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University of Groningen
Studien zu Dionysios von AlexandriaIlyushechkina, Ekaterina
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Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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Teil I. DIE ERDBESCHREIBUNG DES DIONYSIOS
PERIEGETES: ZWISCHEN DEM FACHTEXT UND
DER DICHTUNG
Kapitel 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft 1.1 Titel
1.2 Inhalt
1.3 Zum Problem der Attributionsgeschichte des Textes
1.3.1 Zum Gebrauch von Akrosticha in den antiken dichterischen Texten vor Dionysios
1.3.2 Das erste Akrostichon in der Periegese des Dionysios
1.3.3 Das zweite Akrostichon im Gedicht des Dionysios
1.4. Zusammenfassung
Dieses Kapitel vereinigt zwei Aspekte: Einerseits wird hier der Text des dionyseschen
Gedichtes von einer formalen Seite betrachtet es geht dabei um Titel und Inhalt,
andererseits wird die Autorschaft untersucht, die sich in zwei Akrosticha im Text der
Erdbeschreibung versteckt.
Das Kapitel beginnt mit der Betrachtung der Gedichtsbenennungen, die in zahlreichen
Handschriften des 10.-14. Jhs. mit dem Werk des Dionysios erhalten sind, und ihrer
Stichwrter Periegese und Oikumene (1.1). Der nchste Abschnitt besteht aus der
Darlegung des Gedichtsinhalts, die mit einigen Anmerkungen zum Verlauf des dionyseschen
Erzhlens sowie seiner Methode der Vereinigung verschiedenartiger Elemente versehen wird
(1.2). Das umfangmssig ziemlich kurzes Werk des Dionysios umfasst die Beschreibung des
ganzen Weltozeans und der darin liegenden Oikumene mit drei Kontinenten und Inseln. Der
Inhalt des Gedichtes besteht hauptschlich aus zahlreichen Aufzhlungen (bzw. Katalogen)
verschiedener Orts-, Gewsser- und Vlkernamen und enthlt sowohl reale als auch
mythologische Angaben, was auf einen buchwissenschaftlichen Charakter des Werkes weist.
Bis zum 19. Jh. wurde das geographische Lehrgedicht Erdbeschreibung verschiedenen
Autoren des 1.-3. Jhs. oder sogar der byzantinischen Zeitperiode zugeschrieben; um diese
frheren irrtmlichen Vorschlge der Attribution des Textes und um die Entdeckung der zwei
von GUSTAV LEUE im Text der Periegese gefundenen Akrosticha, die den Autorennamen und
die Entstehungszeit des Werkes bestimmen lassen, geht es im Abschnitt 1.3. Durch das
Verrtseln von autobiographischen Daten im Text des Gedichtes schliet sich Dionysios einer
Tradition des literarischen Spiels zwischen Autor und aufmerksamem Leser an; dem
Gebrauch von Akrosticha in den antiken dichterischen Texten vor Dionysios ist daher ein
kurzer Exkurs gewidmet (1.3.1). Im weiteren wird die Geschichte der spteren Erforschung
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
- 18 -
der dionyseschen Akrosticha nach LEUES Entdeckung kurz dargelegt, die Lebenszeit des
Dionysios weiter przisiert und meine eigene Interpretation des zweiten Akrostichons
vorgeschlagen (1.3.2 und 1.3.3). Das Kapitel endet mit einigen Schlussfolgerungen (1.4).
1.1 Titel
Bereits in den anonymen Scholien zum Lehrgedicht des Dionysios von Alexandria, deren
Entstehungszeit um die Wende vom 4. zum 5. Jh. angesetzt wird1, findet sich der Beiname
des Autors Periegetes2, der aber nicht durch den Ruhm des Autors als Reisender oder
Fhrer3, sondern durch die Entlehnung vom Titel seines (wohl bekanntesten)4 Werkes zu
erklren ist: (wrtl. Herumfhrung um die bewohnte Welt)5. Dies
lsst darauf schlieen, dass das Stichwort zum Gedichtstitel Periegese praktisch von
Anfang an in der Geschichte des Textes anwesend war. Die berlieferungstradition dieses
Titels kann man auch in zwei frei ins Lateinische bersetzten Versionen des dionyseschen
1 Zur Entstehungszeit der Scholien: KNAACK (1903) 922; TSAVARI (1990) 19 und 3741; (1990) 13; FRUHWIRTH (1990) 6. Zur Anonymitt der Scholien: Nur eine Handschrift, der von Mller so bezeichnete Codex Q (= Cod. Paris. suppl. 36, saec. XVI), nennt als Verfasser der Scholien einen sonst vllig unbekannten Demetrios von Lampsakos; A. Diller (1936, 127129) konnte nachweisen, da dieser Demetrios seine Existenz nur der Eigenmchtigkeit des Kopisten besagter Handschrift, eines gewissen Constantius Palaeocappa (gest. 1551), verdankt (FRUHWIRTH (1990) 6. 2 (Schol. ad Dion. Per. GGM II, 427); [] (LUDWICH 1885 = 1971, 575). Vgl. die Erwhnung des Beinamens Periegetes im Zusammenhang mit Dionysios und seinem Gedicht in antiken Scholien zu Aeschylos (Schol. Aesch. Prom. vinc. 782, ed. Herington: ), zu Aristophanes (Schol. Aristoph. Plut. 586, ed. Dbner: ) und zu Nikandros (Schol. Nic. Ther. 175, ed. Crugnola: ). 3 Vgl. die zwei LSJ-Artikel und -, in denen die erste Bedeutung der aktiven Ttigkeit entspricht (leading round and explaining; one who guides strangers, cicerone), und die zweite eine passive Behandlung davon darstellt (geographical description; author of geographical description); zum Periegetes als Fhrer s. auch den RE-Artikel von BISCHOFF (1937). 4 Auer der Periegese werden Dionysios von den sptantiken und byzantinischen Quellen auch andere Werke zugeschrieben (praktisch alle verloren), und zwar (Himmelszeichen), (Gigantiade), (ber Bakchanten), (ber Vgel) und (ber Steine), wovon nur das letzte Werk mglicherweise tatschlich von ihm stammt; mehr dazu s. z. B.: AMATO (2005) 6774. Die sind uns durch ihre Erwhnung in der so genannten Vita Chisiana des Dionysios Periegetes bekannt (s. dazu: RHL (1874), COLONNA (1957), KASSEL (1985)), wenige Fragmente der , der und der sind bei MLLER (1861, xxvixxviii) angefhrt, die liegen uns nur in Form einer anonymen Prosaparaphrase unter dem Titel vor (dazu: GARZYA (1963), PAPATHOMOPOULOS (1976)) (FRUHWIRTH (1990) 2021, n. 70). 5 So BERNHARDY (1828, 518521); vgl.: Er (sc. Dionysios) ist wie Strabon und Homer (BISCHOFF (1937) 726).
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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Gedichtes von Avienus (Descriptio orbis terrae, 4. Jh.)6 und von Priscianus (Periegesis, 6.
Jh.)7 verfolgen.
Unter den 44 Haupthandschriften des 10.-14. Jhs. mit dem Text der Erdbeschreibung,
die der letzten kritischen Ausgabe des dionyseschen Gedichts von IS. O. TSAVARI zugrunde
gelegt wurden8, findet sich in den vier ltesten Handschriften des 10.-13. Jhs. ebenso der
Titel, der dem Original anscheinend am nchsten steht oder sogar mit ihm identisch ist:
9 (der Titel wiederholt sich auch in neun Handschriften des
13.-14. Jhs.); spter tritt dieser Titel in einigen Variationen mit Wortumstellung oder mit
Przisierung der Herkunft des Autors auf: (1280),
(13. / 14. Jh.),
(13.-14. Jh.). In den jngeren Handschriften wurden auch andere
Titelvarianten fixiert10, woraus hervorgeht, dass der Beiname des Autors Periegetes
ungefhr im 13. Jh. das Wort Periegese aus der Benennung seines Werkes verdrngt hat.
bedeutet traditionell eine Art geographischer Beschreibung, die mit
dem Gestus des Fremdenfhrers bestimmte Orte und ihre Geschichte beschreibt, d. h. die
geographische Komponente ist dabei untrennbar mit der historischen verknpft11. Die
erhaltenen Fragmente der griechischen, meistens hellenistischen, Periegeten lassen einige
solchen Werken gemeinsame Zge bestimmen: z. B. topographische Hinweise (wie
nordwrts/ sdwrts / westwrts/ ostwrts von ..., rechts/ links von ..., an dem Fluss/
dem Berg/ der Stadt ... u. .), die Beschreibung geographischer Objekte begleitende
Erklrungen, lokale Mythen12. In Bezug auf das Gedicht des Dionysios ist aber die
Benennung Periegese breiter zu verstehen als nur die Gesamtheit der Zge einer
periegetischen Beschreibung. Im Fall des dionyseschen Werkes schliet der Titel Periegese
auch Elemente der deskriptiven Geographie (Charakterisierung von Lndern und
rtlichkeiten), des Periplus (Beschreibung einer Meereskste, wie sie sich bei einer
Umsegelung darbietet) und sogar zu einem niedrigeren Grad der mathematischen
Erdbeschreibungen ein.
Das Lexem (sc. ) die Oikumene, die Welt kommt im
Text des Dionysios nie vor; es findet sich nur im Titel, was sogar eine sptere und
nichtautorisierte Erfindung des Gedichttitels vermuten lsst. Die Vermeidung des Wortes
6 Editionen des Textes: GGM II, 177189; VAN DE WOESTIJNE (1961). 7 Editionen des Textes: GGM II, 190199; VAN DE WOESTIJNE (1952). 8 TSAVARI (1990). 9 Die vier Handschriften sind: A = Paris. Suppl. gr. 388 (10. Jh.), B = Paris. gr. 2771 (10.-11. Jh.), W = Guelferb. Gud. gr. 46 (11. Jh.), E = Paris. gr. 2852 (13. Jh.) (TSAVARI (1990) 3233. 10 (13./ 14. Jh.) und (13./ 14. Jh.), (1300), (14. Jh.), (14. Jh.), (14. Jh.), (14. Jh.), (14. Jh.). 11 KORENJAK (2003) 15. 12 S. u.a.: SCHNAYDER (1950); MARCOTTE (2002) LXIILXIV.
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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im dionyseschen Text kann jedoch damit erklrt werden, dass das Lexem zur
Prosa gehrt13 in einen Hexameter passt das Wort nicht. In der Erdbeschreibung benutzt
Dionysios fr die Benennung der Oikumene als Erdflche bzw. bewohnter Landmasse die
poetischen Lexeme (Land, Landmasse) und (Land); dies zeigt seine
Orientierung auf die epische Tradition und betont sein Hauptinteresse, das geographische
Material in eine dichterische Form zu kleiden.
