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Spiritualität - Spiritual Care – Sorge für die Seele Dimension und Ressource des Menschen
Thomas Kammerer – Dipl.theol., Pfarrer, Leiter der Seelsorge (rk) im Klinikum rechts der Isar
„Solange ich noch Atem habe….“
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Palliative Care
• „Palliative Care dient der Verbesserung der
Lebensqualität von Patienten und ihren
Familien, die mit einer lebensbedrohlichen
Erkrankung konfrontiert sind. Dies geschieht
durch Vorbeugung und Linderung von
Leiden mittels frühzeitiger Erkennung,
hochqualifizierter Beurteilung und
Behandlung von Schmerzen und anderen
Problemen physischer, psychosozialer und
spiritueller Natur."
• WHO 2002
Definition
körperlich sozial
psychisch
spirituell
MENSCH
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Was ist mit
Dir?
Körper
Wie geht es Dir
damit?
Wie gehst Du
damit um?
Psyche
Wer geht mit
Dir?
Gemeinschaft
Was trägt / hält
Dich?
Spiritualität
Ressourcen des Menschen
Ich interessiere
mich für die
körperliche
Situation, in der
Du Dich
befindest, was
Du (noch)
kannst.
Ich interessiere
mich für Dein
subjektives
Erleben und
Deine
Strategien
(Coping).
Ich interessiere
mich für Dein
soziales Umfeld,
Deine
Beziehungen.
Ich interessiere
mich für Deine
innere Haltung,
Grundeinstellun-
gen, Lebens-
deutungen,
Aufgaben, Ziele,
Verankerung im
„Größeren“,
Religiosität,
Kirchenbindung
Interessiertes Mitgehen und begleiten – Paradigma der Palliativmedizin
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Was ist Spiritualität?
• „Unter Spiritualität kann die innere Einstellung, der innere Geist wie auch
das persönliche Suchen nach Sinngebung eines Menschen verstanden
werden, mit dem er Erfahrungen des Lebens und insbesondere auch
existenziellen Bedrohungen zu begegnen versucht.“
(AK Seelsorge der DGP 5.12.2006)
• „Spiritualität ist die lebendige Beziehung eines Menschen zu dem, was
sein Leben trägt, kräftigt und erfüllt, erfreut und ermutigt.
Spiritualität ist vergleichbar der lebendigen Bewegung von Ein- und
Ausatmen.
In der jüdisch-christlichen Tradition ist der Atem Gottes (ruach, pneuma, Hl.
Geist) jene Kraft, die dem Menschen Leben in einem umfassenden Sinn
schenkt.“
(Konzept Seelsorgezentrum LMU 2005)
Versuch einer Definition
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Spiritualität
• Quelle: schon vor jeder Erfahrung vorhanden
und wirksam (wie die Luft)
• Erfahrung:
- gehalten sein
- beschützt sein
- gewollt sein
- abhängig sein
von einer höheren Macht
• Begegnung mit dem „unsagbaren“ Geheimnis
• tremendum et fascinosum
• Beziehungserfahrung
• unmittelbar, persönlich, subjektiv
Quelle und Erfahrung
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Religiosität
• Innersubjektive, individuelle
Reflexion der Erfahrung
• Erzählen – zur Sprache bringen
• in Bilder und Begriffe fassen
• Symbole und Rituale finden als Antwort
• Lebenshaltung und –praxis
(Grundüberzeugungen)
• Selbst- und Weltverständnis konzipieren
• Schafft Sicherheit, Identität, Ich
• Bedient sich bei Bedarf verschiedener kulturell vorhandener
Deutungsmuster
Deutung
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Glaube ist eine individuel l
gestaltete und subjektive
Beziehung auf ein Anderes.
Glaube ist „ein Vertrauen und
Sich-Verlassen auf etwas
außerhalb meiner selbst" (Klessmann 2004)
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Religion
• Subjektübergreifend:
soziale Gemeinschaft
• Generationsübergreifend
• Welt- und Menschenbild
• Lehre – Ethik – Moral
• Glaubensbekenntnis
• Ritus – Kult
• Verbindet Spiritualität, Religiösität und
Gemeinschaft
• Älteste Form menschlicher
Traumabewältigung (Kammerer)
Kultur
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Spirituelle Themen und Fragen
• Leid: Warum? Warum ich?
