ursachen der einkommensunterschiede zwischen frauen und männern
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Ursachen der Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern
Dr. Christina Klenner
26. Februar 2008 Lübeck
Dr. Christina Klenner2
Gliederung
1. Fakten und Vorurteile
2. Ursachen: Erklärungsansätze aus Strukturen, Benachteiligung und Diskriminierung
3. Der Gender pay gap hat System: Überblick über Komplexität der Ursachen
4. Zu einigen Ursachen im Einzelnen
Dr. Christina Klenner3
Gender Pay Gap (ausgewählte EU-Länder) 2005
6
9
11
12
13
16
17
18
19
20
22
24
0 5 10 15 20 25 30
Belgien
Griechenland
Irland
Frankreich
Spanien
Schweden
Dänemark
Niederlande
Finnland
Vereinigtes Königreich
Deutschland
Estland
Differenz zwischen durchschnittlichen Fraueneinkommen und Männereinkommen als Prozentsatz des durchschnittlichen Männereinkommens (%)
Basis durchschnittliche BruttostundenlöhneQuelle: Eurostat
EU 25
Dr. Christina Klenner4
…ein paar gängige Aussagen und was darauf zu sagen ist
„Diese 26% Einkommensunterschied sind doch nicht auf Diskriminierung zurückzuführen.“
richtig: nicht alles ist Einkommensdiskriminierung, daneben auch Arbeitsmarktdiskriminierung und Diskriminierung im Betrieb sowie Benachteiligung typisch weiblicher Erwerbsformen
„Frauen sind geringer qualifiziert“
das stimmt nur noch für ältere Frauen, jüngere haben gleichgezogen, und der Einkommensabstand ist auch bei jüngeren, gleich qualifizierten und in gleichen Berufen nachweisbar
Dr. Christina Klenner5
WSI Lohnspiegel: Durchschnittliches Bruttoeinkommen* in €
2.593
1.656
2.948
3.557
2.254
1.505
4.112
2.617
2.967
3.545
2.051
3.204
4.329
2.543
1.863
4.377
3.157
3.682
0 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000
Versicherungs-kaufmann/frau
Verkäufer/in
Program-mierer/in
Maschinenbau-ingenieur/in
Krankenschwester/--pfleger
Koch/Köchin
Elektro-ingenieur/in
Chemie-laborant/in
Bankkauf-frau/-mann
Männer
Frauen
80,6 %
82,9 %
93,9 %
80,7 %
88,6 %
82,2 %
92,0 %
80,7 %
73,2 %
*Durchschnittliches Bruttomonatseinkommen ohne Zulagen/Zuschläge und Sonderzahlungen.Quelle: www.frauenlohnspiegel.de
Anteil
Frauen-/
Männer-
einkommen
Dr. Christina Klenner6
…ein paar gängige Aussagen und was darauf zu sagen ist
„Eine Putzfrau sollte weniger verdienen als ihr Chef“
richtig, aber warum ist der Chef meist ein Mann und die Putzfrau eine Frau?
außerdem: warum verdient er statt des 2-3fachen das 15-fache bzw. 3.500-fache?
Manager in Banken 250.000 EUR (Die Bank, 12/2007, S. 68-72)
Porsche-Chef Wiedeking 2006/07 53 Mio. EUR (Gewinnbet.)
Gebäudeinnenreinigung Handwerk 1329 EUR / Monat Grundvergütung (WSI-Tarifarchiv):
Dr. Christina Klenner7
…ein paar gängige Aussagen und was darauf zu sagen ist
„Frauen verdienen weniger, weil sie meist Teilzeit arbeiten!“
richtig ist, dass fast jede zweite Frau Teilzeit arbeitet, aber der pay gap wird immer auf Stundenbasis oder bei Vollzeit ausgewiesen!
richtig ist leider auch: dass Teilzeitbeschäftigte durchschnittlich 4 EUR pro Stunde weniger verdienen
Stat. Bundesamt 2007
15
20
25
30
35
40
45
50
1950 1960 1970 1980 1990 2000
in %
Angestellte (West)
ArbeiterInnen (West)
ArbeiterInnen (Ost)
Angestellte (Ost)
Lohnkluft der Bruttoverdienste von Frauen und Männern - im Zeitverlauf geringer geworden
Quelle: laufende Verdiensterhebungin: Ziegler 2005
Dr. Christina Klenner9
Ursachen
Frauen nehmen seltener als Männer höhere Positionen ein
DIW 25/2006: 22% Frauenanteil an Positionen mit umfass. Führungsaufgaben
DIW 72/07: 8,5% Frauenanteil in Aufsichtsräten der 100 umsatzstärksten UN
Frauen arbeiten vielfach in Wirtschaftszweigen mit niedrigerem Verdienstniveau
WSI-FrauenDatenReport 2005, S. 256ff
Quelle: BMFSFJ (Hg.) 2007: Fair P(l)ay
Dr. Christina Klenner10
Ursachen
Frauen häufiger in kleineren Betrieben
Frauen wechseln seltener den Arbeitsplatz wegen des Einkommens
Frauen haben weniger Berufsjahre aufgrund familienbedingter Unterbrechungen
Frauen erleiden als Wiedereinsteigerinnen Einkommenseinbußen, sei es durch Rückstufungen oder durch Ausübung schlechter bezahlter Jobs
Quelle: BMFSFJ (Hg.) 2007: Fair P(l)ay
Dr. Christina Klenner11
Ursachen
Frauen haben geringere Chancen bei beruflicher Förderung und beim Aufstieg
Frauen verrichten weniger bezahlte Überstunden und erhalten weniger Zulagen (z.B. für Schichtarbeit) als Männer
Quelle: BMFSFJ (Hg.) 2007: Fair P(l)ay
Dr. Christina Klenner12
Unterschiedliche Ebenen der Ursachen