Wenn die Wrter / im Kontext des dionyseschen Gedichts als quivalente
der betrachtet werden knnen, kann man auch sagen, dass die Lexeme /
neben ihrer traditionellen Bedeutung Land, Erde im Text der Erdbeschreibung einen
zustzlichen Sinn bekommen, und zwar an bestimmten Stellen als Oikumene zu verstehen
sind (vgl. vv. 1, 4, 41); die Wrter wurden bereits von Eustathios von Thessaloniki in seinem
Kommentar der dionyseschen Periegese gleichgesetzt14. Wenn man die Gestalt der ganzen
Oikumene nach Dionysios Vorstellungen betrachtet, kann man sehen, dass sie zwei Aspekte
einschliet einen geographischen und einen politischen. Geographisch ist die Oikumene
nach Dionysios eine Insel in der Form einer Schleuder, durch den Weltmeer-Ozean
umgekrnzt und in drei Erdteile gegliedert; dabei umfasst sie sowohl bewohnte als auch
unbewohnte (vgl. vv. 39, 759) Gebiete. Politisch bedeutet Oikumene soviel wie Wohnplatz
der Menschheit; die Antithese zivilisierte unzivilisierte Welt wird von Dionysios nur im
rhetorischen Rahmen durchgefhrt, nicht aber so streng betont, da er die ganze Oikumene als
Herrschaftsgebiet des Rmischen Reiches beschreibt und auch barbarische Stmme dazuzhlt.
1.2 Inhalt
Das Werk des Dionysios Periegetes ist das am besten erhaltene antike geographische
Lehrgedicht15. In 1186 Hexametern findet sich die Beschreibung des Ozeans, der drei
Kontinente (Libyen = Afrika, Europa, Asien) und der Inseln16. Die Krze wurde zum
Zeichen der poetischen Spitzenprodukte bereits in der Buchkultur des Hellenismus, war das
Resultat einer stilisierten Verfeinerung17. Der knappe Umfang des dionyseschen Werkes
13 Nachweisbar findet es sich erstmals bei Herodot: ' (III 106), vgl.: (Herod. III 114), als ein bewohnter Teil der Erde im Gegensatz zu einem unbewohnten. Mehr zum Begriff Oikumene in der antiken Literatur findet sich im ausfhrlichen RE-Artikel von GISINGER, F. (1937) 21232174. 14 S. Eust. ad Dion. Per. 1, 4, 19, 39, 45, 58, 175, 327, 384, 666, 718, 1143, wo Eustathios das Wort in Bezug auf verschiedene Abschnitte aus dem dionyseschen Text benutzt. 15 BRODERSEN (1994) 5; SCHINDLER (2000) 173. 16 Die Verse 118 und 917 erscheinen nicht in den lateinischen bersetzungen des dionyseschen Textes von Avienus und Priscianus, so dass die beiden Verse von den meisten Forschern als unecht betrachtet werden (LEUE (1884), MLLER (1861), TSAVARI (1990), FRUHWIRTH (1990), RASCHIERI (2004), AMATO (2005); noch dazu gibt es in Vers 919 von unbekannten Umfang. So gehen die meisten Ausgaben der Periegese von ihrem Umfang in 1186 Versen aus (G. KNAAK hingegen spricht von 1185 (1187) Hexametern, ebenso wie P. COUNILLON (1985); CHR. JACOB nennt 1187 Verse). Dazu s. z. B.: FRUHWIRTH (1990) 34. 17 HOSE (2008), hier 295.
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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erklrt sich auerdem auch aus dem Regelwerk, nach dem solche didaktischen Gedichte
traditionell zusammengestellt wurden (vgl. die von Hesiod, Arat, Nikander). Die Lnge eines
didaktischen Werkes war damals auch von der Lnge einer Papyrusrolle abhngig, auf der nur
fr ca. 10002000 Verse Platz war18. Auerdem ist zu vermuten, dass Dionysios sein Gedicht
nicht lang werden lsst, weil er mehrere Quellen verkrzt bearbeitet19. In diesem
Zusammenhang zieht das von Dionysios im Epilog erwhnte Verb (aor. von
) ich habe flchtig erwhnt die Aufmerksamkeit auf sich, womit der Dichter die
gedrngte Krze seines Erzhlens im Rahmen des brevity topos20 einer dichterischen
Periegesis betont: , / '
, Denn schon habe ich den Wogenschwall des gesamten Meeres, schon den krummen
Verlauf der Erdteile flchtig erwhnt (vv. 11841185).
Der Inhalt der Periegese des Dionysios kann man in einer Tabelle zusammenfassen;
der folgende Gliederungsvorschlag soll nicht mehr als eine Orientierungshilfe fr den Leser
sein:
vv. 126: Prolog21
vv. 13: Ankndigung des Lehrgedichtsthemas (d. h. Geo- und Ethnographie)
vv. 39: Die schleuderfrmige Landmasse (als Insel im Ozean), geteilt in drei Kontinente
Libyen, Europa und Asien
vv. 1025: Eine kurze Beschreibung der Grenzen zwischen den drei Kontinenten
v. 26: Rekapitulation
vv. 27169: Der Ozean
vv. 2740: Der Ozean und die Namen seiner vier Teile
vv. 4142: Rekapitulation
vv. 4355: Vier Ozeangolfe (d. h. innere Meere)
vv. 5657: Rekapitulation
vv. 58168: Das Mittelmeer als der grte Ozeansgolf und seine Teile
vv. 5861: Ankndigung des Themas Mittelmeer
vv. 6263: Der erste Musenanruf
v. 169: Rekapitulation
vv. 1701165: Die Landmasse (d. h. die drei Kontinente und die Inseln)
18 VAN SICKLE (1980) 8. 19 Zur Periegese als didaktischem Werk, sowie zu den literarischen und historisch-geographischen Quellen des Dionysios s. mehr unten: Teil I. Kap. 2. Das Weltbild des Dionysios Periegetes (Die Quellenfrage); Teil I. Kap. 3. Gattungsaspekte (Die Erdbeschreibung des Dionysios als didaktisches Werk); sowie Teil I. Kap. 4. Die poetische Technik des Dionysios Periegetes (Intertextualitt). 20 HUNTER (2004) 219. 21 Mehr zur Frage, wie viele Verse im Gedicht des Dionysios zum Prolog zu zhlen sind, in Teil I. Kap. 3. Gattungsaspekte (Die Erdbeschreibung des Dionysios als didaktisches Werk).
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
- 22 -
v. 170: Ankndigung des Themas Landmasse
vv. 170173: Das erste Ansprechen des Lesers
vv. 174269: Beschreibung Libyens
vv. 174183: Die Umrisse Libyens
vv. 184220: Vlker und Stmme Libyens
vv. 221231: Der Nil
vv. 232260: gypten
vv. 261269: Rekapitulation
vv. 270446: Beschreibung Europas
vv. 270280: Die Umrisse Europas
v. 270: Ankndigung des Themas Europa
vv. 270280: Das zweite Ansprechen des Lesers
vv. 281297: Vlker und Stmme West- und Nordeuropas
vv. 298330: Der Istros
vv. 302320: Vlker und Stmme nrdlich des Istros
v. 320: Rekapitulation
vv. 321330: Vlker und Stmme sdlich des Istros
v. 330: Rekapitulation
vv. 331446: Die drei Halbinseln Sdeuropas (Iberien, Italien, Hellas)
v. 331: Ankndigung
vv. 331333: Allgemeine Beschreibung
vv. 334338: Iberien
vv. 339382: Die Umrisse und Vlker Italiens
v. 345: Ankndigung Vlker Italiens
v. 383: Rekapitulation
vv. 384399: Die Lnder zwischen Italien und Hellas (Libyrnien, Illyrien,
Thrakien, Orikien)
vv. 400446: Die Umrisse und Vlker von Hellas (mit der Peloponnes)
vv. 447619: Beschreibung der Inseln
vv. 447449: Der zweite Musenanruf (Ankndigung des Themas Inseln)
vv. 450553: Inseln im Mittelmeer (d. h. im inneren Meer)
v. 554: Rekapitulation
vv. 555611: Inseln im Ozean (d. h. im ueren Meer)
vv. 555557: Ankndigung Inseln im Ozean
vv. 612619: Rekapitulation
vv. 6201165: Beschreibung Asiens
vv. 620649: Die Umrisse Asiens
vv. 636649: Der Tauros (als Grenze zwischen Nord- und Sdasien)
vv. 650651: Der dritte Musenanruf (Ankndigung des Themas Asien)
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
- 23 -
vv. 652705: Vlker und Stmme an der nord-stlichen Kste des Pontos (vom
Tanais bis zum Phasis)
vv. 660678: Der Tanais
vv. 666678: Exkurs ber den skytischen Winter
v. 679: Rekapitulation
vv. 691694: Der Phasis
vv. 695705: Die kaukasische Landenge (zwischen dem Pontos und dem
Kaspischen Meer)
vv. 706725: Das Kaspische Meer
vv. 707717: Selbstaussage des Dichters (Einfhrung zum Thema Kaspisches
Meer)
vv. 718725: Die Umrisse des Kaspischen Meeres
vv. 726760: Vlker und Stmme rings ums Kaspische Meer und stlich
davon
v. 726: Ankndigung
v. 761: Rekapitulation
vv. 762796: Vlker und Stmme am Sdpontos
vv. 762764: Ankndigung
vv. 797798: Rekapitulation
vv. 799880: Beschreibung Kleinasiens
v. 799802: Ankndigung
vv. 8811165: Beschreibung Sdasiens
vv. 881886: Das dritte Ansprechen des Lesers (Ankndigung des Themas
Sdasien)
vv. 887896: Die Umrisse Sdasiens
vv. 897923: Koilesyrien, Syrien
vv. 924926: Arabischer Golf
vv. 923959: Arabia Felix
vv. 933934: Ankndigung
vv. 960961: Rekapitulation
vv. 962969: Exkurs ber die Eremben
vv. 970975: Assyrien; Armenien
vv. 9761013: Mesopotamien (Euphrat, Tigris, Babylon)
vv. 10141052: Gebiete nord-stlich von Mesopotamien; Medien; Parthien
vv. 10531079: Persien
vv. 10531055: Ankndigung
vv. 10801106: Gebiete und Vlker westlich des Indus (von Karmanien bis
zum Indus)
v. 1080: Ankndigung
vv. 10881093: Der Indus
vv. 11071165: Indien
vv. 11281129: Ankndigung
vv. 11661186: Epilog
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
- 24 -
In den ersten Versen seines Werkes kndigt Dionysios sein Lehrgedichtsthema an, und zwar
die Beschreibung der Erde mit ihren Flssen, Stdten, Vlkern sowie des sie umflieenden
Ozeans22; so werden die Hauptobjekte seiner Beschreibung (d. h. Geo- und Ethnographie)
bereits in den ersten drei Versen aufgezhlt. Dionysios teilt mit, dass das ganze Land als eine
Insel im Ozean liegt und der Form nach einer Schleuder (d. h. einem rautenfrmigen oder
elliptischen Tuch) gleicht (vv. 37); die Landmasse wird in drei Kontinente aufgeteilt
Libyen (= Afrika), Europa und Asien23, Dionysios markiert kurz ihre Grenzen im Wasser und
im Land (vv. 726)24. Dann folgt die Aufzhlung des westlichen, nrdlichen, stlichen und
sdlichen Ozeansteils und der mit dem Ozean verbundenen Golfe, d. h. der inneren Meere25.
In diesem Abschnitt ber den Ozean wird zum ersten Mal eine katalogartige Beschreibung
eingefhrt, die fr das Werk des Dionysios Periegetes kennzeichnend ist26.
Von der allgemeinen Beschreibung des Ozeans und seiner Meeresbusen kommt
Dionysios zur detaillierten Betrachtung des Mittelmeeres, des grten der Ozeangolfe (vv.
