an fried rich w 0 hler....ende rastlos thatige iiber seiii leben, zumal iiber seine jngendjahre,...

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ZUK ERINNERUNG AN FRIED RICH W 0 HLER. Tliou, nature, m,y goddess: to thy law My servica are bound. Slia k s p e are. Der Wanderer, der aus den Bergen kommt, unterscheidet noch eine Zeit lang die zahlreichen Gipfel, hoch und niedrig, an denen ihn sein Weg voriiber gefiihrt hat. Allmahlich aber entschwindet dem sich Entfernenden, was nicht uber die niederen Haupter emporragt, und endlich bleiben nur noch die Riesen des Gebirges sichtbar. End wie im Raume so in der Zeit. Wer dem Weiterbau der Wissenschaft in einem gegebenen Zeitraume mit Aufmerksamkeit ge- folgt ist, vielleicht selber mit Hand angelegt hat, dem leben die emsig Schaffenden alle, die erlindenden Baumeister, die vollziehenden Werk- fiihrcr , ja die bescheidenen hrbeiter noch lange in der Erinnerung. Aber wer sich spiiter, - und ware nur ein Jahrzehend vcrflossen, - des Baues erfreut, der gedenkt schon all’ dcr fleissigen IKinde nicht mehr, die ihn aufgethiirmt haben; noch ein Par Jahrzehende, und auch die Werkfuhrer sind schon nahezu verschollen, und nur die Wenigen, welche dem Geblude den Stempel ihres Geistes aufgedriickt haben, werden noch mit Bewunderung und Dankbarkeit genaiint. Solche Betrachtungen driirigen sich zumal :iiif, wenn wir uns in die Vergangenheit. selbst in die noch nicht fern entlegene, der Chemie versenken. Wir branchen uicht weiter zuriickzublicken als bis in das zweite Viertel unseres Jahrhunderta. Welche Sumnie von Ar- bciten, welche Reihe eifrig Skendcr und Ernterider auf allen Gcbictcn Bericbte d. D chem. Besellschaft. Jahrg BY. 200

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Page 1: AN FRIED RICH W 0 HLER....Ende rastlos Thatige iiber seiii Leben, zumal iiber seine Jngendjahre, hinterlassen hat. Wenn ein abgeschlossmes Menscherileben unsere Theilriahrne in Anspriich

Z U K ERINNERUNG

AN

FRIED R I C H W 0 HLER.

Tliou, nature, m,y goddess: to thy law My servica are bound.

Slia k s p e are.

Der Wanderer, der aus den Bergen kommt, unterscheidet noch eine Zeit lang die zahlreichen Gipfel, hoch und niedrig, an denen ihn sein Weg voriiber gefiihrt hat. Allmahlich aber entschwindet dem sich Entfernenden, was nicht uber die niederen Haupter emporragt, und endlich bleiben nur noch die Riesen des Gebirges sichtbar.

E n d wie im Raume so in der Zeit. Wer dem Weiterbau der Wissenschaft in einem gegebenen Zeitraume mit Aufmerksamkeit ge- folgt ist, vielleicht selber mit Hand angelegt hat, dem leben die emsig Schaffenden alle, die erlindenden Baumeister, die vollziehenden Werk- fiihrcr , ja die bescheidenen hrbeiter noch lange in der Erinnerung. Aber wer sich spiiter, - und ware nur ein Jahrzehend vcrflossen, - des Baues erfreut, der gedenkt schon all’ dcr fleissigen IKinde nicht mehr, die ihn aufgethiirmt haben; noch ein P a r Jahrzehende, und auch die Werkfuhrer sind schon nahezu verschollen, und nur die Wenigen, welche dem Geblude den Stempel ihres Geistes aufgedriickt haben, werden noch mit Bewunderung und Dankbarkeit genaiint.

Solche Betrachtungen driirigen sich zumal :iiif, wenn wir uns in die Vergangenheit. selbst in die noch nicht fern entlegene, der Chemie versenken. Wir branchen uicht weiter zuriickzublicken als bis in das zweite Viertel unseres Jahrhunderta. Welche Sumnie von Ar- bciten, welche Reihe eifrig Skendcr und Ernterider auf allen Gcbictcn

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uiiserer Wissenschaft tritt uns aus dern Rzihrnen jener Zeit entgegen! Und wie klein ist die Anzahl derer, welchm in dem Gedachtnisse der Nachwelt cine bleibeiide Statte gesichert erscheint !

Ilieser Wenigen Einer ist der Forscher. welchem die folgenden BILtter gewidrnet sind. Dern Verfasser derselbctn lieat der Ehrgeiz ferne, dem Andcnken F r i e d r i c h W i i h l e r ’ s in diesen Zeilen (sin Denk- rnal errichten zii wolleii; cin Denkrnal, schiincr iind danerndcr a h (:s fremdcr Hand gelange, hat der Verewigte in seiner Lcbensarbcit selbrr sich gesetzt. Der Verfasser dieser Skizze triigt bescheideneres Ver- langen: cr rniichtc das Gefiihl der Liebe tirid Verehrnng, welches er fir den Freund im Leben hegte, arich nacli dern lliiischeideii des- selhcn noch ziim Ausdrucke briiigen, iiidern er an dern frisch auf- geworfenen Hiigel einen Kranz der Eriniieriing nicderlegt.

Dem geneigten Leser dieser Bliitter wird es indessen nicht ent- gehen. dass nur ein Theil ihres Inhaltes der eigeneri Erinnerung des Verfasscrs, - wie weit dieseltic: xiich zuriickreiche, - tintrionimen seiri kann. Mehrfache Mittheilungen sind ihrn von befrcundeter Hand, zrimsl von der Familie des Verewipten. zugegangen. Mariches ist den in den letzten Jahren veroffentlichten Briefen 1-011 R e r z e l i u s und L i e b ig an W iih l e r entlehnt, das Meiste dern noch unveriiffrntlichten Rrief- wechsel zwischen den beiden Lc.tztge~iannten, Vieles endlich auch um- fangreichen oigenhandigen Aufzeichnungen )̂ , welche der bis an sein Ende rastlos Thatige iiber seiii Leben, zumal iiber seine Jngendjahre, hinterlassen hat.

Wenn ein abgeschlossmes Menscherileben unsere Theilriahrne in Anspriich nimrnt , so fragen wir naturgerniiss nach den Bedingungen, linter deneii es seinen Anfang nahm. Die Erziehung im elterlichen Hause hat sicherlich vie1 dazu hc+ytragen, aus W i i h l e r den Mann zu niachrn, an dessen Rilde wir uns hente erfrcuen.

\V 0 €1 L E R’S ELTERY. F r i e d r i c h W i i h l e r entstammte einer in behaglichen Verhdt-

nisseii lebenden mitteldeutschen Familie. &in Grossvater war Stall- nicister in Diensten des Larrdgrafen W i l h e l r n IX. von Hessen. Der Sohn des Mannes, A u g u s t A n t o n , - W i i h l e r ’ s Vater (geboren srn 28. Janriar 1771), - hattt: sii:h. dern Wunsche der Familie ent- sprechend, jedoch ohne eigentliche Xeigiing . dern Stiidium der Thier- arzneikunde und der Landwirthechaft gewidrnct. Alleiii wcit entfernt, sirh aiisschliesslich fiir diesen Bcriif rorzubereitcii, hatte er einm niehr- jiihrigeii Aufeiit.halt suf der Unirersitiit Marburg dazu benutzt, i i i den rcrschieilensteii Gebieten der pliilosophisclien and philologischen Wissen-

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schaften Umsc.haii zit halten, so dass er mit unifangreichen Kenntnissen ausgcstattet und mit einem Gesichtskreise, der weit uber den seiner rigrntlichen RernfsthLtigkeit hinausreichte, die IIochschnle vrrliess. Fast unmittelbar nach Heetidiguiig seiner akadernischen Studien wiirde der jnnge Mann von dem Landgrafen zum Stallmeister seines Sohnes, des nachmaligen Kurprinzen von IIessett, ernannt, welcher in Hatiau resi- dirte. Ilieses Vcrh4lttiiss karii aber, wie weiter iinten erziihlt werden soll? bald Z U eineni etwas eigenthiimlichen Abschlusse. A n g u s t Wii h l e r trat nunmehr in Qhnlicher Eigenschaft in den Ilienst des Herzogs von Meininpi , at! desscn Hofe er durch vielscitige Verbesse- rungen, welche er in der Landwirthschaft des kleiiien S t a t e s ein- fiihrte, achnell eine einflussreiche Stellung gewann. Bald war aiich die uriverwiistliche Arbeitskraft dcs Mannea weit iiber die Grenzen seiner amtlichen Stellung hinaus in Anspruch genommen, nnd wir hijren na- mentlich nicht ohne Interesse, dass A u g u s t W i i h l c r , init mannich- fachen Sebenamtern betraut, auch wiihrend eirier Reihe von Jahren als Intendant das herzogliche Hoftheater verwaltet hat und vielleicht als der eigentliche Begriinder einer Kunstatistalt zii brtrachten ist, deren Ruhm weit iiber die Marken unseres Vaterlandes hinausreicht.

Das Hoflebcn scheint aber den1 naeh Unabhgngigkeit Strebenden auf die Dauer nicht zugesagt zu haben. Jedenfdls finden wir ihn schon im Jahre 180G unter ganz verLnderten LebcnsverliBltriissen wieder: er ist gliicklicher Bcsitzer und Bewirthschafter eincs Land- gutes bei Rijdelheim in der Nghe von Frankfurt a./M. geworden. Die Xachbarschaft der alten Reichsstadt mag bei der Wahl des neuen Wohnsitzes wohl mit den Ausschlag gcgeben haben. Schon nach weni- gen Jahreri hatten die glanzenden Resultate, welche A u g u s t Wii h l e r als Landwirth auch h iw erzielte, in weitesten Kreisen Reachtung ge- funden, so dass ihri der Fiirst-Primas von D a l b e r g 1K12 veranlasste, unter Beibehaltung seines Landgutes in Kijdelheirri , seirien Wohnsitz nach Frankfurt zii verlegen, um als Stallmeister am grossherzoglichen Hofe Stellung zu nehmen. Nim erst hatte der treffliche Manii fur seine dem Guten und Schonen gewidmeten Bestrebungen den wahren Boden gefunden. Kein auf die Hebung sei es der geistigen Interessen, sei es der materiellen Wohlfahrt der Biirgerschaft abzielrnder Ver- ein, der nicht in W o h l e r eineri eifrigen Mitarbeiter gefunden hlt,te. Nacheinander Mitglied, Secretar und Priisident drr 18 16 gegrln- dc,t.en Gesellschaft ziir Befiirderung niit.zlicher Kiinste und deren Hulfswissenschafteri. seit 18’20 Vorsteher der von D i e s t e r w e g in’s Leben gerufenen Sonntagsschule, - deren Schllerzahl sich unter seiner Leitung rasch von 20 auf 300 hob, - erfolgreich bctheiligt an der 1822 errichteten Sparkasse und der damit verbundcnen Ersparungs- anstalt, Stifter des Tnst,ituts zur Befiirderung der Garten- und Feldbaucultur, in hervorragender Weise thLtig fiir die erste Frank-

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furter Kuiist- and Gewerbeausstellung im Jahre 1826 und fir die erste Blumen- und Pflanzenausstellung daselbst im Jahre 1835, hat sich A u g u s t W B h l e r eine Reihe von Verdiensten rim das Gemeitiwesen seiner iieuen Heinlath erworben, so dass der Verfasser ") eines kiirzlich erschienerien Lebensbildes des Manncs ihn mit, Rrcht einen d r r besten von Frankfurt's Biirgern neiinen dorfte. Sein Name lebt an der f3tiitt.e seiner Wirksamkeit durch die ihm zu Ehren brgruiidete W i i h l e r - S t i f tu i ig zur Ausbilduiig juriger I m t e fur den Gewerbe- und Handels- stand fort. Wie sehr die segensreiche Thatigkeit. des Manlies auch bei eineni spiiteren Geschlechte noch in darikbarer Erinnerung geblieben ist, beweist die 20 Jahre nach seiiiem Tode ZU seiiieni Andenken er- richtete, heute zu selt.ener Hliithe eiitfaltete Schule, welchc als W o h 1 e r -S c h u l e jedem Frankfurter bekannt ist, ").

Wenn die reiche Lebenstliatigkeit, die wir in fluchtigen Uinrissen zu skizziren versucht. haben, uiiser volles Interesse fiir W ii h l e r ' s Vater beansprucht , so gehiirt unsere Theilnahnie iri nicht geringerem Maasse auch der Mutter, uber welche uns allerdings niinder ausflhr- liche Nachrichteii vorliegen. Sic war die Tochter des Gymnasid- directors S c h r 6 d e r in Hanau, eine grosse, stattliche lhcheinulig, welche sich bis in ihr hiichstes Alter ctirier beneidenswerthen Gesund- heit. erfreut hat. Die sie kantlt.cn, schildeni sie als eine kluge Frau VOII rinverwiistlichem Humor und heiterster , oft hiichst origineller Lebrnsauffassung, welche fur Menschen und Dinge den rechten Namen schnell zur Hand hatte. Das Rild der trefflichen Dame, wie es in der Familientradition erlialten ist, weckt die Erinnerung an die Schilderung der Frau k t h G i i t h e , weldie wir ihrem Sohne ver- dankrn, und die Aehnlichkeit wird nor11 durch den Urnstarid erhiiht, dass uns bcide Bilder aris den1 Rahmeu dcr Frankfurter Verhiiltnisse entgegentreten.

Kin fluchtiger H i c k in das Haus der Eltcrn musste unsere Theil- nahme schon deshalb in Anspruch nehmen, weil er uiis die gliick- lichen Verhaltnisse erkennen lasst, unter denen es dem Knaben, dem Jiinglirige vergiinnt war, sich zu entwickeln.

F r i e d r i c h W i i h l e r war am 31. Juli 1800 in dcm Dorfe Ehchers- heini bei Frankfurt a. M., in dem Hause des damaligen Pfarrers, cines Schwagers seiner Mutter, geboren. Wie es kam, dass sich Frau Wii h 1 e r beini Eintreten cines so wichtigen Ereignisses nicht zu Harise befanil, rerdimt, als die damaligen Verhdtnisse in Deatschland be zc%lincfiiicl, berichtet zu werden. Es war die Zeit, in welchrr ihr Gat te , wie bereits bemerkt, als Stallnieister in Dirnsten des damali- gen Kurprinzeii, spiiteren Kurfiirsten W i l h e l i n II., roil Hessen stand,

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eines Potentaten, von den1 die Geschichte kciri schrneichelhaftes Bild entwirft. Sein Jahzorn narnentlich kannte keiiie Grenzen. Eines Tages besuchte der Kurprinz in Hegleitnng des Stallnieisters seinen Marstall. Irgend ein geringfiigiger Umstand erregte seine11 Aerger, der ihn als- bald z u den unertrIglichsten Beschirnpfungcw seiiies Begleiters und sc.hliesslich zii Thltlichkeitcn hinriss. Dies war unsrrem wackern Stallmeister denn doch zu viel. Er ergritf eine Reitpeitsche m d gab Seiner Hoheit einen Denkzettel , wie Sie ihn zweifelsohne oft genug verdient: a.ber schwerlich jeirials friiher erhalten hstte. Ein guter Renner entfiihrtc den Zuchtmeister rasch der unmittelbaren Machtsphare des Geziichtigt.en. Dieser, mit Reclit besorgt, noch obendrein &her- lich zii werden, war klug genug, den Fliichtling nicht zii verfolgen, uberhaupt den ganzen Vorfall in Vergessenheit gerathen zu lasseo. Die. Familie hatte gleichwohl eiligst ihren bisherigeri Wohnsitz auf- zugeben, und W i i h l e r ’ s Mutter war gliicklich, in dem Haiise ihres Schwagers eine eiwiinschte Zufluchtsstiitte zu finden d).

Den ersten Unterricht jm Lesen, Schreiben und Zeichneii erhielt F r i e d r i c h W i i h l e r in seinem 7. und 8. Jahre von clem Vater selbst; nachher kam er in die wllgctrneine Schule; spater wurde ihrrr Privat- unterricht im Leteinischen rind Franzosischen sowie a w h in der Musik ertheilt .

Allc Nachrichten iiber Wi j h 1 e r’s Kindlicit bezcugen iibereinstirn- mend. dass die Lust am Experirnentireri uiid Samrrieln sich schon sehr friih bei ihm gezeigt habe, wie dies ja hei Knabcn nicht selten wahr- genommen wird. Allein in diesem Palle wurde sic sowohl durch den Vater als such durch einen Freund desselbeii, den Aofrath W i c h t e- r i c h , der die Grafen S o l n i s - R o d e l h e i m auf die Universitiit Giittingen begleitet hattc und sich mit Vorliebe fiir die physikalischeii Wiusen- schaften interessirte , stet s neii angeregt und gefiirdert. Ersterer war durch sciiie laridwirthschaftlichen Studien den1 Gebiete der Naturwissen- sehaften gleichfalls niiher getreten , fur dercii Pflege irri lnteresse der allgerneinen Wohlfahrt er seine besten Kriifte eingesetzt hatte; letz- terer hesass iibrrdies chemische und physikalischc Apparate, rnit denen er den Knaben spster selbst experimemtireri liess.

Im Jahr 1814 trat F r i e d r i c h W i i h l e r in das Gymnasium zu Frankfurt, das (:r bis zu soinern Abgtinge aiif die Universitiit besuchte. Enter seinen clarnaligeri Lehrern waren mehrere spater beriihrnt ge- wordcne Miinner: F r i e d r i ch C h r i s t o p h S c h l osser , der Geschichts- schreiber . riachmals in Heidelberg, G e or g F r i e d r i c h G r o t efend, der Grammatiker, zuletzt in Ilannover, C a r l R i t t o r , d w Geo- graph spater ill Berlin, u i i d Andere, dcncn z211en er a ihrend seines ganzeii Lebeiis ein dankbares Andemken bewahrt hat,. Er besuchte die Schule regclrnassig imd wurde nach den gcwiihnlichell Zeit- rXumen in hiihere Klassen x r s e t z t , zeichriete sich jedoch: - wie er

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ehrlich spater selbst gestand ~ - weder durch Iiesonderen Eifer noch bcsontlerc! Kenritnisse iius. Znrn 'rheil wenigstens ha.tte dirs indessrn darin seincri Griind . dass er sirli fortwiihrend ltridcnschatt- lich mit clieinischen Vcmiichen und niit. cleni Sainnicln yon Minera- lien 1,cwhii.ftigtc.; in Folgc. dics(,r %erstreuungeii blic4mi dic, Schiil- aufgRbrn drs iifteren unberiicksiclitiirt , bcsonders alier wurde die MMethcm;rtik vc~rnaclilassigt . fiir div er olinehin :im wetiigstcsii Sinn und 'I'alent hatte; dalier er arich spiiter nocli Prirattiritc,rricht diirin nehnien miissttb. >lit Inelireren Mitschiilrrn. namentlich nrit drm spiiter durch seine p a l ~ ~ n n t o l o ~ i s ~ l i e i i Arbritcii lieriihnit ge\votdenen I1 e I' n i an I I

v o n M e y car. w;ir CT in bestiindigrni mirier:ilogischeii Tanachvcrkehr, besondt~rs n h niit deni durcli seine Reisen auf 1sl;iiid u n d iin Ural bekaniitrn ~iiic?r;ilic.rili8ndler Me 11 y e , dein er niancslies It~inzctien voll ~~IIistgcsaiitriielten €lyaliths zuin Vertauschen i m h Han:in braclite. Dieser 1)ekanntschaft init Menge rerdankte W i i l i l c r eine beincrkeiis- werthe 13egogiiiing, deren er spiitcr hiiiifig rnit 111tt~resse gedacht hat. Eines ' rages , als 1.1' Mengc?, der wiilirend dcr Mcsst' niit .winen Minr- ralien n;icli Frankfurt kain, besriclite , traf cr i n desaen Lager init G oe t h e zrisa.ninicn, dessen VorlieLc fiir rnineralogische Sttidieti bekannt ist.. Er I)etracht,ete wie Wii h l e r die reiclie Sammlung, welche M enge zum Verkaufe hot, urid hatto rLwn eino pr:iclit.volle Stufe Kupfcrl:isur von Cliessy bci ihni erstanden. Unser jiingcr l'"xr~d wurde dein Dichter hei dieser Gelegenlieit vorgestcllt.

Einrn grossen Einfliiss auf M' ii h 1 e r's wiuseiiscliaftliche iirishildung in dieser Zeit iibte Dr. H IIC t i . eiii vielseitig getiildctcr. gristrc?irhcr Mann , der , ursprunglirli Arzt , sich spiiter als Privittgelehrter rifrigst mit clieniischen, pliysiknlischcii und niineralogischen Arlicitrn limehiif- tigte nnd ilim tJ:thrc. lang seinen lehrreichen Lnrgang gestnttete; ihni verdankt er eigentlich die crste Anregung zuni ernsten Stndiuin der Natnr~visseiiscliafteii. Eine Kiiche i n dw Wohnung seines (+iintiers diente als Laboratorinin, iii deni :in Iicrstimintcn Wochcwtagcw geineiii- schaftlich Versuchc vorgenomnien wnrden. Bald nach der 13ntdcckring des Selcns 1iatt.e er das Vorkommen dimes dainala nocli selir seltenen K6rpei.s i i i einer Lijhniisclien Scliwefelslurc 1)eobachtet ; er liess daher von dein (:r;islitzer Vitriolerz . :*us deni sic bereitet wiirdel koninien. Der Selengel~alt dariti wurde roiistatirt, alxr erst 1821 wriideii

Woliler ' s 1tesnlt.atc. von Ih. H u c h in G i l b e r t ' s Anniileri niit.ge- theilt l ) ; an der Spitze dieses kleirien Aufsatzes erscheint der Xamc F r i e d r i c h W i i h l e r zuin ersteii Male in der Literatur. Auch das ebeii erst entdeckte Cadniiiiiri erregte das Interesse , und es gelang ihrieii eine k l r h e Meiige I U S %ink darziistellen , die W 6 11 1 c r nachher auf einer Pussreise nacli Cassel und Giittingen mitnalini, u r n d:ts Metall Professor S t r o in e y e r . deni Entdecker dcs Cadrniums, vorzulegen, der es auch ah solclies anerkannte. Seine Verehrung fiir 13 1 l ime n -

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b acl i , dessen Handbuch der Naturgeschichte er eifrig studirt hatte, ga.b ihm den Muth, den beriihniten Mann bei dieser Gelegenheit zu besucheii und sich die Merkwiirdigkeiten seines weltbekannten Kabinets zeigcw zu lassen.

Der junge Wiihler lernt nunrnehr mit immer besserem Ver- stsndniss chemische Vorgliige kennen, denii wiibrend er Anfangs bei seinen Versuchen nur auf H a g e n ’ s alte Experimentalchemie be- schriinkt war, das einzige chemische Werk , das er besass, und nach dern schon sein Vat.er die Chemie gehiirt hatte, steht ihm jetzt Dr. Huch’s reiche Sibliothek zu Gebote. Chemische Versuche sind ihrn recht eigeiitlicli zur Leidenschaft geworden und erfiillen ganz seinen Sinn. Seine Stube verwandelt er riach und nach iii ein Laboratoriurn voller Gla.ser, Retorten Kolben und Steine, alles in griisster Uiiord- imng. Gluhvcrsuche, die cr hier nicht vornehrnen kann, macht e r in der Kiiche, wo alle Kohlenbecken in Beschlag genomrnen werden. Auch eine klcine Volta’sche Siiule baut e r sich auf ails grossen russischen Kupferniunzen rind Zinkplatten und lernt ihre Kraft kennen, das Wasser zu zersetzen und Zuckungen in den Armen hervorzubringen. Zur Reduction des Kaliums rcicht ihre Stiirke allerdings nicht aus; aber seine I3egierde, dieses merkwurdige Metall, das er nur aus der Beschreibung kannte, zu sehen und zu besitzen, ist. so gross, daes er die Darstellulig auf chemischem Wege in die Hand nirnmt. Das Metall wurde datnals noch gewiihnlich nach dern Verfahren von G a y - L u s s a c und T h e n a r d niit Hiilfe dcs Eisens bei holier Ternperatur gewonnen. Aber schon hatte C u r a u d au (1808) gezeigt, dass Kali- hydrat bei Weissgluth auch r o n der Kohle zerlegt wird. Es ist Cu r a u d a i i ’ s Process welcher zur husfiihrung gebracht wird. Als Ofen dient dazu ein grosser alter Graphittiegel, den Miinzmeist~er B u n s e n geschenkt, ron welchern iiberdies ein Rlasebalg entliehen war, den Wii h l e r ’ s Schwester ziehen muss. Die Operation gelingt uber alle Erwartung, und gross ist das Vergniigen der kleirien chemischen Ge- nossenschaft, als ihnen die ersten Kaliurnkiigelchen entgegenblinken.

Uebrigens interessirte und beschaftigte den Knaben noch manches Aiidere; so hatte e r regelmassig Unterricht im Zeichnen, eine Fertig- keit, auf welche sein Vater, der selbst gut zeichnete, grossen Werth legte; auch hat er wiederholt Schulpreise fur seine Leistungen in dieser Kunst erhalten. Hei Excursionen in der Uingegend, im Taunus, am Rhein, hatte er stets sein Skizzenbuch bei sich und zeichnete nach der Natur ; er versuchte sich sogar irn Oelrnalen und Radiren, woriii er besonders durch den Verkehr niit dern befreundeten Maler M o r g e n s t e r n unter- stutzt wurde. Zu seinen Liebhabereien gehiirten ferner antike Miiiizeii,

yon denen er eine ganz ansehnliche Sanimlung besass sowie auch von riimischen Urnen, Larnpen, Legionsteinen, die damals in den ehemali- gen Rijrnerlagern bei Heddernheim, Mainz, Wiesbaden noch haufig

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gefunden wurden. Auch mit der poEtischen Literatur uuseres Vater- landes, welche damals bereits einen so miichtigen Aufschwung genommen hatte, fing e r an , sich naher bekannt zii machen, geleitet zumal von einem jungen Maler, bei dem er Unterricht im Zeichnen hatte.

Wi ih l er’s Jugendjahre fallen in die Zeit, in welcher unser Vater- land unter dem Joche unertraglicher Fremdherrschaft schmachtete. Er war noch zu jung, urn den Druck in seiner ganzen Schwere zu empfin- den oder sich an der glorreichen Hewcgung zu betheiligen, welche Europa ron dem verhassten Despoten befreite. Erinnerungen a n die grossen Hegebenheiten jener Zeit sind ihm gleichwohl iri reicher Fiille geblieben. i l l s Knabe hat er den frbnkischen Imperator an der Spitze seiner Legionen in Fraiikfiirt einreiten sehen, und einige Jahre spater war er mit seineii Kameraden jubelnd den Kosaken und Haschkiren und wic sie alle hiessen, die Siihne der nordischen Steppe, entgegen- gezogen , als sich riach der grossen Viilkerschlacht die Heeressiiulen der Verbiindeten dem Rheine zudrdngten. - Oft noch in spiiten Jahren sind diese unvergesslichen Eindriicke in W i ihler’s GedHchtniss aufge- taicht.

Unser junper Freund, ohwohl immer noch auf der Frankfurter Schule, war mittlcrweile ails einem zarten, fast kiinnte man sagen schwachlichen Knaben zii einem kriiftigen , lebensfrischen Junglinge herangereift. Er selbst schreibt diese gliickliche Urnwandlung der be- sondereri Sorgfalt zu, welchc die Eltern auf seine physische Ent- wickelung, auf Starkung und Abhartung seiner nicht eben robust an- gelegten Organisation verwendeten. Restiindige kiirperliche Uebungcn, Reiten, Voltigiren , Fechteri , Schwirnmen , ondlich Betheiligung an Jagden in Sommorhitze und Winterkiilte gehijrtcii ZII dem wohldurch- dachteii Erziehungsplaiie seines Vaters.

Im Friihjahr 1820, also fast. in seinerri 20. Jahre. wurde W i i h l e r aus Prima ziir Universitiit tntlassen. Sowohl weil es am rneisten seiner Neigiirig entsprach, als auch weil sich in diesem Facht: durch vcrschiedene giinstige Umstiiride fur ihn die besten hussichtcn f‘iir die Zukiirift zu eriiffnen schienen , war im Faniilienrath beschlossen worden, dass e r Medicin studiren solle. Das erste Studienjahr brachte er in Yarburg zu, wo, wie wir gesehen haberi, auch sein Vater stu- dirt ha.tte, iind wo noch alte Freuride Icbten, die den nnerfahrenen Studentrn leiteii und beaufsichtigen sollteii. 111 wic wcit diese Erwar- tungen in Erfiillung gegangen sind, dariiber ist Naheres nicht bekaiint geworden. So vie1 steht aber fest. dass der junye Studiosus mit Eifer die Vorlesungen iiber Mineralogic bei U l l m a n 11, iiber Rotanik bei W e r i d e r o t . h , iiber l’hysik niid hlathematik bei G e r l i n g l1lid iiber Br~a- toirrie bcbi Hiin ger besnehte, an desseii Secir-l,7ebnilgelr er sicli eben- l’alls betheiligte. IXe Cheinic, noch iminer seine 1,ieblingsbeschlifti- gung. wiirde im ersten Semester nicht gelesen; aber such im zweiten

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hiirte e r sie nicht, weil Professor W u r z e r inzwischen seinen jugend- lichen Ehrgeiz verletzt hatte. Zum grossen Verdriiss seines Hauswirthes hatte e r nlmlich auch in Marburg seine Wohnstube zum Laboratorium gemacht und angefaxigen , sich init Versuclien iiber die Schwefelblau- slure ond andere Cyanrerbindungen zii beschaftigen. Er eritdeckte dabei das Jodcyan; wenigstens war es fiir ihn eine Entdeckung, da er nicht wusste, dass dieser Kiirper schon von H u m p l t r y D a v y dargestellt worden war. In der Freude seines I-Ierzeiis theilte e r seinen Fund dem Professor W u r z e r mit; dieser aber, deni das Jodcyan ofi'enbar eben so neu war wie uiisereni jungen Forscher, wollte sich xuf die Sache nicht naher einlassen. Er scheint ihm sogar ziernlich unfreund- liche Vorwiirfe gemacht zu haben, dass er als Student anf Entdeckun- gen ausgehe statt. bei seinen medicinischen Stiidien zii bleiben. .Jeden- falls war Wij hler , der im Uebrigen die Kac.hsicht. und Vergebung selber war, auch in spiitereri Jahren nicht ganz gut aiif W u r z e r zu spre- chen. 1)urch Verxiiittelung des Dr. B u c h wurden die kleiiien in Mar- burg ausgefiihrten Arbeiteii nachher, 1821, in G i l b e r t ' s Annalen publicirt a). In der Abhandlung iiber Schwefelblausaure lesen wir mit Interesse eine genaue Reschreibung des Verhnltens des Schwefelcyan- quecksilbers in der Warme *). Die damals beschrieberien Erscheinungen haben Jahrzeheride spl ter zu einer vielbeliebten Spielerei Veranlassung gegeben. Wir alle haben seiner Zeit die ,Pharaoschlangecc bewundert, allein nicht Jedem diirfte es bekannt geworden sein, dass dieselbe zuerst in dem irnprovisirten Laboratorium des Marburger s t u d . med. F r i e d r i c h W o h I e r aufgetaucht ist.

Nach Verlauf eines Jahres bezog W 6 h 1 c r die Universitat Heidel- berg, im Voraus erfiillt von Enthusiasmus fijr L e o p o l d G m e l i n , der ihm in der That auch whhrend seiner gaizen Studieiizeit der liebste Lehrer und wohlwollendste Freund und Rathgeber gemorden ist. Vor Allem wiinschte e r die chernischen Vorlesungen bei ibmi zii hBren; G m e l i n hielt es aber fur urinothig und fiir Zeitverlnst, nnd so ist es gekommen, dass, - merkwiirdig genug, - Wiihl e r niemals Vorlesun- gen iiber Cheniie gehort hat. G'm so rnehr gewann er aber durch den persiiiilichen Verkelir mit G m e l i n und diirch die Gelegenheit, in seixiem Laboratorium zu arbeiten. Fast alle &it, die ihni die mediciriischen Studien iibrig liessen, verwendete er auf Chernie, urid selbst gegeri das Ende seiner Studieiizeit, wo nmientlich die praktiache Medicin seine Zeit fast gaxiz ill Aiispruch nahm, blieb e s ihni Hediirfniss, taglich in den alten Klostirgang, das Laboratorinm, wenigstens einrnal hineinzu- when. Hier hatte er die Versuche iiber die Cyansliure begonnen. dereii

*) aErhitzt man es (das Schwcfelcyanquecksilber ) gelinde , 60 schwillt es plotzlich , Rich glcichsam aus sich selbst in wurrnartigen Gestalten windcnd, urn d x s Vielfache seines vorigen Umfangs aaf.u ((4 i I h. Ann. LXIX, ?7!J

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Erg&nisse in zwei 1822 wid 1823 wriiffentlic,hten Abhandlungeii 3) nie- drrgelcgt sind. In dieseir Abhandlungeii, welche gewissermaassen das Vorspiel zu der beriihniten Elarnstoff -Untersnchung darstelleri, wird die Uildung der Cyanslure durcli die Einwirkung des Cyaiis auf Baryt 1)eschrieben. Airs ihrein Itahmen tritt uns bereits der vollendete chcmische Forscher entgegen. Von besonderem Einllnss anf W i ihl e r's Entwickelung ist es arich gew\.csen, dass uni diese Zeit Gin el i I I wid 'r i e d e m a ii II niit ihren geiiic:inscliaftliclieii cheiiriscli-pliysiologi~ilicn Un- tersiichungen brscliiiftigt wareri. Er liatte sich T i cad e in a nnis 1)esonderc.r Gurist zu erfreuen und verdaiikte diesem trefflicrhen Maniie die leb- hafteste Anregung fur die l'liysiologic.. Vielleicht mit auf seine Veran- litssung un t ern ah m er die h i i s II iig (:in cr v o i i der niedicin ischen Facril tii t gestelltcn I'reisf'rage iiber den Cebergarig voii Materien in den Ham, woriiber er einc grosse %ah1 voii Vcmuclitw aiistellte, theils an sich selbw, irieist aber an IIunden. Er war so gliicklieh, seiner Albeit dcn Prcis zuerkaiint zu sehen. Obgleich er sie als Dissertation hiitte be- niitzen kiiniien, zog er es ror . sie iii T i e d e m a n n ' s Zoitschrift fur Physiologie (1 824) ai~fnehme~i zu lassen 4).

Aucli diese Albeit muss als eirie bahiibrechende bezeichnet werden. Fur cine gaiiz erhebliche Anza.hl v o n niiueralischen und organischen Stoffen wird der Uebergang in den Harn nachgewiesen. Organische Sluren, wie Oxalslure, Rernsteirisiiure, GallussBure und Reiizoi:slure, finden sich in der Form von Alkalisalzen wiedrr. Die wiederge- wonnene Renzoeslure sieht aber, mcrkwiirdig geniig, wie Salpeter aus uiid liinterllsst bei der Sublimatioii einen Kiicbkstand ron Kohle: die I-IippursBure war danials noch niclit entdeckt. Die Alkalisalze der Apfelsaure , WeinsLure iind CitroriensLure finden sich als Carbo- nate wieder. In der Umwandlung des rothen in gelbes Bliitlaogen- salz giebt sich bereits die reducirende Kraft des Organismus zu er- kenneii. Itecht. hemerkeiiswerth ist e s , dass Wii h l e r schon damals die Uestandtlieile des €Tarns alu im Elute fertig gebildet annahm; wemi sie bisher iiicht beobachtet wnrdrn srien, meint vr, so tragt? die UII- vollkommeiiheit der Methode die Schuld j jedenfalls wiirdeii sie gefun- den wcbrdcn. Wir wissen hetite, ir i wclchern Umfange Wii h l e r ' s Pro- plitwiuiig i n Erfiillung gegangen ist ').

Praktischer Arzt zu werderi blieb iibrigens noch imnler das IIaupt- ziel, das er vor Augen hatte, und seine Keigung d a m war in der letzten Zeit durch die n:ihere Kenntniss der praktischeil Seite der Mediciii 1)ei dem Resuch der Kliniken noch gesteigert worden. Ganz besonders zog ilin zuletzt dic Geburtstiiilfe an, fur die S i i g e l e seille Schiiler zii begeistern wusste. Als siclier annehnirnd ~ dass W ii h l er sowohl als sein ihin iiahe befreundeter Studiengeliosse G. S p i e s s sich vorzugsweise dieseni Tlieile dcr Neilkunde widmen wiirden , be- vorzugte er die beiden jiingen Leute i n den1 Maasse, dass sic bei allell

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Gcburteri, die wahrend ihres letztcvi Srnicsters in scrineiii Iiistitute vorkanien, gegenwartig seiii durften.

Am 2. Septriiibrr 1893 bestaiiden W i i h l o r und G. S p i e s s d:rs E’ac.ult5ts-Exarnen rind wnrdeii zii Doctoren der Medicin, Cliirnrgie uud Geburtshulfe insigni curti Iairde prornovirt. Wiihler sol1t.e sich nuii

auf Reiseri begeben wid griisscre IlospitRler besuchen ; da gab Grnel i 11

seinein Lebenslaufe eine aiidere Richtong, indem rr ihrn rieth, iiach seinem Heispiel die praktisclie Medicin aufzugeben und sich ganz der Chernie ZII widnien. Ohne sich lange zii besinnen und im Voraus der Znstirnmung seines Vaters gewiss, ging er mit Vergiiigen auf Gnie l in’s Vorschlag ein. Auf desseri weiteren Ratli mid errnuthigt durch die giinstige Art; wie H c r z e l i u s in rcineni Jahresberichte W i i h l e r ’ s erste Arbciten besproclien hatte, fragte er bei dieseni an, ob er ihni ge- statten wollc, bei ilini zu a rh i tcn . Die Antwort t). welche 13 e r z e l i u s dem jungen Mmne ertheiltc., ist fiir Schreiber und 15mpfiinger des Hriefes gleich bezeichnentl , wcshalb wir sie den1 Wortlaute nach wiedergeberi:

S t o c k h o l m , den 1. August 1823.

Wer unter der Leitung des I h . L e o p o l d Grnel i i i Cheiiiie studirt hat, findet gewiss bey mir schr wenig zu lernen. Dem ungeac,htet will ich rnir nicht die gliickliche Gelegenheit , Ihre persiinliche Bekanntschaft zu machen, versageii, und werde Sie daher herzensgern als rneinen hrbeits-Kanieraden annehrnen. Xur wiinsche icli, dass Sie nicht bckannt machen, dass Ihre Reise iiach Stockholm diirc,h ein zwischen uiis getroffeues Ueber- einkommen bediiigt wird, weil ich eiii paar anderen: die irh entweder fiir ganz AnfXnger oder solche, die sich durch ihre auslandischen Studien grlterid maclieii wollten, zu halten Ursach habe, cine abneigende Antwort gab.

Sic kiinnen konirneii, wann Sie wollen. Vermuthlich sind Sir iiicht eher als gegcii Ende r o n September fertig. Ich mache cine kleine Itcise irn Augnst und September, urn d m Professor Mi t s c h e r 1 i c h bey einem gorneiiischaftlicheri chemischen Freunde in Schonen zu treffeii, rind werde dann in der letzten Halfte von Septeniber zuruckkommen.

Haben Sie die Giite, Hm. Hofrath G m e l i n ineiiieii liesptlct, zu meldrn.

An Ganz ergebenst Hrn. F. W o h l e r in Heidelberg. J a c . H e r z e l i u s .

Dieser Brief eriiffnet die lange und hiichst interessante Correspon- deiiz , wtdche W ii h 1 e r mit 1% e r z e 1 i 11 s bis zu dessen Tode gefii hrt

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hat , und auf welche wir in der Folge inehr als einmal zuriickkom- men werden.

E:s versteht sich voii selbst, dass W B h l e r , rtachdem er diese freundliche Znsage erhalten hatte , die Reise 1iac11 Stockholm alsbald antrat. Die schwedische Reise sowie ubcrhaupt stGrien fast einjkhrigen Aufenthalt bei 1% e r z e l i o s hat er in den \)Rerichtcw dt:r Dciitsnhen chemischen Gesellschaftcc vom J a h r e 1875 nnter dern Titel \, Jugend- Erinneriingen eines Chemikerscc ausfiihrlicher lwschriebeil : diesem reizenden Gedenkblatt sind einige Ziige entnornnieti . welclie ziir Vw- rollstiindigang diesem Lebensbildt eingefiigt sind.

W (1 €I L E R'S SCH\\'EDISCIIE REISE. Wir crhalten eincn eigrnthiimlichen Eiitblick in dit> Verkehrs-

mittel jener Zeit. wenti wir erfahren. (lass W i i h l e r in Liibeck gc- niithigt war, fast sechv Wochen aiif den Abgang eines 8chifli.s ZII

warten. Fur diesen empfindlichen Verlust an Zeit entichkdigte ihn der Urngang init dem Apothrkrr F. Ki ndt . eincm grossen I':nthoaiastcn fiir Saturwissenschaften rriit dem cr beknnnt gewcwleri war. Die schnell Refreundettw cxprrimentirten vom fruhrn Morgen lJis zum spkten hbend miteinandrr, und es gelmg ihnen ziinial die lhrstel- lnng des Kaliums5) nach cfeni auf die iiltere Heobachtung C u r a 11 d a u's begriindeten Verfaliren ron R r u n 11 e r , welches derselbe kiirz vorher bekannt gemacbt hatte; sie maren dabei a u f die giite Idre gekomtnen. als Rednc:tionsgef%ss eine der sclimiedeeisernen I<'laschrri ;inzuwrnden. in denen das Qiiecksilbe,r im Handel vorkomnit. In diere Fl;tsche war rin knief6rrnig gebogener Flinterilanf ringesclirsubt ! dessen offenes Xnde ohne Weiteres in das i n eineni offenen hlijrser befitidliclic Steiniil tauchte. Jedermann weiss. dass sich (lie Verwendung der Qutxksilber- flaschen fiir diesen %week bis auf den heutigen Tag in den L a h r a - torien erhalten hat. Mit Iliilfe diesel rinfachett Vorrichtung gelang es ilitien. ~ : L S Ihl inni in Quatititiiten darznstellen, wie sie vorher iioch iiicht erlialtrn wordrn warerr. - Es verdieiit hemerkt zu werdm, dass diese Erf:ihriingeii nicht ohne EitiRiiss auf die Versuche gebliebrn sind, welclie H e rz e 1 i 11 s Iiald nac:hhcr i ih r die Isolirung des Yiliciuins. Ih r s iind Zirconiums iingertellt hat.

Aach sein Interesse fiir Mineralien konnte W iih 1c.r wiibrend dieses Aufenthaltea befiledigen sowohl in K i n d t ' s reicher Sianirnlung als anch in dem grossen Miner;ilienlager seiries altrn I k k a n ~ ~ t ~ M c n g e , den er hier wicderfmtl.

Als endlich das kleine SrgelschifY, mit dem er in s o spiiter Ja.hreszeit. die Reise noch wagte, vollt: Ladung hatte, segelte cs am 25. October von 'I'raveniiinde ab wid Iatidete nach einer iiosserut

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stiirniischen aber ungew6hnlich kurzen Palirt von iiur vier Tagen an dem felsigen Gestade ron Dalarii, einer kleinen Festung, von wo aus man damals, zur Umgehuiig des langen Seewegs durch die Scheeren, zu Land nach Stockholm zu fahren pflegte. Von seiner Begegnung init dem alten Commandanten des Forts, welche ihm offenbar einen sehr angenelimeir Eindruck hinterlassen hat, erziihlt W 6h l e r eine hiibsche Anekdote. Als er den Graubart, mit dem er sicli vermittelst eiries Dolrnetschers unterhalteii hatte , nach den Passgebiihren fragte, antwortete dieser, dass er f ir die Wissenschaft und seinen beriihmten Landsmann H e r z e l i u s eine vie1 zu hohe Achtung habe, als dass e r von Einem, der, um seine Studien unter dessen Fiihrnng fortzusetzen, eine so weite Reise gemacht habe, etwas annehmen k6nne. In geho- bener Stimmung ob so gastlichen Empfangs an nordischer Kiiste trat W i i h l e r den Weg nach der Hauptstadt an. Der Proviaiit, den er f i r eine Reise in so spater Jahreszeit auf miridestens drei Wochen berechnet hatte, war schnell unter die Schiffsmannschaft verthcilt, als- dann wurde eine klciiie offene Karre bestiegen, welche ihn bei str6- mendem Regen noch an deniselben Abend nach Stockholm brachke, wo er sicli nach langem Hin- und Herfahren schliesslich in eineii Keller einquartierte, denn Gasthauser gab es da.rnals in der schwedi- schen Hauptstadt noch nicht.

Bei R e r z e l i u s fand er die freundlichste Aofnahme. Zy einer Zeit, welche es sich ganz eigentlicli zur Aufgabe gemacht

zu haben scheint, die Hiilfsmittel der chemischen Forschung nach allen Richtungen hin zu entwickcln, welche zumal die grossen, reicli aus- gestatteten, vortreff lich eingerichteten Laboratorien in’s Leben gerufen hat, von denen sich unsere Vorfahren nichts traumen liessen, ist es gewiss nicht ohne Int.ercsse, etwas iiber die Riiiixrie und Apparate zu erfahren, welche den Koryphaen der Wissenschaft vor eiiiem halben Jahrhundert fiir ihre grossen Arbeiten zur Verfiigung standen.

Hiiren wir, was uns W i i h l e r iiber die Localitiiten mittheilt, in denen H e r z e l i u s seine beriihmten Untersuehungen ausgeftihrt hat:

Als er mich in sein Laboratorium fiihrte, erzahlt W i i h l e r , war ich \vie in einem Traume, wie zweifelnd, ob es Wirklichkeit sei, dass ich mich in diesen classischen B u m e n befinde. Neben dem Wohiizimmer gelegen, bestand es aus zwei gewiihnlichen Stuben mit der einfachsten Kinrichtung; man sah darin weder Oefen noch Dampf- abzuge, weder Wasser- noch Gasleitung. In der einen Stube standen zwei gewohnliche Arbeitstische von Tannenholz ; an dem einen hatte B c r z e l i u s seinen Arbeitsplatz , an dem aiideren ich den meinigen. An den Wanden waren einige Schranke mit den Reagentien aufge- stellt, die nicht in allzureicher Auswahl vorhanden waren, derin als ich zu nieinen Versuchen Blutlaugensalz bedurfte, niusste ich es mir von

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Liibeck erst kommen lassen. In der Mitte der Stiibc standen die Queck- silberwanne ond der Glasblasetisch , letzterer uiiter einem in den Stubenofen- Schoriistein miindenden Rauclifang von WachstatTet. Die Spiilanstalt bestand ails einern Wasserbelillter von Steinzeug rnit Hahn uiid einem dariinter steliendcn Topfe. In dern andern Zirnmer brfanderi sich die Wagen und andere Instrumente, uebenaii noch eine kleine Werkstatt mit Drehbank. In der ICGche, i l l der die d t e ge- strenge Anna , Kiichin und Factotum des nordisclien Meisters, der da- mals noch Junggeselle war , das Essen brreitete. standen ein kleiiier Gliihofen und das fortwahrend geheizte Sandbad.

W ii h 1 e r war damals der einzige, der i l l diesem Privatlaboratnrium von I < e r z e l i u s t.hltig war; vor ihm waren C h r i s t i a n G o t t l o b G m e l i n , M i t s c h e r - l i c h iind H e i n r i c h und G u s t a v R o s e dort ge- wesen; nach ihm kam G t i s t a v Magnus . W o h l e r war so gliicklich, in einer Zeit bei B e r z e l i u s zu arbeiten, in welcher derselbe in seiner Vollkraft mit. den scliiirien Uiitersuchiingen iibcr die Fluorverbindungen, das Silicium, das Bor u. s. w. beschlftigt war. Es war fir ihn hochst belehrend, dicse Forschungen in ihrem speciellen Verlaufe zu ver- folgen, dabei alle die sinnreichen Mittel und hlet.hoden kennen zu lernen, die B e r z e l i u s eigenthiimlich waren, und ihm in der Be- schaffung des Materials dazu bchiilflich sein zu kiinnen. Es war diirchaus kein methodischer Unterricht., den er ertheilte; e r liess Jeden selbstlridig machen, was e r wolltc; aber man durfte ihn fragen rind sich iibcr den Gegenstand: mit dem man beschiiftigt war, mit ihm unterhalten.

Die ersteri Arbeiten, die W6 h l e r auf B e r z e l i u s ’ Rath vornahm, waren quantitative IMineralontersuchungeIi, drnn in der Anwendung der Wage hatte er noch weriig Uebong. H e r z e l i u s gab ihm zunlichst einen neiien Zeolith zur Analyse. :)Eigentlichg, erzahlt i ~ n s W o h l e r , smachte er sic selber, uni mir die Methode und alle die kleinen Hand- griffe zu zeigen, welche ihm zur Verfignng standen.(( Dann erhielt der junge Analyt.iker den Lievrit zur Uiitersuchung , dessen Analyse er zur Priifung seiner Ausdauer so oft wiederholen musste, bis iiberein- stimmende Resultate erzielt wurden. Hatte W 6 h l e r etwas fliichtig gearbeitet, so war B e r z e l i u s ’ stereotype Bemerkung: %Doctor, das war schnell aber schlecht(<. Nebenbei beschaftigte sich unser junger Freund mit der Darstellung ‘von Korpern, die er wenig oder noch nicht kannte: Selen, Lithion, Ceroxyd, Wolfram. Von letztereni entdeckte er einige neue Verbindungen, namentlich rnit dem Chlor, iiber die cine kleine Abhandlung in die Schriften der schwedischen Akademie aufgenommen wurde 6 ) ; i i i derselben finden wir auch das merkwiirdige, in rnessinggelben Wiirfeln krystallisirende Wolframoxydul-Piat.ron, ein Reduct,ionsproduct des sauren wolframsauren Alkalis, beschrieben, welches die Tndustrie, allerdings erst ein Vierteljahrhundert spl ter , fur die Herstellung von

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Hroncefarben zu verwerthen gesucht hat K). - Er analysirte auch eiiie von ihm irn Granit von Stockholm aufgefundcne neue Art ron Orthit wid beschrieb in P o g g e n d o r f f ’ s Annaleii eigenthiimlich krystallisirte Verbindongen von salpetersaurem Silber mit den Cyaniiren des Silbers und des Qaecksilbers 7.- Ebendaselbst theilte er urn diese Zeit Beobach- tungen init iiber das Verhalten des Cyans zurn Schwefelwasserstoff, ziirn Schwefelkaliiim und ztim hmrnoniaks). Rerrierkenswerth ist es, dass er rnit letztercrn, ausser oxalsaurcm Amnioiiiak , cine krystallinische Substanz *) erhielt, die nach dcr von ihni gegebenen Beschreibung un- zweifelhaft Ilarnstoff war, deli er aber darnals noch nicht als solchen erkanntc- Auch hatte er jetzt wieder die Untersuchungen uber die Cyan- slurc 9, anfgenommcn, f i r die sich B e r z e 1 i u s lebhaft interessirte, d a sie ihrn f i r die Entscheidung der Prage uber die Natur des Chlors von Wichtigkeit zu sein scliienen. EY war die Zeit: um welche die Auf- fassung des Chlors als elementaren Korpers allgemeine Geltung ge- wann, und W o h l e r rrzahlt iins von einer spasshaften Instruction: welche der langjiihrige heftige Bekiimpfer der Clilortheorie cines Tages dem bereits erwlhnteri Factotum gab. A n n a hatte nlmlich beirn Aus- spulen eimes Kolbens bernerkt, dass er nach oxydirter Salzsaure rieche, worarif ihr H e r z c l i u s bcrnerkte: rAniia, Du musst, jetzt nicht mehr von o x y d i r t e r S a l z s a u r e sprecheri; von heute an musst Du C h l o r sagen.<

%u Ilausc rerwendete W i i h l e r die langen Winterabende meist zur Erlernung der schwedischeri Sprache, ubersetzte zur Uebung B e r z e l i u s ’ Abhandlungen fur P o g g e n d o r f f ’ s Annalen wid konnte auch bald die Uebersetzuiig von H i s i n g e r ’ s miueralogischer Geographie von Schwe- den beginnen, zu der ihm der Verfasscr das Manuscript geschenkt hatte. Dieser urn die Botanik, Geognosie und Mineralogie von Schwe- den hoch verdiente Mann war es auch, der H e r z e l i u s wahrend

*) aSie krystallisirt in weissen, dnrchsichtigen, strahligen Krystallen , ist leicht in Wasser und Alkohol auflijslich. Ihre Auflijsung ist neutral, und wird weder durch Silber-, Blei-, noch sonst cine Salz -AuflBsung gefillt. Mit kaustischcm Kali entwickclt sie kein Arnmoniak, und in SchwefelsLure und Salzsiiure 16st sic sich ganz ruhig auf. Sie schcint Rrystallwasser zu halten, indem sie beim Erhitaen schmilzt und dadorch, wenigstens theilweise, unter Entwicklung von vie1 Amruoniak xersetzt wird. Sie gesteht dann wieder und entwickelt eine Menge des der Essigsgure so ahnlich riechenden, sauer reagirenden Dampfes, der sich immer bei Zersetzung eines cyansauren Salzes durch eine Siiurc neben der Kohlenshue entbindet. Es sublimirt sich dabei in aiemlicher Yenge eine pulverigc, weissc, in Wmscr unaufldslicho Substanz, wclche dieselbe zu sein schcint, die ich schon einmal bei einer andcren Ge- legonheit in sehr geringer Menge erhielt. Glkht man die krystallisirte Sub- stanz mit Kalium, so erhalt man vie1 Cyankalium.u Pogg. Ann. 111 (1825), s. 17s.

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seiner Studieiizeit auf das Liberalste unterstiitzt hatte. In den Sommer- monaten mit ihren kurzen liellen Nachten wurden die langeii Aberrde mit den Freunden M o s a n d e r , den beiden R e t z i u s und Anderen riel- fach zu Excursionen in die schiine C'mgtlgend von Stor.kholm benutzt. Auch eines weiteren, i i i Gesellschaft ron H e r z e l i u s , H i s i n g e r , A r f - v e d s o n und C. R e t z i u s unternommenen Ausflogs gedenkt W i i h l e r mit VePgniigeii, ngmlich einer sehr heiteren Fahrt nach C'tii, jener dnrch ihre reicheii Eisengriiben iind als rrste Fiindstiitte des I'etalits urid Spo- dumens bekannteri , nicht weit von der Kiiste entferriten Ostsee- Insel, wo eiiie kleiiie Bootladung voll von diesen und aiidern Mineralien ge- sammelt wurde. In dem Petalit und Spodiimen von Utii hat A r f - v e d s o n bekanntlich spiiter das Lithion aufgefunden.

Im Juli (1824) mussten die Arbeiten im Laboratorium zum hb- schlusse gebracht werden, denn B e r z e l i i i s erwartete uni diese Zeit den Geologen A 1 e x an de r H r o n g n i a r t . von Paris, den1 er rerspro- chen hatte, auf einer geologischen Reise, die er mit seincm Sohne A d o l p h , dem Botaniker , in Schweden und Norwegen zu macheii beabsichtigte, Begleiter und Fuhrer zu sein. W i i h l e r hatte das Gliick, an dieser Reise Theil zu nehnien. Die Zeit gestattete es, dass e r zuvor noch die durch ihre grossen Kupfergruben beruhnite alte Herg- stadt E'ahlun besuchen konnte, wo er, mit E:niI)fehliin,nsschreit)eii von B er z e l i u s versehen , die frerindlichste Aufnahme bei den Hutten- beamten fand , welche ihn mit alleii Sehenswurdigkeiten dieses so iiberaus merkwiirdigcn Districtes bekannt machteli. Mit dcm griissten Interesstt betraclrtete er die durcli 1 ) e r z e l i u s niinernlogisc,h-cliemi- sche Arh~i ten beriihmt gewordeneti, unter deli Narnen Finbo und RroddLo bekaniiten Stellen: an driien I l e r z e l i i i s und Gahr i 1814 eine Reihe der schiiiisten Mineralieii ~ die colossalen Heryllc und T o p e , Tantalite, Gadolinite, Orthite u. s. w. entdeckt hatten. Zu Skinskatteberg. dem Landsitze von H i s i n g e r , traf er wieder mit Iser- z e l i u s zusammen, init dein er zuniichst noch der Rastniisgriibe bei Riddarhytta, dem einzigen Fundorte drs ('erits einen Hesilch ab- stattete. Aaf den Halden dieser dam& schon verlassenen Knpfer- grube wurdeii Ilunderte der ausgezeictriietsteri Stof'en roil Cerit wid Ccrirr gesammctlt. W ii h l e r konnte eine game Iiiste voll diesel. werth- vollen Mincralieii an die Liibeckcr Freandc, K i n d t und M e n g e , expe- dircm. Voii hier girrg die Iteise ~iac-h Ilelsingborg an1 Sund, wo auch bald die B r o n g n i a r t ' s in 13egleitniig von O e r s t e d eintrafen, deneir, mehrerc Tage in grosser Spannuirg vergeblich erwartet , eiidlich auch Sir F l u n i p h r y 1) a r y folgte. wclcher, auf der Riickkchr von Sorwegen, sich zufgllig aiif der Reise uarli Kopeuhngen befand. W i j h l e r war glucklich, den Mami zu sehen, dessen grosse Entdcckungcli schon lange der Gegeiistand sciner 13ewniideruiig geweseti waren. 1) a vy, dem er als junger Cheniiker vorgestellt worde , richtete einige aufmunternde

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Worte an ihn, allein die Gedanken des beriihmten Naturforschcrs schienen zu jener Zeit niehr beim Lachsfang und auf der Schnepfen- jagd als bei der Physik und Chemie zu sein. Jedenfalls entschuldigte er sein spates Kommeii niit der Iioblen Passion, welche er in seiner *.Salmoniac( so aiizieliend besc,hrieben hat.

Nacli D a r y ' s und O e r s t e d ' s hbreise begannen nun die ITaIirten nacli allen geologisch rnerkwiirdigen Localitiiteri; zunachst iiber Lnnd nach dem siidlichen Schweden, wo die Reisenden zumal den Kinne- kulle eretiegen, einen auf der iistlichen Seite des Wenernsees verein- zelt emporrageiiden Ihrg mit prachtvollcr Aussicht, welcher durch seine eigcnthiimlichen Schichtungsverhaltnisse sowie die Masse der darin vorkommenden Petrefacten fiir den Geologen ganz besoliders wichtig ist , von hier zuriick nach den interessanten Formationen in Ostgothland und danii , der Westkuste entlang , nach Christiania. Von den mannichfaltigen Erlebnissen in der Hariptstadt Norwegens, wo die Reisenden mit dem Vicekiinig des Larides , dern Ilronprinzen 0 s c ar, zusaninieiitrafen, der am folgenden Tage den Stort.hing sc.hliessen sollte, von der grossen Noth, uiiter solchen L'mstiiiiden ein Enter- kommen zu finden? und von den] wenig comfortablen Bivouac der Ge- sellschaft im Reisewagen geben uns die )) Jugeiiderinneruiige~i(( ein an- zicliendes Rild. Wir erfahrcn aus denselben iiberdies, wie die Reisenden, von den1 liebenswiirdigen Prinzen entdeckt , &bald zur Tafel gezogen werdeii, fiir welche R e r z e l i u s ini Miigdestiibchen unter dem Dache ror einem Spicgelscherben grossc Toilette mac.ht, und wie sie scliliess- lich aiich noch einer vicekhiglichen Einladung auf's Land folgeii und den Ilroiiprinzc~ii und seine schiinc Gemahlin auf einer anmuthigen Ruderfahrt durc.11 die herrliclieii Fjords der nordischen Kiiste beglei- ten. Die Gesellschaft hat mittlerweile in dcm gast,lichen IIause des Professors M a s c 11 m a n I I freundliche hufnahnie gefunden, und nun wird Christiania drei Wochen lang der Mittelpunkt ciner Reilie von hiichst genussreichen wissenschaftlichen Excursionen. Zrinbchst besuchen sic die an der Kiiste zerstreuten Inseln, d a m geht die Fahrt nach der a n der Ausmiiudung des Lhmnienflusses in den Fjord gelegenen, drrrch den Holzexport bekannten Secstadt I h m m e n und von da auf einsarnen Waldwegen nach Rongsberg, wo sic in die Silbergruben einfahren , urn das eigenthiiniliche Vorkoinmen des gediegenen Silbers keririen zii lernen. Von Kongsberg wenden sich die Reisenden wicder nach Siiden und gelaiigen auf eiriem Wege, der sich durcli wild- roinantische Felsgegenden vielfach dem Christianiafjord entlang zieht, nach Lawpig, einem Stadtchen, welches auf schiiiiem Syenit rnit blauschillerndem I'eldspath steht , und in dessen Umgebung sie sich des hnblicks eines frischen Buchwaldes erfreuen, welcber, nachdem sie Wochen lang nichts als Tannen gesehen haben, mit

Hericbte d. D. chem. Geselischaft. Jahrg. XV. 201

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Frohlocken begriisst wird. Die Reiseliden befinden sich hier in- mitten des grobkiirnigen Syenits, und priichtige Elaeolithe , Zircone und Pyrochlore kiiiinen iii grosser Anzahl gcsammelt werdeii. I h s ausserste Ziel der Reise ist die kleine Stadt Fredriksvlrii ~ melche aiif eirier ;wit in die See sich vordrlngendrii Laiidziiiigcr golegen i$t. Nach zehiitiiigiger Abwesenheit kehrt die Gesc:llschaft. hiiclist hc,frieiligt wieder riacli Christiania zuriick. Gegen Endc August sagcw die Reiscwden d r r I-Iiuiptstadt, Korwegens Lebewohl wid gclaiigcm, Schwcdcii q i i w diirchsc.Iineideiii1, Airfangs Septcnibcr nitch St~ckI i (~ l i i i . vo~i wo aus noch ITpsala iind die Eiaengriibeii von D;iniicniorii licaiicht werdeii.

Ani 17. Septenibcr nahm W i i l i l e r yon I 3 c r z e l i o s Alischied i i i id

trat mit tltw B r o i i g n f a r t ' s die Riickreise an. Uiiterwegs wurde noch den Kob&griiben zii Tunalxrrg ein TSesucli abgestnttet, wo die pracht- vollen I~obaltgliiiiz-Iiryst;illc. iii 1cryst:illinischenliisctieni Iialkstriri einge- wactisen. vnrkonimc.n. Ani 71cli Keisetiige ei.reiclite JViili Ic r iiiit seiiien Gc:filirteri d:cs ihm bereits hekaiirite IIrlsingborg atii Sind. Eine zweistiindige llc4xrf;thrt bei stiirmiscliem Mecrc brachtc die. Reisendeii in d e l i dlnisclicii lI:tti>ii IIolsiiigiir . voii wo sie clew I Y q riach Kopenhageii iii k u r z c ~ Frist mil dcr Post ziiriicklcgtcn. 111 t l r i .

danisclicw I-Iauptstadt wurtloii noch nichrcix Tag(: dcni Cnig:iiig litit O e r s t e d : Z e i s e inid F o r c h l i a m n i e r sowie der Besichtigiiiig tIcr grossen Samnilungrn gewicimct. In Liibeck trcnntr sich Wiih Ier y o n soinen ihin lic?l)ge"oi.'leii~,ri Rctiscgrfiihrten . Lei deiie~i e r rlf' Jalire spl ter in Paris die fwundlicliste Aufnahnie fand. I m Oc.tol)t,r ( 1 824) traf er wieder in Frankfiirt eiii, nachdeni er zuvor ~ioch melirc:re 'rage in Giittingen verweilt iind I-1x11 s m a i l n krrrnen pslcriit hattr. der ihmi spiiter d t ~ lic.l)stc College gcwordcii ist.

Die Reise ii:ich Schwedcii rind d(*r fiist einjiihrigc: Anfciitliiilt iii

dem Laborittorinin von 11 e r x e 1 i 11s haben (,inen entscheide~ide~~ Eiii- fliiss :cut' W ii I i 1 rr's wisseiisc~iaftliche 1~:iiifli:~hn. man kann sapeii. ituf

seinen gaiiz(:ii Lebensgang gciibt. 1)er Vielseitigkeit des deutsclicqi GP- lehrten, desstii Leistt~ngeri sich niit gleicheni Erfdge i d den1 Gebiete der unorgaiiischeii nrid orgaiiisclieii Choinic. , der chemischen Analysr und des cheniisclicii Thoiles tler Mirieralogie und .PhysioIogie I )ewcpw, hat offeiibar die allseitig schaEeiidc Lcbeiisarbeit. des iiordiaclieii Forsellers ids Vorbild gedient. Liid diese mlic:htige hnregung verdiiiikt ti

W ii h l r r keineswogs ausscliliesslic+ dem verlibltnissmGssig iiniii(!r1iiii nur kurzeii persiinlic*hen Verkehrc. niit deiri iiiivergieichliclieri Naiiiie; iciis

diesrmi Vcrkelire hatte sich eiii 1"rciiiidsc~liafisrerti~~ltniss ciit,wickelt. welches , oliiie je .:tucli iiur die kriseste Trtibiiiig zii erfihren, bis zii

R e r z e l iu s ' Tode itiiqdaiiert i l l i d , unbchindcrt diirch die zwiseheri briden I~renndcii liegeride Entfernrin::, die wiaseiiacliaftlietit Thl t igk6t

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W ii h l e r ’ s , wie diesel gcrn und dankbar aiiorkcnnt ~ in fruclitbrin- gender Weise beeinflusst hat. An die Stelle des persiinlichen Uingangs ist ein anunterbrochener Briefwechsel getreteri j es rergeht k e p Monat, in welchem sich die Frrundc nicht ihre Erlcbnisse. zurnal aber ihre wissenschaftlichen Erfahriingeii rnitgetheilt lilttell. W 6 h 1 e r hat die Bricfe R e r z e l i 11s’ mit pietatsvoller Sorgfalt aufbewahrt und diesel- ben, der Zahl nach inelirere H o ~ ~ d c r t , nach dern Tode des viiterlichen Freundes der Schwedischeii hkadeniic? dcr Wissenschaft zurn Gescheiike gemacht. Nur weriige derselbeii’ sirid vc?rXentlicht worderi 1 1 ) ) aber cin Hlick in dieselben genugt, um zu erkennen, in wie hohem Grade sich W 6 h l c r die, man kiiniite fast sag en, zartliche Zuneigung seines Leh- rers erworbeii hat.te. In den sp8teren Rriefen ist das trauliche D u an die Stelle des fiirrnlicheren S i c getreten, und Totus et tantus tuus ist eine iiicht selten vorkommeiide Unters chrift derselben. Iridessen sind die Beziehurigen der beideii Freuiide keincswegs arif den Hrief- wechsel beschriinkt. geblieberi . Noch dreinial war es ihiieii vergiinnt, wieder, wenn auch irnmer nur auf krirze Zeit , zusainmenziitreffen, einrnal schon nach wenigen tJahreii (1897) in Hrrliii, von wo :iris Reide nach dern siidlichen Schweden reistcn , rim clcin ihneii befrenn- deten Grafen T r o l l e - W a c l i t m e i s t e r , welcher sidi durcli seine mhl- reichen Mineralanslysen ejneii Namen in der Wissenschaft gemaclit hat, auf seinem Schlosse Arup eineri Heaucli abzustatten, dann (1835) auf der Naturforscher-Versamrnluii~ in Hoiiii, eridlicli , zehii Jahre spater. in Giittingen, wo W i i h l e r gliicklich war , seincw Freund, der sicli noch irn spiiteren Alter verlicirathet hatte. rnit srincr jungen Frau einige T q e unter seinern Dache zu beherbergen.

