen sie verändert
werden?
Ist es sinnvoll, Dinge wie Infusionen (ab 50ml), die •nicht kontrolliert werden können, auf die Verbotsliste
zu setzen?
sind für uns solche Fragen:
Wie entsteht Dopingmentalität? •
Wie entwickelt sie sich? •
Welche Faktoren beschleunigen ihre Entwicklung ? •
Wie kann diese gebremst oder sogar vermieden wer- •den?
Das Vermitteln von Wissen und das Anleiten zu Argu-
mentations-, Reflexions- und Entscheidungsfähigkeit ist
hierbei ein wichtiger Schritt. Wir haben Vertrauen in dei-
ne Entscheidungsfähigkeit, die sich bei dieser Vorgehens-
weise, z.B. beim Durcharbeiten der nachfolgenden Seiten
entwickeln wird!
1.5 Ist das Dopingproblem lösbar?
20
Teil II „Für oder gegen Doping?“ – Wie verhalte ich mich im „Wettkampf der Argumente“?Die Gewöhnung an die Einnahme von Pillen und die Versuchung, seiner Leistungsfähigkeit nachzuhelfen, kommt meist schlei-
chend daher. Des Öfteren wird dies von jemandem empfohlen, oft begleitet von überzeugend wirkenden Argumenten.
2
21
In Diskussionen kann es dir passieren, dass du ab einem
bestimmten Punkt nicht mehr weiter weißt. Dir fallen
plötzlich keine Argumente mehr ein und die bisher ge-
nannten Gründe für deine Einstellung erscheinen gegen-
über denen der Gegenseite kraftlos geworden zu sein.
Dein Diskussionsgegner fühlt sich dann als Sieger.
Du hast zwei Möglichkeiten, auf deine „Niederlage“ zu
reagieren: Entweder hat dich dein Diskussionspartner
von seiner Meinung überzeugt und du nimmst diese Mei-
nung als deine eigene an oder du fühlst dich weiterhin
im Recht. Diskussionen enden manchmal damit, dass die
Beteiligten ihre Standpunkte dargestellt haben, jedoch
keiner den anderen von seiner Meinung überzeugt hat.
Aber die gegensätzlichen Ansichten sind klar geworden
und können zukünftig berücksichtigt werden. Wenn du
aber nicht weiter argumentieren kannst, die Diskussion
unsachlich wird oder Argumente nur noch wiederholt
werden: nutze die Möglichkeit, die Diskussion an dieser
Stelle zu unterbrechen (du gibst dir einen Stopp-Befehl),
damit du über den bisherigen Verlauf des Wortstreits und
über die eigenen Argumente nachdenken kannst.
Wer seine Meinung anderen gegenüber deutlich und
selbstbewusst darstellen möchte, sollte sich darüber klar
sein, warum er diese Meinung hat. Es lohnt sich, über die
Dinge des Lebens eine eigene Meinung gebildet zu haben
und sich zu bemühen, im „Wettkampf der Argumente“
in einer guten Form anzutreten.
Eine Diskussion gelingt, wenn die Argumente beider Sei-
ten auf der Sachebene ausgetauscht werden. Schwierig
ist es, wenn eine der beiden Seiten oder beide Seiten die
Sachebene verlassen und beherrschend, trotzig oder un-
terwürfig reagieren. Übertriebene Selbstdarstellungen
stören jede Diskussion. Meinungen sind dann wenig
glaubhaft, wenn sie verallgemeinert werden. Wirkungs-
voller ist immer die Ich-Form, denn es geht um die ganz
persönliche Auffassung der Diskussionspartner.
Du solltest die Position deiner Gesprächspartnerin oder
deines Gesprächpartners anhören. Wie du hat sie oder er
das Recht auf eine freie Meinungsäußerung. Du solltest
versuchen, die Einstellung des/der Diskussionspartners/-
in ganz genau zu kennen und seine/ihre Argumente in-
haltlich zu verstehen. Ist das nicht gegeben, solltest du
nachfragen: Versuche, dich in dein Gegenüber hinein zu
versetzen! Gehe ihm/ihr den halben Weg entgegen, ohne
deinen eigenen Standpunkt aufzugeben. Gehe aber nicht
weiter als den halben Weg, denn du kannst dasselbe auch
von deinem/deiner Gesprächspartner/-in erwarten.
2.1 Der Sieger hat immer Recht? – Soll der Klügere immer nachgeben?
22
In der folgenden Tabelle sind mögliche Verhaltensmuster
und Reaktionen dargestellt.
Aufgabe: Erinnere dich an eine Diskussion, die du geführt oder
miterlebt hast, und versuche, die Argumente beider
Seiten den Verhaltensweisen in dieser Tabelle zuzuord-
nen.
Beispiel:In einer Diskussion über die Bestrafung von Verkehrs-
sündern vertrittst du die Ansicht, dass die Strafen viel
zu gering sind und dass Autofahrer, die zu schnell fah-
ren oder auf Fuß- und Radwegen parken, viel zu selten
bestraft werden. Dein(e) Diskussionspartner/-in ver-
tritt die Meinung, dass man ruhig ein wenig schneller
fahren kann, als es erlaubt ist. Das sei in den Geschwin-
digkeitsgeboten schon eingeplant. Niemand würde ge-
blitzt, wenn er nur ein wenig schneller fährt. Und wenn
es nicht genügend Parkplätze gibt, muss man ja irgend-
wo parken. Dies sei ein freies Land.
Aufgabe: Welche weiteren Argumente fallen dir für beide Sei- •ten ein?
Für welche Seite ist es leichter, Argumente zu fin- •den?
Welches Argument könnte einen der Gesprächs- •partner von seiner Meinung abbringen?
Welche Argumente sind eher rational (vom Kopf •bestimmt), welche eher emotional/irrational (vom
Bauch bestimmt)?
Verhalten/Reaktion Beispiele
Beherrschend „Das habe ich dir schon oft gesagt!“„Jeder weiß doch, dass …!“„Das kann man so nicht machen!“„Das kann man sowieso nicht ändern!“
Übermäßig besorgt „Wenn ich du wäre, würde ich so nicht reden!“„Mach dir mal keine Sorgen, dein Problem ist überhaupt nicht so schlimm!“„Bei so etwas muss man ganz vorsichtig sein!“
Sachlich argumentieren „Habe ich dich richtig verstanden, dass …?“„Kannst du meinen Standpunkt nachvollziehen?“„Aus meiner Erfahrung ist es so, dass …!“„In … steht geschrieben, dass …!“„Ich möchte mir erst Gedanken zu meiner Position machen!“
Trotzig „Wenn du so denkst, diskutiere ohne mich weiter!“„Wenn das so ist, dann will ich aber …!“
Aufgedreht Ständiges Wiederholen derselben ArgumenteDem Thema ausweichen
Besiegt „Na gut, dann eben nicht!“„Ok, du hast gewonnen. Wir machen es so, wie du willst!“Schweigen, das als Anerkennung interpretiert wird
23
Doping ist neben der Verletzung ethischer und morali-
sche Grundsätze auch ein Verstoß gegen sportliche Re-
geln. Diese sind dazu festgelegt und vereinbart worden,
um für Chancengleichheit und Sicherheit im Sport zu
sorgen. Wenn Menschen anfangen, sich nicht mehr an ih-
nen vertraute Regeln zu halten, geschieht das meistens im
Umfeld anderer Menschen, die ebenfalls Regeln brechen
oder Regelverletzung zumindest dulden, unterstützen
und sogar dazu auffordern. Junge Handballspieler berich-
ten, dass das Spiel wesentlich härter und rücksichtsloser
wird, wenn sie in eine höhere Liga aufsteigen. Das gilt
auch für das Training. In dieser höheren Liga gelten zwar
dieselben Regeln, aber Schmerzen und Verletzungen des
Gegners werden mit Blick auf eine Siegchance billigend
in Kauf genommen. Mit der Bestrafung von Regelverstö-
ßen wird meist anders umgegangen als bisher gewohnt.
Es sind keineswegs nur die Sportler und Sportlerinnen,
die für Regelverstöße verantwortlich sind. Trainer/-innen,
Schiedsrichter/-innen, Ärzte/Ärztinnen und Funktions-
träger/-innen (Funktionäre) spielen eine entscheidende
Rolle dabei, ob sich Sportlerinnen und Sportler für oder
gegen Einhaltung von Regeln entscheiden. Der Trainer/
die Trainerin ist für viele Sportler/-innen die engste Ver-
trauensperson. Aber auch Kameraden, Physiotherapeu-
ten, Manager und das gesamte gesellschaftliche Umfeld
des Sportlers beeinflussen die Entscheidung eines Sport-
lers/einer Sportlerin gegen oder für Regelverletzungen,
also auch ob er/sie sich gegen oder für Medikamenten-
missbrauch und/oder Doping entscheidet.
Regelabweichendes Verhalten wird oft am Vorbild gelernt.
Sportlerinnen und Sportler orientieren ihr Verhalten oft
an der Einstellung von Vertrauenspersonen. Ein neues
sportliches Umfeld begünstigt das Lernen neuer Regeln,
die auch daraus bestehen können, alte Regeln anders als
bisher auszulegen oder sogar zu brechen. Der Wunsch
der Sportlerin oder des Sportlers, dem neuen Umfeld voll
und ganz anzugehören, verstärkt die Bereitschaft sich an-
zupassen, gar unterzuordnen und eine „Stallorder“ kritik-
los zu akzeptieren. Die eigene Verantwortung wird auf die
Gemeinschaft abgewälzt, denn diese hat ihre informellen
eigenen Regeln aufgestellt und akzeptiert. Und was in der
Gruppe und ihrem Umfeld passiert, muss geheim gehal-
ten werden, es gilt die Schweigepflicht. Das italienische
Wort für Schweigepflicht lautet „Omerta“, ein Begriff,
der im Radrennsport Verbreitung gefunden hat.
Würden Athletinnen und Athleten beim Einstieg in den
Leistungssport unbeeinflusst entscheiden müssen, ob
sie verbotene Mittel zur Leistungssteigerung anwenden,
würden die meisten Doping ablehnen. Also versuchen
Personen aus deren Umfeld, die Sportler und Sportlerin-
nen zum Doping bewegen wollen, deren Hemmschwelle
Stück für Stück abzubauen. Zuerst werden Mittel emp-
fohlen, welche angeblich die Gesundheit fördern oder
die verhindern, dass man zu schnell müde oder krank
wird. Die Qualität der Ernährung wird in Frage gestellt,
als Ausgleich werden Nahrungsergänzungsmittel ins Ge-
spräch gebracht. Sprachliche Formulierungen, die Medi-
kamentenmissbrauch und Doping als „Veränderung der
Ernährung“, „unterstützende Maßnahme“ oder „För-
derung der Konstitution“ verschleiern, dienen der schlei-
chenden Anpassung des Sportlers oder der Sportlerin an
die Verwendung von Pillen und Pulvern. Auch die Ver-
wendung zweifelhafter, aber nicht verbotener Mittel wie
2.2 Wird Doping gelernt?
Konstitution körperliche Befindlichkeit
24
Kreatin senkt die Hemmschwelle zum Doping. Denn
Kreatin soll, genau wie ein Dopingmittel, die Leistung
verbessern. Ist der Schritt, zur Steigerung der Leistung
mit Hilfe zusätzlicher Mittel bereit zu sein, erst einmal
vollzogen, ist der Weg zum Doping längst kein Tabu
mehr. Häufig sind auch rückläufige Leistungsentwicklun-
gen, etwa wegen vorangegangener Verletzungen oder Er-
krankungen, der Ausgangspunkt einer Entscheidung zum
Doping. Viel zu schnell wird eine geringere Leistungsfä-
higkeit mit Krankheit entschuldigt und wie eine solche
behandelt. Wenn schließlich behauptet wird, dass andere
Athletinnen und Athleten aus dem eigenen Team, ande-
ren Vereinen oder anderen Nationen auch dopen, wird
der Eindruck erweckt, dass alle Konkurrenten gedopt
seien, man also nichts Schlimmes tut und lediglich einen
Nachteil ausgleicht.
ZitatBjarne Riis (Gewinner der Tour de France 1996, Teamdi-
rektor des Rad-Rennstalls Saxo Bank): „Ich habe Doping-
Mittel für gut und gerne eine halbe bis eine Million Kronen (um-
gerechnet 67.000 bis 134.000 Euro, d.Red.) gekauft.“ Riis
hatte bereits 2007 eingeräumt, in der Zeit von 1993 bis 1998
das Dopingmittel Erythropoietin (EPO), Wachstumshormone
und Cortison zur Leistungssteigerung eingenommen zu haben.
Auch seinen Tour-Sieg für das damalige Team Telekom hatte
er auf illegale Weise erreicht. Nun räumte er ein, bereits in den
1980er Jahren gedopt zu haben. „Das Schwerste war die erste
Spritze mit Vitaminen und Mineralien, die wir alle bekommen
haben und wie wir mit der Zeit lernten, uns selbst zu geben.
Deshalb hatte ich keine Probleme mit den ersten Dopingsprit-
zen, das war völlig undramatisch. Es war ja nur etwas anderes
in der Spritze drin als Vitamine.“ (Zeit online, 9.11.2010)
Der französische Sportsoziologe Christophe Brissonneau
hat auf der Grundlage von Interviews mit 20 gedopten
Radprofis das folgende Schema einer in fünf Phasen dif-
ferenzierten Dopingkarriere erarbeitet:
Abbildung von: Manuel Ruep (Zentrum für Dopingprävention, 2010) auf der Grundlage der Abb. von Brissonneau C.(2007) : Le dopage dans le cyclisme professionnel au milieu des années 1990: une reconstruction des valeurs sportives, Déviance et Société, 2, pp. 129-148.
25
Phase I – Entdeckung der Sportart
Beginnn möglicher Dopingneigung
Am Anfang steht die Entdeckung des Sports. Kinder
und Jugendliche finden durch den Verein schnell Kon-
takt zu Gleichgesinnten. Der Sport fördert die Grup-
penzugehörigkeit durch gemeinsames Erleben von Spaß,
Anstrengungen, gegenseitiger Hilfe und Solidarität trotz
bestehender Konkurrenz. Nach und nach rücken Körper
und Geist mit Glücks- und Hochgefühlen, aber auch mit
Schmerz und Ermüdung, in den Mittelpunkt des Denkens
und der Kommunikation mit dem sportlichen und gesell-
schaftlichen Umfeld. Ältere geachtete Sportler/-innen
unterstützen und beraten, meist jedoch ohne sportwis-
senschaftliche Kenntnisse. Sie geben lediglich eigene Er-
fahrungen und Rezepte weiter. Damit erfolgt eine frühe
Prägung hin zu Traditionen und Überlieferungen. Fragen
zu späterer Gesundheit und Ethik im Sport stellen sich in
jungen Jahren nicht. Ärzte, Substanzen und Medikamen-
te spielen in dieser Phase noch keine Rolle.
Phase II - Leistungsentwicklung
Entstehung der Dopingmentalität
Mit dem Wechsel in leistungsorientierte Sportgruppen
nimmt der zeitliche Aufwand für den Sport stetig zu. Die
Abkopplung von Freunden/-innen, anderen Freizeitbe-
schäftigungen und auch von der Familie wird kaum be-
merkt und wenn doch, als unvermeidbar hingenommen.
Schnell sprechen sich die Gewohnheiten im Umgang mit
Medikamenten, z.B. Schmerzmitteln herum. Aufbauprä-
parate und Nahrungsergänzungsmittel werden des Öfte-
ren auch von Ärzten empfohlen; ihr Konsum wird Teil
des sportlichen Alltags.
Phase III – Sport ist zum Beruf geworden
Einstieg in die Dopinggemeinschaft:
Mit dem Übergang in die Welt des professionellen
Sports oder des Amateursports auf hohem/höchstem
Niveau treten neue Trainer/-innen, Mediziner/-innen
und Physiolog/-innen in das Umfeld des Sportlers/der
Sportlerin. Langsam verwischen die Grenzen zwischen
Krankheit, körperlichen Schwächen, sinkendem Leis-
tungsvermögen und Ermüdung. Mediziner und Thera-
peuten (in manchen Sportarten auch Pfleger und Phy-
siotherapeuten) werden zu vertrauten Ansprechpartnern.
Der Glaube, dass zur Aufrechterhaltung der Leistungs-
stärke die Gabe von Medikamenten jederzeit nötig wird,
verführt die Sportlerin/den Sportler dazu, im Zweifelsfall
sich selbst zu versorgen und zu behandeln. Sie/Er lernt,
sich selbst Spritzen zu setzen, die vielleicht zunächst nur
Vitamine enthalten. Die erste Spritze wird zu einem be-
sonderen Ereignis, zu einem Akt der Initialisierung, der
Einführung in den inneren Kreis. Jetzt gehören sie dazu.