58169); der Mittelmeerbeschreibung geht ein Musenanruf voran (vv. 6263)27. Whrend
Dionysios sich gedanklich von den Herakles-Sulen von West nach Ost der
Mittelmeerkste entlang bewegt, zhlt er die es bildenden Teile28 sowie die darin liegenden
22 / , / Beginnend, das Land und das weite Meer zu besingen und die Flsse und Stdte und unscheidbar vielen Stmme der Menschen, werde ich den tiefstrmenden Ozean erwhnen (Dion. Per. 13). Mehr zur Gestalt des Ozeans in der Periegese unten: Teil I. Kap. 2. Das Weltbild des Dionysios Periegetes (Der Ozean als Weltmeer). 23 / / , wiewohl sie aber eine einzige ist, teilten die Menschen sie in drei Erdteile auf: als den ersten Libyen, hernach Europa und Asien (Dion. Per. 79). Mehr zur Oikumene und zu den Erdteilen in der Periegese unten: Teil I. Kap. 2. Das Weltbild des Dionysios Periegetes (Die Form der Landmasse und ihr Aufbau). 24 Die didaktische Richtung diktiert Dionysios, seinem Leser die Orientierung im Stoff mit abschlieenden Rekapitulationen (vgl. vv. 26, 4142, 5657, 169, 261269, 320, 330, 383, 554, 612619, 679, 761, 797798, 960961, 1166) oder Ankndigungen eines neuen Themas (vv. 1 ff., 58, 170, 270, 331, 345, 447 ff., 555 ff., 650 f., 726, 762 ff., 799 ff., 881 ff., 933, 1053 ff., 1080, 1128 f.) zu erleichtern (EFFE (1977, 188). Mehr dazu s. unten: Teil I. Kap. 3. Gattungsaspekte (Die Erdbeschreibung des Dionysios als didaktisches Werk). 25 In seinem Lehrgedicht fhrt Dionysios die Beschreibungen von ethnogeographischen Objekten der Ozeanteile, Meere, Vlker und Stmme usw. entlang imaginren Routen; ausfhrlicher zum Fachwort Route und seiner Rolle im Werk des Dionysios sowie zum Ozean unten: Teil I. Kap. 2. Das Weltbild des Dionysios Periegetes (Raumerfassung). 26 Mehr zu den Katalogen im dionyseschen Gedicht unten: Teil I. Kap. 3. Gattungsaspekte (Das Gedicht des Dionysios Periegetes und die epische Tradition). 27 Zur Funktion der Musenanrufe in der Periegese des Dionysios unten: Teil I. Kap. 3. Gattungsaspekte (Die Erdbeschreibung des Dionysios als didaktisches Werk). 28 Das Iberische, das Galatische, das Ligystische, das Tyrsenische, das Sardonische, das Sikelische, das Adriatische, das Ionische, das Pharische, das Sidonische, das Issische und das gische Meer.
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
- 25 -
Inseln29 und Kaps30 auf, die als Orientierungspunkte auftreten und dem Leser bei der
Bestimmung der Meeresgrenzen oder der Strmungsrichtungen helfen sollen. Nach Dionysios
gehren zum Mittelmeer auch die Propontis (das heutige Marmarameer), der Pontos Euxinos
(das heutige Schwarze Meer) und die Maiotis (das heutige Asowsche Meer), die er im Nord-
Osten des Mittelmeeres platziert.
Die weitere Behandlung ist den einzelnen Kontinenten und den Inseln gewidmet,
wobei Dionysios zuerst die westliche Hlfte der Oikumene (mit Libyen, Europa und den
Mittelmeersinseln) und danach die stliche Hlfte der Oikumene (mit Nord- und Sdasien)
beschreibt; vor den Teil mit den Kontinenten stellt er das erste Ansprechen des Lesers (vv.
170173)31.
Zu Beginn des Kontinenten-Teils mit der Beschreibung Libyens (vv. 174269)
vergleicht Dionysios dessen Umrisse mit einem rechtwinkligen Trapez (v. 174) oder in
einem anderen Vers mit einem rechtwinkligen Dreieck (v. 274); die Trapezspitze bildet
Gades im Westen, die Basis ist das Arabische Meer im Osten, die Gebiete der thiopier und
der Eremben im Sden stellen einen weiteren Winkel dar; im Zentrum Libyens liegt der
Tritonische See.
Abb. 1: Libyens Umrisse in Form eines Trapezes oder eines rechtwinkligen Dreiecks
Weiter werden sowohl die Stmme entlang der Mittelmeerkste Libyens32 als auch
Kstentoponyme und Hydronyme aufgezhlt wie Karthago, die beiden Syrten, Neapolis und
Kyrene. Von Kyrene gedanklich weiterfhrend nennt Dionysios die Stmme in den inneren
Lndern Libyens33 und die thiopier an der sd-stlichen Spitze des Kontinents (vv. 184
220). Zehn Verse widmet Dionysios der Beschreibung des Nils (vv. 221231) und richtet
danach seine Aufmerksamkeit auf gypten: Hierber erzhlt er in einem gesonderten Exkurs
(vv. 232260). Die Umrisse gyptens vergleicht Dionysios mit einem gleichseitigen Dreieck
(was von der Form des Nils und seines Delta bestimmt wird) und schreibt den gyptern die
allerersten Errungenschaften in Landwirtschaft, Haustierzchtung und Astronomie zu; unter
den Stdten gyptens nennt er seine Heimatstadt, Alexandria, mit der gegenber liegenden
29 Kyrnos, Sizilien, Kreta, Sporaden. 30 Pachynos, Kriumetopon, Kasion. 31 Mehr zur Funktion des Ansprechen des Lesers im dionyseschen Gedicht unten: Teil I. Kap. 3. Gattungsaspekte (Die Erdbeschreibung des Dionysios als didaktisches Werk). 32 Die Maseisylier, die Masyleer, die Lotophagen, die Nasamonen. 33 Die Asbysten, die Marmariden, die Gtuler, die Nigreten, die Pharusier, die Garamanten, die Blemyer.
Libyen
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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Insel Pharos, Siene sowie Theben. Die Beschreibung Libyens endet Dionysios mit der
Erwhnung Pelusiums (der nach Peleus benannten Stadt), das stlich des Nil liegt (vv. 261
269).
Auf hnliche Weise beschreibt Dionysios Europa (vv. 270446) und vergleicht dabei
dessen Umrisse und Gre mit Libyen (vv. 270280); die Spitze Europas bildet eine der
Herakles-Sulen (vv. 281282, 335336) oder das Heilige Kap, das auch das Kopfende
Europas genannt wird (s. v. 562). Die Basis Europas bildet der Fluss Tanais, der Europa von
Asien trennt (s. vv. 1416).
Abb. 2: Umrisse Libyens und Europas
Mit dem Erzhlen ber Europa beginnt Dionysios wieder mit den westlichen Grenzen der
Oikumene, wobei er sowohl die Iberer, die im Norden an die Britten und die
westgermanischen Stmme grenzen, als auch die Pyrenen und den Fluss Eridanos erwhnt.
Danach bewegt er sich gedanklich weiter in stlicher Richtung, zu den Alpen (vv. 281297),
und lsst die Apenninhalbinsel und Hellas fr einige Zeit auen. Dionysios berquert in
seinen Gedanken den Rhein und nennt Vlker und Stmme am Istros, bis an die asiatische
Grenze Europas34.
Nach diesem Abschnitt beginnt Dionysios wieder einer Route von West nach Ost
folgend die Beschreibung der Iberischen, Apennin- und Hellenischen Halbinsel, die Europa
wie ein dreifacher Sockel von der Seite des Mittelmeers herabsttzen (vv. 331333). So wird
Iberien zweimal beschrieben; zur vorigen Gestalt der Iberischen Halbinsel fgt Dionysios den
Berg Alybe im Westen, die Stadt Tartessos im Osten und den Stamm der Kempser im Norden
hinzu und markiert dabei die ueren Grenzpunkte des Landes (vv. 334338). Besondere
34 Die Lnder nrdlich des Flusses besiedeln die stlichen Germanen, die Sarmaten, die Geten, die Daken, die Bastarnen, die Alanen, die Tauren, die Agaven, die Hippemolgen, die Melanchlenen, die Neuren, die Hippopoden, die Gelonen sowie die Agathyrsen (vv. 298320), sdlich vom Istros wohnen die Gerrher, die Noriker, die Pannonier, die Mysier sowie die Thraker (vv. 321330). Ausfhrlicher zu den Stmmen und Vlkern am Nordufer des Istros unten: Teil II. Kap. 8. Pontische Stmme und Vlker (Die erste Route).
Europa
Libyen
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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Aufmerksamkeit wird auf die Umrisse und auf die Bevlkerung der Apenninhalbinsel (44
Verse) und der Panhellenischen Halbinsel (46 Verse) gerichtet. Die Gestalt der Italischen
Halbinsel wird durch die Apenninen bestimmt, die die ganze Halbinsel von Nord nach Sd,
von den Alpen bis zur Sikelischen Furt (v. 344), in der Mitte durchschneiden. Die das Land
besiedelnden Vlker zhlt Dionysios traditionell vom nord-westlichen Punkt her auf35. In
Hellas beschreibt Dionysios sowohl Gebiete und Vlker auf der Peloponnes36, als auch
Gebiete und Bevlkerung von Binnengriechenland37; dabei erwhnt der Periegetes auf der
Peloponnes meistens Flsse38 und im nrdlichen Griechenland nennt er meistens Berge39 (vv.
400440).
Seine Beschreibung Europas beendet Dionysios mit der periphrastischen Erwhnung
des delphischen Heiligtums des Apollo (vv. 441446)40 und bittet dann in einem Musenanruf
um Hilfe bei der weiteren Aufzhlung der Inseln (vv. 447449). Wieder seinem Prinzip
folgend beginnt Dionysios von Westen, mit der Insel Gadeira, und bewegt sich gedanklich
zum Osten des Mittelmeeres41. Einen gesonderten Abschnitt widmet er den griechischen
Inseln42; es folgen die Inseln im Pontos (Leuka) und in der Maiotis (vv. 450554). Weiter
wird die Erzhlung mit einer Liste der ueren Inseln fortgesetzt, die sich in verschiedenen
Ozeanteilen befinden die Liste beginnt traditionell im Westen und kehrt im Uhrzeigersinn
wieder zurck (sozusagen eine Miniatur-Ringkomposition) (vv. 555619)43. Es ist
bemerkenswert, dass Dionysios im ersten Teil des Gedichtes mit der Ozeanbeschreibung
beginnt und danach zum Mittelmeer kommt, whrend er im Insel-Abschnitt andersherum
zuerst die Inseln im Mittelmeer und dann erst die Ozeaninseln aufzhlt.
