was muss nach bariatrischen operationen substituiert werden? · 2019-01-28 · nur in...
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Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie
Was muss nach bariatrischen Operationen substituiert
werden?
Claudia Paul, Diätassistentin, Ernährungsmedizinische Beraterin/DGE
Klinikum Leverkusen Abteilung für Allgemein-, Visceral- und Thoraxchirurgie
Offenlegung potentieller Interessenkonflikte
•Kein Anstellungsverhältnis oder Führungsposition •Keine Beratungstätigkeit •Kein Aktienbesitz •Vortragshonorare der Firma Dansag und Coloplast (Ernährung bei Stomata)
•Keine Finanzierung wissenschaftlicher Untersuchungen •Keine Gutachtertätigkeit •Keine anderen finanzielle Beziehungen
Protein: wenig im Vergleich zu KH und Fett und geringere Qualität (preiswerte Fleischprodukte statt Fleisch, Fisch, Geflügel, pflanzliche Proteine)
Hochraffinierte, polymere Kohlenhydrate (Softdrinks, Smoothies, Milchschakes; Weißmehl, Pasta, etc.)
Versteckte Fette (Fertigprodukte, Pizza, „Fast Food“, Käse, Wurstwaren, Gebäck, Schokolade)
Wenig frische pflanzliche Produkte (Gemüse/Salat und Obst nur in kleinen Mengen)
Mengen und Zusammensetzung („Big Eater“, „Weiches, Gekochtes, Zerkleinertes.., Impulsprobleme)
Präoperative Bestandsaufnahme
Resorptionsorte einiger Nährstoffe
Wechselwirkungen von Medikamenten und Mikronährstoffen
- verminderte Resorption -
Medikamente Mikronährstoffe orale Kontrazeptiva Vitamin D, Vit. B6, Vit. B12, Folsäure, Vit. C (ca. 70-80% Frauen!)
Diuretika Vit. B1 (Thiamin)
Antidepressiva, Vit. B2, Niacin Psychopharmaka
Antibiotika Vit. C, Vit. B12, Biotin, Vit. K
Antirheumatika Niacin
H2-Blocker Vitamin B12 modif. n. Wolf. Chir. Gastroenterol 2007; 23:44-47
Surg Obes Relat Dis 2017;13:727–741
Micronährstoffe Präop
Screening Empfehlung Prävalenz präop
Thiamin Präop. Alle Patienten (C) 29% Defizit
VitaminB12 Präop. Alle Patienten (B) 2-18% bei Adipösen und 6–30% bei Pat. mit PPI
Folsäure Präop. Alle Patienten (B) ca. 54% aller Adipösen
Eisen Präop. Alle Patienten (B) klinische Symptome (Müdigkeit, Schwäche, Glossitis, etc.)
ca. 45% aller Adipösen (Ferritin wenig geeignet); Eisen ist Abhängig vom Alter, Inflammation, etc.
Vit. D und Calcium Präop. Alle Patienten (A)
90% aller Patienten Kombination: Vit. D, 25-OH, Serumalkalin-Phosphatase, PTH, 24-Std. Calcium im Urin in Relation zur diät. Aufnahme
Fettl. Vitamine Präop. Alle Patienten (C) 14% bei Vitamin A 2,2% bei Vitamin E kA bei Vitamin K
Zink/ Kupfer Präop. bei RYGB und BPD/DS (D) 24-28% aller Patienten und 74% bei geplanter BPD/DS Kupfer: 70% bei prä. BPD bei Frauen
Clin Nutr 37 (2018) 612-617
Ergebnisse: Die mittlere Follow up betrug 81 ± 27 Monate. 35% der Patienten hatten einen Eisen-, 16% einen Vitamin B12- und 55% der Patienten einen Vitamin D - Mangel. 69% der Patienten nahmen täglich ein (nichtspezifisches) Multivitaminpräparat ein. Diese Patienten hatten eine geringere Defizit Rate (Eisen: 26% vs. 56%, p ¼ 0.034), Vitamin B12 (11% vs. 25%, p ¼ 0.46) and Vitamin D (46% vs. 75%, p ¼ 0.07), im Vergleich zu den Non-Compliant Patienten. Schlussfolgerung: Mikronährstoffmangel ist häufig nach RYGB Operation. Sowohl ein früh als auch ein langfristiges Follow up durch (Chirurg, Endokrinologe, Allgemeinmediziner) ist erforderlich.
