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Stadt Potsdam, Bebauungsplan Nr. 104
„Heinrich-Mann-Allee / Kolonie Daheim“
Artenschutzfachliche Untersuchungen
untersuchte Artengruppen:
Brutvögel
Fledermäuse
Amphibien und Reptilien
Wirbellose (Heuschrecken, Tagfalter, Stechimmen, Libellen, xylobionte Käfer)
Februar 2017
Auftraggeber: ProPotsdam GmbH
Pappelallee 4
14469 Potsdam
Bearbeitung: Natur+Text GmbH
Forschung und Gutachten
Friedensallee 21
15834 Rangsdorf
Tel. 033708 / 20431
info@naturundtext.de
www.naturundtext.de
M.Sc. Mirko Thüring Dipl.-Geogr. Jendrik Terasa Dipl.-Biol. Dr. Arne Hinrichsen Dipl.-Ing. Ingolf Rödel
Rangsdorf, 14.02.2017
Stadt Potsdam, Bebauungsplan Nr. 104
„Heinrich-Mann-Allee / Kolonie Daheim“
Artenschutzfachliche Untersuchungen
untersuchte Artengruppen:
Brutvögel
Fledermäuse
Amphibien und Reptilien
Wirbellose (Heuschrecken, Tagfalter, Stechimmen, Libellen, xylobionte Käfer)
Artenschutzfachliche Untersuchungen zum B-Plan 104, Stadt Potsdam
Natur + Text Seite I
Inhaltsverzeichnis
1 Anlass und Aufgabenstellung 1
2 Untersuchungsgebiet 1
3 Brutvögel 2
3.1 Methodik 2
3.2 Ergebnisse 2
3.3 Auswirkungen und Empfehlungen 5
4 Fledermäuse 6
4.1 Methodik 6
4.2 Ergebnisse 8
4.3 Auswirkungen und Empfehlungen 14
5 Amphibien und Reptilien 15
5.1 Methodik 15
5.2 Ergebnisse 15
5.3 Auswirkungen und Empfehlungen 16
6 Wirbellose 16
6.1 Methodik 16
6.2 Ergebnisse 18
6.3 Auswirkungen und Empfehlungen 25
7 Quellen 27
Artenschutzfachliche Untersuchungen zum B-Plan 104, Stadt Potsdam
Natur + Text Seite II
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Untersuchungsgebiet (Grundlage: DTK10, © LGB) ........................................... 1
Abbildung 2: Neuntöter ♂ (Foto: M. Thüring) ......................................................................... 3
Abbildung 3: Brutvogelkarte (Grundlage: DOP20c, © LGB) ................................................... 4
Abbildung 4: Planungsraum und Transekt Fledermäuse (Grundlage: DOP20c, © LGB) ........ 7
Abbildung 5: Fransenfledermaus im Winterquartier (Keller Straßenbahndepot) (Foto: J.
Terasa) .................................................................................................................................10
Abbildung 6: Pipistrelle im Winterquartier (Keller Straßenbahndepot) (Foto: J. Terasa) ........10
Abbildung 7: Fledermauskot auf dem Boden vom Straßenbahndepot (Foto: J. Terasa) .......11
Abbildung 8: Beschädigter Hohlblockstein (Decke Straßenbahndepot) (Foto: J. Terasa) .....11
Abbildung 9: Graues Langohr, Winterquartier (Keller Straßenbahndepot) (Foto: J. Terasa) .12
Abbildung 10: Baumspalt in Sommer-Linde mit Fledermauskot ............................................12
Abbildung 11: Ergebnisse der Fledermauserfassungen (Grundlage: DOP20c, © LGB) ........13
Abbildung 12: Für Zauneidechsen pot. geeignete Habitatstrukturen (Foto: M. Thüring)........16
Abbildung 13: Untersuchungsgebiet Wirbellose (Grundlage: DOP20c, © LGB) ....................17
Abbildung 14: Plätze mit lückiger Vegetation und Rohbodenstellen (links) bieten der
Blauflügeligen Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens) geeignete Habitate .....................18
Abbildung 15: Der Hauhechelbläuling (Polyommatus icarus) findet in den ausgedehnten
Beständen der Luzerne (Medicago sativa) geeignete Larvalhabitate (Fotos: I. Rödel) .........20
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Begehungstermine Brutvögel ................................................................................ 2
Tabelle 2: Im Untersuchungsgebiet nachgewiesene Vogelarten ............................................ 2
Tabelle 3: Bilanzierung der Revierverluste ............................................................................ 5
Tabelle 4: Begehungstermine Fledermäuse .......................................................................... 7
Tabelle 5: Im Untersuchungsgebiet nachgewiesene Fledermausarten .................................. 8
Tabelle 6: Begehungstermine Amphibien und Reptilien........................................................15
Tabelle 7: Begehungstermine Wirbellose .............................................................................16
Tabelle 8: Gesamtliste der nachgewiesenen Heuschreckenarten .........................................19
Tabelle 9: Gesamtliste der nachgewiesenen Tagschmetterlinge ..........................................21
Tabelle 10: Nachgewiesene Stechimmen im Untersuchungsgebiet ......................................23
Artenschutzfachliche Untersuchungen zum B-Plan 104, Stadt Potsdam
Natur + Text Seite 1
1 Anlass und Aufgabenstellung
Die ProPotsdam GmbH beabsichtigt gemeinsam mit der Landeshauptstadt Potsdam das
Bebauungsplanverfahren zum B Plan 104 „Heinrich Mann Allee I Kolonie Daheim“ zeitnah
durchzuführen, so dass der B Plan im Herbst 2016 Planreife hat. In diesem Zusammenhang
sind auch für die Erstellung des Umweltberichtes artenschutzfachliche Untersuchungen er-
forderlich. Bereits im Jahr 2010 wurden artenschutzfachliche Untersuchungen im Planungs-
raum durchgeführt, allerdings wurden aufgrund des Alters des Gutachtens noch einmal
Nachkartierungen erforderlich. Diese wurden im Jahre 2015 durchgeführt und sind in dem
hier vorliegenden Gutachten dokumentiert.
2 Untersuchungsgebiet
Das Untersuchungsgebiet (UG) umfasst knapp10 ha, befindet sich etwa 1 km südöstlich des
Hauptbahnhofs und wird im Südwesten durch die Heinrich-Mann-Allee, im Norden durch die
Straße „Am alten Friedhof“ sowie im Nordosten durch die Straße „Kolonie Daheim“ eingeg-
renzt. Die südliche Begrenzung schließt mit der Südgrenze des Sportgeländes des Hum-
boldt-Gymnasiums ab. Das UG umfasst damit das ehemalige Straßenbahndepot im Norden,
Tennisplätze im zentralen Bereich sowie den benannten Sportplatz im Süden. Abbildung 1
zeigt die Abgrenzung des Untersuchungsgebietes.
Abbildung 1: Untersuchungsgebiet (Grundlage: DTK10, © LGB)
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Natur + Text Seite 2
3 Brutvögel
3.1 Methodik
Eine Kartierung der Brutvögel fand bereits im Jahr 2010 statt (NATUR & TEXT IN BRANDEN-
BURG GMBH 2011). Hierbei wurde eine Revierkartierung (vgl. SÜDBECK et al. 2005) mit sie-
ben Begehungen durchgeführt. Da diese Datenlage bereits sehr aussagekräftig ist, wurde
eine dreimalige Nachkartierung als ausreichend erachtet. Es sollte lediglich geprüft werden,
ob es planungsrelevante Verschiebungen im Brutvogelartenbestand des Untersuchungsge-
bietes (Abbildung 1) gegeben hat. Die Begehungstermine sind in Tabelle 1 aufgeführt.
Tabelle 1: Begehungstermine Brutvögel
Begehungstermin Tageszeit Wetter
29.04.2015 morgens 4°C, Windstärke 1, 0% Bewölkung, kein Niederschlag
19.05.2015 morgens 13-15°C, Windstärke 3, 70% Bewölkung, kein Niederschlag
15.06.2015 morgens 12-13°C, Windstärke 3, 60% Bewölkung, kein Niederschlag
3.2 Ergebnisse
In Tabelle 2 und Abbildung 3 sind alle im Gebiet nachgewiesen Vogelarten aufgeführt. Im
Vergleich zur Kartierung von 2010 wurden Bachstelze, Klappergrasmücke und Mehlschwal-
be nicht mehr nachgewiesen, neu hinzugekommen sind dafür Buntspecht, Gartenbaumläu-
fer, Grünfink, Gartenrotschwanz, Grünspecht, Kleiber, Mauersegler, Neuntöter und Zaunkö-
nig. Bestandsgefährdete Arten sind nicht vertreten, jedoch ist der Neuntöter (Abbildung 2) im
Anhang I der Vogelschutzrichtlinie aufgeführt und besitzt somit eine erhöhte Schutzbedürf-
tigkeit auf EU-Ebene. Der streng geschützte Grünspecht ist nur einmalig mit revieranzeigen-
dem Verhalten registriert worden, wahrscheinlich liegt die Bruthöhle nicht im UG. Bei einigen
Arten erfolgten Brutnachweise an den leerstehenden Gebäuden im Nordwesten des UG, wo
Nestbau- und Fütterungsgeschehen von Feldsperlingen und Blaumeisen festgestellt wurde.