35 Die Tyrsener, die Pelasger, die Latiner, die Kampaner, die Peukenter, die Leukaner, die Brentier, die Lokrer, die Metapontier, die Sauniten, die Marser, die Iapyger, die Tergestrer. Was die Toponyme und Hydronyme Italiens betrifft, so bestehen sie auer dem Tiber, Rom, der Parthenopeia = Neapolis, den Sirenenfelsen und dem Silarosfluss aus den Namen der Magna Graecia: die Kaps Leukopetra und Zephyros, die Stdte Lokroi, Kroton, Sybaris, Taras, der Fluss Aisaros sowie zwei Stdte im Osten Hyria und Tegestra (vv. 339383). Zwischen den Italischen und Panhellenischen Halbinseln nennt Dionysios Libyrnien, die Hylleer, die Bulimer, Illyrien, die Keraunischen Berge, Thrakien und Orikien (vv. 384399). 36 Triphylien, Asea, die Eleier, die Amykler, die Apidaneischen Arkader, die Argeier, die Lakonen. 37 Attika, die Boter, Lokris, Thessalien, Makedonien, Dodona, die tolier, die Kephallenier, Phokis. 38 Den Alpheios, den Eurotas, den Melas, den Kraphis, den Iaon, den Ladon sowie den Berg Erymanthos. 39 Den Haimos, den Arakynthos, die Thermopylen, den Parnasos sowie die Flsse den Ilissos, den Acheloos und den Kephisos. 40 Zur Beschreibung des Apollo-Heiligtums s. auch Teil I. Kap. 5. Mythologische Vergangenheit im Werk des Dionysios Periegetes (Gtter). 41 ber die Gymnesischen Inseln, Busos, Sardo = Sardinien, Kyrnos, Korsis, die Aiolos-Inseln, Trinakrien, die Inseln in beiden Syrten und im Adriatischen Meer, Kypros, Rhodos. 42 Die Kykladen, die Sporaden, die Ionischen Inseln. 43 Erytheia, die Hesperischen Inseln, die Bretanischen Inseln, Thule, Chryse, Taprobane, Ogyris, Ikaros.
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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Am Anfang des Asienabschnitts vergleicht Dionysios die Umrisse Asiens mit einem
Konus, der der Gestalt der beiden Kontinente, Libyens und Europas, entspricht, nur etwas
kleiner. Nach Dionysios luft die Grenze zwischen Europa und Libyen durch das Mittelmeer,
whrend das von West nach Ost ausgedehnte Gebirge Tauros die Grenze zwischen den
nrdlichen und sdlichen Teilen Asiens bildet. Whrend sich am uersten westlichen Punkt
der Oikumene die Herakles-Sulen befinden, stehen im uersten Osten der bewohnten Erde
die Dionysos-Sulen. Vor die Beschreibung Asiens stellt er die gesamte Kontinentansicht aus
der Vogelperspektive (vv. 620649).
Abb. 3. Die Umrisse Libyens, Europas und Asiens in Form zweier gleichschenkliger Dreiecke
Die przise Beschreibung Asiens fngt mit einem Musenanruf an (vv. 650651). Dem
Beschreibungsprinzip von West nach Ost folgend beginnt Dionysios seine Erzhlung ber
den nrdlichen Teil Asiens mit der im Schwarzmeergebiet liegenden Maiotis und dem Tanais,
geht dann der stlichen Pontoskste entlang und zhlt dabei die dort wohnenden Vlker und
Stmme auf (vv. 652705)44. Dann biegt Dionysios ostwrts ab (statt hier mit der
Beschreibung des sdlichen Pontos zu beginnen, wie man erwarten wrde). Er geht den
Umrissen des Kaspischen Meeres nach (vv. 718725) und zhlt die Stmme in seiner Nhe
auf (vv. 726734)45; diesen Abschnitt ergnzt Dionysios mit einer Selbstaussage (vv. 707
717). Weiter verfolgt Periegetes in stlicher Richtung die Flsse Mardos, Araxos, Iaxartos
und die hier wohnenden Stmme46 und erreicht so die Ostgrenzen des nrdlichen Asiens,
Siedlungsgebiet der Serer (vv. 735761).
44 Die Maioten, die Sauromaten, die Sinder, die Kimmerier, die Kerketer, die Toreter, die Achaier, die Heniocher, die Zyger, die Tindariden, die Kolcher, die kaukasischen Iberer sowie die Kamariter. Ausfhrlicher zur dionyseschen Beschreibung der Maiotis und der nord-stlichen (kaukasischen) Kste des Pontos s. unten: Teil II. Kap. 8. Pontische Vlker und Stmme (Die zweite Route). 45 Die Skythen, die Thyner, die Kaspier, die Albaner, die Kadusier, die Marder, die Hyrkanier, die Tapyrer, die Derkebier und die Baktrer. 46 Die Massageten, die Chorasmier, die Saker, die Tocharer sowie die Phrunen.
Europa
Libyen
N.Asien Tauros
S.Asien
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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Danach kehrt Dionysios zur vorher unterbrochenen Beschreibung des Euxinischen
Pontos zurck und benennt im Uhrzeigersinn die Vlker an seiner sdlichen Kste (vv. 762
798)47. Die Beschreibung des nrdlichen Teils Asiens endet mit einem ausfhrlichen Bericht
ber Kleinasien: ber die hier wohnenden Vlker48, ber seine Lnder49, Stdte50, Flsse51
und Bergspitzen52 (vv. 799880).
Vor dem Abschnitt ber den sdlichen Teil Asiens spricht er den Leser nochmals
direkt an (vv. 881886), danach erzhlt er weiter von der Mittelmeerkste ber Koilesyrien
(mit den Bergspitzen Kasion und Libanos an seinen Grenzen und einem Katalog von 12
Stdten) und Arabia Felix (ihren Einwohnern stellt Dionysios die benachbarten armen
Eremben gegenber) in die stliche Richtung, ber das andere Syrien (das die Kappadoken
im Binnenland und die Assyrier an der Meereskste besiedeln), Mesopotamien53, ber die
benachbarten Lnder54, danach die Kaspische Pforte und das reiche Persien (mit den Flssen
Koros und Choaspes), ber die benachbarten Stmme55 sowie die Indien besiedelnden
Vlker56 und ihre Flsse57 (vv. 8971151). Die Beschreibung des sdlichen Asiens und
Indiens beendet Periegetes mit einer kurzen Geschichte vom Sieg des Dionysos-Bacchos ber
die indischen Stmme, wonach an den stlichen Grenzen der Oikumene die Dionysos-Sulen
aufgestellt wurden (vv. 11521165).
Im Epilog des geographischen Lehrgedichts erklrt Dionysios die Vielfltigkeit der
Lnder, Vlker, Meere, Strmungen, Berge und ihrer Besonderheiten durch den
Schaffenswillen des groen Zeus und anderer Gtter (vv. 11661186)58. Indem Dionysios
damit zu den im Prolog angekndeten Themen zurckkehrt, endet er sein Werk mit einer
schnen Ringkomposition.
47 Die Byzerer, die Becheirer, die Makronen, die Phylirer, die Mossyniker, die Tibarener, die Chalyber, die Amazoniden, die Paphlagonen, die Mariandyner, die Bithynen. Ausfhrlicher zur Beschreibung der sdlichen pontischen Kste bei Dionysios unten: Teil II. Kap. 8. Pontische Vlker und Stmme (Die vierte Route). 48 Die Chalkidenser, die Bebryker, die Lykier, die Pamphylier, die Lykaonen, die Pisidier, die Kilikier. 49 Mysien, Kleines und Grosses Phrygien, olien, Ionien, Monien, Pamphylien, Kommagenien. 50 Ilios, Milet, Priene, Ephesos, Aspendos, Korykos, Perge, Phaselis, Telmessos, Lyrbe, Selge, Tarsos, Lyrnessos, Mallos, Anchiale, Soloi. 51 Kios, Sangarios, Xanthos, Simoeis, Maiandros, Paktolos, Kaystros, Eurymedon, Pyramos, Pinaros, Kydnos. 52 Ida, Tmolos, Kragos, Kassios. 53 Mit den Flssen Euphrat, Teredon, Tigris, dem See Thonitis sowie dem berhmten Babylon. 54
Die Lnder der Armenier, der Matiener, der Kisser, der Messabaten, der Chaloniten, der Geler, der Marder, der Atropatenier, der Meden. 55 Die Saber, die Pasargader, die Tasker, die Karmanier, die Gedroser, die Ariber, die Oreter, die Arachonten, die Satraiden, die Ariener. 56 Die Inder, Dardanier, Toxiler, Saber, Skodrer, Peukalier, Gargariden. 57 Indos, Ganges, Hydaspes, Akesines, Kophes, Hypanis und Magarsos. 58 Mehr zur Struktur des Epilogs unten: Teil I. Kap. 3. Gattungsaspekte (Die Erdbeschreibung des Dionysios als didaktisches Werk).
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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Es wurde deutlich, dass das dionysesche Werk hauptschlich aus zahlreichen Listen
verschiedener Toponyme, Hydronyme und Ethnonyme besteht, die vom Autor mit
erklrenden bergngen verbunden sind. Die realen Reisewege und Ortsnamen werden von
Dionysios in seiner Periegese mit den Routen der mythologischen Geographie der
Argonauten und des Odysseus, des Herakles und des Dionysos vereinigt59. Dies alles verweist
auf die Tatsache, dass Dionysios in seinem Werk stark buchwissenschaftlich und antiquarisch
interessiert gewesen sein muss60.
1.3 Zum Problem der Attributionsgeschichte des Textes
Das geographische Gedicht des Dionysios Periegetes Erdbeschreibung enthlt weder direkte
Hinweise auf die Epoche, in der das Werk geschaffen wurde, noch den Namen seines Autors.
Die sptantiken und mittelalterlichen Vermutungen ber die Herkunft des Dionysios und ber
die Zeit, in der er sein Gedicht geschrieben haben knnte, sind widersprchlich. So glaubt z.
B. ein anonymer Autor der griechischen Scholien61 sowie ein byzantinischer Biograph aus
dem Codex Chisianus (14. Jh.)62, dass Dionysios zu Zeiten des Rmischen Reiches gelebt
habe. Im Lexikon von Suda finden sich die Namen von mehreren Dionysii, die zu
verschiedenen Zeiten als Autoren einer Periegese galten, und zwar eines Dionysios von
Korinth, eines Dionysios von Milet, eines Dionysios von Rhodos und in einem einzelnen
Artikel eines Dionysios aus dem rmischen gypten, der mit der berhmten
alexandrinischen Bibliothek verbunden war63. Der Kirchenvater und Geograph des 12. Jhs.
59 Ausfhrlicher zu den indirekten Hinweisen des Dionysios auf seine Benutzung der literarischen Quellen und zu seinen vermutlichen Quellen unten: Teil I. Kap. 2. Das Weltbild des Dionysios (Die Quellenfrage) sowie Teil I. Kap. 4. Die poetische Technik des Dionysios Periegetes (Intertextualitt). Zu Parallelen zwischen der Erdbeschreibung des Dionysios und der Argonautika des Apollonios Rhodios s. auch Teil II. Kap. 8. Pontische Vlker und Stmme (Die vierte Route). 60 Mehr zur buchwissenschaftlichen und antiquarischen Richtung im 2. Jh. s. z. B.: REARDON (1971), bes. 229231 (unter den Dichtern des 2. Jhs. erwhnt der Forscher auch den Dionysios Periegetes, analysiert sein Werk jedoch nicht). 61 ( et var. lect.) ( Codex C). . [ . . Haec addit codex ]. , , (Schol. ad Dion. Per. 112 Mller). (Schol. ad Dion. Per. 2324 Mller). 62 , ,
, (Codex Chisianus R IV 20, 15 Rhl). 63 1177: , u ( u
Eudoc.),
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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Guido von Pisa meint, der Dichter sei Dionysios aus Ionien, der 20 Jahre als Bibliothekar in
Rom gearbeitet habe64. Der byzantinische Gelehrte Eustathios von Thessaloniki (12. Jh.)
nennt den Autor in seinem Kommentar zur Periegese Libyer (d.h. aus Nordlibyen
stammend)65.
Erst am Ende des 19. Jahrhunderts gelang es, den Geburtsort des Dionysios und seine
Autorschaft zu attribuieren und den chronologischen Rahmen seines Gedichtes zu bestimmen.
