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01.03.2018 H. Joachim Schlichting WWU Münster 1
Workshop
Freihandexperimente zwischen Alltag
und Physikunterricht
Institut für
Didaktik der Physik
01.03.2018 H. Joachim Schlichting WWU Münster 2
Definition: Freihandversuche sind einfach
Ein FV ist ein physikalisches Experiment, das
• meist leicht,
• oft aus dem Stegreif,
• schnell (im zeitlichen Rahmen
der Motivation der SuS),
• mit Alltagsgegenständen,
• an beliebigem Ort ,
• ohne aufwändige Vorbereitung,
• ohne experimentellen und
• organisatorischen Aufwand
kurzum:
• frei aus der Hand durchzuführen ist.
Beispiel: Regenbogen ohne Regen
Lernen als Erlebnis
01.03.2018 H. Joachim Schlichting WWU Münster 3
Überraschende, spektakuläre, eindrucksvolle Effekten emotionales
Engagement Motivation, physikalische Sachverhalte zu erarbeiten.
FV können/sollen von Lernenden selbst durchgeführt werden
Die Lernenden „begreifen“, was passiert, auch wenn die physikalische
Erklärung noch aussteht.
Diese Aspekte der FV gelten erst recht für Phänobjekte von Science-
Centern
Viele neuere Phänobjekte sind aus FV hervorgegangen, viele FV harren
noch auf ihre Nobilitierung als Phänobjekte.
Beispiel: Wasserstrudel bzw. Flaschentornado
Konstruktiver „Missbrauch“ von Phänobjekten = Kreativität
Freihandexperimente, Phänobjekte und
Alltagsphysik – wie geht das zusammen?
01.03.2018 H. Joachim Schlichting WWU Münster 4
Exponate und Phänobjekte haben mit Freihandversuchen einiges gemein:
• leichte Handhabbarkeit („kinderleicht“),
• überraschender Effekt (Verblüffung),
• „phänomenale“ Wirkung (Ansprechen mehrerer Sinne).
Sie unterscheiden sich aber in anderer Hinsicht
• Phänobjekte sind nicht low cost,
• sie werden i.A. nicht mit Alltagsgegenständen durchgeführt,
• das Erlebnis und nicht der Lerngewinn steht im Vordergrund.
Freihandversuche und alltagsphysikalische Beobachtungen könnten helfen,
eine Verbindung zum Alltag und zum Physikunterricht herzustellen.
Freihandversuhe sind „low-cost“
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1. Verbrauchsmaterialien
Wegwerfmaterialien, Verpackungen, Lebensmittel, Kosmetikartikel,
Beispiele: Kirschen, Kaffee, Tee, Spagetti, Honig, Sirup, Mineralwasser
(Rosine), flüssige Seife, Creme, Speiseöl, Ölfarbe, Lacke, Sand, Reis,
Popcorn, Stärke, Glaskügelchen, Blumendraht, Batterien, Folien
(transparente*, spiegelnde*, irisierende*, geladene, Gummi- (Luftdruck)
retroreflektierende), Drahtnetze, Ketten*, Ringe, Unterlegscheiben, Rohre,
Schläuche (Wellrohre), Stäbe, Rollen, Kugeln, Schraubenfedern
(Schwingungstilger), Heftzwecken, Büroklammern, Plastikbehälter,
Plastikscheiben, CDs*, CD-Hüllen, spezielle Textilien, Einwegspritzen,
Gummibänder, Streichhölzer, Streichholzschachteln, Karten, Seile, Bänder,
Pendel, (einäugige) Sonnenbrille, Bierfilz, Retroreflexfolie, Spiegelfliesen,
Kerze (Flamme, Muscheln), flexible Wellrohre, Knöpfe
Freihandversuche sind „low-cost“
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2. Gebrauchsgegenstände
Dinge, die im Alltagsleben für alles Mögliche benötigt werden
Beispiele: Trinkgläser (optisch), Trinkgläser (akustisch), Kaffeetasse
(optisch), Teekanne, Supermagnete, Strohhalme, Fensterscheiben, Geräte
(Mixer, Staubsauger, Weinpumpe, Luftpumpe, Kamera), Spielzeugmotoren,
Beamer *, Flachbildschirm (polarisiertes Licht), Gefriertruhe), Geodreieck*,
Bürsten,
Weihnachtskugeln (Akustik), Weihnachtskugeln (nichtlinear), Spiegel,
Chinesischer Zauberspiegel, Zauberspiegel Mirage, Nussknacker,
Reagenzglas (Wasserhammer), Doppelglasfenster, Besen, Smartphone,
Kugellager (Motor), Gefrierschrank, Heizplatte, Tauchsieder, Thermoskanne,
Smartphone, Sieb, Fahrrad, Schale (als Klangschale), Aquarium,
Freihandversuche sind „low-cost“
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3. Spielzeuge, Designobjekte,
Beispiele: Kreisel, Pustekreisel, Magnetkreisel, Stehaufkreisel, ewiger
Kreisel, Atomix, Toroflux, Heißluftmotor , Springspielzeug, Schwirrring,,
keltische Wackelsteine,Bälle (Flummis, Tischtennisball, 3Schatten),