Die Anwendung verbotener Substanzen beginnt für eini-
ge Sportler/-innen schon während ihrer Amateurzeit, für
andere erst als Profi. Doping wird zum Muss, wenn der
Körper auf Abruf voll leistungsfähig sein soll. Das Ge-
fühl, andere oder sich selbst zu betrügen, entsteht dabei
nicht. Ärzte spielen von nun an eine immer wichtigere
Rolle, denn sie sind Spezialisten für Eingriffe in körper-
liche Abläufe.
Phase IV – Kampf um den Sieg
Professionelles Dopingverhalten:
In dieser Phase ist der Sport endgültig zum Beruf gewor-
den. Eine berufliche Alternative, die einen Ausstieg aus
dem Profisport ohne finanzielle Einbußen erlauben wür-
de, gibt es nur selten. Doping wird alltäglich, denn Sport
ist nun fast ausschließlich Kampf um den Sieg. Die Ein-
nahme von verbotenen leistungssteigernden Mitteln wird
optimiert, so dass bei Wettkämpfen jeweils die maximale
Leistung abrufbar ist, ohne bei Dopingtests aufzufallen.
26
Neue Medikamente und Methoden werden getestet, be-
vor sie offiziell auf dem Markt sind. Beschaffungsproble-
me gibt es kaum, die Netze sind sehr eng. Doping ist auch
für Dealer ein lukratives Geschäft. Unter der Ärzteschaft
setzen sich in dieser Phase Spezialisten und Spezialis-
tinnen (Leistungsphysiologen/-innen) durch, die immer
häufiger auch die Rolle des Trainers oder der Trainerin
einnehmen.
Phase V - Wieder ein normaler Mensch werden
Mit dem Umbruch zurecht kommen:
Auf dem Weg in die Dopingfalle (vom normalen Leben
in das Leben eines „Außerirdischen“) spielen Ärzte und
Ärztinnen eine zunehmend wichtige Rolle, vom unpro-
blematischen Hausarzt (Phase I) bis hin zum hochpro-
blematischen Dopingspezialisten (Phase IV), der oft
auch noch Trainer „spielt“. In der Phase V erfolgt die
Rückkehr ins normale Leben, oft verbunden mit Frust
und Langeweile, weil das bisherige Leben voller Heraus-
forderungen, Erfolgserlebnisse und interessanter sozialer
Kontakte zu Ende ist; für nicht wenige erfolgt ein Ab-
sturz in die subjektiv empfundene Bedeutungslosigkeit,
für Sportler/-innen ohne duale Karriere vor Beginn des
Profidaseins in ein Leben weitgehend ohne Sinn. Hier
wird nun eine andere Art von Arzt wichtig, der Sucht-
mediziner, zumindest sofern in die Suchtfalle geratene
Sportler/-innen ihr Problem akzeptieren und bearbeiten
wollen. Nach Lowenstein (aber auch nach anderen Spezi-
alisten) befinden sich unter den Patienten der Suchtnach-
sorge überproportional viele ehemalige Leistungs- und
Spitzensportler/-innen.
27
In Krimis und Actionfilmen steht oft sehr schnell fest,
wer zu den Guten gehört und wer nicht. Bösewichter ha-
ben ein bestimmtes Aussehen oder sind durch einen ein-
deutigen Wortschatz zu erkennen. Das mag unterhaltsam
sein, es ist aber nur mäßig aufregend. Wenn der Täter
erst viel später erkennbar ist, ist ein Krimi viel spannen-
der. Aber was ist, wenn der Täter eigentlich doch nicht so
ganz wie ein Täter aussieht und – abgesehen von seiner
verachtenswerten Tat - vielleicht ausgeprägte ethische
Grundsätze vertritt?
Das reale Leben ist spannend, aber die Spannung, ob je-
mand zu den Guten oder zu den Bösen gehört, wird im
realen Leben zur unmittelbaren Gefahr für Sportlerinnen
und Sportler, die noch keinen ausgebildeten Standpunkt
in der Dopingproblematik und die ihre persönliche Ent-
scheidung gegen Doping noch nicht getroffen haben.
Personen, die Sportlerinnen und Sportler zum Doping
verführen, haben nichts erkennbar Böses an sich. Sie ha-
ben kein bestimmtes Aussehen und reden so wie du und
ich. Sie selbst sehen sich auch gar nicht als Betrüger oder
als Kriminelle, obwohl sie mit verbotenen Medikamenten
den ihnen anvertrauten Sportlerinnen und Sportlern wie
auch dem Sport schweren Schaden zufügen können.
Trainerinnen und Trainer verpflichten sich zur Einhaltung
ethischer Grundsätze und ihr Handeln darf der Gesund-
heit der ihnen anvertrauten Sportler/-innen nicht schaden.
Trainerinnen und Trainer haben aber auch den Auftrag,
erfolgreich zu sein. Das heißt, dass deren Sportler/-innen
möglichst viele erste Plätze erreichen sollen, denn Zweit-
platzierte gelten in den Medien und der öffentlichen Mei-
nung als die ersten Verlierer. Erfolge sind oft die einzige
Existenzsicherung für die meisten Trainer/-innen, ihr
Können wird an den Erfolgen ihrer Sportlerinnen und
Sportler gemessen. Dieser Umstand wird im professio-
nellen Sport besonders deutlich. Aus diesen beiden sich
widersprechenden Anforderungen erwächst eine Dop-
pelmoral: Einerseits wird von Trainer/-innen gefordert,
dass ihre Sportler/-innen auch im Höchstleistungsbe-
reich gesund und leistungsfähig bleiben, andererseits wird
Doping durch überzogene Leistungsnormen, die sich
an Ergebnissen von internationalen Wettkämpfen und
Olympiaden orientieren, begünstigt. Trainerund Trai-
nerinnen befinden und empfinden sich oft in einer
Dilemmasituation.
Aufgabe: Eine Sportlerin, ihr Trainer und ein Funktionsträger
(oder Arzt) treffen sich und wollen über das Ergebnis
der letzten Meisterschaften reden. Die Leistungen der
Sportlerin sind weit hinter den Erwartungen zurückge-
blieben. Wie könnte das Gespräch beginnen? Welche
Argumente haben die drei? Wie könnten die drei das
Gespräch beschließen? Stell’ dir dazu vor, die Sport-
lerin, ihr Trainer und der Funktionsträger (oder Arzt)
stehen an den Ecken des nachfolgenden Dreiecks und
sprechen zueinander!
Die Verantwortung zwischen den drei Polen ist gegen-
seitig. Auch der Sportler/die Sportlerin trägt Verantwor-
tung für seinen Trainer/seine Trainerin. So muss er oder
sie sich bewusst sein, wenn er oder sie betrügt, dass sein
Trainer/seine Trainerin in „Sippenhaft“ genommen wird
und mit allen Konsequenzen zurecht kommen muss (z.B.
Entlassung, Arbeitslosigkeit, öffentliche Demontage).
Sportler/-in
Funktionsträger/-in
Arzt/Ärztin
Train
er/-
in
2.3 Werden Sportlerinnen und Sportler zum Doping verführt?
28
Aufgabe: Wie könnten Botschaften (Forderungen) an Trainer/-
innen, Sportler/-innen, Funktionsträger/-innen bzw.
Arzt/Ärztin lauten, z.B. vom Sportler an den Arzt?
Die Geschichte zeigt, dass Dopingverführer häufig Trai-
ner mit eigener Dopingvergangenheit oder in sportlichen
Kreisen aktiv gewesen sind, in denen Doping zumin-
dest geduldet wurde. Trainer, die als Sportler von ihren
Trainern zum Doping verführt wurden, tendieren eher
zu solch verbotenem, aber als erfolgreich erfahrenem
Handeln. Auch Sportlerinnen und Sportler bevorzugen
in sehr schwierigen Situationen gewohnte Handlungen,
die in der Vergangenheit funktioniert haben, z. B. ihrem
Trainer/ihrer Trainerin zu glauben und zu vertrauen.
Aufgabe: Finde zu den folgenden Aussagen von Funktionsträ-
gern, Trainern, Ärzten und Sportlern Alternativen, die
Doping weniger begünstigen oder verhindern.
Aussage Alternative
Funktionsträger/-in „Nur für Medaillen gibt es Geld!“
„Der Erfolg heiligt die Mittel!“Trainer/-in „Nur wenn ich erfolgreich bin, wird mein
Vertrag verlängert!“Arzt/Ärztin „Ein kranker Athlet bekommt meine Hilfe,
bis seine Leistungsfähigkeit wiederhergestellt
ist.“Sportler/-in „Ich will unbedingt siegen!”
„Ich muss meine Vorgaben erfüllen!“
„Bis zur Meisterschaft muss ich in Topform
sein!“
29
2.4 Gegen Doping und für den Sport argumentieren
Zwischen Doping-Befürwortern und denen, die zwar
gegen Doping sind, aber sich für die Freigabe von Do-
pingmitteln aussprechen, muss deutlich unterschieden
werden. Allerdings sind Befürworter des Dopings meist
auch für dessen Freigabe. In der Diskussion gehen die
Dopinggegner nicht immer als Sieger hervor. Nur selten
gelingt es, Befürworter des Dopings oder einer Freiga-
be von ihrem Standpunkt abzubringen. Das liegt daran,
dass deren Argumente auf den ersten Blick überzeugend
wirken und der Realität zu entsprechen scheinen. Befür-
worter der Dopingfreigabe geben, oberflächlich betrach-
tet, einen Teil des realen Sports wieder. Sie verwenden
bestimmte rhetorische Mittel, um ihre Argumente vorzu-
tragen. Im Gespräch mit ihnen solltest du herausfinden,
wie sie ihre Behauptungen belegen, wie ihre Denkwei-
se ist, wie sie ihren Standpunkt rechtfertigen und wie es
möglich ist, dass Befürworter des Dopings oder dessen
Freigabe immer wieder junge Menschen zum Doping
verführen.
Dopinggegner werfen den Befürwortern des Dopings
oder dessen Freigabe ein unmoralisches und ethisch
nicht vertretbares Verhalten vor. Dabei beziehen sie sich
auf die Verletzung des Fairness-Gebotes im Sport und
auf die Pflicht, die Gesundheit der Sportlerinnen und
Sportler nicht zu gefährden. Dopingbefürworter antwor-
ten auf derselben Ebene und begründen ihre Haltung
ebenfalls mit moralischen und ethischen Grundsätzen,
so abwegig das zu sein scheint. Die Argumente sind auf
den ersten Blick nachvollziehbar, weil es so scheint, als
wenn sie lediglich die Zusammenhänge im realen Sport
wiedergeben.
Beispiel: Du sprichst dich in einer Diskussion überzeugt
für die Einhaltung von Geschwindigkeitsbegrenzungen
im Straßenverkehr aus. Du begründest deine Einstellung
damit, dass du das Leben und die Gesundheit anderer
Menschen nicht gefährden willst, führst also ethisch-
moralische Gründe an. Dein Kontrahent findet, dass
Geschwindigkeiten dem Verkehr angepasst sein müssen
und behauptet, dass regelgerechtes Fahren andere Auto-
fahrer zu riskanten Überholmanövern verleitet und dass
dadurch viel mehr Menschen gefährdet sind, als wenn
grundsätzlich ein wenig zu schnell gefahren wird. Er ver-
tritt die gegenteilige Ansicht, rechtfertigt diese aber mit
genau denselben ethisch-moralischen Gründen.
Jeder, der im Sport aktiv ist oder dort Einfluss hat, sollte
sich einer für seinen Bereich besonderen Ethik verpflich-
tet fühlen. Aus einer solchen spezifischen Ethik entstehen
innere Handlungsanweisungen, d.h. es lässt sich daraus
ableiten, was ein Mensch in diesem Bereich tun und wie
er sich verhalten sollte. Als wichtigste Handlungsanwei-
sung gilt, Regeln und Gesetze zu beachten.
Wenn jemand Regeln bricht, andere zum Regelbruch ver-
leitet oder sogar auffordert und am Ende vielleicht sogar
straffällig wird, erklärt er das mit genau dieser spezifischen
Ethik seines Bereichs oder Berufs. Er rechtfertigt sich
durch vernünftig klingende Behauptungen, die im ersten
Moment zwar einleuchten, aber nur schwer zu beweisen
sind. Mit diesen Behauptungen, die auch auf das eigene
Gewissen und Moralempfinden wirken, neutralisiert er
seine Gewissenskonflikte, die ihn sonst als Folge seiner
unmoralischen Handlungen quälen würden. Aus diesem
Grund fühlen sich Dopingbefürworter, Dopingverfüh-
rer, Doper und Doperinnen vor sich selbst und anderen
oft gar nicht schuldig.
30
Die Beispiele für Argumente von dopenden Athletinnen
und Athleten, Trainerinnen und Trainern sowie Ärzten
und Ärtzinnen machen dies in der folgenden Tabelle
deutlich:
Aufgabe: Notiere die Gründe, warum du gegen Doping und ge-
gen die Freigabe von Doping bist. Bewerte deine Grün-
de danach, welche dir am wichtigsten sind. Wird die
Übung in einer Gruppe durchgeführt, vergleiche und
diskutiere deine Wertereihe mit denen der anderen.
Anspruch Beispiel
Athletin/Athlet Chancengleichheit, Fair Play „Da alle dopen, stelle ich durch mein Doping die
Chancengleichheit erst wieder her.“Trainer/Trainerin
Pädagoge/Pädagogin
Erziehung zu Mündigkeit und Selbstbe-
stimmung
„Als Pädagoge muss ich respektieren, wenn mein
Athlet sich dopt. Es ist seine eigene freie Ent-
scheidung. Schließlich leben wir in einer Demo-
kratie.“Arzt/Ärztin Gesunderhaltung des Patienten, „die
Gesundheit nicht schädigen“
„Mit Anabolika bewirke ich eine Verbesserung
der Konstitution. Dadurch ist der Athlet/die
Athletin den unmenschlichen Belastungen des
Leistungssports überhaupt erst gewachsen.“ –
„Durch meine ärztliche Kontrolle verhindere ich
eigenmächtige Überdosierungen mit Dopingmit-
teln und dadurch Gesundheitsschäden.“Funktionsträger/
Funktionsträgerin
Erfüllung der Vorgaben, Sicherung der
finanziellen Mittel, Ansehen der Sport-
art.
„Der Zweite ist schon der erste Verlierer!“. „Nur
Sieger werden gefeiert und bringen der Sportart
das verdiente Ansehen!“
31
2.5 Im Wettkampf der Argumente
Befürworter des Dopings oder dessen Freigabe sind nicht
leicht zu erkennen. Selten geben sie offen zu, dass sie Do-
ping zulassen würden. Aber Sätze wie „Ich bin auch ge-
gen Doping, aber...“, entlarven solche Personen. Sie ver-
wenden verräterische Formeln, die man kennen muss:
„Ich sehe die Sache differenzierter.“ •
„Man muss das sachlich diskutieren.“ •
„Diese Frage muss objektiv und emotionslos disku- •tiert werden.“
Mit solchen Formulierungen werden Dopinggegner ins
Abseits gestellt. Diskussionen zwischen Dopingbefür-
wortern und Dopinggegnern werden schnell unsachlich.
Es geht dann nicht mehr um Doping, sondern darum,
dass den Dopinggegnern vorgehalten wird, nicht realis-
tisch zu sein und nicht sachlich zu diskutieren. Ob bei
einer solchen Diskussion weitere Dopingbefürworter an-
wesend sind, merkt man daran, dass diese vom Vorwurf
der Unsachlichkeit verschont bleiben.
Die Forderung nach einer „differenzierteren“, „sachli-
cheren“ und „objektiven“ Diskussion ist darauf ausge-
richtet, Zweifel an der Dopingbekämpfung zu säen. Das
gelingt, ohne sich als Dopingbefürworter erkennen zu
geben. Eine weitere Tarnung ist die des Kritikers, der das
System verbessern will. Solchen Leuten geht es nicht um
eine Verbesserung im Kampf gegen Doping, sondern da-
rum, bei jeder sich bietenden Gelegenheit eine Stimmung
zu erzeugen, aus der heraus die Forderung nach Doping-
freigabe immer lauter wird. Sie müssen diese Forderung
nicht einmal selbst erheben. Es reicht völlig aus, durch
eine Politik der Nadelstiche den Eindruck entstehen zu
lassen, man stehe dem Doping ohnehin machtlos gegen-
über und es sei gerechter, den Kampf dagegen einzustel-
len.
