wann ist eine 100 jahre alte trinkwassertransport- leitung
Post on 03-Dec-2021
3 Views
Preview:
TRANSCRIPT
Beitrag 14 LW-Schriftenreihe 2015
Wann ist eine 100 Jahre alte Trinkwassertransport-leitung noch betriebssicher? - Risikobewertung und Betriebssicherheitsnachweis für großkalibrige Graugussleitungen
Prof. Dr.-Ing. Frieder Haakh
Kurzfassung
Für großkalibrige Graugussrohrleitungen wie die über 100 Jahre alte Hauptdruckleitung 1
der Landeswasserversorgung existieren keine gültigen Normen mehr. Durch das hohe Scha-
densausmaß infolge des typischen Schalenbruchversagens stellt sich die Frage der Betriebs-
sicherheit auch bei sonst unauffälliger Schadenshäu�gkeit. Ein zu frühes Auswechseln ver-
nichtet Vermögen, ein zu spätes schafft vermeidbare Risiken. Ausgehend von Werkstoff-
untersuchungen, der Rohrstatik und dem probabilistischen Verfahren der Teilsicherheitsbei-
werte wird ein Verfahren zur Risikoanalyse vorgestellt, mit dem auch die Alterung von Rohr-
leitungen zutreffend und auf einfacher Datenbasis modelliert werden kann. Die Risikoanalyse
führt auf vordringlich zu erneuernde Rohrleitungsabschnitte, ermöglicht es aber auch, kos-
tengünstige Maßnahmen des Risikomanagements zu bewerten. Insgesamt wurde damit ein
robustes Werkszeug für das Asset-Management bei alten Trinkwassertransportleitungen
entwickelt.
Summary
For high-calibre cast iron water mains like the one houndred year old pressure main
No 1 of the Landeswasserversorgung, there exist no valid engineer standards. Due to the
high measure of damages in case of a pipe burst by the typical shell collapse, there appears
the questions, whether the pipe is at risk or not. Based on material tests, structural analysis
and a probabilistic approach with partial safety factors, a method for risk assessment is pre-
sented which allows in addition to predict effects of deterioration. Risk analysis shows the
pipe sections beeing renewed with priority and allows as well the evaluation of cost ef�-
cient risk management measures. By this, a robust tool for asset management for older
transportation pipes in water supply has been developed.
1 Einleitung
„Wann ist eine 100 Jahre alte Trinkwassertransportleitung aus Grauguss (GG) noch be-
triebssicher?“ Das Thema ist relevant, denn die zu frühe Auswechslung vernichtet Vermö-
gen, die zu späte kann zu kapitalen Rohrschäden führen. Zum Einstieg in das Thema hilft
vielleicht eine Analogie weiter: Auch Oldtimer, die serienmäßig weder Gurt noch Kopfstütze,
kein ABS und keine Airbags hatten, dürfen auf unseren Straßen fahren, sofern sie die
TÜV-Überprüfung bestehen. Und was macht der TÜV? Er stellt die Verkehrstüchtigkeit des
Fahrzeugs fest. In Analogie geht es folglich um den Betriebssicherheitsnachweis großkali-
briger GG-Trinkwassertransportleitungen.
Die Hauptdruckleitung 1 (HDL 1) der Landeswasserversorgung (LW) wurde in den Jah-
ren von 1913 bis 1915 zwischen dem Hauptförderwerk Niederstotzingen und dem 36 km
nördlich gelegenen Scheitel(Stollen-)behälter Osterbuch bei Aalen (Oberkochen) verlegt.
Hierzu wurden überwiegend Graugussrohre der Hallberger Hütte in DN 900 in Nennwand-
dicken von 20,25 bis 25,87 mm1 verwendet, lediglich in Tallagen mit höheren Drücken
wurde die Leitung in 2 hydraulisch äquivalente Stahlrohrstränge in DN 600 geteilt. Die
Rohrleitung ist damit 100 Jahre in Betrieb. Zu Beginn der Betriebsphase kam es immer wie-
der insbesondere an Hochpunkten zu Rohrschäden mit dem für Grauguss typischen Scha-
lenbruchversagen, das den gesamten Rohrquerschnitt schlagartig freigibt und zu großen
Auslaufmengen führt. Während der letzten 40 Betriebsjahre war die Leitung mit 11 Rohr-
schäden unauffällig, allerdings ereigneten sich 2012 und 2013 Rohrschäden mit Schalen-
bruch, so dass unter diesem Eindruck die Betriebssicherheit der HDL 1 zu diskutieren ist.
1 Wanddicke Betriebsdruck Prüfdruck [mm] [bar] [bar] 20,25 ≤ 5 15 22,50 5 - 8 20 24,75 8 - 12 25 25,87 12 - 15 30 vgl. 1 bar = 0,1 N/mm²
5
Bild 1: Rohrschaden der Druckleitung 1 am 29.1.2013 bei Itzelberg: 2.400 m³ Trink-wasser treten aus.
Anzumerken ist, dass es heute keine gültige DIN-Norm für Graugussleitungen gibt. Die
Norm 28513 (Gusseiserne Druckrohre mit Stemmmuffen), die 1962 als Ersatz für die DIN
2432 und mit DIN 28511 für DIN 2431 bearbeitet wurde, wurde 1975 zurückgezogen [2],
[3]. Die aktuell für GG-Werkstoffe gültige Norm DIN EN 877 gilt nur für Nennweiten zwi-
schen DN 40 und DN 600 und somit nicht für die großkalibrigen Hauptleitungen der LW
mit DN 900. Somit fehlt für die heute in Betrieb be�ndlichen GG-Rohre ein Regelwerk, auf
dem ein Betriebssicherheitsnachweis aufgebaut werden kann und das als „antizipiertes
Sachverständigengutachten“ den als „richtig“ zu vermutenden Rahmen über genormte
technische Inhalte absteckt.
2 Die Druckleitung 1
2.1 Lage und Höhenprofil der Druckleitung 1
Das Bild 2 zeigt LW-Leitungen mit Graugussabschnitten im LW-Leitungssystem. Deut-
lich zu erkennen sind die GG-Abschnitte der 1. Generation (1880 – 1930) der HDL 1 zwi-
schen Burgberg und dem Scheitelbehälter Osterbuch. Für den „Normalbetrieb“ ist der Ab-
schnitt ab der Kupplung Hürben bedeutsam, da die Teilstrecke bis zur Kupplung Hürben ab
Niederstotzingen (6.832,2 m St) nur im Notversorgungsfall als Druckleitung betrieben wird.
Der Abschnitt Hürben – Aufhausen hat eine Länge von 16.365,4 m, davon 9.662,2 m in
GG (59,0 %), der Abschnitt Aufhausen – Oberkochen ist 12.696,2 m lang, davon 9.223,2 m
in GG. (72,6 %). Ab der Kupplung Hürben hat die HDL eine Länge von 29.061,6 m, davon
18.885,4 m in GG (65,0 %). Die Gesamtlänge der HDL 1 beträgt 35.893,8 m.
2.2 Rohrschäden
Bei der Landeswasserversorgung sind alle Rohrschäden ab dem Jahr 1974 systematisch
erfasst. Insgesamt sind in diesem Zeitraum an der HDL 1 11 Rohrschäden aufgetreten. Be-
zieht man die Schäden auf die Länge der GG-Abschnitte (ab Niederstotzingen), so ergibt sich
aus 11 Schäden / (18.885 m x 39 Jahre) eine Schadensrate von 0,0149 Schäden / (km x a)
und damit ein absolut unauffälliger Wert. Das Technische Regelwerk (DVGW W 403-1 [4])
gibt für Haupt- und Versorgungsleitungen eine „Niedrige Schadensrate“ mit ≤ 0,1 Schäden
je km und Jahr an.