W i j h l e r war voii seiner schwedischen Keise niit dern Vorsatze zuriickgekehrt; sich der akadernisclieii Lauf bahn zu widnien. Es fragte sich nur noch, in wrlcher Weise dieser Vorsatz ziir Ansfiihrnng ge- bracht werden solle. Hei eiiicrn Besuchc~ . dcw (T von Frankfurt atis seinen Giinnerii Grneliii und T i e d cniaiin niachte. bestininiten diese ihn , sich in Heidelberg nla Priv:itdocent fiir Chemie ZII habilitiren. Der nun folgende Winter wa.r f i r Wiih l e r eiii sehr gcwhaftiger. In’s ekerliche € h a nach Frankfiirt zoruck gokelirt . I)egaiiii er utiver- ziiglich sich fur die Habilit:rt,ionsleistungen in Heidelberg vorzubereiten. Seine unverwiistlichc Arbeitskraft gab sicli indessen schoii danials zu erkennen. Die angestrengte Arbrit hinderte ihn iiiclit: gleichzeitig die Ueziehiingen ZII seineni viiterlicliciii Frcuridc nr. H iic h wieder :tirfzu- nelimen, narnentlicli aber arich vielt’ach niit dern liebeiiswiirdigen altcii S i i m r n e r i n g zii verkehren, der darnals iriit. der Rc~oliac~litriiig dtrr Sonnenflecken und mit den Vcrsrichen iibcr die Concentration des Weingeistes durch Membrane besclibftigt war, je. er trrig keiii Ikdeiiken, auch noch die Ueliersetzung voir H e r z e l i 11 s ’ Jahrcsbcriclitcn z u iiber-

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nehmeii, die ihm C h r i s t i a n G m e l i i i in Tubingen angetragen hatte, der sie selber nicht mehr fortsetzeii wollte. Er unterzog sich dieaer Arbeit uni so lieber, als dao Elonorar die Kosten der schwedischen Reise nach und nach zu decken versprarh.

ZIlr Uehersiedelung nacli Heidelberg kam es indessen nicht. In- nlitten der Vorbereituiigen fiir die Flabilitarion wurde Wiih l e r ein Vorachlag gernac*lit, welcher ihn veraulasstc, - allerdings erst nach liinge- rem Scbwanken, - den Lieblingsp1:in d r r Heidelbcrger Privatdoc.ent- ychaft nufzrigeben. Es war iini diese Zeit in 13erlin von dem um die Stadt hochverdienten Biirgernieister v o n RAr e n s p r u n g die stadtische Gewcrbeschule gegrundet worden. Sie bestmd Anfangs nur aus einer hiiheren Classe, in der H e i n r i c h Rose den Unterricht in Chemie provisoi+di iibernomnien Iiatto. Fiir diese Stelle nun war W iih ler, ohne . (lass er etwas d a w n wosste , ron H e i n r i c h Rose und Mi t s c h e r l i c h vorgeschlagrii rind besonders dringend von L e o p o l d v o n R n c h empfnhlen worden. 1,ctztrren hatte W i i h l e r schon nls Studelit in Marburg kennen grlernt, indem er ihiii yon Professor U11- m a 11 11 als Entdecker des K;~li-Kalk-IIari~iotoms (Phillipsits) vorgestellt worden war. W ii h l e r hatte dimes friiher noch niclit bekannt gewesene Mineral in sinem Hasaltbriich gefiuiden: es besaas die charaktcristische Krystallform des Harmotoms, rind doch enthielt es, wie die Analyse zeigte, keinen 13:iryt. I,. v. I3uch interessirte sich iini so mehr dafur, als er d i o n gegen Ende deo vorigen ,Jahrliiitrderts cine Abhandlung iiber den gemiihnliclien 1I:irniotoni reriifientlicht Iiatte. Auf diese zu- fiillige Wcise war v. H u c h a r i f \V ii h 1 e r nnfinerksam geworden, den er daini nnchlier, als es sich uiii die Besetzung jeiier Stelle Iiandclte, in eineni ausfiilirlichen, die damaligcii I<erliiier Verhiiltnisse uiid Per- siinlichkeiten beleuchtenden Hriefe ziir Aiinahinr derselben zu bestimmen siichte.

Eiriige Rriichstiicke aiis dicsem I<riefe niiigen hier folgen , weil sie zeigm, welclien Werth 1, e n p 01 d v o ti R tic 11 dararif legte iinsern jungen Freund fiir Ikrliri zu gewiiiiic?n, i~nd wie sclir er, der when weit iiltcre Mann, ihIn zugetliaii war:

Meiii lieber Freuiid!

Sol1 ich Sie anregen, die Stelle, welchc sich Ihnen hier dar- bietct, anzunehnien? Die Uegier Sic hier zu haben, Sie wirk- S a m zii sehen, wo der lleibu!ig, dcr Heruhrung, der literarischen Hiilfsmittel ohiie Vergleich mehr sind als in Wiirzburg, Giessen, Heidelberg, selbst in Frankfurt, l i ss t mich leicht glauben, es sei miiglich, Sie fur diese neue Stellring zu gewinnen. Die Aiistalt ist gut und nicht fur Schuhlose und Hemdsgrniel bestimmt. Sie selien aus der Bnlage, dass die jungen Leute von 14-17 Jahren

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sogar Latein verstehen sollen; daher sirid sie vollkornnien dazu geeigiiet, Ihnen iii eigenen chemischen Arbeiteii an die Hand zu gehen, und Sic werden die Gelegenheit finden. eine eigene che- mische Schule ZU stifteri, urn so mehr, da Ihre Lehren Gcrniither aufregrti , welche nicht die vorgefasste hJriiiiing rnitbringen , dass t 3 ~ etwas Griisseres und Edleres sei, Varianten in alten Perga- menten des Aristot,eles, Plato uiid Cicero aufzufinden als zu untersuchen, woher es komme, da.ss Blasen irn Wasser ent- stehen, wenn mati Fetter daritnter bringt.. - - -. -

Der Arifenthalt in Berlin ist irnmer etwas werth. So viele junge rreffliche Leiite vereinigen sich jetzt hier : die achtungs- werthen beiden Rose, der redselige, gristvolle M i t s c h e r l i c h , P o g g e n d o r f f ; auch die klcine Prankfurter Colonic: welche hier sehr zusammenhalt , wird Ihneri ;tiigeuc.hme Stunden bereiten : s a vi gn y , B,e t h m a n n - H o 1 1 w e g , R i t t el-, I3 ri t t m a n n.

1st die Anwendung theoretischer Rcnntriisse anf praktische Ge- genstiinde Ihrer Neigring, Ihrem edleti Elirgeiz zriwider, so kon- nen sich Ihnen, und sehr bald, gliinzende Aussichten in Staats- geschiiftcn eriiffnen, d a m die Behordeti fiihlen sehr den Mangel von %then, welche griindliche Kenntnisse besitzen. Uebrigens kBnnt.en Sic auch hier ganz ruhig ririe Univt:rsitiitsstelle abwarten, weiin Ihneii diese mehr entspricht. Ich muss hinzufiigen , dass Hr. vo 11 R Are t i s p r 11 11 g mir ausdriicklich versichert , dass titan

dnrchaits nur Chernie voii Ihnen verlangt rind nicht die sonst zri furchtende Indiscretion begehert wird, Sie niit FRchcrIi zit be- helligen, fur welche inan eberi keitie IAirer findct. -

Nrir soviel kann icli nocli mit viilliger Hestinimtheit versichwn, dass Sie hier Freandc finden und vide sich erwerben werden. Rereden Sic sich mit Dr. Hucl i , Iassen Sie midi Ihren Eritschluss wissen und rechnen Sie stets auf den Atitheil, den ich an Allem nehrncn werde, was Ihr Wohl und Schicksal betrifft.

Mit ausgezeic.hneter Hochachtung Ihr anfrichtiger Frcond rind IXener

L e o p o l d vo11 U n c h . B e r l i n (12 Linden), !O. Jaiiuar 18‘25.

I n dernselben Sinne spricht sich arich R e r z e l i r t s aus. Er schreibt ih rn :

S t o c k h o l m , den 30. November 1524. Was die Herlirier Stelle betrifft, so rathe ich, sic anzunehmen,

wenn anders der Gelialt nicht zu knapp ist. Ich miichte gern meine nachsten E’reunde in dern Centrum des wissenschaftlic.hen Dentschlands zusnrnmenlebend wisaen. Der Redarf an gnten Che-

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mikern in Prenssen ist gross, nrid der Stellen sind vielc; inan hat es hier stcts in erstel’ Hand, eine giite Stelle zu bekornnien, wemi sich eirie Celegenhcit zeigt. Ua ich aichts rnit Sicherheit, iiber die Hescliaffenlieit jenrr Stelle weiss. iiber die mir schoii vor Iiiiigerer Zeit R o s e Mittheilong gcmacht hat, so habe i ch dieseni heute gcschriel)en uiid ilrn ersuclit, Sie von driri eigentliclicm Zu- saninrenIi:~nge ZII rrnterrichtcn. Ich weiss nur, dass jetxt Rose deli clieinisclieri I-iiterricht giebt, den Sir deninLchst iiberiiehmen w iircle11.

Chiiss niid I~reiiudscliat’t ,I ac . R v r z e l i us.

Der Rath des viitcrliclien Freiiiidrs sclieint den Ansschlag ge- Wii h 1t.r ziigerte iriclit liiiiger i i idir, die Berliner

:\at’ dit, Mittheitang seines Jhtschlusses erwiedert. gebeii zii haLen. Stelle xiizrinehnieii. 13rrzel i i i s:

Stockl lo l I l l , lie11 15. MMBI.2 IS%. Srltcii Iiat niir r i i i Brief so grosses VcrgnUg,rrri gcrriacht wie

drr llirige. der Inir :iiizeigt, dass Sie sicli in I3erlin iiiederlasscri werdc .~~ . w a s unter :qndereni ancli in dc:r 13iiisic.ht erfreulich ist, dnss wir dann ziiwc’il(.rr i i i Schonen Iwi W a c h t meis t e r zusamnien- koiiinicvi kijiinen. wozii ~J~xIr r niir 5 Tagereisen Lraucht. -- - -

IIII h1iil.z 1825 reisti> W’iih l c r iiach 13erliii. Uort w~iirde er so- fort uiiter driii Director l< l i id rn als 1,elirer der Clieniic und Minera- logie aiigestellt , vorliiufig fiir ein .Jiilir ;tuf )>gegeiiseitige Probecc , nrit. 400 Thalcr (Sehalt urid eincr 1)eschridrrrw frrieii Wohnung. Ziigleich verpflichtete er sich . ail ltrstinimtc?ir Wiritrrabeiidcii, gegen IIonorar, cheniische Vortriigr, fiir Fabrikanteii nnd iiI)erlianpt Lltere Gcschiifts- leute zii Iinlkn.

Das Dirrctoriuin dcr Sclrrilc erkarintc: sclinell: wplche ausgczeichriete Kraft niaii ;in Wii t i ler gewoiiiic~~i hiittr. In dem Maasse, als sich die Ansf alt eritwickelte niid :tiiPdclintt:, vvrliwsc.rteri sidi seine &useren VrrhBltnisse , iind nacli Verlanf wciiigcr Jalire warde i l i ir i die Stelle definitir iibertragen niit cinem :tiisehiilichen Gehalt iiiid grosser, freier Wohnung i i i derri Haiisc: tler Aiistalt sclbst.: 1828 wurde er drircli eiiien k6nigliclieii Erlass ziirn I’roi’cssor cruariiit.

Der Bufenthalt iir Herliii , die grijssereii Hijlfsrriittel, die ihm hier zu Gebote stailden , der rege wissenschaftliclic Verkehr mit den Aiidern aus B e r z e l i u s ‘ Schule, mit M i t s c h e r l i c l i , H e i n r i c h iind

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G u s t a v R o s e und niit deni ihm besonders innig befreundeten G u s t a r Magn u s , die hsufige Gelegeuheit, in verschiedenen Kreisen mit zahl- reicheii herrorragenden Miinnern jeiier Zeit in Beriihrung zu kommen, alles dies konrite nicht verfehlen, anregerid und belehrend zli wirkeii; auch liat Wiihler iiie aufgehiirt, auf die in Berlin verlebten Jnhre als auf eiiteii hiicltst eiiifiussreichen Abschnitt seiner Laufbahn zuruck- zublicken.

Van ganz besondereni Iiiteresse war cs fur ihii, dass er sich fort- wiihrend der Gewogenheit und Protection L. v. 13 uch's zii erfreueri hatte, so wie es auch zu seinen liebsten Erinnerungen gehiirte, A. v. €1 II m b o 1 d t personlich kenneii gelernt, seinen geistrollen, alle Gebiete dw Wissens itmfassenden Unterhaltungen beigewohnt, seine beriihniten Kosmosvortrage gehijrt zu haben.

I>ns Local der stcdtischen Gewerbeschule war Anfangs in den1 sopenannten ))Fiirstcnhanse(( in der Kurstrasse. Es ist dies dasselbe Haus, in welcheni Graf Rugg ie ro wlhrend der lctzten Jahre vor seiner Hinrichtung l h g e r e Zcit gefangen gchalten wiirde, urid 1t-G h le r begann daher, - se1ts;im geltug, - seine erfolgreic.he chemische Thiitigkeit in I M i n unter deiiiselben Dache, unter welchem mehr als cin Jahrhundert friiher die frurhtlose alchemistische I ~ n f b a h n des ungliicklicheii hdepteri zii einem tranrigcii Abscblusse gekommen war. Die stiidtische Gewerbeschule siedelte aber schon irn Merbst 1826 nach S o . 12 Niederwallstrasse iiher, wo sie linter dem allerdings etmas veranderten Namen ))Friedrichs-Werdersclie 0l)errealsrhulecc noch heute ihren Sitz hat. Dort war fur W o h l e r ein mit sehr beschei- denen Hiilfsmitteln ausgeriistetes Laboratorium cingerichtet worden. 111 demselben hefanden sich auch einige weiiige Platze, an deiieti gciibtere Schiiler sich niit :inalytischeii hufgaben und anderweitigen clianiischcn Operationen beschaftigen koiinten. Zri deli damals unter der Leitung des jungen Professors in dem Laboratoriiim der staidtischeii Gewerbeschulc Arbeiteiiden gehiirte der vor einigeri Jahren verstorbene T h e o d o r S c h e e r e r , nechmals norwegischer Huttenmeister und Yro- fessor in Christiania, spater Professor in Freiberg, welchen W ii h l e r als seinen ersten Schiiler zii bezeichnen pflegte.

Im Besitze eines eigenen Laboratoriums zijgert W 8 h l e r nicht, seinem Forschertriebe alsbald nach den verschiedensten Richtungeri hin ZD folgeit. Die Dnrstellung des Chromoxyduls"), durch Gliihen einer Mischung VOII Kaliiimbichroniat mit, Salmiak lo), ist der eiitsprechendeii Bereitwig des Wolframoxyds riachgebildet , welclie er srhon in Schweden ausgcfiihrt hatte. - Wahreitd seines Aufenthaltes in Stock- holm war B e r z e l i u s die lsoliruiig des Siliciums gelungeii; an diese

*) Cliromoxyd.

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Arbeit sich anlehnend bereitet W i i h l e r das Aluminium") durch die Einwirkung von Kalium auf Aluminiumchlorid. Das neuc Metall, als graries Pulver abgeschieden, wird unter dem Polirstahl grauweiss, es 16st sich in SSuren und Alkalien mid tritt direct rnit Phosphor, Brsen, Schwefel, Selen und Tellur zusarnmen. Man erkennt, dass der von W i i h l e r zur Abscheidung dieses interessanten Metalles sclioii daniala eingeschlagene Weg derselbe ist, auf welcherii er dasselbe zwanzig Jahre spiiter in griisseren Kiigeln erhielt: nnd auf welchem es S a i n t c - C l a i r e D e v i l l e bald darauf der Industrie zugiinglicli gernacht hat. Nach demselberi Verfahreri gelingt W ii h 1 e r die Isoliriiiig der selteneii Metalle Heryllirim und Yttrium la), welclic sicti als dem Alurniniuni iihnliclie Elemerite erweisen. - Dass Rich seine Vorliebc fiir inineralogischu Studien niclit gemindert hat, erhellt aus einer ganzen Keihe von Miriera.lanalpseii, welclie i n Berlin auigefiihrt weiden. D e r Fyrochlor'Y) wird damiils als hauptsachlich aus Titansluw, K:tlk: Uraiioxydiil rind Ceroxyd bestehend, - dcr Haytorit, 14) als reine Iiiesel- sarire erkannt, - fiir die Griin- und Hraunbleierze Is) wird die allgerrieine Formel festgestellt, , nach welcher diese Mineralien Verbindungen sind von 1 Mol. Bleichlorid mit 3 Mol. tertiiircni Bleiphosphat oder -arseniat, - eiidlicli wird noch der Honigatein, gelcgeiitlicli einer Arlieit uber die IIonigstei~rsaure 16) und ihre Salze, roii Neuem arialysirt. - Kebenbei erscheinen zahlreichc kleinere Arbeiten. Er beobachtet, die Ab- scheidung schwanimiger , palladiiimhaltiger Kolile bei der Einwirkung des Palladiunis auf die WeingeistHarnme 17); - das Aoftreten der Phos- phorflamine bei der Bereitung des l'hosphorkopfers durch Glulieti yon Kupfer, gebrannten Knochen, Kieselerde und Kohle veranlasst ihn zu dem erfolgreichen Versuche, den Phosphor dnrch Erhitzen von Knodien- kohle, Sand und Kohle direct darzustelleri Is); - Sei i ien t in i ' s jodige Slim, RUS Chlorkaliuni und ,Jod erhalten, wild als Chlorjod l9), - die voii B e c q u e r e 1 aus Schwef~~lkohlcnstoffilensto~ durcli I%eruhrung mit Kupfer oder KupferlBsungen abgeschiedene rernieiritliche Iiohle IS Scliwefel- kupfer 20) erkannt; - Chlormetallc. mit OlbildendemGas behandelt, liefern chloriirmere Metallverbindungen und Aefhylenchlorid 21); - Sickel und Kobalt werden durch Sclimelzeii mit Kaliunicarboiiat und Schwefel vom Arsen getrenrit *"; - bei der Einwirkung von Flrissspath und Schwefel- &we auf Iialiumperniangaiiat endlich eritsteht eiii g a sf i i r r i i ige s Mangarillnorid 23) , wc1cht:s :in der Luft parpurrothe Nebel bildet. - Auf dem Gebiete der organischeri Chemie sirid zunlchst eine Arbeit iibcr die Darstellung des apfelsauren I3lei's 24) ails nicht ganz reifen Vogelbeercn und eirie Abhandlung iiber die Katiir der Picrinsaure 29, welche damals den Kamen Kohleiisticlistoffsiiure trug , zu Iieniien. Uemerkenswerth ist , dass ihm die explosiven Eigerischaften dieses Kiirpers auf einen Gelialt von Salpetersiiiire hinzudeuten scheinen. I n der That erhielt er auch durch die J h w i r k u n g van I3rarinstein

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und Schwefelsaure, und ebenso von Raryt , Salpetersaure; er halt es aber hiermit noch keineswegs fur bewiesen, dass gerade die Salpeter- saure Ursache des explosiven Charakters der Siiure sei; ))es kiinnte dies auch salpetrige oder iiur Stickoxydul sein((. Die erste An- deutung der Existenz einer der wichtigsten Grupprn orgaiiischer Ver- bindungen, der Nitrokiirper, ist hicrmit gegeben. - Der Arb& iiber die Honigsteinsiiure . in wclcher durch sorgfdtige Analyse einiger Salze die Siittigungscapacitiit festgestellt wird , ist bereits gedacht worden; interessant ist es aber, wenn wir, niit unseren heutigen Kenntnissen iiber die Natur dieses Kiirpers, in einer vor fiinfzig Jaliren gcschriebenen A bhandlung lesen, dass der Verfasser unter den Zersetzurigsproducten der Honigsteinsaure eine Siiure erwahnt, adie ani ersten noch mit der RenzoEsaure Aehnlichkcit hat6 *).

Alle iibrigen Arbeiten der Berliner Periode in den Schatten stellend ist aber die von W i i h l e r in1 <Jahre 1828 entdeckte kiinstliche Darstel- lung des ETarnstoRs 2G). Die aus seinen friiheren Versuchen abgeleitete Formel der Cyansiiure war , wie weiter unteri nahcr erijrtert werden wird , von I, i e b i g angefochten aber von W 6 h 1 e r siegreich verthei- digt worden 9. Im Laufe seiner Uiitersuchuiigeri kam er auch wieder auf die eigenthiimliche, weisse, krystnllisiite Suhstaiiz zuriick, wrlche er bei d r r Einwirkung des Cyans auf Ammoniakflussigkeit erhalten hatte, und welche sich nun als ))Rarnsto& entpiippte. Aber vernehmen wir die Worte , in deiien er seinen classischeii Vrrsnch beschreibt**):

arch habe sclion friiher angegeben, dass nian die oben erwahnte Bkrystallisirte weisse Substanz am besten erhiilt, wenn man cyansaures Bfjilberoxyd durch SalmiakauflGsung odcr cyansaures Bleioxyd d urch Bfliissiges Amnioniak zersetzt. Auf die letztere Art liabe ich mir dir zu Bdieser Untersuchung angeweiidete nicht unbcdeutendr Menge davon >bereitet. Ich bekani sie in farblosen, klaren, oft mehr als zolllaiigen BKrystallen angeschossen, die schmale, rechtwinklige, vierseitige Siiulen 2ohne bestinimte Zuspitzuiig bildeten. Mit kaustischem Kali oder Kalk Deiitwickelt dieser Kiirper keine S p u r von Ammoiiiak , mit Sauren Bzeigt er durchaus nicht die so Iricht eiritretendrn Zerseteungserschei- nriungen der cyansauren Salze, niimlich Eritwickelung von Kohlenslure . o u d Cyansiiure, und ebenso wenig fiillt er, wie ein wirkliches cyan- >saures Salz thut, die Blei- wid Silbersalze, e r konnte also weder BCyansaore noch hminoniak als solche enthaltcn.

))Da ich fand, dass bei der letztereii Entstehungsart kein anderes >Product mitgebildet und das Bleioxyd rein abgeschiedeii wurde, so Bstellte ich mir vor, es kijnne bei der Vereinigung von Cyansanre und BAmmoniak eine orgariische Sribstanz und ziiniichst vielleicht eiri den

*) Pogg. Ann. 1826, VII, 328. ") Pogg. Ann. 1828, XII, 253.

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avegetabilischen Salzbaseii hhrilicher StofT entstehen ; icli stellte daher 'Jaw dieserii Gesichtspunktc einige Versuche iiber das Verhalten der ))SRuren zii deni krystallisirteri Kiirper an. Er verhidt sich aber xindifferent gegen dieselbell, die Salpetersiiure ausgeiiotiimen, welche ,+in der conceiitrirtcn Aiit'lijsiiiig dicses Stoft'es soglcich einen aus -glhlizenden Krystallsclriippcn besteherideii Siederschlag bildete. Dime ?tKrystalle zeigten, nac.liderri sic durch niehrmaligcs 1:niltrystallisiren agereinigt worden waren, einen ~ e h r saiiren Charakter, nnd icli war schon xgeneigt ~ sie fiir cine ctigenthiiniliche Siiire zii halten, IS ich farid, ))d:iss sie bci der Neutmlis:itioti mit I<:iscn salpetersaure Salze gaben, >van dcnen sich dolcli Alkoliol dcr krystallisirhare Stoff mit. allen zCliaraktrren, die er vnr der I<;iiiwirkung der HalpetersHure hntte, *wieder ansziehen liess. Diese Achnlicdikrit im Verhalten mit deni nHarnstoff vc'ranlasste mieli, vergleichende Versuche mit vnllkonimcn xrt,inern ~ aus c r i n abgesctiiedeiiciii Ihrnstoff aiiziistek?n . nus dCiiCn >>ganz unzweideiitig hervorging, dass Harnstoff uiid jciier krystallisirte YJKiirper oder das cyansarire Ariimoiiiak, wenii inan es so nenneii .kiiiinte, vollkonimen identische StolTe sind.a

rl)as unerwartete Resultat (<, sagr Wij h l e r iii derselben Al)hand- lung, , is t ~t ic l i insoferii eine beiiierkens\vert,lie Thatsache, als sie ein Beispiel v011 dor kiinstlichen Erzeugiirig eines organisclren nnd m a r sogc.n:tnntcii anitiialischen Stoft'es :tiis unorgnnischen St.offrn dii1.bietet.C

Das Auftwten vnii Hariistotf bri der 1)estillatioii der Harnsiiure 28),

welclie er bald darnut' beohachtct, erkliirt sicli leicht d u r c h das gleich- zeitige Aiiftreten von Cyansiinrc, und -4rnnioniak unter den Destilla- tiorisproduct en.

Die Spiithese tles Hsrnstnft's ist ini eigentlicheii Sinne cles Works eiiie epocheniachende I':nttleckiing. .\lit ihr war der Forschiing tGn ncues G e t k t erschlosscri , ~ o i i welc~heiii die Chcmiker nic.ht ziigerteii Resitz zii ergreifen. Die lieiitijic Generation, welche aiif dieseni ihr von Wiih l e r eroberten Geliiete alltiigliclie reichc Ernten einheimst, ksiin sicli nur scliwer in jene eritfernten Zeiten aiiriickversetzen, deiien das Znxt:~ndeknnimen eiiier orgiiiischen Verbindring iin Kiirper der Pflanze oiler des Thicres i n gclirimiiissvoller Weise von der 1,el~ens- krzift bedingt rrschion. i i i id sir rcriiiag sich daher aiicli k:iiini c l c i i Ein- driick z u \.ergeaeriw~rtigc,n welchen dcr Aufbau tlcs Ilariistoffs :ins seinen Elelnetiten aiif dic: (&miither hervorlmchte. Daniit sol1 nicht gcsagt seiii, dass die Clicriiiker fiir dicse Eiitdwkuiig iiiclit rorliercitet gewesen wffrcn. Schon seit gc:ranmcr Zeit schienen die Ergelinisse der chemiselien Porschiing auf dies Zicl Iiiuzudeutrri. Man hatte sich bereits llngst daraii gewiihiit, i n den Iiiirpern minerdisc.lien Ursprungs die Vorbilder fur die dcrn pflsrizlichcn wid thierischen 0rg:inisnius entstamrneudeii Verbindurigcii zii erblicken, - in beiden I<lasseii dicselbe Verschiedenheit des A#grcgatziistaiides, dirscslheii Uebergiiiige aus

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einrni in den anderen , diesc1l)rn krystallinischen Pormen, dieselbe Coiistanz der Verbiiidungsverhaltriisse, dieselbe Aneinanderlagerung der Elemente nach ihren A tomgewichteii oder Multiplen derselben , in beiden 1il:issen das Anftreteii derselben Gatturigen von Verbindungen! Aber alle Versuche, orgnnische ICiirper am ihren FI ementen zusammeu- zufGgen , wie dies fur cine grossc Anzahl von Mineralsubstaiizen be- reits gelnngeii war , hatten sich bisher d s erfolglos crwiesen. Die Chemikor jener Periode hatten gleichwohl das Vorgefuhl, dass auch diese Schranke fallen miisse, und mail begreift daher den ,Tubel, rnit welchem die Botschaft einer neuen einhritlichen Chemie von den Geistern begriisst ward. Mit der Urnwiilzung, welche sich in den Anschauuiigeii rollzogen hatte , waren anch mit einem Male d o Wisserischaft neue Wege und rieue Ziele vorgczeichnet. Wer wiisste nicht, niit wrlcheni Eifer diese Wege betret.en, wie viele dieser Ziele erreiclit worden sind!

Niir selteii diirfte sich ein Chemiker iin Laufe so weriiger Jahre auf dem Gebiete der experimentalen Forschung einer gleicheri Ernte 1iochwichtiger wissenschaftlicher Ergebnisw z1i riihmen haberi. Allein wenn sich W i i h l e r niit Recht dieser sch6nen Erfolge erfreote, so begliickte ihii ungleich mehr noch die jener Zeit angehiirende Ent- faltung eines Verhlltnisses, welches er nie aufgeliiirt hat, als eine der schiinsten Ernirrgenschafteli seines Lebens zu preisen. Wir miissen hier dcs gegeii das Ende der zwanziger Jnhre niit J u s t u s L i e b i g gesclilossencii Frctuiidschaftsbundes etwas aiisfiihrlicher gedenken.

Ungefkhr gleiclizeitig niit Wii h ler’s ~~iitersuchungen iiher die Cyansiiure hatte L i e b i g in Gemeirischaft niit G a y - L u s s a c in Paris die denkwiirdige Arbeit uber die fulininireiiden Metallverbindungen H o w a r d ’ s wid B r u g n a t c l l i ’ s uiiternornnieii und die auffallende Thatsache festgestellt, dass in driri knallsaiiren Silber der mit dem i\letall rerbundene ICiirper, ungcachtet der griissten Verschiedenheit in drn TCigenschafteii, dieselbe proceiitische Ziisammensetzung hat wie der im cparisariren Silbrr. L i e b i g , an der liichtigkrit von Wiihler ’s Analysen zweifeliid, glaubte durch cine , wie es sich nachher zeigte, rnit riiclit reineni cyansauren SilOer angestcllte Aiialyse die Arinahme einer vrrschiedeneii Zusammensetznng bestiitigt zii haben und erklarte daher die Cyansaure fur cyanige Siiure, diti Knallsaure aber fur die wahre Cyansiiure (1824). Dies yeranlasste W i i h l e r zii rieuen Ana- lyseri ’’): welche seine friiheren Resultate voilkommen bestltigteii.

Es ist hier der Ort nicht. auf die zablreichen Untersuchungen einzugehen, welche seit. jener Zeit zur Erklarung dieses damals 80

rathselhaft rrscheinenden Verhiiltnisses angrstellt worden sind. Uns interessirt hier nur , dass dieses Zusammentreffen siif demselben Ar- beitsgebiete uiid die RUH der Verschiedenheit ihrer Beobachtiingen sich entspinnende Controverse ~ weit entfernt , Verstinimung hervorzurufen

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oder gar Zwietracht zu shen, - wie sie bei solcher Gelegenheit in minder hochherzigen Gemuthern niir zii leicht erwacht, - im Gegen- theil Veranlassung zu einem Frcundscliafisbniide w i d , wie ilin frucht- bringerider die Geschichte der Wissenschaft kaum zu verzeichnen hat.

Ini Laufe des Winters, in welchem sich W i i h l e r mit den Vor- bereitungeii zur Habilitation in IIeidel1)erg beschhftigte , war L i e b i g , der damals bereits Professor in Giessen war: nech Frankfurt, ge- kommeii, und die beiden jungen Clierniker hatten sich in dem Hause eines gemeinschaftlicheri Frcundes kennen gelernt. I hre Zusammen- kunft in Frankfurt war n u r von kiirzer Dauer aber Heide t.rennten sich, ein Jcdcr mit der Ueherzeugutig. einen Freund fiir's Lebem ge- funcleri zn haben.

Die Namcn L i e b i g wid W 6 11 I e r sind so innig verwachsen, dass wir niit lebhafter 'l'heilnalime bei den ersten Reziehungen der beiden Manner zii eiiiander verweilen. Sie trettm u n s in erw;inschter Klarheit aus ihreni Rriefwechsel entgegen.

Dieser hiichst iriteressante nnd lehrreiche Hriefwechsel ist zum grossen Tlieile erhalten, uncl es steht zu hoifen, dass er in nicht allzu ferner Zeit veriifient~licht werden miige. Wir fulilen uns beim Lewn dieser alten Briefe seltsam angernuthet : cine Zeit. taiicht vor tins auf, in welcher sich der nocli imrrier rn8ahtig emporstrebendc Riesenbau der org:tnisclien Cheirrie niir erst in den eben zti Tage tretenden Grtiiid- mauern erkrnnen Iiisst.

Dern Verfasser dieser Ykizze ist die Einsicht in den 13riefwechsel zwischen W ii h l e r und L i e b i g mit der Erlaubiiiss gestattet worden, denselben fir die Zwecke seiner hrbeit frei zii verwerthen. I+ hat, wie die folgenden Bliitter zeigen werden, von dieser Erlaubiiiss um- fasseridsten Gebrauch gc:maclit.

Auf einen Brief W i ihler ' s , der sich tinter den iins rorliegenden nicht vorfindet, aritwortet. L i el) i g:

G i e s s e n , 1 1 . Febrnar 1829. Lieber Herr Doctor!

Ihr geehrtes Schrciben vom 20. Januar habe ich durch Hcrrn Dr. P o g g e n d o r f f richtig erhalten; als ein Beweis Ihrer fort.- dauernden freundschaftlichen Geainnuiigen hat es mir das griisste Vergniigen gemacht. Sie kiinnen versichert sein, dass ich .sic aufs Ilerzlichstc: erwiedere , und dass die wenigen Stunden: die wir in Frankfurt ziisam~iien verlebten , mir stets eine sehr ange- riehme Riickeriniieriing gewlhren. Ich bin iiberzeugt, dass unser Preundschaftsvertialtniss dorch die Scharmiit.zel, die wir iins gelie- fert haben iind noch liefern kiinnen, nie eine Stiiriing erleideri wird, indem die Neutralitit. unserer Person jedem Unbefangenen das Xu-

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trauen beweisen muss, das wir gegenseitig hegen; um so weniger kann darauf das Hetzen des Hrn. X. Einfluss haben, und nie hat es der Hochachtung Eintrag gethan, die ich fiir Sie hege. - - - - - - - - - - - - - -

Mit Bedauern habe ich rernommen, dass Sie unwohl sind. Ich habe dasselbe Uebel Jahre lang gehabt und musste alle Ar- beiten im Laboratorium einstellen. Sie werden nicht eher sich zu schoiien lernen, rtls bis Sie Frau und Kinder haben, was ich Ihnen von Herzen wiinsche. Sic werden dann mehr Werth auf Ihre Gesundheit legen, fur welche Jeder interessirt ist, dem die Wissenschaft lieh ist. Ich sehe mit Verlangen einer Zeilc von Ihnen entgegen nnd bin mit unveranderlicher freundschaftlicher Gesinnung

hochachtungsvoll Ihr J u s t u s L i e b i g .

F r i e d r i c h W i j h l e r a n J u s t u s L i e b i g : S a c r o w bei P o t s d a m , 8. Juni 3829.

Lieber Herr Professor! Der Inhalt Ihres letzten Briefes an P o g g e n d o r f f ist mir von

diesem mitgetheilt worden, und es freut mich, dass er mir Veran- lassung giebt, unsere im vorigen Winter angefangene Correspon- denz f'ortzusetzen. Es muss wirklich ein bijser Dlmon scin, der uns immer wieder unverinerkt rnit unsern Arbeiten in Collision bringen und das chemische Publicum glauben machen will, wir suchten dergleichen Zankapfel als Gegner absichtlich anf. Ich denke aber, es sol1 ihm nicht gelingen. Werin Sic Lust dazu haben, so kiinricn wir uns den Spass machen, irgend eine c h e mische Arbcit gemeinschaftlich vorzunehmen, urn das Resultat unter uriserm gemeinschaftlichen Xamen bekannt zu machen. Versteht sich, Sie wiirden in Giessen und ich in Berlin arbdten, nachdem wir iins in den Plan eingetheilt und uns von Zeit zu Zeit iiber den Fortgang Nacliricht gegeben hatten. Ich uberlasse die Wahl des Gegenstandes ganz Ihnen.

Es hat mich sehr gefreut, dass Sie ebenfalls die Identitiit der BrenzharnsBure und der Cyansaure") gefunden haben. L. G m e l i n wird sagen: Gott sei Dank, dass es eine Saure weniger giebt.

Ich bin auf einige "age mit M a g n u s und seiner Familie auf Ende Juli hoffe ich

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deren Gut, um die freie Luft zu geniessen.

*) Cyanursiure.

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nach Frankfurt reisen und in Giessen Halt mchen zu kiinrieri, um die Freude zti hahen, wieder rin Ma1 mit Ihneri ziisamnien zu sein.

&lit der griissteri IIochachtung Ihr Wiililer.

Ju s tu s L i e b i g a I I I' r i e d r i c h Wii h 1 e I':

G i e s s e n , 1 2 . Jiili 1829.

1hr werthes Sclireiben w i n 8. Juni hat. mil. ein walires Vcr- giiiigen gemacht. Den Vorschlag. cine gemeiiischaftliche Arbeit durchziifuhren, nehnic ich iiiit Freuden a n , uiid da Sie inir die Wnhl des Gegenstandcs iiberl:issen. schlage ich fo1gendt.s vor : Die riithsclhafte h7;itiir des Stickstoffs hat mich , sowie vielleicht jeden Chemiker , vrrad;tsst, einige Versuche fiber gewisse seiner Verbindungen anzustellen. Ich habe vor allcm das Verhalteii des Chlorschwcfels zuin Ainrrioiiiak iin Auge . es bildet sich dabei eine Mcnge purpurrother, srhr fluchtiger DLmpfe, dereri Verhaltm an der Luft und mi Wasser u. s. w. zii untersiichen ist. Stickstoff wird bei dieser Reaction nicht frei.

Es freut mich srhr, Sie I h d c Jul i hier zu selieii, ww wir den Gegeiintand nhlicr bespreclien kiiiineii , naclidcm Sic sich varher ein wenig mit itim bckannt gemacht haberi.

*Ti1 s t i i s L i e b i g.

F r i e d r i c h W i j h l e r :in J u s t u s L i e b i g : H e r l i n , 22. November 1S29.

Ich ha,be Ihren lctzteri Brief so lange uribeantwortet gelasseii, dass icli kaurri eilie EIII scliuldigung vorbringeii und nichts thun kanu. als Sie uni Verzeihung bitten. DRS voii Ihnen vorgeschla- gene Thema zu rifler ,rremeiriscliaftlichen Arbcit ist sehr iritcrcssaiit,, h e r von der Art: d:iss icli wegen meincr angegrifeiieii Gcsuiid- heit nicht wagen darf. darauf einzugehen . Vor Clilorl 13roin nnd ihren fliichtigen Verbindungeii 11al)e ic,h jetzt cine wahw -inti- pathie. Sie werdcn jin hiigeiiblick eincn schlechten 3lit;crbeiter an rnir habon, da die Einrichtnng eiiirs nruen Laboratorinms und die Gehersetzung des I3er z e l i II s'scheii Jahresbcriclites fast alle meine Zeit. in Anspruch nimnit. Indessen ist mir die Idee, eiiie hrbei t mit Ihneri gemeinschaftlich vorzunehmen, so lieb grwordcii, dass icli Ihnen einen anderen, leichteren Gegenstand vorschlagen miichte.

I3ei einer friiheren kleinen Arlwit iiber die I-Ionigsteinsiirire war niir durch ihr Verhalten ziir Salpetersiiure und das ihrer

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Salze beim Erhitzen, ja selbst durch das Vorkommen des Honig- steins, die Idee gekomrnen, dass diese SIiire vielleicht gar keincn Wasserstoff enthalte und der Oxalsiiure ittialog zusammengesetzt sei. Um dies auszumittelri hatte ich niir schon ciiie tietie Portion Ammoniaksalz bereitet, aber dic Saclie blicl) licgcn. Ich rniic+te Ihneri den eigertriiitzigeii Vorschlag maclien, dass Sie die Analyse der Saure vornetimen und ich Ihiien das Material dazu liefere. Jedenfalls seiide ich Ihnen anbei eine Probe Ammoniaksalz in schBnen Krystallen, Horiigsteiu ist hier riicht mehr zu haben; in Arterii selbst so11 er kaum mehr vorkoniriien.

Wenii Sie rnit G a y - L u s s a c correspondiren, so erinnern Sie ihn doch an rneitie letzte I-Iarnstoff-Marnsiiiire-Arbeit, dass sie in die Annales de chimie aufgenornmen werde; denn was die Fran- zosen nicht d a r i n finden, existirt nicht fiir sie.

Das erste Product aus nieineni neuen Laboratorinm ist, dass man ganz gut Phosphor bekomrnt, [vergl. Is)] wcnn man ein Gernenge schwarz gebrannter Knochen und Sand bei starker Weissgliihhitze destillirt.

Fri e d r i c h W 6 h le r.

J u s t t i s L i e b i g a n F r i e d r i c h W i i h l e r :

G i e s s e i i , 26. November 1829.

Mit Vergniigeri erhalte ich heute Ihre Zeilen vorn 22., deiin da ich von Ihrem Unwohlseiri urid Ihrer Hadekur in Wiesbadcn uichts wusste, so war ich iiber Ihr rnonatlangcs Stillschweigen in einiger Sorge. Die gcmeiriscliaftliche Arbeit vorzunehrnen bin ich sehr wohl zufrieden, und ich werde sogleich Hand anlegen.

Ich beneide Sie um das schiirie Verfahren zur Darstcllung des Phosphors und bit] meugierig, ob cs im Grossen vortheilhaft sein wird. - - - - - - - - - - - - - - -

In Beztig auf eine friihere Arbeit ist auch die Analyse der BernsteinsLure und ihrer Sa.lze wiederholt worden, ich bediiuwe, dass ich dabei Zeit und Miihe rerlorcri Iiabe, deiiri meine Jtesul- tate weiclien urn kein Viertelprocent \-on deneri ab, welche I3 e r- z e l i us gefurideri hat; es sol1 auch das let,zte Ma1 sein, dass ich eine seiner Analysen wiederhole.

Mit einer neueti SLure muss ich Sie auch noch bekarint, macheii, die bekannt und nicht bekannt ist; es ist die Sailre, welche F o u r c r o y und V a n q u e l i n in dem Harn des Rindviehs und der Pferde gefunden haben. Sie ist keine HenzoEsLure, sie

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krystallisirt auch ganz anders. Beim Erhitzen sublimirt sie auch nur zum kleinsten Theil, verkohlt sich und verbreitet einen durch- dringenden Gerucli nac,h Kirschlorbeer.

.J 11 s t 11s L i e b i g.

( jb wohl Wiih l e r , als er dnrcli diesen Brief Renntniss von der Eiitdeckung der Hippursii1ii.e erliielt, an die eigc~iithiimliche, salpeter- ghnliche Krystalle biidende: bei der Sublimation einen Kickstand 17011

Kohle lassende BenzoGslure gcdacht hat, welche er schon als Student bri dell EIeidelbcrger Versuchen iiach deni Creiiuase yon Iknzo&sliire im Harii beobachtet. hatte?

Urimittelbar nach diesem Briefe miissen die Freunde enisig niit den Versiic,heti uber die Honigsteinsaure beschiiftigt gewesen sein , denn schon nach wenigeii Monatcn haben sie dieselben hinreicliend gefiirdrrt, urn eine Ver6ffentlichung der Ergebnisse fiir aiigezeigt zti halten, und YO

ersctieiiit denri ini Anfang des nlclisten Jahres ( 1 830) die erste Arbeit, welclie die Nanten L i e b i g uiid W i i h l e r an der Spitze tr‘Qt2”). Die Untersuchung iiber die Honigsteinslure kniipft unmittelbar :in die friihere Arbeit W i i h 1 er ‘s an, welcher die Siittigungscapacitiit der SAnre erniittelt hattr. Ihirch Verbreiinung dcs Silber- wid Amnioniriinsalzes wird ni in auch das Vel-hiiltnixs zwisclicn der Anzahl von Kolilenst off- uud Saiiersto~atonieii eiidgiiltig festgest ellt. Unsere heutige Molecular- foriiiel der EIonigstrins&ure ist in der That. ein Multiplum des c h - fachsten atoniistisclicn husdriicks , mi welchem L i e b i g uIid W i i h l e r durrh ihre Versriche gefiilirt worden waren. Getrieiiischitftli(!li sitid die Freiinde spiitcr nicht mehr a u f diesen Gegenstand zrrriickgckoiiiriien; eiwrseits mag die Schwierigkeit der H~~sc l ia fung des nijtliigcn Materials deri Vwsuchen eine Grenze gesetzt haben andrrerseits aber Iratten h i d e iiicht anfgehiirt, eiri Jedcr arif seine Wcise, sirli rnit den Siiurcn des Cyaiis zii beschiiftigen 3u), uiid es k : i i i ~ i iins d:iher riicht Wunder iieh- nteri, t1:iss wir sie bald verciiit deri Riithseln. welche hier noch zu lijseii wareii , iiachspuren seheri. Die Zusat~imensetziing dos Ilarrl- stoffs war dariials when bekannt. ebeiiso die der CyansLiirc (da- nialR cyanige Saure penannt). aber fiir die Cyanursiiure (die dainaligel Cyanslure), welclie S e r u l l a s ails dcm Chlorcyan gewonrieri hatte,, war inan in Folge einer fehl(~rha1teri Analyse zu einer falschcii Formel, gelangt, so dass sich ilire Beziehungeri zum HarnstoR und der Cyan- saure nicht crkennen liessen.

Die Grenzen, wclche dieser Skizze gezogen &id, gestatten nicht, die Untersucliong der beiden Arbeitsgenossen irn Einzelnen zu rer- folgeii, allein wir konnen es i i n s iiicht versagen, eiitige der urn diese Zrit gewechselten Brief& wenti auch nur fragmentarisch, mitzutheilen, weil dieselben besser als jede andere Art der Darlegung einen Einblick nicht nur in die wisseiischaftliche Auffassungs- und Forscliungsweise,

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sondern auch in deli Charakter der beiden Freunde und ihr VerhPlt- niss zu einander geatatten.

J u s t u s L i e b i g : In1 Bnfange des Jahres 1830 schreibt F r i e d r i c h W i i h l e r an

B e r l i n , 17. Januar 1830. Wenn ich Sie recht verstehe, so glauben Sie, dass die Cyan-

saure*) aus den1 Harnstoff eine andere sei als die von S e r u l l a a aus dem Chlorcyan erhaltene. Dieser Meinimg kann ich nicht beistimmen, da ich mich durch vergleichende Versuche mit Saure aus dem Harnstoff und mit solcher, die von S e r u l l a s selbst dar- gestellt war, iiberzeugt habe, dass beide identisch sind. Aber dae will ich gern zugeben, dass diese Saiure eine andere Zusammen- seteung hat, als von S e r u l l a s angegeben worden ist. Dieser Analyse habe ich nie getraut, und mein erster Vorsatz war auch, die auf beiden Wegen erhaltene Saure zu analysiren, wovon ich aber bis jetzt durch alle mijglichen Cmstande abgehalten worden bin. Auch werden Sie sehen, dass ich mich gehiitet habe, in meinem Aufsatz ein Wort iiber die Zusammensetzung dieser Sgure zu sagen, weil die Zersetzungsproducte des Harnstoffs bis jetzt mit seiner Zusammensetzung so sehr im Widerspruche stehen. Salze von dieser Sgure habe ich aus Discretion gegen S e r u l l s a nicht geniacht, der in seiner Abhandlung eine Fortsetzung und Heschreibung dieser Salze verspricht.

Wenn Sie also, lieber Freund, eine Untersuchung iiber diese Saure vornehmeii und Fir sie eine andere Zusammenseteung, ah S e r u l l a s annimmt, finden, so kann ich nicht einsehen, wie Sie gegen mich streitend auftrlten; w5re es auch wirklich der Fall, so wiirde es ja eigentlich nicht gegen die Person soudern gegen die Sache sein, was ich gewiss nie verwechselii werde. - - - In einem einige Monate spater geschriebcnen Briefe wird der

classische Versuch der Destillation der Cyariursaure mitgetheilt. Man erkennt, dass das halbe Jahrhundert, welches seit jener Zeit verstrichen iat , den scharfen Beobachtungen W 6 h l e r ’ s weder etwas hinzugeftiti noch auch etwas von denselbcn hinweggenommeri hat.

F r i e d r i c h W i i h l e r a n J u s t u s L i e b i g : B e r l i n , 21. Marz 1830.

Nachdem ich mir eine grBssere Menge Cynnslure **) verschafft hatte, habe ich vorliiufig eine kleine Destillatioiisprobe damit ge- macht. Die kleine Retorte miindete in eine bis zu - 1 2 O abge-

*) Cyanurslure. *? Cpanursiure.

Berirhte d.. D. chem. Gesellschaft. Jahrg. BV. 203

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kiihlte Vorlage. Im Hnlse der Retorte sublimirte sich eine weisse, theils krystallinische, theils melilige Substanz, und in der Vorlage samnielte sich eine bedentelide Menge eirier farblosen, etwas triiben Flijssigkeit. Ich halte sic fiir cyanidlte Siiure. *) Sie hat hochst auffallende Eigenschaften. Ihr Gcruch ist iiusserst hcftig, und beitii Ausgiessen weiss man Rich kauni zti hell'eti. Ich fiihlte da- bei ein Urennen aiif der I-Iaut, was midi vminlasste. ihrc Wir- kuiig nuf die Haut zii priifeii. Der kleinste Tlopferi, darauf ge- bracht , veriirsscht augeiiblicklich den heftigsten Schmerz , iind in wenigen Secunden hat sich an der Stelle eine Blase erhoben. Es giebt gewiss nichts, was schneller so wirkt. So wie die Saiire auf die IIaut kornmt, siedet sie iind verwaridelt sich in eirie weisse Substanz, welche die Blase bedcckt.

Wenn das Gefiiss, woriti die Siiiire en thd ten ist., anfiingt weniger nbgekihlt zii sein, so fiingt die Siiiire an zii sieden, sic11 dabei aiigenblicklieli zii eiiier weissen , breiigen Snbstaiiz zii wr- dicken, wodurch cin explosionsartiges gefiilirliclies Cmherschleti- dern der Masse entsteht, uricl in kurzer Zeit ist, sie giiiizlich in cine weisse , feste , geruchlose Siibstanz velwandelt. Das Siedcn der Siiure, wobei sic sich voti selbst erwiirtiit, beruht also nicht aof Verdunstnng sonderii auf einer Zersctzung in sich. In grosserer Quatititiit wiirca diese Siiiire eine der gefiihrliclisten Sub- starizen.

Die weisse Substanz, i n die sie sich dahei verwandelt und die in Wiasser ganz unloslich ist, sclieirit Ihre Untercyansiiure zu seim: die Sic bei dcr Zersetzung von cyanichtsaurem KaIi mit OxaI- siiiure erhielten.

Das ist hlles, was ich bis jetzt iiber diesen Gegens tad weiss, heftiges Zahnweh rerhinderte mich, die Versuche fortzusetzen. - - - _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _

J u s t u s L i e b i g a n F r i e d r i c h W o h l e r : G i e s s e n , 1 5 . J u n i 1830.

Die in Ihreni letzten Schreiben rnitgetheilten Resultate Ihrer Versuche init der cymigeii SBure sind hiichst iiiteressant, ich bin iiherzengt. dass ihre weitere AusfXhrn~ig die Aufliisung des IIarn- stoRrlthsels rnit sich bringt; ich habe jederi Tag mir vorgenornrnen Ihneti nieine Versuche iiber den Harnstoff zueiisenden , um sie Ilirer Arbeit einzurerleilwn , aber es iiberfiel mich jedestnal ein solches malaise, dass es niclit ziir husfiihru~ig kam. Dieser Eke1 riihrt daher, dass icli mit dieser Arbeit 2 Moiiate meines Lebcns verloren habe, iiidcni ich mi keinern Resultat gekommen bin.

*) Cyanssure.

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F r i e d r i c h W i i h l e r a n J u s t u s L i e b i g : B e r l i n , 26. Ju l i 1830.

Ich schame mich, lieber Freund, Ihnen, dem fleissigsten aller Chemiker, zii gestehen, dass ich seither nichts Chemisches ge- arbeitet habe, und dass die Versuche iiber die cyanichte Siiure um keinen Schritt weiter gekommen sind. Sie werden glauben, dass ich alle Lust und Liebe zur Arbeit und zur Wissenschaft verloren habe; aber Sie werden Nachsicht haben, wenn ich zu einiger Rechtfertigung meiiier Unthatigkeit die Griinde angebe. Sie sind 1) eine junge Frau; 2) die eilige Uebersetzung der Thier- chemie; 3) ein durch das liohe Wasser feucht und unangenehm gewordenes Laboratorium; 4) eine Masse von Unterrichtsstunden w6chentlich, uiid dies Alles durch ein gemeinschaftliches Element, durch Triigheit und Bequemlichkeit, innig verbunden. Ich schreibe Iieute nur in der Ilofl~iung, mir dadorch das Vergniigen zu er- kaufen, eineii Brief von Ihnen zu erhalteii. Ihre Briefe und die von B e r z e l i u s ersetzen mir jetzt das Vergniigen, das ich sonst bei eigenrn chemischen Arbeiten hatte, doch hoffe ich, sol1 es sich bald wieder einstellen.

Und W 6 h 1 e r halt Wort, schon iiach Verlaof einer Woche folgen mehrerc hiichst interessaiite Mittheilungen.

F r i e d r i c h W i i h l e r a n J u s t u s L i e b i g : B e r l i n , 5. August 1830.

Ich habe angefangen, die 3 Wochen Ferieri zu weiteren Ver- suclie~i iiber die cyanichte S lure anzuwenden, und will Ihnen die Resultate kurz mittheilen:

I . Cyanichte Saure, aus Cyaiisaure hi einer F a r a d a y 'schen Rohre entwickelt, ist eben so wenig bestandig wie unter gewohnliehem Drack.

2. Bei der Verwandlung der fliissigen cyanichten Saure in die feste weisse Substanz cntwickelt sich kein Gas und wird kein Sauer- stoff aufgenommeii.

3. Dampf von cyanichter Saure iiber Qnecksilber mit trocknem Ammoniakgas zusammengebracht giebt ein Salz, das sich wirk- lich wie cyaniclitsaures Ammoniak verhllt, aber beim Abdampfen seiner Losung zu Harnstoff wird.

4. Der Dampf, in Wasser geleitet, bewirkt starkes Aufbrausen von Eohlensaure, das Wasser enthllt dann Harnstoff, aber zugleich auch die weisse Substanz (Ihre Untercyansaure), die iibcrhaupt iiberall entsteht, wo freie cyanichte Saure im Spiel ist.

201*

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5 .

6.

Uiireiiie Cyanskure *), i r i Wasser suspendirt, lasst sich durch Chlor leicht farblos erhalten, doch geht hierbei noch etwas vor sich, was niiher zu untersuchen ist. Cyanichtsaurer Dampf in absoluten Alkohol geleitet erliitzt sich damit und bildet sogleich die Abscheidung eiiies krystallinischen Pulvers, ohne Gasentwickelung. In heissem Alkohol geliist, wird es in klaren, rhoinboEdrischen Krystallen erhalten. Dieser Kiirper ist ein neues X fiir uiisere Cntersuchung. Erhitzt schmilzt e r sehr leicht und verfluchtigt sich , wobei abrr der Dampf sogleich in der Luft krystallisirt rind selir volnmiiiiise, schneeartige Flocken bildet. I n einer Retorte erhitzt , schniilzt er , siedet und zerfiillt in Alkohol und Cyanslure; wenigstena kanii icli nichts Aiideres finden. - Was ist dies? Ihre Analyse wird die Frage bald be- antworten. Ich lege eine Probe X bei; auch eiiie Probe weisser Substanz.

W i i h l e r ' s nlchster Brief zeigt, wie schnell L i e b i g das X ziim Spreohen gebracht hat.

F r i e d r i c h Wii l i le r a n J u a t u b L i e b i g : B e r l i n , 18. August 18.30.

Tausend Dank fiir Ihre rasche Antwort. So rasch eine organische Analyse ausznfiihren, niacht Ihnen nicht so leicht einer nach, am wenigsten ich, der ich eine heilige Scheu davor habe. Die ron Ihnen fiir das X pefundene Zusammensetzniig. = C ~ S S € ~ O S , stinimt, wie Sie rechrieri, mit 1 Aeq. Aether, 2 Beq. cyanichter Saure uiid 3 Aey. Wasser, alrer sip stimmt noch nicht mit dem Zerfallen in Alkohol und Cyanslure und ware iiberlianpt eine anomale Zusammensetzung fur einen Aether. Ich will vor Allem iiochmals uiitersuchen , ob dabei nicht noch ein drittes, vielleicht gasformiges Product entsteht. Ich schicke Ihnen hierbei noch eine Portion gut krystallisirtes. Ich bin sehr begierig, ob sich 1 hre Analyse bestiitigen werde.

Alle splteren Untersuchungen haben die aus der ersten Analyse abgeleitete Formel unzweidciitig bestiitigt. Die wahre N a h r der Ver- bindung, - sie heisst heute bekanntlich Allophanskwelther, - wurde jedoch erst vide Jahre spater [vergl. *"3)] erkannt, als die Freunde in erneuter Untersuchung auf dieselbe zuriickkamen.

I n den nun folgenden Rriefen ist allerdings von der Cyansaure nur wenig die Rede; sie zeigeii aber, wie gliicklich W o h l e r ist, seinen Arbeitsgenossen mit den] schwedischen Meister in Beziehung zu bringen.

9 Cyanurs&urc.

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F r i e d r i c h W i j h l e r a n J u s t u s L i e b i g : B e r l i n , 25. August 1830.

In aller Nile nur ein P a a r Zeilen, um Ihnen, lieber Freund, anzuzeigen , dass gestern zu unser aller Frende B e r z e 1 i 11 s an- gekommen is t , um 14 Tage oder 3 Wochen hier zu bleiben. M i t s c h e r l i c h hatte neulich schon die Idee, ob Sic sich nicht wiirden bewegen lassen, nach Hamburg iiber Berlin zii reisen. B e r z e l i n s wiirden Sie, wie er schon iiusserte, ein grosses Ver- griiigen machen, und er hat mir aufgetragen, Sie in seinem Namen darum ZII bitten.

J u s t u s L i e b i g a n F r i e d r i c h W i i h l e r : G i e s s e I i , 28. August 1830.

Ihre Einladung, iiber Berlin nach Hamburg zu gehen, ist eine sehr schijne Idee, aber fur mich unausfiihrbar. Bedenken Sie, dass ein Giessener Professor gar Manches bleiben lassen muss, was sich ein Berliner erlauben darf. Schon mein Entschluss, nach Hamburg zu gehen, ist im Hinblick auf meine Verhaltnisse ein Opfer, das ich bringe. Sic haben mir aber das Herz recht schwer gemacht durch den Gedanken, ich kijnnte mit B e r z e l i u s , M i t s c h e r l i c h , Ihnen und den R o s e ’ s einige Tage zubringen. M i t s c h e r l i c h l a s e ich fur seine freuiidliche Einladung bestens danken. Ob A. v. H u m b o l d t nach Hamburg kommen wird? Ich freue mich ganz kiitdisch auf das Vergniigen, B e r z e l i u s in Hamburg zu sehen.

J u s t u s L i e b i g .

D e r s e l b e a n D e n s e l b e n : G i e s s e n , 12. October 1830.

Ich beeile mich, Ihnen anzuzeigen , dass ich wieder hier bin, ZII jeder hrbei t disponirt. Ich sehne mich nach Nachrichten von Ihnen, die mir ohne Zweifel Neoes in Bezug auf unsere Untersuchung mittheilen werden. Meine Reise nach Hamburg hat mich sehr befriedigt. B e rz e 1 i u s hat mich hijchst wohlwollend aufgeno~nmen und rnir erlaubt, ihm zoweilen Mittheilungen machen zu diirfen. Leider war ich nur gar zu kurz mit ihm zusammen und die Gelegenheit ZU vertraulicher Unterhaltung zii selten. Ich fiirchtete stets, ihrn damit beschwerlich zu fallen, da der Zweck seiner Reise doch eigentlich Erholung und Vergniigen war. Seine anspruchslose und liebenswiirdige Persiinlichkeit hat mich ihrn ganz zu eigen gemacht, dies ist etwas, was ich bei den Franzosen stets rermisst habe. Ich be- greife jetzt auch, waruni Ihr Leute so sehr an ihm ha!igt. Eben

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so sehr habe ich mich gefreut, M a g n u s persiinlich kennen z u lernen; seiri besclieidenes Wesen niuss fiir ihn einnehinen; gegen rnich war er weniger zuriickhaltend, als man ihii mir geschildert hatte, und das hat ihrn rnein Vertrauen erworbrn, P o g g e n d o r f f ’ s Anweseiiheit, die ich nicht rcrmuthcte, hat noch niehr dazu bei- getragen, rnir diesen Aufenthalt in Hamburg unvergesslich z u machen. Es wiire mir nichts zu wiinschcn ubrig geblicben, wenn auch Sic bei uns gewesen wareii.

J u s t us 1, i e b i g.

Der nun folgende Brief hat sich init dein rorhergelrc~nden gekreuzt, denn er ist die hntwort auf eincn (nicht nielir vorhandeneii) Brief von Hamburg:

F r i e d r i c h W B h l e r a n J u s t u s L i e b i g : B e r l i n , 13. October 1830.

Vor Allem nieineri schBnstcn Dank, lieber Freund, fur Ihre frcundlichen Zeileti aus Hamburg, die nrir so grosse Freude ge- ntacht haben, weil icli sie auf demsclben Blatt rnit den Zeilen zweier Freunde sah, von deiieti ich besonders deli einen als rneinen innigsteti betrachtcn kariti, rind die I3eide schon so lange wiinschten, die Bekaiititachaft eines Alters - und Wissenschafts- genossen z u machen, der ihnen durch seine Arbeiten schori lhngst dic griisste Hochachtung eingefliisst hatte.

Was unsere hrbei t betrifft, so rnacht sie inir Sorge, weil ich voraussehe, dass, so wenig ich seither dariit gethait liabe, dies auch fiir deli kommenden Winter der Fall scin wird, - so vie1 habe ich Holz zii hacken. Die g m z e Sache dagrgen liegen z u lassen, dies wiire Scliado, da wir doch nia.nches Resultat haben, das sich sehen lassen kaiin. Es wiirde also nichts iibrig bleiben, als dass wir unsere Beobachtungen unter einern bescheidencn Titel als vorlsufige bckanitt machen.

Dem nun folgenden I3riefe L i e b i g ’ s muss noch, nach dem 13. October von W ij h l e r geschrieben, ciii anderer vorausgegangen sein, der sich in don iins vorliegendeu riicht. mehr findet. rebr igens liisst sich riicht hezweifelu, was es fiir &ti Vorachlag geweseti ist, den ihni W i i h l e r getnaclit hat: in allen folgenden Hriefeit ist das ge- messenc S i e dein briiderlichen D u gewichen.

J u b t u s L i e b i g at1 F r i c d r i c h WBliler:

Ich k m n Dir das Verguiigc~n riicht ausdriiclren . wclches mir Dein letzter Brief gebracht hat; ich brauche nicht zu sageii, dass ich Deiririi Vorschlag mit ganzem Ilerzen annehrne. Unser Ver-

G i c s s e n , 19. O c t o l m lK30.

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hiiltniss ist mir von jeher, als ware es von Jugend auf gekniipft worden, und es ist rnir stets schwer gefallen, in Briefen an Dich die Sprache von ganz rertraiitrn Freunden nicht zii sprechen. D u darfst iiberzeugt sein, dass ich Dir niit ganzer Seele angehiire, und dass mir unsere Verbindung eine wahrc Erheiterung meines Lebens ist. Ich fiirchte nur , dass ich niit der Zeit bei Dir ver- lieren konne, wenn Dir meine Armuth an erworbenen Kenntnissen bekannt sein wird.

Du beklagst Dich, dass die Uebersetziing des Uerze l ius ’schen Werkes Dir alle Zeit raubc, und dass Dir eigene hrbeiten kaum noch rnoglich seien. Liebster Freund, schon laiigst hat es mir weh’ gethan, dass n u Deine Zeit an Arbeiten verschwendest, die Deiner nicht wiirdig sind; auch Deirie Freunde in Berlin begreifen nicht, wie nu bei einer salchen Ueberladung mit Arbeiten nur athmen kanust. Ich beklage es um so mehr, a19 ich mich dadurch Deiner Mitwirkung an gemeinschaftlichen Arbeiten bald beraubt sehen werde. Wirf die Schreiberei zurn Teiifel und gehe in das Laboratorium, wohin Du gehiirst.

J u s t u s L i e b i g .

Der Rath, welchen Li e b i g seinein Freunde am Schlusse diesea Briefes giebt, stirnint allerdings nicht init der Auffassung von B e r - z e l i u s . Horen wir, w-as derselbe nur wenige Monate seater an W o h l e r schreibt. Man darf alleydings nicht vergessen, dass B e r z e l i u s in dieser Frage nicht ganz unbefangen urt,heilt, denn wo hiitte er f i r eein Lehrbuch , f i r seinen Jahresbericht einen lhnlichen Uebersetzer und Bearbeiter gefunden, wie er ihn an W i j h l e r besass?

J a c o b B e r z e l i u s a n F r i e d r i c h W B h l e r : S t o c k h o l m , den 3. Mai 1831.

Es ist fiir rnich sehr angenehni, dass Sie nicht immer so brillante Resultate, wie wir sie aus Ihrern Laboratorium zu er- halten gewohnt sind, abwartep, urn Ihrem alteii Freund hier in den1 stillen und versteckten Winkel der Welt zu schreibeii: Fahren Sie j a so fort, denn ich bekenne Ihnen, dass es eines meiner grijssten Vergniigen ist , tinter den ankomrnenden Briefen einen von Ihrer Hand zu erblicken. Ich meinerseits liabe heute Nichts iiber vorgenornmene Arbeit en zu berichten. Wahreiid des ganzen letzteii Monats habe ich nichts anderes gethan, als aus den an- kommeiiden Journalen Artikel fur rneinen Jahresbericht zu schreiben, von dem schon einige Bogen gedruckt sind.

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Sie klagen iiber die viele Schreiberei. Gewiss ist sie ver- driesslich, aber man muss erkennen, dass man ohne diese Arbeit und Stodien nicht das wird, was man werden kann. WBre z. B. Da vy geniithigt gewesen, sich so Literarisch zu beschlftigen, wie es jetzt bei Ihneii der Fal l ist, so bin ich iiberzeugt, dass e r die Chemie um ein ganzes Jahrhuudert weitergebracht hl t te ; aber so blieb er doch nur ein ))gliinzendes Bruchstiickc, gerade darum, weil e r nicht von Anfang an gezwungen war, sich durch Arbeit in alle Theile der Wissenschaft als in ein Ganzes einzustudiren. Also bleiben Sie nur bei diesen Schreibtischarbeiten ; sie werden einmal rill Ende haben , aber die dadurch erlangten Kenntnisse bleiben sitaen. tiuch ich flnche iiber die Jahresberich te. so oft ich sie begirinen muss. aber ich preise sie, wenn sie beendigt siiid, und ich finde, wie sehr die Arbeit meincii Vorrath an Kennt- iiisseri vermehrt hat.