Zweifel gegen das System der Dopingkontrollen wer-
den so geweckt. „Wer kontrolliert die Kontrolleure?“
heißt es immer wieder, wenn Zweifel an der Richtigkeit
eines positiven Dopingbefundes bei einem prominenten
Sportler laut werden. „Wo bleibt da die Gerechtigkeit?“
wird gefragt, wenn Sportlerinnen und Sportler aus ver-
schiedenen Verbänden ungleiche Strafen für den gleichen
Regelverstoß erhalten. „Warum darf ein Sportler ein
Medikament nicht nehmen, das jedem Bürger zur Hei-
lung von Krankheiten zusteht?“ wird gefragt, wenn ein
Athlet mit stimulierenden Mitteln erwischt wird. „Wenn
ein Manager Aufputschmittel oder ein Künstler Drogen
nimmt, regt sich auch kein Mensch auf“ wird häufig ge-
klagt. „Es werden sowieso nur die Dummen erwischt,
die anderen dopen sich auch und werden nicht bestraft“,
wird außerdem behauptet. Und schließlich wird auf eine
„Doppelmoral“ des Sports verwiesen. Sie bestehe darin,
„dass einerseits Doping offiziell verboten ist, inoffiziell
aber durch völlig überzogene Olympianormen gefordert
wird.“ Das Argument „Doppelmoral“ nehmen auch die
Dopinggegner für sich in Anspruch.
Solchen Einwänden muss man lernen zu begegnen. Da-
für braucht man jedoch eine eigene, gefestigte Haltung
zum Thema Doping. Die Tabelle auf Seite 32 enthält bei-
spielhaft einige Argumente und Gegenargumente.
32
Argumente für und gegen die Freigabe des
Dopings
Argumente „pro“ und „contra“ Dopingfreigabe
(nach Singler/Treutlein 2001, 267 f. und vorwiegend nach
Laure 2000, 550).
Aufgabe:Ergänze diese Tabelle um eigene Argumente und deren
mögliche Gegenargumente. Vertrete dabei nacheinan-
der beide Seiten. Für welche Standpunkte fällt es dir
leichter, Argumente zu finden?
Argumente „pro“ Freigabe Argumente „contra“ Freigabe
Doping hat es schon immer gegeben. Wenn es etwas schon lange gibt, ist dies kein Argument
für die Fortsetzung dieser Praxis, besonders wenn sie
potenziell gefährlich ist.Jeder Mensch kann frei über seine Gesundheit verfügen,
solange es nicht andere Personen tangiert: „Mein Körper
gehört mir!“.
Die Beeinträchtigung der Gesundheit einer Person kann
Auswirkungen auf die Gesellschaft haben (wer zahlt z.B.
die Folgekosten?).Es dopen sich so viele Menschen, dass eine Freigabe den
Umfang des Dopings nicht verändern würde.
Das Ausmaß von Doping kann nicht das Kriterium für eine
Doping-Freigabe sein; der Schutz von Gesundheit, Regeln
und Chancengleichheit muss berücksichtigt werden.Doping ist längst nicht so gefährlich wie behauptet. Wenn
es gefährlich wäre, gäbe es mehr Tote.
Die medizinische Fachpresse berichtet über zahlreiche
Beobachtungen von schwersten Komplikationen bei der
Verwendung von Dopingmitteln. Es gibt keinen Grund,
vor dem Beginn einer wirksamen Prävention erst auf eine
Vielzahl von Todesfällen zu warten.Die meisten Dopingmittel sind Medikamente, im Krank-
heitsfall muss eine Selbstbehandlung möglich sein.
Für die Behandlung gesundheitlicher Probleme gibt es ge-
nügend alternative therapeutische Möglichkeiten.Bei einer Freigabe des Dopings würde man besser wissen,
was verwendet wird und könnte deshalb die Nutzer/-innen
besser schützen.
Die Möglichkeit der ärztlichen Begleitung von Dopern ist
nicht mit der ärztlichen Ethik und mit bestehenden Geset-
zen zu vereinbaren.Mit einer Dopingfreigabe könnte man den Schwarzmarkt
und damit den Umlauf von gefährlichen nachgemachten
Substanzen „entschärfen“ und das Risiko für Nutzer/-
innen verringern.
Der Schwarzmarkt bringt heute so viel Profit, dass seine
Kontrolle schwierig und nur noch durch den Staat zu leis-
ten ist. Ein Beleg dafür ist die Existenz nachgemachter
bzw. gefälschter Medikamente.Die Bekämpfung von Doping ist unwirksam: Über eine
Freigabe könnte der Verbrauch von Dopingmitteln besser
kontrolliert werden.
Der Kampf gegen Doping und die Präventionsbemühun-
gen wurden bisher nur mit geringem Nachdruck geführt
und waren deshalb wenig wirksam.Doping ist weit verbreitet, ohne Doping ist Chancengleich-
heit im Spitzensport nicht mehr gegeben.
Dopen verstößt gegen sportliche und staatliche Regeln;
Doping ist kein Kavaliersdelikt, sondern kriminell.
33
2.6 Wie reagiere ich auf die Argumente der Dopingbefürworter?
Hast du deinen Diskussionsgegner als Dopingbefürwor-
ter entlarvt, gilt es deine Argumentationsstrategie zu ent-
wickeln und anzuwenden. Dabei ist es hilfreich, Beispie-
le aus anderen Bereichen des Lebens zu kennen. Denn
Sport ist nur ein Teil des Lebens.
Als große Ungerechtigkeit wird oft genannt, dass be-
stimmte Mittel in einer Sportart erlaubt sind und in einer
anderen verboten. Auch sind die Strafmaße in verschie-
denen Sportarten für dieselben Vergehen oft unterschied-
lich. Es gibt tatsächlich viele Schwächen in der Doping-
bekämpfung. Aber sind Schwächen ein Grund, das ganze
System in Frage zu stellen? Würde man in anderen Be-
reichen unserer Gesellschaft gleich alles abschaffen, was
nicht perfekt funktioniert, so wäre es um die Sicherheit in
unserem Leben schlecht bestellt. Da man nicht alle Ver-
kehrssünder bei den Kontrollen erwischt, ließe die Poli-
zei „gerechterweise“ alle davonkommen. Da nicht jeder
Bankräuber gefasst, nicht jeder Mörder überführt wird,
würden konsequenterweise auch Bankraub und Mord
„freigegeben“ werden.
Kann eine solche Preisgabe von Gesetzen und Regeln •wirklich die Lösung sein?
Hat jeder Mensch das Recht, sich selbst beliebigen •Schaden zuzufügen? Darf ein Sportler/eine Sport-
lerin selbst entscheiden, zu dopen und dadurch leis-
tungsfähiger zu werden, jedoch einen großen Teil sei-
ner/ihrer Lebenserwartung einzubüßen, nur um des
Erfolges willen?
Haben Menschen das Recht, abgesehen vom Recht •der freien Meinungsäußerung, über dopende Sport-
lerinnen und Sportler einerseits zu urteilen, anderer-
seits allen anderen Sportlern durch nicht beweisbare
Behauptungen und zweifelhafte Argumente für eine
Dopingfreigabe den Weg in einen sauberen Sport zu
verbauen?
Die folgende Tabelle zeigt beispielhaft einige gegensätzli-
che Standpunkte zum Problem der Dopingfreigabe. Die
Argumente der Dopinggegner und Dopingbefür-
worter sind den Spalten nicht fest zugeordnet!
Doping ist...
.. medikamentöse Unterstützung ohne Betrugsabsicht .. Betrug, Manipulation
.. regelverletzende, aber akzeptierte Praxis .. ein Verstoß gegen Werte
.. ein moralisches, ethisches, ideologisches Problem .. ein Gesundheitsproblem
.. notwendig zur Erhaltung und Steigerung der
Leistungsfähigkeit der Athleten/-innen
.. ein Schritt zum/zur medizinisch „gemachten“
Athleten/Athletin
Gedopte Athletinnen und Athleten sind...
.. unschuldige Opfer des Sportsystems
(strukturelle Zwänge)
.. Betrüger/-innen (individuelles abweichendes Verhalten)
.. Opfer (Gesundheit, Gewissen, Schuldgefühle) .. die erfolgreichen Athleten/-innen,
sie sind immer Gewinner/-innen
34
Unterschiedliche Positionen zur Doping-Problematik
(nach Singler/Treutlein 2001, 226 f. und Louveau et al.
1995, 68 ff.)
Ist Doping wirksam?
Um zu gewinnen, muss man an sich selbst glauben, nicht
an Doping.
Doping ist Voraussetzung für Erfolg.
Spitzensport ist auch ohne Doping möglich. Doping ist wirksam, deshalb wird es Doping geben,
solange es Leistungs- und Spitzensport gibt.Es gibt Sportarten, in denen man ohne Doping zur
Weltspitze gehören kann.
In allen Sportarten sind Athleten/-innen stets auf der Su-
che nach neuen Substanzen.Für die Wirksamkeit der meisten Dopingmittel fehlen wis-
senschaftliche Beweise.
Spitzensportler/-innen wissen besser als alle anderen, was
wirkt. Wenn mit einer Substanz die Effektivität erhöht
werden kann, wird sie auch angewendet.
Vorschläge?
Die Strafen sind zu hart, sie müssen reduziert werden. Doping muss verboten bleiben.Es wird immer wieder neue Substanzen und Medikamente
geben, die bei Kontrollen nicht nachweisbar sind, deshalb:
Gebt Doping frei!
Die Kontrollen müssen intensiviert und es muss mehr
Transparenz zur Realität des alltäglichen Dopings im Spit-
zensport hergestellt werden.Dopen ist nicht kriminell; am besten und ungefährlichsten
wäre ein ärztlich kontrolliertes Doping.
Athletinnen und Athleten dopen stets intensiver als emp-
fohlen oder vorgeschrieben, deswegen: harte Kontrollen.Der Staat ist Profiteur des Spitzensports (z.B. durch seine
Außendarstellung als erfolgreicher Staat), er muss ihn des-
halb auch finanzieren und Doping akzeptieren.
Auf den Spitzensport muss durch eine Reduzierung der
staatlichen Subventionen Druck für eine intensive Doping-
bekämpfung und –prävention ausgeübt werden.Jeder Doper/jede Doperin ist – sofern er/sie selbst ent-
scheidet – für sich selbst verantwortlich („Mein Körper
gehört mir“).
Selbst Amateure dopen, deshalb müssen Prävention und
Kontrollen früh einsetzen.
Handlungsdilemma
Nur innerhalb eines Systems kann man als Arzt oder Ärz-
tin, Athlet oder Athletin, Trainer oder Trainerin Doping
bekämpfen. Denn nur dort sieht man, was wirklich ab-
läuft. Nur als Mitglied des Systems hat man Einfluss.
Einen sauberen Leistungssport wird es nie geben. Deshalb
dürfen sich Dopinggegner nicht im Leistungssport einset-
zen. Wer eine eindeutige Position gegen Doping vertritt,
kann gar nicht anders.
35
Wenn Doping-Befürworter Doping-Gegnern immer wie-
der „Heuchelei“, „Doppelmoral“ oder „Schizophrenie“
vorwerfen, entlarven sie sich mit solchen Vorwürfen. Zu-
dem: Viele Diskussionen ließen sich vermeiden, wenn die
Befürworter zu konsequentem Handeln bereit wären und
eigene Verbände mit eigenen Regeln gründen würden,
d.h. Verbände, in denen (unter Beachtung der Gesetzes-
vorgaben) Doping erlaubt wäre. Allerdings müssten sich
dann solche Verbände auch selbst finanzieren und auch
um den Nachwuchs selbst kümmern – dies alles könnte
dann nicht mehr Aufgabe von Staat, Schule und Eltern
sein. Sie müssten dann Eltern erklären, warum „sinn-
voller“ Leistungssport
nach ihrer Ansicht nur mit
Doping möglich ist. Auch
auf die engagierte Arbeit
unzähliger ehrenamtlicher
Jugendwarte/-innen und
Trainer/-innen könnten
sie dann wohl kaum zu-
rückgreifen. Spannend
wird, ob dann noch Spon-
soren bereit wären, einen
so offenkundig gedopten
Sport zu unterstützen und
zu finanzieren. Du merkst,
das wird wohl nichts. Denn
das Dopingmilieu braucht
den dopingfreien Sport als
Grundlage. Ohne diesen
könnte es nicht existieren.
Dopingbefürworter und Dopingverführer, die ihr hart-
näckig an eurem Standpunkt festhaltet und fortgesetzt
gesundheitliche Nachteile und den Tod dopender Sport-
ler billigend in Kauf nehmt: Es muss zukünftig eure Auf-
gabe sein, die Grabrede für diejenigen, die an den Folgen
des Dopings sterben, zu halten, vorausgesetzt, ihr seid im
Kreise der Trauernden akzeptiert.
Aufgabe:Die folgenden Aufgaben können dir bei deiner Mei-
nungsbildung weiterhelfen. Du kannst sie zwar alleine
bearbeiten; sie eignen sich aber besser für eine Gruppen-
arbeit (für ca. vier Gruppen mit je vier Teilnehmern/-
innen). Ziel ist es, das Diskutieren und Argumentieren
an einfachen Sachverhalten zu üben und auf starke
Argumente reagieren zu können. Lies jeweils zunächst
nur die Situationsbeschreibung und überlege dir mögli-
che Konsequenzen, die sich aus der Handlung ergeben
könnten. (Gruppen erhalten zunächst nur die Situa-
tionsbeschreibung und erörtern die Handlung sowie
mögliche Konsequenzen; zehn bis 15 Minuten später
- also mitten in der Diskussion - werden die entspre-
chenden Situationsänderungen verteilt).
Situation 1
Eine Sportlerin bereitet sich seit vielen Wochen auf eine
Meisterschaft vor. Alles läuft bestens. Sie fühlt sich phy-
sisch und mental stark und ist bereit, ihre bestmögliche
Leistung zu zeigen. Wenige Tage vor dem Wettkampf
spürt sie einen grippalen Infekt aufkommen. So ein Mist!
Sie nimmt einen Erkältungssaft und schläft viel. Am
nächsten Morgen fühlt sie sich wieder fit.
Situationsänderung 1
Die Sportlerin wird für eine Dopingkontrolle ausgelost.
Das ist für sie okay, denn sie ist ja sauber und gegen Do-
ping. In ihrer A-Probe wird jedoch eine Substanz gefun-
den, die auf der Liste der verbotenen Wirkstoffe steht.
Sie ist sich keiner Schuld bewusst und wehrt sich gegen
die Behauptung, gedopt zu haben.
Situation 2
Ihr rudert im Nationalteam; nach einem Training sitzt
ihr in gemütlicher Runde mit vielen Sportlern aus ganz
Deutschland zusammen. Irgendwann kommt das Thema
Doping auf. Einer behauptet: „Der Radsport ist nicht zu
2.7 Wenn gar nichts mehr hilft
36
retten und solch hohe Trainings- und Wettkampfumfän-
ge sind ohne Doping ja wohl nicht zu schaffen!“
Situationsänderung 2
Nach einiger Zeit kommen andere Sportler (z.B. Fußball-
spieler) zu eurer Gruppe. Sie wissen nicht, dass ihr Ru-
derer seid. Irgendwann fällt die Bemerkung: „Na ja, die
Ruderer sind ja wohl auch nicht alle sauber.“
Situation 3
Nach einem Training befindet ihr euch in gemütlicher
Runde mit vielen Sportlern. Irgendwann kommt es zu
einer Diskussion zum Thema Doping. Einer behauptet:
„Diese ganzen Kontrollen bringen doch nichts. Viel zu
teuer und die ganz Schlimmen kriegt man damit sowieso
nicht. Man sollte Doping freigeben.“ Es entbrennt eine
hitzige Diskussion.
Situationsänderung 3
Nach einiger Zeit kommen die Bezeichnungen bestimm-
ter Substanzen ins Spiel: Einer behauptet: „Wenn ein
Sportler Asthma hat, muss er eben ein Spray nehmen,
auch wenn es auf der Liste steht. Und da viele Sportlerin-
nen und Sportler Asthma haben, kann das Zeug auch von
der Liste genommen werden.“
Situation 4
Eine bekannte Sportlerin gewinnt etwas unerwartet eine
Weltmeisterschaft. Im letzten Moment schien sie alle phy-
sischen und mentalen Kräfte zum Einsatz gebracht zu
haben. Überglücklich steht sie beim Interview. Die Frage
des Reporters lautet: „Wie erklären Sie Ihren Erfolg? Was
war denn da los?“
Situationsänderung 4
Plötzlich besinnt sich die Sportlerin auf die Wochen vor
dem Wettkampf. Einige Dinge haben sich für sie sehr
zum Positiven entwickelt (glückliche Beziehung, neue
Freundschaften, kranker Elternteil wieder gesund etc.)
Situation 5
Ein erfolgreicher jugendlicher Radrennsportler leidet un-
ter den Hänseleien seiner Mitschüler. Diese konfrontie-
ren ihn ständig mit der Beschuldigung, auch zu dopen wie
die berühmten Vorbilder.
Situationsänderung 5
In den Fächern Sport und Biologie wird das Thema Do-
ping behandelt. Der jugendliche Radrennsportler wählt
das Thema: … für sein Referat.
Aufgabe:Ergänze nach Möglichkeit diese Sammlung von Situati-
onen und Änderungen durch eigene Erfahrungen oder
Beispiele.
