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Traumaambulanzen in NRW
Dr. Michaela Czeranski
LWL-Klinik Hemer
Hans-Prinzhorn-Klinik
Institusambulanz/Traumaambulanz
LWL Für die Menschen.
Für Westfalen-Lippe.
Schwerte, 31. Mai 2011
Gesetzliche Grundlagen
• Als Träger des Gewaltmonopols ist der Staat verpflichtet, seine Bürger vor Verbrechen/Gewalt zu schützen oder einen dadurch entstandenen Schaden auszugleichen.
• Das Opferentschädigungsgesetz (OEG) hat das Ziel, die seelische und körperliche Gesundheit soweit wie möglich wiederherzustellen, damit Betroffene in den Beruf und Gesellschaft zurückkehren können.
• Leistungen nach dem OEG werden nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) gewährt.
• Zuständig für die staatliche Anerkennung als Opfer einer Gewalttat und für die Aufgaben der sozialen Entschädigung sind in NRW die Landschaftsverbände Westfalen-Lippe (LWL) und Rheinland (LVR).
Wann hat jemand Anspruch auf Hilfe nach dem OEG?
• Es muss eine Gewalttat und Leid dadurch vorliegen• die Tat muss nach dem 15.05.1976 auf deutschem Gebiet
erfolgt sein• bei Taten vor dem Stichtag können Leistungen bei GDS
50 und bei Bedürftigkeit als “Härtefall” gewährt werden • Seit dem 01.07.2009 ist Leistungengewährung auch bei
Auslandstaten (Geldleistungen als Einmalzahlungen u. Heilmaßnahmen) möglich
• Anspruchsberechigte sind auch Hinterbliebene (bis 3. Grades seit 01.07.2009) und auch Ausländer, die sich in Deutschland aufhalten (spezielle Reglungen und Kriterien)
Hilfen nach dem OEG
• Medizinische Hilfe einschließlich ambulanter und stationärer Psychotherapie
• Erholungshilften• Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben • vorübergehende Familienhilfe/Wohnungs-/Altenhilfe• betreutes Wohnen• stationäre Rehamaßnahme (auch mit Kindern)• Übernahme von Pflegekosten• Hinterbliebenenversorgung• Beschädigtenrente• Bestattungs/Sterbegeld• Kapitalabfindungen/Grundrentenabfindung
Zusätzliche Hilfen nach dem OEG für Kinder
• Nachhilfe (Schule)-Hausunterricht• Hortbetreuung/Erziehungsbeistand• Psychotherapie (in Ausnahme auch durch nicht
kassenzugelassene Therapeuten)• Ergo-; Logo und Physiotherapie/Körpertherapien)• stationäre Heilbehandlungen (auch mit
Begleitperson)• Erholungsurlaub für die Familie
Warum Projekt “Traumaambulanzen”
• niederschwellig (es muss keine Störung vorliegen)• OEG mit Leistungen/Möglichkeiten war kaum bekannt• Tat muss nicht bei Behandlungsbeginn bewiesen sein• Kostenübernahme für die ersten 5 Sitzungen ist in jedem
Fall garantiert• kurzfristig (Innerhalb von 3 Werktagen nach der Tat
Termin)• innerhalb von 1 Stunde vom Betrofenen zu erreichen• durch qualifizierte Therapeuten• vernetzt mit Opferschutzbeauftragtem der Polizei, Weißem
Ring und regionalen Leistungserbringern des Gesundheitssystems
Vernetzung Traumaambulanz - Patientenzugang
Opferschutzbeauftragte der Polizei Nord/Süd
Haus-/Fachärzte
(Frauen)-Beratungsstellen
Notfallseelsorger
Arbeitsamt/IFD/Arbeitgeber/BG
TraumaambulanzSonstige• Mitarbeiter der Klinik • (ehemalige) Patienten•Angehörige, Freunde
Weißer Ring
Versorgungsamt
Rahmenbedingungen der Traumaambulanz
Der Antrag - Postkarte reicht
Rahmenbedingungen der Traumaambulanz
• Antragstellung in der 1. Sitzung• 5 Sitzungen sofort• Bericht durch die Ambulanz an das VA• 6-15 Sitzungen insgesamt möglich (Akutbehandlung)• Fahrtkostenerstattung möglich• Mitwirkungspflicht in Form von persönlichem
Erscheinen z.B. Zur Sachverhaltsaufklärung, Untersuchung, Teilnahme an beruffördernden Maßnahmen, Durchführung einer Heilbehandlung
• Anzeige muss erstattet werden außer bei (gesundheitlicher) Gefährdung, strafrechtlicher Verjährung
An welchen Beschwerden leiden die Patienten?
• Symptome der Intrusion/Vermeidung/Übererregung/Dissoziation
Intrusion: Flash-backs, Alpträume,Trigger, Gefühle..Vermeidung: von Gedanken, Personen, Plätzen.Übererregung:Unruhe,Reizbarkeit,Konzentrations- mangel
Dissoziation:Betäubung, Depersonalisation, Derealisation..
• Symptome der Depression• Symptome von Panikattacken• Symptoms von Agoraphobie
Interventionsmethoden der Traumaambulanzen
� Psychoeducation (80%)� Diagnostik (89 %)� Vermittlung von Stabilisierungstechniken (63%)� EMDR (16 %)� Exposition (16 %)� Gespräch mit Bezugspersonen (27 %)� kognitive Umstrukturierung (23 %) � Beratung über geeignete Behandlungsformen (28 %)� Vermittlung in eine andere Therapie (20 %)
1.Stunde:
Der Pat kommt an - Beziehungsaufbau
Was ist ihm passiert und wie hat er dies erlebt?- Empathie
Welche Beschwerden hat sie?