F r i e d r i c h W i i h l e r a n < J u s t u s L i e b i g : B e r l i n , 17. November 1830.

I-Iierbci das, was ich beizutragen habe, und das zu ordnen mir Miihe geriug gemacht. hat. Aendere Alles, was in Beziehung auf Deinc Beobachtungen gciindert werden muss, auch den Stil. Das verdanimte Schwedisch verdirbt durch seine Monotonie die Ele- ganz der Darstellring entsetzlich. Ob Du mit der historischen Einleitung zufriederi sein wirst? lasse mich auf die Zuriicksendung des Ganzen nicht lange warten, damit es P o g g e n d o r f f noch in das in1 Druck begriffene Heft aufnehrneii kann

Von B e r z e l i u s , der liingst wieder in Stockholm ist, die schiinsten Griisse. Er daiikt mir (!), ihm Deine Bekanntschaft verschafft zu haben und schreibt: ))wie froh bin ich, L i e b i g ’ s Rekanntschaft gemacht zri haben. Er, war ohne Fragc das interessanteste Resultat rneines Aufenthaltes in Hamburg. Den mannen fiirenar alldeles ovanlig pretensionsliis alakvurtiighet rned den s6llsynteste f l i t och ovanlig uetenskaplig dugtighetcc, was ich. Deiner Bescheidenheit wegen, nicht iibersetze.

Du schirnpfst auf mich, dass ich mir so viel Arbeit auflade. Abcr liebcr Freund, I h bedenkst nicht, dass Berlin nicht Giessen i s t , und dass, was bei Euch 6 Batzen kostet, hier 1 Thaler macht. Sorist mochte wahrhaftig der Tenfel alle Vorlcsungen und alles Uebersetzen holen. Uebrigens habe ich die Ueber- setzung der B e r z e 1 i us’schcn Werke einmal angefangen und zu ainer Zeit iiberiiommen, wo ich noch viel Zeit iibrig und noch recht weiiig Eiiinahrne hatte, mid nun muss ich sie schon Ehren- halber uiid ails Pietiit fiir B e r z e l i r i s beendigen.

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D e r s e l b e a n I l e n s e l b e n : B e r l i n , 18. November 1830.

Du kamist Dir denkcn, welche Ceberraschung fiir mich die van Dir gefundene %usammensetziing der Harnstoff- Cyansaure*) war. Ich war van j rher der Meinung, dass in der Unrichtigkeit der Analyse von S e r II 11 a s der Grund allrr unserer chemischen Leiden und unrichtigen Hypothesen liegen musse. Ich glaube nun urn so mehr, dass S e r u l l a s ’ Siiure dieselbe Zusammensetzung hat, die nu fur die Saure aus Harnstoff gefunden hast. Zur sicheren Restiitigung schicke icli Dir etwas Cyansaure, die van S e r u l l a s selbst aus Chlorcyan dargestellt und van R o s e aus Paris mitgebracht warden ist. Auch lege ich noch Saure aus Harnstoff bei, die I h vielleicht noch nothig hast. Ich hoffe, dass nun alle Rl thsel gel6st werden, nachdem uns S e r u l l a s durch die falsche Analyse so lange genarrt hat. Yi t Ungeduld erwarte ich Weiteres van Dir.

Was sagst Du dam, dass, wenn man einem Hund BenzoEsaure zu fressen giebt, e r Hippursaure . . . . .? Ich habe einige vergebliche Versuchc gemacht , mit Benzo&siure und Harnstoff Rippursaure zii machen.

J u s t u s L i e b i g a n F r i e d r i c h W i i h l e r : G i e s s e n , 28. November 1830.

Seitdem ich Deine Versuche erhalten habe, hat sich die ganze Geschichte aufgekllrt, und mit welcher Satisfaction fur uns! die Sache ist nun entschieden, die Cyansaure von S e r u l l a s ist iden- tisch mit der aus Harnstoff, die Arbeit muss nun in e i n e m Guss erscheinen, allein Du musst sie noch einmal umschmelzen. Von einer Trennung unserer Arbeiten will ich durchaus nichts wissen. Ich bitte Dich dringend, statt des barbarischen: cyanichte SBure - cyanige Saure zii schreiben; oder sollten wir sie nicht ohne Umstiinde wieder zum Rang der Cyansaure erheben? Ich bin ganz narrisch vor Freude, dass unser Icindlein nun fehlerlos in die Welt gesetzt wird, ohne Buckel oder Klumpfuss.

Die Knallsaure lasscn wit- unberiihrt. Wie Du, habe auch ich verschworen, mich niit dieseni Zeug ferner abzngeben. Vor eiiiiger Zeit habe ich, in Bezug auf unsere Arbeit, Knallsilber durch Schwefelammoniuni zersetzen wollen ; im Augenblick, wo der erste Tropfen in die Schale fiel, explodirte die Masse unter meiner Nase, ich wurde riicklings niedergeworfen und war 14 Tage lang taub und tiahe daran blind zu werden.

*) Cyanurssnre.

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Schreibe mir doch etwas ausfiihrlicher fiber Deine Versuche iiber die Hippurslurc. *) W l r s t nu Deine verdamrnten Ueber- setzungen 10s , wir kiirinten gemeinschaftlich Riesenarbeiten voll- bringen.

F r i e d r i c h W i i h l e r a n J u s t u s L i c b i g :

B e r l i u , 5 . December 1830. Besteii Dank, licber Frerind, f'ur die rasche Expedit.ion unseres

Opus und vor Alleni fiir die Aufschliisse, welclie I>eine Analyscn iiber die scheinbaren Itlithsel gegeben haben. I-ch werde nun sogkich zur Amalgamation des Ganzeri gehen. Ein &uptresultat unserer Arbeit wKre also, dass S e r 11 1 Ins' Cyarisaure, die cyanige S l i m und dcr aus letzterem entstchende weisse Kiirper einerlei proccritische Zusamniensetzung liaben , alsn isomer sind. Diese Thatsache muss also gleichsam das Centrum bilden, um dns sich i n unserer Darstelluug alles Uebrige dreht,, sie miisste gleich von rornherein am Schlusso der Einleitung mit bestimmten Worten ausgesproclieii werden, daniit sich der Leser ohne Schwierigkeit in der MMasse von Thatsachen zurechtfinden kann. Von cyaiiiger Slure kann nun keine Rede mehr sein, sie behhlt den Namen Cyaiishure, und fur die Slure aus Chlorcpan oder Hamstoff schlage icli den Nainen C y a n u r s l u r e vor.

*) Von den Versuchen iiber Ilippursiure, - mag hier alsldd nnhangs- weise benierkt werden, - geben die in nichster Zeit folgenden Briefe nicht weiter Kunde. Die Urnwandlung der BenzoBsSurc beim Durchgang durch den Organismus in Hippurslure muss also darnals doch wohl noch nicht endgiiltig fostgestellt. worden sein. Jedenfalls spricht W B hler in dem 1531 erschiencncn Jahrhuch von Berzc l ius (Bd. IV, 376) nur die Vermuthung aus, dass die RenzoBslure hei der Verdauung wahrscheinlich in Hippursiure iihergefiihrt wird. Erst etaa 12 Jahre spiiter, nachdem Alexander L're (I'rov. med. and surg. Journ. l S 4 l ) i n dern Hrtrne cines Patienten, den Renxoesiiure ein- gegeben worden war, HippursBure gefunden hatte, wurde dicse Fragc von Dr. Wilh. Kel ler (W. K e l l e r : Ueher die Verwandlung der BenzoBsiure in Hippurssure. Ann. Chern. Pharm. XLIIT, 10s) im Wo hler 'schen Laboratorium wieder aufgcnonirnen und der vermuthete Uebergang unzweifclhaft dargethan. [ V ~ r g l . ~ ~ ) ] . Liebig scheint in der That. diein Wiihler's Brief vom 1s. Nov. 1S30 gegehenen Andeutungcn iiher die HippursLure ganz und gar vergessen zu haben; jedenfalls iibt die spiitere Mittheilung W621 ler 's fiber diesen Gegenstand den Zauber eincr neuen Entdeckung aaf ihn aas. Im Anfang Mni 1541, - in einor Pcriode, in \velclier ihn pliysiologische Speculationen vorwaltend heschiif- t i p , - schreiht er an Wiihler:

),Mystificire mich nicht und maclie keinen Spass. Die Thatsache, die Thr, ,Du and K e l ler , heolJacht,et haht, die Entstehung der liippurslure aus BenzoE- wgure, ist fiir rnich von der susserorclentlichsten Wicahtigkcit., nnd icli sehe ,ihrer Bestgtigung mit. den1 allergriissten Vcrlangcn entgcgen.((

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I)er Brief von L i e b i g , auf welchen sich der erste Theil des nun folgenden von W ii h l e r bezieht. ist in der uns vorliegenden Correspondenz nicht zu finden. Ohne Zweifel hat L i e b i g seinem Freunde wieder einmal Vorstellungen geiiiacht . dass er sicli mit allzuvieler Arbeit iiberbiirde.

D e r s e l b c an D c n s e l b e n :

B e r l i n , 18. December 1830. Es ist eigentlich ein curioses Verhiiltniss zwischen uns Beiden.

Wir sind die besten Freunde, arbeiten nrit einander, sagen uns gegenseitig allerlri Erfreuliches, mitunter auch verschiedene Grob- heiten, sind Du und DU. urid Keiner weiss eigeiitlich recht, wie der Andere aussieht, wie es freilich nach der langen Zeit, seitdem wir uns gesehen haben. uicht zu verwundern ist. Ich msche diese Betrachtung , indeni ich Deinen letzten Brief wieder lese, wonn Du mir eiiiige Vorwiirfe machst, die niich eigentlich iirgerri solltrn, weiin ich riicht Deine gute Absicht hindurch sahe uiid diese Vorwiirfe nicht glnzlich uiiverdient waren. Allein dies ge- hiirt Alles dazu, um den besten Humor in unser Verhlltniss zu bringen, und ich finde es ganz prschtig, dass es so ist, und dass die Wissenschaft einigen Nutzen davon haben wird.

Was unsere Abhandlung betrifft, so hat sie, Gott sei Dauk, der Setzer bereits in der Hand. Dergleichen Amalgainationen sol1 der Teufel holen. Ich war ZII f a d , sie zuletzt in’s Reine zu schreiben. rind dies erschwerte mir dann die Uebersicht und wird dem Setzer zu schaffeii maclien. Ich habe Alles ganz anders, wie wir Anfangs vorhattcn, vcrschmolzeii. Ich koiinte Deinen Vorschlag, die Sache, so zu sagen, historisch, also Anfangs rathsel- haft urid sonach auf kllrend, darzustellen, nicht billigen. Ich glaube iricht, dass auf diese Art vide Leute die Geduld behalten hiitten, r o ~ i Anfang bis zu Ende zu lesen. Sobald ich eine Correctur bekomme, schicke ich sic: 1)u kanriat dann noch andern.

Mit dem Schlusse der dritteii Decade unseres Jahrhunderts ist deiin auch die Arbeit iiber die Cyaiislore gliicklich fertig geworden. Ein auf der Scliwelle des ne-iicn Jahres von W iih 1 e r geschriebener Brief ist von der gedriickten Ahhandlniig al) begleitet. n’ir kiiuntcii, da derselbe iiber die Cyaiisaurc eigeiitlicli nichts mehr elithalt, die fragmentarisch mitgetheilte Correspondenz der Freunde liier abbrechen, wenn nicht gerade dieser Brief wieder so erwiinschte Einblicke in W 6 h 1 e r ’s danialiges Leben gestattete. Ueberdies giebt er Knnde von einem kleincn wisseiischaftliclien Missgescliick , welches den jungeo Forscher urn dime Zeit ereilte.

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D e r s e l b e a n 1 ) e n s e l b e n : B e r l i n , 2. Jannar 1831.

Ziim neuen Jahre, lieber Freund, hierbei unser Opus im neiien Kleide, mit meinen herzlichen Gliickwiinschen. Miige das nachste Jahr fur tins nicht weniger fruchtbar sein.

Verzeihe mir , wenn ich auf die Ansichten, die Du niir in Deinem letzten Briefe uber die Nattir der organische~i Kiirper gc- schrieben hast., heute nicht naher eingehe. Ich habe heute keinen Sinn dafiir, denn im Augeiiblick interessirt mic,h ntir das n e w schwedische Metall, das Vanadium von S e f s t r B In, eigentlich von B e r z e l i u s entdeckt. Ich war ein Esel, dass ich es nicht schon vor 2 Jahren entdeckt habe in dem Braunbleierz von Zimapan in Mexico. Ich war mit dessen Analyse beschlftigt und hatte schon etwas Apartes darin gefunden, als ich in Folge vnn Fluss- siiurediimpfen fiir niehrere M0nat.e krank wurde; und so blieb die Sache liegen. Unterdessen meldete mir B e r z e l i u s S e f s t r i j m ’ s Entdeckung, der es iu schwedischem Stabeisen iind der Schlacke davon geftinden hatte. Es ist dem Chrom sehr Bhnlich und eben- so merkwiirdig. E s ist iibrigens dasselbe-Metall, das schon D e l R i o in dem mexicanischen Bleierz gefunden und Erythroniiim ge- naiint hatte; D e s c o t i l s nber erkllrte dieses Erz fiir cliromsaures 131ei. Dieses Mineral will ich nun analysiren, obgleich ich mir die Zeit d a m stehlen muss, denn bis Ostern sol1 der alphahetische Theil von B e r z e l i u s mit vielen Kupfern, der Jahresbericht und dazu eiii Compendium der Cheniie, das ich fiir die Gewerbesc,hule schreiben m u s s , fertig sein. Dies Muss heisst so viel: dass, wenii ich es nicht selbst schreibe, ich den Acrger habe, dass die Hehiirde ein anderes elendes Buch einfiihrt. Schon 5 Jahre lang habe ich sie damit hingehalten.

P o gge n d o r f f Iasst griisson, man sieht ihn wenig; er redigirt fleissig iiiid schwebt zwischen Liebeswonne und Setzerbedrsngniss. Er hat neulich einen in der Geschichte seines Thtirmsi) tinsterblich blttibenden Damen- iincl Ilerreii-Kaffw gegeben, bei dem sich alle chernisclre~i Frauen iiiid Jongfrauen eingefiiriden hatten, iind bei dem es ziilctzt durcli den iiri Ueberfluss spendirten C h a m p g n e r ganz toll iind ausgelasseri herging.

M a g n u s hat sich habitilirt

Dariiber. dass ihm das Vanadin unbemerkt diirch die Halide ge- schliipl‘t war. durfte sich Wii h l e r mit d tm Schicksale seines Freundes triisten, dein nicht lange rorhcr ein Ihnlic.hes, vielleicht noch empfind- licherrs Malhr~ur init dem Rrom pitshirt war. Bekanntlich konnte sich L i e b i g : ;rls er B a l a r d ’ s Abhandlnng iiber das ~ieue Element

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EU Gesicht bekam, alsbald eine grosse Flasche Broin aus seineni Schranke holen , in dem ee, von der Untersuchuiig der Kreuznacher Soole herriihrend, rnit der Aufschrift Clilorjod schon seit geraumer Zeit aufbewahrt wurde. Sichcrlich ist L i e b i g beim Durchlesen des W 6 h l e r ’ - scheii Briefes diese fatale Geschichte durch den Sinn gefahren. Beide Freunde waren danials noch nicht so reich an Entdeckungen, dass ihnen solche Verluste hatten gleichgiiltig sein kiinnen. Das scheint auch R e r z e l i u s gefuhlt zu haben, als er W G h l e r in winer humo- ristischen Weise condolirte:

J a c o b B e r z e l i r i s a n F r i e d r i c h W i i h l e r :

S t o c k h o l m , den ’22. Jariuar 1831. Was die iiberschickte kleine Probe der Substanz mit dem ?

betrifft . so will ich folgeride Geschichte erzahlen. ))Im hohen Korden wohnte in alter Zeit die Giittin Wanadis, schiin und liebeuswiirdig. Eines Tagcs klopfte es an ihre Thiir. Die G6ttin war bequem und dachte: es kann wohl noch einrnal angeklopft werden; aber es klopfte nicht mehr, sondern der Klopfende ging weiter. Die Giittin, neugierig, wer es sein konne, dem es so glrichglltig war, eingelassen zu werden, sprang an’s Fenster und erblickte noch den Weggehenden. Ach, sagte sie fur sich, das ist der Schalk W o h l e r . Nun, das hat er ganz verdient, da ihm so wenig daran lag, hereineukommen. - Nach einigen Tagen klopfte es wieder an die Thiir, und zwar wiederholt und stark. Die Giittin ging selbst zu iiffnen; es war S e f s t r o m , der eintrat, und eine Folge dieser Begegnung war die (feburt des Vanadins.cc Ihre Probe mit dcm ? ist in der That Vanadinoxyd.

Wer aber den Weg zur klnstlichen Bildung eines orgariischen Kiirpers aufgefunden hat, kann wohl auf die Entdeckung eines neuen Metalls verzichten, und man kann 10 unbekannte Elemente ent- deckt haben, ohne dass d a m soviel Ingeninm gehorte als zu einer so meisterhaften Arbeit, wie die ist, welche Sie in Gemeinschaft mit L i e b i g ausgefiihrt und nun der wissenschaftlichen Welt mitgetheilt haben.

Das unter so glticklichen Auspicien begonnene J a h r 1831 sollte nicht verlaufen, oline dass sich eine ebenso unerwartete wie tiefgehende Veranderung in W ii h l e r’s LebensverhBltnissen vollzogen hatte. Aus dem oben mitgetheilten Schreiben vom 26. Juli 1830 erhellt, dass sich L i e b i g ’ s Wunsch erfiillt hatte: W i i h l e r war bereits seit einiger Zeit ein gliicklicher Ehemann geworden. Er hatte sich im Laufe des ge- nannten Jahres mit F r a n z i s c a , der Tochter des Staatarathes W i i h l e r in Cassel, verheirathet. Seiner jungen F r a u war in den befreundeten

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Berliiier Familienkreisen die herzlichste Aufnahme zu Theil geworden. Nach allen Richtungen hin schienen sich die Verhaltnisse des jungen Paares in erwiinschtrr Weise zri gestalten. Gleichwohl sehen wir unseren Freund seine, man kiinnte fast sagen beneidenswerthe, Stcllring an der Gewerbeschule ganz unerwartet niederlegen. Die in jenem Jahre mit grosser Heftigkeit in Berlin wuthende Cholera hatte ihn vrratilasst, seine Frau zu den Eltern nach Cassel zii fliichten. Bald folgte er der Gattin, zunachst nur zii eiriem kurzen Besuche, aber er ist nur noch nach I3erliii zuriickgekehrt. rim seine dortigen Verhidtnisse zu h e n . Es scheint , dass sich eine tiefe Verstimmung seincr bemiichtigt hatte. D e r Grund dersrlben mag theilweise in der Ueberburdung m’it fremd- artigen Arbeiten gelegen haben, welche ihn hinderten, sich wissen- schaftlich zii beschaftigen, wie dies aus einem der bereits mitgetheilten Briefe unzweidentig hervorgeht. Alleiii es miissen noch Zerwiirfnisse anderer Art hinzugekommen win, so darf man wohl aus eiriigen Zeilen schliessen, welche L i e b i g im Sommer 1831 an ihn richtete:

J u s t u s L i e b i g a n F r i e d r i c h W i i h l e r : G i e s s e n , 6. August 1831.

Wie leid thiit es mir, dass ich jetzt, wo Du so nahe bist, Dich nicht sehen kann, denn mir gestatten meine Vorlesungen nicht, nach Cassel zii kommen. Im Grunde ware es auch ein Unrecht den Deinigen gegeniiber, wollte ich kommen und dadurch die weiiigeri T a p schmalern. die nu bei ihnen sein kannst. Welch eiiien Blick hast Dii mich aber in das Leberi der Berliner Chemiker thun lassen! - - Du willst, dass i rh Deinen Brief vernichte, es ist besser, ich schicke ihn Dir zuriick.

Der Brief ist in der That nicht in der Correspondenz zu finden. Eine weitere Veranlassung, die Berliner Stelle aufzageben, mag

der Umstand gewesen sein, dass gerade um diese Zeit auf Antrag der Kurhessischen Stande die Errichtring einer hiiheren Gewerbeschule in Cassel beschlossen worden war. Unter einer aus drei Beamteri be- stehenden Commission wurde W ii h 1 e r mit der Organisation derselben betraut und fur dieselben Facher, die er in Berlin vertreten hatte, als Lehrer in Aussicht genommen. Indessen bestand die Schule zunachst nur auf dem Papier, und noch im Anfang des September scheint der Entschluss , Berlin zu verlassen , nicht unwiderruflich gefasst gewesen zii sein, wie aus folgendem Briefe hervorgeht:

J u s t u s L i e b i g a n F r i e d r i c h W i j h l e r :

L.

G i e s s e n , 13. September 1831. Ich freue mich unendlich Dich wieder in meiner Nahe zu

wissen. weil mir dies Hoffnung giebt, Dich auch hier zu sehen. Dass D u nicht ohne Ueberwindung von Schwierigkeiten von Berlin

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weggekommen bist, kann ich mir denken; jedenfalls ist es von M a g n u s sehr honett, dass e r sich fur die Zeit Deiner Abwesen- heit Dieh zu vertreteii entschlosseii hat. Welche Angst mag Deine arme Frau ausgestanden haben, bis sic 'Dich wieder in Cassel sah. Ich hoffe bestimmt, Dich nun auf einige Tage bei rnir zu sehen.

12.

Auch B e r z e l i u s scheint noch iiicht a11 die Uebersiedelung nacb Cassel zu glaiiben:

J a c o b B e r z e 1 i u s a n F r i e d r i c h W ij ti 1 e r: S t o c k h o l m , den 10. November 1831.

Ich danke Ihrien fur den Brief vom 25. October. Dass Ihre Pamilie Sic genijthigt hat, wege'n der Cholera Berlin zu verlassen, ist sehr bedauerlich. Ich kann mir denken, welchen Kampf es Ihnen gekostet haben niag zwischen der Riicksicht, die Sie auf die Ihrigen zu nehmen hatten, und der Pflicht, Ihr Amt nicht zu verlassen. Uebrigens ganz abgesehen von dem geringeren Ein- kommen, so ist in wisscnschaftlicher Hirisicht eine Stelle in Cassel wohl schwerlicb mit einer in Berlin zu vergleichen; denn wo mehrere Wissenschaftsmlnner zusammenleben, schreitet man schon durch den wechselseitigen Verkehr und Austausch von Ansiehten und ldeen in der Wissenschaft allmahlich fort. Ich will damit nicht sagen, dass man dies riicht entbehren und dennoch seinen Weg weiter gehen kiinne; gewiss aber geht es langsamer. Wie es nun hiermit fiir Sie werderi moge, ob Sie in Berlin oder in Cassel bleiben, so bin ich iiberzeugt, dass sich Professor W. nicht auf die faule ITaut legeri wird. - - - - - - - -

Die Angelegenheit macht indessen Fortschritte, im December hat Wi ih l e r bereits seine Entlassung genommen:

F r i e d r i c h W i i h l e r a n J u s t u s L i e b i g : C a s s e l , 4. December 1831.

Es ist nun Alles zu meiner Zufriedenheit geordnet, und ieb bekomme an der hier zu errichtenden Gewerbesehule dieselbe Stelle, die ich in Berlin hatte. Die Anstalt soll ganz wie die Ber- liner eingerichtet werden. Die Aussieliten fur die Berufung von B u f f sind sehr giinstig. Er soll sich aueh von G e r l i n g eine Em- pfehlung zu verschaffen suchen. F u r die Zoologie denkt man an P h i l i p p i in Berlin. Das Herz that mir weh, als sie rnir in Berlin ein ganzes J a h r Urlaub anboten, wenn ich bleiben wollte; aber ich konnte nicht anders, Ehrenhalber.

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I m gleichen Sinne muss wohl W i i h l e r ail B e r z e l i u s geschrieben haben , denn noch vor Mitte des Monats begluckwunscht letzterer aeinen Freund. W 6 h 1 e r , der damals noch cine Art heiliger Scheu vor der organisclien Analyse gehabt ZLI haben scheint, erhalt i n diesem Briefe iiberdies einige sehr beherzigenswerthe Rathschlage, die damals allerdings neuer als heut zu Tage waren, welche aber auch noch jetzt iiicht zu veracliten sind:

, J a c o b H e r z e l i n s an F r i e d r i c h W 6 h l e r : S t o c k h o l m , den 13. December 1831.

Ich gratulire zu der neuen Stelle in Cabsel, tind denke, dass Sie sie ntii i in richtiger Form angetreten habtw. Dass Sie sicli nun auch damit bekannt gemacht haben, wie leicht die organischen Analysen auszufuhren sind , macht rnir besonderes Vergniigen. F u r kiinftige Arbeiten der Art nehme ich mir die Freiheit, Fol- gendes zu empfehlen: I . sich nie mit den1 analytischen Resultat von nur e i r ier Analyse zu begniigen. sondern als Regel anzunehmen, dass wenigstens drei iibereinstirnmen, und 2., dass die zu diesen drei Analysen angewandte Substauz nicht von einerlei Hereitung ist, die Probe also zu einer jeden Analyse das Product einer be- sonderen Bereitungsoperation ist; denn bei der organischen Ana- lyse kann die Verbreiiiiung ein richtiges Resultat gegeben haben, die Bereitungsoperation aber cin unvollkommen reines Product, daher die Aiialyse hierdurch falsch wird. Diese bciden Haupt- punkte werden selten gleichzeitig beobachtet, und dadurch bekommt man aus guteii Handen verschiederinrtige Resultate.

L i e b i g besorgt allerdirigs immer noch, dass dem Freunde in Cassel kein geeigiietes Laboratorium zur Verfiigung steheri werde. Noch am Schlusse des Jahres schreibt

J u s t n s L i e b i g an F r i e d r i c h W i i h l e r : G i e s s e n , ‘28. December 1831.

B e r z e l i u s hat mir geschrieben und, wie es scheint, gleichzeitig auch Dir. Er sagt unter Anderem: ,Ich beneide Sie airklich um die Nachbarschaft dieses liebenswiirdigen Mannes. (< Ich ware in der That zu beneiden, wenn dieser Mann ein Laboratoriam hatte; aber so kann ich mich nicht recht freuen. Was thust D u nun in Cassel? Wahrlich weniger wie nichts. Du sagtest mir einmal, D u habest einen gewissen Hang zum Nichtsthun, was ich zwar nicht glaube, allein wenn es nur entfernt wahr ist, so muss Dich dieses Leben um so mehr fur jede ernste Arbeit abstumpfen. Ware es nicht tausendmal gescheidter, Du kiimest nach Giessen, und wir unternahmen etwas Grosses 7 L.

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Die Besorgniss, dass W i i h l e r in Cassel wegen Mangels an einern Laboratorium das Experimentiren verlernen kiinne, wird indessen schnell bcschwichtigt. Mit dem Anfange des neuen Jahres (1832) ist die hiihere Gewerbescliule in Cassel bereits in’s Leben getreten, und wir finden W iih l e r rnit der Einrichtung seines tieuen Laboratoriurns beschiiftigt. Er hat iiberdies die Freude, dass zwei seiner intirnen Freunde, H e i n r i c h B u f f , darnals Privatdocent in Giessen, und R u d o l f A m a n d n s P h i l i p p i , Privatgelehrter in Berlin, als Lehrer, der erstere fiir Physik, der letztere fiir Zoologie, an die n e w Schule berufen werden. Alles scheint sich jetzt in Cassel riach seiiien Wunschen gestalten zu wollen. Die alte Lust an der Forschung ist nach eiiier langeren Arbeits- pause in verstiirktem Maasse bei ihrn wieder erwacht. In dem Hrief- wechsel der Preunde tauchen rnannichfache neue Projecte auf. Schon sind Ueide voti der Ueberzengung durchdrungen, wie sehr sie auf einander angewiesen sind. Langst haben sie die Wahrheit der Worte erprobt, rnit welchen Diornedes den Odysseus Zuni Gefahrten fiir die Erforschung des troischen Lagers verlangt:

DWO zweeii wandeln zugleich, da bemerkt der Ein’ und der Andere Schneller, was lieilsam sei.c<

Urn diese Zeit hijren wir zuin ersten Male von dem Plane zu der schijnsten Untersuchring, welche die Genossen rnit einander ausgeftihrt haben :

))Ich sehne mich nach einer ernsten Arbeit,.. schreibt W o h l e r am 16. Mai 1832, ))sollten wir nicht die Confusion mit dem Bittermandelol in’s Reine bringen? Aber woher Material?((

In Deutschland, wo heute das Bitterrnandelijl, - allerdings kiinstlich, - centnerweise producirt wird, war dieser Artikel damals nicht zu beschaffen. Man rnusste ihn, da L i e b i g alsbald auf den Vorschlag einging, von Paris verschreiben.

Aber ehe sich die Arbeit wirklich in Angriff nehmen lBsst, wird W 011 l e r von eineni schweren Schicksalsschlage getroffen. Nach kurzer, glucklicher Ehe verliert er seine junge Frau. 111 dieser schweren Zeit ist die Freundschaft der Hafen, welcher sich dem Schiffbruchigen offnet. L i e b i g ruht nicht, bis er den fast Verzweifelnden unter seinem gastlichen Dache geborgen weiss, und nun arbi4tc.n die Freunde zum ersten Male neben einander, und die Frucht dieser Arheit ist die herrliche Cntersuchung uber das Radical der Rerizoeslure:32). Sie wird in beispiellos kurzer Zeit vollendet, denn nach kaurn rnehr als vier- wiichentlicher Abwesenheit schreibt

Berichte d. D. chern. Gesellschaft. Jahrg. XV. 203

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F r i e d r i c h W i j h l e r a n J o s t u s L i e b i g : C a s s e l , 30. August 1832.

Ich bin nun wieder hier in rneiner betrubten Einsamkeit und weiss nicht, wie ich I h c h danken sol1 fiir all’ die Liebe, mit der Ihr mich aufgeriominen und so la.nge bei Euch behalten habt. Wie glucklich war ich, rnit Dir von Angesicht zu Angesicht ZII-

sammen zu arbeiten. Ich scnde Dir anbei die Rittermandelijl- Abhandlnng. Die

Schreiberei hat mich ILnger aufgehalten als ich vermuthete. Ich bitte Dich, das Ganze mit grosser Aufmerksamkeit dnrchziilesen, besonders auch auf die Zahlen und Forrneln zu achten. Was Dir nicht ansteht, iindere iiur ohne Weiteres. Ich karin oft fuhlen, dass etwas iiicht das Rechte ist, ka.nn aber dafiir das Rechte nicht selbst, finden.

Unter den mannichfachen Gaben, welche wir aus den IIanden der beiden Arbeitsgenosseri empfmgen haben, ist wohl keine, welche in Thnlichern Maasse wie die Untersuchung iiber die Rerizoylverbindungen unsere dankbare Bewunderung in Anspruch nimmt. Es ist nicht nur die einfache Schiinheit dieser Arbeit, ich sollte eigentlich sagen, dieses Kunstwerks, welche uns bezaubert; diesen Eindruck empfingen auch die Zeitgenossen; alleiii wir. die wir uns heute noch, nachdem ein halbes Jalirhundert entrollt ist , dieser herrlichen Schiipfung erfreueri, uberschauen gleichzeitig ihren niiichtigen Einfluss auf die Entwicklung unserer Wissenschaft , die selbst die Weitblickendstcn jener Zeit nur ahnen konnten. Deli Gedankeii, welche zuerst in der engen Uni- grenzung jener Arbeit auftauchteri, begegnen wir heute in allen Theilen der Wissenschaft; einige der grossen Reactioneu, niit d e r w IIulfe wir uns heute in dern Labyrinthe der organischen Chemie zurecht finden, sind in jener denkwurdigen Arbeit zum ersten Male gehandhabt worden.

In der Zeit, als die verbiindeten Forscher ihren Feldzug erijff- neten, gehijrten Rittermandelijl und Benzoesaure bereits zu den be- kanntesten Kiirpern. Man wusste auch, dass sicb ein Tropfen Bitter- mandeliil, wclcher eiii Paar Stunden an der Luft stehen bleibt, in eine Rosette von IknzoPsLure verwandelt . dleiri dieser Uehergang war vo11ig unverstiindlich , wenn die damsls geltende Formel der RenzoB- siiure, welche R e r z e 1 i u s aus der Analyse des Bleisalzes abgeleitet hatte, die richtige war. Ein erster Schritt niusstr demiiach die Wieder- hohing der Berzel ius’schen Analyse sein. Indem sie das Silbersalz statt des Hleisalzes verbrennen, gelmgrn sie alsbald zu unserem heu- tigen Ausdruck fur die Denzogsaure, und darnit war derin auch die Urnwandlung des Bitterrnandeliils als ein einfacher Oxydationsprocess gekeniizeichnct. In beiden Substanzen nehmen sie nun ein ternares

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Radical an, fur welches sie den Narnen B e n z o y l vorschlagen; vor einem halben Jahrhundert zurn ersten Male ausgesprochen, hat er sich bis zurn heutigen Tage irn Munde der Chemiker erhalten. I m Bittermandel61 ist dieses Radical mit Wasserstoff, in der IZenzoEsaure mit einer Gruppe von Wasserstoff und Sauerstoff verbunden, welche sich W i i h l e r und L i e b i g als Sauerstoff und Wasser dachten, und welche wir heute, indem wir dem Sauerstoffatom das doppelte Gewicht von dem damals angenornrnenen beilegen , die Hydroxylgruppe nennen. Uriter dem Einflusse des Chlors wird das Bittermandelol in W o h 1 e r und L i e b ig’s Handen zu einem der kriiftigsten Agentien, nach welchem der Che- miker noch inirner niit Vorlirbe zu greifeii pflegt. Das Chlor- benzoyl wird hente allerdings nicht mehr aus dern Bitterrnandeliil ge- wonneii; seit C a h o urs die 13enutzung des Phosphorpentachlorids in die organische Chemie ringefiihrt hat, dient die zuganglichere Benzoesaure als Ausgangsrnaterial fiir seine Darstellung. Allein die classischen Reactionen des Chlorbenzoyls, seine Urnwandlungen durcli Wasser, AIkohol und Arnmoniak in Saure, Aether und Amid der Sawe sind den Chemikerii zuerst durch W i i h l e r und L i e b i g brkannt geworden.

Die langen Jahre, welche seit Veroffentlichung der Untersuchungen iiber das Radical der I h z o & s a u r e entschwunden sind, haben an den ron ihnen erkannten Beziehungen zwischen den verschiedenen Gliedern dieser Kiirpergruppe nichts, geiindert. Wohl hat sich unsere che- rnische Notation seitdeni umgestaltet, aber diese Umgestaltung hat nur dazu gedient, die Einfachheit dieser Beziehungen schlrfer und ele- ganter darzolegen, als es damals mijglich war. Das Benzoyl erscheint nach unseren heutigen Auffassungen immer noch rnit den Attributen, welche ihm W i i h l e r und L i e b i g beilegten, als sie am Schlusse ihrer Abhandlung sagten:

r Indem wir die in der vorsteheiiden Abhandlung beschriebenen Verhaltnisse noch einmal iiberblicken und zusammenfassen, Gnden wir, dass sie sich alle urn eine einzige Verbindung gruppireii, welche fast in allen ihren Vereinigungsverhaltnissen mit anderen Kiirpern ihre Natur und ihre Zusammensetzung nicht Indert. IXese Bestiindigkeit, diese Consequenz in den Erscheinungen bewog uns, jene Verbindung als einen zusarnmengesetzten Grundstoff arizunehmen und dafiir eine besondere Benennung. den Namen Brnzoyl, vorzuschlagen. u

Und wenn wir hier den Schluss der beriihrnten Abhandlung citirt haben, so mag cs uns auch vergonnt sein, die Einleituiig derselben anzufiihren. Es durfte schwer sein , einfachere und bescheidenere Worte zu wahlen als diejenigen, rnit welchen die beiden Forscher ihre bahnbrechenden Entdecknngen der Oeffentlichkeit ubergeben:

3 Wenn es gelingt, in dern dunkeln Gebiete der organischen Natur auf einen lichten Punkt zu treffen, der uns wie einer der Eingange

203*

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erscheint, durch die wir rielleicht auf die wahren Wege zur Erforschung und Erkennung dieses Gebietes gelangen konnen, so hat man immer Crsache, sich Gliick z u wiinschen, selhst wenn rnau sich der Uner- schopflichkeit des Gegenstandes bewusst istcc.

Und wer die Eroberungen iiberblickt, die wahrend des letzten halben Jahrhunderts auf dem Gebiete der organischen Chernie gernacht worden sind, der wird zugeben mussen, dass sie wohl berecht ie waren, sich zu den Ergebnissen ihrer Arbeit zu begliickwiinscheii. Denn wenn auch tinter gunstigem Sternc: geborene Forscher auf ihren Entdeckungsfahrten zu einem solchen Eingange vorgedrungell sind, wie Wenigen gelingt es, den sich offnenden Weg bis zum Ziele zu verfolgen, und wie selten fiihrt dieser Weg zu einer Schatzkarnmer des Un- bekannten, wie sie von den Freunden erschlossen wordeii ist!

In den1 Bitterrnandeliil lernen die Cherniker den ersteri der Al- dehyde kennen, und die Charakterziige der Gattung treten uns hier bereits in dem scharfumrissenen Hilde des Prototyps entgegen. Das erste der Saurechloride reprasentirt eine zweite Gattung von durch- schlagender Bedeutung. In rnannichfachster Schattirung begegiien wir heute homologen und analogen Verbindongen in siimrntlichen Iteihen der organischen Chernie, welche alle, wie sehr sie irn Uebrigen in Zu- sarnrnensetzung und Eigenschaften von einander abweichen, gleichwohl das chernische Verhalteri zeigen, welches W o h l e r und L i e b i g a n dern Benzoylchlorid erkaiirit haben. Und welche Errungenschaften verdanken wir in einer spateren Periode den Siiurechloriden, die auch heute noch das unentbehrliche Rustzeug der chernischen Forschung geblieben sind? Es ware hoffnungsloses Beginnen, alle die Triurnphe aufzuziihlen, an denen diese rniichtigen Agentien betheiligt sind. Wer erinnert sich nicht daran, dass sie in G e r h a r d t ' s Hiinden der Schliissel zu der herrlichen Gruppe der Saureanhydride geworden sind, dass B r o d i e mit ihrer Hiilfe die organischen Peroxyde dargestellt dass F r e u n d ihre Urnwandlung in Ketone gelehrt und so erwiinschte Ein- blicke in die Natur dieser Korperklasse gewonnen hat?

Aber die von W o h l e r und L i e b i g erschlossene Fundgrube ist zu reich, als dass sie selbst ein Forscherpaar wie die Verbundeten hiitte erschijpfen konnen. Der Schiitze, die sich ihrem geblendeten Auge bieten, sind so viele, dass sie nur eiiien Theil davon zu bergen irn Stande sind. Alleiri sie geben Kunde von dern, was sie am Wege haben liegen sehen. Bei der Liisiing von Bitterrnandeliil in alkoho- lischem Kali beobachten sie , dass sich Kaliumbenzoat ausscheidet, welches sich auf Zusatz yon Wasser aufliist, wahrend ein aromatisches Oel zuruckbleibt , welches iiicht rnehr die Eigenschaften des Bitter- mandeliils besitzt. Sie untersuchen es nicht weiter, bernerken nur, dass es aus dem Bittermandeliil durch eine Zerlegung des Wassers encstehen miisse, dessen sailerstoff zur Bildurig der BenzoEsLure ver-

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wendet werde. Fast ein Vierteljahrhundert spater lehrt uns C a n - n i z z a r o in diesern Oele den ersten der arornatischen Alkohole kennen.

Durch Behandlung von Chlorbenzoyl rnit Phosphorpentachlorid erhalten W o h l e r und L i e b i g eine neue chlorhaltige, organibche Verbin- dung. Viele Jahre spl ter erkennen S c h i s c h k o f f und R o s i n g in die- ser Verbindung das Chloroform der Benzoylreihe, welche in Folge von D o b n er’s Untersuchungen zu einer der jungsten Evolutionen in den tinctorialen Industrien Veranlassuiig gegeben hat.

Auch die mcrkwurdige Kiirpergriippe, die wir hcute Nitrile nenneii, geht ihnen fluchtig durch die Hande. Bei der Destillation des Benzamids rnit kaustischern Baryt erhalten sie eine aroniatische Flussigkeit, leichter als Wasser, von eigenthumlichern, brennend siissem Geschrnack. Wer erriethe nicht. dass es das Henzonitril ist, welches, spater von F e t i l ing in einer anderen. aber analogen Reaction auf- gefunden, zum Ausgangspunkt einer endlosen Reihe von Verbindungen geworden ist?

Von dern Zauber, welchen die Arbeit iiber die Benzoylverbin- dungen auf die Zeitgenossen iibte, giebt uns ain Schreiben Kunde, welches B e r z e l i u s an1 2. Sept. 1832 an die gliicklichen Experimentatoren richtete. Es ist bekannt, dass sich der nordische Neister in seiner niichternen Reurtheilung von Menschen und Dingen nur selten zu enthusiastischem Lobe hinreissen liess, dieses Ma1 glaubt e r aber gleichwohl in der Arbeit uber das Radical der RenzoPsiinre die Morgenriithe eines neuen Tages zu erblicken:

))Die von Ihnen dargelegten Thatsachen geben zu solchen Betrachtungeri Anlass, dass man sie wohl als den Anfang eines neuen Tages in der vegetabilischen Chemie ansehen kann. Von dieser Seite aus wurde ich vorschlagen, das zuerst entdeckte, aus mehr als zwei Korpern znsarnrnengesetzte Radical chernischer Verbindungen P r o i ‘ n [von dern Worte newl, Anfang des Tages, in den1 Sinne dni new; !mi. donieac;, (Act. 28, v. 23)] oder 0 r t h r i n (von &h’?eoc;, Morgendammerung) zu nennen, von welchen nachher die Namcn P r o i n s a n r e , O r t h r i n s a u r e , C h l o r p r o i ’ n , C h l o r o r t h r i n u. s. w. rnit grosser Leichtigkeit liergeleitet werden kiinnten. - - - - - - <<

Auch die franeosischen Chemiker sind in ihrer Bewunderung nicht zuruckhaltend, wie sich atis einem einige Monate spiiter (am 15. Marz 1833) voii L i e b i g an W i i h l e r gerichteten Bricfe ergiebt:

))Die Pariser sind iiber die Benzoyl-Abhandlung wie toll. P e l o n z e schreibt mir: On ne parle plus rt Paris dans le monde chimique que de vos ezpiriences. Venez done avec ill. IViihler,

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venez y repevoir le tribut d'hommages qui vous est d6cc. Und zuletzt noch: ))Soyez assez bon pour prbenter mes dvilitPs et I'hommage de mon admiration h votre ami M. WGhlerh etc.

Man kiinnte denken, dass der grosse Erfolg der Arbeit iiber die Renzoylverbindungen das Interesse W i ih l er's ganz und gar dern Gebiete der organischen Cheriiie zugelenkt habe. Dies ist aber keines- wegs der Fall. Die Mineralcheniie hat ihre Anziehungskraft nicht eingebiisst: ill der That ist eine ganze Reihe, wenn anch meist kleinerer, Arbeiten ails dern Rereiche der anorganischen Chemie zu rerzeichnen, welche der Casseler Periode (1 83 1 - 1836) angehoren. - Es sind zumal neue einfachere Gewi~inungsrnettiode~i bislang nur schwierig und umstandlich zu beschaffender Subetanzen, welche ihn beschlftigen, doch werden auch neue Verbindungen dargestellt und andysirt. oder bereits beka.nnt.e auf ihre Zusammensetzung' iiaher untersucht und Iiinsichtlich ihrer Eigenschaften gepriift. Kaliurnpermanganat 33) wird durch Aus- kochen einer Schmelze yon Kaliumchlorat, Kalihydrat und Rraunstein rnit Wasser gewonnen, in aiialoger Weise Bariurnperrnanganat, n;ichdem man die wasserige Losung des Manganats zuvor durch lang aiihaltendes Eiii- leiten von Kohlensaure in Perrnanganat (nicht in Mangansaure, wie F r o m l i e r z angenommeii hatte) iibergefiihrt hat. - Arsenhaltiges Antimon liefert durch Gliiheri mit Salpeter und Pottasche liisliches Kaliurnarseniat und unlosliclies , v 011 k o rn m e n ar s e n f r e i e s Anti- moniat, aus welchern nian alsdann aiif dem gewohnlichen Wege dureh Schrnelzen rnit Weinstein und Rehandeln der Schmelze niit Wasser reines metallisches Antimon erhalt 34). - F u r die Gewinnnng von Osmium und Iridium aus den Platinriickstanderi 3s) wird das von B e r z e l i 11 s beobachtete Verhalten des selbst in Kijnigswasser unliislichen Iridiurns gegen Chlorgas bei Gegenwart von Chlornatrium verwerthet; die Trennung der so liislich gewordeiien Metalle bietet keine Schwierigkeit mehr (vergl. S. 3227). - Chroinoxyd war bis daliin nur als griines Pulver bekannt gewesen, es lasst sich aber krystallinisch erhalten, indem inan rothes Chromoxychlorid durcti eine gliihende Glasriihre leitet 36). - Schon etwas friiher hat Wii h l e r die borsaure Talkerde s7) untersucht und als ein Metaborat niit 8 Mol. Wasser erkannt; dass sich beini Erwarmen einer klaren Aufliisung von schwefelsaurer Talkerde mit Borax eine Triibung einstellt, wird durch die Zersetzung des gebildeteli Doppel- salzes von Magnesium- uiid Natriumborat in bnsische borsaure Talk- erde, in borsaures Natron und in freie Rorsaure bedingt. - Beim Aufliisen von metallischrm Zink in siedendem Natriumcar- bonat entsteht unter Wasserstoffentwickelung ein wolilkrystallisirtes, in Wasser unliialiches Doppelsalz, analog dern unter den1 Namen Gay - Lussit in der Katur vorkommenderi Doppelsalz aus Nat,rium- und Calciumcarbonat; eine Lhnliche Verbilldung kaiiil mit Amrnonium-

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carbonat dargestellt werden, wahrend sich durch liingeres Stehen einer Auflijsung von Zinkoxyd in kaustischem Alkali a u c h u n l o s l i c h e , jedoch a 1 k a 1 i f r e i e Krystalle bilden , welche der natiirlichen Zink- bliithe entsprechen 38). - Die beim Abbruch schadhaft gewordener Oefen auf den Hlaufarbenwerken auftretende sogenannte Kobak- speise (Arseniknickel in krystallisirter Form) enthalt :; At. Nickel auf 2 At. Arsen und erweist sich somit urn ein Drittel arsen- armer als der natiirliche Arseniknickel (Kupfernickel) 3"; - Thor- erde. bislang nur in dem von B e r z e l i u s analysirten Thorit beobachtet, wird jetzt aucli bis zu 5 pCt. in dem von H u m b o l d t aus Sibirien mitgebrachten Pyrochlor 40) aufgefundcn [vergl. anch 143)], - ferner wrrden Wiirfel und OctaPder als die dem Eisrii eigcnthiimliche Krystall- form") erkannt. - Endlich muss noch e i~ ie fiir die theoretische Chemie nicht unwichtige Heobachtung hervorgehoben werden. Indem W o h l e r die Dimorphie der arsenigen Sgure urid des Antimonoxyds, d. h. die Thatsache nachweist, dass die eine wie die aridere Substanz in den- selben zwei verschiedenen Krystallformcn auftreten kann4a), zeigt er, dass von zwei Substanzen jede dimorph seiri kann, wahrend beide gleichwohl isomorph sind.

E n d neben den getiannten von W i i h l e r allein ausgefiihrten Arbeiten finden wir in dieser Zeit noch mannichfache Reobachtungen, zu denen offenbar der briefliche Gedankenaustausch der Freunde Veranlassung gegeben hat. s o untersiichen sie gemeinschaftlich die Schwefelwein- s1ure433) und die von F a r a d a y dargestellte Naphtalin-SchwefeIsBure44), deren Rariumsalze analysirt werden , sowie die Cyanschwefelwasser- st0ffslure4~), die W 6 h 1 e r schon friiher aus Cyan- rind Schwefelwasser- stoffgas gewonnen hatte , - sie bestiitigen ferner die Richtigkeit der von D e f o s s e s gemachten Angaben, dass sich beim Einleiten von Fluorbor iii absoluten Alkohol Aether bilde4*). - Basisches chrom- saures B l ~ i o x y d ~ ~ ) , das- auf dem von D u l o n g angegebenen nassen Wege stets nur orangefarben erhalten wird, entsteht rein zinnoberroth auf trockenem Wege durch Schmelzen von rieutralem Bleichromat mit Salpeter, - Kupferchloriir wird durch Schmelzen rnit trockenem Na- triumcarbonat in Kupferoxydul 45) iibergefiihrt , wahrend Eisenchloriir auf diesem Wege nur O x y d ~ l o x y d ~ ~ ) liefert, - M a n g a n o x y d ~ l ~ ~ ) , nach A r f v e d s o n durch Gliihen seines kohlerisauren Salzes im Wasser- stoffstrom darstellbar, wird durch Schmelzen von Chloriir mit Salmiak und Natriumcarbonat als bei gewijhnlicher. Temperatur an der Luft un v e r i i n d e r l i c h e s griinlich graues Pulver gewonnen. - Barium- supero~ydhydrat~ ' ) lasst sich durch Erhitzeii von kaustischem Raryt und allmahliches Eintragen von Kaliumchlorat und Auswasclieii des Superoxyds mit Wasser bereiten, - gelbes Rleioxyd 4J) wird durch Schmelzen mit Kaliumchlorat in schwarzbraunes Superoxyd rerwandelt, - griines Chrornoxyd4*) liefert unter denselben 13edingungen Chlor

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und Kaliumchromat. - Reide priifen endlich noch das Verhalten des Titaneisens 4 9 beim Schmelzen mit Chlorcalciuni mit und ohne Zusatz von Kohlenpulver - und zeigen, dass die Reduction des Nickeloxy- duls4s) im Porcellanofenfeuer zu Metall keineswegs auf einer Spaltnng der Verbindung beruht, welche dieses Element der Reihe der Edel- metalle eingefigt haben wiirde, sondt.iii lediglich durch die Gegenwart des Kohlenoxyds bedingt wird.

Hei dieser Gelegenheit miissen wir aucli noch einer iiidustrielleii Episode in W oh1 er 's Laufbahn gedenken. Wahrend seines Auf- enthaltes in Cassel reranlasstr ihn der grosse Vorrath von Arseiiiknickel (Kobaltspeise), welcher sich auf dein knrhessischen Blaufarbwerk Schwarzenfels aiigesammelt hatte , zu Versuchen iiber die technische Gewinnung des Nickels. Sic gelangen so gut. dass er mit einigen Freundeii eine Nickelfabrik griinden konnte, au5 der jahrlich Tausende von Pfunden , namentlicli nach Birmingham, verkauft wwrden. Schon damals hatte er die Idee, dass Nickel zweckmlssig zur Miinze verwendet werdeii konrie, - aber sie wurde nicht beachtet.

Als der Casseler Zeit angehijrig verdient schliesslich auch nocb die mit d' 0 l e i r e gemeinschaftlich ausgefuhrte Untersuchung der Seiin- dorfer Quellen46) genannt zu werden.

\ V ~ H L E R IN GOTTINGEK.

Das J a h r 1836 brachte cine n e w tiefgreifende Verknderung in W 011 l e r 'S Lebensverhaltnisse. Im August dea rorhergehenden Jahres war Professor F r i e d r i c h S t r o m e y e r in Gottingrn gestorben. Rei der Rerathung iiber die Wiederbesetzung des erledigten Lehrstuhls wurde L e o p o l d G m e l i n in Heidelberg i n erster Linie vorgeschlagen. Da dieser ablelinte, theilten sich die Stimnian: die Einen wollten L i e b i g , die Aridern W i i h l e r berufen. Let.zterer tragt schliesslich den Sieg davon : das Ziel seines Ehrgeizes, eine Professur aii detitscher Hochschule, iat endlich erreicht. Im Friihjahr 1836 tritt er unter den1 Rectorate D a h l m a i i n ' s die neue Stellung an. Sein Wunsch, zuin Mit- glied der medicinischen Facultiit ernannt zu werden , wird gewiihrt, dagegen gelingt es ihm nicht, der an die Professur gebandenen zeitraubenden, grosse anstrengende Iteisen erfordernden Inspection der Apotheken des Kiinigreichs Hannover enthoben zu werden; erst riach zwiilf <Jahren wird er von diesem lAstigen Anite dispeiisirt. Seine Stelle in Cassel kanli gliicklicherweise durch R o b e r t R tins e n , der danials Privatdocent in GBt.tingen war, alsbald wieder besetzt werden.

Die freundliche Aufiiahnle und C'iiterstiitzung, die W i i h l e r bei seiiien Giittinger Collegen fand, machtcln es ihm leicht sich ill die neuen

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Verhaltnisse zu gewohnen; er erfreute sich namentlich bald des naheren freundschaftlichen Verkehrs rnit H a u s r n a n n wid W i l h e l r n W e b e r , rnit denen er schon fruhcr persiinlich twkannt geworden war. Zu seinen Specialcollegen gehorten noch B1 u m e n b a c h , M a r t i n L a n g e n - b e c k , C a r l Hirnly. Es bcgann nun f ~ r ihn ein Leben angestrengter Thatigkeit. In jedem Semester hielt e r die Vorlesungeii uber allgemeine uiid fiber organische Cheniie sowie im Sornmer Morgens von 6-7 Uhr die uber Pharmacie und leitete; inGerneinschaft rnit nur einern Assistenten, Dr. W i g g e r s , der auch bei den Apotheken-Visitationen sein Gehulfe war, das gleich Anfangs stark besuchte Practicurn. Das Laboratoriurn befand sich im Erdgeschoss seiner Dienstwohnung, derselben, in der vor S t r o r n e y e r schon J o h a n n F r i e d r i c h G r n e l i n , L e o p o l d Grnel in’s Vater, gewohnt hatte. I>as Haus war urspriinglich nur zu einer Privatwohnung bestirnrnt, das Laboratoriuni war daher noch von alter, mangelhafter Einrichtung, indesseri ziemlich vollbtandig rnit guten Ge- rathschaften versehen und fur jene Zeit ganz anstandig dotirt. Ausser den oben angeftihrten Obliegenheiten hatte W i i h l e r die Exarnina in der rnedicinischen und auch, wozu er sich verpflichtet hatte, die der Candidaten fiir Naturwissenschaften in der philosophischen Facultat zu halten: dazu karnen wiederholt die Geschiifte, die mit der Fuhrung des Decanats verbunden siiid.

Zu eignen Arbeiten blieb ihm daher Anfangs nur wenig Zeit. Aber schon irn Wintersernester desselben Jabres finden wir den

nunmehr in Gottingen vollstiindig Eingebiirgerten wieder zur Forschung gerustet, und nun folgen denn auch die Entdeckungen Schlag auf Schlag. Zunachst sind es Reobachtungen von fundarnentaler Bedeutung uber das BittermandelBl, welche er alsbald dern Freunde als Thema fur eine gerneinschaftliche Arbeit vorschlagt. Kaurn eine andere von den Tielen, theils allein, theils rnit L i e b i g ausgefuhrten Untersuchungen bekundet in gleichern Maasse die bewundernswerthe Spiirkraft, die unvergleichliche Beobachtungsgabe des Mannes. Irn October rnacht e r seinern Arbeitsgenossen in Giessen die erste Mittheilung uber den Gegenstand :

G o t t i n g e n , 26. October 1836. L i e b e r F r e u n d !

Mir geht es wie einern Huhn, das ein E i gelegt hat und darauf ein grosses Gagsen beginnt. lch habe heute fruh gefundem, wie man atis dem Amygdalin blauslurehaltiges Hittermandel61 machen kann, und wollte Dir die weitere Verfolgiing dieser Sache zu einer gcineiiiachaftlichen Arbeit vorschlagcn , da der Gegen- stand zu innig rnit der Beiizoyl-Uiitersocliuiig iin Zusanimenhang steht und es doch curios aussehen wurde, wenn einer von UIIS

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beiden wieder allein aiif diesem Pelde auftrate, denn es lasst sich gar nicht absehen, wie weit es sich erstreckt, und ich glaube, es ist gewiss fruchtbar, wenn es rnit Deinem Mist gediingt wird.

Jene Cmwandlnng erfolgt mit der grossten Leichtigkeit. wenn man Amygdaliii niit Braunsteiii und verdunnter Schwefelsaure destillirt. Es entwickelt sich eine Menge Kolilensaure (wenigstens halte ich das Gas dafiir), weshalb die Masse leicht ulwrsteigt, und ausser Hittermaiidelijl, voii dem man dem Gewicht nach wenigstens ' / z bis 3/4 so vie1 als das Amygdalin betrug, erliRlt, destillirt zuletzt eine Mcnge AmeisensPure l b e r (wenigstens ist es cine saure Fliissigkeit , die Quccksilheroxyd reducirt). Zuletzt setzte sicli iii der ganzen LPnge des Kiihlrohrs eine ziemlich dicke Krystallisation von RenzoEsaare ab.

Das Oel ist so blausaurehaltig wie das unmittelbar aus bitteren Mandeln erhaltene, von dem es sich nur dadnrch unterscheidet, dass cts farblos ist.

Sollten wir Bittermandel61 iiiithig haben, - ich besitze wenig- stens '/d Pfund.

Ich will doch glcich morgen bittere Mandeln auspressen lassen und die Masse dam mit 13raiinsteiii und Schwefelsiiure destilliren, - ob man mehr Oel erhalt wie gewiihnlicli.

Im Zusamnienhang hiermit fd l t mir ein Versuch ein, den ich schoii friiher gemaclit, hatte, nhmlich Amygdalin so lange mit Harythydrat zu koclien, bis sich kein Ammoniak mehr entwickelte. Kach Zersetzung des entstandeneii Barytsalzcs durch Schwefel- saure bekam ich eine saare Fllssigkeit, die zii einem Gummi eiri- trocknete ohiie zu krystallisiren.

Bitte um baldige Antwort. Dein W o h 1 e r.

Eine pliotolithographische Xachbildung des charakteristischen Rriefes *) ist dieser Skizze beigegeben; sic zeigt u n s Wii h l e r ' s schone wid fest.e Mandschrift und zugloich die Sicherheit, mit der e r schreibt. 111 deni ganzeri Briefe findet sich kaum eine Correctur.

Noeli ist anf diesen Brief keine hi twort , von Giessen eingetroffen, und wieder sclireibt

F r i e d r i c h Wiihler ail J u s t u s L i e b i g : G f i t t i n g e n , 28. October I83G.

L i e b e r F r e u i i d ! Ich Iioffe, dass Du meinen Hriet' von vorgestern erhalten hast.

Ich habe seitdem i n Betreff des Amygdalins cine ganz nierk- wiirdige Entdeckong gemacht. Da es einmal gegeben war , dass

*) .4us drm Atelier der Gellriidcr B u r c h a r d in Berlin.

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sich aus Amygdalin wieder Bittermandel61 erhalten ksst , so dachte ich mir, es kiinne letzteres aus dem ersteren, bei der gewohn- lichen Destillation der Mandeln rnit Wasser, durch eine Bhnliche Wirkung wie die des Ferments auf den Zucker, die hier am walirscheinlichsten dern Eiweiss der Yandeln zuzuschreiben wgre, erzeugt werden. Und diese ldee scbeint sich vollkommen zu be- statigen.

1. Amygdalin, in Wasser aufgelost und mit einer zerquetschten s ii s s e ri Malidel digerirt , fangt sogleich an, nach Bittermandelol zu riechen . welches man nachher in solcher Meiige abdestilliren kanii, dass das Amygdalin ganz in dasselbe verwandelt zu sein scheint.

2. Dieselbe Wirkung bringt eine geseihte E m u l s i o n von s u s s e n Yandeln hervor.

3. Eine gekochte Emiilsion von siisseri Mandeln, in der also das Eiweiss geronnen ist, erzeugt nicht die geringste Spur von Oel rnit Amygdaliri.

4. Zerquetschte siisse Mandeln, niit Alkohol iibergossen und davon wieder durch Pressen befreit, erzeugeri mit Amygdalin nach wie vor Bittermandelol.

5. Zerquetschte Erbsen (d. h. dereii Eiweiss) geben mit Amyg-

ES sind nun zunachst drei Punkte auszumitteh: a) Welche Substanz in den bitteren oder siissen Mandeln ist

es, welche in Beriihrung mit Amygdalin und Wasser das Bitter- mandelol erzeugt?

b) Wirkt sie durch gegenseitige Zersetzung oder, wie das Ferment, katalytisch I

c) Welches ist das andere Product, das ausser dem blausiiure- haltigen Oel wahrscheinlich noch eiitsteht?

Folgerides sind die Thatsaclien :

dalin kein Oel.

In Betreff des letzteren Punktes habe ich zu bemerken, dass dieses Product, weiin es wirklich entstrht, kein Gas ist, da man die Entwickelung eines solchen nicht benierkt, und dass ich die Fliissigkeit, die nach Einwirkung voti siisser Mandelmasse auf Amygdalin iibrig ist, abfiltrirt und nun zum Abdampfen hingestellt habe. Weiter bin ich noch nicht gekommen.

E;s wgre gar schiin, wenil das Aniygdalin durcli die Ein- wirkung des Eiweisses der Mandeln gerade auf in Wasser, Blau- shire wid Benzoylwasserstoff zerfiele. Willst Du riicht vor Allem die Analyse desselben noch ein Ma1 wiederholen? Es scheint schwer zii sein, es frei von allem Fett zu bekommen.

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Ich brauche Dich iiicht darauf d i n e r k s a m zu machen, dam es mit dem Sinapin und dem fliichtigen Senfol durchaus eine Rhnliche Bewandtniss haben miisse. Ich habe beide schon in Arbeit nehmen lassen, um mich davon zu iiberzengen, dabei konnte ich bemerkeri (was schon bekannt ist), dass der vom fetten Oel ausgepresste Senfkuchen arich nicht im Geringsten nach Senfol riecht, so lange er trocken ist oder wenn er niit Alkohol behandelt w i d . So wie e r aber rnit Wasser aiigerlhrt wird, cntwickelt sich sogleich der heftige Geruch. Also gerade so wie aus der ausgepressten Bitterrnandelmasse.

Wenn nu also nicht. abgeneigt bist, eine gemeinschaftliche Arbeit niit mir LU unternehmen, so kiinnten wir auch das Sinapin mithineinziehcn. Atis einer Apotheke am Harz kann ich sogleich gegen l/2 Unze fliichtiges Senfiil erhalten, und man ist. bereit, es in noch griisserer Menge darzustellen.

Ich hatte noch zu bemerken, dass der Rlckstand von der Dcstillation des Amygdalins mit Rraunstein und Schwefelslure n i x Ainmoniak enthLlt wahrscheinlich nebst der Ameisensliire aus Blausaure entstanden.

Dein W 6 h ler .

Hierniit ist W i i h l e r ’ s Beitrag zu der Arbeit geliefert, und nun hat L i e b i g die ihm zufallende Aufgabe zii liisen, d. h. e r hat den inneren Zusammenhang zwischen den Beobachtungen seines Freundes klar zu legen. W i i h l e r hat das Qualitative der Erscheiriungen ermittelt, L i e b i g liegt es ob, dieselben nach der quantitativen Seite hin zu erforschen. In kurzer Frist ist die Zusammerisetzung des Amygdalins und der Amygdalinslure festgestellt, und es kommt jetzt nur noch darauf an, zu erfahren, was die bei der Umlddung des Amygdalins neben dem Hittermandeliil und der Blauslure auftretende Materie ist. Schon an] 28. November, also vier Wochen riach Wiih ler ’s erstem Briefe, theilt L i e b i g seinem Freunde beziiglich diesel Materie eiiie wichtige Thatsache m i t :

,Mit dem Kohlenstotf derselben ist Wasserstofi und Sauerstoff in dem Verhlltniss wie im Wasser vorhanden. Dies kann nat.iirlich ebensogut Milchsaure wie Zucker oder Stiirke oder etwas der Art sein; jedenfalls scheint es hier ein Stoff zu sein, der nicht saurer Natur ist.e

Aber erst mit dem Ende des Jahres ist die Arbeit zii einem befriedigeiiden Abschlusse gelangt:

G i e s s e n , 31. I.>ecember 1536. Es ist entschieden, bei der Zersetzung des Amygdalins ent-

stelit Zocker. Ich liess Emulsin darstellen durcli Ariswaschen

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siisser Mandeln mit Aether bis ziir Entfernung alles Oels und loste den Riickstand in Wasser.

I n dieser Lijsung wurde eine gewisse Menge Amygdalin auf- geliist und aii einem 35O warinen Ort stehen gelassen, bis aller Geruch verschwunden war. Dies wurde 6 Tage lang wiederholt, die Masse war syrupfdrrnig geworden, schrneckte ganz siiss und karn, rnit Hefe versetzt, in eine stiirmische Giihrung. Hiermit ware die Sache entschieden, doch werde ich den Versuch mit dem heote von Dir erhaltenen Emulsin wiederholen.

L ie big.

Es wurde schwer sein, an einem schlagenderen Beispiele zu zeigen, wie gliicklich sich die beiden Freunde ihrem ganzen Wesen nach er- ganzten.

Noch ist kauin mehr als ein halbes J a h r verflossen, seit die Arbeit iiber das Bitterrnande16l4') ihren Abschluss gefunden hat, und schon bereitet sich eine neue, umfassende, vielleicht die umfassendste Untersuchung der verbiindeten Forscher vor. Die dieser Skizze ge- steckten Grenzen erlauben begreiflich nicht, die umfangreiche Corre- spondenz iiber die Harnsaurearbeit auch nur auszugsweise mitzutheilen. Einige Briefe aus den ersten Stadien derselben sollen hier gleichwohl Platz finden.

Irn Sornmer 1837 schreibt

J u s t u s L i e b i g a n F r i e d r i c h W o h l e r : G i e s s e r i 1837.

Schicke mir doch umgehend etwas Kobaltoxyd, ich lasse soeben dariiber arbeiten. G m e l i n ' s Cyanidkobaltkalium giebt eine rnachtige Kobaltcyanwasserstoffsfslure, Ghig sehr schijne Salze zu bilden; es sol1 eine Abhandlung fur Dr. Z w e n g e r geben. Es sind ausserdem sehr schiine Sachen hier gefunden worden von dem j ungen Volk. Chinasaure giebt init Rraunstein und Schwefel- saure eine krystallisirte, fliichtige, gelbe, nicht mire , hiichst rei- zend riechende Substanz. Das Oel aus dem Perubalsam zerfallt mit Kali in Cinnarnylsaure und noch etwas.

L i e b ig.

Die Antwort auf diesen Brief lasst nicht lange auf sich warten:

F r i e d r i c h W o h l e r a n J u s t u s L i e b i g : G o t t i n g e n , 20. Juni 1837.