Deutlich wird, dass Regelabweichungen zu den alltäg-
lichen Dingen gehören. Die Frage ist nun, welche Un-
terschiede es zwischen dem alltäglichen Leben und dem
Sport gibt. Ist die Gesellschaft das Vorbild für den Sport,
weil alle Sportlerinnen und Sportler Kinder unserer Ge-
sellschaft sind? Oder sollte der Sport das Vorbild für ein
gesundes Leben und ein faires Miteinander im gesell-
schaftlichen Leben sein?
Aufgabe:Handeln von Jugendlichen im Sportverein wird oft
durch Vorbilder (z.B. ein herausragender(e) Sportler/-
in, ein erfolgreicher Trainer oder Trainerin) beeinflusst.
Was zeichnet in deinen Augen ein gutes Vorbild aus,
was ist dir bei Vorbildern wichtig?
37
VORBILDERVorbilder sind Leitfiguren, nach denen sich andere,
vor allem junge Menschen in ihrem Denken, Entschei-
den und Handeln richten. Vorbilder sind ein Ideal und
sollten nie kritiklos übernommen oder sogar „angebe-
tet“ werden. Vorbilder sind dann positiv zu bewerten,
wenn sie ihren Alltag sinnvoll bewältigen, sich für an-
dere einsetzen, sich z.B. für Gerechtigkeit und/oder
die Umwelt engagieren. Sie wecken das Interesse („So
will ich auch sein“). Echte Vorbilder wirken durch die
Art, wie sie leben. Ein vorbildlicher(e) Trainer/Trainer-
in führt dich zu Mündigkeit und kann loslassen!
38
Teil III „Sich entscheiden lernen: Wie kann ich selbst über mich bestimmen?“
3
39
Im Laufe seines Lebens muss jeder Mensch täglich Ent-
scheidungen treffen. In jungen Jahren fällen meist Eltern
die Entscheidung, z.B. ob du aufs Gymnasium, auf die
Realschule oder auf die Hauptschule gehen sollst, wie
lange du Fernsehen darfst oder in welchen Sportverein du
gehen sollst. So lange Kinder und Jugendliche noch nicht
erwachsen sind (d.h. noch nicht selbstständig Entschei-
dungen treffen und verantworten können), übernehmen
die Eltern auch die Verantwortung für deren Handeln.
Nach und nach sollten Kinder und Jugendliche dann aber
lernen, selbst Entscheidungen zu treffen, um damit auch
die Verantwortung für die Folgen zu übernehmen. Dies
gilt auch für die Frage, wie Jugendliche ihr Sporttreiben
gestalten und wie sie mit den Versuchungen von Medika-
mentenmissbrauchs und Dopings umgehen sollen.
Aus unseren Erfahrungen und Interviews wissen wir,
dass es typische Versuchungssituationen im Verlauf ei-
ner Leistungssportkarriere gibt. Auch du wirst mit hoher
Wahrscheinlichkeit in solche Situationen hineingeraten.
Wenn du darauf vorbereitet bist, hast du eine größere
Chance, dich sinnvoll zu entscheiden, als wenn du in ihr
versuchen wirst, schnell und ohne ausreichendes Über-
legen zu entscheiden. Denn meist wird es sich um eine
Situation handeln, in der du dich unter Druck fühlst und
verunsichert bist. Keine gute Voraussetzung für eine
sinnvolle Entscheidung!
Wir zeigen dir jetzt Möglichkeiten, wie du dich auf Ent-
scheidungen in Situationen der Versuchung vorbereiten
kannst. Bei deinen Überlegungen wirst du vor schwieri-
gen Entscheidungen stehen, da du oft zwischen gegen-
sätzlichen Möglichkeiten wählen musst (so genannte
Dilemmasituationen), wobei eine dir möglicherweise zu-
nächst kurzfristig erhebliche Vorteile, die andere zunächst
deutliche Nachteile, langfristig aber gesundheitliche und
moralische Vorteile bringen wird. Von dir als junger
Leistungssportlerin/als jungem Leistungssportler wird
verlangt, dass du für deine Handlungen verantwortlich
bist und auch an langfristige Wirkungen denkst. Nimm
folgendes Beispiel:
„Stell dir vor, du hast dich für den 100m-Endlauf bei Olympi-
schen Spielen qualifiziert. Deine Siegchance ist gering. Wenn du sie-
gen würdest, wären dir große Werbeverträge, Ruhm, Anerkennung
usw. sicher. In deiner Sportkarriere hast du noch nie gedopt. Nun
schlägt dir dein Trainer vor, dich mit einem nicht nachweisbaren
Mittel zu dopen – nur für diesen Wettkampf, später nie mehr.
Dann könntest du sicher sein, dass du gewinnen wirst.“
Dein Dilemma ist: du willst siegen, dein Umfeld bis hin zu
der Bevölkerung deines Landes will dies auch. Du kannst
aber nur gewinnen, wenn du gegen die Regeln verstößt
und betrügst. Du bist also zerrissen zwischen den Erwar-
tungen an dich und deinen eigenen Hoffnungen einer-
seits und den Werten und Regeln des Sports andererseits.
Wählst du Doping, dann sind dir zunächst wahrscheinlich
einmal Ruhm und Ehre gewiss, möglicherweise aber auch
Entdeckung des Betrugs wie beim Langlaufolympiasieger
Mühlegg bei den Olympischen Winterspielen 2002, der
auch davon ausging, ein nicht nachweisbares Doping-
mittel verwendet zu haben, oder auch Krankheit und im
Extremfall früher Tod. Ob sich Eltern, Freundinnen und
Freunde, Trainerinnen und Trainer u.a.m. nach dem Tod
ihres Sprösslings und Schutzbefohlenen noch über des-
sen vorhergehende Erfolge freuen können?
Je unvorbereiteter dich diese Situationen treffen werden,
desto größer ist die Gefahr, dass du eine Entscheidung
triffst, die du später bereuen könntest; desto größer ist
auch das Risiko, dass du ungünstige Einflüsterungen z.B.
aus der Werbung, deiner Freundesgruppe oder etwa ei-
nem unverantwortlichen Trainer zur Richtschnur deines
Handelns machst. Gefühle wie Freude, Glück ebenso wie
3.1 Im Dilemma zwischen Erfolgsorientierung – Werten und Regeln des Sports
40
Wut beeinträchtigen möglicherweise zudem das Den-
ken. Dann wirst du kaum in der Lage sein, gründlich zu
überlegen, was eigentlich deine Ziele sind, welche unter-
schiedlichen Handlungsmöglichkeiten dir zur Verfügung
stehen und welche Folgen sie nach sich ziehen, für diese
musst du aber die Verantwortung tragen! Deshalb ist es
gut, wenn du rechtzeitig vorher – ohne Handlungsdruck –
entspannt typische Situationen durchdenken kannst.
Auf jeden Fall ist klar: Egal wie du dich in Versu-
chungssituationen entscheidest, du trägst selbst die
Verantwortung für die Folgen; es dreht sich um dei-
ne Karriere und deine Zukunft!
41
Wir werden dir einige solcher Situationen schildern. Wie
du einen solchen Entscheidungsprozess sinnvoll bewäl-
tigen kannst, indem du unterschiedliche Argumente be-
rücksichtigst, zeigen wir dir an folgendem Beispiel:
Die nachfolgenden Empfehlungen und Fallbeschreibungen sind so
angelegt, dass du diese allein bearbeiten kannst. Wesentlich wert-
voller ist es allerdings, wenn du dich mit anderen zusammen tust
und mit ihnen die einzelnen Schritte – Ziele, Handlungsmöglich-
keiten und Handlungsfolgeerwartungen - diskutierst. Ihr seid die
Experten/-innen für das Handeln in solchen Situationen. Es wäre
verwunderlich, wenn ihr nicht auch alleine – ohne die Anwesenheit
von Erwachsenen – zu sinnvollen Entscheidungen finden würdet!
Stell dir vor, du bist der jugendliche Leistungssportler in
dem nachfolgend geschilderten Fall: Versuche dich mit
der Rolle zu identifizieren und dich voll und ganz in sei-
ne Situation hineinzuversetzen – du bist dieser Sportler!
Du bist Schüler der 10. Klasse. Du hast großes Talent und es
ist absehbar, dass du bald national und wahrscheinlich auch in-
ternational ganz vorne „dabei“ sein wirst. Da deine Sportart für
die Medien und Sponsoren sehr attraktiv ist, kannst du bei einer
weiteren guten Entwicklung damit rechnen, dass du bald einen zah-
lungskräftigen Sponsor finden wirst und dein Verein dich unterstüt-
zen wird; zudem wird dir die Deutsche Sporthilfe monatlich einen
Betrag bezahlen. Dein Trainer kommt auf dich zu und schlägt dir
vor, die Schule nach der Mittleren Reife abzubrechen, um dich auf
eine Karriere als Profi konzentrieren zu können.
Wie wirst du mit der Aufforderung deines Trainers um-
gehen? Zunächst ist die Idee für dich wohl faszinierend,
dich ganz auf das konzentrieren zu können, was dir
wahrscheinlich am meisten Spaß macht, auf deinen Leis-
tungssport. Möglicherweise bist du selbst während des
Unterrichts in der Schule ab und zu in Gedanken beim
letzten oder beim nächsten Wettkampf und träumst von
großen sportlichen Leistungen und Idolen: Einmal bei
Olympischen Spielen auf dem Treppchen zu stehen, das
wäre das Größte! Von daher wäre es verständlich, wenn
du das Angebot annehmen würdest.
Bedenke aber dabei, dass sich die Geschichte auch ganz
anders entwickeln könnte, nämlich nicht nur positiv. Hast
du z.B. schon von Sportlerinnen und Sportlern gehört,
bei denen die ausschließliche Konzentration auf ihren
Leistungssport gar nicht zu mehr Leistung/Erfolg ge-
führt hat und auch nicht dazu, dass sie sich wohler ge-
fühlt haben? Den ganzen Tag nur an den Sport und an
die nächsten Wettkämpfe denken? Du musst dich dann
zudem zwischen „zu viel“ und „zu wenig“ einordnen:
Trainierst du nicht ganz so viel, sodass Freizeit übrig •bleibt, entsteht nicht selten Langeweile, die sich nega-
tiv auf die Wettkampfergebnisse auswirkt.
3.2 Zum Umgang mit einer typischen Versuchungssituation
42
Trainierst du aber sehr viel, um die Zeit auszufüllen •und weil du (oder auch dein Trainer/deine Traine-
rin) der Meinung ist „viel hilft viel“, entstehen wahr-
scheinlich andere Probleme wie Übertraining, Schlaf-
probleme und bis hin zu erhöhter Suchtgefahr – auf
die Dosierung kommt es an!
VERSUCHUNGS-SITUATIONVersuchungs- und Krisensituationen sind meist Dilem-
masituationen, in denen oft nicht sofort erkennbar ist,
welche Entscheidung die sinnvollste ist. Am ehesten
kommst du beim Nachdenken in einer entspannten
Situation zu sinnvollen Lösungsmöglichkeiten, wenn
du das Problem mit verschiedenen Personen, denen
du vertraust, diskutierst und vor allem das Für und
Wider gegeneinander abwägst. Wenn du unter den
(wünschenswerten) Druck von Gegenargumenten ge-
rätst, wirst du deine Kompetenz zum Vertreten deiner
Position mobilisieren, deine Argumentationsfähigkeit
schärfen und dich in Zukunft leichter in die Gedanken-
führung von „Gegnern/Gegnerinnen“ beim Kampf der
Argumente hineinversetzen können!
Hast du schon mitbekommen, dass manchmal eine Kar-
riere wegen Verletzung oder Krankheit ganz abrupt en-
det? Was ist, wenn du bis dahin keinen optimalen Schul-
abschluss und keine Berufsausbildung hast? Bei manchen
kann dieser plötzliche Verlust der bisherigen Glücksge-
fühle sich Sucht fördernd und Depressionen auslösend
auswirken.
Früher wie heute haben viele Athletinnen und Athleten
demonstriert, dass man durchaus eine Spitzensportkarri-
ere und ein Studium oder eine Berufsausbildung gleich-
zeitig absolvieren kann. Vor allem: Wer zwei Standbeine
– Leistungssport und Schule/Studium/Beruf - hat,
fällt bei unerwarteten Misserfolgen, vor allem aber
bei einem plötzlichem Karriereende nicht in ein tie-
fes Loch. Er/sie hat eine Alternative und ist nicht
auf Medikamentenmissbrauch und Doping ange-
wiesen. Das macht ihn/sie mental stärker.
Ob du Schule, Studium oder Ausbildung gleichzeitig ab-
solvieren kannst, hängt primär davon ab, ob du das willst.
Beispiele dafür, dass es geht, sind der frühere Weltrekord-
ler und Olympiasieger im Schwimmen Michael Groß, die
Doppelolympiasiegerin im Rudern, Meike Evers, das Hür-
denlaufidol Dr. Harald Schmid, die Hochsprung olympia-
siegerin Heike Henkel, oder der langjährige leitende
Mannschaftsarzt der Leichtathletik national mann schaft,
Dr. Helmut Schreiber. Letzterer hat neben seinem Leis-
tungssport (Weltspitze im Speerwerfen) gleichzeitig zwei
anspruchsvolle Studiengänge (Medizin und Psychologie)
absolviert. Als er sich nach seinem Studienabschluss ganz
auf das Speerwerfen konzentrieren konnte, erreichte er
nicht mehr die vorhergehenden Leistungen, obwohl er
noch im besten Werferalter und nicht verletzt war. Zu den
Zeiten der genannten Sportlerinnen und Sportler gab es
weder Karriereberatung durch Laufbahnberater/-innen
noch unterstützende Maßnahmen wie finanzierte Nach-
hilfestunden, angepasste Stundenpläne u.a.m. Trotzdem
haben die genannten Sportlerinnen und Sportler an-
spruchsvolle berufliche Herausforderungen gemeistert.
Noch bevor solche Vorschläge (z.B. Schulabbruch zu-
gunsten einer Konzentration auf den Leistungssport)
kommen, solltest du ab und zu überlegen, welche Ziele
du mit deinem Leistungssport verfolgst, aber auch, wel-
che Ziele du für dein künftiges Leben hast. Nicht bei
jedem fallen die Antworten auf solche Fragen gleich aus.
In dieser Situation sind die Laufbahnberater/-innen an
den Olympia-Stützpunkten hilfreiche Ansprechpartner/
-innen. Im geschilderten Fall könnte die Vielfalt, aber
auch Unterschiedlichkeit der Möglichkeiten etwa so aus-
sehen:
43
Ziele:
1) Für den einen großen Erfolg bin ich bereit, alles zu
opfern.
2) Ich möchte im Leistungssport möglichst weit
kommen. Dafür müssen eben Schule und
berufliche Zukunft einige Zeit zurückstehen.
3) Ich möchte ein gutes Verhältnis mit meinem
Trainer/meiner Trainerin haben und vor allem
ihn/sie nicht verärgern.
4) Ich möchte in späteren Jahren einen schönen
Beruf haben, der nicht unbedingt mit Sport zu tun
haben muss.
5) Ich will das Abitur machen und studieren.
6) Ich will nach dem Ende meiner Leistungssport-
karriere nicht mit leeren Händen dastehen.
Aufgabe:Welche anderen Ziele sind dir noch wichtig?
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Mit einiger Wahrscheinlichkeit wirst du nicht alle deine
Ziele gleichzeitig optimal verwirklichen können. Bei den
Zielen 1 - 3 handelt es sich um kurzfristige Ziele, bei den
Zielen 4 – 6 um langfristige; neben kurzfristigen solltest
du auch langfristige Ziele in deine Überlegungen einbe-
ziehen. In deinem Alter ist die Versuchung groß, sich aus-
schließlich für kurzfristige Ziele zu entscheiden, so nach
dem Motto „Hauptsache, heute geht es mir gut“ oder
„was kümmert es mich, wie es mir in 30 Jahren geht“. Be-
sonders krass ist diese Einstellung bei Rauchern/-innen,
Alkohol- und Drogenabhängigen zu sehen.
Erwachsen werden heißt, unabhängig und mündig zu
werden, d.h. sich selbstständig zu entscheiden und Ver-
antwortung für die daraus entstehenden Folgen zu über-
nehmen. Wenn du dich eindeutig für die Ziele 1 – 3 ent-
schieden hast, würdest du den bequemen Weg vorziehen;
deine Wahl fiele gegen das Erwachsen werden und wahr-
scheinlich gegen deine Zukunft aus – richtig bewerten
wirst du das erst später können, in der Rückschau. Wenn
du auch die Ziele 4 – 6 berücksichtigen willst, kommst du
in einen inneren Konflikt, da du nicht alle Ziele gleich-
zeitig (kurzfristig – langfristig, Erfolg im Leistungs-
sport – Erfolg in der Schule/Ausbildung) erreichen
kannst. Deshalb musst du deine Ziele gewichten: Welche
Ziele sind für dich die wichtigsten, welche sind nicht ganz
so wichtig? Und: Welche Ziele sind im Verletzungs- und
Krankheitsfall gar nicht zu erreichen?