SchwäbischGmünd
Ellwangen
Aalen
Heidenheim
Geislingen
Göppingen
Kirchheim
Esslingen
Stuttgart
Ludwigsburg
Langenau
Blaubeuren Ulm
Wittislingen
Gundelfingen
0 5 10 15 km
BH Rechberg
BH Breech
BH Schön-bühl
BHThomas-
hardtBH
BH Rotenberg
BH Hahnweide
BH Nonnenbrunnen
BH Brucken
BH Asch
SBH Heuberg
BH
Wolf-scherre
BHHorn
WWMühlhausen
BH BollerSattel
SBH Amstetten
SBH Osterbuch
SBH Aufhausen
Egauwasserwerk
VPW Burgberg
VPW Niederstotzingen
VPW Schotthof
WW Langenau
RWPLeipheim
A8
A8
A7
Probst
BH
Schopflen-bergBH Egart
Legende
GG 1.Generation (1880-1930)
GG 2.Generation (1926-1965)
Bild 2: GG-Abschnitte im LW-Leitungssystem; ins-gesamt sind im LW- Fernleitungsnetz noch 57,6 km GG-Leitungen der 1. Generation und 89,53 km der 2. Generation verlegt.
Beitrag 16 LW-Schriftenreihe 2015
2.3 Werkstoffuntersuchungen
Seit 2003 werden bei jedem Rohrschaden der Hauptleitung 1 Materialproben entnom-
men und bei der Materialprüfungsanstalt der Universität Stuttgart (MPA) analysiert. We-
sentliche Untersuchungskriterien sind der Befall durch Spongiose2, Vermessung der Wand-
stärke, metallurgische Untersuchungen sowie bruchmechanische Untersuchungen zur
Ermittlung von Biegebruchfestigkeit und Zugfestigkeit.
St
GGGGGG
St StStSt
GG GG GGGG GG GG GGGG GG
St StStSt St
6000 9000 12000 15000 18000 21000 24000 27000 30000 33000 36000
Länge [Km]
10152025s [mm]
stationäre Förderlinie
Höhenprofil [müNN]600
550
500
450
400
VA [m3]3000
2500
2000
1500
1000
500
0
max. Druckhöhe
44
47
11
51
329
12
634
407
56
464
142
16
330
365
610
601
619
622
631
Hürben
Herbrechtingen
Mergelstetten
Schmittenberg
Aufhau
sen
Stollen
Königsbronn
Einlauf
Oberkochen
2 Spongiose ist eine Sonderform der selektiven Korrosion. Dabei handelt es sich um eine Langzeitschädigung, die bereits durch geringe Gehalte an Säurenoder Chloriden im Erdreich unterstützt wird. Dabei korrodieren die eisenreichen Phasen Ferrit und Perlit. Sie bilden die Anode, da sie unedler als die Kathode aus Graphit sind, und lösen sich auf. Das Korrosionsprodukt ist FeOOH (Eisenschwamm; lat. spongus = Schwamm), welches die entstandenen Zwischenräume im Graphitnetzwerk als poröse Masse ausfüllt. Dabei behält das Werkstück seine Form, verliert aber seineFestigkeit und ist mechanisch nicht mehr belastbar. Das Gusseisen wird im fort- geschrittenen Spongiosestadium soweich, dass es sich mit dem Messer schneiden lässt. Wird die Rostschicht an der Ober&äche entfernt, erkennt man den Eisenschwamm an dunklen Flecken,die sich von der metallischen Ober&äche gut abheben. Das Gefüge des spongiose-befallenen Gusseisens besteht aus einerdunkelgrauen Grundmasse (vorwiegend FeOOH) mit eingelagertem Phosphi-deutektikum und schwarzbraunem Graphit. Zum Korrosionsschutz könnten die gusseisernen Rohre beschichtet werden (z.B. Teerschicht oder Lackie-rung). Einen natürlichen Schutz bietet eine festhaftende Rostschicht, die durch viel Feuchtigkeit entsteht.
Kurzbe-zeichn.
Nr. Datum DN Werk-stoff
Ort Schadensart /-ursache
bis-herige
Nr.
Jahr (für
Sortierung)
11 10.09.1974 H.DL1 900 GG Heidenheim (K.SMI) Rohrbruch 11 1974
12 16.09.1974 H.DL1 900 GG Herbrechtingen Rohrbruch 12 1974
44 24.01.1978 H.DL1 900 GG Hürben Rohrbruch 44 1978
47 28.06.1978 H.DL1 900 GG Herbrechtingen Rohrbruch 47 1978
51 31.10.1978 H.DL1 900 GG Herbrechtingen Rohrbruch 51 1978
329 07.03.1995 H.DL1 900 GG Herbrechtingen Rohrbruch 329 1995
330 07.03.1995 H.DL1 900 GG Aufhausen Rohrbruch 330 1995
365 30.10.1997 H.DL1 900 GG Königsbronn Fremdeinwirkung 365 1997
407 11.09.2000 H.DL1 900 GG Herbrechtingen Rohrbruch 407 2000
601 11.06.2012 H.DL1 900 GG Schacht 1.115, Oberkochen-Wolfertstal Rohrbruch 601 2012
610 29.01.2013 H.DL 1 900 GG zw. 1.085 u. 1.083 oberhalb Gewerbegebiet Itzelberg Rohrbruch 610 2013
01.01.1970
0
100
200
300
400
500
600
700
800
900
1000
01.01.1975 01.01.1980 01.01.1985 01.01.1990 01.01.1995 01.01.2000 01.01.2005 01.01.2010 01.01.2015
Tabelle 1: Rohrschäden an GG-Abschnitten der HDL 1 seit 01.01.1974
Bild 3: Längspro�l mit GG-Abschnitten der HDL 1 (grün), maximale und minimale Drucklinie und stationäre Förderlinie sowie Auslauf-mengen längs der Druckleitung 1 (orange = Urzustand, grün = minimiert) sowie Ma-terial und Wandstärken. Die Nummern kennzeichnen die Rohrschäden.
7
Deutscher Verband für dieMaterialprüfungen der Technik (DVM)
Besondere Lieferbedingungen der LW
DIN 1691
DIN 1691, Ge 14.91
DIN 1691
DIN 1691 GG-12 GG-15
DIN 1691, GG-15
DIN EN 1561
EN-GJL-150 (GG-15)
DIN 2420, Ge 14.91
DIN 2420, Ge 14.91
DIN 28500
DIN EN 877
1909
1913
1928
1933
1942
1949
1964
1985
1997
1933
1938
1961
1977
2000
-
-
--
-
-
120
120
150-
250/120/1103
150-
250/120/1102
140
140
140
180
200
140
150
260
260
280
280
280
350/3324
280
4003
2601
Lieferungsvorschriften für Gusseisen
hier: Röhrenguss
Rohre aus Gusseisen
Gusseisen, Druckmuffenrohre
Gusseisen, gusseiserne Rohre
ohne Hinweise auf Rohre etc.