Ich gratulire zu den merkwiirdigen Entdeckungen, die D u gemacht hast, und auf deren Weitereiitwickeliing ich sehr iieugieng bin. Hoffentiich bist Du bald damit fertig, und es bleibt Dir Zeit genug, auf eine neue Arbeit einzugehen. Lass' uns die alte

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Harnsiiure wieder vornehmen und zum Gegenstand einer gemein- schaftlichen Untersuchung machen. Bei einigen, erst seit gestern angefangenen Untersuchungeri habe ich Resultate bekommen , die vielleicht den Weg zeigen, wie ihr beizukommen ist. In der Ueberzeugnng, dass sie ein zusammengesetztes Ding ist, wie z. B. Amygdalin , versuchte ich einen ihrer E)estandtheile zu zerstoren und dadurch die anderen frei zu machen. Ich kochte sie rnit Wasser und Bleisuperoxyd. Starke Gasentwickelung, ohne Zweifel Kohlensaure, und Verwandlung des Bleisuperoxyds in ein weisses Pulver. Die davon abfiltrirte Flfissigkeit setzt beim Erkalten in reichlicher Menge cinen schon krystallisirten , farblosen Kiirper ab, der kein Blei enthalt, und der ohne Zweifel etwas Neues ist. Die Mutterlauge, woraus sich die Krystalle abgeschieden haben, enthiilt eine grosse Menge Hamstoff. Durch Zersetzung der Blei- masse durch Schwefelwasserstoff erhalt man krystallisirende Oxalsaure.

D u wirst fragen, warum nahmst D o nicht den alten Braun- stein? Versteht sich war der zuerst an die Reihe gekommen, aber mit ihm wird das Verhalten, offenbar in Folge secundarer Einwirkungen, complicirter.

Ich hoffe, dass Du noch Harnsaure genrig hast, nm ebenfalls gleich ad rem gehen zu kiinnen; icli will Di r sonst schicken. Hierbei eine Probe der Krystalle, ganz rein. Vielleicht hast n u Zeit. sogleich h e Elementar-Analyse damit vorzunehmen.

W i i h l c r ' s Vorschlag wurde von L i e b i g , welcher bereits einige Jahre friiher (1834) die Zusammensetzung der HarnsBure endgultig festgestellt hatte, mit Enthusiasmus aufgenommen. Schon nach wenigen Tagen ist die Natur des neuen I-Iarnsaurc-AbkommJings errnittelt:

J u s t u s L i e b i g an F r i e d r i c h W i j h l e r : G i e s s e n , 25. Juni 1837.

Der wunderschone Korper aus Harnsaiure mit Bleisuperoxyd ist analysirt , das Resultat yon zwei wohl stimmenden Aiialysen giebt die Formel C ~ N I H G O ~ : es ist A l l a n t o i ' n . Ich bin im Be- griff eine grosse Menge davon herzustellen und werde namentlich den Silberniederschlag untersuchen. - Addire

zu 2 At. EIarnsaure = C I O N B H B O ~ , H6 0 3 ,

- 3 At. Wasser - 2 At. Sauerstoff aus 2 P b 0 2 = _ _ _ - ~ 0 2 ,

so hast Du CioNrcHiA0ii = 2 At. Harnstoff = CL S4Hs 0 2 ,

1 At. Allantoi'n = - C4 N4Hs 0.3. '2 At. Oxalsaure = Cq 0 s ,

ClON8 Hi4 0 1 1

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Die Entwickelung von Kohlensaure beruht auf der Zersetzung von Oxalslure durch iiberschiissiges Bleisuperoxyd.

I,. F r i e d r i c h W o h l e r a n J u s t u s L i e b i g :

G o t t i n g e n , 1. Jul i 1837. Dass die Krystalle aus der Harnsaure Allantoin sind, macht

diese Zersetziingsweise der erstereii um so intertssanter, deiin Du weisst, dass man annimnit, die Allantols-Fllssigkeit sei der Harn des Fiitus. Ich habe uriterdesseri iioch allerlei Speculationen iiber die Zusammensetzung der Harnsaure gernacht , es ist aber nicht herauszubringen. -. - - -

In S t r o m e y e r ' s 1,aboratorium habe ich ein Stiickchen Xan- thicoxyd gefunden. Es ist wirklich etwas Apartes und keine Harnsaure, mit der es sonst Aehnlichkeit hat. Es stammt von einem Stein, den L a n g e n b e c k aasgeschnitten hat. der noch das Haiiptstiick besitzt. Mein Stiickchen wiegt zwar nu r 3 Gramm, ist aber doch hinreichend , um Eigenschaften urid Zusammen- setzung auszumitteln. Ich werde Dir die Hglfte davon schicken.

J u s t u s L i e b i g a n F r i e d r i c h W o h l e r : G i e s s e n , 20. Juli 183'7.

Der S a m e Allantoi'nsiiure muss in Allantoi'n umgeandert werden, es ist keine S8ure. Es wiirde unmBglich gewesen sein, die Identitat des so gebildeten und analysirten Allantoi'ns mit dem aus der hllantolsfliissigkeit zu erkerinen, wenn IIIIS nicht gliicklicherweise eine kleine Menge des letzteren zu Gebote ge- standen hiitte. E s war die Gleichheit der Krystallformen, die Aehnlichkeit iri allen Reactionen, welche zuerst auf die Identitiit fuhrte. Aber die Zusammensetzung beider stimmte durchaus nicht. Es ergab sich nun, dass das Allantoi'n aus der Allantoi's- fliissigkeit mit Kohle entfarbt war, rind dass kleiiie Kohletheilchen mit durch das Papier gegangen waren, wie die mikwskopische Betrachtung zeigte. Nach Entfernung dieser letzteren gaben die Analysen beider eine vollkommen gleiche Zusammensetzung.

L.

Denselben Gegenstand betrifit auch der folgende Brief L i e big's, der gerade im Begriffe steht, eine Ferienreise nach England anzutreten:

J u s t u s L i e b i g a n F r i e d r i c h W 6 h l e r : G i e s s e n , 24. J u l i 1837.

Das Xanthoxyd ist in der That ein merkwiirdiger Kiirper, es ist Harnoxyd, wie die Analysen gezeigt haben, nlmlieh Harn- sLure minus 1 At. Sauerstoff. So mag es denn auch den Namen H a m ox yd erh a1 ten.

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Ich liabe 4 Maass Wasser mit Cyangas gesattigt, uni, wie I)u schori fruher gethan: die Producte seiner Zersetzung zu stu- diren. Ich erhielt in Menge die braune Substanz, Flarnstoff, oxal- saures und blausaores Amrnoniak, einen bis jetzt nicht iiaher er- kannteii Kdrper, aber keine Spur Allantoin.

Schicke iiiir jedenfalls eine Abschrift ron unserer Sotiz mit Hirizufiguug der von Dr. Mu l l e r bestiinniten Krystallforni des Allantoins. Sie eigiet sich schr ziir Mittheilurig in der Ver- sammlung dcr Natiirforscher zu Liverpool, und dazu miichte ich sie g e m haben, wenn Du Nichts dagegcii Iiast. Mache aii Kopf oder Schwanz einige geriiale Hemerkungen uber die Production roil organischen Stoffen in den Laboratorien, so dass die Leute glauben mussen, es lage blos an ilinen, wenn sie keinen Zucker aus Holzkohle urid Regeiiwasser rnachen k5nnen. Sende eine Abschrift ron der Notiz nach Manchester an lh. Ch. H e n r y .

I,.

u n d nuti fliegen die Briefe in rascher Reihenfolge hin und hcr, da sich die Arbeit nach den verschiedeiisten Richtungeri hiri verzweigt. Die Ver- suche verschlingeii Quantitiiteii von Harnsaure, die kaum nocli aufzu- treibeli sind. Vergeblich erschiipft Wii h l e r die Hiilfsmittel seines er- finderischen Geistes: es will ihm nicht mehr gelingen, neue Quellen von Schlangenexcremeriteii zii entdecken. Verzweiflungsvoll ruft el- deni Freunde zu: ))Aber bin ich denii cine Boa Constrictor, Dn Kopro- phage, dass Du nicht aufhiirst, imrner wieder Tlarnsaure von rnir zu verlangeii ! Glucklicherweise erhalte ich ehen von E r d ni a n n noch eine Schachtel voll Excremerite, die sollst DU habeti.(< Aber auch L i e b i g ist nicht miissig, dem uiischatzbaren Materiale nachzospuren und theilt alsdann redlich niit den1 Freunde. Bei solcher Gelegenheit wird denn auch euweilen das duke cum ?Mi verbuiiden. So schreibt L i e b i g an W i i h l e r ani 17. Februar 1838: .Du erhliltst heute vier Unzeri Harnsaare aus 1,ondoii; sie kostet so vie1 I’orto, dass Du ganz gut noch fiinf Bouteillen Hurgundcr zu denjenigen hiiizufigen kannst, die Do fiir mich bestimmt hast.cc

I>och es ist nicht r iur die Schwierigkeit der MRterialbeschaffting, welche die Arisdauer der Freunde a u f die Probe stellt. Die Arbeit iiimmt irnmer griifsere Proportionen ail. Die %ah1 der in den stu- dirteii Reactioneii entstehenden Harnsaureabkommlinge mehrt sich von Tag zu Tag, die Aiialyseri sind kaum mehr zti bewaltigen. Wir mussen es uiis versagen, auf die zahlreichen Briefe einzugeheii, welche W i i h l e r und L i e b i g uber die Harnslurearbeit gewechselt haben. Wie es bei einem derartigen Feldzuge nicht anders sein kann, sind in vielen dieser Rriefe nur geringe Fortschritte verzeichiiet, nicht selten

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auch zeigt es s ich, dass die Beobachtungen fehlerhaft gewesen sind und wiederholt werden rniissen. Die unerrniidlichen Forscher sind gleichwohl schon etwa nach cJahresfrist in der Lage, die Arbeit zu einem A4bsclilusse ZII bringen.

Die Untersuchurigen iiber die Natiir der Harnsainre rs) erscheinen irn Laufe des Jahres 1838, aber noch geraurne Zeit nach Veroffentlichung derselben kornrnt der Briefwechsel wiederholt auf die Harnsiiure zu- ruck. und gerade unter dieser? spiiteren Briefen finden wir einen von W o h l e r . der wieder unsere ganze Theilnahme in Anspruch nirnmt.

Im Anfange des Jahres 1839 schreibt

F r i e d r i c h W o h l e r a n J u s t u s L i e b i g : G i i t t i n g e n , 2. Februar 1839.

Ich habe einen neuen Weg eingeschlagen, urn der Harnsaure beizukornmen. Ich erhitzte sie rriit Wasser in einer zuge- schrnolzeiicn Hiihre bis zu 2000. Es geschah in dem Kasten des Oelbades. Hei 200° hatte sie sich zii einer vollkornrnen. klaren, gelberi Fliissigkeit aufgelost. Bis zii etwa 20" abgekuhlt, triibte sie sich und gestand allrniihlich zu einer gelblichen, durchscheinen- den Gallerte. Beirn Abschnciden zeigte sich, dass sich nichts Gasfiirmiges gebildet hatte, und dass sich d r r Inhalt im Ganzen wie rnykomelinsaures Animoniak verhielt. Wie Du siehst, stirnrnt dies riicht niit tinserer Forrnel fiir die ililykornelinsaure.

Rei einem zweiten Versuch explodirte die Rohre rnit furcht- barer Gewalt, so dass die obere Wand des dicken, kupfernen Oclbades ganz concitv gebogen wurde. Ich sinne nun darauf, mir zu solchen Versuchen eirieri Apparat vo~i Metal1 ntachen zu lassen.

Hei dieser Gelegenheit bin ich auf die Idce gekornmen, auch andere Substanzen auf diese Art zu behaiideln. Indigo anderte sich bei 200° nicht, auch Terpentiniil nicht, dagegen loste sich Morphin vollstlndig auf unter Abset.zung einer fast zinnoberrothen Substam, und b & n Erkalten schossen ziemlich grosse, rot.hgefarbte Krystalle an . Muss nalier it.udirt werden.

D e r Inhalt dieses Hriefes ist gewiss VOII allgenieinstem Interesse, denri wir erfahren, dass W i i h l e r die Wisseiiscl:aft, wie init Y O vielen anderen Verfahrungsweisen, auch niit der so f'rurlitbrin~c.nden Methode des Studiums der Kiirper bei hohctr Temper:ttur ntit.er Druck as) be- schenkt hat.

Dem Verfasser dieser Skizze kann es nicht i n den Sinn kornmen, die dcnkwiirdige Harnsiiure - Untersuchung hier irn Einzelrien zu ver-

llerielite d . 1). chem. OcsellscLnft. Jshrg. XV. 20-1

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folgen, er darf aber auch nicht an dem reichen Inhalte derselberi ge- radezn vorbeigehen. Als die Freunde ihre Albeit begannen, lagen brrcits wert.hvolle k’orschurigen iiber die Hamsanre vor. L)iesey merkwiirdige Kiirper war schoii im vorigc.11 Jahrhundert (1 i 7 t i ) yo11

S ch e e 1 e in thierischeii Concretionen und spiiter irr l Me11schenl1;crri t:nt-

deckt worden. Spl‘iter tinttcii F o o r c r o y und V a u q u e l i n seilie Au- wesenheit in deli Vogelcxcrernenten und ini Guano riachgewicAsen, ; i h

erst i n dein zweiten Deceiiniuni iinserrs Jahrhunderts Iehrte W i l l i a m l’roii t , damals ein Jiiiigliiig von 19 Jahren. die Quelle kennrri. welche uns heute die ITarrlsCule liefert, iiideni er zeigte, dztss das festc: Excrement der Schlange bis zu l’/lo scbiiies Gewichtes ari dieser Saure enthiilt. Schlaiigenexcreinent w a r indesseri danials nocli kein sooder- lich zugiiriglicher Artikel; der Menngerim , in deneii grosse Schlangen gezeigt wiirdeii, wareii nur weiiigc, und selbst noch im Jahre 1823 widmet ilim Van qi ie liii als einer hiichst stlteneii M‘laterie eineri beson- dereri Aufsatz in den Annales de ChihLie e t Z’hysiqite. Gleichwohl war die Elarnsiiure bereits mehrt’ach Gegenstand der Untersuchiing gewescn; W i l l i a m H e n r y hatte HIIS dereelben diirch Destillation die 1’yroh;trn- saure gewonnen, welche, wie wir bereits geseheri haben, von Wii h l e r iund L i e b i g mit der Cyansiiure identificirt worden ist; Rrugrl:it e l l i und Pro t i t hntten 18 1 S die sogenannte Purpursiiure, das Iieutige Murexid, aber nur im unreinen Znstande, keiineii gelehrt; endlich hattc 13 r u g n a t e 11 i auf eiiie eigenthumliche, aus der Harnslure durch Oxy- dation entstehende, losliche Substanz , VOII ihm mit dem Naineii Ery- tlirinsRiire bezeichnct. aufrnerksam geniacht. Dieser Kiirper war aber riicht riaher nntersucht worden, und seine Reziehiing z u r Harnsaure war, aach nachdem I, i e b i g im Jahre 1834 die Zusammensetznng der Harn- siiure festgest.ellt hatte, viillig unbekannt geblieben.

Dieser Cnerforschthcit. ist, es zuzuschreiben , dass die Harnsinre damals weit mehr das Interesse der Physiologen als der Cheniiker in Arispruch nahrn. W o h l e r nnd L i e b i g ’ s Versuche zeigten aber alsbald, dass es kaum einen zweiteii KBrper giebt, welcher in gleicheni Maasse wie die Harnsaure die Aufiiierksamkeit auch der chern ischen Forscher zu fesseln vermochte. Ein chernischer Proteus in des Wortes vollster Bedeutung, erleidet die Harnsaure bei der Ueriihrung mit andercn Subst.anzen cine Rcihc der seltsainsten Metamorphosen, deren ~Tntersuchung cine Eriite vnii Thatsachen gezeitigt hat , wie sie \-on alinlicher Fiille kaum wieder auf einem einzigen Felde der Forschung gewonnen worden ist. N c h t wenigcr als sechszehn neiie K6rper wiirden dem luftigen Fachwerk der orgariischen Chemie durch diese Vntersuchung eingefugt. h b e r es ist nicht die %ah1 der neuen Kiirper, welche der Arbeit ihreri Werth verleiht, es sind die Neuheit dieser Kiirper , ihre Eigenart.igkeit, ihre Verschiedenheit voii allen bereits bekannteii Materien und zunial die durchsichtige Darlegung ihrer Be-

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ziehungen zu einander, welche dieser grossart.igen Schijpfung onsere Theilnahme stets von neuem wiedergewinnen. Wir staunen, wie es zwei Forschern, - hoch, wie wir ihre Arbeitskraft anschlageri, -- biniien kaum mehr als Jahresfrist miiglich war, die auf niehr als hundert Seiten der Annalen verzeichneteii Versuche zu bewlltigen. End, wohl ver- standen, die subsequentc Forscliung eines halben Jahrhnnderts hat ari den dort niedergelegten Ergebnisscn kauni etwas geandert; keiner der dort beschriebenen I<ijrper ist von der Scene verschwundeii, die For- meln nor ganz weriiger haben eine leichte. mehr durcti dt:n Fortschritt der theoretisch'en Auffasungen als durch die Analyse veranlasste Ver- anderung erfahrrn. 13s wiirdo schwer sein, der Sorgfa.lt und Um- sicht der Forscher in Anstellung der Versuche, ihrer Schiirfe und Aus- dauer in Beobachtung der Erscheinuiigen, ihrrr Siichternheit und Ge- wissenhaftigkeit in Deuturig der Beobachtungeii ein gliinzenderes Zeug- niss auszustellen.

Fragen wir nuii noch sch1iesslic.h nach der Met.hode der Forschung, so bestand dieselbe im Wesentlichen aus einer Combination von Oxy- dations- und lteductioiisprocessen. Salpetersaure ist das Agens wel- ches die umfassrndsten Resultate liefert. In wechselnder Starke und bei verschiedenen Teniperaturen in Anwendung gebracht, bedingt sie die mannichfaclisten Cmbildurigen der Harnsaure. Unter den Oxydationspro- ducten begegnrn W o h l e r und. L i e b i g gar niancliem alten Hrkannten; es ist nur niithig, an die Oxalsiure: an den Harnstoff und zumal an das' Allantoi'n zu erinnern, welches ja, wie wir wissen, der Ausgangs- punkt der ganzeii Untersuchung gewesen ist. Aiidererseits trefferi sie mit den Verbindungen zusammen , welche ihre Vorganger bereits in Handen gehabt haben, ohne dass ihre Xatur ermittelt worden ware. Zunachst zeigen sie, dass B r u g n a t e l l i ' s sogenannter Erytlirinsaore die Eigenschaften einer Slure abgehen. Das Alloxan, so nennen W i j h l e r und L i e b i g diesen Kiirper, entsteht aus der Harnsiiure durch Aufnahme eines Mol. Wasser und eines At. Sauerstoff unter Ab- epaltung eines Mol. Harnstoff. Die weitere Oxydation des Alloxans mit Salpetersaure liefert Parabansawe und Oxalursiiure. Durch Schwefelwasserstoff entsteht aus dem Alloxan unter Absdheidung von Schwefel Alloxantin. Schweflige Saure andererseits venvandelt dasselbe in Thionursaure, welche durch Verlust der Elemente der Schwefelsaure in Uramil iibergeht. Alkalien bewirken die Um- bildung des Alloxans in Alloxansaure und schliesslich in eine durch die Einfachheit ihrer Zusammensetzung ausgezeichnete Verbiiidnng , in Mesoxalsaure. Einer der interessantesten Harnsaureabkiininilinge ist die von P r o u t und B r u g n a t e l l i bereits beschriebeoe Purpursaure, welcher W o h l e r und L i e b i g den .Namen Murexid beilegen. Wir verdanken den vereinteii Forschern die erste Analyse dieser schijnen Materie, zumal aber eine sichere Darstellungsmethode derselben , SO

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dass die tiiictorialen lndustrieii iiicht lange ziigerten, sich dieses Farb- stoffs zu bemachtigen, indeni sie von dem Guano als Rohproduct aus- gingen. Die Tage dieser neuen Indristrie waren indessen gezahlt; schon tnuchten die crsteii AnilinfarbstolYe auf, deren schrielle Entfal- tung dcr ephemereri techiiischen Laufbahn des Murexids sehr bald eiiie Grenze steckte.

Wir niijchten voi i der beriihmt.eii FIarnsLurerintersuchung nictit Abschied iiehmen, oliiie einige Worte aus der Kirileituiig derselben zu citireii, welche erkennen lassen, wie klar sich die Urheber derselben der synthetischen Richtung , welche die organische Chemie seit jener Zeit init solchen Erfolgeii eingeschlagen hat , schori danials bewusst gewesen sind :

))Die Philosophie der Cheniiecc, sagen W i i h l e r u&d L i e b i g , ))wild aus dieser Arbeit den schluss ziehcii, dass die Erzeugung aller norganischen Materien, in so weit sie nicht mehr deni Organismus an- ,gehiireii, in unseren Laboratorien nicht allein als wahrsclieinlich, son- ))dern als gewiss betrachtet werden muss. Zucker, Salicin, Morphin ))weden kuristlich hervorgebracht werden. Wir kennen freilich die aWege iioch nicht, auf deneii dieses Endresoltat zu erreichen ist, weil ,uns die Vorderglieder unbekannt sind, aus denen diese Materien sich ~)entwickeln, allein wir werden sie keiineri lerneri.(c

Urid niin folgen in unabsehbarer Rrihe die mannichfachen Ar- beiten, welche der Giittinger Periode angehoren. Sie sind ziim griisseren Theile vori W o h l e r selber ausgefuhrt, - cainige derselbcn hat er gemein- schaftlich mit L i e b i g oder sndern Freunden sowie mit hervorragenden Schulrrn veroffentlicht. Wer heute die Summe dieser Schopfungcn iiber- blickt, der ist ztinlchst. uber die Versc1iiedi.iiartigkeit der Grgenstiinde erstaunt, welche in biintester Abwechselring das Interesse des Forschers in Anspriich iiehnieii. Noch ist die Arbeitstheilung nicht eingetreten, welclio die Gegenwart charakterisirt. W i ih le r hat, wie kaum ein Anderer in iieuerer Zeit, das Gebiet der aiiorganischen Chemie seinem ganzcn Umfange nach angebaut; kaum ein Element, gehore es zu den allbekanriten oder z u den Saturseltenheiten, welches ihm nicht durch die I l inde gegangeii w8re. h u f diesen ISntdeckiiiiSsfitlirteli hat e r begreiflich arich Vielrs gesaminelt , was der chernischeii Erkemitniss der Mineralien, was der analytischeii Methode zu Gute gekomnieri ist. Siclit rninder rimfassend sind seine Untersuchungen auf dem Pelde der organischen Verbindungen welclies er seiner ganzen Linge und Breitt: i1:ic.h durchmesseii hat; auch die physiologische Chemie ist iiicht leer aasgegangeii. Der reiche wissenschaftliche Erwerb dieses Forscherlcbens hat aber auch scAion die Zeitgenosseri init freudiger Uewuiideriing erfiillt. %lit Riilirung lesen wir, was der alteriide H e r z e l i u s iiicht lange vor seinein Tode den] in der Vollkraft der .Jahrc sdiaileiiden Freiiiide schreibt :

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S t o c k h o l m , den 13. October 1844. Gleich einem alten herrschaftlicheri Kntscher, der selbst nicht

mehr fahren k a m , sich aber freut, wenn er das Knallen der Peit- schen anderer hiirt, macht es mir eine sehr grosse Freiide, die Arbeiten aus Euren Laboratorien zu lesen. Arbeitet nur immer fort, so lange Ihr kiinnt, denn Ihr wisst nicht, wie weriig der Mensch wird, wenn er zu altern anfkigt.

Anderc Oedanken weckt der Strom voii Wii hler’s gliinzeiiden Entdeckungcn im Geiste Liebig’s . Hci ihm ist es nicht d:is Gefiihl der erlahmeriden Schiipfungskraft, welches diese Hetrachtungen veran- lasst, wohl aber das Uewusstsein, eine Bahn, auf welcher der Lorbeer bliihte, vertauscht zu haben mit einem Arbeitsfelde, auf welchem die Aussaat von Dornen iiberwuchert erschei~it. Mit lebhafter Sympathie erfiillen uns seine Briefe aus der zweiten Hllfte der fiinfziger Jahre.

So schreibt er am 15. April 1857:

Mi inchen , 15. April 1857. Deine Hriefe vom 5. und 15. heimrln mich an wie ein Mar-

chen aus alten Zeiten; das ist das alte Feuer nnd die Jugend, und Jahre, die vergangen, und ‘L’iine, die verklungen sind, steigen vor rnir auf und versetzen mich in die bliihenden Tage unseres freudvollen nnd neidlosen Zusammenwirkens. Du hast Dir den reinen Sinn bewahrt und schaffst Dir inimer sich erneuende Ge- niisse; ich aber komme rnir \-or wie ein Abtriinniger, wie ein Renegat, der seine Religion aufgegeben und keine mehr hat. Icli habe die Bahn der Wissenschaft aufgegeben, und in meinem Remiihen, in der Laridwirthschaft und Physiologie etwas zu niitzcn, wllze ich den Stein des Sisyphus: er flllt rnir immer auf den Kopf zuriick, und ich verzweifle manchmal an der MSglich- keit, ihm einen festen Boden ZII schaffen. Das Bor und die aiideren neuen Dinge gehoren zu Deinen schiimten Sachen.

und wieder am 25. November desselben Jahres:

Mi inchen , 25. November 1557. Ich bewnndere Dich und Dcine schiinen Arbeiten, wie gliick-

lich bist Du in Deinern Gebiete! D u bist Blter als ich, und ich bin weit stumpfer wie Du; Du kommst rnir in Deinen Arbeiten vor wie der Mann in dem indischen Mlrchen, atis dessen Munde, wenn er lachte, Itosenstrausse fielen; ich bin rnit den Landwirthen von dem Schicksal vcrdamrnt, Wasser in das Fass der Danai’den zu trageri: Alles, was ich thun mag, ist vergeblich, ich miihe mich ab und zehre mcine besten Krlfte auf. ohne cirieii Erfolg zu haben.

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Dem Verfasser dieser Skizze liegt die Absicht ferne, die grosseit Errungenschaften des Giittinger Forachers a11 dieser Stelle im Einzelneii zu besprechen. Solches Reginnen wlre gleichbedentend mit dem Ent- schlusse: eiri Compendium dcr Chemie zu schreiben. Er kann es sich aber glcichwohl riicht versxgen, diese Arbeiteii wetiigstens irn Pluge an dem Leser roriiberziehen z u lassen, denn n u r so wird derselbe im Stande sein, das frachtbare SchatTen Wii h l e r ' s gebuhrend zu w iirdigeri.

Betrachten wir also ziinachst die Erfahrruigen. welche er ill der anorgxniscllen Chemie gesarnmelt hat ~ indem wir mit seinen Arbeiten uber die riiclit.rnetnllischem Elemente beginnen.

Da begcgneii wir denn alsbald einer sehr bemerkenswerthen Beob- ac,htuilg. Bezuglich der Saiierstoffentwickelung, welche bei der gegcn- seitigen Zersetzung von W:isserstoflF- und Maiigatisuperoxyd " ) in sau- rer Liisiing crfolgt, Ichrt iins W o h l e r , dnss das anftretende Gas zur Hiilfte ron dein einan. zur Illlfte voii dem atidern Superoxyd gelie- fert wird. -. Die Einwirkung von naaceritein Sauerstoff, wie er im Kaliuntperiiiangariat zur Verfiigung steht, auf Amrnoniak liefert reich- liche Mengen roil salpetriger Sailre 5l). - Urn in eiiifachem Vorlesungs- versiiche die Wasserbildung s2) h i der Verbrennuiig des Wasserstoffs zu zeigcn , werden die Verbrennungsgase durch ein kaltgehaltenes U - Rohr aspirirt.

Schwefel und seine Verbindungen sind zu wiederholten Malen Gegenstand der Untersuchung. Zunlchst wird bei der Wechsel- wirkung zwischen concentrirtern Eisenclilorid und Schwefelwasser- stoffwasser die Abscheidung blauen Schwefels 5a) beobachtet. - Die Verbindungen des Schwefels anlangend , beschaftigte sich W ii h 1 e r mit dem farblosen, krystallisirten Schwefelwasserstoff hydrat 5i), wel- ches , dern Chlorhydrat analog ausserst iristabit , bei gewiihnlicher Ternperatiir iiur unter st.arkem Druck existenzfahig zu sein scheint 55)),

- sodann ntit dem Chlorschwefel, dessen Verhaltcn zu den Ele- menteri Arseri, Antimon: Ziriri 56) und Phosphor 57) gepriift wird: die drei erstgenannten gehen dabei in Chloride, der Phosphor zum griissteti Theil in Phosphorsulfochlorid iiber. - Wie schweflige Saure leicht zii verflussigen ist, lehrt urts ein hiibscher Vorlesungs- versuch "R); itiit den1 Zerfalle derselben in Schwefelsaure und Schwe- fel durch Wasser 59) bei 200" sind wir durch schon fruher ron ihin angestellte Versuche bekannt geworden, wahrend wir fur ihren Uebergang in Schwefelsiiure durch Sauerstoffgas 6") bei Gegenwart ge- wisser Contactsubstanzen wie Kupferschwarnm, Kupfer-, Chrom- odcr Ca.lciumchlorid durclt das aiialoge Verhalten gegen Platin vorbereitet sind.

Des Schwefels haufigen Begleiter, das Selen, isolirt W o h l e r aus dem Selettblei61), indem er aus Ictzterern mittelst Pottasche und Kohle

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Selenkalium bereitet und die Liisnng an der Luft stehen 1Eisst; - durch Einwirknng des %inks auf selenige Siiure @) erhalt e r ein gelbgefiirbtes, saures Zirikselenit (wlihrend %ink iind schweflige Ski re dithionige Saure geben), - aus Ammoniak endlich und Selenchloriir gewinirt er hellrothes, explosives Stickstaffselen63).

Ihziiglich der dreiwerthigeii ?rIetalloi’de mag liier zuniichst einiger Notizen iiber den Phosphor gedac.ht werdrn. 13rauii gewordrner Plios- phor llisst sich ohne Schwierigkeit durch Behandlung mit Kalium- bichromat. und Schwefelsaure eiitfarl)en 64) ; - bei llingerer Beriihrung von Knochenpulver rnit Wasser gehen die Phosphate dcs Calciums und Magnesiunrs in Losung65).

Von griissereni Umfiinge sind die schiiiieii Uiitersuchungen, welche er gerrieinschaftlich mit I l e n r i S a i n t e - C l a i r e D e v i l l e , der zu diesem Zwecke nach Giittingen gekommen war, iiber das Bor66) aus- gefuhrt hat. Beim Schinelzeii von Aluminium mit Borsaure im Kohlen- tiegel werden diamantharte, kohlenstoff- (diamant-‘!) haltige Rorkrystalle vom Volumgewicht 2.68 gebildet, zuniichst in einein Regulus von Aluminium eingebcttet , der sich aber durch geeignete Liisuiigsmittel entfernen lasst; eiri graphitfiirmiges Bor 6’) , welches durch Einwirkung von Aluminium auf Rorfluorkalium entsteht, erwies sich spater als cine Verbindung ron 2 heq. Ror mit 1 Aeq. Aluminium; - hat man beim %usammenschmelzen voii Aluminium niit HorsLure letztere in grossem Ueberschusse. angewendet, so entsteht das amorphe Bor. Beim Gliihen in Stickoxydgas verwandelt sich dieses letztere in das von B a l m a i n entdeckte Stickstoffbor”), welches sich jedoch weit bequemer durch Gliihen eines Gemisches von Borax rnit Salmiak69) gewinnen liisst. Mit. Natriumcarbonat geschmolzen geht das Stickstoffbor glatt in Natriomcyanat und -borat iiber; rnit Alka- lien gekocht verwandelt es sich in Ammoniak und Borslure. - An die Bildung des Stickstoffbors und seine Zersetzungen kniipft W i jh le r hochst interessante Betrachtungen an. Unt.er dem 9. December 1857 schreibt er an L i e b i g :

G i i t t i n g e n , 9. December 1857. Das gleichzeitige Vorkommen von Ror und Ammoniak im Vul-

can von Volcano und das der Borsaure und der Ammoniaksalze in Toscana konnte rnit der Existenz von Stickstoffbor im ZU- sammenhange stehen. Ror verbindet sich direct rnit dem Stickstoff der Atmosphlre. Stickstoff bor ist hijchst indifferent und feuerbestandig, aber mit Wasserdrrmpf bildet es RorsLure und Animoniak, also mit Meerwasser Salmiak. Man hat dahcr in dem Bor ein Element, durch das der Stickstoff der Atmosphire in Ammoniak verwandelt und in die lebende Natur iibergefiihrt wcrden konnte.

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Analoge Stickstoffverbindungen des Wolframs und Molybdans ‘O)

lassen sich durch Wechselwirkung zwischen Salmiak und den gliihenden Dampfen der entsprechenden Chloride erhalten. - Die beiden letzt- genannten Elemente haben W o h l e r zu verschiedenen Malen beschaf- tigt, nnd die zerstreuten Beobachtungen, welche er iiber dieselben mitgetheilt hat, mijgen hier anhangsweise aufgefiihrt werden: Metallisches Wolfram und Molybdan 71) werden durch Erhitzen der entsprechenden Chloride rnit Wasserstoff erhalten, - krystallisirte Molybdlnsgure 72)

lasst sich durch Riisten von Molybdanglanz im Glasrohr bereiten, - metallglanzende, krystallisirte Phosphorverbindungen des Molybdans 73) beziehungsweise Wolframs 74) werden in den Drusen der Schmelzen von Molybdan- beziehungsweise Wolframsaure rnit kalkhaltiger Phos- phorsaure beobachtet. - Durch Einwirkung von Ammoniak auf Wolframchlorur beziehungsweise Wolfranlsaure entstehen eigenthiim- liche, schwarze Amidverbindungen des Wolframs 75); - an anderer Stelle zeigt e r , dass sich Wolframoxyd im Wolframmineral nach- weisen lasst, wenn man letzteres im Chlorstrom ?6) erhitzt, wobei Wolframoxychloriir entsteht , wahrend Eisen und Mangancarbonat in Chlor- und in Sauerstoffverbindungen iibergehen. - Und da hier von saurebildenden Metallen die Rede ist, so sei noch der hngaben W 6 h l e r ’ s iiber die Eigenschaften der Tantalsaure 77) gedacht, welche fir deren Abscheidung und Unterscheidung von der Titansaure von einiger Wichtigkeit sind.

Auch die vierwerthigen Metalloi’de sind vielfach Gegenstand von W o h l e r ’ s Untersuchungen gewesen.

Sehr eingehend hat er sich zumal mit dem Silicium beschaftigt. Wie die Isolirung des Bors wird auch die Daratellung krystallisirten Siliciums 78) mit Hiilfe des Aluminiums bewerkstelligt. Man lLsst das Metal1 aufFluorsiliciumkalium oder besser79) auf ein Gemisch vun Wasser- glas und Kryolith einwirken ; aus dem urnhullenden Eegulus befreit, stellt das Silicium undurchsichtige , metallglanzende Blattchen vom Volumgewicht 2.49 dar.

Unter den Verbindungen des Siliciums beansprucht das gemein- schaftlich rnit H. B u f f entdeckte , selbstentzundliche Siliciumwasser- stoffgas unsere besondere Theilnahme. In dem Briefwechsel finden wir die naheren Umstande angegeben , unter denen diese merkwiirdige Entdeckung gemacht worden ist. Am 5 . Mai 1856 schreibt W o h l e r an L i e b i g :

G i i t t i n g e n , 5. Mai 1856. Ich habe mehrere angenehme Tage in Giessen zugebracht, n u r

D u fehltest dort. Ich wohnte bei B u f f und hatte mehrere Barren Aluminium, die ich von D e v i l l e hatte, mitgebracht, weil R u f f rnit Versuchen uber seine elektrische Leitungsfahigkeit be-

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schaftigt ist. Er zeigte mir die curiose Thatsache, dass es in rer- diinnter Schwefelsaure am + Pol Sanerstoffgas entwickelt. Ich schlug ihm vor, statt, der Siiure eine Kochsalzlosung zu nehmen. da entwickelte es am + Pol ebenfalls eiri Gas, von dem sich grossere Hlischen von selbst entziindeten wid sehr heftig explo- dirten. Wir guckten uns verwundrrt an ond schritten zur Da.r- stellung grijsserer kiengen dieses Gases, das durch den elektrischen Funken riicht verandert wnrdt , aber bei Zulassong riner Luft- blase niit rother Flanime heftig explodirte. T h ich wusste, dass das Aluminium Silicium entlialt, so lag es nah zu verniuthen, dass das selbstentzundliche Gas Siliciumwasserstoffgas sein miisse. Dies wurde sogleich dadurch bestatigt, dass es, durch eine gliihende Rijhre geleitet, die Selbstentziindlichkeit verlor und einen braunen Spiegel von amorphem Siliciiim absetzte.

h b e r erst zwei Jahre spater sl) wird die Methode aufgefiinden, nach welcher wir heute den Siliciiimwasserstoff darstellen. Am 12. Juni 1858 schreibt W i i h l e r an L i e b i g :

G B t t i n g e i i , 12. Juni 1858. Das Siliciumwasserstoffgas habe ich nun in der Gewalt. Es

ist leicht, es in beliebiger Menge darzustellen rind in den Vor- lesungen zu zeigen. Die Veranlnssung dazu gab ( C a r I A 1 e x a n - d e r ) M a r t i u s , den ich Magnesium. reduciren liess, und der zu- fallig etwas von der Schlacke in Salzsaurc warf und beobachtete, dass sich die Gasblaschen entziindeten. Es ist eine Verbindung von Magnesium mit Silicium, die in Salesarire das Gas entwickelt. Obgleioh es offenbar [nit vie1 freiem Wasserstoffgas gemengt ist, so explodirt es doch mit. grosser Gewalt und weissem Licht. Die Blasen bilden ganz dieselben Ringe wie das Phosphorwasser- stoffgas.

Die in dem Briefe erwahnte, Silicium und Siliciuminagnesiom enthaltende Schlacke wird durch Schmelzen von Chlormagnesium, Fluorsiliciumnatrium und Kochsalz gewonnen. Das Siliciumwasser- stoffgas giebt mit Palladirimsalzen eine Fallung von Palladium, wahrend es in Silber- resp. Knpfersalzeii eine Abscheidong der entsprechenden Siliciummetalle, d. 11. Siliciurnsil1)cr (nrben Silber) resp. Siliciumkupfer, hervorruft. - I>ergleicheii Siliciuriimetalle hat iibri- gens W o h l e r auch noch auf anderem Wege, riamentlich mit Hiilfe von Alkalisilicat, herrorgebracht.. So erhiilt er z. B. Silicinmmnngan @), einen schwarztn. npriidcn Korper, durch Einwirkung von Wnsserglas und Xatrium auf Fluormarigan und IZryolith oder auf Nat.rinmmangan- chloriir und Flussspath; - in ahnlicher Weise gewirint er Siliciumcalrium, graphitartige, cylindrisclie Saulen, indem er Natrium und Chlorca.lcium

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rnit Floorsiliciumkaliutn s3) oder auch rnit krystallisirteni Siliciom 84)

erhitzt; diese Calciutnrerbindolig verwandelt sich mit coriceiitrirter Salzsiiuro iii gelbes Silicon, welches Metallsalze reducirt, rnit Alkalien in Wasserstof und Kiesrlslurc zc>rfSllt ntid tlarch Liclit und 1,uft in das farblow Leukon iilergelit; durch Einwirkung von schwefliger Siiurc mit Salzsiiure entsteht aus dern Siliciumcalcinm eilive explo- siye , schwefelhalt,ige Substatiz. - Der vereinigtrn Thiitigkeit vori Wijl i lrr iind B u f f verdankclt wir fernw die Kenntniss me1irerc.r ITa- logerirerbiudnrig~n '>) des Siliciuins, wvelche beinr Gltihrn ron Silicium in Hdogenwa~serstoR auf t rcten ; so werdeti der Silicinnicliloriirclilo~wasser- stoff' rom Siedepurikt 4 Y iiiid in analoger Weise die entsprechend ZIP

sammengesetzte Hrom- resp. Jodverbindung bercitet, roil deneii erstere als eiiie farblosct, rsuchende Fliissigkeit, letztere als eiiie dunkelrothe, feste Si11)stanz erhalteii wird; alle drei gebett, rnit Wasser zersetzt., Silicinrn- oxydhydrat, welches walirschcinlich mit dern rorlier genatinten Len- kon identisch ist. Derselbe Kiirpw scheitit bei der huflijsring des Roh- eisens s6) als Riickstand zu bleiben, er wurde bekaniitlich friiher R7) fiir w:tsserstoKlialtige Kohle aiigesehen. - Man kann sich denken, in wie h o h m Glade diese neuen Siliciomverbindun~eii das Interesse Wi ih l e r ' s in Anspruch nchmen mussten. C'iiter dern 2 5 . .Juni 1863 sclireibt er :in L i e b i g :

G i i t t i n g e i i , 25. Juni 1863. 1ch lebe ganz im Laboratoriunt , bescliliftigt rnit dmi neuen

Siliciumkiirper, der aus dem Silicium-Calcium entsteht, ond der in reiiiem Zustande tief orangegelb ist. Ich werde immer mehr da- w n iiberzeugt, dass er nach Art der organischen Korper zusain- niengesetzt ist , worin der Kohlenstoff durch Silicium vertreten ist. Auch seiri ganzes Verhalten ist analog. Im Dunkeln, auch ini Wasser, bleibt er ganz unverhdert , :her im Sonnenschein entwickelt er , wie bei eincr Giihrung, Wasserst.offgas und wird schneeweiss. IXeses weisse Zeug verhglt sich danii vollkornmen wie das f'riher beschriebenc Siliciumoxydul, das aber gewiss kein Oxydulhydrat sein kann. Uei der trockenen Destillation rerhalt sich das gelbe S i l i c o n , wie ich es nennen will, wie ein orga- nischer Kiirper. Man erlililt Wasserstoffgas , Siliciumwasserstoff- gas, braunes amorphes Silicium (entsprechend der Kolile) und Kieselsaure (entsprechend der Kohlensaure).

.Jedermann weiss, in welchem Umfange sich diese Speculationeit durch die subsequeiite~i Forscliuitgeii von F r i e d e l rind L a d e n b u r g bestatigt habeit: insofern sich die durch die Einwirkung von Salzsaure auf Silicium entstehende Verbindung als das Chloroform der Silicium- reihe, das aus der letzteren diircli Alkali gebildete Product als das Anhydrid der Siliciurnameisensiitire erwiesen hat.

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Noch mussen wir, ehe wir vori den Arbeiten Wiihler's uber das Silicium Abschied nehmen, des Stickstoffsiliciums **) gedenken, welehrs er gemeinsam rnit D c v i l l e niitersncht hat.. Es lasst sich sowohl durch Einwirkung von Ammoniak auf Chlorkiesel wie durch Gluhen von krystallisirtern Kiesel bt=i T;uftzut.ritt R9) erhalten.

Dem Siliciiini stellt sich iiach C'ntersuchungen von Wi ih le r und D e v i l l e , wie in vielrn aiideren Heziehungen so auch in der Fahig- keit St ickstoff~erbindi i i i~~~ii zu bilden, das Titan an die Seite, nur scheint das Bestreben, solche Verbindungen zu erzengeii, bei dem Titan noch vie1 starker als bei den bisher betrachteten Elenienten. Elemen- tares Titan liisst sich beispielsweise stickstofifrei nur dann erhalten, wenn man gluheiides Titanflnorkalium unter sorgfiiltigem Luftabschloss im Wasserstoffstroni mit NatriuriidCmpferi in Berutirung bringt. - Der Titaristickstoff~erbi~i~urigen !'I) rxistiren mehrere: sie entstehen unter verschiedenen Bediiigungen : zumal g2) bci Eiiiwirkiing ron Ammoiiiak oder Salmiak auf Titanchlorid , und Iwsitzen eirie dunkelviolette Farbe r c q . Kiipfer- oder Goldglariz; eiric etwas complicirtere Ver- bindung. niimlicli CyArititanstickstofftitan: eiitsteht, weiin eirie Mischung r a n Titansiiure und Rolile im Stickstofistrom erhitzt wird.

Und hier niussen wir einer kiistlichen , schon einige Jalire fruher gemachten Entdeekung W i i h l e r ' s gedenken; er mag sie UIIS selber erzahlen. Am 9. October 1849 sehreibt er an L i e b i g :

Ich bin iii den letzten acht Tagen sehr fleissig ini Laboratorium gewesen. Ich habe eine selir wriose Eiit,decknng gemacht, woriiber ich Dir hoffentlich in aclit Tagen eine Abhaiidlung fur die Aniialen werde schicken kiirinen. Deiike Dir, dass die schiinen, kupfer- rothen Hohofen-Titaiiwurfel keineswegs reines Titan siiid sondern eine Verbindung von Stickstofltitan Init Cyantitan, die fast 38 pCt. Stickstoff rnthalteii. 1st das iiicht merkwurdig? Man braucht sie nu r mit Kalihydrat zii schnielzen, so bildet sich eine solche Menge Ammoniak, dass Einem die hugen ubergehn.

Werdeii die Wurfel in Chlorgas erhitzt, so gebeii sie eine Menge Titanchlorid-Cyanid in schorieri , gelben Krystalleii subli- mirt, eine Verbindung, die ich unmittelbar aus Titanchlorid und Cyanchlorid erhalten konnte.

R o se's metallisches Titan ist Stickstofftitan. Weriri ich triermit fertig bin, werde ich das Verhalten von

Wolframsiiure urid Molybdarisiiure untersuchen.

Schon wenige Tage spiiter folgen weitere Mittheilungen : G o t t i n g e n , 16. October 1849.

Da I>ir die Entlarvung der Nator der Titanwurfel Spass ge- macht hat, so lasse ich rioch Einiges daruber folgen.

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W-ird das Polver davoii rnit Kupferoxyd in einer Glasriihre erhitzt, so verbrennt es rnit einer so starkeii E’euererscheinung, dass das reducirte Kupfer zu Kugeln schrnilzt. Gliiht man die Wiirfel in Wasserdampf, so bildet sich Ammoniak und eiiie Menge Hlauslure, urid die zuriickbleiberide Titansgure ist krystallisirt nnd zwa.r in der Form voii Anatas. Die Krystalle sirid n u r mikroskopisch, haben aber alle Eigenthiinilichkeiten dieses scltenen Minerals.

Die hnalyse hat in der That gezeigt, dass die Hohofenwiirfel eine Verbindung vim Cyantitan und Stickstofftitan sind 91), welche sich nunniehr rnit Leichtigkeit rind in beliebiger Menge nach dem angege- beneri Verfahren erhalten liess.

Die in den Rriefen fliic.htig angedenteten Thatsachen, nanientlich die Urnwandlung der kripferrotheri Wiirfel durch die Einwirkung des Chlors in Cyarichlorid und ‘~itsnchlorid33) und die directe D;irstellung dieses Doppelchlorids aus den beiden Chloriden hat W 6 h 1 e r spater aosfiihrlich mitgetheilt ; dieses Doppelc.hlorid besitzt iiberdies in dern Cyanwasserstofftitanchlorid 9 r ) ein Analogon. - Gelegentlich seiner Unter- suchungen iiber das Titan beobachtete W o h l e r such nnch das Phos- phortitan g5), eine graue, lialbmetallische Substanz, welche sich aus dem gliihenden 1)ampf von Titanchloridphosphorwasserstoff abscheidet; - ferner lchrte er eine vortheilhafte Methode zur Darstellung reiner Titan- s h r e 96) kennen, welc,he darin besteht, Fhiortitankalium heiss nrit Am- rnoiiiak zii fallen und den Kiedersclilag roil Ainnioniumtitanat zii

gliihen . Wenden wir uns nach dieser fliichtigen Besprechuiig der Unter-

suchungen iiher die nichtrnetallischen Elemente xu deli Arbeiten WB h- ler’s uber die Metalle, so haben wir, rnit den Alkalinietallen be- giririend, zunlclist einiger der vortreff‘lichen Darstellniigsmethoden zu gedenken, welche wir ihnr in so grosser Anzahl verdanken.

Reinea Iialihydrat $7 liisat sicli leicht darcli Schnielzen von Galpeter mit Iiupferblech gcwiniieii, - Kaliiinibicarl~~nat 9s) durch Ein- leiteii voii Kohlensiiure in verkohlteri Weinstein, den m m mit Wasser befeuchtet hat, wobei die Absorption des Gases durch die eingernengt.e Kohle ausserordentlirh 1)efiirdert wird. - Die unausgesetzte Beschiif- tigung irn Laborntorium giebt ihm Gelegenheit, vie1erlt.i Erfahrungen einzusammeln, welche von &it zti Zeit vcriiffentlicht werden. So warrit er vor deli heftigen spontanen Explosionen, welche die bei der Darstellung des Kaliunis99) auftretenden Kebcnprodncte verarilassen kBnneti, - und macht auf den gelegentlichen Gehalt des officinellen Kaliumjodids a i i Joda.t sowie der Phosphorsiiure an Arsenik lUu) auf- merksam.

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1)a.s Repertoir der Vorlesungsversuche wird durch die Beobachtung bereichert, dass Kohlenoxyd und schweflige Saure in Beriihrung mit erhitzteni Rariumsuperoxyd lol) unter lebhafter Feuererscheinung ver- brennen.

Unter den Erdirietallen ist es zumal das von ihm in einer friihereri Periode zuerst dargestellte Aluminium [vgl. Il)], welches sein Lnteresse mehrfach in Anspruch nimmt. Die Verbrennung des Aluminiums lo2),

zumal der Aluminiumfolie lo3), wird durch einen prachtigen Versuch illu- strirt, der in keiner Vorlesung mehr fehlt; - auch werden nachtriiglich noch inaneherlei Beobachtungen iiber Darstellung lo*) mid Eigenschaften '05)

dieses Metalles mitgetheilt und namentlich eine Reilie von Verbindungen desselben rnit anderen Yetalleri beschrieben. - Die Verbindungen mit Chrom1"6), Titan lo'), Wolfram und Molybdan 1''8) entstehen, wenn das Metall beziehungsweise mit Kaliumchromclilorid, niit Titanssure oder Titanchlorid, rnit Wolframsaure oder rriit MolybdBnsiiure, unter Mit- wirkung von Kryolith, geschniolzen wird. Zur Herstellung der Ver- bindungen rnit Maiigan, Eisen oder Nickel I") llsst man Aluminium auf die entsprecheiiden Chlnridr wirkeri. wahrend A l u ~ r i ~ ~ i i u m c a l c . i ~ ~ m ~ ~ ~ ) eiiien Zusatz von Natrium zum Chlorcalcihm erfordert und Alu- miniu~riniagnesiurn lUY) durch Zusammenschrrielzeii der Comporienteii er- halten wird.

Unter den Schwermetallen ist zunlchst das Chrom von W i i h l e r rnit Vorliebe untersucht worden. Die Isolirung des Elenicntes bewerk- stelligt er auf einem neuen Wcge, niirnlich durch Ziisainntensclimelzen d e s Oxyds niit %ink und einer Mischung vnn Chlorkalium und Chlor- natrium; das elenient.are Chroni bleibt nach Aufliisung des Zinkregulus i n krystallinischer Form zuruck. Re; dieser Gelegenheit lernen wir auch die Darstellung des prikhtigen Chromchlorids durch Sublimation eines Gemenges von Cliromosyd nnd Kienruss im Chlorstrom und splterll ') das Chrornbromid kennen. - Durch massige Erwlrmung des Chromacichloriddampfes entsteht eiri magnetisches, schwarzes, nicht krystallinisches Chromoxyd I l 2 ) , welches durch Gluhen an der Luft seinen Magnetismus verliert , wahrend bei hiiherer Temperatur ein schiin krystallisirtes aber unmagnetisches Oxyd gebildet wird.

Metallisches Cerium"3) wird diirch die Einwirkung von Natrium arif eine Miscliung von Ihchsala imd Salmiak mit deni Chloride des Cers erhaltcn. Auf diese Weise wird das Metall, .welches M o s a n d e r nur in Pulverfnrm kannte , in eisen- beziehuiigswdse bleiahnlichen Kugeln vom Volumgewicht 5.5 gewonnen j als Webenproduct tritt dunkel purpnrfarbenes Ceroxydulchloriir auf.

Zur Darstellung von FerrunL pulaeratum 114) empfiehlt W 6 h l e r trocknes Ferrooxalat oder das schwarzrothe, krystallinisch(: Eisenoxyd, welches durch Gliihen von entwassertern Eisenvitriol init Kochsalz er-

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ha.lten wird, im Wasserstoffgas zu reduciren; - als neues Eisen- praparat 115) wird das braunschwarze Eisenoxyduloxydhydrat beschrieben, welches beini Vermischeii von Ferrosulfat mit Animoriiak niederfallt; - das wasserfreie Eisenchloriir 116) eiidlicli karin leicht durch Ilcduction von Eisenchlorid im Wasserstoffstroni erhalten werdeii.

Uraiioxydul lasst sich bequem gewiniieri, wenn die Liisung von Uranoxydamnioniak in Salzsiiure zur Trockne verdampft und , mit Kochsalz und Salmiak vemiischt, gegliiht wird; wenu W i j h l e r das aof diese Weise entstehende scliwarze krystallinische I'ulver fur me- tallisches Urari"') arispricht, so verclient benierkt zii werden , dass P e l i g o t 's urnfasseiide Untersuchuiigen iiber das Uran damals noch nicht zuiii Abschlusse gelangt waren.

Die Kenntniss der Manganverbindungen wird durch die I3eob- achtnng vermehrt. dass Hraunstein mit Satriumnitrit, bei Luftabschluss geschmolzen, keine Spur Natriummangannt liefert l18); - beirn Ziisammen- schmelzen von Rrannstein init gebranriten Knochen, Quarzsand urid Kienruss wird I 'h~sphorniangari~~) gebildet. - Und wenn wir in unse- Ten Vorlesungen beini Uebcrgiessen von I-'ermariganatkrystallen mit concentrirter Schwefelsiiure unt.er lebhaftcr Fenererscheinnng eiue braune Wolke in die Luft aufwirbeln sehen, so wollen wir tins da.ran erinnern, dass Wii h l c r diese Reaction, - Zerlegung der freien Ueber- mangansaure in Superoxyd und Sauerstoff 53), - zuerst beobachtet hat.

Voii ihm erfahren wir auch, dass das Blei am negativeu Pol bei der Elektrolyse von Rleinitrat in Gestalt kupferrother Bllttchen 119)

aiisgeschieden wird, - rind dass sich beim Einleiten von Chlor in eine mit Soda versetzte Rleiliisurig Bleisuperoxyd 12") bildet; - er lehrt. ferner ein Rleiammoniumsulfat 121) urid eine atomistische , gelbe Verbindung von Silberoxyd utid Rleioxyd la2) bereiten.

Metallisches Thallium wird nach W o h l e r unmittelbar durch Schmelzen des Chloriirs 123) mit, Alkalicarbonat und Kohle oder durch Elektrolyse des Sulfates124) erhalten; - auch hat er uns die Darstellung und Zusammensetzung des zinnoberrothen Thalliumeisenchlorids 1 2 5 )

kennen gelehrt. Krystallisirtes, octaedrisches Kupfer sieht er aus einer Kupfer-

sulfatlosung durch Einwirkung sowohl von schwefliger Saure 126) als auch von blarikem Kupferdraht und Phosphor 127) sich abscheiden ; - er beobachtet ferner, dass Kupfer im Salzsauregasstrom 128) bei mlssiger Gltith in Kupferchloriir, - und dass letzteres, in wasseriger schwef- liger S lure aufbewahrt, in eiiien kupferfarbenen Kiirper ( Oxychlo- riir?) ubergeht129).

Calomel lS0) fiir officinelle Zwecke wird durch Einwirkung voo schwefliger Saure auf Sublimatliisung , - krystallisirtes Zinujodiir 53)

durch Digestion von Stanniol rnit Jodwasserstoffsaure im geschlossenen

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Rohr erhalteri. - Die bereits bekannte l';i.scheiniiilg, dass sich %inn- Krystalle abscheiden, wenn man einen Zinnstab in eine mit Wasser iiberschichtete Zinnchlorurliisung einstellt, wird gtmiuer atridirt und giebt ihm Gelegenheit, analoge Metallreductionen auf nassem Wege 181)

am Kupfer, Zink, Cadmium, Hlei, Wismoth und Silbei zu beobachten. Auch die Verbindungeri des Silbers haberi \\:iih 1 e r des Oeftereii

beschiift.igt. Der eigenthumlichen Verbindung ~ 0 1 1 Silberoxyd mit Hlei- oxyd [vgl. ISz)] ist bereits gedacht worden: - feriier beobachtete er, dasv bei der Elektrolyse der Schwefelsiiure : i n der aus Silber bestehenden positiven Electrode Silb.ersuperoxyd 13'), wahrschcinlich durch Ozon, ge- bildet wird. In ganz iihnlichvr Weise kiirinen auch die Platinmetalle Palladium, Osmium , Rntheiiium :ti11 positiveii Pol der Siiiile oxydirt werden l33). - Durch Kochgn von Silberarsenit mit Natronlauge fiillt ein schwarzer Niederschlag , welcher gleiche Aequivalente Silber und Silberoxydul 134) enthiilt. - Die Silberoxydulsalze der Wolfram-, ivlolyb- dan- und Chrornsaurr I:',?) werden durch Einleiten von Wasserstoffgas in die 90 O warme ammoniakalische L6sung der entsprechenden Oxyd- salze hereitet.

Uusere Kenntniss der ISdelmetalle liat er iiberdies durch die Beob- achturig bereichert, dass Pnlladiurnosydul durch Wasserstoff ohne Hiilfe von Warme unter Feucrerscheinuig reducirt lS6) und dass durch Verniischen von Palladiunichloriir , Satron und schwefliger Saure ein krystallisirtes Palladiumnatriumsiilfit la7) erhalten wird. - Hier verdient auch die erneute Priifung des Verhaltens des Palladiums in der Alkoholflamme lJii) [vgl. ")I erwiihiit zii werden. - Osmium liefert beim Schmelzen mit Kalihydrat ricben Osmiumsiiure eiri schwarzes Oxyd l 39 j ; ganz iihrilich verhiilt sich auch das Ruthenium. - Schliesslich sol1 nicht utierwahnt bleiberi, dass W G l i l e r das gelegentliche Vor- komrnen von Osmiumiridium in verarbeiteteiu Gold l4O) - und, ge- meinsam mit A. MucklC, von erheblicheri Mengen Platins in dem aus Platinruckstiinden bereiteten, anscheinend reinen Iridiumsalmiak l4I) nachgewiesen hat.

An die Arbeiten auf dem Gebiete der anorganischen Chemie reiht sich wiederum eine grosse Anzahl von chemisch-mineralogischen Untersuchungen. Bei einer Wiederholong der Analyse des Pyro- chlors la2) wird die vernieintliche Titansiiure [vergl. 13)] als titan- haltige Tantalsaure erkannt; auf diese Analyse bezieht sich wohl der f'olgende charakteristische Hrief von B e r z e l i u s :

S t o c k h o l m , den 18. Juni 1839. _ _ Nun will ich Deinen Brief vom 18. beantworten. Ich

schicke Dir Dein X zuruck, das ich, so vie1 ich konnte, gefragt habe, aber welches ausweichend antwortete. Bist du Titan? fragte

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ich. Von dem hat sclion W i i h l e r gesagt, dass ich es nicht bin. Dasselbe fand ich. Bist du Zirkonerde? Neiri, antwortete es, ich verhalte mich ja vor dem Lothrohr ganz anders. Bist du Zinn? Ich eiithalte Zinn, aber n u r eine Spur. Rist du Tanta- lum? Ich bin damit verwandt, antwortete es, bin es aber nicht. Nun was bist du denn fur ein Satan? fragte ich. Da schien es mir zu antworten: Eineii Namen hat man mir noch nicht gegeben. Indessen bin ich nicht recht sicher, ob ich recht gehort habe, deiin es war an meinem rechten Ohr, auf dem ich schlccht hore. Nun mxgst Du ein iieues VerhBr anstellen.

111 einer spliteren Arbeit wird d a m noch die Existenz von Thor- erde im Pyrochlor von Mjask14") [vergl. 9 1 , H e r m a n n gegenuber, aufrecht erhalten. - Der Kryptolith 144), in1 griinlichen oder riith- lichen Apatit von A r e n d a l in Norwegen aufgefuiiden und nach seinem versteckten Vorkommeri beiiannt, erweist sich im Wesent l ichr~~ als Ceriumphosphat, - im Anthosiderit. 14>) r o n Brasilien wird eiu neues Mineral entdeckt, - kobalthaltiger Arsenikkies und Tesseralkies von Skutterud bei Modum in Korwegen werden genaner unter- sucht und ini Wesentlichen S c h e e r e r's Angaben entsprechend zu- sainmengesetzt befunden, - eine Analyse des Euchroi'ts von Libethen in Ungarn liefert Ihd iche Ergebnisse wie die von T urn e r und von I< ii ti n erhaltenen urid charakterisirt dieses Mineral als eine Ver- bindung yon Iiupferarseiiiat. urid IL~pferhydroxyd. - Der bereits voii A. K n o p untersuchte Pachnolith von Grijnland ist eine Doppel- verbindung voii Aluminiumfluorid rnit Calcium- und Natriumflnorid, - der Pyrosnialith lhy) von Nordniarkeii Lei Werniland in Schweden be- steht aus den Silicateii des Marigans urid Eiseiis mit Eisciioxyd und Eisenchlorid , - auch dunkles Hothgultigerz (I'yrargyrit) 15") aus Mexico, - Lepidomelan lil) aus Persberg in Wermland, ein coniplexeres kaliomhaltiges Risen -Alomiriiu~i~silicat. - und Schilfglaserz ( Freies- lebenit) Is2) aus der I-limmelsfiirst - Grnbe bei Preiberg i./S. sind, letztere in Gemeinschaft mit l l a u s m a n n , von W o h l e r ;iiialysirt word e ri .

IG11 in] Platiiisaiide voii Ilornoo lj:$) :rufgefundenes gliinzendes, cisen- schwarzes Mineral, mcseirtlicli Kutheniumsesclnisulfid , dern etwas Osmiumsulfid beigenierigt ist, wird con W i i h l e r tinter dern Xamen Laurit besclirieben ; dieses Miiieral findet sich ubrigens auch iin gold- fiihrenden Platinsandc von Oregon lar) ; - ausserdern wird das Vor- konimen von gedicgenem Ulei und \-on Bleioxyd15j) in der Grube San Guillernin zu Zomelahuacan bei Perotc, Vera- Cruz, Mexicn, nach- gewiesen ~ - endlich werden die im Aufloseruckstarid yon Thon- eiseristein ails Cleveland , Ihglaiid , aufgefundenen mikroskopischen schwarzeri Krystalle als Anatas Is';) angesprochen.

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Koch verdient erwahiit ZLI werden, dass W 6 hl e r im C'ranpecherz 1 5 7

und in einein bei Rleiberg in KBrnthen vorkommenden Gelbbleierz (Wo1fenit)"Y) Vanadin, ~ ini Pyrolusit voii Thiiringen Tliallium Is9) auf- gefunden , - im Wiesbaderier Mineralwasser Ifi0) und im Carlsbader Sprodelstein IF1) Amen nachgcwieseri hat; - interessant ist frrner die im Anschluss an cine friihere h a l y s e der Soole Rodenberg lG2) in Hessen gemachte Beobachtung, dnss das aus deni Schlaninie der Soolkiisten ent- wickelte Gas Sailerstoff ist, welcher durch Organismen in Freiheit gesetzt wirdl"). - Apophyllit'") ist uriter Druck bei hoher Tem- peratur in Wasser loslich, - die Farbe des Smaragds von MUSO in Neu-Granada ruhrt von &em Gehalte an Chromoxyd her1C5), - organische Eiiischliisse in den Diamanteii werden in Abrede gestellt 16d).

Kiinstlicher, mit dem naturlichen identischer Schwefelkies (Eisen- kies) wird durch Erhitzen von Eisenoxyd, Schwefel urid Salmiak ge- wonnen 9, - endlich auf die Beziehungen hingewiesen, welehe zwischen den verschiedenen Volumgewichten von Rchwefelkies uud Speerkies (Eisenkies und Markasit) und den verschiedenen Volurngewichten der beiden Schwefelmodificationen zu bestehen scheinen 168).

Ein ganz besonderes Interesse hat W o h l e r von friibester Jugend an f i r die Meteoisteine gehabt. Wer ilim ein Stiick Meteoreisen schenkte, hatte sein Herz gewonnen. So schreibt er am 13. November 1851 an L i e b i g :

G i j t t i n g e n , 12. November 1851. D u bist die Gate selbst, dass Du auf rnein kindisches Ge-

liiste nach Meteoreisen, das seit einiger Zcit zu einer kleinen Passion bei mir geworden ist, Rucksicht genommen ond mir das Stiickchen Tolucaeisen geschenkt hast. Es ist durch die scharf a u s g e p r i e n Aetzfiguren sehr ausgezeichnet.

Diese Massen haben einen so grossen Reiz durch das geheim- nissvolle Dunkel ihres Ursprungs , jedenfalls schon durch die Betrachtung , dass sic von jenseits unserer Atniosphke kommen, und dass sie urspriinglich nicht zu unserm Planeten gehijrten.

W 6 h l e r hatte schliesslich eine bewundernswiirdige Sammlung von Meteoriten zusammengebracht, von denen eine grosse Anzahl von ihm selber untersucht worden ist. Analysirt hat er, - neben cinem Meteor- eiseu unbekannten Ursprungs 169), - solches von Rasgatk 170), nordlich Bogota in Ecuador, - ron Mezo-Madaras 17') in Siebenburgen, - von Gnarrenburg 172) bei Bremervijrde, - VOII Hainholz 173) bei Rorgholz unfern Paderborn, - von Kaba174) bei Debrezin, - von Kakova175) bei Temesvar, - von Bokkeveld176) auf Capland, - von Bahia177), - von Toluca i78), - von Bachmut 179) bei Jekaterinoslaw, - von

Berichte d. D. chem. Gesellschaft. Jahrg. XV. 205

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Obernkirchen'*O) bei Lippe - Detmold (in Gemeinschaft mit W i ck e ) , - von Ovifak lS1) in Gronland (welches man heute tellurischen Ur- spriings halt), - endlich das angebliche Meteoreisen von Collina di Brianza lSa) bei Mailand.

Im Laufe dieser Untersuchungen hat W o h l e r auf die Passivitat1*3) der meisten Meteorite aufmerksam gemacht: das Eisen in denselben hat die Fahigkeit eingebiisst , Kupfer aus neutralen Lijsungen des Sulfats zu fallen, eine Fahigkeit, welche jedoch durch aussere Ein- fliisse wieder gewonnen wird; - ebenso ist das von B u n s e n spectro- skopisch festgestellte Vorkommen von Lithium lS4) in den Meteoriten Gegenstand einer Mittheilung. - Schliesslich miige noch vergleichender Hetrachtungen iiber kohlenstoffhaltige Meteorite lS5) gedacht werden, welche W o h l e r , namentlich in Folge des Meteorfalles vom 14. Mai 1864 bei Orgueil in Frankreich 186), angestellt hat.