Im südlichen Teil des UG brüteten Blaumeisen und ein Buntspechtpaar in Baumhöhlen (in
Abbildung 3 rot). Die ausgemachten Reviere sind als „wahrscheinliche Brut“ zu werten, ohne
Verortung des Brutplatzes (in Abbildung 3 gelb). Bei den Einzelnachweisen handelt es sich
um Vögel, bei denen revieranzeigendes Verhalten registriert wurde, jedoch nur einmalig,
sodass der Status als „mögliche Brut“ zu werten ist (in Abbildung 3 weiß).
Tabelle 2: Im Untersuchungsgebiet nachgewiesene Vogelarten
Deutscher Name Wissenschaftlicher Name RL-D RL-BB SPEC EU GS
Amsel Turdus merula - - E - §
Buchfink Fringilla coelebs - - - - §
Blaumeise Parus caeruleus - - E - §
Buntspecht Dendrocopos major - - - - §
Eichelhäher Garrulus glandarius - - - - §
Feldsperling Passer montanus V V 3 - §
Gartenbaumläufer Certhia brachydactyla - - E - §
Grünfink Carduelis chloris - - E - §
Gartengrasmücke Sylvia borin - - E - §
Girlitz Serinus serinus - V E - §
Gartenrotschwanz Phoenicurus phoenicurus - V 2 - §
Grünspecht Picus viridis - - 2 - §§
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Natur + Text Seite 3
Haussperling Passer domesticus V - 3 - §
Hausrotschwanz Phoenicurus ochruros - - - - §
Kohlmeise Parus major - - - - §
Kleiber Sitta europaea - - - - §
Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla - - E - §
Mauersegler Apus apus - - - - §
Nachtigall Luscinia megarhynchos - - E - §
Nebelkrähe Corvus cornix - - - - §
Neuntöter Lanius collurio - V 3 x §
Rotkehlchen Erithacus rubecula - - E - §
Ringeltaube Columba palumbus - - E - §
Star Sturnus vulgaris - - 3 - §
Stieglitz Carduelis carduelis - - - - §
Zaunkönig Troglodytes troglodytes - - - - §
Zilpzalp Phylloscopus collybita - - - - §
2015 neu hinzugekommen
RL-D: Rote Liste Deutschland (SÜDBECK et al. 2007)
RL-BB: Rote Liste Brandenburg (RYSLAVY & MÄDLOW 2008) 0 - ausgestorben oder verschollen
1 - vom Aussterben bedroht
2 - stark gefährdet
3 - gefährdet
V - Vorwarnliste
SPEC: Species of European Conservation Concern (BIRDLIFE INTERNATIONAL 2004) 1 - Art mit weltweitem Schutzbelang, i.d.R. global gefährdete Art, nahe der Gefährdung oder Daten defizitär
2 - Art deren Weltbestand sich auf Europa konzentriert und deren Erhaltungszustand ungünstig ist
3 - Art deren Weltbestand sich nicht auf Europa konzentriert, deren Erhaltungszustand aber ungünstig ist
E - Art deren Weltbestand sich auf Europa konzentriert, deren Erhaltungszustand aber günstig ist
EU: Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 2009/147/EG) x - Art im Anhang I gelistet
GS: gesetzlicher Schutz (BNatSchG i.V.m. BArtSchV und EUArtSchV) § - besonders geschützt
§§ - streng geschützt
Abbildung 2: Neuntöter ♂ (Foto: M. Thüring)
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Abbildung 3: Brutvogelkarte (Grundlage: DOP20c, © LGB)
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3.3 Auswirkungen und Empfehlungen
Im Brutvogelartenbestand gab es nur geringfügige Veränderungen im Vergleich zum 2010
kartierten Bestand. Von den neu hinzugekommen Arten ist v. a. der Neuntöter hervorzuhe-
ben, welcher im Anhang I der VS-RL aufgeführt ist. Bestandsgefährdete Arten sind nicht ver-
treten, artenschutzrechtlich sind jedoch alle europäischen Brutvogelarten relevant (vgl. §44
BNatSchG) und können im Gebiet insbesondere bei der Beseitigung von Gebäuden und
Gehölzbeständen beeinträchtig werden, da hier an mehreren Stellen Brutvorkommen fest-
gestellt wurden. Um Tötungen oder Verletzungen zu vermeiden, sollten die Eingriffe (Bau-
feldfreimachung) außerhalb der Brutzeit erfolgen (Hauptbrutzeit: März-September). Baube-
dingte Störungen sind zwar zu erwarten, jedoch sind diese nicht erheblich, da die
festgestellten Arten in Brandenburg weitgehend stabile Bestände aufweisen und sich der
Erhaltungszustand der lokalen Populationen durch vorübergehende Störwirkungen nicht ver-
schlechtert. Dies gilt auch für den Neuntöter. Problematischer ist hingegen der Lebensraum-
verlust. Es ist davon auszugehen, dass 53 der 90 festgestellten Reviere nach der Überprä-
gung des Gebietes nicht mehr besetzt werden können (Tabelle 3).
Tabelle 3: Bilanzierung der Brutvogel-Revierverluste
Deutscher Name Wissenschaftlicher Name Brutplatz Reviere Revierverluste
Amsel Turdus merula Baum 9 6
Buchfink Fringilla coelebs Baum 3 1
Blaumeise Parus caeruleus Höhle 6 4
Buntspecht Dendrocopos major Höhle 3 1
Eichelhäher Garrulus glandarius Baum 2 1
Feldsperling Passer montanus Höhle 3 3
Gartenbaumläufer Certhia brachydactyla Höhle 1 0
Grünfink Carduelis chloris Baum 5 3
Gartengrasmücke Sylvia borin Gebüsch 1 1
Girlitz Serinus serinus Gebüsch 3 2
Gartenrotschwanz Phoenicurus phoenicurus Höhle 2 2
Grünspecht Picus viridis Höhle 1 0
Haussperling Passer domesticus Höhle 3 0
Hausrotschwanz Phoenicurus ochruros Höhle 4 3
Kohlmeise Parus major Höhle 5 3
Kleiber Sitta europaea Höhle 1 1
Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla Gebüsch 6 3
Mauersegler Apus apus Gebäude 1 0
Nachtigall Luscinia megarhynchos Boden 5 4
Nebelkrähe Corvus cornix Baum 3 2
Neuntöter Lanius collurio Gebüsch 1 1
Rotkehlchen Erithacus rubecula Boden 4 3
Ringeltaube Columba palumbus Baum 6 1
Star Sturnus vulgaris Höhle 2 2
Stieglitz Carduelis carduelis Baum 1 1
Zaunkönig Troglodytes troglodytes Gebüsch 2 0
Zilpzalp Phylloscopus collybita Boden 7 5
Summe:
90 53
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Aufgeschlüsselt nach brutökologischen Gilden gehen 19 Höhlenbrüter-, 15 Baumbrüter-, 12
Bodenbrüter- und 7 Gebüschbrüterreviere verloren. Verlorengehende Höhlen und Nischen
an Gebäuden oder Bäumen können durch künstliche Nisthilfen ersetzt werden, die auf der
neu bebauten Fläche integriert (z. B. an Gebäuden) oder im nahen Umfeld angebracht wer-
den (z. B. an Bäumen), möglichst in der Nähe von Gehölzbeständen oder anderen Grünflä-
chen. Bewährt haben sich besonders langlebige Kästen aus Holzbeton, welche z. B. bei der
Firma Schwegler erhältlich sind (www.schwegler-natur.de). Ausgehend von den betroffenen
Vogelarten, ist der folgende Umfang anzusetzen:
4 x Höhlenkasten - 26 mm Einflugsloch
4 x Höhlenkasten - 32 mm Einflugsloch
2 x Höhlenkasten - 45 mm Einflugsloch
8 x Halbhöhlenkasten
Für den Buntspecht ist keine Nisthilfe notwendig, da er seine Bruthöhlen selber anlegen
kann. Für die Revierverluste von Baum-, Gebüsch- und gehölzgebundenen Bodenbrütern ist
ein Ausgleich auf der beplanten Fläche nur eingeschränkt möglich, da hier überwiegend Ver-
kehrs- und Gebäudeflächen entstehen und nur einzelne Baumpflanzungen vorgesehen sind,
die nur wenigen Brutpaaren Lebensraum bieten (z. B. Amsel oder Ringeltaube). Daher ist es
erforderlich, zusätzliche Kompensationsmaßnahmen außerhalb des B-Plan Gebietes durch-
zuführen. Die verloren gehenden Gehölzbestände sollten durch eine Pflanzung von gebiets-
heimischen und standortgerechten Bäumen und Gebüschen ausgeglichen werden (Flächen-
bilanz 1:1). Für den Neuntöter sind darüber hinaus solitär stehende Dornensträucher mit
angrenzendem, extensiv genutztem Offenland (Grünland, Ruderalflächen, Brachen) erforder-
lich. Es kann auch in Erwägung gezogen werden, die Neuntöter-Maßnahmen mit den Maß-
nahmen für Heuschrecken, Tagfalter und Stechimmen zu kombinieren, die z. T. auch exten-
sive Offenlandlebensräume benötigen.