Gusseisen mit Lamellengraphit
Gusseisen mit Lamellengraphit
Gusseisen mit Lamellengraphit,
Ersatz für DIN 1691
Gusseiserne Rohre und Formstücke
Gusseiserne Rohre und Formstücke,
stehend in Sandformen gegossene Rohre
Gusseiserne Rohre und Formstücke,
Ersatz für DIN 2420
Rohre und Formstücke
Vorschriften, Normen JahrZugfestigkeitR
m [N/mm2]
Biegefestig-keit
[N/mm2]Bemerkungen
1 Bruchfestigkeit auf Druck2 R
m in getrennt gegossenen Probenstücken / in angegossenen Probestücken / Erwartungswerte im Gussstück
3 Ringbiegeversuch (bis DIN 300)4 Ringdruckfestigkeit, Werte für DN < 250 / ≥ 250 bis ≤ 600 mm
Tabelle 3: Festigkeitswerte aus Materialproben der 1. Hauptleitung der LW [6]
Zugfestigkeit Biegezugfestigkeit Bemerkung
[N/mm2] [N/mm2]
159
163
145
145
157
146
142
163
166
159
154
282
201
255
227
198
262
237,5
34,3
0,1445
LW-Bericht 2001-13
LW-Bericht 2001-13
LW-Bericht 2001-13
LW-Bericht 2001-13
LW-Bericht 2001-13
LW-Bericht 2001-13
LW-Bericht 2013-2
LW-Bericht 2013-2
LW-Bericht 2013-2
LW-Bericht 2003-14
LW-Bericht 2003-14
Mittelwert
Standardabweichung
Variationskoeffizient
Tabelle 2: Zeitliche Entwicklung der Anforderungen an Gusseisen mit Lamellengraphit und an daraus gefertigte Rohre
Beitrag 18 LW-Schriftenreihe 2015
3 Rohrstatik
Für den Spannungsnachweis wird idealisierend von einem in Längsrichtung invariant
gelagerten Kreisringträger mit Erdau&ast, ggf. Punktlast und radialer Au&agenreaktion, ggf.
auch Schneidenlagerung mit den weiteren Lastfällen Eigengewicht und Wasserfüllung aus-
gegangen. Daraus lassen sich die Biegemomente in Ringrichtung bestimmen, so dass der
Spannungsnachweis über = geführt werden kann. Die Materialprüfungsanstalt
der Universität Stuttgart (MPA) führt in ihrem Gutachten vom 17.09.2001 [5] aus, dass für
spröde Werkstoffe wie Grauguss die Normalspannungshypothese zutreffe. Die für den
Spannungsnachweis heranzuziehende Vergleichsspannung V ist damit max. Im Falle einer
Rohrleitung ist dies die maximale Biegezugspannung infolge Biegemomente in Ringrichtung
überlagert mit den Ringzugspannungen aus Innendruck in 6 Uhr-Position (Sohle). Weiterhin
wird darauf hingewiesen, dass lokal an der Innenseite des Gussrohres eine rund 2,3 mm
tiefe Zone mit Spongiose anzutreffen ist. Grundsätzlich ist jedoch bei der Druckleitung 1 im
Unterschied zur Fallleitung 1 [7] keine ausgeprägte Querschnittsschwächung festgestellt
worden. Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass der Werkstoff der Druckleitung 1
noch weitgehend intakt ist und der Spannungsnachweis über die Biegezugspannungen
und einem ggf. auf 90 % vom Soll-Querschnitt (Soll-Wandstärke) anzusetzenden Querschnitt
zur Berechnung des Widerstandsmoments geführt werden kann. Der entlastend wirkende
horizontale Erddruck wird nicht zum Ansatz gebracht. Tabelle 8 zeigt exemplarisch den
Spannungsnachweis für eine (Rest-)Wandstärke von 19,8 mm bei 8 bar Innendruck, 2 m
Überdeckung, 2 x 45° Au&agenwinkel bzw. Schneidenlagerung („Aufreiten auf Stein“),
Eigengewicht, Wasserfüllung und einer Punktlast von 35 kN/m („Baum auf der Leitung“). Es
zeigt sich, dass die Spannungen mit ungünstiger Schneidenlagerung und zusätzlicher Punkt-
au&ast deutlich zunehmen und die im Versuch ermittelten maximalen Biegezugspannungen
erreichen können. Die bisher vorgestellten Schritte entsprechen der üblichen Vorgehens-
weise der Rohrstatik. Damit kann aber nicht auf die Betriebssicherheit eines Systems ge-
schlossen werden. Hierzu wurde ein probabilistisches Verfahren entwickelt, das näher er-
läutert werden soll.
Bild 5: Rohrschaden der Hauptdruckleitung 1 am 29.1.2013 bei Itzelberg: Baum auf der Trasse und steinige Lagerung
Bild 6: Schadhaftes Rohr der Hauptdrucklei-tung 1 vom Rohrschaden 610 (29.1.2013 bei Itzelberg)
Lastfall „C“Lastfall „A“Gleichlast +Schneiden-lagerung
Lastfall „D“Eigengewicht +
Schneidenlagerung Eigengewicht +
Bettung Wasserfüllung +
Schneidenlagerung Wasserfüllung +
Bettung
Schneidenlast in derSohle + Auflager-
gegendruck
Schneidenlastoben und unten
Gleichlast +Bettung
Schneidenlast +Bettung
Pges
Lastfall „B“
Fges
Lastfall „A+B“
Lastfall „E“ Lastfall „F“ Lastfall „G“
Lastfall „B+C“
Bild 4: Die Lastfälle am in Längsrichtung invariant gelagerten Rohr (Kreisringträger)
N
A
M
W±
9
Tabelle 4: Normierte Biegemomente- und Nor-malkraftverläufe an Kreisringträger für unterschiedliche, längeninvariante Lastfälle
Bild 7:Prinzipielle Darstellung der Lastfälle und der Spannungsverläufe in Ring-richtung für Urzustand (links), b) Schneidenlagerung und c) Punkt-last mit Schneidenlagerung
Bettung
Erdauflast
22,5 mm Wandstärke,2 m Überdeckung,
Bettungslagerung 90˚
22,5 mm Wandstärke,2 m Überdeckung,
Punktlagerung (Stein)
Erdauflast
Aufreiten auf Stein
(s = 18/22,5 mm, 8 bar, Baum, Bettung bzw. Punktlager, Innendruck)
max
Erdauflast
Punktlast
Wasser-füllung+ Eigen-gewicht
Wasser-füllung+ Eigen-gewicht
max max
22,5 mm Wandstärke2 m Überdeckung
Punktlagerung (Stein) +Punktlast (Baum)
a) b) c)
Lastfall C B + C B A A + B D E F G
normierte Biegemomente in Ringrichtung = 45 °
Winkel M(LF"C") norm
Mnorm
(LF "B" + LF"C") Mnorm (LF "B")
Mnorm (LF"A")
Lastfall VII norm
Gleichlast +
Scheidenlagerung
Mnorm (LF "A"+"B")
Gleichlast +
Lagerreaktion
Lastfall Vnorm
Eigengewicht +
Schneidenlagerung
Lastfallnorm
Eigengewicht +
Bettung
Lastfall VInorm
Wasserfüllung,
Einlinienlagerung
Lastfallnorm
Wasserfüllung,
Bettung
Schneidenlast
oben und unten
Punktlast oben
und Bettung
unten (vgl. Baum)
Schneidenlast in
der Sohle (180°)
und Auflager-
gegendruck =
Bettung
Auflast rechteckig
+ Schneiden-
lagerung
Auflast rechteckig
+ Bettung
Eigengewicht
Rohrwand
Eigengewicht
Rohrwand +
Bettung
Wasserfüllung Wasserfüllung +
Bettung
[ ° ] P x r P x r preak x r² pv x r² pv x r² s x R x r² s x R x r² W x r³ W x r³
0 0,318 0,302 -0,023 0,299 0,266 0,500 0,396 0,250 0,198
90 -0,182 -0,164 0,025 -0,307 -0,271 -0,571 -0,460 -0,285 -0,230
180 0,318 0,163 -0,220 0,587 0,277 1,500 0,524 0,750 0,262
normierte Normalkraftverläufe in Ringrichtung
Winkel
N Lastfall"C"
Schneidenlast oben und unten
norm
Nnorm
(LF "B" + LF"C") Nnorm (LF "B")
Nnorm (LF"A")
Lastfall VII norm
Gleichlast +
Schneidenlagerung
Nnorm (LF "A"+"B")
Gleichlast +
Lagerreaktion
Lastfall Vnorm
Eigengewicht +
Schneidenlagerung
Lastfallnorm
Eigengewicht +
Bettung
Lastfall VInorm
Wasserfüllung,
Einlinienlagerung
Lastfallnorm
Wasserfüllung,
Bettung
Schneidenlast
oben und unten
Punktlast oben
und Bettung
unten (vgl. Baum)
Schneidenlast in
der Sohle (180°)
und Auflager-
gegendruck =
Bettung
Auflast rechteckig
+ Schneiden-
lagerung
Auflast rechteckig
+ Bettung
Eigengewicht
Rohrwand
Eigengewicht
Rohrwand +
Bettung
Wasserfüllung Wasserfüllung +
Bettung
[ ° ] PE PE preak x r pv x r pv x r s x R x r s x R x r W x r W x r²
0 0,000 -0,036 -0,048 0,106 0,038 0,500 0,285 0,750 0,643
90 -0,500 -0,500 0,000 -1,000 -1,000 -1,571 -1,571 0,215 0,215
180 0,000 -0,182 -0,245 -0,106 -0,452 -0,500 -1,587 1,250 0,707
4 Probabilistisches Verfahren analog zum Verfahren über Teilsicherheitsbeiwerte
4.1 Die Berechnungsschritte
Dem nachfolgend vorgestellten Verfahren liegt der Gedanke zugrunde, dass sowohl die
Spannungen aus den einwirkenden Lasten E als auch die Bruchfestigkeiten R einer statis-
tischen Verteilung unterliegen [9]. Für die Datensätze aus den Werkstoffprüfungen wie auch
für die Spannungen aus den einwirkenden Lasten soll für die statistische Verteilungsfunktion
Beitrag 110 LW-Schriftenreihe 2015
(Dichtefunktion) in Form der Gauß-Verteilung ausgegangen werden. Das Bild 8 zeigt die Zu-
sammenhänge. Da keine Teilsicherheitsbeiwerte vorgegeben sind, sind diese für die Wider-
stände („R“) anhand der vorliegenden Daten zur Werkstoffbeschaffenheit und zum Quer-
schnitt ( Widerstandsmoment und für die einwirkenden Lasten („E“) aus Spannungs-
berechnungen für Streckenabschnitte zu ermitteln. Bekannt sein müssen E,
R, M
E, M
R.