Stufen der Moralentwicklung nach Kohlberg1
Niveau I Reagieren – Belohnung/Strafe (Stadium
der Unmündigkeit/völligen Abhängigkeit)
Stufe 1: Vermeidung von Bestrafung (was verboten
ist, soll ich nicht tun – breche keine Regeln)
Stufe 2: Individualismus (ich mache, was belohnt
wird - ich befolge Regeln, weil sie
vorgeschrieben sind)
Niveau II konformes Verhalten
Stufe 3: Moral des guten Kindes (wichtig ist mir
Anerkennung und eine gute Beziehung –
erfülle, was andere Menschen von dir
erwarten)
Stufe 4: Beachtung gesellschaftlich und sportlicher
Regeln (Gesetze müssen befolgt werden,
also auch die Dopingregeln)
1 nach Günther Gugel: Werte vermitteln, Tübingen 2010 S. 25 und
61, nach Kohlberg u.a.: Die Psychologie der Moralentwicklung, 2. Auf-
lage, Frankfurt/M. 1997
44
Niveau III Agieren auf der Grundlage von
Prinzipien – auf dem Weg zur
Mündigkeit
Stufe 5: Beachtung demokratisch anerkannter
Gesetze, diese sind zum Wohl aller da
(im Sportverein/Verband/Gesellschaft
habe ich Rechte und Pflichten)
Stufe 6: Individuelle (Gewissen) und allgemein
gültige Prinzipien (Ethik) (ich halte mich
an Prinzipien, die Gesetzen und sozialen
Übereinkünften zugrunde liegen, z.B.
Fair Play)
Kein Mensch ist in der Lage, sich bei seinem Handeln im-
mer auf der Stufe 6 zu bewegen. Es gibt Situationen (z.B.
bei Militär, in Mannschaftssportarten), wo in der Situati-
on selbst die Umsetzung von Vorgaben ohne Diskussion
notwendig ist. Trotzdem darf auch in solchen Situationen
die Bindung an das eigene Gewissen nicht völlig unter-
drückt werden (z.B. Aufforderung zum Verstoß gegen die
Menschenrechte). Ziel muss auf jeden Fall sein, sich auf
den Weg zur Mündigkeit hin zu begeben.
Aufgabe:Wie gehen Menschen im Leistungssport mit dir um?
Lassen sie dir Möglichkeiten, selbständig Erfahrungen
zu machen und Dinge selbständig zu entscheiden oder
wirst du mit dem Ziel „Erfolg“ abgerichtet? Überlege
bitte, auf welchen der angegebenen Stufen sich dein
Verhalten und deine Kontakte in Sportverein und
Sportverband abspielen! Und: Was zeichnet deiner
Meinung nach ein Vorbild aus?
Zum auf Seite 41 beschriebenen Fall solltest du neben
den Zielen überlegen, welche unterschiedlichen Möglich-
keiten zu handeln (Handlungsmöglichkeiten) dir kurz-
fristig (beim Gespräch mit dem Trainer/der Trainerin)
und längerfristig zur Verfügung stehen. Zunächst einige
mögliche Sofortreaktionen:
Handlungsmöglichkeiten
a) Ich stimme sofort begeistert zu.
b) Ich höre interessiert zu und erkundige mich nach
Details.
c) Ich informiere meine Eltern und bitte sie um ihren
Rat.
d) Ich gehe zum/zur Laufbahnberater/-in des nächst-
gelegenen Olympiastützpunkts und lasse mich
beraten.
e) Ich lehne den Vorschlag des Trainers/der Trainerin
ab.
Aufgabe:Es gibt mit Sicherheit noch andere Handlungsmöglich-
keiten; fallen dir noch welche ein?
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Aufgabe:Wie sind die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten
einzuschätzen? Überlege, welche Folgen sich ergeben
können, wenn du die entsprechende Handlungsmög-
lichkeit umsetzten wirst (Handlungs-Folge-Erwar-
tungen)!
a) Ich stimme sofort begeistert zu: Eine solche Reak-
tion wäre verständlich. Aber wird dir eine solche völ-
lige Konzentration auf den Leistungssport überhaupt
gut tut? Das ganze Jahr über nur Sport, Tag für Tag,
Tag und Nacht nur mit Sport beschäftigt sein? Ein
paar Wochen lang ist das sicherlich schön, aber dann?
Und was machst du, wenn sich deine Leistungsfähig-
keit nicht wie erwartet entwickelt?
45
b) Ich höre interessiert zu und erkundige mich nach
Details: Sich umfassend zu informieren, ist nie ver-
kehrt. Vor allem solltest du nachfragen, ob es sich bei
den Aussagen zur finanziellen Absicherung lediglich
um Wunschträume des Trainers/der Trainerin han-
delt oder ob eine längerfristige Sicherheit damit ver-
bunden ist. Welche konkreten Zusagen gibt es dafür
und wie lange gelten sie? Gelten die Versprechungen
auch, wenn du mal längere Zeit verletzt oder krank
sein solltest? Und wie sieht es bei einem Karriereab-
bruch aus?
c) Ich informiere meine Eltern und bitte sie um ih-
ren Rat: Sicher könnte es passieren, dass deine Eltern
zu ängstlich auf ein solches Angebot reagieren und
sich sofort ablehnend äußern, zumal wenn sie sich
selbst nicht sonderlich für Sport interessieren. Ihnen
liegt aber mit Sicherheit dein Wohl und deine Zukunft
sehr am Herzen, sie sind deine besten Gesprächspart-
ner. Je mehr Meinungen du erfährst (deines Trainers/
deiner Trainerin, deiner Eltern, deiner Freunde und
Freundinnen sowie deiner Lehrer/Lehrerinnen), des-
to besser kannst du abwägen und dich entscheiden.
Es handelt sich um deine Zukunft, du musst die Fol-
gen deiner Entscheidung verantworten, deshalb lass‘
dir Zeit!
d) Ich gehe zum Laufbahnberater/zur Lauf-
bahnberaterin des nächstgelegenen Olym-
piastützpunkts und lasse mich beraten: Der
oder die Laufbahnberater/-in ist ein wichtiger
Ansprechpartner/-in. Seine/Ihre Aufgabe besteht
darin, dafür zu sorgen, dass junge Athletinnen und
Athleten nach Möglichkeit Schule oder berufliche
Ausbildung und Leistungssport unter einen Hut
bekommen. Er/Sie kann dir wahrscheinlich auch
Ratschläge geben, an welcher Schule du am besten
Unterstützung für die Kombination von Schule und
Leistungssport findest. Wichtige Ansprechpartner
könnten aber auch deine Sportlehrer/-innen sein.
e) Ich lehne den Vorschlag des Trainers/der Trai-
nerin ab, da ich das Abitur machen will: Es ist
wohl sinnvoller, nicht gleich ablehnend zu reagieren,
sondern dem Trainer oder der Trainerin einige Fragen
zu stellen – vielleicht hat er/sie ja eine Idee, wie du
Leistungssport und Schule/Ausbildung miteinander
vereinbaren kannst.
Zusätzlich solltest du überlegen, ob die jeweilige Hand-
lungsmöglichkeit (z.B. Ablehnen des Trainervorschlags)
zu deinen Zielen passt (z.B. Meisterschaft). Zum Beispiel
könnte eine völlig ablehnende Reaktion dem Trainer/der
Trainerin gegenüber zur Folge haben, dass er/sie nicht
mehr mit dir zusammenarbeiten will. Oder die Antwor-
ten des Trainers/der Trainerin könnten so vage sein,
dass deine Zukunft in keiner Weise gesichert ist. Oder
du erkennst, dass er/sie nur an deinen Leistungen, nicht
aber an dir als Mensch und deiner Zukunft interessiert
ist.
Menschen brauchen Ziele: Wo willst du in 10, 20 oder 30 Jah-
ren stehen? Dir stehen umso mehr Zukunfts- und Entscheidungs-
möglichkeiten offen, je breiter deine Basis ist! Wie groß sind deine
Chancen, zu den wenigen zu gehören, die später von ihrem Spitzen-
sport sowohl während als auch nach der Leistungssportkarriere le-
ben können? Wenn du keine ausreichende Schulbildung hast, dann
ist deine Zukunft unsicher. Zwar gibt es auch Berufe im Sport,
aber auch hier wird zunehmend eine bessere Ausbildung verlangt,
z.B. ein Studium oder eine intensive Ausbildung. Wenn du dich
nur für den Sport entscheidest, handelst du wie ein Aktionär, der
spekuliert, aber in keiner Weise sicher vorhersagen kann, was die
Zukunft bringt. Was gibt dir die Sicherheit, dass du zu den wenigen
gehören wirst, dessen Aktien erfolgreich sein werden?
In Anbetracht der Ungewissheit
der Zukunft im Sport wäre ein
Kompromiss zwischen kurzfris-
tigen und langfristigen Zielen,
zwischen Schule/Ausbildung und
Leistungssport angebracht. Wenn
du dir über deine Ziele im Klaren
bist, suchst du dir eine Hand-
lung oder eine Kombination von
Handlungen aus, die dazu passen.
Z.B.: du musst dich nicht sofort
entscheiden; du kannst zunächst
einmal deinem Trainer einige
Fragen stellen, dich dann mit
dem Laufbahnberater und deinen
Eltern darüber unterhalten und
46
zusammen mit deinen Eltern eine Entscheidung fällen.
Du kannst deine Schulzeit und dein Studium zugunsten
des Leistungssports strecken, d.h. z.B. statt in 12 oder
13 Jahren erst nach 14 Jahren Abitur machen. Oder die
Lehre erst nach vier Jahren abschließen. Wer ein sicheres
Standbein (Ausbildung) hat, steht auch auf dem zweiten
Bein (Leistungssport) besser. Vielen tut diese Zweiglei-
sigkeit gut, wie dir die auf Seite 42 geschilderten Beispie-
le von Weltklasseathleten/-innen gezeigt haben.
Aufgabe:Ab und zu, in einem ruhigen Moment und in einer
entspannten Situation solltest du dir durchaus auch
einmal Gedanken zu folgenden Fragen zu deinen
langfristigen Zielen machen:
Was ist dir wichtig, um ein glückliches Leben zu •führen? Unterscheide nach kurzfristig erreichbaren
Zielen und überdauernden Werten, die dein ganzes
Leben betreffen können.
Welchen Zeitaufwand hältst du a) für erforderlich •b) maximal für vertretbar c) minimal für notwendig
um deine sportlichen Ziele/Vorgaben zu erreichen?
Welchen Sinn hat der Spruch: „In der Beschrän-
kung zeigt sich der Meister“?
Beantworte diese Frage, falls du Nahrungsergän- •zungsmittel oder Schmerzmittel konsumierst, erst
recht, wenn du verbotene Mittel anwendest - was
sind deine Ideale/Werte für den Sport?
Wozu führt der Anspruch, seine Leistung fortwäh- •rend zu steigern und diese ausschließlich mit Mess-
daten zu erfassen und mit den Leistungen anderer
Sportler/-innen zu vergleichen?!
ZitatMats Wilander (einer der weltbesten Tennisspieler der 80er
Jahre) berichtet, dass ehrgeizige Eltern und Trainer seinen
Sport zu einem menschenverachtenden Geschäftsmodell ernied-
rigt hätten (…): „Es ist mir schon öfter passiert, dass ich Eltern
gefragt habe: ‚Warum spielt Ihr Sohn kein Tennis mehr? Und
die Eltern antworteten: ‚Ach, das hat keinen Sinn, das führt zu
nichts.’ Verzeihung, aber Tennis ist ein Sport, Sport soll Spaß
machen. Ich kann diese russischen Tennismaschinen nicht mehr
ertragen, besser gesagt: die Nick-Bolletieri-Tennis-Akademie-
Maschinen. Was passiert mit den Kids, die von ihren Eltern
da reingesteckt werden? Zwei von 50 haben eine Chance, Profi
zu werden. Was ist mit dem Rest? Der bekommt von den El-
tern suggeriert: Du hast es nicht geschafft! Diese Kinder haben
keinen Traum mehr, weil sie von nichts mehr anderem träumen
durften als von Tennis. Und die, die es schaffen, werden immer
langweiliger, weil sie keine Leidenschaft vermitteln. Aber das ist
nicht ihr Fehler, das liegt an dem Apparat, der sie kreiert hat.
Und das killt unseren Sport.“
ZitatJournalist Wolfgang Brück (Rhein-Neckar-Zeitung): „Vor
kurzem hat in Schalke Julian Draxler kurz vor dem Abitur
die Schule geschmissen – auf Anraten des Trainers Felix Ma-
gath.“
Bernhard Peters (Verantwortlicher für Jugendarbeit bei
1899 Hoffenheim, früherer Hockey-Nationaltrainer): „Grund-
sätzlich ist eine solche Maßnahme absolut unverantwortlich.
Wir haben eine hohe soziale Verantwortung. Auf dem Weg
nach oben kann viel passieren. Verletzungen, Krankheiten, der
falsche Trainer, eine ungünstige Entwicklung. Aber selbst wenn
alles gut geht, nur ein Drittel der Profis hat nach der Karriere
ausgesorgt. Es geht aber nicht nur um das Finanzielle, sondern
dass ein junger Mensch die Grundlagen erhält, um nach dem
Fußball einen guten Beruf auszuüben und ein zufriedenes Le-
ben zu führen“ (Rhein-Neckar-Zeitung,17.2.2011).
47
Wir werden dir nun einige weitere Fälle schildern mit
Situationen, die du als Leistungssportler/-in mit einiger
Wahrscheinlichkeit erleben wirst. Wenn du dich schon
jetzt intensiv mit solchen typischen Situationen ausein-
andersetzt, dann sind deine Chancen besser, richtig zu
entscheiden.
Aufgabe:Überlege zu jedem Fall deine Ziele, deine Handlungs-
möglichkeiten und die Konsequenzen, die eine
Handlung mit sich bringt. Erarbeite dir dann eine gut
überlegte Entscheidung. Bei jedem Fall führen wir vier
Handlungsmöglichkeiten auf; du findest mit Sicherheit
aber auch noch weitere! Wichtig bei der Vorgehenswei-
se ist: Du bist dieser Athlet oder diese Athletin! Es
geht um deine Entscheidung! Versuche auch, jede
geschilderte Versuchungs-Situation einem Oberbegriff
zuzuordnen (z.B. Verletzung, Vereinswechsel).
1. Du gehst in ein Fitnessstudio. Der Trainer hat genau
die Figur, die du dir erarbeiten willst; da er zudem
bei Bodybuilding-Wettkämpfen erhebliche Erfolge
erzielt, wird er bald zu deinem Vorbild. Das Erarbei-
ten deiner Traumfigur geht langsamer, als du dir das
vorher vorgestellt hast. Eines Abends hast du die Ge-
legenheit, dich mit deinem Trainer über Krafttraining
und u.a. auch über gesunde Ernährung zu unterhal-
ten. Du erklärst ihm, dass du mit deinen langsamen
Fortschritten nicht zufrieden bist. Da greift dieser in
seine Trainingstasche und sagt: „Hier, schluck mal
zwei dieser Tabletten zwei Stunden vor dem Training
und du wirst länger und intensiver trainieren können.
Es wird keine Nebenwirkungen geben, wenn du dich
an die Dosierung hältst. Das mit den Nebenwirkun-
gen ist sowieso nur Mist, da werden nur Märchen er-
zählt. Ich selbst habe auch noch nie gesundheitliche
Probleme gehabt!“
a) Mein Trainer ist mein Idol. Was er sagt, mache
ich.
b) Ich informiere mich, wo ich solche Pillen kaufen
kann und was sie kosten.
c) Ich bin entsetzt und gehe dem Trainer in
Zukunft aus dem Weg.
d) Ich bin schockiert und gehe zur Polizei.
e) Ich sage ihm, dass ich nichts davon halte und
sportlichen Erfolg durch Doping ablehne.
2. Vor ein paar Tagen hast du bei deinem Freund Ziga-
retten ge sucht und dabei eine Box mit Anabolika,
Spritzen und Ampullen gefunden. Du bist total
verzweifelt. Dein Freund macht seit drei Jahren Bo-
dybuilding und du hast nie gedacht, dass er zu Ana-
bolika greifen könnte.
a) Ich ignoriere den Vorfall.
b) Ich freue mich darüber, dass mein Freund immer
muskulöser und männlicher wird.
c) Ich möchte mit meinem Freund darüber sprechen
und ihn nach den möglichen Nebenwirkungen
fragen.
d) Ich trenne mich von meinem Freund, weil ich
kein Vertrauen mehr in ihn habe. Wer so eine
wichtige Sache verheimlicht, ist auch in anderen
Dingen nicht offen.