Postoperativ
OBES SURG (2017) 27:1131–1136
Protein
Eisen Vit. B 12
Schlussfolgerung: Postoperative Eisen- und Vitamin B12- Supplementation mit einem allgemeinen Multivitamin- und Mineralstoff- Präparat wird für beide Methoden empfohlen.
Surg Obes Relat Dis 2014; 10: 589-599
Surg Obes Relat Dis 2017;13:727–741
Micronährstoffe Postop
Screening Empfehlung Prävalenz postop.
Thiamin Alle high-risk Patienten (B) (Frauen, Farbige, Kardial RF, Bak. Fehlb.(C))- alle 3-6 Monate bestimmen
<1 – 49% Defizit
VitaminB12 RYGB, SG, BPD/DS (B) im 1. postop Jahr alle 3 Mon., danach 1/Jahr bzw. bei Bedarf
2-5 Jahre post RYGB: < 20%: SG 4-20%
Folsäure Alle Patienten (B) Bis 65% aller postop. Patienten
Eisen Alle Patienten nach 3 Mon. (B) Danach 3-6 und dann jährlich
Nach 3-10 Jahren postop: AGB 14%, SG >18%, RYGB20–55% BPD13–62%, DS 8–50%
Vit. D und Calcium Alle Patienten (B) Bis 100% aller Patienten
Fettl. Vitamine A,E,K)
Vit. A: Postop nach BPD/DS oder bei Symptomen (B) E und K nur bei Symptomen (B)
Bis 70% innerhalb 4 Jahren nach RYGB und BPD/DS Vit E und K selten
Zink/ Kupfer Postop jährlich bei RYGB und BPD/DS (C)
Zink: bis70% BPD/DS; 40% RYGB; 19%SG; 34%-AGB Kupfer: 90% nach BPD/DS und 10-20% nach RYGB
Gründe für Eisenmangel nach Roux-Y-Magen-Bypass und BPD
Eisenmangel bei 45-52% der Patienten; mit Anämie bei ca. bis zu 74% der Patienten Ausschaltung des Duodenums und oberes Jejunums
fehlende präabsorptive Umwandlung des Eisens durch Magensäure
Meiden von Eisen-Nahrungsquellen wegen Unverträglichkeiten (z. B. rotes Fleisch)
Substitution mit Eisen und Vitamin C (bessere Resorption)
Gründe für B-12-Mangel nach SG, Roux-Y-Magen-Bypass und BPD
Vitamin B12-Mangel bei ca. 64% der Patienten
Reduzierte Sekretionsleistung für Intrinsic Factor im ausgeschaltenden Magen
Fehlender aufspaltender Einfluss der Magensäure auf das Herauslösen des Vitamins aus dem Nahrungsmittel
Meiden von Milch, -Produkte, Fleisch wegen Unverträglichkeiten
Speicherkapazität: 2000- 5000µg Vit. B12 für mehrere Jahre Substitution mit 500 µg/d oralem Vit. B12; evtl. zusätzlich 1000-2000 µg s.c./3 Mon.
Gründe für Folsäure-Mangel nach Roux-Y-Magen-Bypass und BPD
Folsäure-Mangel bei ca. 38% der Patienten
Folsäure-Aufnahme zwar überwiegend im Jejunum, aber bei Mangel könnten auch andere Dünndarmabschnitte kompensatorisch Folsäure resorbieren
hauptsächlich aber durch verminderte Aufnahme mit der Nahrung
Substitution mit 400 µg/d Folsäure
Gründe für Calcium und Vitamin D-Mangel nach Roux-Y-Magen-Bypass und BPD
Calcium und Vit. D-Mangel bei ca. 50-100% der Pat. Serum-Werte zeigen einem Mangel zwar nur in ca. 10-12% der Patienten weil zusätzlich Calcium aus dem Knochen mobilisiert werden kann!