Für die Gauß-Verteilung („Glockenkurve“) gilt:
4.2 Die Bauteilwiderstände „R“
4.2.1Der Werkstoff
Für die Dichtefunktion der maximal ertragbaren Spannung muss der Mittelwert Rm
(hier: = Biegezug) bekannt sein. Analog zur EN 1990, Anhang D wird der charakteristische
Wert Rk mit der 5%-Fraktile (Abstand vom Mittelwert: 1,645 ) festgelegt zu:
Rk = Rm
- 1,645 · R [N/mm²]
Der Variationskoef#zient wurde aus den Messwerten in Tabelle 3 zu vR = 0,144 ermittelt.
Damit folgt:
R = 0,144 · Rm [N/mm²]
und somit
Rk = Rm (1 - 1,645 vR) = Rm · 0,763 [ N/mm²]
4.2.2 Das Widerstandsmoment
Während die maximalen Biegezugspannungen nicht der Alterung unterliegen, sind kor-
rosionsbedingte Querschnittsminderungen und deren Ein$uss auf das Widerstandsmoment
zu beachten! Hierzu ist der Verlauf über die Nutzungsdauer durch regelmäßige Werkstoff-
und Bauteiluntersuchungen z. B. nach Rohrschäden, zu ermitteln und zu dokumentieren.
Ergibt sich aus der Korrosion ein Wanddickenverlust s(t), so gilt für das Widerstandsmo-
ment W(t) = 1 x b x (d - s(t))2.
Bild 8: Zusammenhang zwischen (normalverteilter) Spannung aus den einwirkenden Lasten, den (normalverteilten) Festigkeiten (hier: Biegezugspannung) und der Wahrschein-lichkeit des Versagens
0 25 50 75 100 125 150 175 200 225 250 275 300 325 350
0
0.005
0.010
0,015
0,020
0,025
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
Spannungen [N/mm2]
g(R)
f(E)
f(E) x G(R) x 1000
G(R)
R m = 237,5 N/mm2
µR E- µ = µG
= 120 N/mm²
R k = 178,9
E k = 147,0
„Sicherheit“= Ek / R
k
Em
= 118,4 N/mm²
Bemessungs-punkt „B“ = 143,6
Belastung
Werkstoff
Dichtefunktion pE und p
R und
Summenkurve [1]Summenkurve
G(R) [1]
11
4.3 Die einwirkenden Lasten „E“
Die lastbedingten Spannungen E (aus „Einwirkung“) sind entlang der Rohrleitungstras-
se zu ermitteln. Aus der abschnittsweisen lastbedingten Spannung sind dann der Mittel-
wert Em und die Standardabweichung E zu bestimmen. Für den charakteristischen Wert
gilt wiederum
Ek = Em + 1,645 · R [N/mm²]
Mit der Varianz von 0,15 gilt R = 0,15 · Em und damit:
Ek = Em (1 + 1,645 · 0,15) = Em·1,247 [N/mm²]
Die Verteilung der Lasten muss für die einzelnen Streckenabschnitte bestimmt werden.
Die Rohrleitungstrasse sollte hierzu in eine nicht zu geringe Anzahl einzelner Abschnitte un-
tergliedert werden, für die dann anhand der einwirkenden Lasten (mit E = 1,0) die daraus
resultierenden Spannungen berechnet werden. Für die Verteilung dieser Spannungen wird ge-
prüft, ob eine Gaußverteilung angenommen werden kann. Dazu werden aus allen abschnitts-
bezogenen Spannungen der Mittelwert Em und die Standardabweichung E bestimmt und
daraus die theoretische Gaußkurve bzw. Summenkurve. Für die Übereinstimmung der
Summenkurve aus den berechneten Spannungen und der theoretischen Summenkurve
kann das Bestimmtheitsmaß r² herangezogen werden (vgl. Bild 9).
4.4 Die Wahrscheinlichkeit des Versagens
Die Wahrscheinlichkeit, dass Rohrteile versagen, ergibt sich als Integral über das Pro-
dukt von f(E) * G(R)3 (vgl. Bild 8). Ist für den gesamten Rohrabschnitt die Anzahl n der Ein-
zelrohre bekannt, so folgt aus dem Integral I = ∫ f (E) * G (R) d die Zahl der zu erwarten-
den Rohrschäden S zu:
[ 1 ]
Die Operative Versagenswahrscheinlichkeit kann alternativ auch aus dem Integral über die
Dichtefunktion mit µR - µE = µG und G = berechnet werden:
pf =
0
fG (g) dg [ 1 ] -∞
Bild 9: Abgleich der berechneten Biegezugspan-nungen in der Sohle (6-Uhr-Position) mit der Gauß-Verteilung für a) Urzustand, b) Lastfälle Schneidenlagerung + Punktlasten (Bäume auf der Leitung) und c) Schneiden-lagerung + reduzierte Auslaufmengen (vgl. auch 5.)