3.3 Typische Versuchungssituationen
48
3. Du wirst erstmals zu einem Kaderlehrgang eingela-
den. Im Vorbeigehen sagt dir der Bundestrainer un-
ter vier Augen, dass du deine Ernährung verändern
musst, wenn du auch weiterhin eingeladen werden
willst. Ohne diese Veränderung hättest du keine
Chance, bis zu absoluten Spitze vorzustoßen. Als du
ihn um Rat bittest, was du da machen könntest, nennt
er dir Mittel, von denen du weißt, dass sie verboten
sind.
a) Ich frage den Trainer, wo ich mir diese Mittel
besorgen kann.
b) Ich bitte den Trainer um Verständnis dafür, dass
ich mich für solche Mittel noch zu jung fühle.
c) Ich sage dem Trainer, das Thema sei doch sicher-
lich für die ganze Trainingsgruppe interessant
und er solle das Thema doch mit allen zusammen
besprechen.
d) Ich informiere meine Eltern, dass der Trainer
mich zur Einnahme verbotener Mittel auffordert.
4. Du bist begeisterter Radsportler. Mit der Zeit merkst
du, dass deine Trainingskameraden anscheinend et-
was mehr machen als du. Du fragst nach und erfährst,
dass sie „unterstützende Mittel“ nehmen, d.h. dass
sie sich dopen. Während verschiedener Rennen wirst
du von anderen Fahrern angesprochen, ob du auch
schon was nimmst und erhältst ganz konkrete Tipps,
was du nehmen und von welchem Arzt du dich be-
treuen lassen könntest.
a) Ich bitte die anderen Sportler um genaue
Angaben zu den Mitteln und Ärzten.
b) Ich befrage ältere Fahrer zu Vor- und Nachteilen
bzw. nach Risiken.
c) Ich ignoriere die Ratschläge und nehme weiter
an Wettkämpfen teil, auch wenn mir das
I-Tüpfelchen an Erfolg dadurch entgehen sollte.
d) Ich informiere den Vereinsvorstand, den Verband
und meine Eltern, was mir da angeboten wird.
5. Eine Woche vor einer internationalen Meisterschaft,
für die du dich nach langem, hartem Training qua-
lifiziert hast, holst du dir eine schwere Verletzung
und kannst die Chance nicht wahrnehmen. Andere,
weniger talentierte Athletinnen steigern während dei-
ner Verletzung ihre Leistung und ziehen in den nach-
folgenden Wochen und Monaten an dir vorbei. Da
erfährst du zum einen, dass manche von ihnen sich
dopen und zum anderen, dass es eine Ärztin gibt, die
mit Hilfe verbotener Mittel deine Verletzungszeit er-
heblich abkürzen könnte.
a) Ich gehe zu der entsprechenden Ärztin und lasse
mich beraten.
b) Ich frage meine Trainerin um Rat.
c) Ich gehe zur Ärztin meines Vertrauens und lasse
mich von ihr beraten.
d) Ich bespreche das Problem mit meinen Eltern.
6. Du weißt, dass du dich in einem leistungsstarken
Verein besonders gut weiterentwickeln kannst. Zum
Glück gibt es nicht allzu weit von deinem Heimat-
ort einen solchen Verein, mit sehr guten Trainerinnen
und Trainern, hervorragenden Trainingsstätten und
finanzkräftig ist dieser Verein zudem. Du kannst dort
eine ansehnliche monatliche Zuwendung erhalten.
Du schließt dich also einer dortigen Trainingsgruppe
an. Nach kurzer Zeit merkst du, dass sich die Mehr-
zahl der Athleten und Athletinnen dopen und dies
der Trainer auch dringend empfiehlt.
a) Mir ist es am wichtigsten, zu einer Gruppe dazu
zu gehören. Deshalb mache ich alles wie alle
anderen, im Zweifelsfall auch dopen.
b) Ich bleibe in dem Verein, gebe mich aber mit
dem zufrieden, was ich mit natürlichen Mitteln
erreichen kann.
c) Ich wechsele den Verein.
d) Ich informiere den Verband und meine Eltern
über die „Arbeitsweise“ in diesem Verein.
49
7. Deine Trainerin informiert dich und deine Mann-
schaftskameraden, es gebe ein neues Mittel, das ga-
rantiert unschädlich sei und in einer Dopingkontrolle
nicht nachgewiesen werden könne. Ihr solltet es ein-
fach mal ausprobieren und euch von der Wirkung
überzeugen.
a) Ich befolge den Rat der Trainerin.
b) Ich bespreche das Thema mit den Mannschafts-
kameradinnen.
c) Ich frage bei der NADA (www.nada-bonn.de,
Telefon 0228-8129200) und bei den nationalen
Kontrolllaboren (www.dopinginfo.de) nach, was
von der Empfehlung zu halten ist.
d) Ich sage der Trainerin, dass es nicht zu ihrer
Aufgabe gehört, mich zur Verwendung von
Dopingmitteln zu überreden. Denn das ist
Betrug und schadet der Gesundheit.
Für die Leichtathletik haben wir folgende Versuchungs-
und Krisensituationen als besonders relevant herausge-
funden:
Wechsel von einem kleinen, weniger leistungsorien- •tierten Verein zu einem größeren sehr leistungsorien-
tierten,
der erste größere Misserfolg, die erste bedeutende •Verletzung, die dich in deinen Karrierehoffnungen
zurückwerfen,
Einflüsterungen („das musst du unbedingt mal aus- •probieren“),
Gescheiterte Hoffnungen/Erwartungen (z.B. Quali- •fikation zu einer Meisterschaft, Nominierung für eine
Auswahlmannschaft),
Angst vor dem altersbedingten Rückgang der Leis- •tungsfähigkeit,
Angst vor dem Karriereende (Verlust des bisherigen •sozialen Umfelds, drohendes Ausbleiben der bisheri-
gen Glücksgefühle durch Erfolg und öffentliche Auf-
merksamkeit),
Depressive Grundstimmung nach dem Karriereende •(Ausbleiben der Glücksgefühle, Angst vor Bedeu-
tungslosigkeit), manchmal sogar nach großen Erfol-
gen („post olympic depression“).
Aufgabe:Versuche dir vorzustellen oder frage bei erfahrenen
Menschen in deiner Sportart nach, ob es entsprechen-
de Situationen gibt! Gibt es dort weitere Versuchungs-
situationen?
„Das scheinbar Unmögliche wird dann möglich,
wenn jeder ein bisschen mehr tut, als er tun muss!“
(Herrmann Gemeiner)
VERANTWORTUNGFür deine Entscheidungen und dein Handeln bist du
selbst verantwortlich. Verantwortung kann man nicht
lernen wie das kleine Einmaleins oder eine Technik
im Sport. Verantwortung setzt Wissen voraus. Verant-
wortungsbewusstsein kann sich entwickeln, wo Pro-
bleme aktiv angegangen und nicht verdrängt werden.
Zu lernen, wie man argumentiert und selbständige
Entscheidungen trifft, ist Teil des aktiven Umgangs
mit Problemen.
Du bist nicht verantwortlich dafür, wie sich die Do-
pingproblematik entwickelt hat. Du bist als Leistungs-
sportlerin oder Leistungssportler aber mitverantwort-
lich dafür, wie sich der Leistungssport weiterentwickeln
wird. Verantwortung und Mut zeigt, wer nicht einfach
mit der Masse mitschwimmt und schweigt, wenn sie/
er Betrug im Sport feststellt. Verantwortung und Mut
zeigst du auch, wenn du für Wahrheit und Transparenz
eintrittst und nicht zustimmst, wenn die Wahrheit ver-
drängt oder vertuscht werden soll.
50
Du erhältst in der Folge die Möglichkeit, dich selbststän-
dig mit gegensätzlichen Aussagen von Trainern/-innen,
Funktionsträger/-innen, Ärzte/-innen u.a.m. auseinan-
der zu setzen. Du kannst überprüfen, wie weit du deine
Argumentations- und Entscheidungsfähigkeit entwickelt
hast. Wenn du nicht sicher bist, wie du auf die nachfol-
genden Meinungsäußerungen reagieren sollst, kannst du
versuchen:
deine Wissensbasis zu erweitern, •
die gegensätzlichen Ansichten mit Freunden und •Freundinnen oder anderen Personen aus deinem Um-
feld zu diskutieren.
Bei den nachfolgenden Zitaten sind auch sehr problema-
tische Meinungen wiedergegeben. Wenn du diese Bro-
schüre durchgearbeitet hast, trauen wir dir zu, diese zu
erkennen und richtig einzuordnen.
3.4.1 Medikamentenmissbrauch
undDoping–einProblem?
Marie-George Buffet (bis 2002 französische Sportmi-
nisterin): „Doping ist mehr als Betrug, Doping verkehrt
den Sinn und die Werte des Sports ins Gegenteil, und das
zu einem Zeitpunkt, an dem vom Sport erwartet werden
könnte, dass er Halt gibt, für Zusammengehörigkeit und
Solidarität sorgt.“ (Le Monde, 04.08.1998)
Manfred von Richthofen (DSB-Präsident von 1994 bis
2006): „Eine Sperre soll für den überführten Sünder zwar
eine gerechte, aber auch dramatische Wirkung haben. Da-
für sind zwei Jahre noch zu wenig. (...) Bei der Klagefreu-
digkeit der Ertappten setzen sich die Verbände mit jeder
Sperre einem kaum kalkulierbaren Prozessrisiko aus. Das
macht die konsequente Doping-Bekämpfung nicht leich-
ter.“ (Netzeitung, 10.02.2003)
Bernhard Segesser (Dr., führender Schweizer Sport-
mediziner, Rennbahn-Klinik Basel): „Eine Spitzenleis-
tung wird heute nicht mehr nur mit Pudding und gutem
Willen erzielt, deswegen aber noch lange nicht speziell
durch Manipulation. Eine Höchstleistung zum richtigen
Zeitpunkt braucht heute Planung – nicht zuletzt auch im
medizinischen Bereich.“ (Segesser 1985, 127 f.)
Udo Beyer und Ulf Timmermann (ehemalige Weltklas-
sekugelstoßer der DDR): „Topleistungen wurden auch
damals nicht mit Pfefferminztee gemacht. Wir haben,
wie die Konkurrenz auch, die bestehenden Freiräume ri-
goros ausgenutzt. (...) Ich habe einige Sachen genommen,
die damals nicht auf der Dopingliste standen, aber heute
verboten sind“ (Berliner Morgenpost, 31.01.93). (Aus-
zug aus zwei Zitaten der beiden Sportler - Anmerkung
der Verfasser dieser Broschüre: Die Aussage ist übrigens
falsch, weil Anabolika seit 1970 auf der Verbotsliste des
Internationalen Leichtathletik-Verbands standen.)
3.4 Argumentieren und Entscheiden
51
Laurent Dufaux, (Mitglied des Festina-Skandal-Teams
bei der Tour de France 1998), Interviewfrage an ihn:
„Fühlen Sie sich als Betrüger?“ Dufaux: „Ich denke, ich
übe meinen Beruf so gut wie möglich aus. Der Hämato-
kritgrenzwert (Anmerkung der Verfasser dieser Broschü-
re: der Anteil von Blutzellen an der Gesamtblutmenge)
liegt bei 50? Also tun wir alles, um drunter zu bleiben.
Ich betrachte das als erlaubtes Doping.“ (L’Equipe,
28.07.1998)
Tony Rominger (Schweizer Ex-Radprofi, Co-Kommen-
tator bei Eurosport) auf die Frage nach seiner eigenen
Dopingvergangenheit: „Oho, darüber gebe ich keine
Auskunft. Ich bin 12 Jahre lang Rennvelo gefahren, ich
habe in 12 Jahren rund 300 Dopingtests gemacht – und
bin nie positiv gewesen. In diesem Sinne habe ich nie ver-
botene Substanzen zu mir genommen und meine Karrie-
re ist ohnehin vorbei.“
Ommo Grupe (Prof. Dr., langjähriger Antidopingbe-
auftragter und DSB-Vizepräsident, Tübingen): „Wer
demnach für die Lockerung oder Freigabe pharmazeu-
tischer Mittel plädiert, sägt an dem Ast, auf dem der
Leistungssport und auf dem auch viele Aktive sitzen
oder sitzen wollen. Damit schadet er direkt und indirekt
dem Selbsterhaltungsinteresse des Leistungssports und
den Eigeninteressen der Sportlerinnen und Sportler.“
(Grupe, 2000, 254)
Ettore Torri (Anti-Doping-Staatsanwalt des Italieni-
schen Olympischen Komitees, CONI) über die Er-
folgsaussichten im Kampf gegen die verbotenen leis-
tungsfördernden Substanzen: „Alle Radprofis, die ich
vernommen habe, haben es mir bestätigt: Alle Radfahrer
nehmen verbotene Substanzen ein. Die spanische Öf-
fentlichkeit sieht den Skandal um ihren Sporthelden an-
ders. ’Wir haben allen Grund, auf die Leistungen unserer
Sportler stolz zu sein’, schrieb das Sportblatt ’’Marca“.“
(www.nachrichten.at/Sport/art929,478860, 7.10.2010)
Fritz Sörgel (Prof. Dr., Medizinprofessor Universität
Erlangen): „Es gibt ja eine Bemerkung des italienischen
Anti-Doping-Chefs, der gesagt hat, dass alle Radfahrer
dopen. Das ist, denke ich, eine Bemerkung, die aus Frus-
tration heraus erfolgt ist, aber im Kern hat er natürlich
schon recht. Der Radsport ist durchseucht und die an-
deren Sportarten, gerade im Hochleistungsbereich, auch.
Welche Mittel angewendet werden, das wird immer kom-
plexer. Ich denke, dass wir sehr viel an Kombinationen
von Stoffen sehen: Anabolika, Epo in Mikrodosierungen.“
(http://www.pnp.de/sport/artikel.php?cid=29-
29844020&Ressort=sp&BNR=0, 2010)
Franz-Josef Kemper (Dr., ehemaliger Leiter der
Abteilung Sport und Ehrenamt im rheinland-pfälzi-
schen Innenministerium und Mitglied der Arbeits-
gruppe Prävention der NADA, Olympiavierter 1972
über 800 Meter): „Was nützen alle Festtagsreden im
Anti-Doping-Kampf, wenn man nicht bereit ist, gra-
vierende Änderungen am System vorzunehmen. (…)
Wenn wir das gesellschaftliche Ziel eines sauberen und
fairen Sports formulieren, dann müssen wir alle - Sport,
Medien und die Geld gebende Wirtschaft - noch ein-
mal unsere Grundsatzposition gründlich überdenken.“
Das komplette Statement findest du unter:
(http://www.dosb.de/de/leistungssport/anti-
doping/news/detail/news/dopingbekaempfung _
als_gesellschaftspolitische_aufgabe, 20.10.2010)
3.4.2Stimmenfürundgegen
dieReduktionderDopingliste
Juan Antonio Samaranch (ehemaliger IOC-Präsident):
„Ich bin für eine drastische Reduktion der Liste der ver-
botenen Mittel (…) Alles, was der Gesundheit nicht scha-
det, kann nicht als Doping angesehen werden.“ (1998)
Werner Franke (Prof. Dr., Heidelberger Krebsforscher
und Anti-Doping-Experte): „Eine Trennlinie zwischen
leistungsfördernden und gesundheitsgefährdenden Mit-
teln ist gar nicht zu ziehen. Das ist ja der Schwachsinn an
diesem Vorschlag [Anmerkung der Verfasser dieser Bro-
schüre: des damaligen IOC-Präsidenten Samaranch]: Über
den Einsatz von Arzneimitteln entscheiden Ärzteschaft
und Gesundheitsministerium und nicht irgendwelche
Sportfunktionäre.“ Ein Aufweichen der Anti-Doping-Re-
geln sei das Ende des Nachwuchssports: „Wenn sich Sa-
maranch durchsetzt, kann niemand seinen Sohn oder seine
52
Tochter zu einem solchen Sport voller Drogen schicken.“
(Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28.07.1998)
Hans Howald (Dr., Schweizer Sportmediziner, lange
Jahre Leiter des IOC-Doping-Kontrolllabors in Magg-
lingen): “Aus heutiger Sicht darf behauptet werden, dass
die gut gemeinte Maßnahme regelmäßiger Blutkontrol-
len zur fatalen Weiterverbreitung des Dopings mit Epo
geführt hat, indem die Fahrer unter Anleitung ihrer
Teamärzte lernten, ihren Hämatokritwert durch entspre-
chende Dosierung oder notfalls durch Blutverdünnung
mittels Infusion knapp unter der kritischen Grenze zu
halten. Auf diese Weise (…) wurden die Mannschafts-
fahrzeuge zu rollenden Apotheken und Laboratorien.”