4 Fledermäuse
4.1 Methodik
Der Untersuchungsumfang dieser Artengruppe umfasste fünf Begehungen mit Aus- bzw.
Einflugsbeobachtungen zur Ermittlung von Jagdhabitaten sowie Fortpflanzungs- und Ruhe-
stätten. Außerdem wurde eine Begehung zur Winterquartiersuche durchgeführt. Die Bege-
hungen wurden mittels Fledermausdetektor (Typ Batlogger, Firma Elekon AG) durchgeführt,
welcher die Fledermausrufe automatisch erfasst und per GPS verortet. Zusätzlich werden zu
jedem aufgezeichneten Ruf automatisch Datum, Uhrzeit und Temperatur erfasst. Die aufge-
zeichneten Ultraschallrufe wurden auf einen PC übertragen. Unter zu Hilfenahme einer Bio-
akustik-Software (Bat Explorer Version 1.10.4.0) werden Sonagramme generiert und anhand
charakteristischer Rufparameter lassen sich die aufgenommenen Fledermausrufe bis auf
Gattungs- bzw. Artniveau bestimmen. Für die Fledermäuse wurde insbesondere der westli-
che und östliche Teil des Untersuchungsgebietes beprobt, da hier durch die leer stehenden
Gebäude sowie die vorhandene halboffene Ruderalflur bzw. Gehölzbestände eine gute Aus-
sicht auf das Auffinden von Quartieren sowie Jagdhabitaten gegeben war. Der zentrale Teil
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(Tennisplätze) war zum Zeitpunkt der Begehungen (spätabends/frühmorgens) abgeschlos-
sen und vom Potential als Jagdhabitat bzw. Quartierstätte von geringem Potential.
Tabelle 4: Begehungstermine Fledermäuse
Begehungstermin Methode
19.06.2015 Detektorbegehung mit Ausflugsbeobachtung
13.07.2015 Detektorbegehung mit Ausflugsbeobachtung
18.08.2015 Detektorbegehung mit Einflugsbeobachtung
14.09.2015 Detektorbegehung mit Einflugsbeobachtung
23.10.2015 Detektorbegehung mit Einflugsbeobachtung
15.01.2016 Winterquartiersuche
Abbildung 4 zeigt das pro Untersuchungstermin abgelaufene Transekt. Für die Quartiersu-
che wurden mittels einer Stirnlampe und eines Endoskops Spalten und andere für Fleder-
mäuse geeignete Strukturen ausgeleuchtet, um einen entsprechenden Besatz festzustellen.
Da Winterquartiere in Gebäuden meist unterirdisch, also in den Kellerräumen, zu finden sind,
wurde vor allem hier gesucht. Darüber hinaus wurden auch alle anderen Stockwerke began-
gen, um anhand von Schmetterlingsflügeln oder Kot Sommerquartiere der Artengruppe fest-
zustellen. Bei den Bäumen wurden die für Fledermäuse geeigneten Strukturen mittels Leiter,
Stirnlampe und Endoskop auf einen möglichen Besatz oder Anzeichen einer vergangenen
Besiedlung (Kot, Verfärbungen etc.) hin untersucht.
Abbildung 4: Planungsraum und Transekt Fledermäuse (Grundlage: DOP20c, © LGB)
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Natur + Text Seite 8
4.2 Ergebnisse
Im Untersuchungsgebiet konnten fünf Fledermausarten mittels Detektor nachgewiesen wer-
den. Weitere zwei Arten konnten über die Winterquartiersuche nachgewiesen werden. Somit
ist von mindestens sieben Fledermausarten im Planungsraum auszugehen. In folgender Ta-
belle 5 werden die im Untersuchungsgebiet vorkommenden Fledermäuse sowie ihr Status im
Untersuchungsraum aufgeführt.
Tabelle 5: Im Untersuchungsgebiet nachgewiesene Fledermausarten
Deutscher Name Wissenschaftlicher Name
FFH RL Dtl. Nach-weis
I Gattung Eptesicus
1 Breitflügelfledermaus Eptesicus serotinus IV G D
II Gattung Myotis
2 Fransenfledermaus Myotis nattereri IV * WQ
III Gattung Nyctalus
3 Abendsegler Nyctalus noctula IV V D
IV Gattung Pipistrellus
4 Rauhautfledermaus Pipistrellus nathusii IV * D, (WQ?)
5 Zwergfledermaus Pipistrellus pipistrellus IV * D, (WQ?)
6 Mückenfledermaus Pipistrellus pygmaeus IV D D, (WQ?)
V Gattung Plecotus
7 Graues Langohr Plecotus austriacus IV 2 WQ
D = Detektor, WQ = Winterquartiersuche
FFH - Schutz nach der FFH-Richtlinie (Anhänge):
II - für die Art sind Schutzgebiete auszuweisen; IV - streng geschützte Art (Quelle: FFH-RICHTLINIE 1992) RL Dtl. - Rote Liste Deutschland 2008:
0 - ausgestorben oder verschollen; 1 - vom Aussterben bedroht; 2 - stark gefährdet; 3 - gefährdet; G - Gefährdung unbekannten Ausmaßes; R - extrem selten; V - Arten der Vorwarnliste; D - Daten unzureichend; * - ungefährdet (Quelle: MEINIG et al. 2009)
Die Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) wurde ausschließlich im Juli und vor allem
entlang der Gehölzreihen auf dem Sportgelände des Humboldt-Gymnasiums angetroffen
sowie zwischen dem ehemaligen Straßenbahndepot und dem Verbindungsweg von Hein-
rich-Mann-Allee und Kolonie Daheim. Jagende Tiere wurden entlang der Gehölzreihen auf
dem Sportgelände des Humboldt-Gymnasiums beobachtet. Sie zählt zu den gebäudebe-
wohnenden Fledermausarten. Sommer- oder Winterquartiere der Art im Planungsraum wur-
den nicht nachgewiesen.
Die Fransenfledermaus (Myotis nattereri) wurde ausschließlich während der Winterquar-
tiersuche im Januar nachgewiesen. Dabei konnten im nordöstlichen Teil des Kellers des
ehemaligen Straßenbahndepots zwei Tiere in einer Spalte in der Backsteinwand festgestellt
werden (siehe Abbildung 5).
Der Abendsegler (Nyctalus noctula) wurde zwischen Juni und August im gesamten Unter-
suchungsgebiet nachgewiesen. Die Art wurde wiederholt beim Jagen auf der Ruderalfläche
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Natur + Text Seite 9
zwischen ehemaligem Straßenbahndepot und der Straße am Alten Friedhof beobachtet.
Typische Sommerquartiere der Art finden sich in Baumhöhlen, Winterquartiere hingegen in
hohen Gebäuden aus Plattenbauweise (Spalten in Fassade, Dämmmaterial im Drempel). Es
wurden weder Sommer- noch Winterquartiere der Art im Planungsraum nachgewiesen.