3 G(R) = ∫ g (R) d = Integral über die Dichtefunktion der ertragbaren Spannungen bzw. der widerstehenden Momente aus x W(t)
Spannungsverteilung für E (aus Lasten) [N/mm²]
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
1,0
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200
Em = 55,9 N/mm²
E = 8,7 N/mm²
Em = 0,155
r² = 0,906
Em = 117,3 N/mm²
E = 18,5 N/mm²
Em = 0,157
r² = 0,886
Em = 99,0 N/mm²
E = 17,4 N/mm²
Em = 0,175
r² = 0,855
Häufigkeit der Spannungen [1]
R
2+
E
2
Beitrag 112 LW-Schriftenreihe 2015
Anhand der Werte für Rm, R, Em und E bestimmt sich der Zuverlässigkeitsindex als die
auf G = normierte Differenz von Rm – Em zu:
[ 1 ]
Für den Zusammenhang zwischen dem Zuverlässigkeitsindex und -log(p) gilt für 0,5 < < 6
Umgekehrt gilt:
4.5 Die Sicherheitsbeiwerte
Analog zur EN 1990 hängen die Versagenswahrscheinlichkeit und damit der Zuverläs-
sigkeitsindex vom Betrachtungszeitraum ab. Bei einem kurzen Betrachtungszeitraum muss
hoch sein, für lange wird kleiner. Ist nun die Versagenswahrscheinlichkeit p bekannt, so
kann die Schadensrate berechnet werden. Umgekehrt kann aus einer zulässigen Schadens-
rate der erforderliche Zuverlässigkeitsindex bestimmt und der wichtige Zusammenhang
zwischen den Spannungen am Bauteil und der Schadensrate hergestellt werden! Der glo-
bale Sicherheitsbeiwert bestimmt sich bei bekannten Rk- und Ek-Werten zu
[ 1 ]
Der Bemessungspunkt B ist das Maximum aus f(E) * G(R)
Dichtefunktion Summenkurve
Bemessungspunkt = Max
und gibt das Verhältnis der Teilsicherheitsbeiwerte E und R zu Ek und Rk an. Es gilt:
= E · R
Mit den Teilsicherheitsbeiwerten4 und
Hinweis: Es ist zu beachten, dass für den Fall von < 1 nicht zwangsläufig das Versagen des Rohrleitungsabschnitts folgt, da Ek und Rk der 95- bzw. 5-Perzentilwert sind und damit jeweils 95 % der Werte unterhalb bzw. oberhalb liegen und nur bei einer Überlappung das Versagen eintritt!
Für die spezi#sche Schadensrate gilt:
Zu Bild 9 ist noch anzumerken: Der Zuverlässigkeitsindex lag im Urzustand bei 4,952
( , Eintrittswahrscheinlichkeit p = 3,77 10-7). Damit ist bei 3.148 Rohrteilen mit 0,001 Schä-
den zu rechnen, der globale Sicherheitsbeiwert beträgt: = 2,548, R = 2,694, E =
0,946; Bemessungspunkt B = 66,4 N/mm².
Aufgrund der ungünstigen Entwicklung mit Punktlasten auf der Leitung und dem Auf-
reiten auf Stein infolge der Verschlechterung der Bettung hat sich die Spannungsverteilung
zu der rechten Summenkurve entwickelt mit = 2,944 lag ( , Eintrittswahrscheinlichkeit
p = 1,398 10-3; damit bei 3.148 Rohrteilen 4,3 Schäden; globaler Sicherheitsbeiwert
= 1,211, R = 1,232, E = 0,980; Bemessungspunkt B = 66,4 N/mm²). Mit den durch-
geführten Verbesserungen am Rohrsystem5 wurden folgende Werte erreicht: = 3,493;
S = 0,75; p = 2,431 10-4; = 1,40, R = 1,4, E = 1,00. Wie die zeitlichen Veränderun-
gen die Betriebssicherheit einer Rohrleitung bestimmen, soll nachfolgend dargestellt wer-
den, da sich bei dieser „dynamischen“ Betrachtung ein Zusammenhang zwischen techni-
scher Nutzungsdauer und zulässiger Schadensrate berechnen lässt!
4 Idealerweise gilt = E · R; beachte: Em + · E · E = Rm · R · R
5 Bau von Rohrbruchsicherungen zur Reduktion der Auslaufmengen, Einbau von Lüftungschächten, Fällen aller Bäume auf der Trasse
f E( ) G R( ) dg( )
=Rm
Em
R
2+
E
2
R
2+
E
2
E R
E R
E
R
=
Rm
Em
G
; und
Em
; und G
=E
2+
R
2
13
4.6 Probabilistisches Verfahren bei zeitlicher Veränderung der (Last-) Einwirkungen und der
(Bauteil-) Resistenzen
Warum „altert“ eine (GG-)Rohrleitung, welches sind die entscheidenden Vorgänge und
warum geht sie schließlich zu Bruch? Der Alterungsprozess ist auf Veränderungen des
Werkstoffs (Korrosion), des Bauteils (abnehmendes Widerstandsmoment) und der einwir-
kenden Lasten (Bettung Aufreiten auf Stein, Baum auf Trasse Punktlast) zurückzufüh-
ren. In der Regel entwickelt sich das von günstigen Bedingungen nach Inbetriebnahme zu
ungünstigen nach 50 bis 80 Jahren.
Die zeitliche Veränderung vollzieht sich anfangs schleichend, dann zunehmend progressiv
um asymptotisch einem Endwert zuzustreben. Dies beschreibt das „logistische Wachs-
tum“6 und es gilt:
[ 1 ]
Aus der Rohrstatik ergeben sich aus den einwirkenden Lasten und der Lagerung die maß-
gebenden Biegemomente. Es gilt:
Punktlast Eigengew.+Wasserfüllung Bettung
Dem wirkt das Widerstandsmoment, multipliziert mit der (nachgewiesenen) Bezugsspan-
nung, vermindert um die Ringzugspannungen aus dem Innendruck pi entgegen mit:
Damit kann die Alterung durch Verändern der Parameter P(t), Preak(t) und W(t) modelliert
werden. Weiterhin kann der zeitabhängige (!) Zuverlässigkeitsindex unter der Annahme
einer konstanten Varianz (z. B. 0,15 · µ) bestimmt werden zu:
Die Lastumlagerung von gleichmäßiger (Sand-)Bettung bis zum „Aufreiten auf Stein“
(= Punktlagerung) wird durch einen Umschichtungsfaktor uB = f (t) beschrieben.
Ab einem -Wert von 2,625 würde die zulässige Schadensrate nach DVGW-Regelwerk
(0,1 s/(km · a) dauerhaft überschritten. Dies entspräche im Beispiel einer Nutzungsdauer von
100 Jahren! Bemerkenswert ist, dass diese ursachenbezogenen Überlegungen auf die em-
pirisch bekannte „Badewannenkurve“ zum Ende der Nutzungsdauer führen (vgl. Bild 10).
Tabelle 5: Parameter zur Beschreibung der Alterung einer GG-Leitung
Tabelle 6:Parameter für die Modellierung der zeitab-hängigen Funktionen
[ Nm ]
[ Nm ]
[ 1 ]
Bezeichnung Einflussmechanischer
Einflussbeeinflussbar
Punktlast (Baum auf Leitung)
Sich verschlechternde Lagerung(Sandbettung wird
ausgespült Aufreiten auf Stein)
P
L
K
R
Spongiose (Korrosion)
Risswachstum(Korrosion, Vorschädigung)
Einzellast P
Punktlagerung[P
reak (t)]
W nimmt ab [W (t)]
W nimmt ab [W (t)]
ja
nein
nein
nein
1
2
3
4
f (t) =a S
a + S a( )e S k t
ME = M P(t)( ) + M g, w( ) + M Preak t( )( )
MR =W t( ) Biegezug Innendruck( )
t( ) =M
R(t) M
E(t)
0,15 MR(t)( )
2
+ 0,15 ME(t)( )
2
Parameter Einzellast „P“Umschichtung
„Schneidenlagerung“ Wachstum Risse ( W(t))
S
k
a
0,0030 kN/a
20,00 kN
0,10 kN
0,0220 1/a
1,00
0,08
0,0150 mm/a
4,05 mm
0,00 mm
6 Anfangs gilt f‘ (t) ~ f(t) mit dem Start-wert a [= f (0)], für größere t strebt f (t) dann der „Sättigungsgrenze“ S zu. Somit gilt die DGL f‘ (t) = k · f (t) = [S – f (t)].