Es wurde auffallend sein, wenn ein Forscher, dessen Studien sich iiber das Gesammtgebiet der unorganischen Verbindungen erstrecken, und dem wir so viele Mineralanalysen verdanken, nicht auch die aria- lytische Chemie rnit neuen Verfahrungsweisen bereichert hatte. In der That begegnen wir W 6 h ler'schen Methoden von alltaglicher Anwen- dung in der qualitatiren wie quantitativen Analyse; auch um die Ausbildung der forensischen Analyse hat er sich vielfache Verdienste erworben.

Aus einer concentrirten Losung der Doppelcyaniire von Zink und Nickel Is') wird durch Einfachschwefelkalium nur das Zink gefallt, wahrend sich aus dem Filtrat nach dem Kochen rnit rauchender Salz- saure unter Zusetzuag von Salpetersaure oder Kaliumchlorat das Nickel als Oxydul durch Kalihydrat niederschlagen Iasst. - Die Trennung des Nickels voni K ~ b a l t ' ~ ~ ) nach L i e b ig's Methode wird wesentlich vereinfacht, wenn man die Losung des Kobaltidcyankaliums, nach der Abscheidnng des Nickels durch Quecksilberoxyd, rnit Quecksilberoxydul- nitrat fallt. Der Niederschlag von Kobaltidcyanquecksilber liefert beim Gluhen reines Kobaltoxyd.

W o h l e r lehrt uns eine Methode der Trennung des Kupfers vom Palladium lSg) aurch Fallung des Kupfers als Rhodanur aus der mit schwefliger Saure gesattigten Losung der beiden Metalle, - eine Scheidung des Urans vom Kobalt, Nickel und Zink lS0) durch fractionirte Fallung rnit Ammoniumsulfhydrat, welches die drei letztgenannten Metalle zuerst niederschlagt; - er zeigt ferner, dass Zusatz von Silbernitrat und Am- moniak zu Manganoxydulliisungen neben metallischem Silber den ganzen Mangangehalt als Superoxyd ausscheidet , wiihrend unter gleichen Bedingungen Kobaltlosungen nicht gefallt werden 9, ein Ver- halten, welches Lei der Analyse dieser sonst schwer zu trennenden Metalle eine niitzliche Anwendung findet.

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Durch ihn erfahren wir, wie weit sich R o s e ' s Beobachtung, dass Schwefelantimon und Schwefelsilber, in einem Wasserstoffstrom erhitzt, den ganzen Schwefelgehalt verlieren, zur Analyse der Rothgiiltigerze verwerthen lasst 150), - welche Vortheile die Anwendung der schwefligen Skure als Reductionsmittel bei der Analyse von arsensauren Salzen bietet'"), - dass sich zur Ermittelung eines Arsengehalts im Zinn die M a r s h'sche Probe vortrefflich eignet 193), - wahrend andererseits das im Roheisen so haufig vorkommende Amen bei der Auflosung des Metalls in Schwefelsaure weder als Wasserstoffverbindung entweicht noch auch in Losung geht, sondern sich im schwarzen Ruckstand ansammelt, aus welchem es mit Alkalien oder Schwefelalkalien ausgezogen werden kannlg1).

Zahlreich sind die Notizen, in denen uns W o h l e r vereinzelte Beobachtungen mittheilt, in denen aber stets Werthvolles und Inter- essantes enthalten ist.

mittelst einer wassrigen Lijsung von schwefliger Saure, welche unter starker Schwefelabscheidung reducirt wird , eine Reaction, die sich besonders z u r Priifimg der officinellen Phosphorsaure auf einen Gehalt an phos- phoriger Saure eignet, wobei sich die Gegenwart von Arsen gleich- zeitig durch eine Gelbfarbung des Niederschlags verrlth. Die Gegen- wart von phosphoriger Saure lasst sich iiberdies sehr leicht ermitteln. wenn man die Probe in einen Wasserstoffentwickler bringt: der sich bildende Phosphorwasserstoff giebt .sich durch den Geruch sowohl als durch die Farbung seiner Flamme unzweideutig zu erkennen.

Noch wollen wir der fur den Analytiker nicht unwichtigen Beob- achtungen gedenken , dass durch kohlensaures Ammoniak geftilltes Eisenoxyd in einem Ueberschuss des Fallungsmittels loslich ist, - dass Bleisulfat leicht von neutralem Ammoniumtartrat, Schwefelkupfer von den Lijsungen der Sulfarseniate und Sulfostannate in Alkalien aufge- nommen wird, - dass sich Indiglosung auf Zusatz von Eisenoxydsalzen entfarbt, - dass chromsaure Salze bei Gegenwart von salpetriger Saure zu Chromoxyd reducirt werdenlg6).

Dahin gehort der Nachweis der phosphorigen Saure

Von der Sorgfalt und Umsicht, welche Wiih le r ' s Arbeiten kenn- zeichnen, geben auch seine dem Gebiete der forensischen Chemie an- gehorigen Analysen ein beredtes Zeugniss. Wieder und immer wieder macht e r darauf aufmerksam, wie bei derartigen Untersuchungen die Priifung der in der Analyse zur Anwendung kommenden Materialien die grosste Vorsicht beansprucht, und wie ernste und gewissenhafte Erwsgung des Experten die Frage erheischt, ob das bei dem Verdacht eines Giftmordes in einer Leiche aufgefundene Gift nicht in der von dem Arzte verwendeten Arznei dem Organismus zugefuhrt worden sein kann. Er schildert einen Fa111g7), in welchem die Untersuchung auf

205*

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die Vermuthung fuhrte, dass das in der Leiche nachgewiesene Arsen aus einem arsenhaltigen Oleum pliosphoratum stammte , welches der Kranke kurz vor seinem Tode eingenommen hatte, und weist bei dieser Gelegenheit auf die Nothwendigkeit hin, den zur Darstrllung solcher Arzneimittel verwandten Phosphor anf eineri Arsengehalt zii prufen. Zur Entfernung desselbrn wird eventuell starkes Schbtteln des ge- schmolzenen Phosphors mit einem Gemische von I<aliumchlorat uric1 Schwefelsaure empfohlen. Statt die Leichentheile nach der sogenannteii franzosischen Methode mittelst Schwefelsaure zu verkohlen, zieht e r Tor, dieselbeu mit Salpeter einzutrocknen uiid dann zu gluhen, da bei dem erstgenannten Verfahren die Gegenwart von Chlorid (Salmiak, Koch- salz) in den Leichentheilen sehr leicht die Verfluchtigong einer kleinen Menge von Amen veranlassen kann.

I n einer 1549 veroffentlichten Untersuchung giebt W i i h l e r eine ausfuhrliche Beschreibuiig des zweckmassigsten Verfahrens bei gerichtlich - chemischen Untersuchungen Ig8) und betont besonders die Zerstorung der organischen Materic, uber welche er schon fruher eingehende Mittheilnngen gemacht hat; auch die Unterscheidung des Arsen- und Antimonspiegels hat sein Interesse beansprucht. Er macht auf die Schmelzbarkeit und Schmerfliichtigkeit des Antimon- spiegels aufnierksam.

Hier mag endlich noch eiriiger Analysen technisch und wissen- schaftlich interessanter Substanzen kurz gedacht werden.

Dahin gehiirt die Untersuchung der Harzer Schwefelsaure auf ihren Arsengehalt l99), - die Ermittelung der Zusammensetzung des Guanos*"O), in welcher nach einer Einleitung uber die Entstehung, Verarbeitung und Anwendung dieser Materie eine Analyse derselben (Gehalt an harn- saurem und oxalsaurem Ammoniak, phosphorsaurer Ammonmagnesia, schwefelsauren Alkalien, Salmiak und phosphorsaurem Kalk) mitge- theilt wird, - sodann die Analyse des Aventuringlases2O*), in der Ab- sicht unternommen, die Natar der flimmernden Krystalle, welche in der Grundmasse dieses Glases eingebettet liegen, festzustellen. W 6 h ler ' s Analyse macht es wahrscheinlich , dass diese Krystalle aus metallischem Kupfer bestehen, eine Ansicht, die er dadurch zu stutzen sucht, dass e r durch Reduction eines Kupfersalzes mittelst phosphoriger Sgure Krystalle erzeugt , die den im Aventuringlase eingebetteten durchaus ahnlich sind. Hiernach glaubt er, dass die Aventurinkrystalle aus einem kupferoxydhaltigen Glasflusse darch irgend ein Reductionsmittel gebildet wurden. - F u r diese Auffassung, welche mehrfach auf Wider- spruch gestossen ist , sind neuerdings wieder gewichtige Stimmen laut geworden.

Schliesslich sol1 nicht unerwahnt bleiben, dass Wo h l e r in Gijttingen noch einmal auf die Untersuchung der Nenndorfer Mineral-

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quellen ?02) zuruckgekommen ist, welche cr schon in Cassel [vgl. No. 46)]

analysirt hatte. Diesmal sind es namentlich genauere Bestimmungen der Kohlenslure und des Schwefelwasserstoffs mittelst inzwischen verbesserter Methoden, welche angestrebt werden.

Nicht minder zahlreich und wichtig als die unorganischen, ana- lytischen und mineralogisch-chemischen Arbeiten sind W o h l e r ’ s der Giittinger Periode angehiirige Forschungen auf dem Getiete der organischen Chemie.

Hier verdient zunachst eine Reihe von Untersuchungen erwahnt z u werden, welche Wo h l e r wieder in Gerneinschaft mit L i e b i g aus- gefuhrt hat. Vor Allem wird das Studiurn der Einwirkung der Cyan- sanre auf A l l r o h 0 1 ~ ~ ~ ) wieder aufgenommcn , welches sie schon vor Jahren (vgl. S. 3162) beschaftigt hatte; sie stellen nunmehr die Natur der eigenthumlichen, damals mit X bezeichneten krystallisirten Vrr- bindung fest, welche jetzt den Namen Allophansanreather erhalt. Im Anschlusse daran bereiten sie auch die entsprechende Methylverbindung. - Schon friiher 204) habeii sie darauf aufmerksam gemacht, dass sich neben der krystallinischen Verbindung eine flussige bildet, welche die Elemente von 1 Mol. Alkohol uiid 1 Mol. Cyaiisaure enthrilt, aber erst, nachdem W u r t z die Einwirknng dcs Chlorcyans auf den Alkohol studirt hatte, als Urethan erkannt wrirde. - Noch verdient endlich ein mellonartiges Product Erwahnung , welches sich durch Zersetzung dr:, Harnstoffs 205) beim Erhitzen bildet.

Weitere sehr bemerkenswerthe Untersuchungen von W o h l e r und L i e b i g betreffen den Aldehyd. Indem sie den Dampf der Cyansaure in denselben einleiten, gewinnen sie die Trigensaure 203). - Beim Ein- leiten von Schwefelwasserstoff 206) in eine wasserige Lijsung von Aldehyd- Ammoniak sehen sie das Thialdin entstehen, eine schwefelhaltige, prachtvoll krystallisirende Base von unertraglichem Geruch; wahrend der Untersuchung wird sie in dem Briefwechsel nicht anders als der >Aldehydstinkercc genannt. - Heute ist das Thialdin das Prototyp einer ganzen Reihe Bhiilicher schwefellialtiger Basen. Seine Entdecker haberi ubrigens auch ein Selenaldin dargestellt.

I n einem an L i e b i g gerichteten Schreiben spricht W G h l e r die Ansicht aus, dass die Cyanursaure nicht dreibasisch sei, wie L i e b i g annimmt, sondern zweibasisch , dass sie n u r 2 Atome vertretbaren Wasserstoffs enthalte 207)j er sucht diese Anschauung durch die Ergeb- nisse der Untersuchung einer Reihe cyanursaurer Salze zu begriinden, - L i e b i g ’ s Ansicht hat aber doch, wie bekanst, schliesslich den Sieg davongetragen.

Wenden wir uns nun zu den Arbeiten, die W o h l e r fur sich aus- gefuhrt hat , so treten uns zunachst neue Untersuchungen uber die Honigsteinsaure entgegen, welche er bereits friiher sowohl allein

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[vergl. 9 3 als in Gerneinschaft rnit L i e b i g [vergl. 29)] studirt hatte; wir lernen eine zweckrnhsigere Methode der Darstellung der Honig- steinsaure kennen, fur welchc W o h l e r nunmehr den besser klingenden Namen Mellithsaure vorschlagt. Zu dern Ende wird der Honig- stein rnit Arnrnoniumcarbonat ausgekocht, die Thonerde abfiltrirt, das krystalliriische Arnrnoniaksalz der S lure in das I3leisalz oder Silber- salz iibergefiihrt und aus diesen durcli Schwefelwasserstoff die SBure abgeschieden. Die Eigenschaften der S iure werdeii beschrieben uiid die ernpirische Zusarnrnensetzung derselben (entsprechend der heute adop- tirten Forrnel) von Neuern festgestellt. Besonders bemerkenswerth sind die Erscheinungen , welche das niellitlrsaure Arnrnoniak hei hiiherer Ternperatur * 0 8 ) darbietet. Erhitzt man dieses Salz auf’ 1500, bis kein Arnrnoniak mehr entweicht, so bleibt ein blassgelbes Pulver zuruck; rnit Wasser behandelt, liefert dasselbe eine weisse, uiiliisliche Substanz, das Pararnid, welches beirn Erhitzen rnit Wasser auf 2000 wieder in saures niellithsaures Amnioniak iibergeht. Nebcn Paramid entsteht beirn Erhitzen des rnellithsauren Amnioniaks das in Wasser liisliche Arnrnoniaksalz einer stickstoffhaltigen Slure, der Euchronsaure, welche aus ihrem Ammoniaksalz durch Salzslure als weisses, krystallinisches Pulver abgeschieden wird. Beirn Erhitzeii mit Wasser aiif 2000 geht sie in saures rnellithsaures . Ammoniak iiber. Charakteristisch fur die S lure ist., dass Zink, in ihre Lijsung getaucht, sich alsbald rnit einern prachtig blauen Korper, dern Euchron, bedeckt. Die Zusamrnensetzung der Euchronsaure wird durch die Analyse des Hlei- und Silbersalzes sowie der freien Saure festgestellt. - An die W 6 h ler’sche Untersuchurig der Mellithsaure haben sich bekanntlich spiitere eingehende Arbeiten, namentlich von E r d m a i i n und M a r - c h a n d sowie in neuerer Zeit von U a e y e r , angelehnt, welche die Constitution dieser Hexacarbonsaure des Benzols endgultig erschlossen haben.

Mehrere Arbeiten W 6 h l e r ’ s, zum Theil gerneinschaftlicli rnit D e a n ausgefiihrt, betreffen organische Tellur- und Selen-Verbindungen.

Durch Destillation einer wlsserigen Losung von athylschwefel- saurern Barium rnit Tellurnatrium wird das Tellurlthyl 20g) dergestellt rind hierdurch ein weiterer Beweis fur die Analogie zwischen Schwefel und Tellur gegeben. - Die Untersuchung einer Anzahl von Salzen dieses Korpers ?lo) folgt eine geraume Zeit splter. Mit Salzslure bildet das Tellurathyl das Tellurathylchloriir, welches durch Arnrnoniak oder Kali in ein Oxychlorur verwandelt wird. Aus der Losung des letzteren fallen Chlor-, Brom- und Jodwasserstoffsaure das Chlorur, Bromur und Jodur , welche beide letztere durch Beruhrung rnit Alkali in Oxybrornure rind Oxyjodiire ubergehen. Durch Emsetzung des Oxy- chloriirs rnit Silbersulfat beziehungsweise Silberoxalat wird das schwefelsaure beziehungsweise oxalsaure Tellurgthyloxyd erhalten. -

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W i i h l e r und D e a n studiren ferner das bei 82O siedende Tellur- methyl 211), welches, - ))van wahrhaft infernalkchem Geruchc, wie es in einem Briefe an L i e b i g heisst, - analog dem Tellurathyl aus Tellur- kalium durch Destillation niit einer Losung von methylschwefelsaurem Barium gewonneri wurde. - Auf gleichem Wege liess sich das Tellur- amyla12), obwohl nur in unreinern Zustande, erzeugen. Gegen Salpeter- saiure und Salzsaure zeigeri Methyl- nnd Arnylverbindung ein ganz analoges Verhalten wie das Tellurathyl.

Dieselben Forscher gewinneii endlich ails methylschwefelsaurem Barium durch Destillation mit einer wasserigen Liisung von Selenkalium das Selenmethyl *I2) , welches ein leicht entzundliches Liquidum dar- stellt. Starke Salpetersaure oxydirt es zu einer krystallinischen SBure, welche sie fur methylselenige Saure halten. Diese Versuche iiber Selenmethyl sind uiivollendet geblieben und erst weit spater (Ann. Chem. 179, I ) von J a c k s o n wieder aufgenommen worden. - In Beziehung ZII diesen Arbeiten steht eine Reobachtung uber Selencyanallyl '13),

welches W B h l e r , allerdings noch nicht rein, durch 12 stiindiges Kochen von Selencyankalium in alkoholischer Liisung mit Jodpro- pylen als widerwlrtig riechendes Oel erhalt.

Von grundlegender Bedeutung, zumal auch fiir unsere heutige Auf- fassung der so iriteressant gewordenen Gruppe der Chinone, sind die Untersuchungen iiber die Destillationsproducte der Chinasaure 214) ge- worden. Obwohl Niemand damals die Wichtigkeit ahnen konnte, welche diese Kiirperklasse wie fiir die Wissenschaft so f i r die In- dustrie gewonnen hat, so sind doch schori die von W o h l e r ermittelten Thatsachen von beruckender Eleganz nnd in hohem Grade geeignet, die Einbildungskraft zu beschaftigen. Auch begrusst L i e b i g in dem Briefwechsel die Mittheilung als ein wahres Herzenslabsal:

BDas sind ja wunderbare Dingecc schreibt er, ))die Du da mit dem Chinoyl (Chinon) beobachtet hast. Das ist doch wieder einmal etwas, was das Herz erquickt und neue Bahiien bricht.cc

Die Beobachtung, dass die in der Chinarimde enthaltene Chinasaure bei der Oxydation mit Kaliumbichromat oder Braunstein und Schwefel- saure einen schon krystallisirenden , fliichtigen Kijrper von eigenthum- lichem Geruch liefert, war schon einige Jahre friiher von W o s k r e - s e n s k y gemacht worden, welcher denselben analysirt und mit dem Namen Chinoyl, der spater in Chinon umgewandelt wurde, bezeichnet ha.tte. W oh1 e r wiederholt die Versuche des russischen Chemikers und findet zunachst, dass bei der trockeneii Destillation der Chinasaure ein zum Theil erstarrendes Destillnt gewonnen wird, aus welchem sich neben einer theerartigen Substanz Benxossaure, Carbolsaure, salicylige Saure, Benzol und, als Hauptbestandtheil, ein neuer, krystallisirender Korper isoliren

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Igsst, welcher wegen seiuer Beziehiingcn zii dem von W o s l i r e s e n s k y entdeckten Chirioii dcn Nitnien Hydrochinon erhiilt. Als die h t e Methode zur I>arstellung des Chilioils IILIS Chinaslure wird die Oxy- dation init Hratinsteiri uiid Schwefelsiiure erkaiint. - Die hnalysen des Chinons hntten Aiifaiigs zu einer zienilich coniplicirtrn Forniel gcfiilirt, welche W G h 1 e r ziinbchst auch der Forrriiilirung der zahlreichen Urn- setzungsprodnctc zu Grtiiide lcgt. Er erkennt aber schon bald 2 1 3 ) die einfache Forinel CS I14 0 2 , welcher Ausdruck durch siibsequciite For- schiing in willkornniener Weise bestltigt mordeii ist. Dau ITydrnchiilon ent5telit, a i i s s~r durch trockene Destillation der Chinasiiurct, durch Rcductioil des Cliinons uiittelst JodwxsRerstoffsliiire oder bessrr noch niittelst wiissrrigrr schwef liger Siiure. Durch gerniissigtc Osydation drs f:crblosen Hydrochinoris, airi leichtesten mit Eiscwchlorid, oder darch unvollkomiiiene Itedoction des Chinons wird ein pracht voll metallgliirizeritler Kiirper, das xgriine Hydrochiiioii((, das heutige Cliin- hydroo, ei.hslten, welclies sich aiich beini Vermisclieii der Liisuiigen voii Cliillori rind Hydrocliiiion bildet. Beini Koclirri sriiier wiisserigon Liisiing zerseizt es sich i i i iiberdestillircndes (Ilrinoii nild riickb1eil)en- des IIydrochiiioii. Diew ~eobac.Iitiiiigt.ii enthnltt:ri ini 1Veseiltlic.tit~n allcs Thatsiicliliche: was wir Iicute i ibw die relw;[ndtsc.liaf'tliclieii i k - zieliurigei~ der drei Kiirper Ctiirion. IIydrocliinon und Chiiihydron wissen. - Die Einwirkurig der Salzsaure a u f Chilloil f'iihrt zuin Chlorhytlro- chiiion. Durch I3ehniidlung c4ncr Cliiiionlijsung init Schwefelwasscr- stoff wird zuiiiichst. eiti b r a tines Sulfoliydrochitioii e rh l te i i , welc1it.s bci weiterer Eiiiwirkung diesrs Agcns iu ein gel b e s Sulfohytlro- chiiion iibergeht ; derselbt? Iiiirper entsteht auch ails griiiieni IIytfro- chiiion iiiittelst Scliweft.lwasserstaff. Dnrch I3ehandlurig niit Clilor liet'ert er ein Chlorderirat. Diirch Eiiileiten voii Sc.liwefelwasscrstoff in eine HydrochinonliisurIg werderi krystallisirende Sulfhydrate er- halten.

W ii h l e r ' s Erforschung des Chinoris par excellence hat den zalll- reichen spxteren Arbeiteii iiber chinoiiartige Kijrper , welche die moderile Eiitfalturig der Cliernie gebracht hat, ziiixi Muster gedieiit. Das Chinon niit scliiicil Rcglritcwi ist lingst cin typischer K6rper gewortleii, dessen tIoninlogeii und hnalogrtii wir in allen Reiheii wieder begegilen. Drr S a m e Chinon gehiirt nicht rnehr einein Individuuin an, sondern ist heute der Reprlsentant einer Klassc.

Gelegentlich seiner Arbeit uher das Chinoil untersucht WG b 1 c r eine vor Jahren roii H e r z e l i u s in] Tannensplint gefiindenc. uiid fiir Chinaskire gehaltene S l i m und constatirt, dass dieselbe 11 i c ti t Chilia- sbure ist.

Fast in dieselbe Zeit rnit seinen Forschurigen iiber das Chinon f d l t Wiihler ' s umfangreiche Arbeit iiber das Narcotin uiid seine

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Zersetzungsproducte 217). 11:s ist namentlich die Zerlegung dieses von R o b i q u e t im Opium aofgefnndenen Alkaloi'ds durch Brauustein nrid Scliwefelsiitire , welche , im Anschluss an friilierc gemeinschaftlich niit L i e b i g ausgefuhrte Versuche 215): den Gegenstand dieser Studien bildet. Es gelingt ihm, die 0piumba.se durch dieses Ageris i n zwei sehr g:nau clixrakterisirte Kiirper zu spalten, eine stickstofffreie Sibre, die Opian- s k i r e , nnd eiue stickstoff tialtige Base, das Coiarriin, bei welcher Reaction Kohlensaure nnd Wasser als Sebeiiproducte aaftreteii. Die Opiansaure wird durch Kochen des Karccitiiis niit verdlnriter Schwef'el- s lure und Braunstein erhalten ; beim ISrkalten der heiss filtrirten LBsung scheidet sie sich in ltticht zu ieinigeiid(m Krystallen aus. Ihr Barium-, Hlei- und Silbersalz und der i n Prisiiicn krystallisirende. Acthyliither werdrn dargestellt und bcschrieben. Durch Erhitzen des opiansauren Ammoniaks eiitsteht ein gelbrs , nnldsliches Pulrer , das Opiammon, welches sich BUS 2 Mol. des Salzcs durch hbspaltllng voii 2 Mol. Wasser und 1 3101. Amnioniak bildet und durch Erhitzen init Wussrr anf 1 50° in Ainmoniak wid Opicmsiiure zuriickverwa~~delt wird. Beim I<ocheii des Opinmmons ir i i t Alk:ilien wild nebeii Am- manink und Opiaosiiare cine stickstoffhaltige , gelhe Sanre, die Xanthopensaurr , gewonnen. Durch Einleiten von schwrfliger SRnre in eine heisse , wasserige Ol'i"iisiiiirelijsuiig wird lclztcre in die kry- stallinische opianschweflige Siiure verwandelt, dnrch Behandlung mit Schwefelwasserstoff in eiri aniorphes, gelbes Pulvcr, die Sulfopian- s611re, wc,lche aus Alkohol krystallisirt. Durch Kochcn endlich der Opiansaure mit Hleisoperoxyd urid Schwefelsaure wird die krystalli- sirelide Hemipinsiiure, welche durch SauerstoRaufnahme entsteht, er- halten.

Die bei der Oxydation des Narcotins durcli Brmnstein und Schwefelsiiure nehen der Opiansiiiire gebildete krystallisirende Rase, das Cotarnin, wird aus der Mtitterlauge der Saure durch Alkali ab- geschiederi urid nls ~~uecksilberctilorid- oder P1:itinclilorid - Doppelsalz gereinigt. Die wahre Zusninm~nsetzuiig des Cotsrriins zu rrmitteln gelingt W i j l i l e r nicht alsbald, ducli komnit die von ihm angenomiuene Fornicl der spater endgultig festgestellten sehr ~iahe.

Unter dem Namen Iluniopinsaure wird noch ein beim Erhitzen des Narcotins auf 2200 entstehendes Umwandluiigsproduct beschrieben, welches stickstoflfrei und in Alkalien liislich ist. - Zu den im Laufe der Untersuchung entdeckten Korpern gehiirt feriier eine als Seben- product bei der Darstellung des Cotarnins beobachtete, sehr charakteri- stische, stickstofialtige Saure, wegen der Aehnlichkeit in ihrer Krystall- form und ihrem IIabitus init dern Apophyllit A4pophyllens6ure genannt, deren Zusammensetzung indess, weil sie nur ill geringer Menge erhalten wurde, zunaclist unbekannt geblieben ist. Eiidlich wird die unbestandige

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Kaliverbindung beobachtet , welche sich beim Kochen des Narcotins mit concentrirter Kalilauge bildet.

Die Fiille der exacten, bei dieser Untersuchung des Narcotins gemachten Beobachtungen hat fur die Erkenntniss der chemischen Natur dieser Pflanzenbase ein ungewiihnlich reichhaltiges Material geliefert. Wenn wir in die Xatur des Sarcotins einen besseren Ein- blick besitzeri als in die der meisten anderen Alkaloi'de, so verdanken wir dies den Forschungen W 6 h l e r's, welche auch als die Grundlage gelten miissen. auf welcher sich die neueren, schiinen Untersuchungen VOII M a t t h i e s s e n und F o r s t e r , von B e c k e t t und W r i g h t sowie neuerdings von v. G e r i c h t e n iiber die Spaltungsproducte des Sar- cotins aufgebaut haben.

Eine weit spatere Arbeit W o h l e r ' s betrifft das in der Coca, den Blattern der in Siidanierika heimischen Erythroxylon- Arten ent- haltene Alkaloi'd, das Cocai'ri a19), welches narcotische Wirkungen aus- iibt. Dasselbe wird ans den Cocablattern durch Digestion rnit Wasser bei 60--80° gewonnen, indem man den wasserigen Auszug rnit Blei- acetat fallt, das Filtrat durch Natriurnsulfat entbleit und die rnit Soda versetzte LBsung rnit Aether ausschuttelt. Das in Prismen krystalli- sirende Cocai'n zerfiillt beim Erhitzeri niit Salzsaure auf 100" in Benzoe- saure und eine neue organische Base, das Ecgonin. - Die Untersuchung iiber das Cocai'n ist bekanntlich spater von L o s s e n erfolgreich weiter- gefuhrt worden.

Versuche uber die Wirkung der SalzsGure auf Amygdalin 22"),

als deren Producte Mandelsaure , ein IIuminkBrper und Salniiak auftreteii, fiihren W o l i l e r zu der Auffassung, dass im Aniyg- daliri Bittermandel61 (1 Aeq.) , I3lausaiure ( 1 Aeq.) und Zucker ( 2 Aeq.) als nahere Uestandtheile enthalten seien. - Die schon friiher 221) ausgesprocheiie Vermuthung, dass der Geruch des Ca- storeum (von Castoreuni Cunudense) durch Phenol bedingt sei, wird durch den Versuch bestatigt 222). In dem wasserigen Destillat des Castoreums liisst sich die Carbolsaure ohne Schwierigkeit nachweisen. In dem bei der Destillation der alkalischen Fliissigkeit bleibenden Riickstaiide werden Benzossaure und Salicin aufgefunden , welches letztere durch Ueberfiihrung in salicylige Saure beim Erwarrnen mit Kaliumbichromat und Schwefelsaure identificirt wird.

Einige kleinere Arbeiten, welche sich auf Ltherische Oele beziehen, bediirfen nur einer fliichtigen Erwahnung. Die Analyse des Wurrnsamen- ols 2z3) zeigt, dass dasselbe sauerstoffhaltig ist; - fur das Apfelsineniil 2 2 h )

wird dieselbe Zusammensetzung, welche das Citronen61 besitzt, ermit- telt. - Eine Bemerkung iiber das Uergam0ttiil~~5) bestltigt die Angabe von S o u b e i r a n und C a p i t a i n e , dass dasselbe ein Gernenge sei. - Versuche iiber das Quitteno1226) fiihren zu der Vermuthung, dass die

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Quitten dern Oenanthylsaureather ihren Geruch verdanken. - Die Uiiter- suchung des durch Destillation junger Tannenzweige (Pinus abies) gewonnenen Btherischen Oels 227), welclies bei 169" siedet, ergiebt, dass dasselbe ein Gemenge eines sauerstoffhaltigen und eines sauerstoff- freien Korpers ist, welch' letzterer sich rnit dem Terpentinijl identisch erweist. - Auf Sassafraso1228) lasst W-6 h l e r durch F a l t i n Chlor einwirken und beobachtet die Bildung einer kleinen Menge Campher. - Endlich wird ein einfaches Vert'ahren zur Darstellung der salicyligen SBure (des Spiraaiils) 2z9) angegeben: Weidenrinde wird rnit Wasser nusgekocht, der eingedampfte Extract rnit Kaliurnbichrornat und Schwefel- saure vermischt, die entstandene salicylige Siiure destillirt und durch Ueberfuhrung in ihr Alkalisalz gereinigt.

Die Zahl der vereinzelteri Beobachtungen in allen Theilen der organischen Chernie, welche Wij h l e r verijffentlicht hat, ist Legion. Wenn wir im Folgenden noch einer Reihe derselben kurz gedenken, so geschieht es nur, u m seine unerrniidliche Arbeitslust und scine viel- gestaltete Thiitigkcit in ihrern ganzen Urnfange darzulegen.

Durch Verrnischen einer Losung von rothem Hlutlaugensalz mit Eisenchloriir wird cin blauer Niederschlag erzeugt 23"), dessen Analyse ihn als eine Verbindung von Ferricyankaliuni rnit T u r n b u l l ' s Blau charakterisirt. - Essigsaures Kupferoxyd rnit 5 Mol. Krystallwasser 231)

gewinnt man durch Kochen vori Griinspan in verdiinnter Essigsaure. - G m e l i n hatte angegeben, dass sic11 Fibrin und coagulirtes Eiweiss unter Druck in Wasser von 2000 vollstandig aufliisen; W i j h l e r findet, dass die Losung schon bei viel niedrigerer Teniperatur (1 500) erfolgt 232).

Ganz kurze Notizen betreffen krystallisirtes Kupfercyanur 233), - die Zersetzung dcs essigsauren Bleies beirn Erhitzen, wobei anderthalb basisch-essigsaures Blei234) gebildet wird, - das Verhalten einiger Silber- salze (der Citronenegure, Oxalsaure, Bernsteinsgure) beirn Erwarnien in Wasserstoffgas235), - die Darstellung des A m e i s e n ~ a u r e a t h e r s ~ ~ ~ ) durch Destillation eines Gemisches von Starkernehl, Braunstein, Alkohol und verdiinnter Schwefelsaure, - die Rildung zweier Naphtalin- schwefelsauren 237) beirn Auflijsen von Naphtalin in warmer concen- trirter Schwefelsaure, - eine Verbindung von wasserhaltiger Cyansaure mit Chlorwasserstoff 2 3 9 , - Bereitung milchsauren Eisenoxyduls 239)

durch Auflosen von Eisenfeile in saurer Milch, - die Dar- stellung der Benzo&saure240) aus Benzoeharz, - die Bereitung von Buttersaureather 241) durch Verseifen der Butter und Behand- lung der Seife mit Alkohol iind Schwefelsaure, - ein Doppel- salz aus Quecksilberchlorid und essigsaurem K ~ p f e r o x y d ~ ~ ~ ) , - die Rildung einer kakodylahnlichen Verbindung bei der Destillation von buttersaurem Ralium mit arseniger S a ~ r e ~ ~ ~ ) , - die Bildung von Chloral

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und Aldehyd?") bei der Eiiiwirkung von Chlor auf Milchsiiure, - die Ikreitung wasserfreier Blausaiire aus 13lutlaugensalz 245), - die Dai,stellung von reinein Methylalkohol 246) durch Destillation voii rolicm Holzgrist niit prima.rem Raliiimoxnlat und conceiitrirter Schwc.felsiiiire uiid Verscifuiig des grbildcten Osalsaureatlicrs, - die Darstelliing \ - o i i

Aethglamin ,.Iti) aus Jodiithyl u r i d ~r.lkoholisclieiii Aiiinioniak, - (lie ISil- diiiig voi i ameisensaureiii Barium iieberi eiiier fliichtigeii Base (Col- lidiii ?) Lei der Destillation voii Aldehydaiiiiiioiiiak sy) mil lkiryt . - die Giiliriiiig des Allant.oi'iis 24i) init Ilefe bei YO", wobei sicli Arniiioiiiak,

I1:iimstoff und die Amiiioiiinksitlze der Oxalsiiure. Iiolilensiiire iind eiiier andercri syrripartigeii Siiurt, Lilden, - die GiyIi\riirt \ - o ~ i

Actli3-lciic.lilorid iii kiiuflicheni C'liloroforiii :is), -- t,inc.ii deiii Scli\yc.iii- furter Griin iihiilichen Kiirper , tlrr durch Aut'liisc,ii v o i i I<iipfcrc.:n~- boilat i i i Hottc,rsiiure iiiid Veriiiischt.~~ dcr LiisiiIig riiit iirsciiigw Siirire gctworiiivii wild .j!'), -. eiri 1hppels;ilz di.4 citr~)iieiis:iiii,~,ii Sil1wi.s i i i i t

Aiiiiiioiiiak p " " ) , - die I)arst~lliiiig dt,s Styr:tciiis 2r'1) : i i is Sty~.:ix:. - die IHauf'iirbiiiig, welclic nacli I3c isseiili irt z lreiiii Vrriiiisclicw v o i i A 1 1 i li t i nii t I i i i I i i i ni I] i cli ro ii i;i t i i II d S c Iiwefi~l sii ii rz vor ii bc rge Ii c i i (I ii II f- tritt ?:I?). - c~iicllicli ditb l3ildung voii l l i i i l i r i diirch ISrlritzrii \ . o i l

Nitimbenzol init arseriiger Siiure ?;I:$).

Von ganz besondereni Iiitereaije ist iiocli die 15coI):iclituiig. tl:iss sich bei der Zersrtzung des I(ohleiistoflcalc.inriis iiiit W gas 254) bildet.

Scliliesslich wolleii wir iiirlit vergessc.ii, dass d w jrtzt allgeiirein beliebte Zusatz von Saiid zu der Misc.huiig v o n A l k o h o l iind Scliwc~t't~l- siiiire, wclcher die Darstelliiiig des iilbildeiideii (;asc.s ?;lylj so st,lir ('I,-

Icichtert, ziierst. voii W 6111 e r c~iipl'dileii wordeii ist. Eiiiige aiif Ver:iiilassuiig W'ii h I er's w i i sriiieii Scliiileim iiiis-

gefiihrte A rbeiteii siiid v o r i iliiri initgetheilt. oder in i t 13einei~ki1ngeii lre- gleitet. So eiiie Uritersuchung uber die Chinorasiure n:8b) voii S cli n c d e r - i n a n n , - iiber dns Athaiiiaiitiii257) roil S c h n e d e r r r i a i i n iind W i l i e k - l e r . - iiber das I h o i i 2 r b b ) voii S c h m i d t . - iiber die Riiide \-oil

C ~ n d l ~ voii J l e y e r uiid v. Heic*he, - iiber deli Mailiiitge1i:ilt des Agaricus piperatza2ii'1) von K n o p r i d S c l i i i c d e r i i i a i i i i , - uber die Rutinslure2ii1) und das C:miilleiid2~2) voii H o r ~ i t r g g e r , uber die Umiwandliing des Cuminols durch Alkalien in Cimiinsiiure oiid Cuniiii-

alkolio12"3) voii K r a u t - uiid tiller das Aribin2ti4) von R i e t h .

Fur die physiologischo Cheiiiie voii griiiidlegender Bedeut ung siiid Wiih le r ' s gemcinscliaftlicli init F r e r i cli s aiisgefiihrte Untersucliuiigen iiber die VerBrideriiiigcii . aelche nanientlich organische h l k I)ei ilirerri Uebergaiig in dvii Ilarn L'(i5) erlciden. Das iii neuerer Zeit v o ~ i I l o p p e - S e y l e r , Iiauit iai in und Aiidereii niit so grossem Eifolg erforschte Gebiet der Metamorphosen orgaiiischw Stoffe bciiii Dnrch-

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gang durch den Organismiis war in jener Zeit fast noch cine terra incognita; die Ergebnisse dcr Wl;iihlcr-Fre r i c h s'schen Untersuchong h a G m erst die Gruiitllageii fiir die spatercn ant' diesein Gebiete atis- gel'iilirteii Arbeiten geliefcrt. Eiire Iteilie der hrterogensten Verbin- dongen wird bezuglich ilirer Ver~iiderirngeu bci ihrem Durchgang von den Verdanungsorganen des Thiers dnrch den Kijrper in den IIarli gepriift. Uiiveriindert finden sich im Harn wieder salicylige Saure, Rhodaiikaliuni, Alloxantin. ITarnstoff. In] I larn konnten nicht, weder a.ls solcht:, noch in verinderter Form: wiedergefundeii werden Ampgda.lin, Chinon, hniliii, Carbolsanre.

Schon frijher hatte U r e und nach ihni K e l l e r (vgl. S. 3168 Kote) die Verliluthuiig W 6 h l e r's bestatigt, dass Benzo&%rire im Harn als Hippursiiure26G) auftritt; WBhler uud F r c r i c h s finden jetzt im Harn ebenfalls Hippurs%iire ant' riach Eirigabe v o i i Hittermandelijl, BenzoE- sanreiittier, peruvianischeni Balsam; Gerbsiiure mird iri Gallnssiiure, Pyrogallussaure urid humin;irtige Stoffe verwaudelt, Ilarnsanre in Ham- stoff und Oxalsiiiire ; nach Einfiihrung \-on Thiosinamin in den Magen wurde Rhodaiiarriirioninm im Harn aufgefunden. Ferner wird die physiologische Wirkong der arsenigen und Arsensa.tire, der phos- phorigen und Phosphorsiiure gepruft. - Die Resultate dieser hrbei t sind durch die neiieren Forschnngeri grosseiitheils bestiitigt worden.

Einige weitere Arbeiten Woh 1 c! r's betreffen Producte des thieri- schen Orgniiismus. Die Uiitersuchnng einer thierischen Concretion 1111-

bekannten Ursprungs , wahrscheinlich eines Gaalensteins , lchrt , dass derselbe die voii G i j b e 1 in gewissen Hezoaren (Gallensteinen von Antilopen) gefundene Lithofellins~ure OGi) euthalt. Wiih l e r studirt die Eigenschafteu dieser Siiure und beobachtet, dass die an sich krystallinische Sgure beim Erhitzen iiber ihren Schmelzpunkt in eine amorphe Modification iibergeht; er ermittelt ferner deren noch heute angenommene Formel. - Spatere, gemeinsani mit M e r k l e i n aus- gefijhrte Versuche iiber Hezoare andern Ursprungs stellen die Identitat der in ihnen enthalterien Bezoarsiiure268) mit der znerst von C h e v r e u l aus den Galllpfeln dargestellten Ellagsiiiire fest. Durch die Einwirkung der Luft auf die basischen bezoarsauren Alkalien eritsteht die Glau- konielansaure. - Die Analyse des sogenannten :,Relugensteinscc 2F.9), einw in deli Harnwegen des Stiirs und des Hausens vorkommenden, friiher schon voii K l a p r o t h untersuchten Concretion, zeigt, dass die- selbe ails tertiarem phosphorsanren Calcium besteht.

In einem menschlichen Fruchtwasser findet e r Harnstoff 270)j - er bestatigt '9 ferner durch die Untersuchung der Fliissigkeit von Wnfzig Kalbsaugen M i l l o n's Entdeckung , dass der Humor vit~etls des Auges Harnstoff enthalt. - Das friiher schon in der Allantoi's- flussigkeit der Kuh aufgefundene Allantoi'n weist Wii h l e r nun auch im Kalberharn 272) nach.

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Kurz erwahnt seien vercinzelte Bemerkungen W ii h 1 e r ’s iiber physikalische Erscheinungen. Er constatirt, dass die krystallinische wid die amorphe Modification gewisser Substanzen (Lithofellinsaure, Zucker, Amygdalin, Sylvinslure, Schwefel) wie in ihrem sonstigen Verhalten auch im Schiiiclzpunkt sich unterscheiden 273).

Die Hlektricitltslehre hat W i i h l e r durch die Coiistruction rietier galvanischer Elemeiite bereichert. Wie P o g g e n d o r f f in der Groye’- sclicn Kctte das tlieuere Platin mit Krfolg durch Eisen ersetzt hatte, gehng cs W o h l e r , auch den1 Zink das Hisen zu substituircri und cine aus ICisen iind verdiiiiritcr Schwefelsaure einerscits, Eisen und concen- trirter Salpeterslure andercrseits combinirte Kette zu construiren 2i4), welche , nebenbei durch ihre 1)illigkeit ausgezeichnet, eincn kraftigeii Strom liefert.

Auf dasselbc Gebiet bezieht sich die letzte, kurz vor scitiem Tode geschriebene Abhandlung W i ih le r ’s iiber ein Vol ta’sches U e - ment aus Aluminium 275), bei welchem er concentrirte Salpetcrsiure als Contactfliissigkeit benutzt.

Die grossartigeii Leistungeri auf dem Gcbiete der Forschurig, welche dcm Leser in diirftigstcri Gmrisscii vorgefuhrt wordcii sind, habcn W i j 111 e r nicht. geliindert, gleiclizeitig cine umfassende literarische Tha- tigkeit. zu eritfaltcm. Sclioii frulicr wurde erwiihnt, daRs er wahrend seiries Aufenthaltcs in Schweden 11 i s i r iger ’s Einleitung zur minera- logischen Geographic VOII Schweden 276) in’s Deutsche iibersctzt und nach seiner Riickkehr die Herausgabe der B e r z e l i us’schcn Jahrcs- beiiclite von I825 ari ubernornmen hatte. Vom 4. bis zuin 20. J;rhr- gaiigc firiden wir Wiih Icr’s Namen auf dcm Titel dieser Zeitschrift. Ails Gruiiden. xuf wclchc wir wcitcr unten zuriickkoinmcti werden, vwschwindet sein Namc init dem J:thre 1849, obwolil seine Mit- wirkung bei der Hcrausgabe des Biichcs bis zuin Todc B c r z e l i u s ’ fortdaiiert.

Fast gleichzeitig niit dem ersten voii W i i h l e r bcsorgtcii Jalires- bcrichtt: erscheint aticli der erste Band des grossen U c rz e 1 i u s ’schcn ))Lrhrbuclis dcr Cheniiecc 277), welches er gleichfalls iibersetzt hat; der letzte Band ward im Jahre 1831 vollendet. Der ersten Auflagc folgeii rasch drei aridere. Kine fiinfte von R e r a e l i u s selbst deutsch geschriebene wird irn *lalire 1843 bcgoniicn, bleibt abcr in E’ulge scirtes 1848 eingctrctciien Tndcs iinvollciidet. Auch diese letzte Aus- gabe ist wohl nicht ohiie W o h l e r ’ s Mitwirkurig erschienen.

Von durchschlageiidcni Erfolge sind W ii h 1 c r’s ))Griindrisse der unorgmiischeri urid der organisclien Cliemicu gewesen. Ueber die eigcii- thiimlichen Umstiindc, uiitcr denen der crstc dicscr Grundrisse zu Stande gckontmen ist, hat uiis W i, Ii 1 c r in einem Briet’e UII L i e b ig huskiiiift

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gegebeii (vergl. S. 31 70). Die erste Auflage dieses Buchleins z7s) er- schien1831, die,finfzehnte unter Mit.wirkung von H e r m a n n K o p p im ?Jahre 1873. Es ist in viele andere Spraclien iibersetzt worden; unter den Uebersetzungen sind zwei franziisische (von M. M a r e s k a rind H. V a l e r i u s rind ron L. G r a n d e a u und F. S a c c ) , zwei holliin- dische (die eirie von N. W. d e V o o g t ) , zwei danische (von E. A. S c h a r l i n g und S. G r o t h ) und zwei schwedieche (die cine von C. E l l - g r e n ) besondrrs zu nennen.

Von dem Grundrisse der organischen Chemie279) erschien die erste Auflage irn Jahre 1840, die funfte von W i i h l e r noch allein bearbeitete 3854; seitdem sind fiinf weitere Auflagen, die letzte 1877, unter dem Titel: W i i h l e r ’ s Grundriss der Chemie von Dr. R. F i t t i g , heraus- gegeben worden. - Auch dieses Buch ist vielfach iibersetzt worden; in’s Franzosische v o ~ i M. M a r e s k a und 11. V a l e r i u s und von L. G r a n d e a u rind F. S a c c , in’s Hollandische von A. A. G. v a n I t e r s o n und von P. I. K i p p , in’s DBnische voii E. A. S c h a r l i n g und VOII S. Gr0t .h .

Ein Buch, aus welchem Generationen von Cheniikern die Kunst des Analysirens gelermt haben, hat uns W 6 h l e r in seinen ))Beispielen zur Uebung in der analyt.ischen Chemiecc 2so) gegeben. Sie erschienen zunachst ohrie seinen Karnen. Wie bescheiden er von diesem Buch- lein denkt, erhellt aus seinem Briefe an L i e b i g . Am 26. April 1849 schreibt er:

. . . ,Ich schicke Dir hierbei Selenschlamrn und vanadinhalti- ges Eisenerz. Die einfachste Art , diese Sachen zu verarbeiten, dazu findest D u das Kecept in dem beiliegenden Kochbuch, das ich neulich zusanimengeschmiert habe. Es ist fur meine Prakti- kanten bestimmt und sol1 dazu diencn, mir die iingeheure Lange- weile zii ersparen, eine und dieselbe Sache tauseiid Ma1 vorzu- predigen.cc

E n d ebenso am 5. Mai 1853: ,Tch habe das kleine Buch ganz urngeschrieben. Es sol1

wieder ohne meinen Samen erscheinen, denn am Ende kann ein Jeder ein solches Buch zusammenschreiben.(( D e r ausserordentliche Erfolg des Ruches verarilasste ihn spiiter

sich zu nennen. Die letzte Auflage ist unter dem Titel: ,Die Mineral- arialyse in Beispielencc 1861 veriiffentlicht. Uebersetzungen des Buches sind in danischer , franziisischer und englischer Sprache erschienen. Die danische Uebersetzung ist von S. G r o t h , die franzijsische von I,. G r a n d e a r i und L. T r o o s t herausgegeben worden; in englischer Sprache existiren nicht weniger als drei verschiedene Bearbeitungen, von denen die erste von O s c a r M. L i e b e r , die zweite von B. N a s o n , - beide in Amerika -, die dritte von dern Verfasser dieser Skizze in England veroffentlicht worden ist.

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W o h l e r hat ferrier geineinschaftlich rnit L i e b i g urid P o g g e n - d o r f f die ersten seclis Riincte des grossen H~Lndwiirterl)iiclis der reinen urid angewandten Chemie herausgegeberi, desscn Erscheinen rnit d e m Jahre 1842 beginnt. Das Huch ist in iiicht sehr regcliiiiissig eiiiandcr folgenden Lichmiigen vcriiffentlicht worden. Vori dern drittcii B a d e an hat. H. I< 01 be die Redactioii des I3nches i i b e r ~ ~ o ~ i ~ m c r ~ ; dcr w h t e H:ind ist voii K o l b e uiid 11. v. F e h l i n g , die folgenden sind von den1 Lrtzteren rttdigirt; drr Schlussl)arid datirt von 1964. Seit 1 ST 1 erscheint. 1)ekanntlicli siif Grund1:ige dieses Werkes unter den Auspicicn €1. v. J? e h l i n g ’s ein iieues Handwiirterbuch der Chemie, gleicli ausgezeichnet dnrch die Il‘iille urid Gedicgeiiheit seines Inhalts, welclien bereits bis zum 4. I<;inde gediehen ist. W o 111 e r hat viele urid grosse Artikel fiir das urspriingliche Werk geschrieben, abcr, wie aus dem Hriefwechsel hervorgeht , rnelir itiis Prenndschaft fiir L i e b i g :tls aus Iiiteresse f i r das Buch, fiir welches er nur miihsam die niithige Zeit erubrigen korinte. Es hat in der That L i e b i g ’ s gRnzer Ihedsamkei t bedurft, um ihn ziir Hetheiligung an dem Hand- wdrterbucli zu bewegen.

Noch rerdient, - lust n o t Ieust, - der langjiihrigeii Theilnahrne Wijh le r ’s an der €Ieransgabe der Liebig’schen Ann:ilen gedacht zu werden. Seit I3egriiiidiing derselbeu im Jahre 1332 hatte W o h l e r die Melirzahl seiner Arbeiten in L i e b i g ’ s Zeitschrift . welche damals den Namen ))Annalen der Pharmaciec( fiilirte , veriiffentlicht. Im Jahre 1838 wurde er Mitherausgeber derselben; der 27. Band ist der erste, wclcher seinen Nameri trffgt. Schon vor Scliliiss des Jahres rnachte W 6 h 1 e r darauf aufrnerksam, dass der Titel der Zeitschrift. ihreni Irihalte nicht mehr entspreche. ))Fiir die Amialencc, schrcibt cr unter Clem 18. Oct. 1838 a.ri L i e b i g , )miisst Du kiinftig den Titel: ))Annaleii dcr Chemie nnd Ph:irm:icie(c einfiihren; der jetzigc Titel geht doch z. H. dnrclisus nicht fiir iinscre HarnsGure-Untersuchiing. Der Verlcger wird Richts dagegen haben, mid die Ab~iehmerzahl wird sich nur vermehrcn.cc Aber erst von dem Jahre 1840 an, mit dem 33. Band, erscheint die Zeitschrift unter den1 verinderten Titel, der mit dem Jahre 1874 seine Iieutige Gestalt: ) )Lieb ig’s Annalen der Chemiecc angenornmen hat. I)er Redaction hat W o h l e r bis zu seiuem Tode angehort. Sein Name sclimiickt nahezu 200 Bande der A m d e n .

Neben seiner unltblasvigen Wirksamkeit auf dem Gebiete der Forschung, neben seinen umfassenden literarischen Arbeiten hat W6 h l e r eine bewundcrungswurdige LehrthLtigkeit geiibt. Wahrend einer langen Reihe von Jahren war der Unterriclit in der That seine Lieblingsbeschiftigung. Von den zahlreichen Vorlesungen, welche er nach Annahme der Gottinger Professur zu halten hatte, ist schon

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oben die Rede gewesen. Die Zahl der Zuhiirer in diesen Vorlesungen hatte sich im Laufe zweier Decennien mehr als verdoppelt, und es hatte wahrend einer gewissen Periode das Studium der Chemie in Gottingen alle anderen cnterrichtszweige uberflugelt k). Aber mehr noch als durch Vorlesungen wurden seine Krafte durch die Leitung des mit jedern Jahre sich mehr und mehr erweiternden Practicums in Anspruch genommen. Bei ihm gesellte sich zu der seltenen Gabe, den Studirenden geeignete Aufgaben fur die Untersuchung zu wiihlen, die iiooh seltenere hinzu, den mit der Losung derselben Betrauten die Wege zu ebnen und sic fur die n6thige Kraftanstrengung zu be- geistern, welche zur Cebermindung der niclit ausbkibenden Schwierig- keiten erforderlich ist. Auch werden kaum irgendwo soviel chemische Arbeiten gemacht, namentlich chemische Dissertationen geschrieben als in Gottingen. Was L i e b i g von dieser hervorragenden dida.ktischen Befshigung halt, das hat er in einem Briefe an seinen Freund ausge- sprocbeii. W 6 h 1 e r hatte L i e b i g gebeten , einem Gottinger Studi- renden einen Platz im Giessener Laboratorium zu geben. ,Es sind recht dumme Kerls((, antwortet dieser, ,die von G6ttingen nach C' riessen gehen, der Chemie wegen, voIn G a d nuf den Ese1.c Auch mehrt sich die Zahl der Schiiler von J a h r zu J a h r , und es sind narnentlich viele huslander und zumal Amerikaner , welche nach Gottingen konimen, urn unter W 6 h 1 e r ' s Aegide ihre Studien zu machen. Bald sind auch die Itliume des alten Laboratoriunis nicht mehr itus- reichend, um all' die Lernbegierigen zu fassen; im Laufe der Zeit muss es mehrfach vergriissert werden, bis es durch eineii Neubau im Jahre 1859 seine jetzige Gestalt angenommen hat. - Es diirften der Schulen nur wenige sein, welche sich einer ahinlichen Anzahl von Schiilcrn riihmen konnttn wie die von GBttingen, - keine, ails der eine so grosse Anzahl von Lehrern hervorgegangen ware, welche an deut- schen Universitaten init Auszeichnung gewirkt habrn wid noch wirken.

In dieser umfassenden didaktischen Wirksamkeit , welcher sich gelegentlich die Riirde der verschiedenen Uiiiversitatsamter, des L)e- canats u. s. w.. hinzugesellt, tritt ini Jahre 1860, nach dem Tode Haus- man n 's , noch eine akademische Thatigkeit hinzu, indem W ii h 1 e r , sehr gegen seinen Wunsch, zum standigen Secretfir der Gottitiger Kiiniglichen Gesellschaft der Wissenschaften erwahlt wird , deren Ge- schafte einen nicht unerheblichen Theil seiner Zeit in Aiispruch nehnien.

Eine unausbleibliche Folge dieser Ueberburdung ist eine Arbeits- theilung. Das chemische Institut zerfallt allmlhlich in mehrere Enter- abtlieilurigen, die chemische, die physiologische, die landwirth- schaftliche Abtheilung, letztcre neben und unabhangig von der he- riihmten Versuchsanstalt in Weende unter W i l h e lm H e n n e b e r g ' s Fiihrung. Um den Meister schaart sich rine Anzahl reichbegabter

Bericlite d. D. chern. Cesellachaft. Jabrg. XV. 20G

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junger Docenten, welche als Vorstande der einzelnen Abtheilungen bald eine mehr oder weniger selbstiindige Stellung gewinnen. Es brauchen nur Forscher wie G e o r g S t a d e l c r , H e i n r i c h L i m p r i c h t . A n t o n G e u t h e r , R u d o l p h F i t t i g , F r i e d r i c h B e i l s t e i n , H a n s H ii b n e r genannt zu werden welche nach einander die eigentlichen chemischen Studien leiten, wie K a r l B o e d e k e r , welcher der physio- logisch - chemischen Abtheilung vorsteht, wie W i l h e l m W i c k e , P h i l i p p Z i i l l e r und R e r n h a r d T o l l e n s , welche die landwirth- schaftliche Section iiberwachen. Viele dieser Manner, welche heute ZII den hervorragenden Vertretern unserer Wissenschaft gehoren, haben liingst den Ruhm der Gottinger Schule weit iiber die Grenzen unseres Vaterlandes hinausgetragen.

Von solchen Kriiften umgeben koiinte W o h l e r sich allmahlich mehr und mehr von dem Tjnterrichte zuriickziehen. Schoii im Laufe der fiinfziger Jahre hat er die Vorlesung iiber organische Chemie an jiingere Docenten abgetreten ; 1873 hat er die anorganische Chemie zum letzten Ma1 gelesen. Auch an der Leitung der praktischen Arbeiteu in deli Laboratorien hat cr sich wahrend des letzten Jahrzehends iiur ausnahmsweise und voriibergehend betheiligt. Er war gleichwohl an der Spitze des Instituts geblieben, und die Leiter der einzelnen Ab- theilungen, obsclion nachgerade vijllig selbstandig geworden , waren gliicklich , unter den Auspicien des beriihmten Meisters ihre eigcnen Wege zu gehen.

Das Hild, welches wir von der grossartigen wisserischaftlicheii Thatigkeit des Gelehrten zu zeichnen versucht haben, in wie knappen Umrisseii wir es zu halten beiniiht waren, liisst in dem uns gebotenen Rahmen nicht mehr vie1 Raunt, wir rniisscri gleichwohl auch noch der ausseren Lebensbedingungen und dcs unverglcichlichen Charakters des M:tnnrs gedenken.

Wenri wir Wii h 1 e r ’s ausserordentliche Wirksamkeit in ihren mannichfachen Verzweigungen in’s Auge fassen, so driingt sich uns als- bald iinabweislich die Ueberzeugung auf, dass auch nach anderen Rich- tungen hin sein Lebeii ein vom Schicksalc reich begunstigtes gewesen sein, dass er sich zumal des Segens erfreut haben miisse, ohne welchen die Thatigkeit. des Mxnues nur selten ziir hochsten Ent fa l tuq gelangt, des Segens einer gliicklichen I-Iauslichkeit. In einem friiheren Ab- schnitte dieser Skizze wurde erwahnt, dass W i ih le r schon bald nach ‘Ucbernahme der Casseler Stellung seine Frau verloren hatte. Aus dirser riur kurzen Elie maren ihm ein Sohn, A u g u s t , und eine Tochter, S o p h i e , geblieben. Im Jahre 1834 verheirathete er sich zum zweiten Male, und zwar niit J u l i e , der Tochter des I3aiicluiers

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P f e i f f e r in Cassel, welche heute nach 48jiihriger Ehe den heim- gegmgenen Gatten betrauert. Aus dieser Ehe sind vier Tochter, Faiiny, H e l e n e , E r n i l i e und P a u l i n e , entsprossen. Inmitten des so erbliihenden herrlicheri Familienkreises entfaltete sich nunniehr unserem Freunde eiri Leben, wie es glucklicher nicht gedacht werden kann. Es war keine gerauschvolle Geselligkeit, welche in dem W 6 h ler’schen Hause gepflegt wurde. Zunachst vereinigten sich dort hervorragende Glieder der akadernisclien Genossenschaft rnit ihren Familien, zwischen denen aber aucli angesehene Elemente anderer Rerufskreise nicht fehlten. Vori den Amt.sgenossen, rnit denen W o h l e r besoiiders vie1 verkehrte, rnussen unter den fruhereii C o n r a d F u c h s , der Kliniker, L u d w i g H a u s m a n n , der Mineraloge, H e i n r i c h K o n - r a d i , der Kliniker, J u l i u s R i b b e n t r o p , der Jurist, E d u a r d v o n S i e b o l d , der Gynbkologc, R u d o l f W a g n e r , der Physiologe, W i 1 h e 1 m W e h e r , der Physiker , - unter den spateren W i 1 h e 1 m B a u m , der Chirurg, A u g u s t G r i s e b a c h , der Botaniker, E w a l d H a s s e , der Kliiiiker, J a c o b H e n l e , der Anatom, B e n e d i c t L i s t i n g , der Pliysiker, W o l f g a n g S a r t o r i u s v o n W a l t e r s - h a u s e n , der Geologe, namentlich bezeichnet werden.

Das erste Familienglied, welches die Verhiiltnisse der Heimath ent- riicken, ist der Sohn des Hauses, auf den sich die Vorliebe des Gross- vaters fur den Feldbau vererbt zu haben scheint. Er bildet sich zum Land- wirthe aus und ubernirnmt das fruher im Besitze der Farnilie gewesene Landgut in Rodelheim, welches schon die Grosseltern bewirthschaftet hatten. Die alteste Schwester S o p h i e dagegen ist dem elterlichen Hause stets nahe geblieben. Sie hatte sicli friihzeitig rnit Georg M e r k e l ver- heirathet, der damals Stadtsecretiir in Hannover war , aber schon seit einer Reihe von Jahren Burgermeister von Giittingen ist. Ihre Kinder und Kindeskinder haben nicht wenig d a m beigetragen, die spiiteren Lebensjahre des glucklichen Familienhauptes zu verschonern. Von den jungeren Schweaterii sind zwei in die Ferne gezogen, F a n n y , mit dem Kapellmeister C a r l R a r g h e e r in Hamburg, und P a u l i n e , rnit dem Londoner Kauf herrn 0 t t o S c h m e d e s verheirathet. Zwei Schwestern, H e l e n e und E m i l i e , sind im elterlichen Hause geblieben und haben sich rnit der Mutter in die Pflege des thcuren Vaters getheilt. Fraulein E m i l i e , welche demselben vielfach auch bei seinen litera- rischen Arbeiten zur Seite stand, ist die lebendige Tradition des Hauses. Wie oft im Laufe der letzten Wochen hat der Verfasser dieser Skizze, wenn sein Gedachtniss ihn irn Stiche liess und anderweitige Quellen spiirlich flossen, aus dem nie versiegenden Borne ihrer Erinnerungen geschopft! Aber auch die Geschwister, welche in der Perne den eigenen Herd gefunden hatten, sind deshalb dem elterlichen Hause nicht fremd geworden. Im Sommer jedweden Jahres pflegte sich eine Colonie froh-

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licher, gliicklicher Menschen in Gottinge11 einznfinden, die schliesslich, als die Zahl der Enkel sich mehrte, in dem Stammhause nicht niehr P1at.z fanden und in der Nachbarschaft untergebracht werderi mussten. Nicht selten nahm alsdann die ganze Gesellschaft einen Iiindliclien Aufenthalt, und mehr als einmal war das reizend gelegene Wilhelnis- hiihe der Vereinigutigspunkt der Wii hler’schen Familie, bei welcher Wahl denn wohl aucli mmnichfache verwandtschaftliche Beziehungen in dern nahe gelegeneii Cassel mit den Ausschlag grben mochten.

In friiheren Jahren allerdings, so lange die Familie noch miiider znhlreich und daher leichter beweglich ist, begnugt man sicli nicht mit so riahe gelegenen urid daher leicht erreichbaren Sammelpliitzen, sondern l iss t die Hlicke schon in die weite Ferne schweifen. Dam sind es entweder die Alpen der Schweiz oder Siiddcutschlands, welc,he unseren Freund lockeii.

Als er die Nachricht erhiilt, dass L i e b i g ron Giessen iiach Muticher1 iibergesiedelt ist,, schreibt er:

fur mich ist es sehr bedauerlich, dass wir cine so grosse Strecke auseiiiarider kommeii. Indessen habe ich iiun fur die Ferien kiinftig ein sicheres Reiseziel, und icli hoRe, dass wir noch manchmal zusammen die Ferien irri bayerischen Gebirge zubringen werden.cc

Als jungerer Marin hat W ii h 1 e r 211 verschiedenen Malen such griissere Reiseii unternommen, so nach Frankreich , England und Italien, voii denen der Hriefwechsel mit L i e b i g mehrfach, aber gewohdich nor fragmentarisch, Kunde giebt. So ist der in Gesellschaft von Gus t a v M a gn u s unternonimenen Pariser Reise riur fliichtig gedacht. G c y p Ende des Jahres 1833 schreibt

F r i e d r i c h W i j h l e r a n J u s t u s L i e b i g : C a s s e l , 13. November 1333.

Habe Nachsicht mit mir, dass ich so unrereeihlich lange nichts ron mir habe hiiren lassen. Der Grnnd war, dass ich fest da.rauf rechnete , Dich hier bci mir zii seheii, wo ich Dir :iuch von der Reise, die ich mit Magnus nach 1’a.ris gemacht Iiabe, nnserem fast vierwiichentlichen Aufenthalte dort rind von den Leuten, deren Rekaiintschaft wir gemacht haben , hiittc: erzihlen kiinnen. Unterdessen schrieb ich dariiber einen zehn %ten langen Rericht a n H e r z e l i u s , dem so etwas Spass macht, und dem ich eben- falls seit langer Zeit nicht geschriehen hatte. Tch kann rnich nun niclit iiberwinden , allcs dies weitlaufig Gesagte noch einmal wiedrrzukiiuen, zumal sich der erste Enthusiasmus schon sehr ah-

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gekuhlt hat. Warurn bist Du aber auch nicht gekonimen? Suche es doch rnoglich zu niachen, u n s in1 December rnit Deinem Be- such 211 erfreiien.

I l u m a s , der sehr liebenswiirdig war und in eigener Person uns eine Dampfdichte- Bestirnrnung nach seiner Methode machte, schenkte mir eine gute Portion Platinruckstand, der rnich zur Auffindung eines sehr praktischen Aufschliessungs-Verfahrens ver- anlasst hat. Man mengt ihn mit Kochsalz und gliiht das Gemenge in einem Strom von feuchtem Chlorgas. Ohne dass das viele Titaneisen angegriffen wird , bildet sich lijsliches Natriurniridium- chlorid und Osmiurnsiiure, die sublimirt [vergl. 35)].