Die Rauhautfledermaus (Pipistrellus nathusii) wurde ebenfalls zwischen Juni und August
vereinzelt im Untersuchungsgebiet nachgewiesen. Hier wurde sie entlang der Fassade des
Plattenbaus an der Heinrich-Mann-Allee erfasst, zwischen der Sporthalle und den Tennis-
plätzen sowie auf dem Sportgelände des Humboldt-Gymnasiums. Die Art bezieht gelegent-
lich im Sommer und regelmäßig im Winter Spaltenquartiere an Gebäuden. Im nordöstlichen
Teil des Kellers des ehemaligen Straßenbahndepots wurden sechs Tiere der Gattung Pipist-
rellus im Winterschlaf aufgefunden (siehe Abbildung 6). Eine genauere Artbestimmung war
jedoch nicht möglich, es könnte sich aber um ein Winterquartier dieser Art handeln. Deswei-
teren fand sich Fledermauskot im Keller, was auf eine Nutzung dieses auch in der Aktivitäts-
zeit hindeutet. Größere Ansammlungen von Kot fanden sich in der Halle des ehemaligen
Straßenbahndepots (siehe Abbildung 7) und hier direkt unter beschädigten Hohlblocksteinen
an der Decke der Halle (siehe Abbildung 8). Die so freigelegten Höhlungen in den Steinen
dienen kleineren Fledermausarten wie der Rauhautfledermaus als Sommerquartier. Die An-
zahl und der Zustand der Kotfunde lässt auf den gesamten Sommer über genutzte Einzel-
quartiere schließen. Ebenfalls größere Mengen an Kot fanden sich im direkt an das Depot
angrenzende Gebäude (vermutlich Trafohaus). Der relativ kleine Kot fand sich hier am Bo-
den des Erdgeschosses. Die Tiere hingen vermutlich frei an der Decke, da Spalten oder ähn-
liches fehlen. Auch hier lassen die Anzahl und der Zustand der Kotfunde auf den gesamten
Sommer über genutzte Einzelquartiere kleinerer Fledermausarten schließen.
Die Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) wurde auch zwischen Juni und August im
gesamten Untersuchungsgebiet nachgewiesen. Von dieser Art wurden vereinzelt Sozialrufe
in Nähe des ehemaligen Straßenbahndepots sowie in Nähe des kleineren Plattenbaus auf-
gezeichnet. Sie zählt zu den typischen Gebäudebewohnern und ist bei uns die häufigste Art
in den Städten. Im nordöstlichen Teil des Kellers des ehemaligen Straßenbahndepots wur-
den sechs Tiere der Gattung Pipistrellus aufgefunden. Eine genauere Artbestimmung war
jedoch nicht möglich, es könnte sich aber um ein Winterquartier dieser Art handeln. Dassel-
be gilt als Sommerquartier für die Einzelquartiere in der Hallendecke des ehemaligen Stra-
ßenbahndepots sowie des vermeintlichen Trafohauses.
Die Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus) wurde als einzige Art über den gesamten
Untersuchungszeitraum sowie im gesamten Untersuchungsraum nachgewiesen. Jagende
Tiere wurden auf der Offenfläche hinter dem kleineren Plattenbau sowie auf der angrenzen-
den Ruderalfläche beobachtet. Zudem wurden vereinzelt Sozialrufe am baumbestandenen
Verbindungsweg zwischen Heinrich-Mann-Allee und Kolonie Daheim sowie in Nähe des
kleineren Plattenbaus aufgezeichnet. Die Art bevorzugt spaltenförmige Quartiere an Bäumen
und Gebäuden. Wie bei den beiden zuvor behandelten Pipistrellen-Arten ist auch hier die
Möglichkeit gegeben, dass diese Art das ehemalige Straßenbahndepot sowie das vermeintli-
che Trafohaus als Sommer- und Winterquartier nutzt. Quartiere der Art an Bäumen wurden
nicht aufgefunden.
Das Graue Langohr (Plecotus austriacus) wurde ausschließlich während der Winterquar-
tiersuche im Januar nachgewiesen. Dabei konnte im nordöstlichen Teil des Kellers des ehe-
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Natur + Text Seite 10
maligen Straßenbahndepots ein einzelnes Tier in einer Spalte in einer Backsteinwand fest-
gestellt werden (siehe Abbildung 9).
Für die übrigen Gebäude konnte kein Quartiersnachweis erbracht werden. Die beiden Plat-
tenbauten an der Heinrich-Mann-Allee wiesen in den Innenräumen der oberen Stockwerke
vereinzelt Fledermauskot auf und es fanden sich Schmetterlingsflügel. Anzahl und Zustand
der Funde lassen aber auf eine frühere und sporadische sowie vereinzelte Nutzung dieser
Gebäude im Sommer schließen. Dasselbe gilt auch für einen Teil der übrigen Gebäude, an-
dere wiederum weisen so starke Vandalismusschäden auf, dass diese als Fledermausquar-
tier nicht infrage kommen. Im Altgutachten von NATUR & TEXT IN BRANDENBURG GMBH 2011
wurde ein Fledermausquartier in einem Baum (Sommer-Linde) nachgewiesen, dieser befin-
det sich an dem Fußgängerweg zwischen den Tennisplätzen und dem Straßenbahndepot
(siehe Abbildung 11). Weitere Quartiere an Bäumen, konnten aktuell nicht nachgewiesen
werden.
Abbildung 5: Fransenfledermaus im Winterquartier (Keller Straßenbahndepot) (Foto: J. Terasa)
Abbildung 6: Pipistrelle im Winterquartier (Keller Straßenbahndepot) (Foto: J. Terasa)
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Abbildung 7: Fledermauskot auf dem Boden vom Straßenbahndepot (Foto: J. Terasa)
Abbildung 8: Beschädigter Hohlblockstein (Decke Straßenbahndepot) (Foto: J. Terasa)
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Abbildung 9: Graues Langohr, Winterquartier (Keller Straßenbahndepot) (Foto: J. Terasa)
Abbildung 10: Baumspalt in Sommer-Linde mit Fledermauskot
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Abbildung 11: Ergebnisse der Fledermauserfassungen (Grundlage: DOP20c, © LGB)
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4.3 Auswirkungen und Empfehlungen
Im Planungsraum finden sich Jagdhabitate des Abendseglers, der Breitflügelfledermaus und
der Mückenfledermaus (siehe schraffierte Flächen in Abbildung 11). Diese finden sich auf
der großen Ruderalfläche im Norden des Planungsraumes und entlang der Gehölzreihe auf
dem Sportplatz des Humboldt-Gymnasiums. Lassen sich diese Jagdgebiete nicht erhalten,
so sollte in unmittelbarer Nähe Ausgleich geschaffen werden. Bspw. könnte in der laut B-
Plan festgesetzten Öffentlichen Grünanlage ein Blumenrasen angelegt werden, welcher ge-
nügsame Pflanzenarten enthält, die eine hohe Attraktivität für Nachtfalter besitzen (z. B.
Wiesen-Salbei, Spitz-Wegerich, Gew. Hornklee, Saat-Luzerne, Wiesen-Schafgarbe, Acker-
Lichtnelke und Gemeines Leimkraut).
Zudem wurden Sommer- und Winterquartiere von Arten aus der Gattung Pipistrellus sowie
Winterquartiere von Fransenfledermaus und Grauem Langohr nachgewiesen. Sommer- und
Winterquartiere finden sich im ehemaligen Straßenbahndepot sowie in einer Sommer-Linde,
nur Sommerquartiere im vermeintlichen Trafohaus (siehe gelbe, grüne und weiße Dreiecke
in Abbildung 11). Der Verlust von Quartieren sollte durch Ersatzhängungen kompensiert
werden. Quartierverluste an Gebäuden sollten durch entsprechende in die Fassade der
Neubauten integrierbare Ersatzkästen ausgeglichen werden. Für den Verlust des Winter-
quartieres im Straßenbahndepot bieten sich die Schwegler Ganzjahres-Einbauquartiere 1WI
und 3FE (mit Anflugaufsatz) an, welche in die Fassade eines der geplanten Neubauten ein-
gelassen werden können. Dieselben Typen können auch als Ersatz für die verlorengehen-
den Sommerquartiere genutzt werden, alternativ können aber auch reine Sommerkästen
(bspw. der Schwegler-Typ 1FE oder 2FR) verwendet werden. Quartierverluste an Bäumen
hingegen durch Ersatzhängungen von Kästen an Bäumen im Planungsraum (bspw. durch
den Ganzjahresquartierkasten Schwegler-Typ 1FW). Insgesamt sollten zur Kompensation
zwei Sommerquartierkästen und ein Winterquartierkasten als Ersatzhängungen an Gebäu-
den erfolgen sowie ein Ganzjahresquartierkasten als Ersatzhängung an einem Baum. Die
Ausrichtung der Kästen an den Fassaden und am Baum sollte der Wetterseite (Westseite)
abgewandt und in einer Mindesthöhe von 3-5m erfolgen. Um die kontinuierliche Funktionsfä-
higkeit der vorgefundenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im Planungsraum zu gewährleis-
ten, sollten die Ersatzhängungen noch vor dem Abriss bzw. Fällung der Quartierstätten in
räumlicher Nähe als CEF-Maßnahmen erfolgen1.