verminderte Resorption des Vit. D durch unge- nügende Absorptionsvorbereitung des fettlöslichen Vitamins im Ileum
verminderte Aufnahme mit der Nahrung wegen Unverträglichkeiten
Erhöhter Bedarf (postmenopausale Frauen) Substitution von 1000-2000mg/d Calcium und 400 IE Vit. D/d (> 60 Jahre: 700 IE Vit D/d)
Gründe für Vitamin B1-Mangel
Vitamin B1-Mangel kann die Ursache für Wernicke-Enzephalopathie sein. hauptsächlich nach bileopankreatischer Diversion mit Duodenal-Switch
..aber auch nach langhaltender Übelkeit mit Erbrechen und Appetitverlust und nach rascher Gewichtsabnahme Speicherkapazität: 5 bis 30 mg Vit. B1 für ca. 20 bis 40 Tage Bei entsprechender Symptomatik umgehend Substitution von 100mg/d Thiamin evtl. kombiniert mit Vit. B6 und Vit. B12 über 1-2 Wochen
Obesity Surgery (2018) 28:2060–2068
Publizierte Studien von 1985 bis 2017 (MEDLINE, EMBASE, etc)
Schlussfolgerung: Anhaltendes Erbrechen ist ein häufiges Syndrom nach bariatrischer Chirurgie. Übelkeit, Erbrechen und Appetitverlust sind ebenfalls nicht spezifische Symptome eines Thiamin-Mangels. In der Literatur waren diese die häufigsten Symptome, die nach bariatrischen Operationen zu einer Wernicke Encephalopathie (WE) nach OP geführt haben.
C. Stroh, F. Benedix, F. Meyer, T. Manger
Empfohlene Laborkontrolle
Zentralbl Chir 2015; 140: 407–416
Clinical Nutrition 35 (2016) 12e17
Empfehlungen der Ernährungsfachgesellschaften für Gesunde
DACH
Surg Obes Relat Dis 2017;13:727–741
Micronährstoffe Postop
Empfehlung der Supplementation
Thiamin 12 mg Thiamin/Tag (C) und 50 mg Thiamin mit Multivitamin1-2x/Tag
VitaminB12 Alle Patienten Vitamin B12 Supplementation(B) 300-500 µg/Tag; Parenteral (im oder sc): 1000 µg/Monat
Folsäure 400–800 µg oral (Tag mit einem Multivitamin-Präparatf(B) Frauen im gebährf. Alter: 800–1000 µg oral/Tag(B)
Eisen Low risk (Männer): 18 mg mit dem Multivitaminpräparat Frauen und Pat.: nach RYGB,SG, oder BPD/DS 45–60mg/Tag (C)
Vit. D und Calcium Alle Patienten (C) BPD/DS: 1800–2400 mg/d, LAGB, SG, RYGB: 1200–1500 mg/d
Fettl. Vitamine A,E,K)
LAGB: Vit. A 5000 IE/d und Vit. K 90–120 µg/d (C); RYGB und SG: Vit. A 5000–10.000 IE/d und Vit. K 90–120 µg/d(D) LAGB, SG, RYGB, BPD/DS: Vit. E 15mg/d(D) DS: Vit. A(10,000IE/d) und Vit. K(300 mg/d (B)
Zink/ Kupfer BPD/DS: Multivitamin mit 200% der Empfehlung RDA(16–22 mg/d) RYGB: Multivitamin mit 100–200% der Empfehlung (8–22 mg/d) SG/LAGB: Multivitamin mit 100% der Empfehlung m(8–11 mg/d)
C. Stroh, F. Benedix, F. Meyer, T. Manger
Empfehlungen zur Supplementation
Zentralbl Chir 2015; 140: 407–416
Nährstoffsupplementierung nach bariatrischen Operationen
Restriktive Verfahren Magen-Band-Anlage
Sleeve-Resektion - normale Nahrungspassage
- Reduktion der zugeführten Nahrungsmenge
regelmäßige Gabe eines Vitamin- und Spurenelementpräparats – (hauptsächlich Mangel an B-Vitaminen)
Empfehlungen für die Supplementation von Nährstoffen
1-2 Multivitamin+Spurenelement-Präparate/Tag
zusätzlich täglich Calcium+Vitamin D
zusätzlich Eisen+Vitamin C
bei Anämie :
evtl. zusätzlich B12 (sc.), Folsäure
bei neurologischen Störungen (Thiamin-Mangel):
200 mg B1/d über 30 Tage (evtl. + 100mg i.m über 5 Tage), anschließend zusätzlich 100 mg/d
Bei restriktiv-malabsorptiven Verfahren:
C. Stroh, F. Benedix, F. Meyer, T. Manger
Empfehlungen zur prä- und postoperativem Vorgehen (57–60% der Patienten bereits präoperativ eine Mikronährstoffdefizit)
Zentralbl Chir 2015; 140: 407–416
Ernährungsanamnese und Verbesserung des präoperativen Ernährungszustandes
Langfristige individuelle Ernährungsberatung!
Täglich: nicht vergessen!
bevorzugt essen! „Eiweißträger“
bevorzugt essen! „Sattmacher“
kontrolliert essen! „Beilagen“
Vermeide!