(Der Sonntag, 6.5.2007)
Peter Sloterdijk (Prof. Dr., Hobbyradsportler, Philosoph):
„lehnt Doping auch deshalb ab, weil es den Athleten, den
Star, den Helden profaniere und aus einem gottähnlichen
Wesen, das imstande ist, sich über die Schwerkraft hin-
wegzusetzen, einen ‚hundsgewöhnlichen Berufstätigen’
mache. Der Ruin der Sportidee (…) sei nicht aufzuhal-
ten.“ („Die Presse“, Print-Ausgabe, 31.10.2010)
Prinz Alexandre de Mérode (bis 2002 Präsident der
Medizinischen Kommission des IOC): „Wir müssen
wachsam bleiben. Nehmen wir z.B. Ephedrin: Noch vor
Jahren waren pro Jahr mehrere Hundert Sportler damit
positiv, heute im Durchschnitt nur noch 10. Wenn wir
morgen Ephedrin von der Doping-Liste nehmen wür-
den, würde die ganze Geschichte wieder von vorne be-
ginnen. Wir können doch unsere Athleten Ephedrin nicht
literweise trinken lassen, ohne dass sie bestraft werden.“
(Le Figaro, 17.08.1998)
Vincent Hubé (Journalist der „LÈquipe“): Ben John-
son, der Oberdoper! Was hat er nicht alles an Hieben
und rote Karten seit seinem Olympiasieg über 100m
in Seoul 1988 abbekommen. Doping ist deswegen kei-
neswegs aus der Leichtathletik verschwunden. Und
Carl Lewis, die Lichtgestalt der Leichtathletik [Anmer-
kung der Verfasser dieser Broschüre: er wurde durch
die Disqualifikation von Johnson Olympiasieger], der
sauberste von allen? Drei Mal war er vor den Olympi-
schen Spielen positiv getestet worden und hätte eigent-
lich in Seoul nicht laufen dürfen. Er aber konnte seine
drei Medaillen behalten. Wo bleibt da die Gerechtigkeit?“
(L’Equipe Magazine, 1124, 06. Dezember 2003)
über Joseph Keul (Prof. Dr., langjähriger leitender Arzt
der westdeutschen Olympiamannschaft): „Nun sagte
Professor Keul, (...), es wäre doch geradezu unmensch-
lich, einem Sportler nach jahrelangem Training (täglich
sechs Stunden) im entscheidenden Augenblick die Hil-
fe zu verweigern und damit seine Niederlage gegen die
hormongeladene Ost-Konkurrenz vorweg zu besiegeln.“
(Süddeutsche Zeitung, 21.08.1976)
Hein Verbruggen (Präsident des Internationalen Rad-
sport-Verbands UCI, Vertreter der Sommersportar-
ten im IOC), plädierte für das Streichen von Kortison
von der Verbotsliste: „Ich habe mich mit verschiede-
nen Sportmedizinern unterhalten. Das ist kein Doping.
Fußballer brauchen es wirklich. Meiner Meinung nach
haben solche Präparate eine gewisse euphorisieren-
de Wirkung, für große Radrennen wie die Tour de
France bringen sie nichts. Für ein Rennen, das nur ei-
nen Tag dauert, vielleicht.“(Sport et Vie 71, 2002, 28).
(Anmerkung des Verfassers der Broschüre: Frühere ge-
dopte Athleten schätzten zumindest zum Teil die Neben-
und Folgewirkungen von Kortison als gefährlicher ein
als jene von Amphetamin, das immerhin zu Todesfällen
geführt hat.)
Armin Klümper (Prof. Dr., Freiburger Sportmediziner),
in seiner eidesstattliche Erklärung zum Tod der Sieben-
kämpferin Birgit Dressel, der Klümper u.a. das Anabo-
likum Stromba verordnet hatte, während seiner Verneh-
mung durch die Staatsanwaltschaft am 26.10.1991: „Die
zeitlich limitierte Gabe von Anabolika zum Wiederauf-
bau atrophierter Mus kulatur nach Immobilisierung oder
53
langdauernden Verletzungen stellt eine thera peutische
Maßnahme dar und erfüllt nicht den Tatbestand des Do-
pings.“
Heinz Liesen (Prof. Dr., Mannschaftsarzt mehrerer
Nationalmannschaften, u. a. der deut schen Fußballnatio-
nalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 1986): „Es gibt
natürlich Möglich keiten, die wir nicht machen dürfen, die
aber besser wären und die mit Sicherheit andere machen.
(...) Anabolika als therapeutische Maßnahme, um sie wie-
der fit zu kriegen. Das kann man auch so machen, dass
man bei einer Dopingkontrolle nicht auffällt, das ist ganz
einfach. Aber ich darf das nicht. Wir sind ja Moraltheo-
logen im Sport. Dabei wäre das absolut unschädlich.“
(Süddeutsche Zeitung, 03.01.1985)
Arnd Krüger (Prof. Dr., früherer Mittelstreckler, Sport-
wissenschaftler in Göttingen) in der Zeitschrift „Leis-
tungssport“: „Wer einen Monat in St. Moritz ins Hö-
hentraining fährt, hat nicht nur (falls er oder sie einer
regelmäßigen Arbeit nachgeht) einen entsprechenden
Verdienstausfall, sondern er muss für das Vergnügen
auch leicht 4000 Franken ausgeben. Wer zu Hause bleibt,
EPO verwendet, kann dieselbe Wirkung ohne erwähnte
Einschränkungen erreichen. EPO-Doping als Höhentrai-
ning des „kleinen Mannes“? Es sind diese Paradoxien, die
dazu beitragen, dass die sich dopenden Sportlerinnen und
Sportler kein schlechtes Gewissen haben (brauchen?).“
(Krüger 2000, 18)
54
3.4.3Dopingfreigabe–das
kleinereÜbel?
Ines Geipel (Olympiasiegerin über 4x100m 1988), die
die Streichung ihrer Ergebnisse verlangt hat, weil sie da-
mals gedopt war: „Als System ist der Sport mausetot.
Die Leute wollen Brot und Spiele, die WADA schläft den
Schlaf der Gerechten, Frau Merkel (Anmerkung der Ver-
fasser dieser Broschüre: die deutsche Bundeskanzlerin)
schätzt es über die Maßen, über den grünen Rasen zu
stürmen, wenn das Spiel der deutschen Fußball-Natio-
nalmannschaft aus ist, es gibt jede Menge neues Doping,
das die Labore nie auf den Tisch kriegen, und eine lange
Interessenkette, die viel Kohle verdient. Mit dem Spiel ist
es aus.“ (Die Presse, Print-Ausgabe 31.10.2010)
Thomas Kistner (Sportjournalist, Süddeutsche Zeitung):
„Denn längst weiß im Sport jeder halbwegs informierte
Doper, wie leicht Tests zu umgehen sind: Immer mehr
Stoffe sind im Labor nicht zu erkennen, bei anderen ist
das Zeitfenster der Nachweisbarkeit zu klein, überdies gibt
es Maskierungsmittel zuhauf. Da braucht es, wie beim Al-
koholtest, Grenzwerte und starke Indizien.“ (11.3.2010,
http://www.sueddeutsche.de/sport/dopingforscher-im-
fall-pechstein-auf-skeptischer-distanz-1.4105)
Alois Mader (Prof. Dr., 1974 aus der DDR geflüchteter
Sportmediziner, dann Wissenschaftler an der Sporthoch-
schule Köln) zur Kritik an dopingbedingten Veränderun-
gen von Frauen im Leistungssport: „Hier wird kritiklos ein
zur Zeit akzeptiertes Schönheitsideal, das auf einer kultu-
rell und sozial bedingten und damit eher artifiziell hervor-
gerufenen Unter entwicklung der Körpermuskulatur der
Frau (z.B. Mannequintyp) beruht, zur biologischen Norm
erhoben“ (Mader 1977, 145). „Wer sich in der zur Zeit ge-
gebenen Situation ernsthaft bemüht, die medikamen tösen
Hilfen für den Hochleistungssportler aus dem Verkehr
zu ziehen, (...) benutzt die eigenen Athleten als Hasen,
die er zwischen intelligenteren Igeln zu Schande hetzt.“
(Frankfurter Rundschau, 07.05. 1977)
Bernhard Segesser (Dr., führender Schweizer Sport-
mediziner, Rennbahn-Klinik Basel): „Die Auswahl der
verbotenen Medikamente ist willkürlich. Sie lässt sich
nicht mehr mit der Zielsetzung ‚Gesunderhaltung und
Chancengleichheit’ rechtfertigen. Die Chancengleichheit
ist im Hochleistungssport schon dadurch nicht gegeben,
dass wir Weiße und Schwarze gleichzeitig starten lassen,
dass es Sportarten gibt, bei denen nur Athleten von einer
Größe von über 1,95 m eine reelle Chance haben oder wo
Übungsabläufe gefordert werden, die nur durch eine im
Jugendalter größere Gelenkbeweglichkeit zu erbringen
sind.“ (Anders/Schilling 1985, 128). „Über den Schä-
digungswert von Anabolika wurde bereits sehr viel ge-
schrieben. (...) Dabei bestehen Arbeiten von namhaften
Sportmedizinern, die den Schädlichkeitswert von Ana-
bolika in normaler Dosierung1 stark in Frage stellen.“
(Anders/Schilling, 1985, 129)
Heinz Liesen (Prof. Dr., Paderborner Sportmediziner,
bis 1990 Mannschaftsarzt der Fußball-Nationalmann-
schaft): „Als Sportme diziner (...) muß ich die Fähig-
keit und die Möglichkeit haben, alle Möglichkeiten der
Medizin zu nutzen und anzuwenden (…) Dazu gehört
z.B. auch, festgestellte Defizite, die wir immer wieder
beobachten (…), substituieren zu können, um hier den
Menschen auch wirklich im Hochleistungssport kom-
plex entwickeln zu können, damit er die Möglichkeit
hat, das Pensum, das heute im Training erforderlich ist,
um interna tional bestehen zu können, gesund und ohne
Schaden für sein weiteres Leben be wältigen zu können. ”
(Deutscher Bundestag 1988, 306 f.)
Daniel Blanc (Dr., Schweizer Sportmediziner in Lau-
sanne): „Der Profi-Sportler ist der einzige Arbeiterneh-
mer, der seiner Mittel nicht frei wählen kann. (...) Der
Spitzensportler dagegen wird für zu blöd gehalten, sich
sinnvoll mit seiner Gesundheit zu beschäftigen“ (Le Jour-
nal du Dimanche, 16.08.1998).(...) „Das (Anmerkung der
Verfasser dieser Broschüre: die Freigabe des Dopings)
scheint mir die einzige Lösung zu sein. Damit würden 90
Prozent der Probleme gelöst. Vor allem, weil die Sport-
ärzte dann endlich richtige Medizin betreiben könnten.“
(L’Hébdo, 23.07. 1998) „Wenn ich den Hämatokritwert
eines Sportlers auf 60 anhebe, bin ich nicht nur ein Be-
trüger, sondern ein Mörder. Wenn ich ihn von 45 bis zur
erlaubten Grenze von 50 anhebe, ist das meiner Meinung
nach Hilfe für den Sportler (...) vorausgesetzt, das ver-
55
schriebene Medikament ist nicht gefährlich.“ (La Liberté,
22.12.1998)
Bruno de Lignières (Dr., Endokrinologe, Necker-
Krankenhaus in Paris): „Durch intensives Training und
Wettkämpfe unter extremen Bedingungen geht die
Hormonproduktion der Eierstöcke bei Athletinnen ge-
gen Null, was zum Ausbleiben ihrer Monatsblutung
und zur vorzeitigen Alterung ihrer Gefäße und Kno-
chen führt. Auf diese Art und Weise haben Spitzen-
sportlerinnen einen Organismus, der mit jenem von
Frauen in den Wechseljahren verglichen werden kann.“
(Le Monde, 21.08.1998)
Rolf Milser (früherer Gewichtheber-Weltmeister)
zum strikten Verbot des Anabolika-Gebrauchs An-
fang 1977 durch den bundesdeutschen Verband:
„Was soll das Verbot (...) mein Körper gehört mir!“
(Die Zeit, 04.11.1977)
Arnd Krüger (Prof. Dr., früherer Mittelstreckler,
Sportwissenschaftler in Göttingen): „Bis vor 25 Jah-
ren wurde das Dopingproblem dadurch gelöst, indem
man es ignorierte. Dies hatte den Vorteil, dass Doping-
substanzen wie andere Medikamente auch von Ärz-
ten ausgegeben wurden, dass sich kaum ein „Schwar-
zemarkt“ entwickeln, dafür aber über die Folgen des
‚Medikamentenmissbrauchs‘ geforscht werden konnte.
Im Sport herrschten die Gesetze des freien Markts.“
(Krüger 2000, 28)
Robert Harting (Weltmeister 2009 im Diskuswer-
fen, kurz vor der WM): „Wo Geld ist, wird gedopt …
Eigentlich ist es sinnlos, gegen diese Tatsache anzu-
kämpfen. Manchmal frage ich mich, ob es nicht bes-
ser wäre, Doping in irgendeiner Form zu erlauben,
so knallhart sich das auch anhören mag. Dann wür-
de sich zumindest niemand mehr darüber aufregen.“
(Welt online, 4.8.2009, http://www.welt.de/sport/artic-
le4255796/Robert-Harting-spricht-von-Doping-Freiga-
be.html)
Beat Glogger (früherer Hürdenläufer, Wissenschafts-
journalist des Jahres 2008 der Schweiz): „Heute haben
wir uns an Herztransplantationen oder Hirnschrittma-
cher gewöhnt. Die genetische Therapie wird kommen,
auch wenn wir uns jetzt furchtbar darüber aufregen“,
sagt Glogger. „Sind die Sportler dann die einzigen, de-
nen die Manipulation an ihren Genen verboten bleibt?“
(ZDF Doping-Watch, 30.7.2010, http://doping.zdf.de/
ZDFsport/inhalt/12/0,5676,8094188,00.html)
Markus Friederici (Sportsoziologe in Hamburg): „Viel-
leicht spielen ja in einigen Jahren die 15-jährigen jungen
Frauen nicht nur wieder mit Puppen, sondern müssen
sich nach Einnahme männlicher Hormone auch rasie-
ren. Hartings Vorschlag ist also mehr als nur eine Idee,
es ist das Ideal der französischen Revolution: Freiheit,
Gleichheit, Brüderlichkeit. Und der Sport: vorneweg!“
(Hamburger Abendblatt, 5.8.2009, http://www.abend-
blatt.de/sport/article1126597/Maerchen-aus-der-Sport-
welt-Reloaded.html)
3.4.4DopingundVerantwortung
Bernhard Segesser (Dr., führender Schweizer Sportme-
diziner, Rennbahn-Klinik Basel): „Das Zerrbild des Ath-
leten, der als ahnungsloses Versuchskaninchen ehrgeizi-
ger bis verantwortungsloser Funktionäre und Mediziner
vollgepumpt von Training zu Training irrt, ist ebenso ein
unsinniges Hirngespenst wie das Zerrbild vom Arzt, der
sich bar jeder Ethik in den Dienst der Höchstleistung
stellt.“ (Anders/Schilling 1985, 128)
56
Hein Verbruggen (Präsident des Internationa-
len Radsport-Verbands UCI, Vertreter der Sommer-
sportarten im IOC) zum Skandal bei der Tour de
France 1998: „Der Fahrer ist der Hauptverantwort-
liche, er kann wählen. Ich fühle mich in keiner Wei-
se schuldig oder verantwortlich dafür, dass ein Fah-
rer sich dopt oder ein Pfleger ihn dabei unterstützt.“
(Le Monde, 02.11. 2000)
Greg LeMond (amerikanischer Radprofi, Tour-de-
France-Sieger): „Die Fahrer sind Opfer. Die meis-
ten nehmen Dopingmittel nur ungern. Deshalb ist es
notwendig, dass effektive Kontrollen durchgeführt
werden, mit denen die Mittel wirklich nachgewiesen
werden können. Nur so wird Chancengleichheit her-
gestellt, denn niemand wird sich dann noch dopen.“
(Le Dauphiné Libéré, 28.07.1998)
Karl-Heinrich Bette (Prof. Dr., Professor für Sportso-
ziologie, TU Darmstadt): „Die inflationäre Nachfrage
nach Helden sorgt so in einer subtilen Weise für ein Kli-
ma, in dem es immer schwieriger wird, ein Sportheld zu
werden oder zu bleiben, der sich auch in Situationen der
Versuchung durch Geld, Macht, Aufmerksamkeit oder
Ehre an die traditionellen Regeln und Fair-play-Erwar-
tungen hält. Die weit verbreiteten Doping-Praktiken
und die vielen anderen Formen der Leistungsmanipu-
lation und Täuschung zeigen mit erdrückender Eindeu-
tigkeit, wie schnell gefeierte Athleten sich vor den Au-
gen einer zuschauenden Öffentlichkeit in Sünder und
Schurken verwandeln können. Für das Publikum ist dies
kein Grund, sich selbstgerecht zurückzulehnen und die
eigene Tugendhaftigkeit zu feiern. Ohne ein auf Vereh-
rung und Bewunderung eingestelltes Publikum gäbe es
schließlich keinen dauerhaften Bedarf, den Status eines
Sporthelden anzustreben. Vielleicht besteht die größte
Leistung eines Athleten im global entfesselten Spitzen-
sport paradoxerweise darin, selbstbewusst darauf zu
verzichten, unter allen Umständen ein Held oder eine
Legende werden zu wollen. Aber können wir, die Zu-
schauer, dauerhaft mit einem solchen Verzicht leben?“
(FAZ.Net, 26.12.2009, http://www.faz.net/s/Rub-
9CD731D06F17450CB39BE001000DD173/Doc ~EA
10D8FE9ACFD430194B0352500582AA3~ATpl~Eco
mmon~Scontent.html)
Andre Plöger (AWD-Direktor für Marketing bei der
AWD Deutschland GmbH): „Die viel beschworene
Selbstreinigungskraft des Sports im Anti-Doping-Kampf
muss insbesondere im Amateur- und Jugendbereich auf
regionaler Ebene durch intelligente Maßnahmen des
Sportsponsorings unterstützt werden (…) Denn gerade
junge, leistungsorientierte Amateursportler bilden oft
die sportliche Basis für den daraus hervorgehenden Spit-
zensport. Um diese junge sportliche Basis zu schützen,
sollte auch Doping-Prävention zukünftig verstärkt durch
Sportsponsoring der Wirtschaft unterstützt werden“.
