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Post on 06-Feb-2018

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Nelly Sachs Immer (vor 1949)

Immer

dort wo Kinder sterben

werden die leisesten Dinge heimatlos.

Der Schmerzensmantel der Abendrte

darin die dunkle Seele der Amsel

die Nacht heranklagt -

kleine Winde ber zitternde Grser hinwehend

die Trmmer des Lichtes verlschend

und Sterben send -

Immer

dort wo Kinder sterben

verbrennen die Feuergesichter

der Nacht, einsam in ihrem Geheimnis -

Und wer wei von den Wegweisern,

die der Tod ausschickt:

Geruch des Lebensbaumes,

Hahnenschrei[footnoteRef:1] der den Tag verkrzt [1: Vermutlich eine Anspielung auf den dreifachen Verrat Jesu durch Petrus "bevor der Hahn krht"]

Zauberuhr vom Grauen des Herbstes

in die Kinderstuben hinein verwunschen -

Splen der Wasser an die Ufer des Dunkels

rauschender, ziehender Schlaf der Zeit -

Immer

dort wo Kinder sterben

verhngen sich die Spiegel der Puppenhuser

mit einem Hauch,

sehen nicht mehr den Tanz der Fingerliliputaner

in Kinderblutatlas[footnoteRef:2] gekleidet; [2: wertvoller, glnzender Stoff; Satin - kein geografischer Atlas]

Tanz der Stille steht

wie eine im Fernglas

mondentrckte Welt.

Immer

dort wo Kinder sterben

werden Stein und Stern

und so viele Trume heimatlos.

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