Beitrag 114 LW-Schriftenreihe 2015
5 Der Betriebssicherheitsnachweis
5.1 Gefährdungsbewertung und Risikoanalyse
Das Risiko eines technischen Systems hängt einerseits von intrinsischen Faktoren (z.B.
den ertragbaren Biegezugspannungen) und andererseits vom möglichen Schadensausmaß
ab. Die Konsequenz ist: Je höher das zu erwartende Schadensausmaß, desto höher werden
die Sicherheitsanforderungen sein. Wird das Schadenausmaß mit der Eintrittswahrschein-
lichkeit kombiniert, ergibt sich das Risiko7.
Für eine Rohrleitung lässt sich das Schadensausmaß mit folgenden Kriterien beschreiben:
• Auslaufmenge
• Art der Bebauung in der unmittelbaren Nähe der Rohrleitung (Wohngebiet,
Gewerbe- bzw. Industriegebiet, Aussiedlerhof, keine Bebauung)
• Verkehrswege (BAB, Bundes-, Landes- und Kreisstraße, Straße im Industrie- und
Wohngebiet)
• eine generelle Schadenseinschätzung
• kinetische Energie des austretenden Wassers (Tallage/Scheitellage, Hanglage)
Kriterien zur Beschreibung der Eintrittswahrscheinlichkeit sind:
• realer Sicherheitsbeiwert (= versuchstechnisch nachgewiesene Bruchfestigkeit zu
berechneter Spannung aus den maßgeblichen Lastfällen)
• Vorgeschichte (sind dort in der Vergangenheit bereits Rohrschäden aufgetreten?)
• Gefahr des Lufteinschlusses (insbesondere bei GG-Leitungen nach Lüftungen mit
schwach negativem Gradienten nach der Lüftung [10, 11, 12])
• Korrosionsaggressive Böden („niederohmige“ Böden, d. h. mit geringem Boden-
widerstand)
Als Bewertungsgrundlage wurde eine Ordinalskala für die Schadenwerte „S“ von 1 bis 6
und die Eintrittswahrscheinlichkeit „E“ von 1 („ohne“/„keine“) bis 8 („sehr hoch“) gewählt.
Bild 10: Simulation der Alterung einer Rohrleitung durch zunehmendes Aufreiten auf Stein (a), Baumwachstum auf der Leitung (b), Riss-wachstum (c) mit abnehmendem Zuverläs-sigkeitsindex (d) sowie ansteigenden Rohr-schäden (e) und steigender Schadensrate (f)
0,0
5,0
10,0
15,0
20,0
25,0
0 25 50 75 100 125 150
Wachstum "Risse" [ mm ]
Wachstum Einzellast „P“ [kN]
0,0
5,0
10,0
15,0
20,0
25,0
0 25 50 75 100 125 150
0
500
1000
1500
2000
2500
0 25 50 75 100 125 150
kumulierte Schäden und Exponentialverteilung [1]
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
0 25 50 75 100 125 150
Umlagerungsfaktor Bettung Schneidenlagerung (1-uB) [1]
0,0
1,0
2,0
3,0
4,0
5,0
0 25 50 75 100 125 150
Quotient MR / ME und Zuverlässigkeitsindex [1]
MR / ME
Zuverlässigkeitsindex
0,0
1,0
2,0
3,0
4,0
1 26 51 76 101 126 151
Schadensrate [S/(km x a)]
a) b)
c) d)
e)
15,0
20,0
25,0
f)
7 klassische De$nition: „Risiko = Schadensausmaß mal Eintritts-wahrscheinlichkeit“
15
Für die Bewertung der Auslaufmenge und der Spannung konnte anhand der (empirisch)
gewählten Stützstellen jeweils eine Funktion vorgegeben werden. Weiterhin wurde eine
Gewichtung der Kriterien vorgenommen. In der Ausführung ergibt dies dann die S- und
E-Werte und als Produkt den Risikowert.
Somit werden die Rohrleitungsabschnitte relativ bewertet, wobei die Vergleichbarkeit
erhalten bleibt, solange dieselben Bewertungskriterien, deren Skalierung und deren Ge-
wichtung beibehalten werden. Ziel ist eine Bewertung (d.h. ein „Risikowert“), die aussagt,
ob ein Abschnitt noch betriebssicher ist oder nicht. Um den maximal zulässigen Risikowert
zu bestimmen, ist es erforderlich, durch eindeutige Lastfälle und Schadensbewertungen die
Schwelle zum Zustand „nicht betriebssicher“ abzugrenzen. Es wird festgelegt:
1. Ein Rohrleitungsabschnitt mit einer Auslaufmenge von 1.000 m³, dessen Lasten Rk über-
schreiten (R = 0,85) gilt als nicht betriebssicher! Es gilt für die Kriterien der Scha-
denshöhe: Si = 0,4 x 1 + 0,25 x 4 + 0,20 x 1 + 0,05 x 1 + 0,10 x 1 = 1,75. Für die
Kriterien zur Eintrittswahrscheinlichkeit gilt: Ei = 0,75 x 8 + 0,15 x 1 + 0,1 x 1 = 6,25.
Für den Risikowert folgt R = 1,75 x 6,25 = 10,96.
2. Ein Rohrleitungsabschnitt, der mit Auslaufmengen bis 500 m³ einen mittleren Schaden
in einem Wohngebiet in Hanglage auslöst und dessen Spannungen einen Sicherheits-
faktor s < 1,4 aufweist, ist nicht mehr betriebssicher. Für die Kriterien der Scha-
denshöhe folgt: Si = 0,4 x 4 + 0,25 x 4 + 0,20 x 5 + 0,05 x 3 + 0,10 x 5 = 4,25. Für
die Kriterien zur Eintrittswahrscheinlichkeit gilt: Ei = 0,75 x 3 + 0,15 x 1 + 0,1 x 1 =
2,5. Für den Risikowert folgt R = 4,25 x 2,50 = 10,625.
Ein Rohrleitungsabschnitt, der mit Auslaufmengen von 2.000 m³ im freien Feld eine
Bundesstraße unter Wasser setzt und einen Sicherheitsfaktor s < 1,4 aufweist, ist
nicht mehr betriebssicher. Es gilt: Si = 0,4 x 5 + 0,25 x 5 + 0,20 x 1 + 0,05 x 5 +
Risiko = Schadenhöhe x Eintrittswahrscheinlichkeit
Schaden
Auslaufmenge
Bebauung
Verkehrswege
Hanglage
Weitere Kriterien
Realer Sicherheitsbeiwert
Vorgeschichte (Rohrschäden)
Lufteinschluss (GG-Leitungen)
korrosionsaggressiver Boden
Weitere Kriterien
Kriterien Schadenhöhe
Kriterien Eintrittswahrscheinlichkeit
Wert Ordinalskala
Wert Ordinalskala
Gewichtung
Gewichtung
1 2 3 4 5 6
1 2 3 4 5 8
ohne
ohne
ohne
ohne
ohne
sehr gering
sehr gering
gering
gering
mittel
mittel
hoch
hoch
sehr hoch
ohne sehr gering gering mittel hoch sehr hoch
sehr hochSchaden 0,40
Auslaufmengey = 1,442 In(x) - 6,965 0,25 125 250 500 1000 2000 4000
Bebauung 0,20 BauernhofGewerbe-/
Industriegebiet Mischgebiet Wohngebiet
Verkehrswege 0,05Wald-/
FeldwegGewerbe-/
Wohngebiet Kreisstraße Bundesstraße BAB
Hanglage 0,10 Tallage Scheitellage leichte Hanglage Hanglage
Summe 1,00
Summe 1,00
Sicherheitsbeiwerts mit y = -5,775 s^- 2,543
0,75
Schadenshäufigkeit
Risiko Lufteinschluss (Gradiente)
Korrosionsaggressivität
0,15
0,10
0,00
< 2
nein
> 0
< 1,7
0
< 1,4
< - 0,01 bis - 0,02 < - 0,05 - 0,04 bis - 0,05 - 0,02 bis - 0,04
< 1,15 < 1 < 0,85
Bild 11: Kriterien zur Beschreibung von Schaden-höhe und Eintrittswahrscheinlichkeit für Rohrschäden
Tabelle 7:Zuordnung der Schadenswerte „S“ und Eintrittswahrscheinlichkeitswerte „E“ der jeweiligen Bewertungskriterien zu einer Ordinalskala
3.