Dies alles wurde aufgrund der zwei von GUSTAV LEUE im Text der Erdbeschreibung
entdeckten Akrosticha (vv. 112134 und 513532) ermglicht: Die zwei Akrosticha lieen
den Forscher darauf schlieen, dass das geographische Werk von einem Dionysios aus dem
gyptischen Alexandria stammt, der zur Regierungszeit des rmischen Kaisers Hadrian (117
138) lebte66. LEUES Entdeckung hat jedoch zu keiner endgltigen Lsung der
Autorschaftsfragen gefhrt nach seinen Verffentlichungen erschien eine ganze Menge von
Publikationen zu diesem Thema und das bis heute noch67. Die Forscher diskutieren weiter
ber die Glaubwrdigkeit und Interpretation der Daten beider Akrosticha.
1.3.1 Zum Gebrauch von Akrosticha in den antiken dichterischen Texten
Indem Dionysios die Daten ber sich selbst in den Akrosticha verschlsselt, schliet er sich
einer langen Tradition des literarischen Spiels zwischen Autor und aufmerksamen Lesern an.
Man pflegt zu glauben, die Quellen des Akrostichons lgen in der nahstlichen Dichtung;
. . 1180: , . u, u u. 1181: , , . u, , u. , . 1173: , , . , , . Diesen Grammatikos Dionysios erwhnt in einem Artikel E. L. BOWIE (1982, 41 und 57). 64 De qua Sybari refert Iuvenalis satiricus [Sat. VI 296], latius tamen Dionisius Ionicus, qui Romae bibliothecarius per annos fuit viginti et orbem metro heroico graeco carmine
descripsit: Est, inquit, magnum latibuli aggestum seductae Sybaris, incolas gementis ruentes,
ob cultum Alphei oppressos (ed. PINDERPARTHEY (1860) 466). 65 , ,
etc. ut apud scholiastam (Eust. ad Dion. Per. epist. P. 215 Mller). 66 LEUE (1884); LEUE (1925). Spter wurde von P. COUNILLON (1981, 514522) noch ein Akrostichon in der Periegese gefunden (, vv. 307311), das aber keine neue Information zur Datierung des Werkes bringt. 67 S., z. B., Artikel von WACHSMUTH (1889); NAUCK (1889); KLOTZ (1909); JACOB (1984); JACOB (1991); WHITE (2001) oder STOCK (2002), der das Werk auf ca. 300 n. Chr. datiert.
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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nachdem das Akrostichon sich aus akkadischen Zauberspruchgebeten, biblischen Klagen
Jeremias und Sprchen Salomos entwickelt hatte, bekam es in der Antike hauptschlich
schon zu hellenistischer Zeit neben wortspielerischen noch zustzliche Funktionen68. Das
den Forschern vorliegende antike Material lsst jedoch den Schluss zu, dass sich das
Akrostichon im archaischen und klassischen Griechenland unabhngig von der nahstlichen
Tradition ausbreitete und seine Bltezeit in dichterischer Form im Hellenismus erreichte69.
Betonung, Rhythmus, Reim und andere poetische Mittel wirken natrlich auf das Gehr ein,
whrend der Gebrauch eines Akrostichons vor allem auf eine visuelle Wahrnehmung zielt und
zudem an einen gebildeten Leser ganz besondere Anforderungen stellt70.
Wenn man ein wahrscheinlich71 zuflliges Akrostichon von Homer (: Il.
XXIV 15) auer Acht lsst72, dann findet sich eines der ltesten Beispiele in
Papyrusfragmenten des Chairemon (Ende des 5. Jhs. v. Chr.), in dem das Akrostichon den
Namen des Autors bildet (-: F 14 b Snell). Danach finden sich die Akrosticha des
Philostephanos, eines gelehrten Dichters zur Zeit des Kallimachos (3. Jh. v. Chr.)73, die des
Arat von Soloi (3. Jh. v. Chr.), der das astronomische System des Eudoxos von Knidos
dargelegt und darin Mythen ber Sternzeichen verwendet (: Phaen. 783787)74.
berdies sind die Akrosticha eines jngeren Zeitgenossen von Arat bekannt, des Nikander
von Kolophon (3.2. Jh. v. Chr.), in dessen beiden Gedichten E. LOBEL den Autornamen
gefunden hat (: Ther. 345353 und : Alex. 266274)75. Es gibt
auch ein Akrostichon im jambischen Promium zu einem dem Eudoxos zugeschriebenen
astronomischen Traktat des 2. Jh. v. Chr. ( : F 137 Lasserre)76, und
schlielich gibt noch eines im geographischen Gedicht des Dionysios, Sohnes des Kalliphon
(1. Jh. v. Chr.), in dem die Buchstaben der ersten 23 Promiumverse den Namen des Autors
bilden ( )77. 68 Zum Problem der Akrosticha in der Antike s.: GRAF (1893); VOGT (1966); COURTNEY (1990); BRAND (1992). 69 KAZANSKI (1997) 131145. 70 Vgl.: [] tum vero ea quae acrostichis dicitur, cum deinceps ex primis versus litteris aliquid conectitur, ut in quibusdam Ennianis Q. ENNIUS FECIT. Id certe magis est attenti
animi quam furentis (Cic. De div. II 111). 71 S. dazu: KORENJAK (2009) 392396, der auf dem Beispiel der dionyseschen Erdbeschreibung zeigt, dass Dionysios Periegetes dieses Akrostichon bei Homer gesehen und darauf im eigenen Text gespielt hat. 72 Der zufllige Charakter dieses Akrostichons war bereits den antiken Kommentatoren des Homer offensichtlich, s. z. B.: Gell. NA XIV 6, 4; Eust. ad Hom. Il. XXIV 15, p. 856 (van der Valk). Andere Meinung hat aber DAMSCHEN (2004) 105, Anm. 55, der bezweifelt, dass es sich bei um eine Zuflligkeit handelt. 73 LLOYD-JONES / PARSONS (1983) 335336 (F 691693). 74 Eigentlich stellt das literarische Akrostichon des Arat einen anderen Typus dar: Es geht dabei nmlich nicht um eine Unterschrift des Autors, sondern um eine verschlsselte Bedeutung; zum arateschen Akrostichon s.: JACQUES (1960); DANIELEWICZ (2005) mit weiteren Beispielen und mehr Literatur zu den Akrosticha bei Arat. 75 LOBEL (1928). 76 PAGE (1950) 467469. 77 Die neueste kritische Ausgabe des Textes s.: MARCOTTE (1990).
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1.3.2 Das erste Akrostichon in der Periegese des Dionysios
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Anschlieend aber im Voranschreiten sind zwei Meere ruppig und rauh, getrieben von den Ben des Ismarischen Boreas, des geradewegs auf sie zuschnaubenden, da sie ihm gegenber liegen: Seeleute rufen die erste Pharische Salzflut, die sich zum uersten Vorsprung des Kasion spannt; Sidonische das andere, sich erstreckend in die innersten Winkel des Landes hinein bis zur Stadt Issos, an der Kilikier Land entlang der unendliche Issische Golf, sich hinziehend nach Norden, nicht allerdings weit fort gleichlaufend: denn nahe schon bremst er sich vor dem Land der Kilikier in einer dunklen Kehre; alsdann speit er die dem Zephyros zugekehrte Salzflut hin. Wie ein grimmig blickender Drache sich windet, gekrmmt kriechend, trg, doch unter ihm die ganze Bergesspitze beschwerend, wenn er einherzieht, so windet sich jener Golf in der Salzflut, weit ausgegossen, hier und da von Flutmassen beschwert. An dessen Flut nun siedeln ringsum die Pamphylier soweit, bis er an die Schlupfwinkel der Schwalbeninseln vorgerckt ist; Grenzmal des Westens aber ist ihm die ferne Landspitze Patara. Doch merke auf, von jenem aus wiederum zum Brengestirn gewandt, den breiten Pfad des gischen Meeres, wo die Woge, sich brechend, die Inseln der Sporaden rings umtost;
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denn keiner trmt jenem vergleichbare Wogen empor, hoch oben brausend, - kein anderer Pfad des Meeres! (Dion. Per. 112134).
Also lautet das erste von G. LEUE in der Periegese entdeckte Akrostichon folgendermaen:
[] des Dionysios auf dieser
Seite von Pharos . Daraus kann man schlieen, dass der Autor des Werkes
Dionysios hie und sein geographisches Gedicht im gyptischen Alexandria schrieb. Die im
ersten Akrostichon benutzte Prposition (cum gen.) ist bereits fr die homerischen
und hesiodeschen Epen blich; in der Erdbeschreibung wird die Prposition in rumlicher
Bedeutung benutzt: d. h. an dieser Seite, in den Grenzen, nebenan und soll auf das
gegenber Pharos liegende Alexandria hinweisen. Die Insel Pharos war mit der auf dem
Festland liegenden Stadt Alexandria durch einen Damm verbunden und fr die meisten
Auslnder bzw. Reisenden durch ihren weltweit berhmten Leuchtturm bekannt78. So macht
Dionysios sich durch die Erwhnung von Pharos bzw. des Leuchtturms von Pharos fr alle
Nicht-gypter bekannt und weist auf seine Herkunft aus dieser Gegend hin79. Seine
Zugehrigkeit zu gypten und Alexandria mchte er ebenfalls durch die Nennung des
Pharischen Meeres ( , v. 115) innerhalb des ersten Akrostichons nochmals
betonen. So kann man sehen, dass Dionysios sich nicht auf die formale Seite (htte er doch
sein erstes Akrostichon an den Anfang des Gedichtes platzieren knnen) sondern auf die
inhaltliche orientiert. Der Dichter htte sich bzw. sein Werk im Akrostichon auch als
bezeichnen knnen, bevorzugt jedoch anscheinend
eine angemessene und feinere Redewendung. Der Entdecker des Akrostichons G. LEUE ergnzte das Akrostichon mit den ersten Buchstaben der
vorangehenden drei Verse ( [] ), (meine, vv. 109
111) bedeute dabei (Schpfung)80. G. F. UNGER meinte, sei als oder
zu verstehen; H. DIELS mchte das Akrostichon mit oder
ergnzen81. A. NAUCK bevorzugte die Lesart (Epos) an dieser Stelle, wobei er in v. 110 seine
eigene Konjektur vorschlug: statt , die oft von den antiken Autoren ausgetauscht
wurden; er sttzte sich dabei auf den Gebrauch von bei Dionysios selbst (in vv. 147, 360,
78 Der erste und berhmteste Leuchtturm der Antike wurde in den Jahren 299279 v. Chr. von Sostratos von Knidos auf Pharos errichtet (Strabo XVII 1 6 C 791792; Plin. nat. hist. XXXVI 83 u.a.), am Anfang des 14. Jhs. n. Chr. zerstrt; die Abbildungen des Leuchtturms von Pharos sind vor allem durch alexandrinische Mnzen bekannt (KEES (1938) 18581859). 79 Einige Besonderheiten des Gedichtes zeugen ebenso von der Herkunft des Dionysios aus Alexandria: So fllt es ins Auge, dass die Beschreibung gyptens (des Nil-Flusses, von Syene, Theben, des Memnon-Riesen, der makedonischen Stadt Alexandria u.a.) in seinem Gedicht ziemlich viel Platz einnimmt (vv. 220259) besonders im Vergleich zum knappen Umfang des ganzen Werkes (1186 Verse insgesamt). Dionysios schreibt gypten die fhrende Rolle in der Entwicklung der antiken Zivilisationen zu: Nach seinen Worten sei der Ackerbau eben bei den gyptern geboren und htten die gypter die astronomische Gliederung eines landwirtschaftlichen Jahres berechnet. 80 LEUE (1884) 176. Diese Ergnzung des ersten Akrostichons verteidigt auch E. AMATO (2004, 1; 2005, 57), der seinerseits aber als interpretiert. 81
UNGER (1887) 53; DIELS (1890) 34.