Welche Hilfe hat er, was benötigt sie?
Intervention: Psychoedukation, Beratung der Angehörigen,
Diagnostik mit Sicherheitschek,Symptom- management - Distanzierungstechniken;
schriftliche Informationen mitgeben
Prinzip: Safety first - Äußere Sicherheit vor innerer!
Ziel: “Ich fühle mit verstanden.” “Ich reagiere normal” “Ich weiß, warum es mir so geht“ “Ich bin nicht schuld an der Gewalt”
“Ich kann mich besser schützen”
Ein Behandlungsverlauf
2.Stunde:
Wie geht es dem Patienten?
Was hat gewirkt?
Wie ist sein Leben bis jetzt verlaufen?
Was hat ihm in Krisen geholfen?
Was sind seine Stärken?
Wie ist seine soziale Situation?
Wie reagiert das soziale Umfeld?
Intervention: Psychoedukation mit Symptommanagement und Ressourcenaktivierung (Anbieten was anderen geholfen hat /Erinnern an positive Bilder Ereignisse aus seinem Leben), Diagnostik mit Sicherheitschek, Stabilisierungstechniken ( sicherer Ort), ggf. Kontaktierung von Personen des sozialen Umfeldes zur besseren Unterstützung
Ein Behandlungsverlauf
3.Stunde:
Bestandsaufnahme - Was hat geholfen?
Was vermeidet der Patient?
Benötigt er die Symptome als Konfliktlösung
Intervention: wie Stunde 2 plus
Diagnostik (Erstellen einer Traumalandkarte), Psychoedukation über Resilienz/ EMDR,
Vertiefung von Stabilisierungstechniken (CIPOS)
Ein Behandlungsverlauf
4.Stunde/Folgesitzungen
Fragen an die Pat wie in 2 und 3
Intervention: Vertiefung/ evt Traumakonfrontation
Beratung über weiterführende Behandlungsmaßnahmen
Vermittlung von Adressen von amb. Psychotherapeuten oder Angebot der Weiterbehandlung im Rahmen einer Kurztherapie
Abschlussstunde:
Sinnfindung: Was gibt es Positives am Geschehenem?
Abschied nehmen
Ziel: “Ich habe etwas Schlimmes erlebt, aber es ist vorbei”
“Das Ganze hatte auch sein Gutes”
“Ich kann lernen damit zu leben”
“Ich weiß welche Hilfen es wo gibt”
Ein Behandlungsverlauf
Evaluation der Traumaambulanzen 2007 Gender Aspekte Ivonne Schürmann
Keine signifikanten Geschlechterunterschiede im Alter, Zeitpunkt der Inanspruchnahme, Anzahl der Sitzungen, Schweregrad der Störung außer Depressionsschwere, Outcome
Evaluation der Traumaambulanzen 2007 Ivonne Schürmann
Teilnahme von 17 Ambulanzen mit 241 Fällen
Messung vor der 1., nach der 5. Sitzung und 1/2 Jahr nach Behandlungsende (BDI, IES-R, SCL-27 und GAF)
Alter: 2-81 33 Jahre durchschnitt 30,2 J.
Geschlecht: 80 % der Erwachsenen weiblich (<14 J. 1:1)
Straftaten:39% gegen sex. Selbstbestimmung
32% gegen die körperliche Unversehrtheit
18 % Raub und Erpressung
Evaluation der Traumaambulanzen 2007 Ivonne Schürmann
Diagnosen:
Posttraumatische Belastungsstörung: 49,2 %
Akute Belastungsreaktion: 20,6 %
Anpassungsstörung: 2,7 %
Reaktion auf schwere Belastung 3,0 %
unauffällig 2,6 %
Ergebnisse - Evaluation der Traumaambulanzen 2007 Ivonne Schürmann
Die Mittelwerte aller Instrumente vor der 1. Sitzung und nach der 5. Sitzung für die Symptomgruppen als auch für den Gesamtwert gingen hochsignifikant zurück sowohl für die Selbsteinschätzungsinstrumente als auch für die Fremdeinschätzungsinstrumente.
Der Rückgang der Mittelwerte war auch nach einem halbem Jahr konstant
Für die Gruppe der am stärksten gestörten Patienten war die Stäke der positiven Veränderung am größten.
Ca 41% wiesen über alle Messinstrumente gesehen Werte auf, die sich nicht mehr wesentlich von gesunden unterscheiden
Ergebnisse - Evaluation der Traumaambulanzen 2007 Ivonne Schürmann
Die Behandlung in den Traumaambulanzen war erfolgreich
Bei den meisten Behandelten konnte die Entstehung oder eine Chronifizierung einer Traumafolgestörung verhindert werden.
Nur ein sehr kleiner Teil erführ eine Verschlechterung
Es profitieren sehr unterschiedliche Personen mit sehr unterschiedlichen Beschwerden nach der unterschiedlichen Zeitspannen und die unterschiedlich lang mit unterschiedlichen Methoden behandelt werden.
Kosten - Evaluation der Traumaambulanzen 2007 Ivonne Schürmann
500 Euro/Fall bei 5,5 Sitzungen im Durchschnitt bei 400-500 Pat pro Jahr entsprechend 200.-250.000 Euro Jahr. (Gesamtaufwand 40-50 Mill. Euro/Jahr entsprechend <o,5%)
Einsparungen:
Halbierung der Widerspruchsquote Erstanträge (16,8 vs 7,3%)
Bescheid “folgenlos abgeheilt” 10 % häufiger in der Untersuchungsgruppe
Bescheide mit einem GdS unter 25% halbiert in der Untersuchungsgruppe, bei gleichen Anteil an Zahlfällen
“Das Geld ist gut investiert Möllering” 2006
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