Etwas eirigeherider verbreitet sich W o h l e r in einem vielc Jahre spiiter geschriebeneo Rriefe an den Verfasser uber diese gemeinschaft- liche Reise:

)). . . . . . Interessante Eindrucke sind rnir von einer Reise, die ich rnit M a g n u s durch Frankreich gernacht habe, und na- rnentlich von einern mehrwijchentlichen Aufenthalt in Par is ge- bliebrn. Unser Hauptzweck war , Fabrikationen idler Art, besonders die chemischen , kennen zu lernen, wobei der unver- gessliche P e l o u z e , damals noch Assistent von ( f a y - L u s s a c , unser treuer Fiihrer war. Ausserdern machten wir die Bekannt- schaft aller damaligen Notabilitaten der Wissenschaft, von denen wir junge Bursche rnit vieler Artigkeit behandelt wurden, wozu freilich auch der Umstand heitragen mochte, dass ich rnit den beiden B r o n g n i a r t ’ s sehr befreundet war, von der dreirnonatlichen Reise her, die ich mit ihnen und B e r z e l i u s iii Schweden und Norwegeri gernacht hatte. Lebhaft erinnere ich mich der vielen Gesellschaften und Diners, zu denen wir geladen wurden, uud die durch die beruhniten Narnen der Giiste ‘und derrn geistvolle Unter- haltung uns das grosste Interesse gewiihrten, so z. R. eiries glan- zenden Diners bei T h B n a r d in Gesellschaft von A m p B r e , A r a g o , C h e v r e u l , D u m a s und P e l o u z e , eines anderen bei D u l o n g mit L a s s a i g n e u. A. , eiries zu Chatillon bei G a y - L u s s a c rnit A r a g o und T h B n a r d , eines bei A l e x a n d e r R r o n g r i i a r t zu Shvres, ferner bei B r o c g n i a r t , bei D u m a s , der sehr freundlich war. Auch einer Instituts-Sitzung wohnten wir bei; wir-befanden uns unter dern zuhorenden Publicurn, da be- merkte uns G a y - L u s s a c und lud uns ein, bei den Mitgliedern Platz zu nehmen, - eine kleirie Verlegenheit fur uns, da wir auf zwei ziernlich isolirt stehenden Stiihlen nun der Gegenstand der Aufmerksamkeit des Publicums wurden. ((

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Bei derselben Gelegenheit erfahren wir auch etwas fiber die gleich- falls mit M a g n u s ausgefuhrte Reise nach England:

,Mit Vergnugeq(( sagt W o l i l e r , vwerde ich niich stets der gemeinschaftlichen Iteise eririnern, wclche wir, M a g n us, sein jiingerer Bruder, der Arzt, und ich , im Jahre 1835 durch Eng- land machten. Auch €1 ei 11 r i c h R o s e war damals driiben. Wir besuchten riele technische Etablissenients in Worcester, Birniing- ham, Manchester; auch nach Liverpool fuhren wir, nnd zwar auf dcr Eisenbahn , der ersten, die iinser Erstaunen erregte, uiid die noch die einzige in England war. F a r a d a p , dcr uns arrf das Liebenswurdigste arifnahm rind u n s personlich i n mehrere Fabriken fiihrte, hatte uns niit Enipfehlungen versehen. Als wir ihn zuin ersten Male in dem Lab6ratorinni der Royal Institution besuchten, kxm rioch das Komische ror, dass er mich fur den Sohri des ihm als Chemiker bekannten Wii h l e r hielt, \veil ich wegeri meirier Diinnlieit noch sehr jung aiissah. In London besuchten wir xuch den schwcr 1iBrenden P r o u t , in Mancliesttr den alterr D a l t o n . M a g n u s blieb danials Iiinger in Englaiid, als es mir miiglich war. ich niaclite daher auch die Itiickreise alleiri.c(

Der Ijrief, dem diese Ju~enderi i inerunge~~ entlehnt sind, ist kurz nach dem Tode von G u s t a r M a g n u s geschrieben. Das Gedenkblatt, in welchem iins W 6 h 1 e r den geschiedeneil Freund in gemeinsaiiieii Jugenderlebnissen vor Augen fuhrte, flechten wir heute in den Kraiiz der Erinnerung, welchen wir demselben widmen.

Von einem schiine~i Ilerhstausflnge W iih 1 er’s nach W e n und zumal nnch Graz, wo im Jahre 1843 die deutsche Naturforscher- versammlung tagte, finden sich, da W o h l e r und L i e b i g in Oester- reich zusamment.rafen, in dein Rriefwechsel nur fliichtige Andeutungen, desto lebhafter hat sich diese Reise dcr beidcn Freundc dem Gedicht- nisse des Verfassers cingepriigt, der darnals die Stellung cines AS- sistenten bci L i e b i g hekleidete. Wie gern hattct er die Reise mitgeniacht, allein cr hatte in Abwesenheit L i e b i g ’ s das Haus zu hiiten, d. 11. die Redaction der Annalen zu besorgen, mid musste sich daher mit den yon Zeit zu Zeit einlaufenden Reiseberichten begnigen. Es mussen herrliche Tage gewesen sein, welche die beideii Freunde in Wien und zumal in dem reizenden Graz verlebten. Beide Manrier standen damals auf der Hohe des Lebens rind des Ehhmes, beide waren von ihren Frauen hegleitet, wid wohl durften sie sich der ilinen allseitig erwiesenen Ehrenbezeugungcn erfreuen, wenn sic gewahrten, wie sehr sich ihre Gefahrtinnen durch die den Gatteii dargebrachten Huldigungen begliickt fiihlten. E s wird dem Leser dieser Skizze riel- leicht seltsam klingen, dass der Verfasser yon den Herrlichkeiten eiiier

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Reise, die e r nicht mitgemacrht hat, so viel zu erziihlen weiss. Damit hat es allerdiiigs eine eigene Rewandtniss, der hier fliichtig gedacht werden darf, da sie gewissermaassen die Einleitung zu seinen spiiteren Beziehungen zu W i j h l e r bildet. Das Liebig’sche Ehepaar war aufdem Ausfluge nach Steiermark von einer jungen Anverwandten begleitet, deren Reiseerlebnisse den Verfassctr selbst. noch lebllafter iiiteressirteii als diejenigen seines Herrn Chefs, so hoch er ihn hielt, und so sehr er ihm zugethan war. Kein Wunder, dass ihni Alles, was diese Reise angeht, so frisch ini Gedichtnisse geblieben ist. Bei der Erinnerung an jene Tage sind die vierzig Jahre , welche zwischen damals und heute liegen , wie durch einen Za.ubersch1a.g ver~chwu~iden , und der goldene Lenz des Lebens in vollem Sonnenglanze liegt wiederurn vor seineii Aiigen. Der Tod hat das Band, wdches sich bald nach der Riickkehr von dieser Reise schlang, schon nach wenigen Jahren geliist. Aber in der kurzen gemeinsam durchlebten Sparine Zeit, wie oft. ist nicht die Reise nach Stciermark Gegenst.and des GesprRches gewesen! Wie oft ist roil beredter Lippe das Lob der beiden Freuiide geflossen! Wie lebhaft hatte sich diesem jugendlicheii Gemiithe die Erinnerung an die mit ihnen dnrchstreiften Gegenden eiiigepriigt! Indess die Erinnerung an so viel Herrliches war in diesem dankbaren Herzen urizert.rennlich mit den Xamen L i e b i g und W i i h l e r verwoben!

Der Verfasser dieser Skizze war damals rnit W G h l e r personlich noch nicht bekannt geworden, allein das Bild, welches ihm auf diese Weise ward, hatte dem Manne bereits seine volle Zuneignng und Ver- ehrung erworben, und a1s er ihn spater keiinen lernte, konnte er sich kaum iiberredeii, dass er nicht schon fruher rnit ihm ziisammen- getroffen +ire.

In Graz hatten sich W i i h l e r und L i e b i g von einander getreniit. Letzterer war direc,t nach Hause gereist, wiihrend ersterer, in Gesell- schaft von Buff , seine Reise noch bis an das adriatische Meer ausdehnte. Das Entziicken, welches der erste Eintritt, in den Siideii bei ihm herror- rief, spiegelt sich iii einem nach seiner Kiickkehr geschriebeneii Briefe:

F r i e d r i c h W i j h l e r an J u s t u s L i e b i g : G B t t i i i g e n , October 1843.

Wir sind gliicklich wieder in unseren alten Riiumen angelangt. Wir haben zweierlei zu bedauern: erstlich, dass es sich nicht gut machen liess, bei Each uiis aufzuhalten, und zweitens. dass nicht auch Ihr die Reise nach Italien mitgemacht habt. Das war denn doch etwas ganz Xeucs, fiir uiis Ueberraschendes, eine aiidere h’atur, ein ganz anderes Volk, lauter neue Eindriirke. Schon der Eintritt, wie uberraschend. D e r Anblick des blauen adriatischen Meeres rnit Triest von der Hiihe von Optschiiia, die Fahr t den

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Berg hinunter zwischeii Oliven, Feigen, Cypressen u. s. w. lohnte, sollte man denken, die Reise allein. E n d dabei stets vom schiin- sten Wetter begunstigt. Ers t auf cler Riickreise trafeii wir auf dem Splugen Schnce uiid in Chur schlechtes Wetter, wie D i r R u f f erziihleii wird.

Die fruheren Reisen W o h l er’s waren alle nordwiirts gerichtet gewesen. der fluchtige Einblick in die it.alienische Natur konnte seine Wirkung auf W o h l e r’s empfbgliches Gemuth riicht verfehlen. Seio Entschluss stand fest, das herrliche Land genau kennen zu lernen, sein Wunsch ist aber erst einige Jahre spater, 1846 und 1847, in Erfulluug gegangen. In beiden Fallen wurde die Reise bis nach Neapel ausgedehnt. In dem Briefweclisel finderi sich nur einige So- tizen iiber diese Reisen. Aus eineni Briefe vom 3. August erfaliren wir etwas iiber den Plan zu der ersten Reise:

xWir reisen Mittwoch. den zweiten. friih hier at), uird ohne Aufenthalt die Sacht, durch bis vor Deinc Thiire, wo wir also Donnerstag, den dritten, kforgens gegen 7 odcr 8 Uhr einzutreffen und bei Frau Jett.chen einen vortrefflichen Kaffee vorzufinden hoffen. Unter wir verstelie ich folgende nnrerschiiinite Persolien: den TIofrath F u c h s , die F u c h s i n , meine Frau und mich; d a m bedankerr wir uns und fahren nach Frankfurt, um dort so f r i h einzntrefl’en, dass wir nocli um 5 Uhr nach Heidelberg fahren kiinneii. Du musst bedenken, dass wir rim in Genf und im Chnmounixthal aufhalten und am 14. in Qenua sein wollen, om yon da zur See nach Neapel zu fahreii.cc

F u r die zweitc. Reise sucht W o h 1 e r in seinem Giessencr Freunde einen Reisegefiihrteri zii gewinnerr; Li eb ig aber will nichts davon hiireri :

))Dein Vorschlag nach Neapel zu gehen,a. schreibt er am 13. Juni 1847, ,ist sehr lockend, aher ich bin so unbegreiflich stumpf, dass ich mich riicht entschliessen kaiin. Ich bin die fremden Gesiclrter satt und habe nicht Lust , mich in Italien rnit frarrziisisch zu plagen. Was hat man dnvori, in den Krater des Vesuvs geguckt zu haben? Ich gehe in den Odenwald und trinke Bergstr” asser - - -<

Beim Nahen der Sommerferien wird noch ein Ueherrednngs- versuch gemacht:

F r i e d r i c h W o h l e r a n J u s t u s L i e b i g : G o t t i n g e n , 22. Juli 1847.

Also auch Du bist SO miide, so chemiemude. Es ist mir dies ein c>rdentlicher Trost. I>u glaubst nicht, wie miide ich bin,

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wie satt ich die Chemie habe, wie namentlich gewisse Theile rnich ordentlich anekeln, rnir wenigstens so lengweilig sind, dass ich gBhnen muss, wenn ich daran denke. Sind wir denn schon so alt, oder was ist es? Diese nervenschwkhende Wirkung muss wirklich der Chemie eigenthiirnlich sein. Ich glaube, die mate- Gellen Tnfluenzen, die Dampfe, Geriiche und all' die Teufels- stinkereien haben grossen Antheil daran. Resonders ist es das Practicuni, was einen so herunterbringt. Jedenfalls ist es nun wieder hohe Zeit , sich grundlich durchzuliiften, sich in freier Natur, in reiner Bergesluft zu baden und sich fiir eine Zeit lang die ganze Chemie sorgfiiltig vom Leibe zu halten. Deine Einladung in den Odeiiwald ist sehr verfiihrerisch, aber diese kleine Katur geniigt rnir nicht. Ich muss hlpenzarken und Glet- scher und Meer sehen, wenn ich rnich erholen urid Leib und Seele starken soll. Geh' rnit nach Neapel und Palerrno. In einern Tage sind wir in Basel, von da iiber den Gotthard und Mailand nach Genua, dem prLchtigen Genua, und von hier direct an Elba und Corsica vorbei nach Nenpel. Lieber Freund, von der Pracht iind Herrlichkeit dieser Natur hast Du keineri Begriff, und an dem Kraterrande eines activen Vulcans zii stelieri , rnit der pracht- vollsten Aussicht, die es in der Welt giebt, ist doch im Leben etwas werth. In 24 Stunden fahrt man von Neapel nach Palerrno, von Genua nach Neapel in 2 Nachten rind 1 Tag, wenn das SchiR nicht bei Livorno und Civitavecchia anhalt. Auf dem Riick- wege gehen wir iiber Rorn, darnit auch Du die ewige Stadt zu sehen bekornrnst, - ein altes Kloster gegen das reizende Neapel. Auch ich verstehe kein italienisch, man komrnt ganz gut rnit franzosisch zurecht. A l l e i n rnache ich die Reise nicht. Vielleicht gehe ich dann in das Tyrnler Gebirge. Am 21. August schliesse ich.

Vergeblich! L i e b i g ist riicht zu erweichen. Die Reise kornrnt aber gleichwohl zur Ausfiihrung, denn Wii h l e r fiiidet in seinem Freunde P e t e r R i e s s einen treff lichen ReisegeGhrten.

Ueber den Erfolg der Reise schreibt e r nach seiner Riickkehr

,Ich habe eine neue Spazierfahrt nach Italien gemacht, mit der ich wieder so sehr zufrieden bin, dass ich sie im nachsten Jahre Iiochmals rnaihen wiirde, wenn das Vergnugen nicht zu kostbar ware. In Neapel traf ich P i r i a , der Dich griissen lasst. Ich war mit ihm und S c a c c h i und rneineni Reisegefiihrten P e t e r R i e s s auf dem Vesuv, wo wir Zeuge der prachtigsten Eruptionen und Lava- Ergiisse waren. s

am 19. October 1847:

Ich war 14 Tage in Neapel und 14 in Rom.

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Die Lust am Reisen ist W i j h l e r wahrend seines ganzen Lebens treu geblieben. Wenn die grossen Sommerferien vor der Thure sind cind in spateren Jahren wohl auch am Schlusse des Wintersemesters wird brieflich berathschlagt, was zu beginnen sei, wo man sieh treffen wolle, ob die Madchen mitgenommen werden sollen, ob B u f f , K o p p , P f e u f e r urid andere Freunde fur den beabsichtigten Ausflug zu haben seicn. BAuf der einen Seite R u f f , der ziehtc, schreibt L i e b i g an W o h l e r , Bauf der anderen Seite Du, der mijglichst zuruckhllt; SO

ist’s gerade recht.cc Fur die Villeggiatur irn bayerischen Gebirge sind die Freunde ganz unentbehrlich. >Man muss mit Merisehen zusammen kommenc, schreibt Liebig, wonst halt man es im Gebirgr beim Kalb- fleisch nicht aus.cc Aber auch die allabendlichen Whistparthien kommen ohne die Freunde nicht zu Stande. Die mannichfachen Reiseprojecte gelangen natirlich nicht alle zur Ausfiilirung, dann hat man aber jeden- falls schon in der Reisehoffnung sein Vergniigen gefunden. Indessen gelingt es doch in der Regel, wenigstens eiri mi a1 zusammeiizutrcffen, und in den meisten Fallen ist es, trotz des unvermeidlichen Kalb- fleisches, das bayerische Gebirge, Tyrol oder das Salzkammergut, wo man sich am behaglichsten fiihlt. Wohl tragt W i j h l e r gelegentlich Verlangen nacli ferncr Kist(. und nach dem Wogenschlage des Meeres. Aber gewohnlich bequemt er sich schlirsslich doch den Wiinschen seines Freundes. ))nu bist ein Verfiihrer, desaen Anziehungskraft grosser ist a19 die dcs Meerescc schreibt er am 15. Juli 1S5G. Die Folge dieser Verfiihrung ist, dass W i i h l e r und B u f f niit L i e b i g in Miinchen zusammentrrffen, von wo ein prachtvoller A u s h g nach Tyrol uiiternommen wird, der mit einem langeren, hochst genuss- reichen Aufenthalt in Gastein endigt, wo Freund K o p p bereits Quartier gemacht hat. Nicht so glicklich flllt eine drei .Jahre spi ter (1859) unternommene Iteise nach dern bayerischen Walde aus. 1)er Plan, den L i e b i g mittheilt, ist anziehond genug. Er schreibt:

Mi inchen , 20. August 1859. Kach K n a p p , der die Gegerid kennt und riihmt, ware der

Plan zu unserer Reise nach dem bayerischen Wald folgender: von Miinchen nach Landshut, von da, freilich ohne Eisenbahn, nach Regensburg, von bier die Donau hinab nach Deggendorf, Zwiesel, den GlashGtten, Bodenniais, wo Du Triphyllin sammeln kannst, dann zuriick nach Passau und von da in das bayerische Gebirge. Dass K o p p und P f e u f e r mitgehen, ist nun ausgemacht.

L i e b i g .

Dem Appell an W o h l e r ’ s mineralogisches Herz ist nicht zu widerstehen. Die Reise wird leider durch einen traurigen Zwischen- fall gestiirt. L i e b i g hatte in Passau das Ungluck, auf dcm glatten Eiserigitter eines Hoteltlurs auszngleiten und die Kniescheibe zu

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brechen. Wohl ist dieser Bruch im Laufe der Zeit wieder geheilt, er hat aber doch eine gewisse Unsicherheit im Gange des in seiner Jugend so beweglichen Gelehrten zurlckgelassen. Die Reise hatte natlrlich rnit dem Unfalle ihr Ende erreicht. Die Freunde blieben bei dem Kranken, bis sie ihn nach Miinchen geleiten konnten. Lieb ig’s Missgeschick musste begreiflich lberall, zumal aber in der Stadt Passau, die lebhafteste Theilnahme hervorrufen. Von allen Seiten wurden ihrn und den ihn begleitenden Freunden Beweise des Wohlwollens und der Verehrung entgegengebracht. Der damals in Passau angeknlpften Beziehungen gedenkt W i i h l e r in einem spateran Briefe an L i e b i g :

XMorgen schicke ich an unseren Freund, den Forstmeister H i l b e r in Passau, ein Kistchen mit Mineralicn f l r den dortigen naturhistorischen Verein. Es ist mir ein wahres Anliegen, den guten Leuten dort in ihren loblichen Bestrebungen bei ihren so geringen Mitteln etwas behiilflich zu sein. Du wlrdest noch un- gleich mehr im Stande sein, in dieser Hinsicht ein gutes Werk zu stiften, und hattest dabei die Befriedigung, im Zusammenhange rnit Deinem Unfall und Deinem unfreiwilligen, Iangeren Aufenthalt in Passau, Deinen Namen dort zu verewigen.((

Der Unfall von Passau, wie schwer auch L i e b i g , zumal in spateren Jahren, ’oft unter den Folgen desselben leiden musste, hat indessen die Reiselust der Freunde und namentlich ihre Vorliebe fur gemeinsctaft- liche Ausfliige nicht verringert. Kaum vergeht ein Jahr , ohne dass sie zu diesem Zwecke rnit einander zusammengetroffen waren. Bald finden wir sie im bayerischen Gebirge umherstreifend, oder sie erfreuen sich, von ihren Familien begleitet, wahrend langeren Aufenthaltes der lieblichen Umgebungen von Tegernsee oder von Tutzing am Staren- berger See. Dann und wann lassen sie sich auch in etwas weitere Ferne verlocken, und wir begegnen ihnen dann in dem reizend ge- legenen Cannstadt oder in den nordischen Hainen von Iliisternbrook. Oder aber man findet sich in weiterem Freundeskreise zusammen, so (1862) in Combe-Varin bei D e s o r rnit S c h o n b e i n und P e t e r M e r i a n , oder (1863) in Lugano rnit M a g n u s , P o g g e n d o r f f , v. S i e - b o l d und V i e w e g , oder (1869) in Nervi bei Genua rnit B u f f und P f e u f e r , oder endlich (1871) niit v. S i e b o l d im Pusterthale, wo sie in dem wundervoll liegenden Brunek heitere Tage verleben. Wenn L i e b i g durch Unwohlsein oder unter dem Drucke der Arbeit verhindert ist, mitzugehen, entschliesst sich Wohler auch wohl ohne ihn zu reisen, dann ist e r aber stets von einer seiner Tochter begleitet. SO finden wir ihn bei den ?r’aturforscherversammlungen in Giessen ( 1 864), wo er unter dem gastlichen Dache seines Freundes B u f f rnit K o p p und R e u s c h zusammenwohnt, und in Genf (1865), wo er, zusammen mit D u m a s , D e v i l l e , S c h o n b e i n und P e t e r M e r i a n , A u g u s t d e la

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Rive’s Gast ist. I m Jahre 1867 hatte er gehofft, rnit L i e b i g in Paris zusammenzutreffeo, aber L i e b i g , von den Anstrengungen des Aus- stellungslebens erschiipft, war bei seiner Ankunft bereits nach Miinchen zuriickgekehrt. Mit gariz besonderem Interesse gedenkt W i i h l e r in den Briefen an L i e b i g eines (1868) in Gesellschaft von B u f f , K o p p rind B u n s e 11 unternommenen Fruhlingsausflogs dnrch das Lahn- und Nahethal. Der Zielpunkt der Reise war Oberstein, wo die beriihmten Steinschleifereien in Augeirschein genommen wurden. Die Osterferien 1870 verlebte W i j h l e r in Mentone und Sizza ; e r bedauert lebhaft, dass ihn Li e b i g , desseii Gesundheitszustand weriig befriedigend ist, nicht begleiten kann. Aber e r versucht es , dem Dahrimgebliebcnen wenigstens den Zauber zu schildern, welchen der erwachende Fruhling uber die Riviera ausgiesst:

F r i e d r i c h W i j h l e r ail J u s t u s L i e b i g :

M e n t o n e , 30. Mar, 1870.

Der Himmel ist heute grau, es weht ein garstiger Nord-Ost, die Meeresbrandung unter unscrn Feristerii hort nicht auf zu brausen und zu donnern, Schwsrme von grosseri und kleinen Moven suchen in den zierlichsten Flugbewegungen auf den Wellen ihren Raub zu erhaschen; das Alles wird man zuletzt mude zu betrachten, man nimmt wieder ein Buch in die Hand oder setzt sich hin zum Briefeschreiben. Hinaus darf ich heute nicht, denn ich bin unwohl in Folge einer Erkaltung urid Uebermudung, die icli mir bei der starken Hitze auf einer Fahrt iiach Nizza, urn K o p p aufzusuehen, zugezogen habe. Ich will Dich nicht errniiden mit der Beschreiburrg unserer Reise. die bis Marseille nicht be- sonders warm war. Erst an der See, von Toolon an, karnen wir in Friihlingswgrme und fuhren i n einer Fiille von jungem Griin durch die Orangen- und Citronen - Pflanzungen. Kein schijiierer Wrg als diese Eisenbahnfahrt am blauen Meere rnit seinen male- rischen Buchten und Vorgebirgen. Es ist ganz so wie die Fahrt, die wir For einem J a h r von Nervi aus niacbten. Uei Toulon sieht man die ersten schlanken Dattelpalmen, die sich so malerisch gegcn den blauen Himmel oder das Meer abheben. In Kizza stehen sie in Menge auf allen Promenaden, so auch hier in Mentone, wo sie nur in weni- gen Garten fehlen. Erhoht wird noch das Fremdartige der Vegetation durch die colossalen Cactus und Agaveii. Mentone ist nur ein kleiner O r t , an der steilen Kiiste zum Theil hinauf gebaut, zwi- when Olivenwalderii rnit einer Reihe guter Hotels rnit schijnen Garten dicht am Meere. Von unserer Wohnung airs kann inan sehr friih Morgens, wenn die Loft klar und die S o m e noch nicht ganz aufgegangen is t , sehr deutlich die bergige Westkiiste von

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Corsica sehen. Alle Pensionen und Hotels sind noch mit Winter- gasten iiberfiillt. Vor einigcn Tagen hat uns K o p p besucht. Auch M e r c k niit Familie von Darrnstadt ist hier. Dau Leben in der Pension ist sehr angeriehm, die Kellner sind alle Deutsche.

I) e r s e l b e an TI e n s e l b en: M e n t o n e , 5. April 1870.

Wir sind nun schon 14 Tage hicr, und es muss an die Abreise gedacht werden, da ich am 20. zu Hause sein muss. Die Trennung vnn hier wird uris schwer werden, da das Wetter fortwahrend prachtig und es achon ganz Sommer hier ist. In dieser letzten Woche war es fast unert.rii.glich heiss, und man war froh Schatten zu finden. Gestern machtcn wir mit M e r c k ' s eine Fahr t nach Bordigliera, beruhmt durch seinen kleinen Wald von Dattelpalmen, der jahrlich fur den Palmsonntag die Palmenwedel- nach Rom liefert. Der Weg entfernt sich seltcn vom Meere, das man oft in schwindelnder Hohe unter sich hat, und geht meist durch Citronen- und Oliven- pflanzungen rnit den prschtigsten Aussichten auf die Buchten, Landzungen und malerisch gelegerien Ortschaften.

Die Fahrt dauerte bis hin gegen 3 Stunden.

Mittlerweile hat sich der Zustand L i e b i g ' s verschlimmert, und W o h l e r eilt noch, ehe er nach Gottingen zuriickkehrt, an das Schmerzenslager des schwer erkrankten Freundes. Er ist begliickt, ihn auf den1 Wege der Besserurig zu finden.

Die grijsste Anziehung jedoch fur W i i h l e r , wenn er nicht in Ge- sellschaft von L i e b i g reisen kann, hat stets der Genfer See und zumal die Umgebung des am nordostlichen Ufer desselben lieblich gelegenen Montreux, wo er in der trefflichen Pension der Madame V a u t i e r fast als Stammgast betrachtet wird. In den Briefen a n L i e b i g spricht er oft und stets mit Entzucken vnn diesem herrlichen Fleck- chen Erde 'amit dem Blick uber den wundervollen See nach den Savoyer Bergencc. Wie oft sucht e r den Freund zu bereden, ihn nach diesem Lieblingsaufenthalte zu begleiten. Am ersten Januar 1872, nachdein er cine Zcit lang aus den Fenstern seines hrbeitszimmers uber den in Schnee gehullten Garten hiiiaus auf den verodeten Wall geschaut hat, dessen entlaubte Linden ))wie grosse Hesenreisercc er- scheinen, schreibt e r an L i e b i g :

))Es ist so wundervoll dort und urn diese Zeit schon warmer Friihling, und man ist dort auch leiblich so gut aufgehoben. Ich miichte gar zu gern noch einmal den blauen See, die prgchtigen Berge und die altmodische Haube der wiirdigen Madame V a u t i e r sehen und all' die lieben Erinnerungen, die sich daran kniipfen,

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noch einmal auffrischen. Ich begreife sehr wohl die Anziehungs- kraft, die dieser Aufenthalt auch auf H. D a v y und F a r a d a y ausiibte.cc

Unwohlsein hindert ihn, im Fruhling die Schweizer Reise auszu- fuhren , allein er firidet reichliche Eritschadigung in der herrlichen Alpennatur von Reichenhall, deren Reize er wahrend eines kurzen Auf- enthaltes in vollen Ziigen rnit L i e b i g geniesst. Auf den langen Spazier- gangen, zu denen er von L i e b i g ))par douce uiolencecc genothigt wird, erholt er sich aber bald und kann erfrischt die Heimreise antreten. Als die Freunde auf dem Rahnhofe in Munchen Abschied von einander nehmen, ahnen sie nicht, dass sic sich zum letzten Male die Hande reichen.

Der Herbst desselben Jahr rs endlich Iasst die lang ersehnte Reise in’s Waadtland zur Ausfiihrung gelangen. L i e b i g , mit den Vorarbeiten zu einer akademischen Rede beschaftigt , karin nicht mitreisen. Aber W 6 h l e r trifft unverhofft rnit anderen Freunden zusammen, allerdings nicht bei Madame V a u t i e r , deren Haus iiberfullt ist.

F r i e d r i c h W i i h l e r a n J u s t u s L i e b i g : V e r n e x , 18. September 1872.

Wir sind seit vier Tagen hier herunter gezogen und wohnen parterre in einer der schiinsten Pensionen, L o r i u s , rnit einern prachtigen, grossen Garten dicht am See. Von der Morgensonne wundervoll beleuchtet liegen die Savoyer Rerge wieder in vollem Glanz vor uns, der blaue See ist spiegelglatt, und wir freuen uns dieses Stiicks glucklichen Daseins ungetrubt, so lange es noch wahren kann. F a n n y ist schon rnit dem Dampfer nach Vevey gefaliren, um die Schwester meines Schwiegersohns zu besuchen, die rnit ihrem Mann von London dahin gezogen ist. Wir hatten zufiillig die Entdeckung gemacht, dass in dieser Pension schon seit acht Tagen E h r e n b e r g mit Frau und Tochter wohnt. Unter- dessen war auch P o g g e n d o r f f mit seiner Nichte angekommen und hatte in unserer Pension in Montreux Wohnung gefundcn. Urn nun nicht in der argen Hitze den bergigen Weg von Mon- tretix aus machen zu miissen, entschlossen wir uns Alle, nach Vernex iiberzusiedeln, wo zufallig 4 Zimmer frei geworden waren, und wohnen rnit Allen zusammen. E h r e n b e r g , obgleich in Folge seines Schenkelbruchs ganz gekrummt uud unbehulflich und, trotz der Staaroperation, kaum noch sehend, ist geistig noch ganz rustig, und man unterhglt sich niit ihm angenehm und gern von seinen Reisen, von H urn b o 1 d t , von den Berliner Verhaltnissen. Auch P o g g e n d o r f f ist in Folge seiner schweren Krankheit noch sehr unsicher auf den Reineii und dabei so taub, dass man sich nur

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schreiend mit ihm unterhalten kann. )lit dem Dampfer haben wir zusammen schon mehrere hiibsche Pahrten auf dem See ge- macht, einmal bis Ouchy bei Lausanne. Essen und Trinken sind in der Pension vortrefflich. Am Mittag ist die Hitze recht arg, aber dann sitzen wir im Garten unter den schattigen Platanen am See. Diese Existenz w&re ganz fur Dich gemacht.

Schon ein paar Tage spater erwridert ihm L i e b i g :

M i i n c h e n , 22. September 1872. Dein Brief hat mich sehr erfreut, indem er mir die lebendigste

Schilderung Deines Aufenthaltes in Montreux und Vernex giebt und mir klar macht, dass Dich die Gegend, die Luft, der See und die angenehme Wohnung erquickt und Deine Gesundheit be- festigt haben. Dass Du dort E h r e n b e r g und P o g g e n d o r f f fandest, war ein merkwiirdiges Zusammentreffen von alten Hausern, unter denen Du, der 72jahrige, noch der Jiingste warst. Die Ge- brechlichkeit Beider ist sehr bedauerlich. Wir miissen dem Ge- schicke danken, dass wir so sind, wie wir sind. Es ist mir sehr leid gewesen, dass wir in diesem Herbste nicht zusammen ge- kommen sind. Ich hatte so sehr darauf gerechnet, dass Dii auf dem Riickweg zu uns kommen wurdest. Du musst uns im nachsten Fruhjahr dafiir entschadigen.

In den Briefen wahrend des Winters 1872- 73 schwelgen die Freunde im Vorgefuhl des Wiedersehens in1 Fruhlinge. Da sol1 Alles nachgeholt werden, was im verflosseneri Herbste versaumt wurde. Kein Brief, in dem nicht die herzlichste Freundschaft, die innigste Zuneigung zum Ausdruck kame. Es ist, als ob die Freunde ahnten, eine wie kurze Spanne Zeit ihnen noch gemeinsam gewahrt sei. Schon sind die Osterferien in naher Aussicht.

A m 4. MIrz 1873 schreibt L i e b i g :

Die Vorlesungen nahen sich ihrem Schlusse, ich habe noch sechs Stunden zu halten und komme morgen erst an das Calcium; das ganze Heer der schweren Metalle fiillt demnach aus, und ich weiss wirklich nicht, wie ich dies hl t te anders macheri konnen. Die Metalloi'de sind doch vor Allen1 wichtig, und ich miichte kein Wort von dem, was ich dariiber sagte, ungesagt lassen.

D e r Brief schliesst mit den Worten: ))Ich erwarte Dich also, sobald die Ferien beginnen.((

W o h l e r riistet bereits fur Munchen. Aber ernstliches Unwohlsein nothigt ihn, vorher noch auf kurze Zeit nach Wiesbaden zu gehen. Noch von Wiesbaden aus sucht e r den Freund zu bestimmen; mit ihm

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in dern schonen Taunusbade zusammenzutreffen. Aber L i e b i g , der schon fruher Wiesbaden ohne besonderen Erfolg besucht ha t , kann sich iiicht entschliessen, der Aufforderung Folge zu leisten. Am 3. April 1873 schreibt er an W B h l e r , vielleicht in Todesahnang &on befangen; es ist der letete Brief an seinen Freund:

Mi inchen , 3. April 1Hi3. Ich habe Dir gestern schou schreiben wollen, aber ich hatte

eine schleclite Nacht, ohne allen Schlaf, und lag miide urid abge- spannt den ganzen T a g auf dem Sofa; ich dachte an Dich, Deinen guten Schlaf, Deincn guten Appetit, die normale Reschaffen- heit aller Functioneii bei Dir. Ob man wohl im Alter an Schlaf- losigkeit d i n e eigentliche Krankheit zu Gruiide geht? Ks ist das vegetative Leben, der Ersatz in der Nacht, der , wenii er fehlt, die Lampe allmahlich eiim Verliischen bringt.

Ich war in Wiesbaden keinen Tag recht wohl wid fiirchte mich vor dem Aufenthalt in der Niederung, auch sagt mir soiist Manches dort riiclit zu. Nach Hanau eu neinem Schwager, dazu hatte ich nicht iibel Lust. Wir kiinnteri nachher iioch eiiiige Tage in den bayerischeii Bergeri zubringeii.

Am 18. April erhielt W o h l e r in ETanau die Kniide von L i e b i g ’ s Tod.

Derjenige, welcher es versucht, das Lebensbild eines hervorragenden Mannes zu zeichnen, hat sich eine keineswegs leichte Aufgabe ge- stellt. Nicht allzuschwer wird es ihm gelingen, hinreicherides Material zu sammeln, um die Erziehung, Entwickelnng, die Erlebnisse desselbeii zur Anschauung zu bringen; auch die Lcistungen, zumal wenn sie auf dem Gebiete der Wisvenschaft liegen, lassen sich im Einzelnen sowohl wie in ihrer Gesamnitheit mit hirireichender Sicherheit verfolgcii rind beurtheilen , um sie weiteren Kreisen verstandlich zu niadien. Un- gleich griisser siiid die Hindernisse, welche sich einer gctreuen Schil- derung des Charakters entgrgenstelleii. Wie schwer ist es, in die verborgensten Falteri des Menschenherzens hineiozuschaucn ! Iiidess wie oft wird auch die Auffassung eiiies Charakters durch mannichfache Einfliisse getriibt, dcren sich der Beurtheilende, wie sehr er dagegen ankampfte, nicht immer zu erwehreii verinag!

Inmitten solcher Unvicherheit wird dern nach Wahrheit Suchenden ein reicher Briefwcchsel mit intimen Freunden , zumal wenn er sich iiber eine geraiime Zeit erstreckt, stets ein willkommener Fiihrer sein, dem er sich mit Zuversicht anvertrauen darf.

Eiii solcher Fiihrer ist dem Vcrfasser dieser Skizae der lang- jiihrige briefliche Verkelir zwischen Wiihl e r m d L i e b i g gewesen;

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auch hat er kein Bedenken getragen, reichlich Rruchstiicke der zwischcn den Frcunden gepflogenen Correspondenz diesen Gedlchtnissblattern ein- zufiigcn. Die bisher mitgetheilten Rriefe bctreffcn indessen, mit wcnigen Awnahmen, kaum mehr als die gemeinsamen wissenschaftlichen Ar- beiteri der beideri Gelehrteri oder geben wohl auch von einzelnen Er- lehnissen derselben nahere Kunde. Allein dicscr Briefwechsel iet weit davon entfernt, ausschliesslich wissenschaftlicheni Meinungsaustausche z u dienen oder an ThatsAchliches anzukniipfen, er entliiillt uns gleich- zeitig deli hochhwzigen Sinri dieser Miinner, die uiieigenniitzige Freund- schaft , die opferwillige Menschenliebc , welche sie beseelte. Siemand wird diese vergilbten Rlatter aus der Hand legen, ohnc von aufrichtiger Bewunderung fiir die Freunde erfiillt zu sein. Ihre Correspondenz umfasst einen Zeitraum von mehr als fiinfzig Jahren, die zwischen ihnen gewcch- scltcn Briefe zahlcn nach vielen Hunderten, aber in diesen Hunderten von Rriefen findet sich kaum cin Wort, das sie miiiischen kijnnten, nicht geschrieben zu haben. Und wie cigenartig tritt uns das Wesen dieser beiden Miinner: die in Naturanlage, Bildungsgarrg, Aiiffassungs- und Aus- drucksweise nicht verschiedener gedacht werdeii kiinnen, aus diesem Rriehechsel entgegen!

L i e b i g , feurig und ungestiim, einen neuen Gedanken mit En- thusiasmus ergreifend, daher aber auch wohl der Phantasie mehr als crwiinecht die Zagel schiesseri lassend, die gewonnene Ucberzeugung hartnackig vertheidigend, abrr dclr Erkenntriiss des Irrthums keines- wegs verschlossen, j a fur den Nachweis desselhen aufrichtig dankbar, - W o h l e r kiihl und bedachtsam. an eine neue Aufgabe mit niichterner Ueberlegung herantreteiid und daher gegen jede ubereilte Schluss- folgerung fast sichergestcllt und erst nach sorgfdtigster Yriifung, welche Trrthiimer geradezu auszoschliessen scheint, eine Arisicht zum Ausdrucke bringend, - aber beide so eigenartig den Wcg der Forscliung wandelnde Mlnner von dersclben uneritwegteri Wahrheits- liebe beaeelt! L i e b i g reizbar und leichtvcrletzt, alsdann aufbrausend, seiner Bewegung kaum Herr nnd derselbcn nic.ht selten in herben Worten Luft machend, daher auch oft in lange und hcft.ige Fehde vcrwickelt, - W o h l e r leidenschaftsloa, selbst iibelwollender Heraus- forderung gegeniiber unerschutterlichen Gleichmuth bewalirend, den bittersten Gegner durch die Gernessenheit seiner Sprache ent.waffnend, aiii abgesagtcr Peind von Zank und Ilader iind daher auch eines Frie- densschlusses kaum hediirftig, - aber beide MMGnner von demselben un- heirrbaren Gerechtigkeitssinne diirchdrungen! Kann es uiis wundern, dass zwischen zwei so verschieden gearteten, aber so wunderbar sich er- g6lrzenden Naturen eine Freundschaft reifen miisstc , welche beide zu den besten Gewinnsteu ihrrs Lcberis zahlen durften?

Iiericlite (1. D. rhern. Grsell6chaft. Jnliry. SV. 307

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Welchen Schatz L i e big in der Freundschaft seines Arbeite- genosseii besitzt, erhellt am besten aus den Vorstellungen, welche WB h l e r nicht mide wird, dem urigestiimen Freunde 211 machen. Welcher gerade Sinn und welche gesunde Philosophie spricht sich z. B. in dem Briefe aus, den er im hnfange des unliebsainen St.reites zwischen M i t s c h e r l i c h und L i e b i g an letateren richtet:

C a s s e l , 3. M a n 1834. Ich erhalte soeben einen Brief von P o g g e n d o r f f , worin e r

mich auf das dringendste ersucht, ihn in seiner Bitte an Dich, Deine fulminante Note gegen M i t s c h e r l i c h ungedruckt zu lassen, zu unterstiitzen. Er hat mir n u r im Allgemeinen den Inhalt daron angegeben; aber ich habe mich bekreuzigt vor diesem Scandal, den T h da angefangen hast oder anfangen willst. Du magst roll- kommen Recht , magst in peraiinlicher Hinsicht Ursache haben, magst dadurch der Wissenschitft. einigen Ilienst leisten, aber dennoch: lieber Freund, handelst Du nicht Deiner wiirdig, ziehst Dich von Deinem hohen wissenschaftlichen Standpunkt, auf dem Dich die Kachwelt erblicken wird, in eine gemeine Sphare herab, worin DU Dir den Glanz Deiner Verdienste beschrnutzest. Ich hoffe, n u wirst nicht denken, dass ich Dir Complimente machen wolle. Und sei iiberzeugt, M i t s c h e r l i c h wirst Du durch Deine Angriffe in den Augen der Welt wenig oder gar nicht schadeii. Er hat eiiien zii grossen Vorsprung, ein zu grosses Talent, um Alles das, wenn es ihn auch wirklich getroffen hat, wieder ganz sauber wegzukehren. Du stehst ohnedies in Deutschland wie iii Frankrcich im Rufe eines Strcitliebenden. Die ungiinstige Meinung wird also auf Dich zuriickfallcn. Die wirkl i~hen Ver- dienste, die D u M i t s c h e r l i c h zugestehen mnsst, bleiben ihm, sie werden ihn immer in der allgemeinen wissenschaftlichen Welt oben schwimmend erhalten. Versetze Dich doch als unparteiischer I3eurtheiler in das J a h r 1890 und denke Dir, dass M i t s c h e r l i c h zu all’ den Angriffen stillgeschwiegen und durch gliickliche Ent- deckungen seinen Narnen noch mehr befestigt habe: Was wiirdest Du von M i t s c h e r l i c h , was von Dir sagen, wenn Du. also 1890, die .Tournale von 1834 und diese Streitigkeiten lesen wurdest? - Was kommt dabei heraus! Nichts, - gar Nicht,s, als dass Du M i t s c h e r l i c h etwas iirgerst, dass Du das Publicum amiisirst, und dass Du selbst Dir das Leben vergkllst und Deine Gesund- heit ruinirst. Also, lieber Freund, ich bitte I k h , hiire auf meinen Rath, lass ab von diesem unheilbringenden Regimen. Glanbe mir, Deine Angriffe und Streitigkeiten werden Dir nur als die Aosbriiche eines kleinliclien Sinnes ausgelrgt.

Lebe wnhl und sei mir nicht biise iiber meine Aufrichtigkeit.

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Wir sind noch nicht bei dem Jahrb 1890 angelangt, aber schon heute wird sich kaum Einer finden. der nicht W i i h l e r in jeder Be- ziehung Recht geben rniisste. Rathschlage, wie die irn vorstehenden Hriefe enthaltenen , ertheilt W ii h 1 e r seinem Freunde jedesrnal, wenn sich dieser in einen neuen Streit einlassen will. L i e b i g hat sie keineswegs immer brfolgt, oft aber hahen sie doch gute Friichte ge- tragen. Hiiren wir nnch, was er ihm schreibt, als ein cusus belli mit M a r c h a n d droht:

G o t t i n g e n , 9. Marz 1843. Mit M a r c h a n d oder sonst Jemand wieder Krieg zu fihren,

es bringt keinen Segen, der Wissenschaft nur wenig Nutzen. Du consuniirst Dich dabei, argerst Dich, ruinirst Deine Leber und Deine Nerven zuletzt durch M o r r i s o n’sche Pillen. Versetze Dich in das J a h r 1900, wn wir wieder zu Kohlensiiure, Ammoniak und Wasser aufgeliist sind und unsere Knochenerde vielleicht wieder Bestandtheil der Knochen von einem IIund, der unser Grab ver- unreinigt, - wen kiimniert es dann, ob wir in Frieden oder in Aerger gelebt haben, wer weiss dann von Ueinen wissenschaft- lichen Streitigkeiten, von der Aufopferung Deiner Gesundheit und Ruhe fur die Wissenschaft? - Nieniand, - aber Deine guten Ideen, die neuen ‘Chatsachen, die Du entdeckt hast, sie werden, gtisiiubert von all’ dem, was nicht zur Sache gehiirt, noch in den spatesten Zeiten bekannt und anerkannt sein. I h c h wie komme ich dam, dem Lowen ZLI rathen, Zucker zu fressen!

Eine Quelle fortwahrender Sorge, man kijnnte sagen, wahren Herzenskummers, ist f i r W o h l e r die zunehmende Eutfremdung zwi- schen L i e b i g und B e r z e l i u s , welche nachgerade in einem formlichen Bruche gipfelt. Vergeblicb bietet er seine gauze Beredtsarnkeit auf, diese Gegensatze auszugleichen. Jede Zeile, welche er in dieser leidigen Angelegenheit schreibt., bekundet den klar denkenden Kopf, das warm- fiihlende Herz des Mannes.

F r i e d r i c h W i i h l e r a n J u s t a s L i e b i g : G o t t i n g e n , 30. Mai 1837.

Ich habe bis jetzt vergeblich auf den Schluss unserer Abhand- lung gewartet; denn ich wollte sehen, was D u in der Abhandlung iiber Katalyse gesagt hast, und mich gegen derartige Aeusserungen wie die in Deinem G e i g e r S. 84 darchaus verwahren, fur den Fall sie in unserer Abhandlung wiederholt waren. Ich meine, dam diese Art , wie Du hier Deine Meinungsverschiedenheit zu er- kennen giebst, einem Mann gegenuber wie B e r z e l i u s , der zudem Dein persiinlicher Freund ist, durchaus unangemessen ist. Nirnm

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es mir nicht iibrl. dass ich es Dir geradeheraus sage und dadurch fast in denselben Fehler rerfalle, den ich Dir vorwerfe. Xiemand wird verlangen, dass nian in Allen) der Yeinring eines Anderen sei, wenn er auch sanst die grijsste Autoritat ware, das versteht sich. Aber so schroff sollte man doch. denke ich, seinen Wider- spruch nicht aussern, am allerwcnigsteri gegen einen Mann, der so vie1 zur Entwicklring der Wissenschaft beigetragen ha t , und dessen Arbeiten das Fundament gelegt haberi zu dem Weiterbau, niit dern die jetzige jiingere Generation beschgftigt ist. - einem solchen Mann geradezu sagen, dass er jetzt fiir die Entwicklung der Wissenschaft nachtheilig mirke, wird derrijeiiigen, dcr es sag, weder als Iliiflichkeit noch als eine Art, die Wissenschaft. zu fijrdern. ausgelegt. Zudern bin ich iiberzeugt, dass, wenri 1111 noch einrnal irm Ja.hresbericht J % e r z e l i u s ’ Aufsatz uber Katalyse auf- merlsani durchliesest, Du finden wirst, dass er damit nicht niehr meint und will als mir auch, dass er nur eine Bezeichnung fur cine Grnppe von Ersclieinungen geben wollte, die u n s bis jc.tzt unerklarlich sind, rind dass e r so wenig wie wir an eine neue l)esondere Kraft glaubt. Ich halte es gerade wieder fiir ein Ver- dielist. von ihm, dass er diese ganzen Geschichten unter einen gemeinschaftlichen Gesichtspunkt zu bringen nnd dadurch um so niehr die Anfmerksarnkeit, die Begierde ihre wahre Natur zu er- forschen, zu erregen gesucht hat. Nach meiner Ansicht hat er dadurch also keineswegs ))den meiteren Forschungen eine Grenze gpetztcc, wie Du ihm rorwirfst.

Das; was er rnit Katalyse bezeichnet , jetzt in hypothetischer Voraussetziing wie die gewiihnlichen %ersetzungserscheiiiti~~~e~i durch wechselweisc Zersetzungcn erkllren zu wollen, ware meines Eraclitens vollkommeri so voreilig HIS wie die Annahme einer neuen I h f t . Ich will damit sagen, dass ich fiir meine Person an keiiies ron beiden glaube, sondern der Meiriuiig bin, dass man, ehe man sich positir fiir tlas Eine oder das Andere aussprechen kaiiii: Tor Allem mit Thatsachen, mit den Resultaten geriaurr Cntersuchungen auftreten muss. In allen Fallen kann dies j a ganz i n Frieden iind in einer solchen Weise geschehen, die arigewendet zii werden pflegt, wenii zwei gute Freunde niit einander reden und rinandtr berichtigen wollen.

Bei der gereizten Stirnniung, in welcher sich 1, i e b i g befindet, giebt zumal B e r z e l i u s ’ tJahresbericht, welcher noch irnmer ron W 6 h 1 er veriiffentlicht wird, Veranlassring zu unerfreulichen Eriirte- rungen, indem Letzterer mit MLssigung aber mLnnlicher Entachie- denheit an seiner Ansicht festhalt.

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So schreibt F r i e d r i c h W o h l e r a n J u s t u s L i e b i g :

G B t t i n g e n , den 31. .Juli 184'2. Woriiber ich nun eigentlich heute zu schreiben hatte ist etwas

Uriangenehnies, es Letrifft die in den Jahresberichten vorkommen- deli Urtheile und Bemerkungen von B e r z e l i u s iiber Dich, Deine Arbeiten, Deirie Ideen. Ich muss voraussetzen, dass die Jahres- berichte schon llrigst riicht mehr von mir sondern von W i g g e r s iibersetzt werden; dass ich nur, weil letzterer noch nicht sicher das Schwedische versteht, die Correctur derselben besorge, und dass ich den ganzen Jahresbericht schon langst zu allen Teufeln hatte fahren lassen, behielt ich ihn nicht aus ltiicksicht f ~ r B e r - z e l i u s in der Harid, d r r einen Werth darauf legt, dass die Her- ausgabe im Deutschen yon rnir besorgt werde. In Deinem zur biisen Stunde geschriebenwi Brief von neulich machst Du rnir auch den Vonvurf, dass ich vo11 H e r z e l i u s gegen Dich ausgesprochene ungiinstige Aeusseruiigen in dem Jahresbericht stehen gelassen habe. Ich hPtte nie gedacht, dass Du m i r darum einen Vorwurf machen wiirdest, Du konritest ja ebenso gut dem Setzer, dem Drucker deshalb einen Vorwurf machen. Auch glaubte ich, dass D u ein solches Verfahren von mir, zu Deinen Grinsten ausgeiibt, durchaus verschmahen, dass Du es , wiisstest n u es im Voraus, dass ich es thun wollte, durchaus nicht zugeben wiirdest. Ausser- dem muss ich Dir sagen, dass ich mehr als einmal solche Stellen durch wesentliche Aenderungen des Ausdrocks bedeutend ge- mildert habe, nicht allein bei IXr. sondern auch bei Andern, in allen Fallen, wo es rnir schien, dass B e r z e l i u s ohne Grund seinen Tadel in eine zu verletzende Form eingekleidet habe. Alles dies ist rnir hochst fatal, und ich fiihle es, dass ich bei dem Verhaltniss, in dem ich einerseits zu Dir, andererseits zu B e r z e l i u s stehe, in eine fausse position gerathe. Wiire etwas damit gean- dert und wiisste man nicht, dass W i g g e r s mein Assistent ist, so wiirde ich schon langst seinen Namen als Uebersetzer auf den Titel gesetzt haben. Jedenfalls werde ich von nun an meinen Namen auf dem Titel ganz weglassen.

Einige Jahre spiiter kommt er noch einmal auf das Verhaltniss zwischen L i e b i g und H e r z e l i u s , welches ihm eine brennende Wunde ist, zuriick.

Das Datum des Briefes ist G i i t t i n g e n , 8. Mai 1814.

Es ist rnir hochst schmerzlich zu sehen, dass zwischen Dir und B e r z e l i u s das alte, freundschaftliche Verhlltniss, dass jede Annaherung zwischeri Euch, jede Versiihnung unmiiglich geworden

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ist. Ich habe das Meinige gethan, dass es nicht so weit kornmen rniige, ich weiss nun Kiclits weiter zu thun. Ich verdenke es Dir nicht, wenn Du Dich vertheidigst, wo Dir Unrecht geschieht, ich finde es natiirlich: iind R e r z e l i u s selbst kann es nicht anders finden. Aber es ist sehr betrubt, dass ea so weit komrncm rnusste, dass dies Alles vor das Publicum kornmt. Ich kiinnte genau den Entwicklungsgang dieses ganzen fatalen Verhlltnisses angeben, er ist leicht zu verfolgen. Jeder voii Euch hat seinen Antheil Schuld, doch icb will in keiiie Einzelheiten gehen. Ich bitte Dich nur: meine Stellung zwischeii Euch niclit ZII verkennen, nicht zu verlangeri, dass ich l’artei g e g e n nehmen soll. Wenn Ihr Euch wie Todfeinde hasst iind bekampft, so werde ich doch Jedeii von Eucli nach wie vor acht.en urid lieben, es wird Ener Zwiespalt rneine AnhRnglichkeit an Euch um Nichts verrniiidcrn, e r ist fur rnich voii nun an niclit da.

Man licst iiidessen zwischeii den Zeileii durcli, dass aiicli Wii h 1 e r nicht rnehr unverruckt auf deiii alteii Rerze l ius ’schen Standpiiiikt steh t. Neue Auffassurigen. aus iieueii Enterauchnngeri elitsprossen, h i d inzwischeii aufgetaiicht, iirid der in] Siniie dieser Auffassuiigeri Arbei- tende koinint nicht selten mit den Dogmen dea schwedischen Forschers in arge Coiillicte. Urn aber den beiden Freunden gegenuber seine Unbefangenheit, urn zu cJedem die alten Beziehungen zu walireii, musste Wii h l e r geflissentlich davon Ahstand iiehnien, in die zwischeri L i e b i g und B e r z e l i u s schwebenden Differenzen persiinlich einzutreten. Und wenn wir ilin linter den gegebenen Verhaltnisscn bei der Herausgabe des Jaliresberichtes und des I A r b u c h s von B e r z e l i 11 s bis zu desseo Tode, wenn aucli in letzter Zeit niclit nich unter Nennung seines Nameris, rnitwirken sehen, so miissen wir in der mit jedem ,Talire driickender werdenden Erfulliirig eines einrnal gegebenen Verspreclieiis eiiien schiinen Beweis von W ii 11 le r ’s pietltsvolleii Gesiiinungen er- blicken. B e r z e l i u s hat iiie geahnt, wie schwer W o h l e r diese Er- fiillung geworden ist, so dass er ihm in der That noch kurz vor seinem am i. Angost 181% erfolgten Tode die Fortsetzung des Lehr- buchs driiigend clinpfohleu hat. Er sclireibt ilim unter dem 16. Mai 1847:

sIm Falle ich die begorinene Ausgabe dea Lehrbuchs niclit mehr beendigen kiiiinte, empfehle ich Dir die Fortsetzung, so dringend wie nur ein Vater sein Kind enipfehlen kann.c

Dieseni Wunsclie des riiterlichen Preundes hat W ii 11 1 e r allerdings nicht zu entsprechen verniocht. So lange B e r z e l i u s lebte, konirte er, was immer seine cigenen Auffassungen waren, die hnsichten des beruhmten schwedischen Forschers eineni deutsclieii Leserkreise zugiinglich rnachen. Bei der selbstandigen Fortsetzung des Lelirbuches nach dern Tode

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des Verfassers wiirde er entweder rnit dem Geiste des Werkes oder rnit sich selber in Widerspruch gerathen sein. So ist denn, wie schwer es fiir W o h l e r war , die fiinfte Auflage des 13erzelius’sc.hen Lehr- buches unvollendet geblieben.

Aber es sind keineswegs ausschliesslich wissenschaftliche Ange- legenheiten, welche Gegenstand von W i i h l e r ’ s RathschlQen sind. Haufig genug greifeu sit? mitten in’s Lebeii hiriein urid bekunden dann gewiss jedesmal die gesunde Lebensphilosophie unseres Freundes. Der Rath, den er L i e b i g am Schlusse des Semesters giebt, ist boffentlich auf einen guten Uodeii gefallen:

F r i e d r i c h W i i h l e r a n J u s t r i s L i e b i g : C a s s e l , 23. Juni 1833.

Dein tinwohlsein und Dein grauer Humor gehen uns, B u f f urid niir, sehr zu Herzen. Wir freuen uns aber iiber Deinen guten Entschluss, in’s Bad zu gehen. Icli erwarte davon eine gute Wirkung, rorausgesetzt, dass Du einigermaassen das Talent hast, wahrend dieser Zeit den Professor der Chernie und die ganze Chemie sarnrnt der ganzen philosophischen Fncultat in Giessen zu vergessen, den ganzen T a g rnit Xichtigkeiten hinzu- bringen, amiisante Itomane zu h e n , fur hubsche Gesichter und Gestalten Sinn zu haben und nur auf Pflegung Deines Korpers zu denken.

schliesslich bekomint L i e b i g auch rine Strafpredigt zu hiiren:

Die hypochondrischen Stimmungen entspringen nur aus krank- haften kiirperlichen Vorgangen. %ti den rrsteren gehort auch Thin Misstrauen gegen M a g n 11 s , der aus den Wolken gefallen sein wird. wenn er hart, wie Du seine Schreibnacliliissigkeit so iibel auslegst. Glaube mir auf mein Wort, M a g n u s ist der vor- trefflichste Charakter , das bcste H e n , der unveranderlichste Freund, den es geben kann - - - -.

Wie froh bin ich, B u f f hier zu haben, und wie freut es mich, dass e r rnit seiner Stellung zufrieden ist; auch ist er rnit Leib und Seele seinen Obliegenheiten ergeben. Er sitzt auf rneinem Sopha, studirt Krystallographie und lasst griissen.

Das beh.agliche Bild, welches W o h l e r am Schlusse des Briefes VOII seinem Zusarnrnenleben rnit dem erst vor kurzer Zeit nach Cassel versetzten Freunde giebt, ist nicht geeignet, den Vorwurf, den e r L i e b i g ob seines Misstrauens gegen Magnu s rnacht, abzuschwachen.

Die rnitgetlieilten Briefe zeigen uns W o h l e r , wie er aus eige- ner Initiative dem Freunde als treoer Berather a i r Seite tritt, weit

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ofter noch aber finden wir L i e b i g des Rathes bediirftig und alsdann in allen zweifelhaften Fallen die gediegerie Ansicht des bewahrten Freurides erbittend. Wie oft, wenii er in einer Experimental-Arbeit auf Schwierigkeiten stosst, schreibt e r ihm: ))Stecke doch einmal n e i n e Spiirriase da hiliein.(( Er unternimmt, er veroffentlicht kaum etwas, ohne W o h l e r ' s Rath vorher eingeholt zu haben. Mit lnteresse lesen wir einige Briefe aus den vierziger I J, h ren:

J u s t u s L i e b i g a n F r i e d r i c h W i i h l e r : G i e s s e n , 1. Juni 1840.

Ich erhalte soeben Deinen Brief vom 19. Mai rind darin ein Stiick von Dciner Meinung iiber den Aufsatz*). Es ist rnir von grosser Wichtigkeit sie ganz zu wissen, da mich cine Menge Grunde verarilasseii, einige Taoscnd Exemplare davon als besondere Rroschiire in die Welt zri schicken; viele Personen wiinschen es, ich bitte Dich also dringend, Dich im ersten frcien Augenblick hinzusetzen und rnir eine vollstlndige Kritik zu senden; erwiige aber, dass ich als Autor Parthei bin, iiiirnlich fiir die Chernie, uiid dass mir deshalb Manches zii gut gehalten werden muss, was ich Anderen gegenuber zu sagen mich veranlasst sah. Hiitte ich es mit Dir und zwei oder drei Anderen zu thun gehabt, so w l r e Vieles iiberflussig gewesen; alleiri mein Zweck ist, auf das grosse Publicum und auf die Regierungen ZII wirken. Der Himmel gebe seinen Segen dazn und emancipire nns. Die Chtimie stand bisher den anderen Fuchern gegeniiber in einer sonderbaren Lage, wir werden gewissermaassen als Eindringlinge betrachtet; alleiii dies sol1 sich iindern, sic sol1 nebeii oder iiber den an- deren stehen. L.

D e r s e l b c a n Dei i sc lber i : G i e s s e n , '20. MIrz 1841.

Dein Brief war eirie grosse Erquickung fur mich. Wenri Du erwlgst , welchen grossen Einfluss Du auf alle meine Arbeiten urid arif nieinen Ideengang hast, einen Einfluss, dessen Du D i r freilich nicht bewusst werden kannst, dass ein blosses Frage- zeichen von Dir fur mich ein Gegenstand des Nachdenkens wird und l)u am Ende der Kinzige bist, den ich um Rath f p g e , so kannst I )u Dir denken, wie angenehm es rnir war, dass Du nach Deinen Erfahrungen ails friiheren Studien nichts gefunden hast, was man den Schliissen, zu denen ich gekomrnen bin, direct ent- gegensetzen kijnnte. Werin Dcin Verstand mir nicht sagt, ich sei

*> Der Zustand der Chemie in Prcussen.

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auf unrichtigem Wege, - und dariiber wollte ich eigentlich Deine Meinuiig hbren, - so muss niich dies zum Fortfahren er- muthigen. Ich habe einen ganzen Tag damit zugebracht, Dir nieine Ansichten iiber Ernllirung und Respiration zu entwickeln und werde sie Dir bald schicken. DU wirst bemerken, daas sie Allem entgegen sind, was man bis jetzt aniiimmt, und was ich friiher angenommen habe ; aber ich bin von ihrer Wahrheit durch- drungen und glaube, dass in ihnen die Grundlage der Physiologie und Pathologie liegt. Ich bin aber, aufrichtig gestanden, so furchtsam, damit hervorzutreten, dass .ich die Idee, sie in einem kleineii Buche herauszugeben, von Deiner und W a g n e r ’ s Ansicht abhangig machen will. Was spricht dagegen? Das mochte ich wissen; was dafiir, brauche ich nicht zu erfahreri. - Ich arbeite eben den Artikel Rlut (fur das Wiirterbuch) und kann die Qua1 und den Eke1 nicht beschreiben, den mir all’ das Gematsch, das man damit gemacht hat, einflosst. L.

Und wie sich die aufrichtige Freundschaft der beiden Forscher in der Hereitwilligkeit des Rathertheilens und des Rathannehmens aus dem Rriefwechsel erkennen Iiisst, so zeigt uns derselbe auch die Uneigennutzigkeit dieser Freundschaft , insofern Jeder die hijchste Befriedigung ernpfindet, wenn sich Gelegeriheit bietet , den Ituhm des Anderen zu erhiihen. Wenn der Eine eine schorie Reobachtung gemacht hat, so ergeht, - wie wir bereits mehrfach gesehen haben, - alsbald die Aiifrage an den Anderen, ob iiicht die beobachteten Erscheinungen Gegenstand eirier gemeinsamen Arbeit werden solleii. Oft genug auch trifft es sich, dass der Eine eine Arbeit fertig macht, und dass der Andere, der nichts davon weiss, nun zu seinein Staunen rernimmt, dase ihm die Halfte der Ehre van dem Preunde octroyirt worden ist. Am 15. J u l i 1843 schreibt

J u s t u s L i e b i g a n F r i e d r i c h W o h l e r : G i e s s e n , 15. Juli 1843.

Du hast mich in der Zwischenzeit wieder einige neue Ent- deckungeii mit der Opiansaure machen lassen und mich damit sehr beschamt. Ers t seit, acht Tagen ist G e i g e r und meine Agri- culturchemie fertig, und ich kann wieder an eigne Arbeit denken. Einige Versuche iiber Harnsaure sind vielleicht nicht unwiirdig Dei- nen Namen zu tragen. Das Wthsel erscheint mir durch das Ver- halten der Harnsaure zum alkalisch reagirenden phosphorsauren Natron ge16st zu sein. Dieses Salz lost niit merkwiirdiger Leich- tigkeit in der Wiirme Harnsaure auf, nimmt sogleich eine s m r e Reaction an und l a s t beim Ueberschuss harnsaures Natron beim Erkalten fallen.

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W G h l e r kann nicht alsbald zu einem Entschlusse kommen. Seine Antwort erfolgt erst vierzehii Tage spater :

F r i e d r i c h W i j h l e r a n J u s t u s L i e b i g : G i i t t i n g e n , 4. August 1843.

I k i n e Entdeckung ist s rhr merkwiirdig, und noch merk- wiirdiger werden die Folgerungen sein, die DU daraiis ziehen wirst. Du hist sehr grossmiit.hig , mich an all’ den] theilnehinen zu lassen, aber ich bin so undaiikbar, noch etwas zweifelhaft zu sein, 01) ich die EJire: die I>u mir anbietest, annehnien 4 1 . Haridelte es sich uni eine Arbeit, die hauptsaclilich sich anf That- sachen griindet. so ware ich keiricn Aiigenblick iin Zweifel. Aber eine Arbeit , deren Hauptinhalt und Werth aiif Raisonnement beruht, wozii a.m Ende doch nur E i n e r die Ideen gcben k:tnn, scheint sich nicht recht zu riner gemeinschaftlichen Publicatiori zu eignen. Jedermaiin wird wissen. dass die Thatsache. von der das G a m e ausgeht, voii Dir aufgefunden wordeii ist, noch irielir wird .Jcdernianii iiberzeugt sein, dass die ldeeri urid physiologiachm Folgerurigc.ii. die sich damn kniipfen, TXr angehiiren. Man wird also fragcri . wozii die Compagnie? Jedenfalls gieb mir cine Richtung a n , in der ich voii inciner Seite die Sache verfolgen kann.

In ahnlicher Weise hat W iihl H T gegen die Mitvaterscliaft dcs Carbothialdins ZLI protestiren :

F r i e d r i c h W i i h l e r an J u s t u s L i e b i g : G i i t t i n g r n , 9. Jaiiiiar 1x47.

Ich kann unmoglich darin einwilligen, dass Deine Uiitersuchong iilm die Schwefelkol~lenstoff-Hase linter uiiserm gemeinschaftlichen Namen publicirt werde. dass ich durch blosse Hinzufiigung nieines Narncns zii dem Deinigen ari eiiier Ehre theilnehme, die ich diirchans nicht verdient habc. Was sollten aucli die Leute, die bei mir arbeiten, uiid nieine Assistenten davori denken, wtmn sie eirie solche Arbrit gedruckt sahen, von der pie wissen, dass icli so absolut unbetheiligt, datjei war, dass ich den Kiirper, voii dem die Rede ist, nicht einmal gesehcn habe. Mit dem Thialdin habe ich mir die unverdient.e Ehre gefallen lassen. Es war einerseits einc Art Compensa.tion fur die Allophans~ore und die Trigen- slure; die Genieinschaftlichkeit war hier ganz natiirlich, weil der Gegeiistand als eine Fortsetzung uriserer friiheren Arbeiten iiber die Cyansarire zu betracliteri war. Andererseits habe ich das Thialdin doch wenigstens selbst dargestellt und analysirt , aiich das Selcnaldin hinzugefiigt. Abcr voii dieser ScliwefelkotileIistoff-

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base weiss ich j a gar Nichts, und die Entdeckung gebiihrt Di r um so mehr ganz rillein, als Du ganz unabhangig von meinen Versuchen aiif diese Idee gekommen bist. Ich werde Dir dafiir iiichstens, sobald ich iim einige Schritte weiter gekommen bin, eine neue gemeinschaftliche Arbeit vorsclilagcn , und hoffe, dass DII dann nicht unedlc Rache nehmen wirst.