strukturelle Effekte zulasten von Frauen(einkommen) Betriebsgrößeneffekte, Brancheneffekte,
Beschäftigtenstruktureffekte
Diskriminierung und Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt und im Betrieb
Diskriminierung beim Einkommen der durch strukturelle Effekte nicht
erklärbare Anteil (West: 32, Ost 24 Prozentpunkte, Ziegler 2005)
Dr. Christina Klenner13
„Gleicher Lohn für gleiche Leistung“
„…eine Forderung, die aus dem Prinzip der Gerechtigkeit hervorgeht.“
doch „auf dem Arbeitsmarkt herrschen nicht die Ideen der Gerechtigkeit, sondern die des wirtschaftlichen Vorteils.“ Dieser „aber bedingt, dass die Arbeitgeber die billigste Arbeit nehmen, die sie finden,… Tatsächlich bot sich und bietet sich noch heute die Frauenarbeit den Unternehmern aber fast immer billiger als gleichwertige männliche Arbeit dar. Gerade die Billigkeit der Frau hat ihr Eingang auf dem Arbeitsmarkt verschafft…“
Alice Salomon, Gleicher Lohn für gleiche Leistung 1906
Dr. Christina Klenner14
Hoher Anteil von Frauen in Niedriglohn
fast jede dritte Vollzeit beschäftigte Frau
10% der Männer
bezieht man Teilzeit- und Minijobs ein, liegt der Frauenanteil am Niedriglohnsektor bei fast 70 Prozent
Niedriglohnschwelle 2003 :Deutschland gesamt 1.661 € brutto mtl.(Vollzeit)
Quelle: Claudia Weinkopf, IAQ der Universität Duisburg-Essen
Quelle: Claudia Weinkopf, IAQ der Universität Duisburg-Essen
Dr. Christina Klenner15
Interkulturelle sowie historische Vergleich zeigen
Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern sind in allen Ländern zu finden und haben eine lange Geschichte
Umwertungen von Berufen: Kontorist – Sekretärin/Schreibkraft Lehrer/in Bankangestellte/r Straßenbauarbeiterin
geschlechtsspezifischeArbeitsteilung
Abwertung des Weiblichen
häusliche geschl.Arbeitsteilung
Arbeitsmarktsegregation (horizontal und vertikal)
Arbeitsbewertung in Entlohnungssystemen
Teilzeitarbeit
Frauen geringer organisiert
Führungs-positionen
Berufswahl
Zulagen
Betriebs-zugehörigkeit
„Familienlohn“
Eingruppierung
Gehalts-verhandlung
Erwerbs-unterbrechungen
Leitbilder/ Anreize des Sozialstaats
Ursachen der Einkommensunterschiede im Überblick
Stereotype in Medien
Druck auf Einkommen
Darstellung: Christina Klenner
Dr. Christina Klenner17
zu einigen Ursachen im Einzelnen
Dr. Christina Klenner18
Bruttojahresverdienste und Verdienstrelationen (Vollzeit) West (2001, in DM)
Betriebs-größe
Beschäftigte
Frauen Männer Relation
bis 9 42.267 57.771 73,2
20 bis 49 52.490 67.162 78,2
100 bis 249
57.781 72.588 79,6
1000 u.m. 68.638 83.296 82,4
Betriebsgröße
Dr. Christina Klenner19
Frauen geringer organisiert zentrale Lohnverhandlungen, hohe
Tarifbindung = geringerer gender pay gap
gewerkschaftlicher Organisationsgrad von Frauen geringer – weniger Durchsetzungsmacht
Wann und wo Streiks von Frauen für höhere Einkommen?
Erzieherinnen Ba-Wü 2006 Unikliniken 2006 Einzelhandel 2007: über 1500
Einzelstreikmaßnahmen verdi: ÖD 2008
Dr. Christina Klenner20
Geschlechtsspezifische Berufswahl
weibliche Auszubildende
männliche Auszubildende
Männlich dominierte Berufe(0-20% weibliche Azubis) 10 73
Überwiegend männlich besetzte Berufe(20-40% weibliche Azubis) 8 8
Gemischt besetzte Berufe(40-60% weibliche Azubis) 24 11
Überwiegend weiblich besetzte Berufe(60-80% weibliche Azubis) 15 4
Weiblich dominierte Berufe (80-100% weibliche Azubis) 43 2
Insgesamt 100 100
in %
Verteilung weiblicher und männlicher Auszubildenden auf weiblich bzw. männlich dominierte Ausbildungsberufe, Deutschland 2002
Quelle: Granato/Schittenhelm 2004, S. 34; WSI-FrauenDatenReport 2005, S. 82
Dr. Christina Klenner21
Arbeitsbewertung
Zahlreiche Entgelt(rahmen)tarifverträge genügen nicht den europäischen und deutschen Rechtsnormen zur Entgeltgleichheit
Bei der Arbeitsbewertung fehlen oftmals Anforderungen, die für Frauentätigkeiten typisch sind, z.B. psychosoziale und physische Anforderungen
Viele Tarifverträge müssen zur Umsetzung des Rechts auf Entgeltgleichheit grundlegend reformiert werden
Bericht zur Berufs- und Einkommenssituation
Dr. Christina Klenner22
Leitbilder und Anreize des Sozialstaats
Leitbild traditionelle Geschlechterrollen und Familienmodelle führt zu mangelnden
Kinderbetreuungsmöglichkeiten Unterstützung der Nichterwerbstätigkeit
von Frauen (Ehegattensplitting usw.)
Umorientierung noch zaghaft:
Ziel muss sein: Eigenständige Existenzsicherung aller Frauen als Leitbild
Dr. Christina Klenner23
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
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