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398, 400)82. C. WACHSMUTH findet jedoch es berhaupt nicht notwendig, / ins
Akrostichon einzuschlieen, weil bereits der Genetiv [] fr die
Autorschaftsattribution reiche. Er beweist dies mit einem hnlichen Gebrauch des Genetivs im
Akrostichon eines Vorgngers unseres Dionysios, und zwar des Autors eines anderen
geographischen Gedichtes, des Dionysios, Sohnes des Kalliphon:
(vv. 123). Die Buchstabenverbindung / hlt WACHSMUTH fr eine
zufllige (ebenso wie in vv. 204207, wo man weit lesen kann), da der Inhalt der das erste
Akrostichon bildenden Verse 112134 einen bndigen Abschnitt darstelle: Diese Passage ist einer
Beschreibung der Pharos-, Sidonischen und Issischen Meeren gewidmet. Ich teile WACHSMUTHS
Meinung und begrenze das erste Akrostichon der Periegese mit den Versen 112-134.
Mit seinem verschlsselten Namen schliet sich also Dionysios Periegetes der lngst vor ihm
ausgestalteten poetisch-didaktischen Tradition der Autorschaftsbefestigung in Akrosticha an;
dies kann sowohl auf eine Neigung des Autors zum Wortspiel als auch fr ein ausgeprgtes
Selbstbewusstsein hinweisen, und vielleicht auch darauf, dass er viel von seinen Lesern
erwartete.
1.3.3 Das zweite Akrostichon im Gedicht des Dionysios
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.
Betrachtenswert aber ist der tiefe Pfad der gis, in sich fassend zu beiden Seiten eine Zeile unendlicher Inseln, soweit bis zum engporigen Wasser der Athamastochter Helle hin,
82 NAUCK (1889) 325. LEUE hat die von NAUCK vorgeschlagene Konjektur angenommen und auf dieser Grundlage noch zustzliche Gedanken ausgefhrt, s. LEUE (1925).
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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wo sich Sestos und Abydos den jeweils gegenberliegenden Hafen anlegten. Zu Europa gehrig die einen unter dem Wink der linken Hand tummeln sie sich der Reihe nach; die Asiens aber liegen zur Rechten, der Lnge nach sich ausdehnend zum arktischen Boreas. Zu Europa, wohlan nun, gehrig war und ist die Abantische Makris und Skyros, die windgepeitschte, und die steile Peparethos; von da aus liegt auch Lemnos, der felsige Boden des Hephaistos, ausgebreitet und die altehrwrdige Thasos, der Demeter Kornkste, Imbros und die Thrakische Samos, die Korybantenstadt. Welche aber von Asien den ersten Anteil erlosten, rundherumliegend kreisten sie Delos sich ein und heien mit Namen Kykladen; als Dankesopfer fhren sie allesamt dem Apollon Reigentnze auf, wenn gerade neu der se Frhling sich einstellt, whrend in den Bergen abseits der Menschen die hellstimmige Nachtigall brtet. Anschlieend aber leuchten klar ringsum die Sporadeninseln, wie wenn durch den wolkenlosen Luftraum Gestirne sich sehen lassen, sobald die dunstfeuchtigen Wolken der reiende Boreas in seine Gewalt gebracht hat
(Dion. Per. 513532).
Aus dem zweiten Akrostichon im Text der Erdbeschreibung
Gott Hermes zu Hadrians Zeiten kann man schlieen, dass Dionysios von
Alexandria sein Gedicht whrend der Regierung Kaisers Hadrian geschrieben hat, d. h. in den
Jahren 117138.
Die Abschnitte mit den zwei Akrosticha zeigen rein formal eine hnlichkeit: Die
Akrosticha sind von hnlicher Lnge jeweils 22 und 20 Buchstaben (bzw. Verse). Die
beiden Abschnitte ergnzen einander, als ob es dazwischen keinen Text gbe: Whrend der
erste mit der Erwhnung des gischen Meeres und der darin liegenden Sporaden beendet
wird (vv. 130134), beginnt der zweite mit der Beschreibung des gischen Meeres (v. 513)
und der darin liegenden Inseln, die Sporaden stehen am Ende des Abschnittes (vv. 530
532)83. In beiden Texten finden sich zwei Gleichnisse (der Vergleich eines Meeresstroms mit
einer sich windenden Schlange, vv. 123126, und der Sporadischen Inseln mit den am
unbewlkten Himmel strahlenden Sterne, vv. 530532), die auf die homerische Tradition
zurckgehen84. Dies zeugt nicht nur von einer feinen poetischen Technik des Dionysios,
sondern auch von einer betonten innerlichen Verbindung der beiden Abschnitte, die so fr
einen aufmerksamen Leser die Stellung der Akrosticha im Text gut markiert.
Die Forschung ist geteilter Meinung:
(1) das Entstehungsdatum der Periegese: In welcher genauen Zeitperiode von Hadrians
Regierung wurde das dionysesche Gedichte geschrieben?
(2) die Rolle des Gottes Hermes, der im zweiten Akrostichon erwhnt wird.
So bestimmt U. BERNAYS ein genaues Datum der Abfassung, und zwar das Jahr 123/124
(oder kurz danach); der Forscher erklrt dies mit einer neuen ra der Zeitrechnung, die auf 83 Bereits P. COUNILLON (1981, 518519) hat bemerkt, dass in den beiden Abschnitten das gische Meer erwhnt ist: Der Forscher sieht dabei einen versteckten Hinweis des Dionysios auf die Verbindung der zwei Akrosticha, die zu beiden Seiten (, v. 514) das gische Meer enthlt. 84 Mehr dazu unten: Teil I. Kap. 4. Die poetische Technik des Dionysios Periegetes (Epische Elemente).
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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der im Abschnitt mit dem zweiten Akrostichon erwhnten Insel Samothrake (v. 524) nach
dem Besuch des Kaisers Hadrian in der zweiten Hlfte des Jahres 123 eingefhrt wurde85.
Weniger przis sind die anderen Meinungen: Es ist bekannt, dass Hadrian bald nach
seiner Proklamation zum Kaiser Grund hatte das Ende des rmischen Krieges mit Parthien zu
feiern, den sein Vorgnger, Kaiser Trajan, begonnen hatte86. Dionysios sagt in seinem
Gedicht ber die Parther, dass sie durch die Lanzenspitze des Ausonischen Knigs gezhmt
wurden (v. 1052), was vielleicht auf diese Situation nach dem rmischen Sieg hinweist.
Gleichzeitig teilt Dionysios aber nichts ber den gypten-Besuch von Hadrian im Jahre 130
mit, als der Kaiser unter anderem den im Gedicht des Dionysios erwhnten Memnon-
Riesen (v. 249) besichtigte; dies liegt den Schlussfolgerungen des G. KNAACK zugrunde, der
nmlich das Jahr 130 als terminus ante quem der Periegese bezeichnet und das Gedicht in die
Anfangszeit der Regierung des Kaisers Hadrian datiert (vor dem Jahr 130)87.
Wieder anderes, verbindet P. COUNILLON die przisierte Datierung des Werkes mit
dem im Akrostichon erwhnten Hermes, und zwar mit Hadrians Grndung eines religisen
Kultus des Hermes-Antinoos zu Ehren des kaiserlichen Lieblings, der im Jahre 130 bei
Hermopolis im Nil ertrunken war88. Die Vermutung COUNILLONS beantwortet jedoch nicht ganz die Frage, warum man die Gottheit
Hermes mit Antinoos identifizieren soll. Die Entdeckung der alexandrinischen Mnzen besttigt
teilweise, dass es Kaiser Hadrian war, der die Zuschreibung der Identifikation von Hermes und
Antinoos vorgenommen hatte89, wahrscheinlich weil Hadrian whrend einer Nilreise gerade bei
Hermopolis, einem Kultzentrum des Hermes-Toth in gypten, seinen Liebling Antinoos verloren
hatte90.
85 BERNAYS (1905) 517; der Forscher vermutet auch, Dionysios weise durch die Erwhnung von Samothrake im Abschnitt mit dem zweiten Akrostichon darauf hin, dass er selbst Myste-Anhnger des Kabirenkultes von Samothrake war. Der Datierung von BERNAYS folgen auch GRTNER (1967, 73) und SOUBIRAN (1981, 30, n. 1). 86 Vgl. SHA, Vita Hadr. VI 3; s. auch: Cass. Dio LXIX 2. (vgl. die Passage ber Parthien bei Dionysios: / , vv. 10511052) 87 KNAACK (1903) 917; eine hnliche Datierung nehmen an: GRTNER (1967) 73; ALSINA (1972) 149: el ao 124, durante el reinado de Adriano; SOUBIRAN (1981) 30, n. 1: exactement en 124, sous Hadrien; BRODERSEN (1994) 11; BOWIE (2004) 178. 88 COUNILLON (1981) 517; vgl.: BOWIE (1990) 77; GREAVES (1994) 1416; zum Kultus des Hermes-Antinoos s.: BEAUJEU (1955) 111278. COUNILLONS Meinung tritt auch IS. O. TSAVARI bei, die das Gedicht des Dionysios zwischen den Jahren 130 (Todesjahr des Antinoos) und 138 (Todesjahr des Hadrian) datiert: TSAVARI (1990) 12; TSAVARI (1990) 2731. 89 Nach den numismatischen Zeugnissen der zwei Mnzen aus dem Prgungsjahr 136137, die whrend der archologischen Grabungen in Alexandria gefunden wurden, hat man den verstorbenen Antinoos mit dem Kultus des Hermes-Toth verbunden, der in seiner chtonischen Gestaltung als Psychopompos aufgetreten ist. Auf der Kopfseite (Avers) der gefundenen Mnzen ist Antinoos dargestellt, auf dem Revers ist er als Gottheit Hermes auf dem Pferd und mit einem (caduceus) in der Hand vorgestellt. Die Abbildungen s. in: BMC Greek XII (London, 1892). 90 SHA, Vita dr. XIV 56.
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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Auf hnliche Weise datiert CHR. JACOB das dionysesche Gedicht, der aber das Akrostichon
mit dem Namen des Hadrian im Zusammenhang mit der vom rmischen Kaiser eingefhrten
offiziellen Ideologie sieht: Diese bestand aus einer Friedenspolitik in Bezug auf die
Nachbarlnder, davon resultierender Hellenophilie und aus einer geschickten
Handelsentwicklung mit den ueren Regionen des Reiches, was zu Wohlstand fhrte. Nach
JACOB galt Hermes-Mercurius, der traditionell die Rolle des Schutzherrn fr Handelsreisende
und Reisende spielt, im Akrostichon als die Personifizierung aller Entwicklungen unter
Hadrian. Die Argumentation JACOBS fhrt dazu, dass die Dichtung des Dionysios nicht frher
130 datiert werden kann91. Auch H. WHITE kehrt kehrt in ihrem Artikel zum Problem der Lebenszeit des Dionysios Periegetes
zurck, mchte aber die bliche Datierung des dionyseschen Lehrgedichtes radikal verndern und
eine neue Interpretation des zweiten Akrostichons vorschlagen92. Da dieser Versuch sich so extrem
von der Meinung anderer Forscher unterscheidet, mchte ich ihn hier ein bisschen ausfhrlicher
diskutieren.