Dass die Freunde, wclche einander mit den schiinsten Ent- deckungen beschenken, sich gelcgentlich ituch des leiblichen Menschen erinnern, braucht kaurn besonders erwahnt zu werden. Die Kr- iirterung wissenschaftlicher Aufgaben, die Mittheilung chemischer Entdeckungeri schliesst nicht ails, dass auch praktische Fragen der Verpflegung mit in den Kreis der Betrachtung gezogen werdcn. Gewiihnlich firiden wir diese hauslichen Angelegenheiten in ciner Nachschrift behandelt,; oft genug aber drangen sic! sich ohne irgend welche Vermittelung in die wissenschaftliche Correspondenz hinein, und muss dann zufdlig gerade auch noch eine interessante Tagesneuigkeit mitgetheilt werden, so entsteht mitunter eine olla poin’da, die nicht mannichfaltiger gedacht werden kanri.

So schreibt WB h l e r ini Mai 1851: , M a g n u s ist Familienvater geworden; P l a n t a m o u r hat ein

Stickstoffquecksilber dargestellt , das wie Jodstickstoff explodirt ; die Wurste bekommst Du direct von der Postmeisterin in Elze. Ich sehicke Dir ubermorgen einc kleine Abhandliing van V o l k e l iiber das rothe krystallisirte Schwefelwasserbtoffcyan, es ist das geschwefelte Oxmiid ; das Apf(?lsineniil enthilt keirien h e r - staff. - --((

Wir wissen nicht, ob die Wiirste der Frau Postmeisterin richtig Engclangt sind; aber so vie1 stcht fest, zwischen Giittingen und Giessen, nnd spiiter zwisclien CxBttingen uiid Miirichen ist fast immer etwas uxiterwcgs, was niclit mit der Briefpost geschickt werden kann. Im October 1847 schreibt L i e b i g von Giessen :ius an W i i h l e r :

,Als Curiositat gcht diese Woche cine Kiste mit Wein an Dich a b ; es ist 1811er aus der Verlassenschaft van H a l s e r , der ihn selbst kaufte. Ich wunsche, dass diese Seltenheit Dir schmrcken miige.

Setze doch auf jcde Bouteille 3‘/2 g. neutrales, weinsaures Kali zu, lasse die Flaschen etwa vier Tage liegen und fiille dann den Wein vom Weinstein ab.e

Man sieht, der edle Rebensaft aus dem beruhmten Weinjahre 181 1, den L i e b i g aus dem Balser ’schen Keller erworbcn hat, ist etwas snuer gewordcn, und diescr Umstand hat ihm Veranlassung gegeben, die

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vortreffliche Weinentsguerungsmethode vorzuschlagen, welche eine so weite Verbreitung gefunden hat.

Von Miinchen schickt L i e b i g allerdings keinen Wein mehr; desto iifter aber findet ein Fass Bockbier seiiien Weg nach Gottingen, wo es von W o h l e r und zurnal auch von dessen Blteren und jungeren Anitsgrnossen stets mit unzweifelhafter Genugthuung emtgegengenorn~neri wird. Der Bock geht in dem Wijhler‘schen Keller nicht inelir aus.

))Tausend Dank fur den Hock((, schreiht W i i h l e r hei Gelrgen- heit einer solchen Sendung. zdxs izt ja ein wahrer S w t a r , und selbst meinr Frauenslrute sind gariz versessen darauf.*

Heide Freunde sind leidenschaftliclie Rauclier, zumal W oh1 e r , der einrnal einem nichtrauchenden Collegen die triistliche Bemer- kung rnachte: ))Man habe Heispiele, dass auch Sichtraucher ertrlgliche Cherniker geworden seien; der Fall komrne aber doch selten vor((. Dass ein Rauchliebhaber wie iinser Freund stets mit den besten Cigarren versehen war, versteht sich von selbst. Er unterhalt directe Heeiehungen rnit den erstcri Hausern in der Havanna. Aber wenn eine solclie Kiste mit dern edelsten GewLchs in Giittingen angelangt ist, so wandert gewiss alsbald die Halfte des Inhalts nach Giessen oder Miinchen. 1111 Liebig’schen Hause sind solche Sendungen stets willkornmen, denn die Whistabende consurniren eine unglaubliche Snzalil von Cigarren. Dank der Fiirsorge W o h l e r ’ s und anderer Freunde ist aber stets ein ausreichender Vorrath vorhanden. Nach 1, i e b ig’s srhwerer Krankheit irn Somrner 1570 schreibt der Genesende an W i i h l e r :

))Ich hatte Dir testarnentarisch alle meine guten Cigarren ver- macht, und ich hoffe, dass Du nicht rerdriesslich sein wirst zu horrn, dass ich n u n die Dir bestimniten beinah’ gLnzlich verbraucht habe.((

Aber dime zarteu Aufrnerksarnkeiten , diese reizenden Liebes- dienste, welche sich wie ein rother Faden durch den Rriefweclisel hindurchziehen, sind doch, wie sehr sie das Leben schmiicken, immer nur Lussere Kundgebungen der innigen Freundschaft der beiden Miinner, welche in der vollendeten persiirilichen IIochachtung ihre Grundlage, welche in der Gemeinsarnkeit der den hochsten Sufgaben der Erfor- schung der Natur zugewendeten Bestrebungen ihren Schwerpunkt findet.

Die Freundschaft W o h l e r ’ s und L i e b i g ’ s ist fur Alle, denen es vergiinnt war, ihnen niiher zu treten, ein Gegenstand der Bewunderung, ein Vorbild zur Nacheiferung gewesen. Wer in die freudestrahlenden Augen der beiden Forscher blickte, wenn sie vereint waren, wer hatte nicht die Sehnsucht nach einem Bhnlicheii Freundschaftsbunde empfunderi ?

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Von dem G l k k e , welches die Beiden aus ihrer Freundschaft schiipften , giebt der Briefwechsel zahlreiche , oft riihrende Beweise.

))l)as Vergniigencc, schreibt L i e b i g , wvelches ich habe, wenn ich auf der Adresse eines 13riefes an mich Deine Hand erkenne, ist immcr neu fiir mich, denii keiner Deiner Hriefe, wie viele ich auch schon einpfangen habe, hat mir jemals etwas Anderes als Angenehnies gebraclit . u

Noch wolleii wir hier der Worte gedenken, in denen L i e b i g , als sich schon die Scliatten des Lebensabends senken. auf der Schwelle des neuen Jahres den Freund begrusst:

M i i n c h e n , 31. December 1871. Ich kann das J a h r nicht ablaufen lassen, ohne Dir noch ein

Zeichen meiiier Fortexistenz zu geben und die herzlichsten Wiinsche fur Dein und der Deinigen Wohl im neuen auszusprechen. Lange werden wir uns Gliickwiinsche zu neuen Jahren nicht mehr senden kiinnen, aber auch w e m wir todt und langst verwest sind, werden die Bande, die uns im Leben vereinigten, uns Beide in der Erinnerung der Menschen stets zusammenhalten als ein nicht haufiges Beispiel von zwei Miinnern, die t r w , ohne Neid und Missgunst iu demselben Gebiete rangen iind stritten und stets in Freundschaft eng verbunden blieben.

Wenn Eiuer nach dem vorwaltenden Zuge in W i i h l e r ’ s Clia- rakter friige. man wiirde unzweifelhaft antworten miissen: die Freude an der Natur. Sie giebt sich unzweideutig in seiner umfassenden, ihrer Erforschung gewidmeten Lebensarbeit zu erkennen, und wohl durften wir daher diesern Erinnerungsblatt die Worte voraiistelleu, welche S h a k e s p e a r e dein Edmund im King Lear in den Mund legt, obwohl dieser sie in anderem als dem hier gemeinten Sinne ausspricht.

Die Lust an der Forschung hat sich W i i h l e r Iris in’s hohe Alter bewahrt. Bezeichnend sind einige Worte, die e r in deli sechziger Jahren an L i e b i g richtet:

,Indem Du Dich iiuii auf solch‘ einem philosophisch-specula- tiven Gebiete bewegst, werden Dir chemische Mittheilungen klein- lich und langweilig vorkommen, wie schon aus Deiner friiheren Aeusserung hervorgeht, dass es Dir sehr gleichgiiltig sei, ob es noch ein Oxyd vom Silicium @be oder nicht, ob das Atom- gewicht des lctzteren 21 oder 14 sei; ich kann aber doch nicht unihin, mich noch kindisch an dergleichen freiiend , zu berichten, dass ich nun die Darstellung des Silicium-Calciums, aus dem mit Sguren das schwefelgelbe Oxyd entsteht, in der Gewalt habe; freilich ist dazu krystallisirtes Silicium erforderlich.cc

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Allein man kann sich, auch ohne den Hintergedanken an die Forschung, der Natur erfreuen. So wird diese Freude denn hei W o h l e r auch schon durch ihre einfache Retrachtung wachgerufen. Der Anblick eines schiinen Minerals, einer arimuthigen Pllanze, eines bliihenden Gartens, eiiier reizeiiden Gegend verrnty: sein bewegliches Herz in lebhafte Schwingungen zu versetzeii. WK h l e r ' s Mineralien- sammlung enthalt die glanzendsten Erzstufen , die prac.litvollsten Kry- stalldriisen, in seinem Garten wachsen die schiinsten Strauclier, bliiheii die duftigsten Blumen. Wie oft, wenn er an L i e b i g schreibt, wird er von der grossen Musa :)mit den iieun riesigen HIBtterrie? welche neben seinem Schreibtisch steht, gegeri die eindriiigenden Sonnen- stra.hlen geschiitzt.! Oder es ist die nahe Akazie, welche dieseii Dienst verrichtet. Wie wonnig mnthet, iins der Fruhling aus den Worten an, welche W6 h Ier der Beilegung eines kleinen Disputs innerli;tlb der Redaction des Handwiirterbuchs vorausscliickt:

C i i t t i n g e n , 7. Mai 1841. Die Akazie vor meinem Fenster ist wieder mit jungem (;run

bedeckt uxid reiclit mit ihren Zweigeii in nieine Stube hinein. hlle Baume in meinem Gartcn, in deli ich VOII meineni Schrrib- tisch ails seheri kann, bliihen und duften; auf der Linde sitzt, schon seit drei Tageri oine Nachtigall und ist unermiidlich in ihren Liebesliedern. Meine Vorlesungen sind aiigefangen, und die erste , die unleidliche E:inleitungsstn~ide, ist gliicklich voriiber, - was will man mehr? Ich habe gestern voii P o g g e n d o r f f einen Brief erhalten als Antwort auf rneinen Versiihiiungsversnch. Er will nachgeben und den Artikel Elektricitat H u f f iiberlassen. Es ist nuii an Dir , ebenfalls eirieii Schritt entgegenzukorrirneri.

Wieder und inirner wieder iii dem Hriefwechsel rnit L i e b i g spiegelt sich diese aus der Aiischauung der Ea tur geschiipfte Freude. Am lautesten aber wird sie heirn Anblick des Meeres und der Alpen. So schreibt er im Sommer 1854 an L i e b i g :

,Nach Hause zuruckgekehrt spiirte ich nieiiie Reiselust iiocli nicht gestillt.; ich fiihlte eine besoridere Sehnsucht iiach deni Meer, packte also voii Neuem auf uiid fuhr nach Bremen, und voii da nsch der Sordseeinscl Wangeroge, einem Seebad, wo ich, in einer Fiscberhutte dicht am Meer woh- nend, mich eine Wache lang vom lauen Seewind durchwrhen liess und mich an dern grossartigen Anblick dcs sturmi- sclien Meeres erfreute. Am Strande fand ich den beikornmeiiden Feuerstein mit der darauf gewachsenen sogeriannteri Seefedcr, den das Meer offenbar fur Dich ausgeworfen hatte. Die Wurzeln sitzen in der ZII weisser Kieselsiiure verjinderten Feuersteinmasse.

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Ich um das der

habe eine grossere Menge von dieser Seefeder mitgebracht, die Aschenbestandtheile zu nntersuchen. Beim Trocknen fangt Zeug a n , sehr stark heringsartig zii stillken. Es ist gariz Geruch des ‘L‘rirnethylamins, was wahrscheinlich von der

Fiiulniss mikroskopischer Polypen herriihrt. die in zahlloser Menge darauf sitZen.((

Wie Jubel nber erklingen seine Worte, wenn in den Rriefen die

bhuf dem hijchsten Gipfel des hintrrsten blauen Berges stand des Tiberius Palast, in dessen Ruinen ich die prachtvollsten Trauben und Feigen ass, w2ihrend zwei braune Madchen, unsere Pferdefiihrerinnen, nach einem Tambourin die Tarantella tanzten. Die Aussicht von da arif das blaue Mew, auf die Golfe von Seapel und Salerno, auf das Cap Campanella. auf die Inseln Ischia und Procida bis GaGta und das Vorgebirge, auf dem die Circe sass und durch ihren Gesang den Ulysses verfuhren wollte, - diese Pracht ist nicht zu beschreiben.a

Erinnerung an die hesperischen Gefilde, an Capri auftaucht :

Und nocli im hijchsten Alter beschleicht ihn oft die Sehrisucht nach der frohen, freien Natur. >Mir geht es grnau wie Dim, schreibt er an L i e b i g , ))such ich will nichts melir sehen, als Rerge, Wald iind See, keine Stiidte, keine Collegen, keine Laboratorien..((

Es ware scltsain, wenn W o h l e r’s dem Schijnen in der Natur niit solcher Vorliebe zugewendeter Sinn nicht auch dem Preise der Schopfung gehuldigt hatte. Bis i n sein hikhstes Alter hat unser Freuud zu den schwarmerischen Bewunderern von Frauenschijnheit gehort, wahremd seines ganzen Lebens ist er sich des veredlenden Einflusses bewusst gewesen, welchen der Verkehr niit holdcn Frauen anf das harte Oe- miith des Mannes ausiibt. lndessen war es die Schonheit nicht allein, welche sein Herz gefange~i nahm; wenn sich jedoch der’ Schonheit Anrnuth und Liebenswurdigkeit, z o n d aber Verstandniss fur hijhere Aufgaben hinzugesellten, so entfaltetc sich bei W i i h l e r leicht aus der fliichtigen Bewunderung ein Verlidltniss daucrnder Frcundschaft, und wohl hat alsdann ein solches Frenndschaftsverhdltiiiss in jahrelangem Briefwechsel begluckenden Ausdruck gefunden. Solchen Hriefwechsel pflog er mit Frau L a u r a , der Gattin des ihm nahe befreundeten Professors J o y in New-York. Dem auf Borneo als Mineral vor- kommenden Riitheniunisulfid [vgl. lS3)] hat W 611 l e r bekanntlich den Namen Laurit gegeben. I n einem Rriefe an L i e b i g behauptet e r zwar, das Mineral sei nach einer beriihmten malayischen Pririzessin so be- nannt worden; wir glaiibeii uns aber nicht zu tauschen, wenn wir annehmen, dass Frau L a u r a J o y das neue Mineral aus der Taufe gehobcn hat.

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Ein herrlicher Zug in dem Charakter des Mannes, welcher ihn Allen, die sich des persBnlichen Umgangs oder des schrif!lichen Ver- kehrs mit ihm erfreuten, so werth machte, war seine ungeschminkte Rescheidenheit.. Wie liebenswiirdig kommt sie in den Biiefen a n L i e b i g zum Ausdrrick!

Mit welcher Eiitschiedenheit er sich gegeri, seiner Meiiiung iiach, uiiverdiente Ehre auflehnte, haben b i r bereits gesehen. Aber anch wine Busserr: Stellung will er nur dem eigenen Verdienste dankeii. Im Jahre 1840 hat L i e b i g irnter ganz ausnahmlic.hen Redingongen einen Ruf nach Wien erhalteii. Zu dem Eritsclilusse gelangt, ihn abzulehnen, wiinscht er den Freund in dieser mit. grossartigen Mitteln arisgestatteten Stelliing zii sehen und dringt in ihn, dass er ihm gestatteri miige. ilin vorzuschla.geii.

I-Iiiren wir, was W ii h 1 e r nuf sein Drangen antwortet:

,Ich danke n i r fiir ne in Aiierbieten, statt Deiner micli fiir Wien vorziischlageii. Hist I>u wirklich entschieden, fur Drine Person abzulehnen, YO lasse mich aus deni Spiel. Ich bin in Wien gewesen, die Leute haben mich beguckt, sie wisseii unge- Ghr, was ich geleistet habe, - wenn sie also im Mindesten mich fur werth halten, Dich zu ersetzeii, so mijgeii sie auch selbst auf die Tdee kommeii.a

Wie ganz uiid gar diese , anima candidissima auch selbst dem Scheine einer Selbstverherrlichurig abhold ist , zeigt eine eigenthiim- liche Reclamation, die e r zu Aiifang 1850 an L i e b i g richtet:

))Wizderholt hahe ich mich daruber beklagt, dass S t r e c k e r * ) ririter meirie unbedeutenden Notizen meinen gaiizeii Nainen aus- gedruckt setzen l b s t , statt wie im Manuscript nur mit eiiiem W. darunter, ganz so, wie wenn es Absicht ware, den Leuteii recht augenfdlig zu zeigen, welche erbarmlichen Sachen ich fur der Miihe werth lialte, drucken zu lassen. Dieser Fall ist nun von h’euem wiederholt vorgekommen. Dies ist eine sehr kleine Sache, aber die kleinen incommodiren ebeiiso sehr wie die gr0ssen.c

Und wie gering schkgt er sein eignes Verdienst an , weiin er in demselhen Briefe an eine kleine Abhandlung erinnert, welche wahr- scheinlich in dem ))Abgrund von L i e big’s Papierkorb(( verloren ge- gangen ist:

) ) L a s e doch die ))Darstellung der reinen Titansaure durch Fluss- saurecc endlich drucken, zumal sie zu den aiideren Titansachen gehiirt. Ich habe sie Di r schoii im December geschickt. Konimt nun nach so langer Zeit wieder so ein Titanbrocken, so denken

*) Damals Subeditor der Annalen.

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die Leute, das Huhn hijrt nicht auf, in dem alten Mist zu scharren, weil es einmal ein gutcs Korn darin gefunden hat. Ich aber habe das Titan bis an den Hals sat t , und es ist mir ganz euwider, irnrner wieder von Keuem auf dem alten Gaul zu reiten.((

Gelegentlich fallt es L i e b i g einrnal ein, dern Freurid fiir die zahl- reichen und werthvollen Heitrage zu den Annalen ein substantiales Aequivalent zu bieten. Davon will aber W i i h l e r nichts wissen; es ist ihm schon genug, wenn er ein Rischen gelobt wird:

,Auch sollst Du nicht glauben, dass ich fiir die Beitriige, die ich fiir die Annalen schicke, irgend eiii Honorar erwarte. Ich verlange nichts weiter, als dass Du Dich von Zeit zu Zeit be- dankst und mich lobst, was ich sehr gern habe, auch weun es Schmeichelei, also unwahres Lob ware, wie z. B. das , was I)u vor einiger Zeit iiber die Casteoreum-Untersuchung gesagt hast, und was eigentlich nur purer Spott ist.c

Aber selbst in der nai’ven. Bitte urn Anerkennung liest man die

End in dem Maasse, als sein Ich in dein Briefwechsel zuriick- tritt, werden die Verdienste Anderer emporgehoben. Jede wissen- schaftliche Mittheilung, die er von L i e b i g erha.lt, ist ihm Veranlassung, dem Freunde seinen aufrichtigen Gliickwunsch darzubringen. Mit welcher Bewunderung erfullen ihii die kiihnen Speculationen, welche L i e b i g in daa Gebiet der physiologischen Chemie hineintriigt :

zlch danke Dir fur Deine organische Chemie. Ich las sie mit grosser Andac,ht und freue mich iiber die geistreichen Ideen, die jede Seite enthalt. DU hast einer Menge von Dingen Worte geliehen, die auch mir schon vorgeschwebt hatten, ohne dass ich sie aus ihrer Nebelhaftigkeit, in’s Klare bringan konnte, wie z. R. das , was l h iiber die Art , wie die Physiologie bet.rieben wird, ausserst. Deine Theorie der Pflanzenentwicklnng und Ernahrung ist so plausibel nnd verfihrerisch, dass ich von ihrer Wahrheit iiberzetigt bin. Wenn Du nur von den I’hysiologen der jetzigen Generation verstanden wirst!<(

Anspruchslosigkeit des Mannes zwischen den Zeilen durch.

Oder er spricht sich uber die Aufsatze ails, welche L i e b i g zur Vertheidigung seiner Ansichten uber €3 a c o n veriiffentlicht hat:

,Ich habe sic mit dem griissten Vergniigen gelesen und wiedrr mit wahrer Rewunderung des Talentes, das Du auch nach dieser Richtung an den Tag legst. Wenn ich mich schwerer auf SO

etwas einlasse, so ist es nicht der Mange1 an Interesse sondern Beriehte d. I). ehcm. (:esellschaft. Jnhrg. XV. 20s

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Ungeubtheit, in solchen Gebieten zu denken. Dazu kommt mein sehr schlechtes Gedachtniss; ich behalte nur den Eindruck vom Ganzen, womit dem fragenden Autor, der ein Eingehen in das Einzelne erwartet, nicht gedient ist. Meine Phantasie ist ziemlich beweglich, aber im Denken bin ich peinlich schwerfallig. Nie- mand ist weniger zum Kritiker gemacht als ich. Das Organ fur philosophisches Denken fehlt mir ganzlich, wie Du liingst weisst, ebenso wie das fur Mathematik. Nur zum Beobachten habe ich, wie ich mir einbilde, eine passable Eiorichtung in meinem Gehirn, womit auch eine Ar t Instinct, thatsachliche Verhaltnisse voraus- zuahnen, verbunden sein mag.(<

Dass der Forscher, welchem wir das geflugelte Wort: > P r o b i r e n g e h t i i b e r S tudi rencc

verdanken, sich auf dem sicheren Boden der Beobachtung heimischer fiihlt als im luftigen Reiche der speculativen Abstraction, ist uns nicht befremdlich, wohl aber will es uns bedunken, dass es auch fur die Bescheidenheit, selbst wenn es sich um die Schatzung des eigenen Werthes handelt, eine Grenze giebt.

Indessen sind es nicht nur L i e b i g ’ s Speculationen, welche W o h l e r zur Bewunderung hinreissen. Mehr noch vielleicht nehmen ihn die Ergebnisse seiner grossen experimentalen Forschungen und die ausser- ordentlichen Mittel gefangen, welche zu ihrer Erlangung in Bewegung gesetzt werden. Mit Entzucken begrusst er die Nachrichten, welche ihm L i e b ig iiber die beruhmte Fleischuntersuchung zugehen lasst:

,Ich sehe im Geist die iibelriechenden Operationen, die D u jetzt in Deinem Laboratorium vornehmen, und rieche die Pferde- fleischsuppen, die Du kochen lasst. Eine kolossale Idee, einen ganzen Gaul auf Kreatin zu verarbeiten. Ich gratulire zu der neuen Frau Base.((

Er hat aber zugleich auch ein Wort der Anerkennung fur den beriihmten franzosischen Chemiker, welcher das Kreatin zuerst beob- achtet hat:

>Man sieht, dass in diesem Bereiche der anscheinend gering- fiigigste Korper Beachtung verdient. Man erkennt aber auch, was diese Alten, wie C h e v r e u l , fur gute Seher waren. Er wird sich gewiss daruber freuen.6

Und die unbestechliche Gerechtigkeitsliebe, von welcher wir Wo h l e r in wissenschaftlichen Fragen beseelt, die riicksichtsvolle An- erkennung, welche wir ihn den gleiche Ziele Verfolgenden zollen sehen,

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regelt auch seine Handldngsweise in den Geschaften des gewiihnlichen Lebens, giebt sich auch in1 Alltagsverkehr rnit der Welt zu erkennen. Dess sind Alle Zeugen, die, unter welchen Hedingungen imrner, mit ihrri in Beriihrung gekornrnen sind. Alle zumal, welche in einern Ab- haiigigkeitsverhaltniss zu ihrn standen, erinnern sich dsnkbar des sich stets gleich bleibendea Wohlwollens, welches, zur anderen Natur bei ihm geworden, unverkennbar in seinen freundlich-theilnehrnenden Ziigen zu lesen war. Der Arrnuth standen sein Herz und seine Biirse immer offen, und kaum hat er wohl eineri Bittenden entlassen, ohne dass e r dessen Gesuch, soweit es in seinen Kraften stand, gewahrt hatte. Im Winter namentlich liess er seinen Wohlthatigkeitssinn frei walten. Seiner eigenen Natur nach, zumal in splteren ,Jahren, der Wlrme und des Lichtes bediirftig, hatte e r eine besondere Theilnahrne fur den Sothstand, welcher der Cnbill der Jahreszeit entspringt. Und diese Theilnahme erstreckte sich selbst his auf die Thierwelt. Die Vijgel in der Nachbarschaft wussten es wohl; in dichten Schwarmen er- schieneii sie irn Winter vor seinern Fenster, welches seine rnildthatige Hand auch alsbald offnete, urn ihnen den Friihstiickstisch zu decken.

Es bedarf kaum der Erwahriung, dass eine so wohlwollend ge- artete Natur bei Jung und Alt beliebt war , dass sie den Mittelpunkt eines grossen Kreises bildete, in dem ein Jeder um seine Freundschaft sich bewarb. Aber W B h l e r war rnit diesern kostlighen Gute nicht eben freigebig. Es waren zuletzt doch nur Wenige, welche sich des Freundestitels ruhrnen durften. Diesen aber gehorte e r auch ganz und gar. Was jedoch diese Gliicklichen ganz besonders an dem Manne schatzten, war die unverbruchliche Treue, welche er den einrnal in sein Herz Eingeschlossenen bewahrte. Das VerhLltniss mit L i e b i g zeigt uns, wie W o h l e r von der Freundschaft dachte. Indess auch in dern lebenslangen Verkehr rnit R e r z e l i u s spiegelt sich dieser schone Charakterzug. Das Gefiihl der ehrerbietigen Rewunderung fur den schwedischen Meister, welches dem Jungling eingab, auf seiner Wande- rung durch Ostgothland Rokliisa, das Geburtsdorf seines Lehrers, auf- zusuchen, um sich das Kirchenbuch zeigen zu lassen, in welchern die Geburt desselben eingetragen ist, dieses Gefuhl ist bei dern Manne zur Freundschaft geworden, welche dern Lehrer die Vollkraft der Jahre widrnet, dieses Gefuhl hat sich im Alter zu einern Cultus gestaltet, in dessen Uebung das Auge des Greises erglanzt, wenn der Name B e r - z e l i us fiber seine Lippe kornmt.

Das Schicksal hatte es so gewollt, dass Einige derjenigen, denen er in warrnster Freundschaft zugethan war , in weiter Ferne von ihrn lebten, dass er also nur irn brieflichen Verkehre des Gedankenaus- tausches rnit ihneri pflegen konnte. Daher denn der umfassende Brief- wechsel, wie ihn in ahnlicher Ausdehnung nur wenige Gelehrte gefiihrt haben rnogeri. In diesen Briefen gelarigt die ganze liebenswurdige

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Personlichkeit des Mannes zurn Ausdruck, s&ne edle, hochherzige Ge- sillnurig, sein unbegrenztes Wohlwollen fur die Menschheit, daneben aber auch sein sprudelnder Witz, sein kiistlicher Humor.

Als die Substitutionstheorie anfangt sich etwas allzubreit zu riiachen , schreibt er in Briefform jeue kijstliche Humoreske, welche von S. C. IT. W i n d l e r gezeichnet ist. L i e b i g veriiffentlicht sie, ohne dass W o h l e r etwas d a w n weiss, in den Annalen (XXXIII, 308). Sie klingt so ganz plausibel, dass Viele den Spott gar nicht alsbald er- rathen, dass einige Zeitschrifteii sie fiir baare Munze iiehmen und einfach zum Wiederabdruck bringen. L i e b i g selbst ist in nachster Zeit nicht ganz sicher, ob Entdeckungen, welche der Freund ihni mit- theilt, nicht ebenfalls Geistesproducte jciies S. C. H. W i n d l e r sind. Aber W o h l e r berahigt ihn:

)):Ich babe nicht entfernt damn gedacht, dass der Spass iiber die Substitutionst.heorie gedruckt werden sollt.e, er war eigentlich riur fur €3 e r z e l i u s bestirnmt., dem solche Allotria in Rriefen Vergnugen niachen. Aber mit dem Tellurathyl ist es kein Spass, es ist Wahrheit.cc

Aehnliche Ausflusse sprudelnden Hurnors drangen sich in die Mit- theilntigen ernstesten Inhalts. Und worm es nicht eigene Einfalle sind, welche seine Briefe wiirzen, so ist schnell cin gluckliches Citat ziir Hand. Nil noci sub sole pflegte er zu sagen. Keine Unbill, iiber die sich nicht auch ein Anderer schon geargert h8.tte.

Wenn L i e b i g zu kiihrienr Fluge seine Schwingcn entfaltet urid die kleinen Viigel schiessen hinter ihm her, um ihn zii besudeln, gleicli kommt ihrn eirie drastiachc Stelle aus Vol t a i r e ’ s Inp‘nu in deli Sinn:

Je les compare 6 certains nioiicherons, qui vont diposer leurs oeufs dam le . . . . des plus beaux chevaux; cela ne les empe‘che pas de courir.

Und wenn einem Anderen die Meute KlPffer an der Perse hbngt, so wird ihm G o e t h e ’ s kostlicher Vers citirt:

Wir reiten in die Krenz’ und Quer’ Nach Freudcn und Geschaften: Doch immer klafft es hinterher Und bellt aus allen Kraften. So mill der Spitz aus unser’m Stall Uns inimerfort begleiten, Und seines Bellens lautcr Schall Beweist nur, dass wir reiten.

Oder a h i t n Laboratorium, riachdem die Schlacht des Semesters geschlageii ist, sieht es g:ir wiist und rauchig aus; d a m triistet cr rnit der beriihniten Definition, welche E’reond P e t e r R i e s s von unserer

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Wisscnschaft gegeben hat: >)die Chemie ist der unreinliche Theil der I’hysik.cc

Hei solchen Citaten koinmen ihni sein selteries Gedachtniss und seine bewundernswerthe Helesenheit zu Statten. Es ist zumal G o e t h e , dessen Weltweisheit ihn nie im Stiche lasst. Auf den Umschlag, welcher L i e b i g ’ s Hriefe iimhullt, hat der bescheidene Mann G o e t h e ’ s hubsches Epigra.mm geschrieben :

Seh’ ich die Werke der Neister an, So sch’ ich das, was sie gethan; Betracbt’ ich meine Siehensachen, Seh’ ich, was icli hritt’ sollen machen.

I<anri es uns Wunder nehmen, wenn den Freunden W 6 hler ’s der Empfang eines Rriefes ron ihni ein Festtag war? Solcher Festtage hat nachst L i e b i g und H e r z e l i u s wohl Keiner mehr gefeiert als W i i h l e r ’ s langjlihriger Freund H e r m a n n K o p p : an den auch der letzte Brief von seiner Hand gerichtet war. Es sei dem Verfasser gestattet, dieser Skizze cin schijnes Wort einznfugen, in welchem sich der beruhmte Geschichtschreiber der Cheniic iiber W ii t i l e r ’ s Briefe ausspricht :

))W i ih le r legte Werth darauf, mit Preundeit in stettm brief- lichen Verkehr zu bleiben. Seine Hriefe erfreuten bis zuletzt dadurch, wie sie sich nicht auf gerade zu machende Mittheilungen, Antworten und Anfragen beschra.nkten, soridern in ausfuhrlicherem Eingehen auf einen oder einen andereri Gegeiistand Das wieder- finden liessen, was dem miindlichen Verkehr mit ihm so vie1 Reiz gab: die warme Theilnahme, welche er fur alle ihm Befreundete empfand, das vielseitige Interesse, wclchcs ihtn fiir wissehschaft- liche Gegenstande, fiir Literatur- und Konstgegenstiinde, fur Satur- schonheiten blieb, die treiien Erinnerungen an friihcr Erlebtes und Gesehenes, bei welchrn er gern verweilte. ((

Es ware seltsam gewesen, wenn in einem Herzen, welches SO

warm fiir die Frerindschaft schlug, nicht auch die Flamme der Vater- landsliebe gelodert hatte. In dem Hriefwechsel mit L i e b i g klingt der Schmerz wieder, mit welchern ihn der dentsche Riirgerkrieg erfiillte, - aber a w h die Freude iiber die Eiriigung des Vaterlandes, der Jubel uber die Grossthaten des geeinigten deutschen Volkes, iiber die Wieder- erweckung des deutschen Reiches unter den1 ,Horte der Hohenzollern. Allerdings war W 6 h l e r kein cigentlicher Politikcr. Dieser klare Verstand kannte genau die Sphare, auf welche er durch seine natiirliche Begabung angewicsen war. Was er in dieser Heziehung an L i e b i g schreibt, zeigt die zweifellose Selbsterkenntniss des Manncs:

))Niemand kann mit griisserer Begierde rind mehr Tnteresse die Ereignisse der Zeit verfolgcn als ich, aber es ist mir nicht

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gegeben, mich activ dabei zu verhalten. Es ware besser in der Welt bestellt, wenn Tausende von Andcren, die ebenso wenig dazu berufen sind wie ich, es ebenso machten. Es ist der Fluch der Zeit, dass Jeder jetzt glaubt, in diesen Dingen mitsprechen und miturtheilen und initregiereri zu miissen.((

Alleiri obwohl e r keine Lust zum Mitsprcchen und Mitregieren spiirte, hielt er es doch fur Biirgerpflicht, bei jeder Wahlversarnrnliing zu erscheiiien, einerseits um das Gewicht seiner Stimrne mit in die Wttgschale fallen zu lassen, andererseits um der Hiirgerschaft ein gntes Beispiel ZII geben.

Soch miissen wir, ehe wir von unserem Freunde Abschied neh- men, einen hugenblick bei seirien Lebensgewohnheiten verweilen; sic waren, wit? sich nicht anders erwarten ksst , einfachster Art.

Wer so vie1 arbeiten wollte, wie W o h l e r dies gethnn, der rnusste es verstehen rnit dern Goldstaube der Zeit hauszuhalten. Er battc sich von Jugend auf daran gewiihiit friih aufzustehen und diese Gr- wohnheit bis in das spltcste Alter beibehalten. Selbst im Wiriter pflegte er eiriige Morgenstunden beirn Larnpenschein zu arbeiten. Danu, nach einem frugalen Priihstiick, kam die Zeit fiir die Vorlesung und fur den peripatetischen Lnterricht irn Laboratorium , welcher gegen 1 Uhr dorch das heitere Mittagsmahl im Kreise der Seinigen unter- brochen wurde, nm in den Nachmittagsstunden wieder aufgeiiommeii zu

werden. In der freien &it, welche dazwischen iibrig blieb, wurde experimentirt. Nach dem Schlusse des Laboratoriunis fand W oh le r auf einem Spaziergange unter den Lindenalleen des Walls oder aiicli, in friiherer Zeit wenigstens, durch einen Spazierritt in’s freio Feld die niithige Erholung. Fur die edle Reitkunst hatte er ; den Traditionen der Faniilie und der eigenen Jugend getreu, eine grosse Vorliebe, ob- wohl er sie in spaterer Zeit. ausser auf seine11 Ausfliigen in der Schweiz, kaum inehr geiibt hat. In jiingereri Jahren aber war e r ein froher, kecker Reitersmann, wie wir, wenn es tins nicht auch aus anderer Quelle bf>kaiitit whre, a u s dem Briefwechsel niit L i e b i g ersehen. Er schreibt dcm Freunde:

))- - - Die einzige Stunde, die mir taglich iibrig bleibt, verwende ich jetzt Abends zum Spnzierenreiten. Seit etwa sechs Wochen mache ich mir taglich dieses prlchtige, Leib und Seek starkende Vergniigen. Man geniesst die Luft doppelt; von so hoch herah sieht die Lmdschaft vie1 malerischer aus, und Nichts ist angenehmer als eine rasche Fortbewegiing, ohne dabei seine eigenen Reine anstrengen zu miissen.((

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Fast kleinlaut antwortet L i e b i g : ,Ich beneide Dich Deiiier Reitgeschicklichkeit wegen, mich

werfen die verdammteri Giiule imnier Iierunter, sonst ware ich ganz Deiner Ansicht.cc

Von dem Ausfluge in’s Freie zuriickgekehrt , spielte W ii h le r ge- wiihiilich eine Partliie Whist, fur welches Spiel er, wie L i e b i g , passionirt war. F u r die Whhpar th ie waren stets die Glieder der Familie oder einige Freuiide des Hauses bereit. Kach dem ))Spielchen(c folgte das einfache Abendbrot , danri blieb e r irn Kreise d r r Seinigen , wenn er sich nicht auf seine Stube oder, wie e r es nannte, in seine ))ITiihlecc zariickzog, wo noch einige Zeit der Lecture gewidniet wurde.

In diese SHohlec miissen wir noch einen Hlick werfen. Sie iat ohne LUXIIS, aber hochst comfortabel ausgestattet. Die beiden Fenster, nach Siiden gelegen, haberi l b e r den Garten des Hauses hinweg den Ausblick auf die hohen Linden des Walls. Zwischen dem einen Fenster und dem Arbeitstische stelit die groaae meunbliitterige< Musa, vor dem andern eine Jardiiiihre mit uppigeii Blattpflanzen, .welche an Glanz und Frische mit den irn nahen Garten wachsenden wetteifern. Die Wand schniiickt eiric grosse Anzahl von Bildern, einige Landschaften in Oel von der Hand Frau S o p h i e n s gernalt, zumal aber Portraits beriihmter Katurforsclier oder besonders hochgehaltener Freunde, unter ihneri B e r z e l i u s uud L i e b i g in allen Lebtnsaltern, in jedem Format, in jedem Material. S o c h fiillt. uns ein wnndervoller Frauen- kopf auf. Es ist das Portrait der schiinen Lady B l a n t y r e , welchee L i e b i g dem Freunde einst von England rnitgebracht hatte. Aber auch an plastischern Schmuck fehlt es nicht. Auf der hohen Et,agbre neben der Musa steht eine schiine Rroncestatue der Aphrodite, der kallipygischen, die e r in dem Museum zu Neapel bewuiidert hatte.

Noch haftet der I3lick mit lebhafter Theilnahme an dem Schreib- tisch, auf dern er seine vielen Abhandlungeii, seine unzahligeii Briefe geschrieben hat. Der Federhalter von Holz, in Silber gefasst, der ihm ein halbes Jahrhundert gedient hat, liegt auf dem Tintenfass. Di Laden dieses Schreibtisches, welcher ails dem Honorar der erst.en Vor- lesung in Berlin angeschafft worden war, sie bargen gewiss der Rlei- nodien und werthvollen Andenken viele, welche sich auf W o h l e r ’ s Lebenspfade angesarnnielt hatten.

Ein Freund, der W i j h l e r nicht lange vor seinem Tode besuchte, sah ihn eine dieser Laden iiffnen. Seine Hand holte ein kleines, in Papier gehiilltev Etui hervor. Fas t zogernd, als ob es ihm schwer werde, sich von eiriern kostlichen Gute zu trennen, reichte er es dem Abschied Nehmenden. ))Behalten Sio es zum Andenken an michcc,

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sagte er. xSehen Sie aber erst, wenn Sie im CoupB sitzen, was es ist. Und nun machen Sie, dass Sie fortkommen, sonst kiinnte es mir am Ende doch wieder leid werden.c(

Als der Ikschenkte das KLstclien offnete, fand er einen starkrn, unten liiffelfiirmig ausgebildeten l’latinstab, der offenbar bereits lange Zeit im Dicnste gestanden hatte. Auf eineni dabeilicgerideii Zettel stand geschrieben:

~ ~ G e s c h e i i k v o n B e r z e l i u s ; e r hat d i e s e n P l a t i n l 6 f f e l v i e l e , J a h r e l a n g b e i s e i n e n A r b e i t e n benutzt.cc

Ihss dem EroLerer auf dem Gebiete der Forschung auch die Bussere Aiierkennung der Zeitgenossen nicht gefehlt habe, wird wohl Nieniand lmweifeln. Kauin eine Akadrmie dr r Wisserischaft , kaum cine gelehrte Gesellschaft, welche riicht eine Ehre darin erblickt hiitte, deji Samen Wii h l e r in ihre Listen einzutragen. Er war Forei,qn Associate of the Royal Society seit. 1854, auswiirtiges .Mitglied der Berliner Akademie der Wissenschafteii seit 185.5. Associt: dranget. de I’Institut de France seit 18154. Schon im Jahre 1848 liatte ihm die philosophische Fa.cultIt in Gottingen den philosophischen Doctor- grad verliehen , 1873 wurde er, gelegentlich seices medicinischen Doctorjubilaums, voii Dorpat zum Doctor der Chemie, 1875, bei der Feier seines Amtsjubilaums, von ‘l’ubingen zum Doctor der Natur- wissriischaften ernannt. Hei dieser Gelegenheit wurden auch seine Verdienste uni die Stadt Giittingeii durch eine herzliche Zuschrift des Magistrats anerkannt, welcher dein .)besten Biirgcr Giittingenscc , der seit tJahren das Ehrenbiirgerrccht der Stadt besass, die freudige Theil- nahme seiner Mitbiirger ausdriickt.

Im Jahre 1872 e m p h g er von dcr Royal Society die Copley- Medaille, die hiichste wissenschaftliche Auszeichnung, welche sie zu vergeben hat.

Schon friiher hatte W o h l e r eine iriteressante Medaille nus Alu- miniuni erhalten, auf welche er mit vollem Rechte grosseii Werth legte. E s ist bekannt, dass D e v i l l e bei seinen 1845 begonnerlen Versuchen, das Aluminium im Grossen zu gewinnen, schliesslich dieselbe Methode in Anwendung brachte, mittelst deren Wiihler im Jahre 1827 das Metall zuerst dargestellt hatte. Gleichwolil mussten zur fabrikmassigeii Erzeugung ausserordentliche Hindernisse iiberwunden und namentlich zunachst eine Natriumindustrie geschaffen werden. Nieinand hat die Verdienste, welche sich D evi l1 e um die Fabrikation des Aluminiuins erworben hat, freimiithiger anerkannt als W 6 h l e r , aber gerade dess- halb musste es ihn auch umsomehr freuen, dass D e v i l l e keine Ge- legenhcit vorbeigehen liess, ihn als den Entdecker des Alurniniums zu

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feirrn. Wir erinnern uns zurnal mit Vergniigen, dass der hochherzige franzosische Forscher von dem ersten Barren Aluminium, den er ge- wonneii hatte, eine Medaille pragen liess, welche auf der einen Seite das Bild des Kaisers Napoleon III., auf der anderen deli Namen W o h l e r rnit der Jahreszahl 1827 fiihrte. Als L i e b i g von der Medaille horte, liess er sie sich alsbald nach Munchen senden, urn sie bei dem Vortrage iiber das Aluminium seinen Zuhijrern zu zeigen. Es sol1 auch nicht unerwahnt bleiben, &ass im Marz 1855 N a p o l e o n III., der bekanntlich an der Alurniniumfabrikation ein lebhaftes Interesse nahni, auf einen Rericht von D u m a s hin an deinselbeii Tage Wiih le r und D e v i l l e ZLI Offizieren der Ehren- legion eriiannte.

Unter den rielen anderen Orden, welche seine Rrust schmuckten, verdienen der Maximilians-Orden fiir Wisserischaft und Kunst, sowie der Orden pour le ui4ririte besonders erwiihnt zu werden. -

Zahllos sind die Heweise der Liebe iind Verehrung, welche ihm von seiner1 Schulerri und Fachgenossen bei den verschiedensten Ge- legenheiten zu Theil geworden sind. An seinem 60. Geburtstage uber- reichten ihm seine Schuler eine goldene Gedachtnissnicdaille rnit seinem Portrait, wdches zu dern Ende von dern GBttinger Bildhauer K u s t h a r d t besonders niodellirt worden war. ’ Nicht niiuder festlich ist sein 70. Geburtstag begnngen worden, auch das fiirifzigjahrige Jubillum seiner bahnbrechenden Entdeckung der Synthese des Harnstoffs ist nicht ungefeiert geblieben. Professoren und Studeriten haben es sich nicht nehmen lasseii, ihn an dem Gederiktage dieser Entdeckung zu begllckwunschen. Ebenso ist der 80. Geburtstag W o h l e r ’ s nicht ohne festliche RundgeLung voriiber gegangen. Die Feier sollte An- fangs auf W o h l e r’s engsten Familieiikreis beschrankt bleiben; allein obwohl zunachst keinerlei Aufruf erlassen und nur von Mund zu Ohr und in einigen Fgllen brieflich Kunde von dern Plane gegeben worden war, so hatte doch bereits in kurzester Frist eine grosse Anzahl auch ferner Stehender, von denen Viele nur aus zweiter nnd dritter Hand von der beabsichtigten Feier Kenntniss erhalten hatten, den Wunsch ausgesprochen , sich der Bewegung anzuschliessen. Zunial auch im Auslande hatte die den] grosscn chemischen Forscher zugedachte Ehren- bezeugung lebhaften Anklang gefunden. So war die Kunde davon kauni nach hrnerika gedrungen, als auch schon die urnfassendste Theilnahme fur den Plan bei den transatlantischen Schiilern und Fach- geriossen zum Ausdruck kam. Man hattc zunachst die Ueberreichung einer Gedachtnissmedaille in Aussicht genommen, allein die Betheiligung war eine so allgemeine, dass man alsbald noch an ein anderes Ange- binde denken musste. Eine naturgemisse Erwriterung des urspriing- lichen Planes schien die Ausfuhrung von W ii h l er’s lebensgrossem Reliefportrait in Marmor, welches alsdann nur geeignet verkleincrt zu

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werden brauchte, um fur die Gedachtnissmedaille verwerthbar zu sein. Der Rildhauer Prof. E. L u r a s e n in Berlin hat diese Doppelaufgabe rnit grossern Erfolg gelost. Das flachgehaltene Medaillon, in carrarisrhem Marrnor , ist in einen reichgegliederten Itahnien von Rroiice gefasst. Enter den1 wohlgetroffenen Brustbilde W ii h l e r ’s ist folgende Inschrift. in silbernen Lettern in die Ihnce tafe l eingelassen:

F R I D ER 1 C 0 W O E F-I LE R S A T V R A E IKDAGATORI SAGACISPTMO

1 S 11 EM 0 R I A 11 SAT A L I C I OHV.II OCTOOES I MORV 31

S X S I I V I J I I A 31I)CCCI.SSS FAWTE PERAC’I‘ORV~I

1)ISCIPVI.I AnllCI COI.I.EGAK

Am 3 1 . Juli 1880 wurde die Ehrengabe von W i i h l e r im besten Wohlseiii entgegengennmmen. Kocli mochteri wir aus dern Gliick- wnnschschreiben, welches die Gabe begleitete , einige Worte hervnr- heben, welche dns Verhiiltniss W o h le r ’ s zii den Freunden, Schiilern und Fachgenossen in erwiinschter Weise zum Ausdrucke bringen :

xAber w f ’ i i i i wir Alle: welche die heutige Feier irn Geivte uni Sie ))versamnielt hat, tins desseri: was Sie i m Dienste der Wissenscliaft. Bherrlicli vollbracht, in frendigem Stoize bewusst sind, so wird doch ))Vielen, die sich zur festlicheii Hegehung des heutigen Tages vereint ))habell, auch noch vnn anderen Gefulilen das EIerz bewegt. Viele unter ,uns rerehren in lhnen den theureii Lehrer, welcheni pie den ersten ))Einblick in das geheimnissvolle Reich der Naturerscheinungen ver- ))danken. Ens Gliicklichen, denell es vei&onnt war , Ihrer Lehre zu ,lauschen, deneri Ihre selbstlose Hingebung an die Wissenschaft , die ))vor keiner Schwierigkeit zuriickschreckte, Ilire nie miide werdende DSorgfalt und strenge Gewissenhaftigkcit in der Beobachturig, Ilire >)unbeirrbare Wahrheitsliebe in der Deutting des I3eobactiteten ein Vor- ))bild fur’s Leben geworden ist, dem wir, - wenn auch aus 0escheidenc.r >)E’erne, - zu folgen bestrebt sind, uns, die wir stolz sind, Ihre Schiiler ))zu heisseri, uiis gesellt sich zu der 1)ewunderurig Ihrer Schiipfungen aauch noch das Gefuhl der aufrichtigen Dankbarkeit. fur die Wolll- ))thaten, die wir, ein Jeder von uris, aus h e n Hgnden empfangen ))haben. C‘nd wie Viele sind es gewesen, die im Laufe der langen >)Jahre aus allen Gauen unseres Vaterlandes, aus allen Staaten Europa’s, ))ails den Landern des fernen Westens, welche die atlantische Woge Bvon uns trennt, - wie Viele sind es gewesen, die nach Giittingen xgepilgert sind, urn a n der Hand des unrergleichlichen Meisters in das ,Gebiet der Wissenschaft einzudringen! Aber gross wie die Zahl derer ))ist, welche das Gliick hatten, das gesprochene Wort aus Ihreni Muiide >)zu hiiren, wie vie1 zahlreicher noch sind diejeiiigen, welche sich mit >)dern geschriebenen Worte begniigen mussten ! Ihre Lelirbiicher, in

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.gliicklichster Auswahl aus der fast behgstigenden Summe des Er- xkannten das Wichtigere ausscheidend und den gewahlten Stoff mit ,feinstern didaktischen Gefiihle, knapp und biindig, in willkornrnener ,Durchsichtigkeit ordnend, sind in alle Sprachen ubersetzt worden; sie nsind iiber die ganze Erde verbreitet.<

,Nur ein Gedanke noch sol1 hier Ausdruck finden. Wir bewundern ))in Ihnen den Forscher, wir verehren in Ihnen den Lehrer, aber e8 >gicbt noch einen Ruhm, der selbst iiber den Ruhm der wissenschaftr ,)lichen That und der segensreichen Lehrthatigkeit hinaus reicht: es ist ,dies der Ruhm des hochherzigen Mannes. Auch rnit diesem Ruhmes- ,kranze ist Ihre Schliife urnwunden. Die gewonnene Ansicht ohne ))Riickhalt und ohne Scheu vertretend , aber gleichwohl lieber selber ,)Gnbill erduldend als Anderen Wunden whlagend, fremdes Verdienst x t e t s uber das eigeiie stellend und fremden Erfolges wie des eigeiien ssich freuend, Schiilern und Freunden rnit offner Hand aus dern reichen ,)Schatze der Erfahrung austheilend, haben Sie durch f i r Leben das ,Ideal des erobernden Forschers, des weithin wirkenden Lehrers und .des edelsinnigen Mannes verk6rpert.e

))Die Freunde, die Schuler. die Fachgenossen, welche zur aehtzigsten ,Feier Ihres Geburtstages urn Sie versammelt sind, haben es sich nicht ,versagen wollen, den Gefiihlen der Verehrung, der Liehe und Dank- ,barkeit, der Rewundcrung, welche sie fur Sie hegen, einen sichtbaren nAusdruck zu leihen. Wie aber hatten sie fur diese Gefuhle einen ,sch6neren Ausdruck finden kiinneri, als indem sie es versuchten, die ))thewen Zuge, aus deneil ihnen so oft das uneigenniitzigste Wohlwollen, ))die liebevollste Theilnahme entgegenstrahlten, durch Kiinstlerhand in ,Erz und Marmor festzuhalteri? Und wir freueo uns unserer Wahl, und ,wir danken dem edlcn Kiinstler fur die Hingebung, rnit der er an seine >)Aufgabe herangetreten ist und fiir die Ausdauer, rnit der e r in kiir- ,zester Frist seiu Werk volleiidet hat! ((

))Sic aber, der Gefeierte dieses Tages, wollen die Ehrengabe, welche >)wir Ihnen darbringen, freuridlichen Sinnes entgegennehmen! In Ihren xAugen ist es riicht der Marmor und das Erz, welche unserer &be ,Werth verleihen, sondern die Liebe, welche sie Ihnen widmet. Und ))freuen wird cs Sic: wenn Ihr Blick auf den Tafeln ruht, auf welchen ))die Theilnehmer an dern heutigen Feste verzeichnet sind. D a fehlt 3kaum eine Nation, kaurn ein Stand, kaurn ein Alter! Neben so vielen ,Narnen, die langst household words in dem Munde der Cherniker ge- ,worden sind, neben denen h e r alten Freunde, freuen Sie sich zumal ,such den Namen so vieler Ihrer Schuler wieder zu begegnen. Aus allen luTheilen iinseres Vaterlarides und weithin iiber dessen Marken hinaus, ,selbst von jenseits des Oceans haben sie ihren Festgruss gesendet! >Welch’ ein beredtes Zeugniss Ihrer weithin reichenden Wirksamkeit! ))Und Einige dicser Schiiler stehen auch schon wieder an der Spitze

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Pron Schulen, emsig bemiiht, die von Ihnen empfangenen Traditionen ))fortzupflanzen, Andere, Ihrem hohen Heispiele folgend, siiid eifrig be- wtrebt, den Kreis der Naturerkenntniss zu erweitern, wieder Andere, ,van Ihnen fur diese Aufgabe arisgerustet, betheiligen sich an der ))grossen industriellen Bewegnng unserer Zeit , welche sich die Ver- Bwerthong der Umwandlungen der Materie fur die Wohlfahrt der ahlenschen als Ziel setzt, - aber Alle, wie verschieden sich auch ihr ))Lebensberuf geataltet hat, Alle blieken niit Stolz und Freude auf die ,Jahre zuruck, welche sie in Ihrer Niihe verleben durfteri, sie Alle ))werden nicht miide , des vorschanenden Lehrcrs, als des Hegrunders sihrer eigeneri Erfolge, in Liebe iind Dankbarkeit zu gedenken! ((

W i i h l e r ’ s Antwort lautete:

An m e i n e I iebei i S c h i i l e r , rne ine v e r e h r t e n F r e u n d e u n d F a c h g e n o s s e n .

))Die herrlichrn Gabeii, die Sie mir am Tage der Vollendung Birieines achtzigsten Lebensjahres gewidmet haben: das Reliefbild in %Mannor, - dieses so gliicklich gelurigenc Kunstwerk - in pracht- ))vollster Umrahmung, - die kostbare Gedachtriiss-Medaille mit der ))sinnigen Inschrift, - die diese SchStze begleitende, in so liebevollen )) Worten gefnsste Zueignung, - sie haben mein Herz hoch erfrent und ,mit der iiinigsten Dankbarkrit erfiillt. Sie s ind mir wie ein gliinzender DLichtstrahl, der den Abend rneines Lebens hell erleuchtet und neu ))bclebt. Es wiire vergebliches Beginnen, den edlen Gebern die Ge- ))fiihle meinrs Dankes rnit der Warme, niit der sic: mich beseelen, ))ausdriicken zii wol1en.x

G i i t t i n g e n , den 1. August 1580. W 6 h 1 e r.

Allgemach ist der T a g zur Riiste gegangen, - die Abendschatten werden langer urid langer. Die Zuknnft liegt iiicht mehr wie cine unbegrenzte Ebene vor den Auger1 der Freunde. In ihrem Hrief- wechsel komnit mehr und mehr der Gedanke an die hereinbrechende Nacht zum Ausdrucke:

,Wir sind die alten Hessen nicht mehrcc ruft W i i h l e r dem Fretinde zu. Oder aber er schreibt: .Am 31. Juli bin ich ein 65jShriger Greis, freilich noch ganz lebenslustig mit noch ziem- lich kindischem Sinn und noch sehr empfanglichem Herzen, kann aber kaum mehr iiber eincn Graben, geschweige iiber eiri galoppi- rendes Pferd springen, was mir sonst eiii Leichtes war.<

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Auch aus dem Neujahrsgrnsse, den L i e b i g an der Pforte yon 1868 nach Giittingen sendet , klingt das Vorgefuhl der nahen Treri- nurig wieder:

Ein

und

und

J u s t u s L i e b i g a n F r i e d r i c h W o h l e r : M u n c h e n , 2. Januar 1865.

Ich kann das n e w J a h r nicht beginnen, ohne Dir den Wunsch auszudrucken, dass uns der Himrnel vergiirmen mijge, die Spanne Zeit, die wir noch vor uns haben. in ungetriibter Freundschaft verbunden zu leben. Die Zeichen mehren sich, die uns daran crinnern, dass wir unser Haus bestellen mussen. Auch P e l o u z e ist voraiigegangen, und heute empfaiige ich die Nachricht von dem Tode meines alten Freundes D a u b e n y . Wir sind auf der schiefen Ebene, und da dauert es nicht mehr lange; aber in uns sol1 sich nichts andern.

Ich befinde niich, Gott sei Dank, wohl und so Alle im Haus. &lit meiner Arbeit uber Ernahrung geht es langsam vorwarts, und ich hoffe, etwas Gutes zu Stande zu bringen. Grusse Deine Frau und meine gute treue F a n n y a u f s Herzlichste.

Jahr spiiter schreibt L.

F r i e d r i c h W i i h l e r a n J u s t u s L i e b i g : G o t t i n g e n , 2. Mai 1869.

Ich bewege mich wieder in dem alten Kreise, betheilige mich selbst an dem Practicum mehr wie sonst, weil mich diese und jene Arbeit interessirt. Auch arbeite ich f ir mich oft in meinem kleinen Laboratorium, es sind aber nur Spielereien, keine ernst- lichen Aufgaben, wozu die Ideen ausgegangen sind wie so vieles andere, was zum Teufel ist; es geschieht nur aus Lust am Expe- rimentiren, aus Lust, Erscheinungen vor sich gehen und schiine Dinge sich bilden zu sehen.

am Schlusse desselben Briefes :

Komrnt Dir nicht jetzt das Leben wie eine schlechte Comiidie vor, in der mail sich langweilt, ohne dass man aber fortgehen mag, weil man immer noch hofft, es werde etwas Besseres kommen? BGieb meine Jugend mir zuriick!(( sagt der Dichter zum Schau- spieldirector im Vorspiel zum Faust.

wieder drei Jahre spater: G i j t t i n g e n , 30. October 1872.

Besten Dank Gr Deinen Brief, aus dern ich mit Vergniigen ersehen habe, dass Du mit Deinem Befinden zufrieden bist, ja,

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dass I h Deine Vorlesungen wieder halten kannst. Auch mir geht es gut, obgleich ich Vielerlei zu thun habe.

Es ist eine nnerfreuliche Retrachtung, dass man sich jetzt so vie1 um sein Befinden bekiimmert. Vor 30-40 Jahrcn fie1 es Einein nicht ein davon zu reden, Keiner fragte den Qndern, wie befindest Du Dich. Aber i n der Jugend denkt man nicht daran, dass das Leben ein Ende haben kann. so niusste man auch im Alter denken, wenn nicht die eintretcnden Gebrechlichkeiten und Stiirungen in der Maschine an dns Ende erinnerten.

W o h l e r hat seinen Freund um nahezii ein Jahrzehend uberlebt; im Laufe dieses Zeitraumes hat er Gottingen kaum mehr verlassen. Nur einrnal noch, - im Jahre 1875, - hat er mit seiner Tochter Fanny einen Ausflug nach dern Bodensee gemacht. Es war ein ruhiges, be- schauliches Leben, das er nurimehr fiihrte, n u r dann und wann von dem Jubel der Schuler und Freunde unterbroclien , welche huldigend und Gluckwiinsche darbringend dem Altrneister nahten.

Aucli aus dieser Periode sei es dem Verfasser dieser Skizze gestattet einige Briefe einzuschalten, welche, weit besser als es seine Feder vermochte, das Leben des hochbetagten Gijttiriger Philosophen schildern.

))Wahrend Siecc, schreibt er an einen Freund, pfrei wie ein Vogel, sich in anderen, in classischen schonen Itegionen bewegten, n e w Eindrucke auf sich wirken liessen, sass ich, festgebannt wie eine Auster an der alten Stelle, gelangweilt und voll Sehnsucht nach dem Siiden, aber ohne Muth und Krnft mich in Bewegung zii setzen. Doch habe ich die Befriedigung, sagen zu kijnnen, dass ich mich unterdessen, trotz des langen traurigeri Winters, vollkommen wohl befunden habe. Aber eine langweilige Zeit war es , bis das Auge sich an jungem Grun und an Bliithen erfreuen konnte und die Haume auf dem Wall nicht mehr als grosse Resenreiser erschienen. Meine Hauptbeschaftigung war Lesen : Wissenschaftliches, Iteisebeschreibungen , Literarisches, Rornane. In solchem Alter ist es ein niederschlagerides Gefiihl, zu erkennen, dass die Tage da sind, wo man nichts mehr leisten kanri, wo der Trieb, sich zu beschaftigen, noch da ist, aber keine Kraft mehr, kein Gedachtniss, keine Ideen niehr, wo man nur vegetirt und ein nutzloses Dasein fuhrt. Que voulez-vous, was kann man machen, pflegte L i e b i g zu sagen, man muss sich fiigen. Auch sind niir gewisse Theile der Chemie jetzt ordentlich zuwider, die organischen Abhandlurigen lese ich nur selten noch. Doch bewundere ich die Hiihe, auf welche die organische Clieniie gelangt ist; aber nianchmal kommt sie mir wie ein Stickmuster vor, in dem nach gewisseii Zeichnungen durch

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geschickte Escamoteure die Maschen ausgefiillt werden. Und dabei die geschmacklosen barbarischen Namen, mit denen die Dinge benannt werden! Diese Noinenclatur wird noch lange ein Stein des hnstosses bleiben, und es ist nicht abzusehen, welches neue Princip zu Grnnde gelegt werden sol1.c

An denselben Freund schreibt. e r ein J a h r spiiter:

,)Hatte ich das Gliick in Ihrer Nahe zu wohnen, so wijrde ich heute meirie Schritte nach . . . . . . . . lenken und Ihnen guten Morgen sagen, sehen, was Sie machen, wie Sie sich nach der stiirmischen, ermiidenden Zeit,, die Sie durchgemacht haben, befinden. Tch kann nun mcin Verlangen nur dadurch einigermaassen befriedigen, dass ich mich in Gedanken mit Ihnen unterhalte, wenn ich auch im Augenblick noch nicht weiss, woher ich den Stoff nchmen soll. Sachliches und Personliches giebt es nicht hier in unseren kleinen Verhaltnissen, wo die Tage in ewiger Gleichformigkeit und Langweiligkeit voriibergehen und die ganze Abwechselung darin besteht, dass es, wie vorgestern, den garizen Tag iiber schneite und am folgenden Tage wieder die Sonne schien. Wenigst.ens mir kommt. jetzt das Leben so vor, da ich bei kaltem, windigem Wetter in klosterlicher Einsamkeit zu Hause sitze und zuweilen 14 Tage lang nicht vor die Thiir komme. Aber bei alledem vergeht die Zeit merkwiirdig rasch, anscheinend viel rascher als sanst. Es hat dies oflenbar in der im Alter ein- tretenden Schwache des Gedachtriisses seinen Grund; es bleibt uns fur einen grijsseren Zeitraum nicht mehr wie sonst die Erinnerung a n all’ das Einzelne, was wahrend dessen an uns voriibergegangen ist. Ich fiihre ein beschauliches, zufriedenes und resignirtes Leben. Von keiricrn der gewiihnlichen Altersgebrechen heimgesucht, mich eines gliicldichen Familienlebens erfreuend und versehen rnit Allem, was fur das aussere Leben wiinschenswerth ist, konnte ich ganz gliicklich dem Sclilusse des Daseins entgegensehen, wenn nicht die Betrachtung, wie so ganz nutzlos ein solches Leben ist, mich iifters tief verstimmte. Doch sind solche Launen von kurzer Dauer, und ich beruhige mich mit der Erkenntniss, d?ss zu Nichts mehr die Krafte reichen. Sie wissen, dass ich Iangst die Vorlesungen und theilweise auch das Practicum aufgegeben habe. Nun gedenke ich mich auch von meiner letzten Obliegenheit, der Priifung der Mediciner, die ich seit 44 Jahren gehalten habe, dispensireu zu lassen. Nur die kleinen Geschafte, die rnit dem Secretariat der Societiit verbunden sind, werde ich, so lange es geht, beibe- halten. - Ich lese ungeheuer viel (NB. ohne Brille) - Romane, Geschichte, Reisen u. s. w., - nur keine Abhandlungen uber

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organische Chemie. Aber so vie1 Genuss es niir yerschafft, so ist es doch nur eine niomentane Unterhaltung, deiin ich vergesse bald Alles wieder; wie mit einem Schwamm ist Alles bald wieder ausgewischt. A h a m Ende, was thue ich jetzt noch damit. Mit grossem Vergniigeii lese ich jetzt (zurn zweiten Mal) H u m b o l d t ’ s Lebeii von R r u l i n s urid H n i n b o l d t ’ s Rriefe iiri V a r n h a g e n . Welch eiii Koloss an Geist und Wissen war er!

Doch ich will schliessen und will Sie nicht 1anger mit meinem

111 treuester Anhanglichkeit Ich langweilen.

Ihr Wo h1er.t

P. S. > ) F o n t e n e l l e war 100 <Talire alt, als er in ciner Ge- sellschaft iieben einer Da.nie sass, die ihrcn FCcher fallen liess. Er bemiibte sich ihn aufzuheben, aber es ging nicht. Ah! sagte er, que n’ai-je plus mes quatre-vingts ans.

Que n’ai-je p l w mes soixante ans kann ich sagcn.cc

Der Verfasser dieser Hla.tter ist sorglich bemiiht gewesen, den Helden derselben, soweit dies miiglich war , seine Geschichte selber erzahleri zu lassen. Zu dem Ende hat er aus dem reichen Schatzc der zwischen W 8 h 1 e r und L i e b i g gewechselten Briefe eine nicht geriiige Anzahl seiner Skizze eingefiigt. Es wird dalier den Lesei vielleicht interessiren , dass dieser Briefwechsel mit seinem Freunde auch nach dern Todc dessclben f i r W o h l e r noch eirie Quelle der Erheiteriing urid Erbauung gewesen ist.