Der Abriss des vermeintlichen Trafohauses, in welchem Sommerquartiere nachgewiesen
wurden, sollte außerhalb der Aktivitätszeit der Fledermäuse (Hauptaktivität: April bis Okto-
ber) stattfinden, wenn keine Tiere im Gebäude zu erwarten sind. Der Abriss des ehemaligen
1 Anmerkung: Die Pro Potsdam GmbH bietet an, drei Ersatzkästen für die verlorengehenden
Gebäudequartiere an einem bestehenden Gebäude in unmittelbarer Umgebung des Pla-
nungsraumes noch vor Beginn der Bauarbeiten anzubringen. Weitere drei Ersatzkästen wür-
den dann während der Bauarbeiten in die Fassade eines der Neubauten eingelassen wer-
den. Zum Ende der Baumaßnahme würden dann die ersten drei Kästen - nach Prüfung auf
eventuellen Besatz - von dem bestehenden Gebäude wieder abgehängt und in einen weite-
ren Neubau integriert werden. Somit würde der Verlust der Gebäudequartiere doppelt aus-
geglichen.
Artenschutzfachliche Untersuchungen zum B-Plan 104, Stadt Potsdam
Natur + Text Seite 15
Straßenbahndepots, in welchem Sommer- und Winterquartiere nachgewiesen wurden, sollte
im zeitigen Frühjahr oder im Herbst erfolgen. Hierbei sollte durch einen Fachgutachter direkt
vor Baubeginn geklärt werden, ob die Fledermäuse ihr Winterquartier bereits verlassen ha-
ben bzw. noch nicht bezogen haben und ob bereits durchreisende Frühjahrs- oder
Herbstzügler in der Dachkonstruktion Quartier bezogen haben. Störungen winterschlafender
Tiere durch Abrissarbeiten sind zu vermeiden.
5 Amphibien und Reptilien
5.1 Methodik
Die Erfassung der Amphibien und Reptilien erfolgte an sechs Terminen (Tabelle 6). Zur Kar-
tierung von Reptilien wurde das Untersuchungsgebiet (Abbildung 1) bei günstigen Witte-
rungsbedingungen (sonnig, warm, windstill) langsam abgeschritten und visuell auf Reptilien
abgesucht. Dabei wurden insbesondere potentielle Sonnenplätze (vegetationsfreie Flächen,
die Vegetation überragende Strukturen) und Tagesverstecke (auf dem Boden liegendes To-
tholz und Reisig, Steine, Müll etc.) geprüft. Der Fokus lag dabei auf der potentiell zu erwar-
tenden Zauneidechse. Die Amphibienerfassung beschränkte sich auf die Kontrolle von po-
tentiellen Landverstecken (z. B. auf dem Boden liegende Steine und lose Bretter), da im
Gebiet keine Gewässer vorhanden sind, welche als Laichgewässer dienen könnten. Im Nor-
malfall werden Amphibien am Gewässer erfasst, da dies wesentlich effektiver ist, als die
Landhabitate abzusuchen, in denen Nachweise eher Zufallscharakter haben.
Tabelle 6: Begehungstermine Amphibien und Reptilien
Begehungstermin Wetter
19.05.2015 15°C, Windstärke 3, 60 % Bewölkung, kein Niederschlag
09.06.2015 19°C, Windstärke 2, 60 % Bewölkung, kein Niederschlag
15.06.2015 17°C, Windstärke 3, 10 % Bewölkung, kein Niederschlag
03.07.2015 26°C, Windstärke 2, 20 % Bewölkung, kein Niederschlag
11.08.2015 25°C, Windstärke 2, 10 % Bewölkung, kein Niederschlag
12.08.2015 29°C, Windstärke 2, 30 % Bewölkung, kein Niederschlag
5.2 Ergebnisse
Im Untersuchungsgebiet konnten weder Amphibien noch Reptilien festgestellt werden. Für
Amphibien sind nur potentielle Landhabitate vorhanden, da für eine Reproduktion Laichge-
wässer fehlen. Allerdings scheint das Gebiet auch als Landlebensraum von untergeordneter
Bedeutung zu sein, weil auch im näheren Umfeld keine Gewässer aufgefallen sind, welche
als Laichplatz dienen könnten. Das nächstliegende Gewässer befindet sich ca. 400 m nor-
döstlich. Es ist nicht auszuschließen, dass gelegentlich einige weiter wandernde Tiere, wie
z. B. die Erdkröte (Bufo bufo), auch in das Vorhabensgebiet gelangen. Die Wahrscheinlich-
keit ist aber gering.
Reptilien sind ebenfalls nicht nachgewiesen worden, obwohl das Lebensraumpotential Vor-
kommen von Arten wie Zauneidechse (Lacerta agilis), Waldeidechse (Zootoca vivipara) und
Blindschleiche (Anguis fragilis) durchaus erwarten lässt. Dass die offenen, ruderalisierten
Flächen im nordwestlichen Teil des UG nicht von Zauneidechsen besiedelt sind, hängt wahr-
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Natur + Text Seite 16
scheinlich mit dem relativ hohen Isolationsgrad der Fläche zusammen, denn die vorhande-
nen Strukturen bieten ein augenscheinlich ideales Habitat für die Art (z. B. Abbildung 12).
Gäbe es eine Anbindung an eine angrenzende Population, wäre die Fläche sicherlich schon
besiedelt worden.
Abbildung 12: Für Zauneidechsen pot. geeignete Habitatstrukturen (Foto: M. Thüring)
5.3 Auswirkungen und Empfehlungen
Da weder Amphibien noch Reptilien im Gebiet nachgewiesen werden konnten, sind keine
erheblichen Auswirkungen zu erwarten.
6 Wirbellose
6.1 Methodik
In Anlehnung an die Kartierung von 2010 wurden folgende Artengruppen betrachtet:
- Heuschrecken,
- Tagfalter,
- Stechimmen,
- Libellen,
- xylobionte Käfer (nur Eremit und Heldbock).
Zur Erfassung dieser Gruppen wurden insgesamt fünf Begehungen des Geländes durchge-
führt, bei denen jeweils unterschiedliche Arten im Focus standen:
Tabelle 7: Begehungstermine Wirbellose
Begehungstermin Artengruppe(n)
29.04.2015 xylobionte Käfer
09.06.2015 Stechimmen, Tagfalter, Libellen
03.07.2015 Stechimmen, Heuschrecken
11.08.2015 Tagfalter, Heuschrecken
12.08.2015 Stechimmen
Artenschutzfachliche Untersuchungen zum B-Plan 104, Stadt Potsdam
Natur + Text Seite 17
Die Nachsuche nach möglichen Brutbäumen des Eremiten und des Heldbocks erfolgte im
gesamten Untersuchungsraum anhand der charakteristischen Spuren (Chitinreste oder Kot-
pillen in großen Mulmhöhlen bzw. Fraßgänge) an ausreichend stark erscheinenden Laub-
bäumen.
Für alle übrigen Artengruppen wurde gezielt der westliche Teil des Untersuchungsgebietes
beprobt, da nur auf der hier vorhandenen halboffenen Ruderalflur ein gutes Lebensraumpo-
tential gegeben war. Die Abgrenzung dieses Areals ergibt sich aus Abbildung 13.
Abbildung 13: Untersuchungsgebiet Wirbellose (Grundlage: DOP20c, © LGB)
Die Erfassung von Stechimmen und Tagfaltern erfolgte durch Sichtbeobachtung und Ke-
scherfang. Die Stechimmen konnten nur zum Teil direkt im Gelände bestimmt werden, der
überwiegende Anteil der Individuen wurde zur Determination unter dem Binokular abgetötet
und mitgenommen.
Heuschrecken wurden überwiegend durch Wahrnehmung der artspezifischen Gesänge er-
fasst. Ergänzend erfolgte eine visuelle Nachsuche nach nicht stridulierenden Arten, speziell
nach Ödlandschrecken.
Nach Libellen wurde nicht gezielt gesucht, da keine Gewässer auf dem Gelände vorhanden
sind. Wie schon 2010 gelangen jedoch Beobachtungen von Nahrungsgästen.