(28.7.2010, http://www.presseanzeiger.de/meldungen/
sport/371094.php)
Armin Baumert (Vorstandsvorsitzender der NADA):
„Es ist kein schnelles Hochpuschen der Leistung
gefragt – keine Methoden, die den kurzfristigen
Erfolg um jeden Preis suchen. Der kluge Trainer
verfolgt langfristig angelegte Strategien und kitzelt
Erfolge im Jugendalter nicht heraus. Bis zur Spitze
ist eine langfristige Leistungsentwicklung von in der
Regel mindestens sechs bis acht Jahren erforderlich.“
(DOSB-Presse, 28.7.2010, http://www.dosb.de/de/
leistungssport/spitzensportnews/detail/news/
der_langsame_weg_an_die_spitze/9746/cHash/
c96cdb22b8/)
Wenn du dich mit deiner Lektüre bis hierhin durch-
geschlagen hast, dann sagen wir:
Herzlichen Glückwunsch!
Du weißt jetzt mehr und kannst besser reflektieren,
dich positionieren und argumentieren!
57
Seit Jahrzehnten zählt
Prof. Dr. Gerhard
Treutlein zu den renom-
miertesten Sportpädago-
gen in Deutschland. Auf
der Grundlage seiner
langjährigen Erfahrung
als Sportpädagoge, Trai-
ner und Funktionär (im
Allgemeinen Deutschen
Hochschulsportverband
35 Jahre lang verantwort-
lich für die Leichtathletik und in dieser Funktion als Dis-
ziplinchef und Trainer bei 17 Universiaden und weiteren
Studentenweltmeisterschaften) war es ihm möglich, den
Spagat zwischen Hochleistungssport und Sportpädago-
gik erfolgreich zu bewältigen bzw. für eine gegenseitige
Beeinflussung zu sorgen. Für sein wissenschaftliches
und praktisches Engagement bei der Bekämpfung des
Dopings und bei der Entwicklung der Dopingpräventi-
on erhielt er 2009 das Bundesverdienstkreuz. Ihn jedoch
auf seinen Einsatz gegen Doping zu reduzieren, würde
deutlich zu kurz greifen. Der promovierte Historiker ge-
langte über eine breite, humanistisch geprägte Agenda
zum Thema Doping als einem der Schwerpunkte seines
pädagogischen Schaffens.
Seit 2003/2004 ist Prof. Dr. Gerhard Treutlein mit sei-
nem Team vom Zentrum für Doping Prävention Part-
ner der Deutschen Sportjugend (dsj) und unterstützt den
Dachverband des Kinder- und Jugendsports in Deutsch-
land nachhaltig in der Dopingpräventionsarbeit.
So entstanden in enger Zusammenarbeit die kompakten
und allseits respektierten Arbeits- und Lehrmaterialien
der dsj: Präventionsbroschüre „Sport ohne Doping“ (ab
2004), die Arbeitsmedienmappe zur Dopingprävention
(ab 2006) sowie der Athleten/-innenflyer „Sport ohne
Doping“ (ab 2009) und nun zum Ende des Jahres 2010,
die neue Präventionsbroschüre „Sport ohne Doping“, die
sich direkt an junge Sportlerinnen und Sportler wendet.
Eine solche Broschüre kann qualitativ hochwertig nur als
Gemeinschaftswerk bewältigt werden. Weiterhin beteiligt
waren:
Andreas Singler, Sport-
wissenschaftler und frei-
er Journalist, der u.a.
seine Dissertation zum
Zusammenhang von
Dopingdiskurs als Ana-
lysehintergrund für die
Neuroenhancementde-
batte geschrieben hat. Er
ist ausgewiesener Autor
vor allem zur Doping-
geschichte, zur Doping-
prävention sowie zur
Psychologie und Soziologie des Dopings.
Gert Hillringhaus ist
Diplomingenieur an der
Fachhochschule Lübeck.
Als Quereinsteiger hat er
die Liebe zum Radsport,
vor allem aber auch zum
sauberen Sport entdeckt.
Er hat wesentliche Prä-
ventionsmaßnahmen im
Bund Deutscher Radfah-
rer (BDR) auf den Weg
gebracht, u.a. die Aufnah-
me von 22 Modulen zur
Dopingprävention in die Trainerausbildungsordnung des
BDR. Er ist auch Initiator des Films „Windschatten“.
3.5 Das Autorenteam
58
3.6.1 Aktuelle
Buchveröffentlichungen
AMLER, W./ BERNATZKY, P./ KNÖRZER, W. •(2006): Integratives Mentaltraining im Sport.Aachen:
Meyer & Meyer.
BETTE, K.H./SCHIMANK • , U. (20072): Doping im
Hochleistungssport. Frankfurt am Main
DRESEN, A. (2010) • : Doping im Spitzensport als
soziales Problem. Ursachen und Folgen eines gesell-
schaftlichen Diskurses. Wiesbaden: VS Verlag.
KNÖRZER, W./SPITZER, G./TREUTLEIN, G. (Hrsg.) •(2006): Dopingprävention in Europa – Grundlagen
und Modelle. Erstes Internationales Expertenge-
spräch 2005 in Heidelberg. Aachen: Meyer & Meyer.
KÖRNER, H.H. (2007) • . Die Dopingmittel im
Betäubungsmittelgesetz. In: Körner, Hans-Harald/
Scherp, Dirk: Betäubungsmittelgesetz, Arzneimittel-
gesetz. 6. neubearbeitete Auflage. C.H. Beck Mün-
chen (Beck‘sche Kurz-Kommentare Bd. 37),
S. 2185 - 2241.
MEUTGENS, R. • (Hrsg.) (2007): Doping im Rad-
sport. Bielefeld: Delius-Klasing.
SINGLER, A./TREUTLEIN, G. • (20102): Doping
- von der Analyse zur Prävention. Aachen: Meyer &
Meyer.
SINGLER, A./TREUTLEIN, G. (2010 • 5): Doping
im Spitzensport. Sportwissenschaftliche Analysen
zur nationalen und internationalen Leistungsentwick-
lung (4. überarb. Aufl.). Aachen: Meyer & Meyer.
SPITZER, G./FRANKE, E. (2010 • ): Sport, Doping
und Enhancement - Transdisziplinäre Perspektiven,
Bd. 1. Köln: Sportverlag Strauß.
STRIEGEL, H. (2008) • : Doping im Fitness-Sport.
Eine Analyse zwischen Dunkelfeld und sozialer Kon-
trolle. Schriften zum Sportrecht Bd. 13. Baden-Baden:
Nomos.
3.6.2Organisationen
BISp – Bundesinstitut für Sportwissenschaft, Bonn •www.bisp.de (dort ist auch das Sport-Literatursuchs-
ystem SPOLIT zu finden)
www.bisp.de
CAS/TAS – Tribunal Arbitral du Sport (Schiedsge- •richt des Sports mit Sitz in Lausanne/Schweiz zur
Entscheidung von Streitfällen im Sport)
www.tas-cas.org
DOSB – Deutscher Olympischer Sportbund •www.dosb.de
dsj – Deutsche Sportjugend •www.dsj.de
DSH – Deutsche Sporthochschule Köln •www.dopinginfo.de
IAAF – International Association of Athletics Fede- •rations (Internationaler Leichtathletikverband)
www.iaaf.org
ICSSPE – International Council of Sport and Phy- •sical Education (Weltrat für Sportwissenschaft und
Leibes- /Körpererziehung)
www.icsspe.org
IOC – International Olympic Comittee •www.olympic.org
NADA – Nationale Anti Doping Agentur Deutsch- •land, Bonn
www.nada-bonn.de
WADA – World Anti-Doping Agency, Montreal/ •Kanada
www.wada-ama.org
ZENTRUM FÜR DOPING PRÄVENTION •der Pädagogischen Hochschule Heidelberg
www.contra-doping.de
3.6 Literaturhinweise/Organisationen
59
3.7.1 Internetadressen
www.aerztezeitung.d • e
Aktuelle Zeitungsberichte zur Dopingthematik
www.dopage.co • m
Le portail internet de la lutte contre le dopage –
Website der Doping-Präventionsgruppe in Montpel-
lier, die auch das Infotelefon «Ecoute Dopage» be-
treibt
www.contra-doping.de •
Zentrum für Dopingprävention der Pädagogischen
Hochschule Heidelberg
www.ecoutedopage.co • m
Französisches Infotelefon zur Dopingproblematik
(Tel. 0033 800 15 2000 Anrufe anonym und kosten-
los)
www.dopinginfo.c • h
Website des Schweizer Bundesamts für Sport mit der
Möglichkeit, Anfragen zu stellen
www.dopinginfo.d • e
Institut für Biochemie der Deutschen Sporthoch-
schule Köln zur Dopingaufklärung
www.cycling4fans.de •
Internetseite mit aktuellen Themen zu Doping und
Dopingprävention von Monika Mischke
www.gate-projekt.de •
Mit dem Projekt GATE - das Tor zu einem glaubwür-
digen, authentischen, transparenten und an ethischer
Verantwortung orientierten Sport - hat die Deutsche
Sportjugend und das Zentrum für Doping Präven-
tion gemeinsam mit der Deutschen Radsportjugend
modellhaft erprobt, wie eine umfassende Dopingprä-
vention in der Jugendorganisation eines Spitzenver-
bandes erfolgreich durchgeführt werden kann. Auch
die zukünftigen Aktivitäten in der Dopingprävention
werden unter dem Label “Gate“ durchgeführt.
www.sportschau.de/sp/doping •Internetseite der ARD zum Thema Doping
www.sportunterricht.de/lksport/doping.htm • l
Doping – Aufgaben und Materialien (u.a. Links zu
wichtigen anderen Internetseiten)
OnlineAngebotederNADA
www.nada-bonn.de •Die Nationale Anti Doping Agentur informiert
im Internet über alles rund um den Anti-Doping-
Kampf und stellt sämtliche aktuellen Listen und
Formulare zum Download bereit.
www.highfive.de •
highfive.de ist das Internetangebot der NADA für
junge Athletinnen und Athleten. Hier findest du zu
allen Themen, die in der begleitenden Broschüre an-
gesprochen werden, weitergehende Informationen.
nada.trainer-plattform.de •
Die Trainer-Plattform der NADA richtet sich an
Trainerinnen und Trainer sowie an Übungsleiterin-
nen und Übungsleiter im Sport. Basiswissen und
Hintergrundinformationen werden ebenso angebo-
ten wie praktische Unterstützung für den Training-
salltag.
www.nadamed.de •
Die Medikamentendatenbank der NADA bietet
online Auskunft über die Dopingrelevanz von rund
3.000 Substanzen und Medikamenten.
3.7 Links
60
dsj-Präventionsbroschüre„Sport ohne Doping“
Flyer „Sport mit oder ohne Doping“
PPT-Präsentation Nr. 1„Dopingprävention“
3.7.2Arbeitsmedienmappe
zurDopingprävention
BESTELLUNG ÜBER: www.dsj.de/publikationenoder senden Sie uns eine E-Mail unter info@dsj.de zu.Beachten Sie unsere Versandkostenhinweise im Internet.
Arbeitsmaterialien-CD„Sport ohne Doping“
DVD „Audiovisuelle Arbeitshilfe“
w w w . d s j . d ew w w . d s j . d e
Arbeitsmaterialien
Für Trainer/-innen & Übungs -
leiter/-innen im Kinder- un d
Jugendsport
Sport ohne Doping !Sport ohne Doping !Arbeitsmaterialien-CDArbeitsmaterialien-CD
w w w . d s j . d ew w w . d s j . d e
Audiovisuelle Arbeitshilfe
Autor: Dominik Knebe l
Erstellt im Zuge eine r
Diplomarbeit an de r
PH Heidelbe rg, betreut vo n
Prof. Dr . Gerhard T reutlein
Sport ohne Doping !Sport ohne Doping !Entscheide selbstEntscheide selbst
PPT-Präsentation Nr. 2„Sport ohne Doping“
Erfolgreiche Dopingprävention fängt bei Kindern
und Jugendlichen an!
Die Arbeitsmedienmappe zur Dopingprävention ver-
mittelt praxisbezogenes Wissen und gibt Reflexionsan-
stöße für die Stärkung heranwachsender Sportlerinnen
und Sportler. Thematisiert werden vielfältige Fakten
zum Anti-Doping, Werte und Ziele dopinggefährdeter
Athleten/-innen sowie konkrete Präventionsmöglichkei-
ten im Verein.
Trainerinnen und Trainer wie auch Übungsleiterinnen
und Übungsleiter erweitern mit diesen Lehrmaterialien
ihre Kompetenz für die Unterstützung starker, selbst-
bestimmter Persönlichkeiten als auch im Kampf gegen
Doping und Medikamentenmissbrauch.
Weiterhin dienen die Unterlagen, insbesondere die Pow-
erPoint-Präsentationen, als grundlegende Arbeitshilfe für
die Gestaltung von Aus- und Fortbildungs- sowie Schu-
lungsmaßnahmen.
In diesem Sinne wünschen der DOSB und die dsj jeder
Sportlerin und jedem Sportler Aufrichtigkeit und Redlich-
keit sich selbst und anderen gegenüber, damit der Sport
seine Vorbildwirkung für Kinder und Jugendliche behält.
SportohneDoping–
WirsetzenZeichen!
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Impressum
Herausgeber/Bezug über: Deutsche Sportjugend
im Deutschen Olympischen Sportbund e.V.
E-Mail: info@dsj.de
Internet: www.dsj.de
Autoren: Prof. Dr. Gerhard Treutlein
Andreas Singler
Gert Hillringhaus
Redaktion: Jörg Becker, Peter Lautenbach, Gisela Nüssler, Manuel Ruep
Gestaltung: amgrafik, Rodgau
ISBN: 978-3-89152-473-2
Druck: Druckerei Michael, Schnelldorf
Copyright: © Deutsche Sportjugend (dsj) / Dezember 2010
Urheberrechtlicher Hinweis:
Die Broschüre und alle in ihr enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich geschützt.
Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetztes wie
Nachdruck, auch einzelner Teile, Übersetzung, Speicherung, Vervielfältigung und
Verbreitung einschließlich Übernahme auf elektronische Datenträger sowie
Einspeicherung in elektronische Medien (auch Internet) ist ohne vorherige schriftliche
Zustimmung der Deutschen Sportjugend und der Autoren unzulässig und strafbar.
Deutsche Sportjugend im Deutschen Olympischen Sportbund e.V.Otto-Fleck-Schneise 1260528 Frankfurt am Mainwww.dsj.de www.gate-projekt.de
Deutscher Olympischer Sportbund e.V.Otto-Fleck-Schneise 1260528 Frankfurt am Mainwww.dosb.de www.gate-projekt.de
Zentrum für Doping Prävention der Pädagogischen Hochschule HeidelbergKepler Straße 8769121 Heidelbergwww.contra-doping.de www.gate-projekt.de
NADANationale Anti Doping AgenturHeussallee 3853113 Bonnwww.nada-bonn.de
3.8 Projektpartner Dopingprävention
Notizen
www.dsj .dewww.g
ate-p
roje
kt.d
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Sport ohne Doping
GLAUBWÜRDIG, AUTHENTISCH,
TRANSPARENT, MIT ETHISCHERVERANTWORTUNG
Wir rufen zu einem fairen Umgang mit anderen auf, zum Respektieren des Gebots der Chancengleichheit,aber auch zur Verantwortung gegenüber dem eigenen Körper.
GLAUBWÜRDIG, AUTHENTISCH,
TRANSPARENT, MIT ETHISCHERVERANTWORTUNG
www.dsj .de
Die Deutsche Sportjugend wird gefördert vom BMFSFJ aus Mitteln des Kinder- und Jugendplans des Bundes:
Das Projekt „Sport ohne Doping“ wird gefördert von:
aufgrund eines Beschlussesdes Deutschen Bundestages
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