Hiiren wir, was er se1bt.r dariiber sagt:

D- Eine aiidere Bcschaftigung in meinem kliisterlichen Leheii war, dass ich in den Hriefeii, die L i e b i g von mir hatte, blsttrrte, urn dieses und jeiics iii den Rriefen von L i e b i g an iiiich wieder zu verstehcri und mich in jene Zeiten urid Zustiinde zuruckzuversetzen. Diese Briefe, - wohl t i - 700, - hat L i e b i g . was ich gar iiicht wusste, seit IS-Z!) bis 1873 aufbewahrt und hat sie seinem Enkel, J u s t u s C a r r i e r e , der rin eifriger Autographen-Sammler ist, vermacht. Dieser hat sie nach den Jahren wohl geordnet, und van ihm habe ich sie geliehen. Legen Sie es mir nicht aIs eitle Ehbildung Bus, wenii ich sage, dass ich vide r o n diesen I3riefeii mit Vergniigen gelesen habe. Wohin ist dieser Humor, diese Beweglichkeit der Phantasie, diese Leichtig- keit des Ausdrucks und \o r Allem diese Lust und Freude an der Arbeit! Es war eine gliickliche Zeit, diebe &it unseres Zusamrnen- wirkens, das sich erst lockerte, als L i e b i g auf weiter tragcnde

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Ideen kam und sich mit der Anwendung der Chemie auf Physiologe und Agricultur zu beschaftigen anting, wahrend ich durch die Ueberbetzung iind Herausgabe der Rerze l ius ' schen Werkc, die ich nun ei~imal, schon ails Pir t l t , iiberrmmmen hatte, so vie1 edle Zeit verlor und im eigenen Schaffen zurlckblieb.((

Ob dern Greise, als er die vergilbten Blltter wieder durchlas, auch ein Brief in die HBnde gefallen ist, deri der Mann in der Voll- krirft der Jnhre vor vierzig Jahren an L i e b i g geschrieben hatte? I n demselben hatte er dem Freuiide cine Stelle aus einem Rriefe von R e r z e l i u s mitgetheilt:

~ H e r z e l i u s schreibt: s,Ich bin nun in der Lcbensperiode, wo nur noch das Gediichtniss fur friihere %ten iibrig ist, aber wo das, was gestern und vorgestern geschah, vollstiindig vergessen wird. Aus diesem Grunde taoge ich jetzt zii keinen anderen Unter- sochungen mehr als solchen einfachen, die in wenigeri Tagen voll- endet werden konnen; und bei denen man keine verwickelte De- tails zii behalten hiit.(( (( 1st das nicht ein betrubtcs Gestandniss?cc

Die ersteti Herbststurme des verflossenen Jahres begamen bereits den Wald zii etitlauben. Wlhrend des vorausgegangenen Sominers war das Befinden W Bhler ' s ein viillig befriedigendes gewesen. Der Inhalt der Briefe, welche die Freunde empfangen, bezeugt die unver- anderte Frische seines Geistes; die feste Handschrift, von den Schrift- ziigen jungerer Jahre kaum zu unterschciden , bekundet die vollkom- menste Freiheit der Rewegung; das Ohr hat seiiie ganze Scharfe be- halten ; das unbewaffnete Auge liest ohne Ermiidiing die kleinste Schrift. ~ alle Organe des Kijrpers versehen in crwiinscliter Weise ihren Dienst. Seine Rriefe, obwohl sic die Ermiidurig. die larger, an- strengender geistiger Thatigkeit folgt; beklagen, verkiinden dankbar die Abwesenheit jedweder Beschwerde des Alters. Er erfreut sich fort- wiihrend gesunden, Geist iind Kiirper erquickenden Schlafes. Hei der Einfachheit und Regelmlssigkeit, mit welcher W ii h 1 e r lebt, scheint kein Grund gegebec, weshalb dieses theure Leben nicht noch J;ihre lang der Wissenschaft und den Freunden erhalten bleiben sollte. W i i h l e r selber scheint nicht an ein nahes Ende. gedacht zu haben. Den Freunden, welche ihn beim Eintritt in das 83. J a h r begluck- wiinschen, rath er, balb ernst halb im Scherz, erst seinen 90. Geburts- tag wieder zu feiern. Die Zeit war ihm gleichwohl kaum mehr noch nach Monaten bemessen. Schori im Anfang des August hatte sich einmal ein pliitzlicher Fieberfrost bri ihm eingestellt. aber die krankhaften Erscheinungen waren durch eine gute Nachtruhe vollkommen beseitigt

RPriehte d. D. rhcm. ~:Qsel l schni t . Jahrp. S V . 209

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worden, und W o h l e r hatte schon am nachsten Morgen bei vollstan- diger Wiederkehr des Wohlbefindens den Anfall fast vergessen. August und die Halfte des September waren ohne Unterbrechung dieses Wohlbefindens voriiber gegangen. Aber am 19. September stellte sich ein ahnlicher Fieberfrost, heftiger als d r r erste, ein, und obwohl auch in diesem Falle alsbald eintretender Sclilaf dem Fieber die Spitze abgebrochen zu haben schien, hatte doch der nachste Morgen keineswegs die erhoffte Besserurig gebracht, und schon im laufeiidcn Tage steigerten sich die I(rank1ieitserscheiriuugen in einein Maasse, dass bei dem geriiigen Iiraftevorrath das Schlimmste zu befiirchten stand. Die Aerzte, welche die Symptome eines Ruhranfalls erkannt hatten, suchten durch Opium der Kraiikheit Herr zu werden, alleiii sie nilissten sich bald sagen, dass ihre Hemuhungen hoffnungslos waren. W i j h l e r hat die Klarhcit des Geistes nicht einen Augenblick verloren. Sein anspruchsloses, riicksichtsvolles Wesen verleugnete sich auch wrahrend der Krankheit nicht. Wenn er die Angehijrigen mit schwacher aber verstandlicher Stimme anredete, so waren es zumeist Kundgebungen des Bedauerns iiber die Miihewaltung, welche er ihnen auflegte. ))\Vie leid ist es niir,(, sagte e r noch kurz Tor deni Tode, ,dass ich das ganze Haus i n Bewegung set2e.u

Am 23. September in der zehnten Jlorgenstunde hatte e r vollendet. ES ist ein begliickender Gedanke, dass es ihm erspart geblieben

ist, in langem Siechthuni dahinzusterbm, dass dieses schijne Leben in einem schnellen und sanften Tod einen schiinen Abschluss gefunden hat.

W 6 h 1 e r hatte angeordnet , dass sein Regrabniss ein einfachstes sein solle ; entschieden war jedes Leichengeprange voii ihm verbeten worden. Aber die allseitige Verehrung des edlen Todten und die auf- riclitige Theilnahnle an dem Schmerze der Hiiiterbliebenen hatten den Sarg niit Rlumen wahrhaft uberxhiittet. Zu Haupten des Sargea hattc cine sinnige Hand die lorbeergeschmuckte Ruste L i e b i g ’ s auf- gestellt; waren doch die Freunde, die irn Leben so treu zusammen- gehalten hatten. nunmehr auch ini Tode wiederuin vereint!

A m 26. September ist W o h l e r zur Ruhe bestattet worden. Die Farnilienglieder, auch die in weiter lJerne wohnenderi, waren um den Sarg rersarnmelt. Voii den Lehrern der Georgia Augusta, soweit die- selben wahrend der Sominerferie~i in GBttingen geblieben waren, hat wohl Keiner gefehlt; Viele waren iinch Hause geeilt, uni dem theuren Amtsgenossen die letzte Ehre zu erweisen. Aber auch manche aus- wartige Freunde hatten in dieser feierlicheii Stunde nicht fehleri wolleu. Ebenso waren vide Burger Gottiugen’s gekommen, deni Ebreribiirgrr der Stadt das Geleite zti geben.

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. Langsam bewegte sich der Zug, an der Stiitte seiner Lebensarbeit vorbei, durch die Groner Strasse, die Promenade entlang, welche ilim tiiglicher Spaziergang geweseii war. h u f dem neuen Friedhofe vor dem Groner Thore, auf leichter Anhiihe, wo sich ein Blick in das freund- liche Leinethal Bffnet, hatte Wi ih le r vor kaum Jahresfrist einen Erb- begrabnissplatz erworben. Dort hat er, der Erste aus dem Familien- kreise geschiedene, seine letzte Ruhestiitte gefunden.

Ueber dem Grabe, welches die sterbliche Hiille unseres Freundea umschliesst, erhebt sich kein Denkmal von Erz und Marmor. Er hatte den Wunsch ausgesprochen, dass eine einfache Steinplatte mit dem Namen F r i e d r i c h W i j h l e r die Statte bezeicbnen solle, wo er ruhen wdrde.

Dem Wunsche des Dahingeschiedenen zu entsprechen ist den iiberlebenden Angehijrigen Erfullung einer heiligen Pflicht gewesen. Die Schiiler, die Freunde, die Fachgenossen ehren die Bescheidenheit des Mannes: sie wollen es sich aber gleichwohl nicht nehmen lasses, der Dankbarkeit gegen den Lehrer, der Verehrung fiir den Freund, der Bewunderung des Forschers in einem sichtbaren Gedenkzeichen Ausdruck zu leihen. Von vielen Seiten ist das Verlangen laut ge- worden, die lussere Erscheinung des Mannes, wie sie in der Erin- nerung der Zeitgenossen lebt , fur spatere Geschlechter in dauern- dem Rilde festzuhalten. Auch im Kreise der deutschen chemischen Gesellschaft, welche vom Tage ihrer Griindung an gliicklich war, den Dahingeschiedenen als Ehrenmitglied zu besitzen, deren Berichte e r mit jenem reizenden Gedenkblatt aus seiner Jugend hat schmucken wollen, deren Geschicke er als PrLident geleitet hat, - auch im Kreise der chemischen Gesellschaft ist dieser Wunsch lebhaft empfunden worden, und der Vorstand derselben hat sich die Aufgabe gestellt, zu der Verwirklichung dieses Wunsches nach Kraften beizutragen I). Dass ihm die Lijsung dieser Aufgabe gelingen werde, dafiir biirgt vielleicht der Erfolg, welchen seine Reniiihungen um die Errichtung der Statue des vorangegangenen Arbeitsgenossen errungen haben. Und wenn unser Rlick an dem herrlicheri Denkrriale haftet, welches die dank- baren Zeitgenossen an der Stelle, wo er wahrend seines Lebens- abends thatig war , den1 Andenken L i e b i g ’ s geweiht haben, wohl diirfen wir dann der freudigen Zuversicht leben, dass in nicht ferner Zeit auch das Standbild W o h l e r ’ s an der Statte seiner langen und segensreichen Wirksamkeit sich erheben werde !

A. W. H.

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Arimerkuiigen :

a) [S. 31281 Ein grosser Theil dieser Aufzeichnungen ist bereits zu W 6 h - ler’s Lebzeiten von seinem langjjiihrigen Freunde, Prof. C h a r l e s J o y in Kew- York, in eincr biographischen Skizze veriiffentliclit worden. Diesc Skizze ist gelegentlich Wii hler’s SO. Geburtstage unter dem Titel: Hiographical Sketch of Freder i ck W’ijluler in The I’opular &ience iMontlily condticterl by 1;. L. and W. J. l -ou tna i r s (Vol. XVII, No. IV, August 1880, 539) erschienen.

b) [S. 31301 % i n e r d e r B e s t e n v o n F r a n k f u r t ’ s Bf i rgern . Anonymer Aufsatz aus den1 Frankfurtor Journal No. 701, 20. Sept. 1552.

c) [S. 31301 Vergl. B i o g r a p l i i c WVdhler’s von G. Vei th . Einladungs- schrift zu der am 5 . April 1871 stattfindenden 6ffentlichen Priifung der Wohler- schde. Frankfurt a/M. 1571.

d) [S. 31311 Meine unmittelhare Quelle fBr diese Anekdote ist die oben citirte Skizze von J o y . Sie ist mir indessen aueh von anderen Freunden und Zeitgenossen Wohler ’s erzlhlt worden, so dass an ihrer huthonticit.jiit wohl nicht. gezweifelt werden kann. Die hufzeiclinungon Wo h 1 er’s enthalten sie nicht.

e) [S. 31363 P i c a r d hestimmte 185ti zuerst den Harnstoffgehalt des nor- malen Menschenblutes zu 0.016 pCt. \V u r t z fand durchschnitrlich im Bluto der Rinder 0.01Y2 pCt. Elarnstoff. S e h e r e r , S t r e c k e r , M e i s s n e r haben Spuren von TIarnstoff iiu Blute nachgewiesen.

f ) [S. 31371 Vergl.: ,Aus Briefen von J. v. B e r z e l i u s an P. W d h l e r in den Jahren 1823-1548.a

g) [S. 31411 Ueber F. Versn i snn’ s Bestrebungen, die Wolframbronee- farben in die Industrie einzufuhren , vergl. International Ediibition, Lo/idon lS62, Reports of the Jiiries p. 83.

h) [S. 31451 Die Originale dioser Briefe, der Zahl nach niehrere Hundcrt, befinden sich im Besitzc der Ii6nigl. schwedisehen Akadernie der Wissen- schaften. Sic sind alle in schwediseher Sprache geschrieben mit Ausnahme des ersten, weleher in1 Textc mitgetheilt ist.

i) [S. 31701 P o g g e n d o r f f wohnte wihrend der Jahre , wolche W6hler in Berlin verlehte, in der noeh heute stehenden alten Sternwarte am ostliehen Ende der Dorotheenstrasse.

Deutsclie Revue 111, 7.

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k) [S. 32231 aEs wird Sie , hochverehrter Frennd, viellcicht interessiren, dass in den letzten 12 Semestern im Ganzen 8243 Studirende chemische Vor- lesungen zu Giittingen h6rten :

vom Winter-Semester 1845!46 bis Sommer-Semester 1852 . . . . 1751 >> )) )> 185253 )) D j) 1S59 . . . . 2952

)) 1866 . . . . 3540 >> >> j> 1859'60 )) >>

8243. Es steht die Chemie allen anderen Unterrichtszweigen voran. Darauf folgt Philologie u. s. w . ~ (Auszug aus einem Briefe des Curators der Universitgt Gottingen, Geheimrath v o n W a r n s t e d t , an F. W6hler.)

1) [S. 32731 Der VOII dem Vorstande der Deutschen chemischen Gesellschaft zur Errichtung eines W B h l c r - D e n k m a l s erlassene Aufruf ist in den >>Rerichten<< dcr Gesellschaft XVT, S. 272 abgedruckt

.

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Literaturnachweise :

1) [S. 31321 xUeber das Selen in eineni Bohmischen Fossile und in dern daraus bereiteten Vitriol6le.x Gilb. Ann. 1521, 69, S. 264.

2) [S. 31351 ),Ueber einige Verbindungen des Cyans (Blaustoffs).e Gilb. Ann. 1521, 69, S. 271.

3) [S. 31361 ))Ueber die eigentliumliche Slure, welche entsteht, wcnn Cyan (Blaustoff) von Alkalien aufgenorniiien wird.(( Gilb. Ann. 1522, 71, S. 95. - nBildung der Cyansiiure auf neucm Wegc und fernere Untcrsuchungcn iiber die CyansAure und deren Sa1zc.g

4) [S. 31361 ,)Versuche fiber den Uebcrgnng von Materien in dcu Ham.(( Tiedemann, Zeitsehr. 1524, 1, S. 125 und S. 290.

5 ) [S. 31351 ))Vortheilhafte hlethode zur Darstellung des Kaliums.c( Pogg. Ann. 1525, 4, S. 23.

6, [S. 31401 ,Ueber das 1Volfrain.w Stockholm, Akad. Handl. 1524, p. 99; Pogg. Ann. 1524, 2, S. 345.

7, [S. 31411 ))Ueber eine besondere Art von Verbindungen.(< Pogg. Ann. 1824, 1, S. 231.

*) [S. 31411 ))Ueber Cyan-Verbindiingen.(( Pogg. Ann. 1825, 3, S. 177. 9, [S. 31411 ))Analytische Versuche iiber die Cyansiure.(( Pogg. Ann.

Gilb. Ann. 1S23, 73, 157.

1824, 1, S. 117.

Arbeiten aus der Berliner Periode: I") [S. 31491 ),Bereitungsart des Chromoxyduls.c( Pogg. Ann. 1827, 10, S. 46.

12) [S. 31501 ))Ueber das Beryllium und Yttrium.(( Pogg. Ann. 1S25, 13,

13) [S. 31501 ))Ueber den I'yrochlor.(< 14) [S. 31501 nUeher die Zusammensotzung des I1aytorits.a Pogg. Ann.

15) [S. 31501 ))Ueber die Zusammensetzung der phosphorsauren und arsenik-

16) [S. 31501 aUeber dio IIonigsteinsSure.c( Pogg. Ann. 1526, 7, S. 325. 17) [S. 31501 ,Ueber die Wirkung des Palladiunis auf die Weingeist-

Pogg. Ann. 1525, 3, S. 71. I*) [S. 31501 ))Ucber Gewinnung des Phosphors.u Pogg. Ann. 1529, 17,

'4 [S. 31501 nUeber S e m e n t i n i ' s jodige Saure.cc Pogg. Ann. 1526,

[S. 31501 ,Ueber das Alnmininm.~( Pogg. Ann. 1527, 11, S. 146.

s. 577. Pogg. Ann. 1526, 7, S. 417.

1828, 7, S. 136.

sauren B1eierze.a Pogg. Ann. 1825, 4, S. 161.

F1amme.c

S. 177.

8, S. 95.

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m, [S. 31501 ))Ueber die Reduction von Kohle aus Schwefelkohlenstoff.((

21) [S. 31 501 xUcber die Zersetxung mebrerer Chlorinetallc durch dlbil-

2a) [S. 31501 ,Methode, Arscnik -ion Nickel und Kobalt zu scheiden.c(

23) [S. 31501 ,Ucbcr cin gasformiges Fluormangan.(t Pogg. Ann. 1827,

24) [S. 31501 ))Bereitungsart des ipfelsaurcn B1cioxyda.c Pogg. Ann. 1527,

Pogg. Ann.

26) [S. 31.513 nUcber kiinstliche Bildung von Harnst0ff.g Pogg. Ann.

27) [S. 3151 und 31531 sUeber die Znsammensetzung der Cyanslurc.((

28) [S. 31521 ))Bildung von Harnstoff aus 1Jarnsiinre.c Pogg. Ann. 1839,

2y) [S. 31 551 ,Ueber die Zusamniensetzung dcr TIonigsteinsliure(( (genieinsam

30) [S. 31551 aUeber die Zcrsetzung des Harnstoffs und der Harnskure

31) [S. 31691 xUntersuchungen uber die Cyansiiurcnc (geineinsam niit

Pogg. Ann. 1529, 17, S. 452.

dendes Gas.((

Pogg. Ann. 1S26, 6, S. 227.

9, S. 619.

10, s. 104.

151S, 13, S. 48s.

192S, 12, S. 253.

Pogg. Ann. 1S25, 5, S. 355.

Pogg. Ann. 1S2S, 13, S. 297.

[S. 3 1501 b)Ueber die Natur der Kol~leristickstoff~~ure.((

15, s. 529.

Init. J. L ieb ig ) .

clurch hdherc Temperatur.a

J. L ieb ig ) .

Pogg. Ann. 1530, lS, S. 161.

Pogg. Ann. 1829, 15, S. 619.

I’ogg. Ann. 1530, 20, S. 369.

Arbeiten aus der Casseler Periode: 32) [S. 31751 *Untersuchungen iiber das Iiadikal dcr BcnzoesCure(( (gc-

33) [S. 3 1 SO] ))Leichtc Darstellungsweise des iibermangansauren Ka1i’s.c

”) [S. 31501 nUeber Darstellung von arsenikfrcieni Antimon.(( Ann. Pharm.

35) [S. 31501 ,Ueber die Gewinnung von Iridium und Osmium ans dein

36) [S. 31SOI *Ucber die Darstellung von krystallisirtcm Chrornoxyd.(( Ann.

3?) [S. 31501 ),Uobcr borsaure Talkerde.c( Pogg. Ann. 1833, 28, S. 525. 38) [S. 315 11 ))Ueber krystallisirte Doppelsalze von Zinkoxyd mit kohlen-

Pogg. Ann. 1533, 25, S. 615. 39) [S. 31511 ,Analyse eincs krystallisirten Arsenik-Nickels.(( Ann. Pharm.

w, [S. 31511 ))Thorerde im Pyrochlor.(( 4 9 [S. 31811 xUebcr die I<rpstallform des l3isens.c Ann. Pharm. 1533,

42) [S. 31811 ))Ueber die Dimorphic der arscnigen SBure.c Ann. Pharm.

43) [S. 31511 ))Ueber die Zusarnmensetzung der Schwefelweinsiurecc (ge

meinsam rnit J. L i e b i g ) .

Pogg. Ann. 1S33, 27, S. 626.

1533, 5, S. 20.

Platinriickstand.((

I’harm. 1S35, 13, S. 40.

Ann. Pharm. 1532, 3, S. 249.

Ann. Pharm. 1534, 9, S. 149.

sauren Alkalien.((

1532, 4, S. 192. Ann. Pharm. 1533, 8, S. 154.

S, S. 171.

1833, 5, S. 152.

meinsam mit J. L icb ig ) . Ann. Phavm. 1S32, 1, S. 37.

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44) [S. 31811 sVermischte chernische Notizeng (Cyan-Schwefelwasserstoff- siure, Naplitalin-SchwefelsBiire, Aether-Bildung durch Fluorlmr, Bariumsuper- oxyd, gelhcs Hleioxyd, griines Chroinouyd, - gemeinsam mit J. L i e h i g ) . Pogg. Ann. 1832. 2-1, S. 167.

45) [S. 3181 ond 31 821 ))Vcrmischte chemisehe Remerkungcn(( (Titancisen> Ijasisches chronisaur~s Hleioxyd , Kupferoxpdal , Eisenoxydul , Msnganoxytiul, Kickel,

46) [S. 31821 ))Pliysikalisch - chemische Brschreibung der Schwrfelwasser- Quellen z u Nenndorfa (gerneinsani mit 11. d ’ 0 l e i r e ) . Ann. Pharrn. lS35, 17, s. 286.

gemeinsam mit J. L i e b i g ) . Pogg. Ann. 1831, 21, S. 578.

Arbeiten aus der Gottinger Periode: 47) [S. 31971 ,)Ueber die Bildung dr; Bittermandelolsc (grmcinsam niit

J. L i e b i g ) . Ann. Pharm. 1837, 22, S. I : vgl. a w h ))Verbesserung hei der Bereitung des Aniygdalins(( (gemeinsam rnit J. L i e b i g ) . Ann. Pharrn. 1837, 24, S. 45, nnd nVorsclrlag zur Einfiihrung eines neuen Arzneimittels anstatt des destillirten Kirsclilorheer- und Bit,terinandelwassers(~ (gerneinsani mit J. L i e b i g ) .

45) [S. 31 911 >)Untersuchnngen iiber die Natur der liarnsiure(( (gemeinsani mit J. L i e b i g ) . Ann. Pharm. IS38. 26, S. 941 : vgl. auch sUel)er M a r c e t ’ s Xantliic-Oxyd(( (gemeinsani rnit J. L i e b i g ) . Ann. Pharm. 1P3S, 26, S. 3i0, fcrner nHemerkung zu F r i t z s c h e ’ s Notiz iiher PurpursBurc(( (gemeinsam mit J. Liehip) . Ann. Pharm. 1849, 9 ! ) , S. 331, iind >>Verhalten des Alloxans beim Sieden mit Wasser (gemeinsam mit J. L i e b i g ) . Ann. Chem. Pharm.

49) [S. 91911 ,Verfahren uni Substanzen niit Wasser iiber 1000 zu er- 1iitzen.c Ann. Chem. I’harm. 1857, 103, S. 117.

a) [S. 31961 nBcobachtung iiber das \Vasserstoffsuperoxyd.a Ann. Chcm. I’harni. 1554, 91, S. 127.

51) [S. 31961 aBildung von salpetriger SBuro aus Amm0niak.a Ann. Clieni. Pharm. 1865, 136, S. 2 5 L

52) [S. 31961 nApparat ziir Wasser1)ildnng.a Ann. Chem. Pharm. 1S71, 157, S. 11 1.

53) [S. 3196, 3204 und 32151 ))Vermischte Beohachtungen(( (Phosphor- mangan, Uehermangansiiure, I)laner Schwefel ?, Zinri,jodiir, hethylamin, Aldehyd- Ammoniak). Ann. Chem. Pharm. 1853, 86, S. 371.

”) [S. 31961 )>Krystallisirtes Schnefelwasserstoff-Hydrat~. Ann. Ciiern. Pharm. 1840, 33, S. 145.

55) [S. 319131 ))Einfluss dcs Drucks anf das Rcstehen yon Verbindungen.<( Ann. Chem. Pharm. 1853, S5, S. 374.

56) [S. 31961 averhalten des Arsenilts, Antirnons und Zinns zu Chlor- sc1iwefel.a

5 i ) [S. 31963 ))Ueher eine neue Hildungsweise des Phospliorsulfochlorids.~~ Ann. Chem. Pharrn. 1855, 93, S. 274.

58) [S. 31961 )) Vorlesungsversuche (c (liquidc schweflige Siiure). Ann. Chem. Pharm. 1S66, 137, S. 871.

59) [S. 31961 ))Verhalten der in Wasser geliisten schwefligen Siurc bei 20OO.((

h n c . Pharm. lS;57, 21, S. 24.

1841, 38, s. 357.

Ann. Cheni. Pharni. 1850, 73, S. 374.

Ann. Cheni. I’haru. 1S62, 124, S. 128.

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Y [S. 31961 nBeobachtungen iiber die Bildung von Schwefelsiure aus schwcfliger S h r c und Sanerstoffgas.<< Ann. Chem. Pharm 1852, 81, S. 255.

[S. 31961 >)Ueber die Darstellung des Selenfi aus Selenhlci.<( Ann. Chem. Pharni 1542: 41, S. 122

62 [S. 31971 nUebcr die Wirkung des Zinks auf selenige Skure.<< Ann. Chcm. Pharm. 1847. 63, S. 279.

63) 1s. 31971 ,Ueber das Stickstoffselen.<< Ann. Chem. Pharm. 1859, 109, s. 375.

64) [S. 31971 ))Farbloscr Phosphor.<< Ann. Chem. Pharm. 1843, 45, S. 249. fi5) [S. 31'371 nlicher die Loslichkeit der Rnochcn in Wassere(< Ann. Chem.

s) [S. 31971 nUcber das Row (gemeinsam mit H. S a i n t e - C l a i r e Anu. Chem. Pharm. 1837, 101, S. 113 und S. 347.

6 i ) [S. 31971 xUeher das sogenannte graphitformige B0r.a Ann. Chem.

68) [S. 31971 aUebcr das Verhalten des Bors zuni Stickoxydgas.<( Ann.

6p) [S. 31971 ))Ueher den Stickstoffbor.Q Ann. Chem. Pharni. 1850, 74, S. 70. 79 [S. 31981 nueber Stickstoffwolfram und St,ickstoffmolybdin.(< Ann.

Ann. Chem.

is) [S. 31981 aDarstellung krystallisirter MolybdLnsiiure aus Molybdin-

T3) [S. 31951 >)Ueber das Phosphormolybdin.<( Ann. Chem. Pharm. 1859,

74) [S. 31981 nUeber das Pl~ospl~orwolfram.~~ Ann. Chem. Pharm. 1S51,

75) [S. 31981 >) Ueher Amidverbindungen des Wolframs. u: Ann. Cliem.

73 [S. 31981 >)Verlialten von Rolframoxyd, Eisen- und Manganoxydul in Ann. Chem. Pharm. 1841, 39, S. 253.

77) [S. 31981 ))Eigenscliaften der Tantalsiiure. << Ann. Pharm. 1839, 31,

[S. 31981 ,Ueber das Silicium.<( Ann. Chem. Pharm. 1S.56, 97, S. 266. 7 3 [S. 31981 nverbesscrte Darstellung des krystallisirten Siliciums.((

Ann. Chem. Pharm. 1857, 102, S. 382. @'J) [S. 31983 ))Ueber eine Verbindung von Silicium mit Wasserstoffe (ge-

meinsam niit H. Buff). 8') [S. 31991 )) Ueber das SilicinniwRsserstoffgas. (( Ann. Chem. Pharm.

3858, 107, S. 112. - sUeber die Darstellung und dic Eigenschaften des Sili- ciuuiwasserstoff~ases.<( Dcutsch. Naturf.-Versamn~l.. Bericht 1859, 34, S. 173; vgl. auch aVorlesungsversuche(< (Siliciumwasserstoffgas). Ann. Cliem. Pharm. 1S66, 137, S. 369.

Ann. Cliem. Pharm. 1858,

Pharm. 1856, 98, S. 143.

Dev i l l e ) .

Pharm. 1867, 141, S. 268.

Chem. Pharrn. 185S, 105. S. 959.

Chem. Pharm. 18i8, 105, S. 358.

Pharm. 1855, 94, S. 255.

glanz.<<

LS. 31 9P3 >)Ueber mctallisches Wolfram und Mo1ybdin.a

Ann. Chem. Pharm. 1856, 100, S. 376.

109, s. 374.

79, S. 244.

Pharm. 1850, 73, S. 190.

C11lorgas.a

s. 120.

Ann. Chem. Pharm. 1S57, 103, S. 218.

82) [S. 31991 ))Ueber das Silicium-Mangan.(( loti, s. 54.

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83) [S. 32001 ))New Silicium-Verbindungen.((

8.') [S. 32001 ))Ueber Verbindungen des Siliciums mit Sauerstoff und

35) [S. 32001 xUeber iieuc Vcrbindnngen des Siliciumw (gemcinsam niit

86) [S. 32001 ))Siliciunioxyd in1 Kiickst.and Ton der Auflosung des Itoh-

37) [S. 32001 xUeber den Riickstand von der Auflosung des Roheisens.<(

8s) [S. 32011 aUeber das Stickstoffsilicilurl(( (gemeinsam init. 11. S a i n t e - C l a i r e Dcv i l l e ) .

69) [S. 32011 ))Ceber die directe Rildung des Stickstoffsiliciunlsa (gemeinsam mit 11. S a i n t e - C l a i r e Devi l le ) . Ann. Chern. Pliarni. 1859, 110, S. 248.

yo) [S. 32011 *Ueber die Af'finitat znisohen Stickstoff nnd 'ritanc (gemcin- Sam mit 11. S a i n t e - C l a i r e D c v i l l e ) . Ann. Chern. Pharm. 1857: 103, s. 230.

Ann. Chem. Pharni. I%O, 73, S. 34.

Chem. I'harm. 1858, 105, S. 108.

Ann. Chem. Pharm. 1863, 12.5, S. 255.

Wasserst0ff.a Ann. Chem. Pharni. 1563, 12i, S. 257.

El. Huff) . Ann. Chern. Pharm. 1857, 104, s. 94.

eisens.e Ann. Chem. Pharm. 1857, 104, S. 374.

Ann. Chem. Pharm. 1850, 7-1, S. 114.

Ann. Chem. Pharm. 1557, 101, S. 2%.

91) [S. 3201 nnd 34021 ZUeber die Natur des mctallischen Titans.(,

9 9 [S. 32011 ))Ueber eine ncuc Ilildungs\veise des Stickstofftitaus.((

93) [S. 32021 ))Uelier clas Cyan-Titancl1lorid.c Ann. Chem. I'harm. 1S50,

94) [S. 32021 auober cine Verlbindung ron Titaochloiid mit Cyanwasser-

95) [S. 32021 ))Phosphortitan.(( 96) [S. 32021 aMethode zur Darstellnng reiner Titanssure.((

97) [S. 32021 )) Beroitung von reinem Ralihydrat. ((

93) [S. 32021 ~~Bereitnngsmetliode \'on Kali -Bicarbonat. (: A m . I'harrn.

99) [S. 32021 ))\Varnung<( (Ueber Explosionen bei Darstellung des Kaliums).

100) [S. 32021 ))Offieinelles Jodkalium und Phosphorsiure.~~ Ann. Chem.

101) [S. 32033 ))Verbrennungen durch Bariumsuperoxyd.g Ann. Chem.

lo2) [S. 32033 ))Vorlesungsversuch mit Aluminium.(( Ann. Chem. Pharm.

Io3) [S. 32031 ))Blatt-Alun~iniurn.(( Ann. Chem. Pharm. 1860, 113, S. 249. lor; [S. 32031 ,Ueber die Reduction des hluminiums aus Kry01ith.c Ann.

Ann.

73, s. 219.

stofT.c( Ann. Chem. Pharm. 1850, 73, S. 226. Ann. Chern. Pharm. 1853, 87, S. 375.

Ann. Chem. Pharm. 1850, 74, S. 212.

1853, 87, S. 373.

1837, 24, S. 49.

Ann. Chem. Pharm. 1844, 49, S. 3Gl.

Pharm. 1541, 39, S. 123.

Pharm. 1851, 78, S. 125.

1860, 116, S. 127.

Ann. Chem. Pharni.

Chem. Pharm. 1856, 99, S. 255.

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3281

' O 3 [S. 32031 ,Zur Kenntniss des A1uminiums.a Ann. Chem. Pharm. 1815, Ann. Chem. Pharm. 1855, 93,

Gdttingen , Nachrichten

lo6) [S. 3203) xUeber cine krystallisirte Verbindung von Chrom und Alu-

107) [S. 3'2031 ))Titan-Aluminium.(( Ann. Chem. Pharm. 1860, 113, S. 248. l04 [S. 32031 ))Ueber krystallisirte Vorbindungen von Aluminium rnit Me-

tallen.(( log) [S. 32031 ))Verbindungen des Magnesiurns und Calciums mit Alominium.~

Ann. Chem. Pharm. 1866, 138, S. 253. 110) [S. 32031 ))Leichte Darstellungsweise des metallischen Chroms.u Ann.

Chem. Pharni. 1859, 111, S. 230. - ))Beobachtungen iiber das Chrorn.c( Gdttingen, Nachrichten 1859, S. 147.

111) [S. 32031 )) Ueber das Chrombromid. (( Ann. Chem. Pharm. 1559,

[S 32031 uUeber ein magnetisches Chromoxyd.c( Ann. Chem. Pharm. 1859, 111, S. 117.

[S. 32031 xZur Kenntniss des Ceriums.(( Ann. Chem. Pharm. 1867, 144, S. 251.

114) [S. 3203) ))Ueber die Darstellung cles Ferrum pulveraturn.(( Ann. Chem. Phitrm. lS55, 94, S. 125. - ))Nachtrigliche Notiz in Betreff der Re- reitungsweise des Ferrum pulveratnm.(( Ann. Chem. Pharm. 1855, 95, S. 192.

115) [S. 32041 ))Uebsr ein neues Eisen-Priparat.(( Ann. Cliem. Pharm. 1837,

116) [S. 32041 )) Bercitung des wasserfreien Eisenchloriirs. (( Ann. Chem.

117) [S. 32041 nDarstellung dcs Urans.(< Ann. Chem. I'harm. 1542, 41,

118) [S. 32041 ~Verhalten des Braunsteins zum salpetrigsauren Natr0n.a

119) [S. 3'2041 ))Rlci von ltupferrother Farbe.(< Ann. Chem. Pharm. 1862,

'20) [S. 32041 ))Vortheilhafte Bereitungsweise des Bleisuperoxyds.(< Ann.

121) [S. 32043 ))Doppelsalz von schwefclsaurem Bleioxyd mit schwefelsaurem

122) [S. 3204 und 32053 ))Proportionirte Verbindung von Silboroxyd und

123) [S. 32041 ,)lteduction des Thalliums aus dem Chloriir.(( Ann. Chem.

124) [S. 32041 ,Notiz iiber die Gewinnung von Thallium.(( Ann. Chcm.

125) [S. 32041 ,Verbindung von Thal l iumchlor~ mit Eisenchlorid.c( Ann.

53, S. 422. - ,)Notiz tiber das Aluminium.<< S. 365. - ))Beobachtungen iiber das A1umininm.a 1S60, S. 62.

minium.(( Ann. Chem. Pharm. 1858, 106, S. 118.

Ann. Chcm. Pharm. 1S60, 115, S. 103.

111, s. 3s2.

22, s. 56.

Pharm. 1866, Suppl. 4, s. 255.

s. 345.

Ann. Chem. Pharrn. 1861, 119, S. 375.

Suppl. 2, s. 134.

Chem. Pharm. 1854. 90, s. 383.

Amm0niak.u Ann. Cheni. Phann. IS&?, 43, S. 126.

B1eioxyd.e

Pharm. 1873, 164, s. 74.

Pharm. 18G7, 142, s. 263.

Chem. Pharm. 1867, 144, S. ?SO.

Ann. Chem. Pharm. 1835, 28, S. 237.

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3282

126) [S. 32041 ,Ueher die Einwirkiing der schwefligen S h r e auf Kupfor-

127) [S. 32041 )) Krystallisii.tes Kupfer durch Phosphor. (( Ann. Chem.

128) [S. 3'1041 ),Kupfer in C1~lorwasserstoffgas.a Ann. Chem. Pharin. 1858,

129) [S. 32041 ))Eigensc~haften des KupferchIoriirs.(( Ann. Chem. Pharm.

130) [S. 32041 ,)Uebcr Ilereitung des Calomels auf nassem \Vege.(( Ann.

la') [S. 32051 nUeber eigenthilmliche Metall-Reductionen auf naeseni Wegc."

132) [S. 32051 >,Ueber dio Rildung des Sillwrsuperoxyds durch O z o n s Ann.

133) [S. 32051 ))Ueher das Verhalten einiger Metalle im electrischen Strain.<<

Ann.

oxydsalze.((

Pharm. 1851, 79, S. 1%.

105, S. 3W.

1864, 130, S. 373.

Chem. Pharm. 1554. 90, S. 121.

Ann. Chern. Pharni. 1853, 85, S. 253.

Chem. Pharm. 1868, 146, S. 263.

Ann. Chem. Pharm. 1868, 146, S. 375.

Chem. Pharm. 1857, 101, S. 363.

s. 119.

174, s. 60.

Ann. Chem. Pharm. 1851, 79, S. 127.

[S. 32051 )) Ueber eine nenc Rildnngsmeise des Silheroxyciuls.((

135) [S 32051 ))New Sil1)eroxydulsalze.a Ann Chem. Pharm. 1860, 114,

1 3 9 [S. 32051 ))Palladiumoxydul in Wasserstoffgas.a Ann. Chem. ld71,

13:) [S. 32053 ))Pu'ot,iz iiher ein Palladiumsalz.(( Ann. Chem. 1874, 174, S. 199. 1 3 9 [S. 32051 xNotiz ilher das Verhalten des Palladiurns in der Alkohol-

9 [S. 320.51 ))Znr I h n t n i s s des Osmiuins.<< Ann. Chep. I'hnmi 1866,

1.1") [S. 32051 ,Osmium-Iridium in verarbeitetem Gold.(( Ann. I'harm. 1S39,

[S. 32051 *Ueber den Platingellalt. der Platinriickstiinde (gcmeinsam

flamrnc.(c Ann. Chem. 1877, 181, S. 128.

140, S. '2.53.

29, S. 336.

niit A. MucklB) . Ann. Chem. Pharm. 1557, 104, S.365.

142) [S. 320.51 ,,Analyse des Pyrochlors.(< 143) [S. 32061 sThorerdcgclialt des Pyrochlors.(( Pogg. Ann. 1847, 70, S. 336. ld4) [S. 3'2063 ))Ueher den Kryptolitli, eine n e w Mineralspecies.(< Ann.

1 4 3 [S. 32061 ,Ueber den Anthosiderit, cine n e w Mineral-Species aus Rra- Brdm. J. f. pract. Chem. 1811,

146) [S 32061 aUeber zwei neue Kobaltmineralien von Skutternd in Nor- Pogg. Ann. 1838, 43, S. 591. - >)Uel)er zwei n e w Kolx&nineralien

Leonhard iind Bronn, N. Jahrb. f. Miner. 1835,

Pogg. Ann. 1S39, 48, S. 83

Cheni. Pharm. 1846, 57, S. 268.

silien (gemeinsam mit J. P. I,. H a u s m a n n ) . 22, s. 412.

wepen.(( von Modum in h'ornregen.<< 3, s. 288.

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3283

14?) [S. 32061 >>Notiz ihe r den Euehroit.c<. Ann. Chem. Pharm. 1844,

14*) [S. 32061 ,)Uehor den Paclinolith von Griinland.cc Ann. Chcm. 1876,

'"1 [s. 32061 ndnalyse des PyrosmaIiths.~< Ann. Chem. Pharm. 1870,

[S. 3206 und 32091 ,)Notiz uber die Analyst: der Rothgt1tigerze.a Ann.

I5l) rS. 32061 ))Ueher den Lopidomelan.: (gemeinsam niit J. F. L. Haus-

152) [S. 32061 >)Ueber das Schilfglaserz<( (gemcinsam mit J. F. L. Haus-

153) [S. 32061 ))Ueber ein neues Mineral von Bor&o.(< Ann. Chem. Phann.

lj4) [S. 32061 ,)Vorkommen des Lanrits im Platinerx von Oregon.(( Ann.

lS5) [S. 32061 ,Ueber Gediegen-Bloi und Bleioxyd ails Mexico.(< Ann.

[S. 32061 )>Anatas im Tlioneiwnstein.<< Giittinger gel. Anz. 1867, S. 274. 15i) [S. 32071 ))Ucher den Vanadingehalt des Uranpecherzes.<( Pogg. Ann.

1541, 54, S. 600. - aNeuos Vorkommen des Vanadiums.<< Ann. Chem. Pharm. 1812, 41, S. 345.

156) [S. 32071 ,Vanadin in! Gelbl)leierze.(< Ann. Chem. Pharm. 1857,

150) [S. 32071 vgl. Berg- iind Hfittenminn. Zeitschr. 23, S. 119. '60) [S. 32071 vg1. Berzclius' Jahresb. 26, S. 389. 16') [S. 32071 ,Arsenikgehalt des Carlshader Sprodelsteins.(< Ann. Chem.

162) [S. 32071 aZusanimcnsctziing der Salzsoole hei Rodenherg.(< Ann. Pharm.

163) [S. 32071 >)Ueher Sauerstoffgas -Entwickelung aus dem orgaoischen

164) [S. 32071 vgl. Tiebig-Kopp's Jahresh. 1847j15, S. 1262 Anm. 165) [S. 32071 ))Ueber das Fiirbende im Smaragd.c< Ann. Chem. Pharm.

lG6) [S. 32071 ))Bemerkungen iiber den Diamant.a Ann. Chem. Pharm.

lGi) [S. ::207] ,liiinstliche Bildung von krystallisirtem Schwefe1lries.a Ann.

16*) [S. 32071 ))Bemerkung iiber Schwefclkies und Speerkies.g Ann. Chem.

169) [S. 32071 nAna1yse eines Meteoreisens.<< Ann. Chem. Pharm. lS52,

1;") [S. 52071 rhnalyse des Metcoreisens von RasgatB.<< Ann. Chem. Pharm.

51, S. 285.

180, S. 231.

156, S. 85.

Pharm. 1838, 27, S. 157.

mann).

mann).

1866, 139, S. 116.

Cliem. Pharm. 1869, 151, S. 374.

Chem. Pharin. 1856, 100, S. 127.

Erdm. J. f. pract. Chem. 1840, PO, S. 258.

I'ogg. Ann. 1839, 46, S. 146.

102, s. 383.

Pliarm. 1850, 73, S. 217.

1S36, 17, S. 315.

Absatz eines Soo1wassers.e Ann. Chem. Pharm. 1843, 45, S. 206.

1864, Suppl. 3, S. 127.

1842, 41, S. 346.

Pharm. 1536. 17, S. 260.

Pharm. 1S54, 90, S. 256.

81, s. 252.

1552, S2. S. 243.

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171) [S. 32071 ))Analyse. der Meteorsteine von Mezo-Madarrrs in Sieben- Ann. Chem. Pharm. 1856, 96, S. 251. - .Anu{ysis of the meteorites

Phil.

172) [S. 32071 ))Uel)er den Meteorsteinfall bei Breinerv6rde.(( Ann. Chem.

17:j) [S. 32071 nUeber einen ncuen Meteoriten.(< Pogg. Ann. 1857, 100, s. 342. 174) [S. 32071 ))Ueljer die Bestandtheile des Meteorsteines von Kaha in

)>Die organische Sub-

175) [S. 32071 ))Ueber die Bestandtheile des Metcorsteines von Kakova im Terneser Banate.4 Ann. Chem. Phann. 18.59, 110, S. 121.

176) [S. 32071 ))lieher die Bestandtheile des Meteorsteines vom Cap1and.a Ann. Chem. Pharm. 1859, 110, S. 369. - ,Neuere Untersochungen iiber die Be- standtheile des Meteorsteins voni Capland.(( Wiener Sitziings-Ber. 1860, 41, s. 565.

Ann. Chem. Pharrn. 1860, 115, S. 92.

Ann. Chem. Pharm. 1560, 115, S. 95. - aUeher das Meteoreisen von Toluca in Mexico.(( Wiener Sitzungs-Ber. 1856, 'LO, S. 217.

179) [S. 32071 nCeber den Meteorstein von Bachmut.(( Wiener Sitzungs- Ber. 1868, 4611, S. 302.

1m) [S. 3'?0S] nUebcr ein ncu aufgefiindenes Moteoreisen(< (gemeinsani mit W. Wicke) . Ann. Chem. Pharm 1864, 129, S. 121.

IR1) [S. 32051 >>Analyst des Meteoreiscns von Ovifak i n GrBnland.<< Ann. Chem. Pharm. 1872, 163, S. 247.

182) [S. 32083 ))Ueber das angebliche Meteoreisen von der Collina di Brianza bei Mailand.<< GBttingen, Nachrichten 1870, s. 31.

'83) [S. 32081 aPassivcr Zustand des Meteoreisens.(< Ann. Chem. Pharm. 1852, 82, S. 248.

IR4) [S. 32051 ))Idithion in Meteoriten.(( Ann. Chem. Pliarm. 1861, 120, S. 253. IY5) [S. 33051 aUel)er I<ohIegehalt von 3fetcoriten.cc Erdm. J. f. pract.

186) [S. 330S] nVergloichende Ihtrachtringen iiber die kohligen Meteoriten.((

biirgen.a of' MezG - Mudurns in Trans!/Zvaniu' (gemcinsam mit E. A t k i n son). Mag. 1856, 11, p. 141.

Pharm. 1856, 99, S. 244.

Ungarn.(( Ann. Chem. Pllarm. IS.59, 109, S. 344. stanz im Mdeteorsteine von Kaba.;~ Ann. Chem. Pharm. 1859, 109, s. 349.

177) [S. 32071 nUeber das Meteoreisen von Bahia.(<

1 7 9 [S. :3207] )>Analyst eines mcxicanischen Meteoreisens.<(

Chern. 1859, 77, S. 44.

Gottingen, Nachricliten 1564, S. 277.

187) [S. 32081 ))Quantitative Trennung von Nickel und Zink.c Ann. Chem.

18s) [S. 3'2081 ))Nickel- und Kobalttrennung.c< Ann. Cheni. Pharm. 1849,

189) [S. 32081 ))Trennung von Kupfer und Palladium.(( Ann. Chem. l'harm.

"'0) [S. 32051 nKeinignng des Uranosyds von Xicltel, Kobalt und Zink.c<

Pharm. 1854, 89, S. 376.

70, S. 256.

1566, 140, S. 144.

Ann. Chein. Pharm. 1845, 66, S. 127.

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3285

Igl) [S. 32081 ))Trcnnung von Kobalt nnd Mangan.a Ann. Pharm.

Iga) [S. 32091 ))Verhaltcn der schmefligen S h r e zu Arseniksiare (<

29, S. 217.

Pharm. 1839, 30, S. 224.

1839,

Ann.

Ig3) [S. 32091 )>Arsenikgehalt des Zinns.c Ann. Pharm. 1839, 29, S. 216. 194) [S. 32091 nArsenikgehalt des Roheiscne.(( Ann. Pharm. 1$39, 31, S. 95. ls'5) [S. 32091 ))Reaction auf phosphorige SGure.a Ann. Chcm. Pharm.

Ifis) [S. 32093 ')Rcactioncn.a Ig7) [S. 32091 ))Merkwiirdiger Fall von Arsenikvergiftung.(( Ann. Cheni.

Pharm. 1544, 52, S. 141. 198) [S. 32101 ))Bemcrkungen zu den1 gerichtlich-chemischen Verfahren bei

Arsenik-Yergiftungen.(( '99) [S. 32 101 ,Ueber den Arsenikgchalt dcr IIarzer Schwcfelsiure.(( Erdm.

Journ. f. pract. Chem. 1845, 35, S. 1S6. m, [S. 32101 xUebor die Zusammonsetzung des Guano.(( Ann. Chepl.

Pharm. 1841, 37, S. 285. - ),Ermittelnng des Stickstoffgehalts im Guano.(( Erdm. Journ. f. pract. Chcm. lS55, 65, S. 230.

Ann. Cliem. Pharm. 1843, 45, S. 134.

wasserstoff-Gohalts der Mineralquellcn.~(

1541, 39, s. 252. Ann. Cheni. Pharm. 1540, 34, S. 235.

Ann, Cheni. Pharm. 1849, 69, S. 364.

201) [S. 32101 xUelJer die Zusaminensetzn~g dcs Aventuringlases.4

M2) [S. 321 11 ,>Uel)er die Bestimniung dcs KohlensBure- und Schwefel- Ann. Pharm. 1 S59, 32, S. 123.

ma) [S. 32111 nUebcr dio Einwirkung der Cyansinre aof Alkohol und auf Ann. Chcni. Pharm. 1846, 59, S. 291.

m) [S. 32111 xcyansaures Aethyl- und Methyloxyd(( (gemeinsam mit

m5) [S. 32 I 11 ),Ueber ein neues Zersotzungsproduct des Harnstoffw (go-

206) [S. 331 11 ))Cebcr das Thialdin und Selcnaldin, zwei kiinstlich darstell- Ann. Chcm. Pharm.

2 0 7 [S. 321 11 ))Ueber die Constitution der CyanursCure.(( Ann. Chem.

208; [S. 92121 sUcber die Metamorphose dcs inellithsauren Ammoniaks in

209) [S. 32121 nTellurithyl.(( 21") [S. 32121 nUuber neue Verbindungcn des Tellurithyls.<( Ann. Chem.

21') [S. 32131 aUeber das Tcllnrniethyl(( (gcmcinsam mit J. Dean). Ann.

212) [S. 32131 ))Versuche iibcr Tellurainyl und Selenmethyl(( (gemeinsam Ann. Chem. Pharm. 1856, 97, S. I.

Aldehyd(( (gcmeinsam mit J. L ieb ig ) .

J. L ieb ig ) .

meinsam mit J. L i e b i g ) .

bare organische Bascnc (genieinsam mit J. L i cb ig ) . 1947, 61, s. 1.

Pharm. 1847, 62, S. 241.

hoherer Temperatur.((

Ann. Chem. Pharm. 1845, 54, S. 370.

Ann. Chcni. Pharm. 1545, 54, S. 371.

$nn. Chcm. Pharm. 1841, 37, S. 263. Ann. Chem. Pharm. 1840, 35, S. 111.

Pharm. 185'2, 84, S. 69.

Chem. Pharm. 1S55, 93, S. 233.

mit J. Dean) .

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213) [S. 32131 ))Notiz uber SelencyanallyL(( Ann. Chern. Pharrn. 1859,

2I.O [S. 32131 xUebcr cine neue Reihe von Verwandlungsproducten aus Ann. Chem. Pharrn. 1843, 45, S. 354. - ))Untersuchungen

2’5) [S. 32141 ,Ueber einige Varbindungen aus der Chinonreiho.<< Ann.

216) [S. 32141 ))Notiz iiber das Vorkomnen der Chinasiurc im Tannen-

217) $. 32153 ))Untersuchungon tiber das Narcotin und seine Zersetzungs-

218) [S. 32 153 ))Ucl)er die Opiansiurc, cin Zersctzungsproduct dcs Narcotinw

219) [S. 32161 ))Uebcr cine organische Base in der Coca.(( Ann. Chern. Giittingen,

2.10) [S. 32161 ))UclJer die Wirknng der SLuren auf das .4mygdalin.c< Ann.

221) [S. 3‘2161 nDer Geruch des Castoreums.(< Ann. Clieni. Pharm. 1S44,

zpz) [S. 32161 rSnlicin und Carbolsiure iin Castorcum.(( Ann. Chern.

223) [S. 32 161 ))Analyse des Wurmsamenii;s.a Ann. Chem. l’liarni. 1811,

Zg4) [S. 32 161 ))Zusarnmensetzung des Apfelsinen6ls.<< Ann. Chem. Pharm.

225) [S. 3?16j ) ) N o h iihcr tlas BerganiottiiI.<< Ann. Chern. Pharm. 1S11,

226) [S. 32161 >)Die Ursache des Geruchs der Quitten.(( Ann. Chem. Pharni.

Z s i ) [S. 32173 ))Ueber das iitherische Oel von I’inus abies.<( Ann. Chem.

gZs) [S. 321 71 ))Campher ails Sassafrasol.<< Ann. Cheni.Pharm. 1553, 87, S. 376. 22.J) 1s. 33171 ))Bereitang des Spiriaiils.(( Ann. Cliem. Pharrn. 1841, 3!), S. 121. ZN) [S. 3’2171 ))Noti% iiber das Berlinerblau.<< Ann. Chem. I’harrn. 1540,

Z3l) [S. 32 171 ))Besondere Art von wasserhaltigeni essigsaurem I<upferoxyd.<( I’ogg. Ann.

232) [S. 32171 aUclier die L6slichkeit des Fibrins und des coagulirten Al-

*:j3) [S. 32 171 ))l<rJstallisirtcs Kupfercyaniir.<( Ann. Clicm. Pharni. I S i l ,

23‘) [S. 32171 >)Zersetzung des essigsauren Bleiosyds bci hiiherer Tern- peratur. Bildung von andcrthalb basisch cssigsanrcm Bleioxyd.(< Ann. Pharrn. 1S39, 29, S. 63.

109, s. 12.5.

der Chin:rsiiure.<< fiber das Chinon.(< Ann. Chem. Pharm. 1844, 51, s. 145.

Chern. Pharm. 1819, 69, S. 291.

splint.(<

producte.e

(genieinsam mit J. Liebig).

Pharm. 1860, 111, S. 213. - nUeber die Coca und das Cocain.(< Nachricliten. 1862, S. 44.

Cliem. Pharm. 1848, 66, S. 23s.

Ann. Chem. Pharm. 1S44, 52, s. 142.

Ann. Cliem Pharrn. 1814, 50, s. 1.

Ann. Chem. Pharni. 1S42, 44, s. 126.

49, S.3GO.

Pharm. 1845, 67, S. 360.

3s, s. 110.

1841, 39, s. 120.

37, S. 1!)7.

1842, 41, S. 239.

I’harm. 1843, 47, S. 237.

35, s. 359.

Ann. Pharm. IS%, 17, S. 137. - nUcber ein neues l<upfersalz.(< 1536, 37, S. 166.

bumins in 1Vasser.e Ann. Chem. Pharm. 1842, 41, S. 238.

78, s. 370.

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235) [S. 32171 ))Uebcr das Verhalten einiger Silbersnlxe in Wasserstoffgas.u:

23c,) [S. 3‘2171 ))Darstellnng des Anieisenathers.(( Ann. Chem. Pharm. 1840,

2 3 7 [S. 32171 sh’otiz iiber die Naphtalinscliwefels6uren.a Ann. Chem. Pliarm.

z 3 4 [S. 321 71 ))Uebcr eine Verbindung von masserhaltiger Cyansiturc rnit

239) [S 32171 ))Bereitung des milchsauren Eisenoxpduls.(( Ann. Chern.

2‘”) [S. 32171 aI3crcitung dcr BcnzoCsLure.(( Ann, Chern. Pharm. 1844,

Z A 1 ) [S. 32171 ))Ucber den Rutters~nreather.c< Ann. Chem. Pharm. 1S44,

242) [S. 32 171 8Neues Doppelsalz von Quecksilberchlorid und essigsaurcin

zra) [S. 32 i 71 nUeher einc arscniltlialtige organisclie Verbindung ails Rutter-

[S. 32 IS] ))Sur Ien pmdui t s rle lu trun.$mnntion rii! l’acide loctiyuc prtr

‘45) [S. 32181 xKot.iz iiber die Rercitung der wasserfreien Blausiiire.~~

2‘3 (S. 3’21S] ))Darstellnng yon reinem hlet.hylalkohol.~~ Ann. Cheni. Pharm.

Zd7) [S. 321S] ))(;;tirung dcs Allantoins.(( Ann, Chem. I’harm. lS53, 58, S. 100. 248: [S. 32 la] >)Beobachtuiig Cbcr das Chloroform.(( Ann. Chem. Pharin.

2‘!’) [S. 331 81 ))Schwcinfurter Griin rnit Buttersiiure.ci Ann. Chem. Pharm.

2M) [S. 32181 xSalz, welclies mit Salzsiinre Animoniak entwickclt.(( Ann.

251) [S. 32181 xVorthcilhafte Darstellnngswcisc des St.yraciiis.(# Ann. Chem.

250) [S. 32181 >)Reaction auf Ani1in.c Ann. Chern. Pharm. 1S53, 87, S. 376. 253) [S. 3218j nUeber cine neue Hereitungsweise des Anilins ans Kitro-

254) [S. 32181 ~Ri ldung des Acctylens darch I~olileiistoff~a~ciurn.~~ Ann.

2 5 9 [S. 32181 ~~Bereitnngsweise des iilbildenden Gases.(( Ann. Chern. I’harm.

‘156) [S. 321Sl xUcber die ChinovasSurec (genieinsam mit S c h n e d e r m a n n ) .

25:) [S. 32181 ))Ucl)er das Atham:mtiri(( (gemeinsam mit S c l l n e d e r m a n n

Ann. Pharm. 1S39, 30, S. 1.

3.5, S. 238.

1841, 37, S. 197.

Chlorwasserstoff.((

Pharm. 1843, 48, S. 149.

49, s. 215.

49, s. 359.

Ann. Chem. Pharm. 1S43, 45, S. 357.

Kupferosyd.c

s$ure.(( Ann. Chem. Pharm. IS48, 68, S. 127.

Ann. Chern. I’liarni. 1845, 53, S. 112.

2e chlore.

Ann. Chcni. Pharm. 1850, 73, S. ‘218.

Journ. do Pharni. 1S49, 16, p. 38.

1553, 81, s. 376.

1854, 91, s. 125.

1855, 91, s. 44.

Chcni. Pharm. 1856, 97, S. IS.

I’harm. lS56, 99, S. 376.

benzol.c( Ann. Cheni. I’harm. 1857, 101, S. 127.

Chcni. Pharm. lS62, 12.L, S. 220.

1554, 91? S. 127.

Ann. Chem. Pliarm. 1843, 45, s. 277.

und F. 1,. W i n c k l e r ) . Ann. Chem. Pharnl. 1811, 51, S. 315. nel‘irlltc ti . D. C I I C I I I . Gcsrllscllnft. J:illr:. XV. ’2 1 0

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3288

?j8) [S. 32181 ))Ueber das Limona (gemeinsam mit C. S c h m i d t ) . Chem. Pharni. 1844, 51, S. 33s.

25:') [S. 321181 ,Ueher einige Bestandtheile der Canella alba(< (gemeinsam mit W. Y e y e r und v. Reicho) .

?(') [S. 3'5181 ,),Ueber den Mannit- Gehalt des Agaricus piperatus(( (ge- meinsam niit K n o p und S c h n c d e r m a n n ) . Ann. Chem. Pharm. 1544,

2fi1) [S. 321SI sUeber die Kutinsliurecc (gemeinsam niit B o r n t r l g e r ) . Ann.

z6?) [S. 32381 ))Notiz iiher das Chamillend(( (gemeinsam mit B o r n -

2 6 9 [S. X I S ] ,h-otiz uber den Cuniinalkohol~~ (gemeinsam init K r a u t ) .

ZM) [S. 32181 >)Ueber das Aribin, eine ncue organische Base(( (gemeinsarn

Ann.

Ann. Chem. Pharm. 1543, 47, S. 234.

49, s. 243.

Chem. Pharni. 1845, 53, S. 385.

t r s g e r ) .

Ann. Chem. Pharm. 1854, 90, S. 3S4.

Ann. Chem. Pharm. 18-14, 49, S. 243.

mit K. R ie th ) . Ann. Chem. P h u m . 1861, 120, S. '247.

2d5) [S. 32151 xVeber die Vefinderungen , welche namentlich organische Stoffe bei ihrern Uebergang in den Harn erleiden(( (gemeinsam mit F. Th . F r e r i c h s ) .

2s) [S. 3'2191 ,)Urnwandlung der BenzoBsliuro in Hippursiure im lebenden Organismus.((

26i) [S. 32191 ,)Ueber die Lithofellinsiure, nebst Nemerkungen iiber die Sclimclzpunkte einiger Korper in1 krystallisirten und im amorphen Zustande.(< Pogg. Ann. 1841, 54, S. 25.5 und Ann. Chern. Pharm. 1544, 41, S. 150.

?6R) [S. 32191 aUeher die Bozoarsiiare(( (gemeinsam niit F. Merk le in ) . Ann. Cheni. Pharm. 1545, 55, S. 129.

269) [S. 32191 ))Analgse einer tilierisehen Concretion(( (Belugenstein). Ann.

370) [S. 3!1'J] nIJarnstoff in1 Pruchtwasser.<( Ann. Choni. Pharm. 1846,

37') [S. 32191 ,)Harnstoff in1 Auge.a Ann. Chem. Pharm. 181S, 66,

272) [S. 39191 ahHantoin im Kii1berharn.s Ann. Chem. Pharm. 1849, 70,

Ann. Chem. Pharm. 1S18, 65, S. 335.

Pogg. Ann. IS12, 56, S. 638.

Chem. Pharm. 1844, 51, S. 437.

58, S. 9s.

s. 128.

S. 229.

273) [S. 32201 aUeber Aniorphismus.(( Ann. Chem. Pharm. 1842,41, S. 155. 274) [S. 32201 >>Ueber cine ncue Construction der galvanischon SiiuIe.((

2'7 [S. 32201 >)Voltaisches Element ails Aluminium.(( Ann. Chem. 1880, Ann. Cheni. Pharm. 1541, 3S, S. 307.

204, S. 118.

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Literarische Arbeiten: 276) [S. 32201 ))Einleitung zur mineralogischen Geographie von Schweden.c<

Leonhard’s Zeitschrift 1525, S. 302 und S. 379. 277) [S. 32201 Berze l ius , Lehrbuch der Chemie, hbersetzt von F. Wohler .

Erste Aufl., IV BLnde in je zwei Abtheilungen, Bd. I 1825, Bd. I1 1526, Bd. I11 1827j28, Bd. IV 1531; dritte Autl., Bd. I-X mit Kupfertafeln und Holz- schnitten, 1833-1841 ; vierte Aufl., Bd. I-X, Leipzig 1535-1841; funfte, umgearbeitete Aufl., Bd. I 1543, Bd. I1 1844, Bd. 111 1545, Bd. IV 1846/47, Bd. V 1847145.

a78) [S. 32211 F. Wohler , Grundriss der unorganischen Chemie 1831; dreizehnte Aufl. 1863; vierzehnte Aufl. mit Einleitung und 1 Kap. von Her- m a n n K o p p 1864, funfzehnte desgl. 1573.

Uebersetzungen: Cours de chimie inorganique par Wi; h ler , traduit sur la 9 e idition allemande par M. M. M a r e s k a et H. Valerius . Paris et Gand 1848. - Elhen t s de chimie inorganipue et oryanique par F. Wiihler , traduits de Palleinand sur les iditioas l l e et 5e par Louis G r a n d e a u avec le concours du docteur F. S a c c et des additions de H. Sa in te -C la i re Devi l le . Paris et Nancy 1858.

Wiih l e r , F. Schets der onbewerktuigde scheikunde. Naar de 4e Hooyd. uitgave. Gouda 1839. - Wiihler , F. Schets der onbewerktuigde scheikunde. Naar de laatste Hoogd. uitg. vert. en met bijvoegsels verm. door N. W. de Vo o g t. Utrecht 1844.

F. Wiihler’s Grundrids ajCliemien. Ved E. A. Schar l iny . Uoryanisk Chernie. Kjiibenhavn 1837. - F. Wiihler’s Grunrids aj Chemien. Udarbeidet af S i m o n G r o th. Fi;rste Ueel, den uorganiske Chemie. Kjiibenhavn 1854,

Oorganiska Chemien i Summandrag, jemnte en kort och @ d i g pam- stallning af Chemiska Proportionsluran a j F. Wrii 12 ler. Frdn Andra omarbetude Tyska Upplayan iifversatt af Clemens Ul lgren . Stockholm 1833. - Fiirsta Grunderna af Kemien aj’ F. Wiihler . Ooryanisk Kemi. @versathing frdn Andra Upplagan. Stockholm 183.3.

279) [S. 32211 F . W o h l e r , Grundriss der organischen Chemie, Berlin 1840; zweite Aufl. 1541; dritte Aufl. 1544; vierte Aufl. 1848; funfte A d . 18.54; sechste umgearbeitete Aufl. : W o hler’s Grundriss der organischen Chemie v. Dr. R u d o l p h F i t t i g 1863; siebente Aufl. 1868; achte Aufl. 1572; neunte Aufl. 1874; zehnte Aufl. 1577; eilfte bis dreizehnte Aufl., letztere 1582, von R. F i t t i g allein.

Uebersetzungen: Cours de chimie organipue par Wii hler , traduit sur la derniire ddition allemande et annotd par iW. M. M a r e s k a et H. Valerius . Paris et Gand 1848. - Vgl. auch

Schets der bewerktuiyde Scheikunde van Dr. F. Wii h ler uit het hoog- duitsch door A. A. G. v a n I terson. Gouda 1844. - W o h l e r , F. Schets der bewerktuigde scheikunde. Naar de derde onlanys verscheenen yeheel omyew. Hoogd. uitg. met bijvoegs. en aanm. door P. J. K ipp . Utrecht 1844.

Ved E. A. Schar l ing . Or- yanisk Chemie. Kjiibenhavn 1841. - F. Wiihler’s Grunrids af Chemien. Udarbeidet af S i m on G r o th. Anden Deel, den organiske Chemie. Kjdben- havn 1 8 X .

210*

Dr. F. Wiihler’s Grunrids af Chernien.

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[S. 32211 F. W o h l e r , Beispiele zur Uebung in dcr analytischon Cheinie 1549; F. W o h l e r , practischo Uebungen in der chemischen hnalyse. Mit 7 Holzschnitten. Gottingen 1S53; F. W6 h l e r , dio Mineralanalyse in Beispielen, xweite Aufl. 1861.

Ueliersetzungcn : S. G r o t / i , iiveLses-exenqder J‘OT tIe fijrste Rey!jndere, Clieniisk Aiiut!jse efter il’ii ti L ~ T ’ s anvisniny. Kjiibeiilraun 18:Jfi. 8.

’liuiti p r a t i p tl’ann/y.se chiiiiique ptir F. Wii ii l e r . Editiun j r a q n i s e puhlie‘e aaec le concours de l’nuteur p a r L. G ; r ( ~ t i t l e t i i ~ et I,. Troos t ; muec 7f; J~JILTEP tkuns le texte et .criie I%inclie.

The analytical CIien,e,,li,ds ii,ssistunt: a rnnnunl qf Chemical ilna(ysis, both qualitative and yciantitatiue qf n ~ t 1 l T U ~ and ccrtijicial inorganic coin- pounds, t o ulhich (ire appended the rules .for detecting arsenic in a c(ue qf’ poisoniny? by ~ r i e d r i c t i bviihler. T ~ ~ i s l d ~ d jrOitk the Gernian, ,with an iirtroduction, illusbutions and copious adtlitions by 0 S C U T X . L i e b er. L’liilade~pliia 1852. - Iluntl- hook uj* Inorganic slna{ysis ; 122 exeniples illu&ating tlie inost iniportatit processes ~ O T detemnininy tire elenientarjj coniposition. of iuineral substatices, by FrierlTicli Wiilrler. Edited by A. 117. I l o f i n a n n . Imrloi i 1854; Neu? etl. lS6‘13. - F. b l ’ i i / l l e T , l i~11t l - book qt’ illineral-;lnal!jsis, edited by Il. ik’ason.

Paris 1 8 6 5 ,

I%ilarleiphia lti71.

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