Beitrag 116 LW-Schriftenreihe 2015
Bild 12: Verteilung der Risikowerte für die unter-suchten GG-Abschnitte der Druckleitung 1 (Urzustand, Schneidenlagerung + Punktlast, Schneidenlagerung + red. Auslaufmenge)
Bild 13: Haupt-Druckleitung 1: Einbau von Rohrbruchsicherungen in Fertigschächten
0,0
2,0
4,0
6,0
8,0
10,0
12,0
14,0
16,0
18,0
0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0
Verteilung der Risikowerte [1]
Urzustand
Schneidenlagerung + Punktlast
Schneidenlagerung+ red. Auslaufmenge
norm
al
sehr
hoch
hoch
80 %Risikowert R = E x S [1]
0,10 x 5 = 4,2. Für die Kriterien zur Eintrittswahrscheinlichkeit gilt: Ei = 0,75 x 3 +
0,15 x 1 + 0,1 x 1 = 2,5. Für den Risikowert folgt R = 4,2 x 2,50 = 10,5.
Im Mittel ergibt dies einen zulässigen Risikowert von 10,685. Damit kann die Festle-
gung getroffen werden, dass bei Überschreiten eines auf der Basis von Tabelle 6 berechne-
ten Risikowertes ein Rohrleitungsabschnitt ab R > 10 nicht mehr betriebssicher ist.
5.2 Risikoanalyse für die GG-Abschnitte der Druckleitung 1
Zur vollständigen Übersicht wurden alle GG-Abschnitte einzeln nach gemeinsamen Kri-
terien untersucht. Für die Druckleitung 1 führt die Risikoanalyse zu folgenden Ergebnissen:
Im Urzustand wurde der Risikowert von 10 an keiner Stelle, für den Status quo vor den Maß-
nahmen zur Verbesserung der Betriebssicherheit an 25 der 96 Abschnitte überschritten
(Bild 12). Daraufhin wurde überlegt, ob es sinnvoll ist, die Leitung zu erneuern, oder ob durch
gezielte Maßnahmen die Betriebssicherheit wieder hergestellt werden kann. Als „betriebs-
sicher“ wird der Zustand de$niert, bei dem an keinem Leitungsabschnitt der „Risikogrenz-
wert“ überschritten wird. Beein'ussbare Parameter sind die Punktlasten auf der Leitungs-
trasse (meist Bäume) sowie die Auslaufmengen. Die Trasse wurde komplett geräumt und es
wurden zusätzliche Rohrbruchsicherungen und auch Lüftungsarmaturen eingebaut. Die
dann erneut durchgeführte Risikobewertung führt zu dem Ergebnis, dass nur noch 6 Lei-
tungsabschnitte den Risikowert von 10 übersteigen. Die Ertüchtigungsmaßnahmen beliefen
sich auf 1,262 Mio. € (Zins: 0,050 Mio. €/a) und wurden so gestaltet, dass die neuen Fertig-
schächte bei einer späteren Leitungsauswechslung wieder verwendet werden können, also
keine „verlorenen Investitionen“ darstellen. Die Auswechslung der 25 Abschnitte hätte
Kosten von ca. 4,9 Mio. € verursacht. Bei einem kalkulatorischen Zinssatz von 4 % und 40
Jahren Afa-Dauer ergibt dies eine Annuität von 0,247 Mio. €/a (fa = 0,0505/a). Damit
„rechnet“ sich die Ertüchtigung im Vergleich zur Erneuerung (bei Aufgabe noch vorhande-
ner Restnutzungsdauer!) bereits nach 1,262/(0,247 – 0,050) = 6,4 Jahren.
17
Bild 14: Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß sowie Linien gleichen Risikos für die Abschnit-te der HDL 1 im a) Urzustand, b) status quo 2013 und c) nach den Ertüchtigungsmaßnahmen
Tabelle 8: Ergebnisse des Spannungsnach-weises
5.3 Auswertungen nach dem probabilistischen Verfahren für den Zustand nach der
Ertüchtigung
Zur Abschätzung zu erwartender Schäden wurde mit dem probabilistischen Ansatz der
Spannungsnachweis gerechnet. Zunächst sind die Werte für Em, m, Em (mit = 1 aus der
Spannungsberechnung), m sowie der „Bemessungspunkt“ B und daraus E und R zu
bestimmen. Für die Druckleitung 1 wurden hierzu die Eingangsparameter der 96 Abschnit-
te zusammengestellt und auf Basis der Rohrstatik am Kreisringträger die Spannungen be-
rechnet (vgl. Bild 4). Diese E-Werte wurden der Größe nach sortiert und mit der Summen-
kurve der Gaußverteilung verglichen. Die maßgeblichen Werte sind: Em = 99,0 N/mm², E
= 17,4 N/mm² (r² = 0,855 der approximierten Gaußverteilung), E / Em = 0,175 (Variations-
koef$zient), Ek = 127,6 N/mm².
Für die Werkstoffwerte wird von einem Mittelwert von 237,5 N/mm² ausgegangen. Mit
einem Variationskoef$zient von 0,149 folgt R zu 35,6 N/mm² und Rk = 178,9 N/mm²
(Biegezugspannung). Aus den statistischen Werten folgt, dass in dem Zeitraum, indem die
Ek- bzw. Rk-Werte zutreffen, nur 1 Schaden zu erwarten ist. Der Teilsicherheitsbeiwert E
beträgt 1,0 R = 1,402 und ges = 1,402. Der Zuverlässigkeitsindex beträgt noch 3,493.
Weitere Auswertungen zeigen, dass ab Em = 120 N/mm² der Zuverlässigkeitsindex auf 2,8
sinkt und dann gemäß dem Alterungsmodell erstmals die zulässige Schadensrate von 0,10
Schäden/km x Jahr dauerhaft überschritten würde8. Dies markiert die Grenze der techni-
schen Nutzungsdauer! Der Spannungsnachweis für den status quo führt mit s = 20,25 mm
(0,9 x 22,5 mm), Pi = 8 bar, 2 m Überdeckung mit = 20 KN/m³ zu maximalen Spannun-
gen bei Schneidenlagerung in Höhe von 107,3 N/mm².
8 Hinweis: Bei der Analyse der zeitlichen Verschlechterung in 4.5 wurde der ab einem Zuverlässigkeitsindex von 2,625 die Schadensrate von 0,1 Schäden/km und Jahr dauerhaft überschritten!
sehr hoch hoch mittel gering sehr gering
1,0
2,0
3,0
4,0
5,0
1,0 2,0 3,0 4,0 5,0
1,0
2,0
3,0
4,0
5,0
1,0 2,0 3,0 4,0 5,0
1,0
2,0
3,0
4,0
5,0
1,0 2,0 3,0 4,0 5,0Eintrittswahrscheinlichkeit Eintrittswahrscheinlichkeit Eintrittswahrscheinlichkeit
a) b) c)Schadensausmaß(Wert auf Ordinalskala)
mit Auflager-gegendruck
Spannung ausNormalkraft
Spannung ausBiegemoment
mit Punkt-lagerung
=
=
Scheitel
Sohle
Kämpfer
Scheitel
Sohle
Kämpfer
N/A + / -
+ / -
+ / -
+ / -
+ / -
+ / -
+ / -
M/W ∑ + ∑ -
N/A + / - M/W ∑ + ∑ -
18,28 37,51
-38,75
39,70
Max
Min
55,80
-21,52
57,48
57,48
-21,92
-19,23
55,99
-21,92
61,09
-27,16
107,25
107,25
-71,69
-24,53
61,64
-71,69
42,81
-44,40
89,47
Max
Min
17,24
17,78
18,28
17,24
17,78
Beitrag 118 LW-Schriftenreihe 2015
6 Zusammenfassung
Ausgangspunkt war die bei der Landeswasserversorgung erkannte Notwendigkeit, die
Betriebssicherheit der 100 Jahre alten Hauptdruckleitung 1 DN 900 aus GG zu überprüfen.