WHITE versucht hierbei mit Hilfe eines Teiles der oben genannten antiken und mittelalterlichen
Daten nachzuweisen, dass das Leben und Schaffen des Dionysios Periegetes auf die Regierungszeit
des Kaisers Augustus oder des Tiberius zurckzudatieren seien93.
Hierfr fhrt sie folgende Quellen an: (1) Zwei Stellen aus dem Gedicht des Dionysios, die auf
historische Ereignisse anspielen und nach ihrer Interpretation auf die Zugehrigkeit des Werkes zur
Regierungszeit des Augustus oder Tiberius hinweisen (vv. 10511052 ber die Parther und 209
210 ber die Nasamonen); (2) Angaben aus Scholien und aus dem Kommentar des Eustathios von
Thessaloniki; (3) einen Abschnitt aus der Naturalis Historia des Plinius d. lteren (VI 31, 141), in
dem WHITE den von Plinius erwhnten Dionysios irrtmlich mit dem Autor der Erdbeschreibung
identifiziert und seine Lebenszeit mit der Regierungszeit des Augustus verbindet; (4) schlielich
fhrt sie ls entscheidendes Argument zugunsten einer Revision der blichen Datierung des
Werkes des Dionysios eine neue Interpretation eines der Akrosticha an.
Betrachten wir nun WHITES Hauptargumente genauer im Lichte antiker Quellen.
WHITE nimmt an, dass Dionysios Verse vom Sieg ber die Parther auf die Ereignisse des Jahres
20 v. Chr. anspielen94. Bekanntlich gelang es damals Tiberius im Auftrag des Augustus, vom
Partherknig Phraates IV. die Feldzeichen zurckzubekommen, die von den Parthern bereits im
Jahre 53 v. Chr. whrend des Rchzugs des Crassus bei Karrhai und im Jahre 35 v. Chr. von
Antonius erobert worden waren. Die aus Parthien zurckgebrachten Feldzeichen wurden im Mars-
91 JACOB (1991) 52. 92 WHITE (2001) 288290. WHITES Schlussfolgerungen wurden in einem Artikel von E. AMATO (2003) bestritten; meine kritische Argumentation kann man auch in einem russischen Artikel finden: ILYUSHECHKINA (2005). 93 Damit vereinigt sich die Autorin mit den Forschern, die das dionysesche Gedicht vor LEUES Entdeckung irrtmlich in das erste Jahrhundert datierten: PASSOW (1825) 47; MLLER (1861) xix; BUNBURY (1879) vol. 2, 481482. 94 ' / ' / , nhern sie sich doch von den Beutestcken des im Kampf erworbenen Lebensgutes. / Aber dennoch, gleichwohl sie im Streite unbezwinglich sind, / zhmte sie des Ausonischen Knigs Lanzenspitze (Dion. Per. 10501052).
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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Ultor-Tempel in Rom aufgestellt, es wurden alljhrliche Feste gegrndet, ein Torbogen errichtet
und Mnzen herausgegeben, auf denen man die bergabeszenen schilderte95.
Ferner sttzt sich WHITE auf die Scholien zur Zeile 1052 (zum Wort )96 und auf den
Kommentar des Eustathios, der die Verse ber die Parther mit der Regierungszeit des Kaisers
Augustus verbindet97. Wenn man aber annimmt, dass diese Verse auf historische Ereignisse
anspielen, so folgt, dass sich diese Zeilen wahrscheinlicher auf ein anderes Ereignis beziehen, und
zwar auf den endgltigen Sieg der Rmer ber die Parther unter Trajan im Jahre 115, weswegen
Hadrian zu Ehren seines Adoptivvaters in Rom einen Triumphzug abhielt98.
WHITE verbindet die Verse des Dionysios ber das nordafrikanische Volk der Nasamonen mit dem
bekannten Zug des Cato Uticensis durch die libysche Wste whrend des Brgerkrieges99. Der
Text enthlt jedoch keinerlei Grnde fr eine solche Schlussfolgerung; daher auch muss WHITE
nach einer Sttze im Kommentar des Eustathios suchen, der jedoch nicht nur den von WHITE
bentigten Hinweis auf Cato bringt, sondern eine Reihe weiterer Daten enthlt100. WHITES Verweis
auf die in Lucans Pharsalia bei Catos Wstenmarsch nebenbei erwhnten Nasamones (Phars. IX
444 und 459) hat keine Beweiskraft, weil es dort keine Angaben ber deren Widerstand und auch
keine Anhaltspunkte fr die von WHITE vertretene Interpretation der Verse des Dionysios gibt.
Selbst nhme man das an, nichts wre durch WHITES Deutung der Verse 208210 mit einer
Datierung in die Regierungszeit von Augustus oder gar Tiberius gewonnen.
WHITE benutzt bei der Interpretation der Stelle aus den Scholien nur eine einzelne Handschrift und
bergeht dabei die Lesart, die ihrem Standpunkt widerspricht101. Diese Scholienangabe ber
Dionysios von Alexandria verbindet WHITE mit dem von Plinius d. lteren erwhnten Dionysios
95 Aug. Res gestae, 29; Suet. Aug. 21; Tib. 9. S. auch: KIENAST (1982) 200, 322. 96 ] . . , , . (Schol. ad Dion. Per. 1052). 97 ( , , . , , ' (Eust. ad Dion. Per. 1039). 98 SHA, Vit. Hadr. VI 3; KNAACK, G. (1903) 917. 99 ' / , / , Rings in jenem Gebiete ferner magst du wohl die vereinsamten Wohnsttten / der vernichteten Nasamonenmnner beschauen, / welche, da sie Zeus nicht achteten, zugrunde richtete die Ausonische Lanze, (Dion. Per. 208210). 100 , , , . , . . , , (Eust. ad Dion. Per. 209). 101 ( et var. lect.) ( Codex C). . [ . . Haec addit codex ]. , (Schol. ad Dion. Per. 112).
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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(Plin. nat. hist. VI 31, 138-141) und sieht dies als endgltiges Argument fr ihre eigene These an;
jedoch kann dieser, auch wrde es sich hier um dieselbe Person handeln, kaum als Autor der von
uns betrachteten Periegese gelten102. Bei einer nheren Betrachtung des Abschnitts bei Plinius sieht
man, dass hier die wichtigsten Entwicklungsstufen aus der Geschichte eines groen
Handelszentrums im hellenistischen Osten, der Stadt Spasinou-Charax, dargestellt werden.
Spasinou-Charax lag an der Persischen Bucht und wurde spter in Alexandria umbenannt103. Aus
dieser Stadt stammen zwei berhmte griechische Geographen: Dionysios, der am Anfang unseres
Zeitalters eine Beschreibung der stlichen Lnder verfasst hat, und Isidor von Charax, der hufig
mit dem oben genannten Dionysios verwechselt wurde; von seinen Werken sind die Stathmoi
Parthikoi (Die parthischen Stationen) erhalten. Hier geht es aber um den aus Charax
stammenden Geographen Dionysios, den Augustus mit der Beschreibung der Expedition des
Tiberius beauftragte, weil er die Gegend sehr gut kannte. WHITES Irrtum besteht darin, dass sie
zwei verschiedene Dionysii als eine Person identifiziert, die ihre Werke an verschiedenen Orten
und zu verschiedenen Zeiten verfassten der eine Dionysios stammt aus Alexandria, einer Stadt
am Zusammenfluss von Euphrats und Euleos, ist ein Kenner der rtlichen Bruche und Sprachen,
Autor eines Werkes ber die Geographie des Ostens; der andere Dionysios stammt aus Alexandria
in gypten und hat ein geographisches Lehrgedicht geschrieben (vgl. das Akrostichon im Gedicht
des Dionysios Periegetes: [] des Dionysios
auf dieser Seite von Pharos , vv. 112134).
WHITE sieht das Hauptziel ihres Artikels in einer neuen Interpretation des zweiten Akrostichons im
dionyseschen Werk ( , vv. 513532). Sie schlgt vor, die
Wortverbindung nicht in einer chronologischen, sondern in einer geographischen
Bedeutung (in bereinstimmung mit dem ersten Akrostichon) zu verstehen: an der Adriatischen
Kste (on the shores of the Adriatic)104. Schlielich mchte die Forscherin das Akrostichon
folgendermaen bersetzen: die Gottheit Hermes ist an der Adriatischen Kste (the God
Hermes is on the shore of the Adriatic). Ihre Erklrung: Hermes, der auf dem Helikon oder auf
102 Charax, oppidum Persici sinus intimum, a quo Arabia Eudaemon cognominata excurrit, habitatur in colle manu facto inter confluentes dextra Tigrim, laeva Eulaeum, II p. laxitate.
conditum est primum ab Alexandro Magno, colonis ex urbe regia Durine, quae tum interiit,
deductis, militum inutilibus ibi relictis; Alexandriam appellari iusserat [...] hoc in loco
genitum esse Dionysium, terrarum orbis situs recentissimum auctorem, quem ad
commentanda omnia in orientem praemiserit Divus Augustus ituro in Armeniam ad Parthicas
Arabicasque res maiore filio, non me praeterit nec sum oblitus sui quemque situs
diligentissimum auctorem visum nobis introitu operis: in hac tamen parte arma Romana sequi
placet nobis Iubamque regem, ad eundem Gaium Caesarem scriptis voluminibus de eadem
expeditione Arabica (Plin. nat. hist. VI 31, 138-141, Mayhoff). 103 DROYSEN (1980) 426 (Kapitel Die Stdtegrndungen Alexanders und seiner Nachfolger in ihrem Zusammenhang); TSCHERIKOWER (1927). 104 WHITE bezieht sich dabei auf eine Wortverbindung mit der Prposition aus einem Wrterbuch zum Neuen Testament: (Ioan. 21, 1), in der Bedeutung an der Kste (MoultonMilligan (1949) s. v. ), und auf eine Stelle aus der Anthologia Palatina, wo als Adjektiv Adriatisches (sc. Meer) gebraucht wird: ... (AP XII 252, 3). Die Auslassung des im Akrostichon gemeinten Wortes Meer begrndet WHITE mit der Stilart des Dionysios selbst: In v. 763 seiner Periegese benutzt Dionysios ein Appellativ ohne das Substantiv Meer. WHITE sttzt sich also auf eine spezielle Bedeutung der Prposition und einen untypischen Gebrauch von .
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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dem Olympos wohnende Gott der Poesie, diktiere Dionysios Periegetes ein Gedicht, das jener an
der Adriatischen Kste aufschreibe.
Im Gegensatz zu dieser neuen Deutung des Akrostichons scheint die bliche Interpretation Gott
Hermes zu Hadrian Zeiten annehmbarer und glaubwrdiger105, und aufgrund dieser Interpretation
sollte doch das Gedicht in das 2. Jh. datiert werden. Keinesfalls ist diese traditionelle Deutung von
WHITE als unmglich erwiesen worden. Was die von WHITE angefhrten antiken und
mittelalterlichen Zeugnisse betrifft, so scheinen sie mir eher zweifelhaft, da sie aus dem Kontext
isoliert stehen und nicht mit den anderen Zeugnissen verglichen werden. Ihre Argumente scheinen
geknstelt und wenig berzeugend. Meiner Meinung nach gibt es nicht gengend Grunde um an
der Datierung der Periegese des Dionysios in die Regierungszeit des Kaisers Hadrian zu zweifeln,
d. h. in die erste Hlfte des 2. Jhs. Insgesamt scheinen WHITES Argumentationen und Deutungen
der antiken und mittelalterlichen Testimonien zu unsicher, um an der Datierung des Dionysios zu
rtteln. Der alten communis opinio gehrt meines Erachtens weiterhin der Vorzug.