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Natur + Text Seite 18
6.2 Ergebnisse
Heuschrecken
Im Rahmen der Untersuchung wurden 13 Heuschreckenarten nachgewiesen. Tabelle 8
enthält eine Gesamtartenliste mit Angaben zu den aktuellen Gefährdungs- und Schutzkate-
gorien sowie der im Untersuchungsgebiet ermittelten Häufigkeitsklassen.
Zum aufgenommenen Bestand gehören weder landes- noch bundesweit gefährdete Heu-
schrecken, allein die Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens) wird auf der
bundesdeutschen Vorwarnliste (MAAS et al. 2011) geführt. Auch fallt sie als einzige unter den
besonderen Schutz der Bundesartenschutzverordnung (BARTSCHV 2005). Die Heuschre-
ckenzoenose prägen Arten, die ihren Schwerpunkt in trockenen Pionierbiotopen haben und
lückige Vegetation bevorzugen. In besonderem Maße betrifft das die Blauflügelige Ödland-
schrecke (Oedipoda caerulescens) und den Braunen Grashüpfer (Chorthippus brunneus),
welche auf Rohboden angewiesen sind und entsprechend lokal, an geeigneten Plätzen aber
durchaus häufig auftreten (vgl. Abbildung 14).
Abbildung 14: Plätze mit lückiger Vegetation und Rohbodenstellen (links) bieten der Blauflügeligen Öd-
landschrecke (Oedipoda caerulescens) geeignete Habitate
Auch die Arten Verkannter Grashüpfer (Chorthippus mollis) und Nachtigall-Grashüpfer
(Chorthippus biguttulus) gehören zum xerophilen Spektrum. Beide finden in den durch lücki-
ge Vegetation geprägten Ruderalfluren im westlichen Teil des Vorhabensgebietes geeignete
Habitate und waren hier mit hohen Individuendichten präsent. Selbiges gilt für den Wieseng-
rashüpfer (Chorthippus dorsatus) wenngleich dieser sowohl gegenüber dem Faktor Feuch-
tigkeit als auch der Vegetationsstruktur eine größere Toleranz besitzt und z.B. auch Wirt-
schaftsgrünländer stetig besiedelt. Typische, wenn auch relativ eurytope Grünlandarten
wurden mit Gemeinem Grashüpfer (Chorthippus parallelus) und dem Weißrandigen Gras-
hüpfer (Chorthippus albomarginatus) nachgewiesen. Beide Arten verhalten sich mesophil
und finden auf der durch Trockenheit gekennzeichneten Vorhabensfläche eher pessimale
Bedingungen. Die vereinzelt registrierte Große Goldschrecke (Chrysochraon dispar) besie-
delt höhere Vegetation an feuchten bis mäßig trockenen Plätzen (HÖHNEN et al. 2000). Ne-
ben extensiv bewirtschafteten Grünländern stellen Saumbiotope verbreitet geeignete Le-
bensräume dar. Nachweise auf der Vorhabensfläche beziehen sich z.B. auf einen zwischen
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Natur + Text Seite 19
Gehölzen und ruderalen Staudenfluren vermittelnden Brombeerbestand, welcher sich gleich-
falls als Habitat der Gewöhnlichen Strauchschrecke (Pholidoptera griseoaptera) erwies.
Tabelle 8: Gesamtliste der nachgewiesenen Heuschreckenarten mit Angabe ihrer überregionalen und
regionalen Gefährdungseinstufung und Häufigkeiten auf den Untersuchungsflächen.
Art RL D RL Brb BArtSchV Häufigkeit
Laubheuschrecken
Conocephalus discolor Langflüglige Schwertschrecke
* * x
Tettigonia viridissima Grünes Heupferd
* * x
Metrioptera roeseli Roesels Beißschrecke
* * sv
Pholidoptera griseoaptera Gewöhnliche Strauchschrecke
* * x
Feldheuschrecken
Oedipoda caerulescens Blauflügelige Ödlandschrecke
V * Lokal h
Chrysochraon dispar Große Goldschrecke
* * v
Chorthippus albomarginatus Weißrandiger Grashüpfer
* * x
Chorthippus apricarius Feldgrashüpfer
* * sv
Chorthippus biguttulus Nachtigall-Grashüpfer
* * h
Chorthippus brunneus Brauner Grashüpfer
* * v-h
Chorthippus dorsatus Wiesengrashüpfer
* * h
Chorthippus mollis Verkannter Grashüpfer
* * sh
Chorthippus parallelus Gemeiner Grashüpfer
* * x
Gefährdungseinstufungen für Deutschland („RL D“) nach MAAS et al. 2011 und für Brandenburg („RL Brb“) nach
KLATT et al. 1999: 1: vom Aussterben bedroht, 2: stark gefährdet, 3: gefährdet, V: Vorwarnliste, *: nicht gefährdet,
(Leer): keine Einstufung.
Schutz laut Bundesartenschutzverordnung (BARTSCHV 2005): §: besonders geschützt
Häufigkeitseinstufungen für die Probeflächen: e = Einzelnachweis, sv = sehr vereinzelt, v = vereinzelt, h = häufig,
sh = sehr häufig, x = Nachweis ohne Häufigkeitsangabe.
Der sich aus regional weit verbreiteten und vielerorts häufigen Heuschrecken rekrutierende
Bestand lässt lediglich auf eine geringe Bedeutung des Vorhabensgebiet für den Artenschutz
schließen. Dennoch stellt sich die ermittelte Fauna im Kontext des urbanen und überwiegend
dicht bebauten Umfeldes artenreich dar. Das Untersuchungsergebnis unterstreicht die Funk-
Artenschutzfachliche Untersuchungen zum B-Plan 104, Stadt Potsdam
Natur + Text Seite 20
tion innerstädtischer Brachen für mobile und ausbreitungsaktive Arten mit geringem Raum-
anspruch.
Tagfalter
Im Rahmen der Untersuchungen wurden 16 Tagschmetterlingsarten nachgewiesen. Tabelle
9 führt diese in einer Gesamtartenliste auf und enthält Angaben zum Schutzstatus lt. Bun-
desartenschutzverordnung (BARTSCHV 2005). Ferner werden die ermittelten Häufigkeiten
notiert. Der aufgenommene Bestand umfasst weder landes- noch bundesweit gefährdete
Arten (GELBRECHT et al. 2001, REINHARDT & BOLZ 2011). Vielmehr rekrutiert er sich aus re-
gional weit verbreitete und vielerorts häufigen Tagschmetterlingen, wobei es sich beinahe
durchweg um sehr flugaktive Pionierarten handelt. Diese können neu entstandene Lebens-
räume schnell besiedeln und sind damit in der Lage, auch kurzlebige Biotope zu nutzen, be-
vor diese z.B. durch das Voranschreiten der natürlichen Sukzession ihre Habitateignung
wieder verlieren. Eine hohe Flugaktivität ermöglicht den Pionierarten aber auch die Nutzung
von Nektarquellen fernab geeigneter Entwicklungsstätten, so dass ihre Larval- und Imaginal-
habitate oft räumlich voneinander getrennt sind. So lassen auch die vorliegenden Falterbeo-
bachtungen nicht immer auf eine Funktion des Untersuchungsraumes als Entwicklungsstätte
schließen. Ausgehend von der floristischen Ausstattung des Geländes treten z.B. die im Lar-
valstadium bevorzugt an Großer Brennessel (Urtica dioica) lebenden Arten Tagpfauenauge
(Inachis io), Kleiner Fuchs (Aglais urticae) und Admiral (Vanessa atalanta) hier in erster Linie
als Nektargäste auf. Gleiches gilt für den Kleinen Perlmutterfalter (Issoria lathonia), dessen
Raupe sich an Veilchen (Viola spp.), insbesondere dem Acker-Stiefmütterchen (Viola arven-
sis) entwickelt. Typische Larvalhabitate dieses Schmetterlings bilden Ackerrandstreifen und
junge Brachen während die im Untersuchungsgebiet vorherrschenden ausdauernden Rude-
ralgesellschaften als Nektarhabitat fungieren. Die große Familie der Bläulinge (Lycaenidae)
ist in der Bestandsaufnahme lediglich durch zwei Arten vertreten. Während für den Kleinen
Feuerfalter (Lycaena phlaeas) ein Einzelnachweis gelang, wurde der Hauhechelbläuling (Po-
lyommatus icarus) zeitweise häufig registriert. Ausgedehnte Ansiedlungen der Luzerne (Me-
dicago sativa) bilden ein geeignetes Larvalhabitat für diesen in der Region noch weit verbrei-
teten Bläuling (siehe Abbildung 15).