Täglich 2 Portionen, z.B.: - ca. 1-2 kleine Kartoffeln - ca. 2-3Eßlöffel gekochten Reis/Nudeln - ca. 1-2 Eßlöffel Müsli/Getreideerzeugnisse - ca. 3-4 Eßlöffel Hülsenfrüchte - ca. 1-2 kleine Scheiben Brot, 1-2 kleine Brötchen
Täglich 3 Portionen Gemüse, z.B.: - ca. 4 Eßlöffel (80-100g) alle Sorten erlaubt - ca. ein Schälchen Salat Wichtig: 1 Eßlöffel (10g) hochwertiges Pflanzenöl (z.B. Raps- oder Olivenöl) Täglich 2 Portionen Obst: - z.B. 1 Apfel, 3-4 Erdbeeren (ca. 100g), etc.
Nur in Ausnahmefällen: - Fett, und fettige Produkte (z.B. Butter, fettes Fleisch, „Fastfood“) - Süßspeisen und Süßigkeiten - Alkoholische Getränke, gesüßte Schorlen, sogenannte „Softdrinks“ - Speisen mit einer hohen Energiedichte (viel Kalorien-wenig Menge)
Täglich 4-6 Portionen Eiweißträger, z.B.: *60-80g fettarmes Fleisch (ohne sichtbarer Fett!) z.B. Hähnchenunterschenkel, ½ Geflügelbrust, ½ mageres Rinder- oder Schweinesteak, etc. *80-100g Fisch z.B. ½ Seelachsfilet, ½ Forelle, ½ Lachssteak, 15 Miesmuscheln, 5 Gambas, etc. *100-150g fettarme Milch- und Milchprodukte (bis 1,5% Fett) z.B. ½ Glas fettarme Milch, Buttermilch, kleiner Becher Magerjoghurt, 6-8 Eßlöffel Magerquark, etc. *50g Schnittkäse oder 50g Weichkäse (bis 30% F.i.Tr.) z.B. 2 dünne Scheiben Gouda oder Tilsiter, ca.1/4 von einem kleinen Camembert *60-80g mageren Frischkäse oder Sauermilchkäse z.B. 6-8 Eßlöffel körniger Frischkäse oder ½ Harzer Rolle *1 Ei, fettarme Zubereitung! (maximal 2/Woche)
Täglich: - viel „Alltags“-Bewegung und Sport (2-3x Woche) z.B. Treppensteigen, Haus-/Gartenarbeit, mit dem Hund spazieren, Walken, etc. - reichlich energiefreie Getränke z.B. Wasser, Mineralwasser, ungesüßte Tees *Vitamin- und Spurenelemente z.B. 1-2 Multivitamintabletten, 1x Spurenelemente, Calcium, Eisen, Vitamin D3 und B12, etc. (abhängig von der durchgeführten OP)
Postoperative Ernährungspyramide
Schlussfolgerung: - Patienten nach RYGB haben ein erhöhtes Risiko der Mangelernährung - besondere Beachtung der Ernährungstherapie zur Prävention von metabolischen Erkrankungen - Multidisziplinäres Follow up (Diätassistenten, Physiotherapeuten, Hausarzt und Bariatrischen Chirurgen)
OBES SURG (2017) 27:1131–1136
Surg Obes Relat Dis 2017;13:727–741
Schlussfolgerung: Die Daten zeigen, dass die Prävalenz von Mikronährstoffmangel ansteigt, während das Monitoring bei den postoperativen Patienten abnimmt. Diese Arbeit dient als „Richtlinie“ für eine mögliche Supplementation anhand der aktuellen Studienlage und der postop. Möglichkeiten. Es liegt in der Verantwortung des Diätassistenten und dem bariatrischen Programm individuelle Notwendigkeiten anhand der Ernährungstherapie/aufnahme zu verändern.
Zusammenfassung Ob, wann und welche Mikronährstoffe?
Präoperative ausführliche Ernährungsanamnese durch eine erfahrene Ernährungsfachkraft – Verbesserung des Ernährungszustandes
Prä- und postoperative Laborkontrollen und (evtl.) Substitution
Postoperative langfristige diätetische Betreuung durch eine erfahrene Ernährungsfachkraft
Langfristige Substitution der notwendigen Mikronährstoffe
Präparate: Handelsüblich vs. Spezialpräparat ?? Brause, Depot
oder Kapseln??? (Osmolarität)
Wer trägt die Kosten?
…vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit….
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