Zum Schluss mchte ich noch zu den zuvor angefhrten Erklrungen des
Akrostichons Gott Hermes zu den Zeiten des Hadrian
meine eigene Vermutung dazu uern, warum der Name Hermes im Akrostichon des
Dionysios erscheint.
Lange vor der Entdeckung der Akrosticha im Gedicht des Dionysios bemerkte
Eustathios von Thessaloniki in seinem Kommentar zur Erdbeschreibung, Periegetes fhre
seinen Leser hnlich Daidalos, der im Flug den Ikaros in seine Kunst einwies; als profunder
Kenner der homerischen Texte und Verfasser von zwei Kommentaren zur Ilias und zur
Odyssee verbindet Eustathios den Autor unseres geographischen Gedichts mit dem
homerischen Hermes106, der im gttlichen Auftrag die ganze Erde umfliegt (Eust. ad Dion.
Per. epist. P. 210 Mller). Hermes hat Eratosthenes eines seiner Gedichte genannt, wovon ein
Abschnitt erhalten ist (F 16 Powell): Dem zufolge betrachtet der himmlische Patron der
Reisenden, der normalerweise mit Flgeln an den Fssen (oder mit geflgelten Sandalen)
dargestellt ist, von einer gewissen Hhe die Weite der kugelfrmigen Erde, die ihrerseits in
fnf Klimazonen eingeteilt sei107. Es ist bekannt, dass Dionysios den Eratosthenes als eine
105 Als Begrndung dafr dienen zahlreiche Beispiele bei griechischen Autoren mit der Prposition in der temporalen Bedeutung im Zusammenhang mit dem Namen des Kaisers Hadrian: Acus. III 9 F 5 D.-K. = Suid. s. v. Sabinas ( ); Athan. Theol. W. 71 ( ); Euseb. Praeparat. evang. IV 16, 7 ( ), Demonstr. evang. II 3, 86 (Dindorf); Georgius Monachus, Chronicon 311 M ( = Muralt) (p. 415 de Boor), 313 M (p. 417 de Boor), Chronicon breve v. 110, p. 488 ( ); Suid. s. v. Hermippos ( ), s. v. Paulos Turios ( ); Ioann. Chrys. Adversus Iudaeos V, 645, 646 (D. Bernardi de Montfaucon, T. I, 2, p. 788789. Parisiis, 1834) ( ); Ioann. Lydus, de mens. IV 89 ( ); Sopater Rhet., Scholia ad Hermogenis status seu artem rhetoricam v. 5, p. 8 ( ). 106 Vgl. Il. XXIV 343345, IV 442; Od. X 277. 107 POWELL (1925) 5863; s. auch: BERGER (1903) 393394, 398399; ZANKER (1987) 9697. In diesem Fragment des Eratosthenes wird von den fnf Grteln auf der Erdoberflche ( ) mitgeteilt, zwei davon seien dunkelblau (die unbewohnten Polarzonen), der mittlere sei rot (die unbewohnte heie Zone), und zwei weitere, die zwischen den kalten und dem heien Grtel lgen, stellten gemigte (bewohnte) Zonen dar, wo Weizen und andere
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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seiner Quellen benutzt hat; darauf weist bereits Eustathios von Thessaloniki in seinem
Kommentar zu Dionysios Gedicht hin108, und davon zeugen auch einige Passagen aus der
Periegese des Dionysios, in denen eine Verteilung der Erde in die Klimazonen vermutet
wird109. Es ist also wahrscheinlich, dass Dionysios Periegetes, der sowohl mit den
homerischen Epen als auch mit den Werken des Eratosthenes und darunter anscheinend
auch mit seinem Hermes vertraut war, den Namen der Gottheit im eigenen Gedicht als eine
Anspielung benutzt und damit die Rollen des Hermes auf sich selbst als auf den Autor einer
Periegese bertrgt110, d. h. seine Eigenschaft, von dem Firmament aus die ganze Oikumene
zu betrachten, als ob sie auf seiner Hand ausgebreitet lge.
Zu der oben genannten traditionellen Gestalt des Hermes als eines geflgelten Boten
der Gtter, eines Kenners aller Wege und der Geographie im ganzen sowie eines Beschtzers
der Reisenden kann man noch eine Rolle hinzufgen. Schon zu sehr frher Zeit wurde
Gaben der Eleusinischen Demeter wchsen; nach Eratosthenes seien diese gemigten Zonen von Menschen bewohnt. Der Abschnitt des Gedichtes Hermes widerspiegelt voll und ganz die durch Strabon bekannte Theorie des Eratosthenes ber die fnf Klimazonen, die spter von Hipparchos erweitert wurde. Zum eratosthenischen Gedicht s. auch: SOLMSEN (1942 = 1968); GEUS (2002) 128. Dieser Abschnitt aus dem Hermes des Eratosthenes wurde zum Archetypen fr die Beschreibung der Erde und ihrer Klimazonen in der spteren Dichtung: SCHRIJVERS (2010) 149176; s. z. B. dasselbe Sujet von den Klimazonen des Eratosthenes in den Georgika des Vergil (I 231256), dazu: THOMAS (1986). 108 Eust. ad Dion. Per. 1, vgl. Eust. ad Dion. Per. epist. P. 214 Mller: (...) , , ... und am Ende des Buches steigt er zur Theologie hinauf, als er auf die Klimaunterschiede auf der Erde hinweist. 109 Wenn Dionysios von der Thule-Insel spricht, die nach dem Geographen des 4. Jhs v. Chr. Pytheos im uersten Norden liegt, so beschreibt der Periegetes ein Naturphnomen, das sehr an das Polarlicht oder an die Weien Nchte erinnert ( , , / ' , vv. 582583); hiermit wird Thule am Polarkreis lokalisiert. In vv. 593595 teilt Dionysios mit, dass im Himmel ber der Insel Taprobane das Krebssternzeichen funkelt dies wrde dann die Insel an der Grenze zwischen der heien und der gemigten Zone lokalisieren, ebenso wie bei Eratosthenes. Und der Herausgeber der Fragmente des Eratosthenes H. BERGER fhrt die Verse des Dionysios ber den Fluss Borysthenes ( / , / , vv. 311313) auf den Text des Eratosthenes zurck. Diese kann auf Bekanntschaft des Dionysios mit dem Meridianennetz des Eratosthenes hinweisen, letzterer platziert die Borysthenesmndung an einem Meridian mit Kyaneen (Eratosthen. F III A 38 Berger). Besonders scheint aber die Oikumenengestalt im dionyseschen Epilog aus Eratosthenes Vorstellungen entlehnt zu sein: Periegetes betrachtet die Erde von oben und beschreibt unterschiedliche Zonen darauf ( ' / , / , ' / ' , / ' , vv. 11751179). Mehr zu Eratosthenes als vermutlicher Quelle des Dionysios s. unten: Teil I. Kap. 2. Das Weltbild des Dionysios Periegetes (Die Quellenfrage). 110 So auch JACOB (1982) 30.
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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Hermes auch mit Rhetorik assoziiert und wurde damit vom Erfinder der Lyra zum Schutzherr
von Literatur und Dichtung111.
Es scheint, dass Hermes im Gedicht des Dionysios hnliche Funktionen hat. Da
Dionysios im ersten Akrostichon seinen Namen verschlsselt, kann man vermuten, dass er auf
hnliche Weise auch im zweiten Akrostichon nicht nur die Datierung seiner Lebenszeit
versteckt, sondern auch seinen eigenen Autorenstatus betont und sich hinter der Maske des
Gottes verbirgt. Also folgt hier Dionysios den Regeln eines literarischen Spiels, indem er sich
selbst stolz mit Hermes dem universellen Geographen und auch gelehrten Dichter
identifiziert.
1.4 Zusammenfassung
Aufgrund der verschiedenen Titel des geographischen Lehrgedichts des Dionysios Periegetes,
die durch die Handschriftentradition des 10.-14. Jhs. berliefert werden, kann man feststellen,
dass das Stichwort Periegese sich anscheinend bereits in einer Variante fand, die dem
Archetypen am nchsten stand. Dabei wird der vom Titel abzuleitende Beiname des Autors
Periegetes durch indirekte Zeugnisse bereits seit dem 4. Jh. n. Chr. berliefert.
Trotz der relativen Krze des Werkes (1186 Verse) ist es Dionysios gelungen, in seine
Periegese eine vielseitige Beschreibung der ganzen Oikumene mit drei Kontinenten, des sie
umkreisenden Ozeans, der Inseln im Binnen- und Auenmeer sowie zahlreicher Vlker,
Stdte, Flsse und Berge einzuflechten. Den knappen Umfang des Werkes kann man
einerseits durch die traditionellen Regeln der hellenistischen stilisierten Verfeinerung
insgesamt und der didaktischen Gedichte insbesondere (die auch durch die Lnge einer
Papyrusrolle geprgt wurden), andererseits durch die verkrzte Bearbeitung mehrerer Quellen
erklren. Der geographische Raum der antiken Oikumene wird im Gedicht des Dionysios
anhand von zahlreichen Namenslisten ausgedrckt, die eine der Arten der archaischen
Wissensvermittlung darstellen.
Der Hauptteil dieses Kapitels gilt dem Problem der Autorschaft. Es ist bekannt, dass
die Erdbeschreibung im Laufe der Textgeschichte verschiedenen Autoren zugeschrieben
wurde. Im 19. Jh. hat G. LEUE zwei Akrosticha im Gedicht des Dionysios ([]
des Dionysios auf dieser Seite von Pharos
, vv. 112134 und Gott Hermes zu den
Zeiten des Hadrian, vv. 513532) entdeckt, in denen der Dichter die Angaben ber sich
verschlsselt hat danach begann eine neue Interpretationsgeschichte dieser Zeugnisse. Die
meisten Gelehrten waren der Meinung, dass die Erdbeschreibung von einem gewissen
Dionysios, einem gebrtigen Alexandriner, geschrieben wurde, der whrend der
Regierungszeit des rmischen Kaisers Hadrian (117138) lebte. Auch die Erwhnung des
Gottes Hermes im zweiten Akrostichon hat eine lebhafte Diskussion hervorgerufen. Meiner
Meinung nach verbirgt sich der Autor selbst hinter der Maske des Hermes, der im 2. Jh. neben
111 ROSE, ROBERTSON (1970). In einer seiner Oden (Carm. II 17, 2930) benutzt Horaz die ironische Redewendung Mercuriales viri, die u.a. metaphorisch als Dichter und Gelehrte verstanden werden kann (zu Horaz s. NISBETHUBBARD (1991) 286).
Teil I. Kap. 1. Das Werk: Titel, Inhalt, Autorschaft
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der traditionellen Rolle des reisenden Gottes auch die Zge eines Schutzherrn von Literatur
und Dichtung dazu bekam; Dionysios weist damit stolz auf sich selbst hin: als einen
universellen Geographen und einen gelehrten Dichter. Akrosticha sind auch Wortspiele, die
fr gebildete Leser mit guter Auffassungsgabe eine Fundgrube sein knnen.
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