Luftballon, Kugelwippe, Putt-putt-Boot, Trinkender Storch,
Goethethermometer, Schiller- Tintenglas, Galilei-Thermometer,
Kettenthermometer, Bumerang, Bimetallspiele, Lavalampe,
Weihnachtspyramide, Chromadepth-Brille, Wackelbilder, aufwärtsrollender
Doppelkegel, Diabolo, Fangkugelspiel, Wobbler, Zweischeibenroller,
Gegenwindfahrzeug, Hexbug, Springspielzeug, Sanduhr, paradoxe
Sanduhr, Wasserhammer, Lauftiere, Saltospringer, Dynabee, Kugelwippe,
Stehaufmännchen, Gömböc, Kolumbuseier, Jojo, Maxwellrad, Schnurrer,
Slinky, Plasmakugel, Rotierender Globus, Leidenfrostrotor,
Koronen sind selten direkt zu beobachten
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Manche Tintenstrahlfolien ersetzen
die Streupartikel vor Sonne oder
Mond und lassen Koronen um
beliebige Lichtquellen entstehen
Blick ins Blätterdach von Bäumen
Eva Seidenfaden
Koronen entstehen durch
Streupartikel (Wassertröpfchen)
vor Sonne und Mond
Die transparente Folie enthält
winzige Streupartikel
40 fache
Vergrößerung
Tantalusbecher mit Strohhalm
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Strohhalm mit Bogen
als Heber
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Weiß, aus drei Farben gemischt…
Im Lichte eines DLP- Beamers, kann die weiße Farbe in ihre Bestandteile
zerlegt werden: durch Bewegung.
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Komplementärfarben im Schattenbereich
Einzelheiten in : Ucke/Schlichting: Spiel, Physik und Spaß. Berlin 2011 1
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Weiße Scheibe im gemischten Licht
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Erklärung der Funktion des Beamers
Rotierende Farbfolien bieten dem Auge in schneller Folge verschiedene
Farben an, die nicht mehr aufgelöst werden und zur Mischfarbe „Weiß“
verschmelzen.
Außerdem:
Einführung in
die Farboptik
Künstler
Piero Fogliato
im Phaeno
DLP-Beamer
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DLP (Digital Light Processing)
Technik
Reflektives Projektionsverfahren:
Millionen bewegliche Mikrospiegel
sind auf Halbleiterchip geätzt.
Jeder Spiegel stellt einen Pixel dar
Je nach Ansteuerung der Spiegel
wird der Pixel zum Objektiv
reflektiert oder ins Abseits gelenkt.
. Farben werden durch ein Farbfilterrad - bildsynchrone Rotation - erzeugt.
Das menschliche Auge nimmt aufgrund der hohen Geschwindigkeit die
sequentiell ablaufenden RGB-Bilder als Mischfarben wahr
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Freihandversuche als Zauberkunststück oder
Rätsel
Problem der Entzauberung und Wiederverzauberung
• Gehorsame Dose
• verzögerter Fall einer Kugel im Rohr,
• das gefangene Schlüsselbund,
• magnetische Weintrauben
• bergsteigende Schwimmer
• selbststartender Heber
• „Tantalusbecher“
• die angehaltene Zeit „Fermate einer Sanduhr“
• Die physikalische Erklärung entzaubert durch Entlarvung,
• führt aber auch zur Wiederverzauberung indem sie
• zauberhafte Aspekte des Alltäglichen sichtbar macht.
Diffuse, spiegelnde und totale Reflexion
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• Laserstrahl ruft einen zentralen Fleck hervor,
der so intensiv ist, dass Nachbarbereiche mit
erhellt werden.
• Licht wird in sich selbst spiegelnd reflektiert
• Da Oberfläche glatt und matt ist, auch diffuse
Reflexion in alle Richtungen
• Licht trifft auf
Unterseite der
Wasserschicht
• ab Winkel der
Totalreflexion
wird Licht zum
Boden reflektiert
heller Bereich
Berechnungen 1
Berechnungen
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01
2
1,00arcsin arcsin 48,7
1,33c
n
n
2tan
z
c
r
h 4 tanz cd h
Schichtdicke von h = 5 mm ergibt einen Durchmesser von d = 23 mm
Wasser hat einen
Brechungsindex von
n2 = 1,33
Zur Regenbogenstory von 1994 bis 2010
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Simulation des „ Regenbogens ohne Regen“
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E. van den Berg, F. Schweickert,
NVOX Jg. 35 Sept. 2010, Nr. 7.
http://www.natsim.net/ejs/schlicht
ingbow/
Beruhend auf einer analytisch hergeleiteten nur numerisch berechenbaren
Formel .
Einzelheiten siehe: Ucke, C.
/ Schlichting, H. J.