• Grenzen: Wie kann ich mit meinen Grenzen leben? Was ist jenseits meiner
Grenzen? Jenseits des Todes?
• Liebe: Bin ich ein liebenswerter Mensch? Liebe, Barmherzigkeit, Langmut,
Ansehen, Geborgenheit, Gerechtigkeit, Frieden?
• Schuld: Wie kann mein Leben glücken? Wie gehe ich mit mißglücktem
Leben um? Wie finde ich Versöhnung (mit dem anderen, mit mir, mit Gott)?
• Kindheitsglaube Gott ist anders (Ent-täuschung)
Suche nach einem tragfähigen Gottesbild
„Gottesfinsternis“ (Martin Buber)
• Vollendung: Was ist der Sinn meines Lebens? Was ist noch offen? Was
muss ich noch „erledigen“ (leben, erfüllen, vollenden), damit ich diese Welt
gut verlassen kann?
• …
• …
• …
…nicht nur am Lebensende
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Fragment Leben
• Erfahrung: ich kann nicht alles erreichen…
vieles bleibt bruchstückhaft, manches zerbricht….
• Grenzerfahrungen
• Vollkommenheit als Vision – unerreichbar?!
• Leben als Geschenk
• Ganzheit als Geschenk
• Leistung und Gnade – Gabe und Aufgabe
• Tragik des Lebens annehmen und aushalten
Nicht alles ist machbar – muss gemacht werden….
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Tragik
• Erfahrung: Nicht alles wendet sich zum Guten
• Aushalten der eigenen Machtlosigkeit
• Konzept der Tragik – Tragödie (Aristoteles):
• Ereignis, das zugleich Mitleid und Furcht
erweckt
• Mitleid: mit dem Betroffenen
• Furcht: um uns selbst
• Romeo und Julia als Beispiel
• Wir sind Zeugen, die nicht verändern, verhindern können….
• Theorie, Phantasie und Realität klaffen auseinander….
• Was wäre, wenn ……
Von der Unveränderbarkeit von Schicksalen….
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„Jedem Menschen sein Geheimnis glauben“ (Weiher 2011)
• „Solange wir nicht anerkennen, dass der Urgrund allen Lebens ein
Geheimnis bleibt, werden wir nichts begreifen“ (Henry Miller)
• „Das Geheimnis drückt aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu
schweigen unmöglich ist“ (Victor Hugo)
• Ehrfurcht, Staunen, Vertrauen, Hoffnung, Glaube • Menschsein mit Grenzen (des Machbaren, Wissbaren, Therapierbaren)
• „Jeder Menschen, der uns in diesem Beruf anvertraut ist, darf erwarten,
dass wir ihn mit einem substanziellen Geheimnis erfüllt ‚sehen‘ und es ihm
vorgängig glauben, auch wenn er uns davon nicht mitteilen kann“
(Weiher 2011)
• Geheimnis als Symbol für das Innerste eines jeden Menschen und zugleich
für den unergründlichen Sinn von Dasein, Sterben und Tod (Weiher 2011)
• Sterben als Geheimnis
Das Geheimnis als Lösung
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Palliative Care
• Seele als integrierende Mitte
• Kern-Selbst
• Mit dem Geheimnis
in Berührung kommen
Das Geheimnis als Lösung
Weiher 2011
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Spiritual Care als Aufgabe des ganzen Teams
• Spiritualität: Betrachten Sie sich im weitesten Sinne als gläubigen
Menschen?
• Platz im Leben: Sind die Überzeugungen, von denen Sie gesprochen
haben, wichtig für ihr Leben?
• Integration: Gehören Sie zu einer spirituellen oder religiösen
Gemeinschaft?
• Rolle: Wie soll Ihr Arzt mit diesen Fragen umgehen?
SPIR Studie (Borasio et al. 2005)
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Spiritual Care als Aufgabe des ganzen Teams
• SPIR ist eine valide Methode zur
Erhebung spiritueller Bedürfnisse
(nicht nur) bei palliativ-
medizinischen Patienten.
• Die Patienten bewerten die SPIR-
Befragung durch Ärzte als hilfreich
und nicht belastend.
• Die Erhebung der Bedürfnisse
nach spiritueller Begleitung ist eine
wichtige und lohnende Aufgabe für
Ärzte.