Abbildung 15: Der Hauhechelbläuling (Polyommatus icarus) findet in den ausgedehnten Beständen der
Luzerne (Medicago sativa) geeignete Larvalhabitate (Fotos: I. Rödel)
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Natur + Text Seite 21
Für die graminiphagen Raupen der erfassten Dickkopf- und Augenfalter (Hesperiidae et. Sa-
tyridae) bietet die Fläche neben attraktiven Nektarquellen ebenfalls potenzielle Larvalhabita-
te. Insbesondere im Fall des Kleinen Heufalters (Coenonympha pamphilus) weist das häufi-
ge Auftreten der Imagines auf eine entsprechende Funktion hin.
Tabelle 9: Gesamtliste der nachgewiesenen Tagschmetterlinge mit Angaben zum Schutz laut Bundesar-
tenschutzverordnung sowie zur Gefährdung nach den gültigen Roten Listen.
Die Häufigkeiten ergeben sich als Maximumverknüpfung aus denjenigen der einzelnen Begehungen, wobei meh-
rere Einzelnachweise zu „Sehr vereinzelt“ zusammengeführt werden.
Art
BA
rtS
ch
V
Rote
Liste Häufigkeiten
Bb
g.
BR
D
Familie Hesperiidae (Dickkopffalter)
Thymelicus lineola (Ochsenheimer, 1808)
Schwarzkolbiger Braun-Dickkopffalter sv
Ochlodes venata (Bremer & Grey, 1853)
Rostfarbiger Dickkopffalter e
Familie Pieridae (Weißlinge)
Pieris brassicae (Linnaeus, 1758)
Großer Kohl-Weißling sv
Pieris rapae (Linnaeus, 1758)
Kleiner Kohl-Weißling sv
Pieris napi (Linnaeus, 1758)
Grünader-Weißling sv
Gonepteryx rhamni (Linnaeus, 1758)
Zitronenfalter e
Familie Lycaenidae (Bläulinge)
Lycaena phlaeas (Linnaeus, 1761)
Kleiner Feuerfalter x e
Polyommatus icarus (Rottemburg, 1775)
Hauhechel-Bläuling x v
Familie Nymphalidae (Edelfalter)
Issoria lathonia (Linnaeus, 1758)
Kleiner Perlmutterfalter sv
Vanessa atalanta (Linnaeus, 1758)
Admiral e
Inachis io (Linnaeus, 1758)
Tagpfauenauge sv
Aglais urticae (Linnaeus, 1758)
Kleiner Fuchs e
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Natur + Text Seite 22
Art
BA
rtS
ch
V
Rote
Liste Häufigkeiten
Bb
g.
BR
D
Familie Satyridae (Augenfalter)
Coenonympha pamphilus (Linnaeus, 1758)
Kleiner Heufalter x h
Aphantopus hyperantus (Linnaeus, 1758)
Schornsteinfeger sv
Maniola jurtina (Linnaeus, 1758)
Großes Ochsenauge sv
Melanargia galathea (Linnaeus, 1758)
Schachbrett sv
Gesamtergebnis (16 Arten) 3 / /
Legende zu Tabelle 9:
BArtSchV = Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV 2005),
Bbg. = Rote Liste des Landes Brandenburg (GELBRECHT et al. 2001),
BRD = Rote Liste der Bundesrepublik Deutschland (REINHARDT & BOLZ 2011)
Gefährdungskategorien der Roten Listen: (grau geschriebene Kategorien traten nicht auf)
0 = Ausgestorben oder verschollen
1 = Vom Aussterben bedroht
2 = Stark gefährdet
3 = Gefährdet
V = Vorwarnliste
R = Extrem seltene Art
D = Daten unzureichend
Schutzstatus: (grau geschriebene Kategorien traten nicht auf)
x = besonders geschützt nach Bundesartenschutzverordnung
+ = streng geschützt nach Bundesartenschutzverordnung
Häufigkeitsangaben:
e = Einzelnachweis sh = sehr häufig (>25 Individuen)
sv = sehr vereinzelt (ca. 2-5 Individuen) x = Nachweis ohne Häufigkeitsangabe
v = vereinzelte (weniger Nachweise,
ca. 6-12 Individuen)
l = lokales Auftreten (nur in Teilberei-
chen der Probefläche)
h = häufig (individuenreiches Auftre-
ten, ca. 13-25 Individuen)
RR = Nachweise mehrere Raupen
Bei der Bewertung der Untersuchungsergebnisse ist zu berücksichtigen, dass viele heimi-
sche Tagschmetterlinge während der Saison 2015 in Brandenburg außergewöhnlich
schwach vertreten waren. Ursachen hierfür werden in extremen Witterungsperioden, wie
dem sehr milden Winter 2014/15 gesehen. Diese überregionalen Rahmenbedingungen be-
einflussen trotz methodischem Erfassungsstandard die Ergebnisse der Untersuchung. Im
Artenschutzfachliche Untersuchungen zum B-Plan 104, Stadt Potsdam
Natur + Text Seite 23
Hinblick auf den Bestand der Tagschmetterlinge wird eingeschätzt, dass in günstigeren Jah-
ren nicht nur weitere Arten hinzu kommen, sondern auch eine höhere Individuendichte zu
erwarten ist. Letztere Annahme gründet sich auf das gute Angebot an attraktiven Nektarquel-
len, wie es für innerstädtische Brachen durchaus typisch ist. Es umfasst neben den stellen-
weise vorherrschenden Bestände der Luzerne (Medicago sativa) weitere Elemente ruderaler
Pionierfluren wie Wilde Möhre (Daucus carota), Natternkopf (Echium vulgare) und Graukres-
se (Berteroa incana). Ferner bietet ein ausgedehnter Brombeerbestand während seiner
Blühperiode wertvolle Nektarquellen für Tagschmetterlinge.
Die Ergebnisse verweisen auf eine geringe Bedeutung des Vorhabensgebietes für den Ar-
tenschutz der Tagschmetterlinge. Ausschlaggebend für diese Einschätzung ist das Fehlen
von vordringlich schützenswerten Arten, wie z. B. solchen mit landes- oder bundesweitem
Gefährdungsstatus. Als Ursachen hierfür werden die geringe Größe des Lebensraumes und
seine isolierte Lage im urbanen Raum angesehen. Ungeachtet dessen erweist sich die Flä-
che im Kontext des Stadtgebietes als vergleichsweise attraktiver Tagfalterlebensraum.
Stechimmen
Auf den Untersuchungsflächen wurden insgesamt 40 Stechimmenarten nachgewiesen. Das
Artenspektrum einschließlich der Gefährdungseinstufungen für Deutschland und Branden-
burg ist in Tabelle 10 dargestellt.
Tabelle 10: Nachgewiesene Stechimmen im Untersuchungsgebiet
Gattung Art RL D RL Brb BAV
Bienen
Anthidium oblongatum V V +
punctatum 3 3 +
Apis mellifera *
Bombus hypnorum * +
lapidarius * +
pascuorum * +
terrestris * +
veteranus 3 3 +
Coelioxys conica * +
Dasypoda hirtipes * +
Hylaeus pictipes * +
Lasioglossum morio * +
Megachile ericetorum V * +
Melitta leporina * +
Nomada flavopicta * +
Osmia adunca V * +
aurulenta * +
crenulata V V +
Sphecodes ephippius * +
albilabris * +
Goldwespen
Hedychrum nobile * *
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Natur + Text Seite 24
Gattung Art RL D RL Brb BAV
Wegwespen
Anoplius viaticus *
Arachnospila anceps *
spissa *
Episyron rufipes *
Grabwespen
Cerceris arenaria * *
quinquefasciata * *
rybyensis * *
Diodontus minutus * *
Dryudella stigma 3 *
Oxybelus bipunctatus * *
Philanthus triangulum * *
Tachysphex tarsinus 3 2
unicolor * *
Pemphredon lethifer * *
Rollwespen
Tiphia femorata *
Spinnenameisen
Smicromyrme rufipes * *
Faltenwespen
Polistes dominulus * *
Vespa crabro * * +
Vespula vulgaris * *
Gefährdungseinstufungen für Brandenburg („RL Brb“) nach BURGER et al. (1998), DATHE & SAURE (2000) und
SAURE et al. (1998); für Deutschland („RL D“) nach SCHMID-EGGER et al. (1998) und WESTRICH et al. (1998).
2: stark gefährdet, 3: gefährdet, V: Vorwarnliste, *: nicht gefährdet, (Leer): keine Einstufung.