Spiel, Physik und Spaß
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Regenbogen et al
Analogie mit dem Gartenschlauch (Veranschaulichung der maximalen
Lichtintensität): gleichförmige Vergrößerung des Winkels von 0° bis 90°.
Beobachtung: langsamer werdende Vergrößerung der Strahlweite bis 45°;
danach schneller werdende Verringerung der Strahlweite.
um die 45° wird das meiste Wasser pro Streckenabschnitt ergossen.
Im Regenbogenwinkel von 42° wird das Licht fokussiert, weil der mit der
Zunahme des Einstrahlwinkels zunehmende Ausstrahlwinkel immer
langsame zunimmt um anschließend wieder abzunehmen.
Demonstration mit einem rotierenden lichtdurchstrahlten Prisma: die
Lichtintensität nimmt bis zu
einem Grenzwinkel zu, dann
wieder ab.
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Physik und Wahrnehmung
Die Wand durchschneidet den Lichtkegel Schattenhyperbel
Wohnästhetik in der bildenden Kunst
Woher kommt das Rot?
Schnitte durch Lichtkegel
Rasende Bürsten und tanzende Puppen
Von der Trägheit der Materie,
dieser dem Tanze entgegenstrebendsten aller Eigenschaften,
wissen sie nichts:
weil die Kraft, die sie in die Lüfte erhebt,
größer ist, als jene, die sie an die Erde fesselt
Heinrich von Kleist
Literatur: Ucke/Schlichting: Spiel, Physik und Spaß 2011 01.03.2018 H. Joachim Schlichting WWU Münster 22
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Tanzende Puppen
• Schwingung wird auf Borsten übertragen
Gemeinsamkeiten mit der rasende Bürste:
• Borsten als Beine
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Die Borste als Antriebsaggregat
Blattfeder als Modell
1. Akt: Schwingung nach unten:
elastisches Durchbiegen bei Abwärtsbewegung das gesamte Systems
neigt sich nach vorn und bleibt durch Haftreibung am Boden fixiert
unbelastete
Borste
Haftreibung
belastete
Borste
2. Akt: Schwingung nach oben:
Entlastung der Feder bzw. Borste, die wegen Trägheit und Verminderung
der Reibung nach vorn gleitet und
Den Anfang für einen neuen Zykus setzt.
1
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Ungleichförmigkeit der Bewegung
• aufgrund des chaotischen akustischen Signals Variation von
Amplituden und Perioden der Schwingung
• Wechsel von schnellen und langsamen Phasen der Drehung
• gerichtete Drehbewegung aus chaotischem Signal
(Gleichrichtungswirkung der Borsten)
• Art, Zahl, Länge, Neigung der Borsten bestimmt die konkrete
Bewegung
Experimentellelle Variationen
• selbst bei Bemühen um symmetrische Anordnung herrscht
Symmetriebruch stets (evt. langsame) Drehung
2
Hexbug
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e
Spielzeugvariante der
rasenden Bürste:
Kleiner Motor mit
Exzenter bringt
Hexbug zum Rasen.
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Wandernde Teppiche...
• Rolle des Teppichbodens: Erhöhung die Haftreibung in der ersten Phase
der Fortbewegung
H. J. Press: Geheimnisse des Alltags
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Kriechfortbewegung von Schlangen
1. Hautschuppen werden über den Boden gleitend nach vorn gezogen
(Gleitreibung) und aufgestellt
2. Indem die Schuppen auf dem Boden
festgekeilt (Haftreibung) sind, wird der
Körper nach vorn gezogen. Die Schuppen
legen sich dabei wieder an den Körper an.
Der Vorgang kann erneut beginnen.
Jede Form von Vibratoren wie elektrische
Zahnbürste, Massagestäbe, elektrische
Rasierer, Schwingschleifer können
benutzt werden, um gerichtete Bewegung
hervorzurufen
Selbsttätiges Lösen von Schrauben
Mixer u.ä. Haushaltsgeräte, die sich
selbstständig machen
Selbstorganisierte Fesselung
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Man nehme: Kette und Ring, schiebe Ring über Kette und lasse Ring fallen
Demonstration durch weitere FV
• gefesselte Schlüsselbund
• Knopf und Garnrolle
Ring dreht sich, überträgt Drehimpuls auf
Kette, die durch Verkürzung beschleunigt
wird und die Schlinge über den Ring wirft
*
Das gefesselte Schlüsselbund
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m1 wird gefesselt, weil
• sich der Faden mit m2 um den Stab
wickelt und
• es zur Selbsthemmung kommt.
Man hat den Eindruck, dass die
Geschwindigkeit aufgrund der Dreh-
impulserhaltung und kleiner
werdendem Radius größer wird.
Der Eindruck täuscht, wie eine Lang-
zeitaufnahme (mit Blinker) zeigt: Die
Strichlängen sind gleich lang
konstante Geschwindigkeit
abnehmender Drehimpuls.
Drehimpuls wird auf Luft und Stab
übertragen.
Rehwald/Heusler: MNU 66/1 (2013) Langzeitbelichtung
E
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