SPIR Studie (Borasio et al. 2005)
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Spiritual care
• Aufgaben des ganzen Teams:
• Wahrnehmen / Erkennen der Bedürfnisse des Patienten und seiner
Angehörigen bzw. Zugehörigen
• Keine mitgebrachten, vorgefertigten Antworten, sondern offen sein für
das spirituelle Gespräch
• Aushalten der Fragen, des Suchens, der Leidfrage, des Zweifelns und
der „Gottesfinsternis“…
• Begleiten und Mitgehen
• Dem Patienten und seinen Angehörigen spirituelle Unterstützung und
Begleitung anbieten (Seelsorge)
• Stete Reflexion über die eigenen Erfahrungen und Hoffnungen
– auch im Team
• Kommunikation über die Spiritualität des Patienten in den Übergaben
• Seelsorger und Theologen im Team als Rolle für die Dimension Spiritualität
Die Ressource Spiritualität wecken und hilfreich unterstützen
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Spiritual care
• Zentralität und Inhalt als Grundraster einer spirituellen Anamnese:
• Wie zentral ist das Thema Spiritualität im Leben des Patienten und
seiner Angehörigen/Zugehörigen?
Wie wichtig ist ihm seine Glaubensgemeinschaft (falls er einer
angehört)
• Was ist der Inhalt seines/ihres Glaubens?
Glaubensüberzeugungen können heil oder krank machen !
Spiritueller Schmerz
Gibt der Glaube dem Patienten Halt in seiner momentanen Situation?
Gibt es für den Patienten ein Weiterleben nach dem Tod?
Welchen Lebenssinn sieht er? Und welche Rolle spielt der Glaube
darin?
• Wie kann des Team (der Arzt, die Pflege, die Seelsorge etc.) den
Patienten und sein Umfeld im Bereich Spiritualität unterstützen?
Die Ressource Spiritualität wecken und hilfreich unterstützen
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Das Geheimnis des Menschen berühren…
Seelsorge – Sorge für die Seele
Rolle - Aufgabe
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ohne Vorbehalt und
Erwartung das Leben
ansehen, wie es ist
„Zeuge“
„Prophet“ Verheißung, Ermutigung,
Aufruf
„Priester“ Repräsentant,
Vermittler zwischen
Zeit und Ewigkeit
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Seelsorge – Dienst in der Klinik
• Offenheit für alle (ggf. Vermittlung zu anderen Religionsgemeinschaften)
• Ökumenische Ausrichtung
• Kirchliche Verankerung
• Interdisziplinäre Zusammenarbeit
• Fachliche Kompetenz
• Raum schaffen für Spiritualität und Begegnung (keine Therapie)
• Ressourcenorientierung (Orientierung an den Bedürfnissen des Patienten
und seiner Angehörigen)
• Angebot von Ritualen und Sakramenten (nicht nur konfessionell)
• …auch für das Personal der Klinik….
Qualitätsstandards
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Es ist unglaublich, wie viel Kraft die Seele dem
Körper zu leihen vermag!
(Wilhelm von Humboldt)
Wege begleiten
Hoffnung stärken
das Geheimnis berühren…
….Spiritual Care
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Weiterführende Literatur
• Frick E (2002), Glaube ist keine Wunderdroge, Herder Korrespondenz 56/1
• Huber S (2003), Zentralität und Inhalt: Ein neues multidimensionales
Messmodell der Religiosität, Leske und Budrich, Opladen
• Roser T (2007), Spiritual Care : ethische, organisationale und spirituelle
Aspekte der Kränkenhausseelsorge ; ein praktisch-theologischer Zugang,
Kohlhammer, Stuttgart.
• Steinmann R (2008), Spiritualität – die vierte Dimension der Gesundheit, LIT
Wien-Zürich-Berlin.
• Utsch M (2005), Religiöse Fragen in der Psychotherapie. Psychologische
Zugänge zu Religiosität und Spiritualität, Stuttgart.
• Weiher E (2011), Das Geheimnis des Lebens berühren, Spiritualität bei
Krankheit, Sterben und Tod, Kohlhammer, Stuttgart.
• Zwingmann C (2005), Spiritualität/Religiosität als Komponente der
gesundheitsbezogenen Lebensqualität? Wege zum Menschen 57/1
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