Hierzu wurde zunächst in Anlehnung an die Bemessung im Massivbau ein probabilistisches
Verfahren entwickelt. U.a. wurden für die GG-Leitungsabschnitte alle wesentlichen lastbe-
stimmenden Parameter wie Überdeckungshöhe, Innendruck und Punktlasten ermittelt und
mittels Rohrstatik für jeden Abschnitt die Spannungen im Rohr berechnet, so dass daraus
die Dichtefunktion der einwirkenden Lasten berechnet werden konnte. Aus zahlreichen
Materialprüfungen konnte weiterhin die Dichtefunktion der maximal ertragbaren Biege-
zugspannungen abgeleitet werden. Damit waren die Berechnungsgrundlagen vorhanden,
um die Versagenswahrscheinlichkeit, den Zuverlässigkeitsindex, den Bemessungspunkt und
die Teil- sicherheitsbeiwerte für die einwirkenden Lasten und die Resistenzen zu bestimmen.
Darauf aufbauend ist es möglich, die zeitliche Entwicklung des Zuverlässigkeitsindex zu
berechnen. Szenarien sind z.B. eine Lastzunahme durch Punktlasten (aufwachsender Baum)
oder ungünstigere Bettungsbedingungen durch ein Aufreiten auf Stein und auf der „Resis-
tenzseite“ ein zunehmendes Risswachstum, das das Widerstandsmoment mindert. Damit
kann ein Zusammenhang zwischen der zulässigen Schadensrate nach Regelwerk und der
technischen Nutzungsdauer hergestellt werden!
Der Betriebssicherheitsnachweis wird schließlich über eine Gefährdungsbewertung und
Risikoanalyse geführt. Neben den maßgeblichen Lastfaktoren wurde die Trasse auch hin-
sichtlich der Schadenssensitivität beurteilt. Anhand neu entwickelter Kriterien können das
Schadensausmaß und die Eintrittswahrscheinlichkeit bestimmt werden. Über den Weg einer
Ordinalskala können daraus relative Risikowerte errechnet werden. Kalibriert wird das Mo-
dell über nachvollziehbare Schadens- und Belastungssituationen, so dass daraus der kriti-
sche Risikowert abgeleitet werden kann. Damit kann dann der Betriebssicherheitsnachweis
geführt werden.
Perspektivisch ermöglicht dies auch die Bewertung von Maßnahmen zur Verbesserung
der Betriebssicherheit, wenn für verschiedene Maßnahmen die Risikowerte bzw. deren Ver-
änderungen den jeweiligen Kosten und Nutzungsdauern gegenübergestellt werden.
Literatur
[1] LW: Längspro$l der HDL1 mit Rohrschadensorten, LW-Planarchiv Nr. 05.101/2/0001
[2] Deutscher Normenausschuss: DIN 28513: Gußeiserne Druckrohre mit Stemmuffen,
Klasse LA, A und B, März 1962 (zurückgezogen)
[3] Deutscher Normenausschuss: DIN 28503: Stemmuffen-Verbindung, April 1962 (er-
setzt durch DIN 28603: Rohre und Formstücke aus duktilem Gusseisen - Steckmuf-
fen-Verbindungen - Zusammenstellung, Muffen und Dichtungen)
[4] DVGW: W 400-3: Technische Regeln Wasserverteilungsanlagen, Teil 3: Betrieb und
Instandhaltung, Bonn, September 2006
[5] LW-Bericht 2001-13: Bericht über die Untersuchung der gusseisernen Rohre der 1.
Hauptleitung des Zweckverbands Landeswasserversorgung, Auftrags-Nr. 949 734
001. MPA – Staatliche Materialprüfungsanstalt an der Universität Stuttgart, Stutt-
gart 2001
[6] LW-Bericht 2013-2: Schadensuntersuchung an einem Rohrleitungsabschnitt DN 900
der Druckleitung 1 bei Oberkochen mit großer Leckagestelle, Auftrags-Nr. 902
4523 000. MPA – Staatliche Materialprüfungsanstalt an der Universität Stuttgart,
Stuttgart 2013
[7] LW-Bericht 2003-14: Bericht über die Untersuchung der schadhaften Gussrohre der
Hauptfallleitung 1 bei Essingen und Wäschenbeuren, Auftrags-Nr. 951 125 001.
MPA – Staatliche Materialprüfungsanstalt an der Universität Stuttgart, Stuttgart
2003
[8] DIN 1054 2005-1
[9] Quast, Ulrich: Ist das Konzept mit Teilsicherheitsbeiwerten über'üssig, in: FRILO-Ma-
gazin (Kundenmagazin der Nemetschek Frilo GmbH, Stuttgart), Ausgabe 2002,
S. 11 – 21
19
[10] Kottmann, Albrecht, C. Schmitt: Unerklärliche Rohrbrüche – Mögliche Zusammen-
hänge zwischen Luftblasen, Fließgeschwindigkeit und Rohrbrüchen in Wasserrohr-
leitungen, in: 3R international 19 (1980), Heft 1/2
[11] Kottmann, Albrecht: Luftblasen als Ursache von Rohrbrüchen, in: 3R International
23 (1984), Heft 1/2
[12] Kottmann, Albrecht: Wasserwalzen in Rohrleitungen als Ursache für Berstbrüche, in
3R International 29 (1990), Heft 1/2
Abkürzungsverzeichnis:
B Bemessungspunkte [N/mm²]
Zuverlässigkeitsindex [1]
f ( E ) Dichtefunktion der einwirkenden Spannungen
g ( R ) Dichtefunktion der ertragbaren Spannungen (Werkstoff)
GG Grauguss
Sicherheitsbeiwert
E Teilsicherheitsbeiwert der einwirkenden Last [1]
R Teilsicherheitsbeiwert des (resistierenden) Werkstoffs [1]
E Eintrittswahrscheinlichkeit [1] Ordinalskala!
Em Mittelwert der einwirkenden Spannungen (Lasten) [N/mm²]
kE 5-Fraktilen-Wert der einwirkenden Spannungen (Lasten) [N/mm²]
r² Bestimmtheitsmaß (statistische Kenngröße)
HDL 1 Hauptdruckleitung 1
L Länge [m]
M (längenbezogenes) Biegemoment [Nm] bzw. [Nm/m]
N (längenbezogene) Normalkraft [N] bzw.[N/m]
p Eintrittswahrscheinlichkeit [1/a]
R Risikowert
Rm Mittelwert der ertragbaren Spannung (Werkstoff) [N/mm²]
Rk 5-Fraktilen-Wert der ertragbaren Spannung (Werkstoff) [N/mm2]
S Schadensausmaß [1] Ordinalskala!
St Stahl
W Widerstandsmoment [m³]
Spannung [N/mm²]
B,max maximale Biegespannung [N/mm²]
E Standardabweichung der Verteilung der einwirkenden
Spannungen [N/mm²]
R Standardabweichung der Verteilung der ertragbaren
Spannungen [N/mm²]
v Vergleichsspannung [N/mm²]
B,max maximale Biegespannung [N/mm2]
top related