Die im Jahre 2010 nachgewiesenen Arten konnten bestätigt werden. Darüber hinaus wurden
vier Spezies mit Gefährdungsstatus ermittelt. Es ist davon auszugehen, dass damit keine
tatsächliche Veränderung sondern lediglich die verbesserte Erfassungsintensität dokumen-
tiert wurde.
Die seinerzeit getroffene Einschätzung einer geringen bis mittleren Bedeutung für Stechim-
men ist auf „mittlere bis hohe Bedeutung“ zu ändern, da sowohl das relativ breite Artenspekt-
rum als auch das Vorkommen regional seltener Arten auf eine bedeutsame Trittsteinfunktion
zumindest im Kontext des innerstädtischen Raumes hindeutet. Obgleich diese Standorte
ökologisch gesehen nur eine geringe Wiederherstellungsdauer haben (meist genügt die in-
nerhalb weniger Monate aufkommende Spontanvegetation) sind sie aufgrund des stetig an-
gestiegenen Nutzungsinteresses oft nicht ersetzbar.
Ein hoher Spezialisierungsgrad der Stechimmenfauna ist jedoch nicht zu erkennen. Insbe-
sondere fehlen stenöke Arten der Trockenrasen oder anderer gefährdeter Habitattypen weit-
gehend. Dryudella stigma wird zwar von SCHMIDT (1981) als Charakterart schwach bewach-
sener Sandgebiete eingestuft, in Brandenburg ist die Art allerdings weit verbreitet und
besiedelt – wie im vorliegenden Fall – auch Habitate weniger spezieller Ausprägung. Im re-
gionalen Kontext ist der Nachweis des stark gefährdeten Heuschreckenjägers Tachysphex
Artenschutzfachliche Untersuchungen zum B-Plan 104, Stadt Potsdam
Natur + Text Seite 25
tarsinus bemerkenswert, auch diese Art bewohnt jedoch trotz ihrer Seltenheit ein relativ brei-
tes Spektrum an Trockenstandorten.
Libellen
Im Untersuchungsraum wurden am 09.06.2015 je ein Exemplar der großen Königslibelle und
des Großen Blaupfeils gesichtet. Beide Arten sind in Brandenburg weit verbreitet und häufig.
Der Untersuchungsraum erfüllt eine fakultative Funktion als Nahrungshabitat. Reprodukti-
onsgewässer sind nicht vorhanden, so dass eine Bodenständigkeit ausgeschlossen werden
kann. Geeignete Gewässer befinden sich jedoch in ca. 400 m Entfernung in Richtung Nor-
dosten). Da diese Distanz von Großlibellen leicht überwunden wird, ist angesichts des in-
nerstädtischen Umfeldes von einer regelmäßigen Nutzung auszugehen.
Xylobionte Käfer
Hinweise auf Vorkommen von Eremit und Heldbock wurden nicht gefunden. Die vorhande-
nen Gehölze besaßen wie schon im Jahre 2010 keine Eignung.
Es wurde jedoch am 09.06.2015 ein Exemplar des Gemeinen Rosenkäfers (Cetonia aurata)
beim Blütenbesuch angetroffen. Die Art ist im Anhang I der Bundesartenschutzverordnung
als besonders geschützt genannt. Da sie sich nicht nur in Mulmhöhlen entwickeln kann, son-
dern lediglich allgemein Totholz oder anderes abgestorbenes Pflanzenmaterial benötigt, ist
eine Bodenständigkeit innerhalb des Untersuchungsgebietes anzunehmen.
6.3 Auswirkungen und Empfehlungen
Heuschrecken
Mit der Umsetzung des Vorhabens werden die derzeitigen Lebensräume der Heuschrecken
stark eingeschränkt, für einige Arten auch gänzlich verloren gehen. Letzteres betrifft mit ho-
her Wahrscheinlichkeit die auf begrenzten Teilflächen nachgewiesene Blauflügelige Ödland-
schrecke (Oedipoda caerulescens) wie auch die ohnehin nur spärlich vertretenen Grünland-
bewohner Weißrandiger Grashüpfer (Chorthippus albomarginatus) und Gemeiner
Grashüpfer (Chorthippus parallelus). Auch im Fall der verbleibenden Arten ist damit zu rech-
nen, dass die Verringerung der Habitatfläche, wie möglicherweise auch eine Verschlechte-
rung der Habitatqualität mindestens zu Häufigkeitsabnahmen führen.
Vor diesem Hintergrund steht die Empfehlung, möglichst große Teile der nach Realisierung
des B-Planes verbleibenden Grünflächen als extensive Wiesen anzulegen und zu pflegen.
Um den unterschiedlichen Habitatpräferenzen der Heuschrecken gerecht zu werden, ist eine
hohe Strukturvielfalt der Vegetation anzustreben. Darüber hinaus sind ggf. externe Kompen-
sationsmaßnahmen mit Fokus auf Offenlandarten zu planen. Analoge ökologische Ansprü-
che legen eine gemeinsame Behandlung mit den Tagfaltern und Stechimmen nahe, so dass
die nachfolgend gegebenen Hinweise überwiegend auch für die Heuschrecken gelten.
Tagfalter
Es ist davon auszugehen, dass sich mit der Realisierung des B-Planes das Habitatangebot
für Tagschmetterlinge deutlich reduziert. Negativ zu Buche schlägt hier vor allem der Verlust
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blütenreichen Pionier- und Ruderalgesellschaften im westlichen Teil des Planungsgebietes.
Ihre Blühaspekte boten während der Saison in großem Umfang attraktive Nektarquellen und
erwiesen sich damit als Anziehungspunkt für Tagschmetterlinge. Darüber hinaus muss bei
mehreren Arten mit einer teilweisen oder vollständigen Zerstörung ihrer auf der Fläche vor-
handenen Larvalhabitate gerechnet werden. Letzteres betrifft z. B. den Hauhechel-Bläuling
(Polyommatus icarus), der sich an ausgedehnten Beständen der Luzerne (Medicago sativa)
reproduziert. Ungeachtet dessen, dass es sich bei den nachgewiesenen Tagschmetterlingen
um regional weit verbreitete und häufige Arten handelt, sind Maßnahmen zur Kompensation
angezeigt. Grundsätzlich wäre die Entwicklung adäquater Biotope im Vorhabensgebiet oder
der näheren Umfeld vorzusehen. Vermutlich scheidet diese Art der Kompensation aber in
Ermangelung geeigneter Flächen aus, so dass eine externe Kompensation in Betracht zu
ziehen ist. Diese könnte z. B. in einer Wiederherstellung bzw. Aufwertung durch Verbu-
schung gefährdeter Offenlandbiotope bestehen. Eine Ausrichtung auf Offenlandarten sollte
in jedem Fall erfolgen, um den Bezug zum Eingriff zu wahren.
Libellen
Der Wegfall der mutmaßlich nur fakultativ genutzten Nahrungsräume hat wahrscheinlich kei-
ne unmittelbare Auswirkung auf die Populationen der betroffenen Libellenarten. Es ist davon
auszugehen, dass der Bestand in erster Linie vom Zustand der Reproduktionsgewässer ab-
hängt.
Stechimmen
Es ist davon auszugehen, dass im Rahmen des Vorhabens der Lebensraum für Stechimmen
weitestgehend entwertet wird. Eine Kompensation innerhalb der Vorhabensflächen ist meist
nur sehr eingeschränkt möglich, da sich dies nicht mit einer intensiven Grundstücksnutzung
vertragen würde. Allenfalls könnte bei der Anlage von Grünflächen auf die Anpflanzung hei-
mischer tierblütiger Sträucher geachtet werden (z.B. Obstgehölze). Auch ein Verzicht auf die
Einbringung von Mutterboden wäre sinnvoll. Im Übrigen müsste eine externe Kompensation
in Erwägung gezogen werden, z. B. durch die Anlage und den Erhalt von Trockenrasen. Um
zu einer ungefähr gleichwertigen Lebensraumqualität zu gelangen, sollte die Größe der
Kompensationsfläche etwa 1,0 ha betragen.
Xylobionte Käfer
Der Lebensraum für den gemeinen Rosenkäfer wird voraussichtlich vorhabensbedingt verlo-
rengehen. Es ist nicht wahrscheinlich, dass sich die künftige Nutzung mit dem Verbleib von
Totholz in größeren Mengen vertragen würde. Eine artbezogene externe Kompensation ist
aus gutachterlicher Sicht wenig sinnvoll, da Cetonia aurata regional weit verbreitet ist.
Artenschutzfachliche Untersuchungen zum B-Plan 104, Stadt Potsdam
Natur + Text Seite 27
7 Quellen
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