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1 Antigone von Sophokles Materialien zur Inszenierung von Katharina Kreuzhage Empfohlen ab 14 Jahren Fächer: Deutsch, Philosophie

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Page 1: Antigone - Theater Paderborn · Sophokles „Antigone“ von Philosophen, Theoretikern und auf der Bühnamhaften ne von zahlreichen Regisseuren ganz unterschiedlich gelesen und interpretiert

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Antigone von Sophokles

Materialien zur Inszenierung von Katharina Kreuzhage

Empfohlen ab 14 Jahren

Fächer: Deutsch, Philosophie

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Liebe Lehrerinnen und Lehrer,

Katharina Kreuzhage inszeniert ANTIGONE mit vielen Bezügen zur Gegenwart. Verschiedene

theatrale Mittel sorgen für ein spannendes Spiel mit viel Körperlichkeit und eindrucksvollen

Bildern. Wir haben eine Materialmappe erstellt, die alles enthält, um Sie und Ihre Klasse

theoretisch und praktisch an diese Inszenierung heranzuführen.

Sie finden hier Sekundärliteratur zum Stücktext und zur Rezeptionsgeschichte sowie

theaterpädagogische Übungen, die es Ihnen ermöglichen sollen, den Stoff ganz praktisch für

Schüler_innen erfahrbar zu machen. Neben der Materialmappe bieten wir als weiteres

Vermittlungsformat auch stückbegleitende Workshops für Ihre Klasse an – kontaktieren Sie uns

hierfür unter [email protected].

Ihr Theaterpädagogik-Team des Theater Paderborn – Westfälische Kammerspiele GmbH

Nächste Premiere im Großen Haus: HOMO FABER von Max Frisch; Premiere am 03.09.2016,

empfohlen ab 15 Jahren

Nächste Premiere im Studio: DER PROZESS von Franz Kafka; Premiere am 24.03.2017,

empfohlen ab 15 Jahren

Nächste Empfehlung für Sie: Im Studio präsentieren unsere Theaterclubs U13, U17, U21 und

U100 im Zeitraum Mai bis Juli ihre erarbeiteten Präsentationen. Außerdem findet vom 13. bis 17.

Juni unser Schultheaterfestival ANSICHTSSACHE! statt, zu dem wir Sie ganz herzlich einladen

möchten.

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Besetzung

Antigone Anne Bontemps

Ismene Maria Thomas

Kreon David Lukowczyk

Eurydike Beate Leclercq

Haimon Stephan Weigelin

Teiresias Willi Hagemeier

Wächter-Clown Markus Schultz

Chor der Clowns Friedhelm Kaiser / Brigitte Peters / Ulrike

Hambrock / Stefan Beckmann / Angelika Haneball

/ Elisabeth Mende / Christa Adrian / Rosemarie

Weinrich / Anja Rehmann / Cäcilia Reuter

Regie Katharina Kreuzhage

Mitarbeit Regie Nikolaos Boitsos

Bühne Ariane Scherpf

Kostüme Matthias Strahm

Dramaturgie Birgit Lindermayr

Regieassistenz Marie-Sophie Dudzic

Inspizienz Robert Stark

Technischer Leiter Klaus Herrmann

Bühnenmeister Paul Discher

Michael Bröckling

Beleuchtungsmeister Hermenegild Fietz

Ton & Video Martin Zwiehoff

Requisite Annette Seidel-Rohlf

Kristiane Szonn

Leitung Kostümabteilung Edith Menke

Maske Ramona Foerder

Jill Brand

Premiere: Freitag, 07.05.2016 / 19:30 Uhr im Großen Haus

Dauer: ca. 60 Minuten, keine Pause

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Inhalt

George Steiner: Die Antigonen

Auszug aus „Erläuterungen und Dokumente“ von Marion Giebel Seite 6

Wolfgang Schadewaldt über die griechische Tragödie

Auszug aus „Erläuterungen und Dokumente“ von Marion Giebel Seite 8-10

JEDER IST FUNDAMENTALIST VON IRGENDETWAS

Ein philosophischer Essay von Robert Spaemann Seite 11

ANTIGONE – theateraktiv

Zusammenstellung verschiedener Übungen Seite 13-15

Sekundärmedienpool: Literatur / Filme

Impressum Seite 16

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Schließlich wird den wenigsten ein Tod ohne Sterben zuteil. Wir sterben von dem Augenblick an, in welchem wir geboren werden, aber wir sagen erst, wir sterben, wenn wir am Ende dieses Prozesses angekommen sind, und manchmal zieht sich dieses Ende noch eine fürchterlich lange Zeit hinaus. Wir bezeichnen als Sterben die Endphase unseres lebenslänglichen Sterbeprozesses.

Thomas Bernhard

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Die griechische Tragödie ist in einem religiösen Kontext zu betrachten. Sie entstand aus dem

Dionysoskult - Gesänge und Aufführungen zu Ehren des Gottes Dionysos. Von großer

Bedeutung für den Handlungsverlauf der Tragödie ist auch der Schicksalsglaube der

griechischen Antike. Die Götter bestimmen über das Los des Menschen. Dieser versucht meist

seinem Schicksal zu entgehen, schafft dies aber nicht. Das Aufeinanderprallen von Mensch und

Gott, führt George Steiner an, ist einer der fünf Konflikte in der Tragödie „Antigone“.

GEORGE STEINER (geb. 1929)

Die Antigonen

»…Doch jede der großen Determinanten von Kollision, wie sie in dem Disput von Kreon und

Antigone entwickelt werden und aus ihm hervorgehen – zwischen Mann und Frau, zwischen Alt

und Jung, zwischen Gesellschaft und dem Individuum, zwischen den Lebenden und den Toten,

zwischen Göttern und Sterblichen –, ist letztlich unüberbrückbar und immer rekursiv. Diese

Zeitlosigkeit von notwendigem und unlösbarem Konflikt, wie ihn die griechische Tragödie

aufführt, ist es, die uns dazu veranlasst, die Situation des Menschen auf dieser Erde mit der des

Tragischen gleichzusetzen.«

G. S.: Die Antigonen. Die Geschichte und Gegenwart eines Mythos. Aus dem Engl. von Martin

Pfeiffer. München: Hanser, 1988. S. 344. - © 1988 Carl Hanser Verlag, München und Wien.

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Der Staat dagegen kennt keine selbständigen Individuen, von denen jedes nur sein eigenes Wohl im Auge haben und verfolgen dürfte. Im Staate ist das Ganze Zweck und der Einzelne Mittel.

Georg Friedrich Hegel

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Jedes Kunstwerk, und in unserem engeren Sinne jeder dramatische Text, lässt Freiräume für

Interpretationen und Deutungen in die unterschiedlichsten Richtungen. So wurde auch

Sophokles „Antigone“ von namhaften Philosophen, Theoretikern und auf der Bühne von

zahlreichen Regisseuren ganz unterschiedlich gelesen und interpretiert. Dieser bald 2500 Jahre

alte Stoff berührt und verhandelt grundlegende Konflikte und Themen und ist daher oft ein

Spiegel für Probleme unterschiedlichster Epochen und Zeiten.

WOLFGANG SCHADEWALDT (1900-1974)

Die griechische Tragödie

»Ich will jetzt nicht den soweit betrachteten Deutungen eine neue, eigene als die Deutung

gegenüberstellen. Wie schon gesagt, es gibt nicht die Idee, den Sinn eines Kunstwerks. Jeder

Begriff führt letztlich doch irgendwie auf ein Aussagbares, Rationales, Begrenztes, das zu eng ist

für das, was eine Tragödie ist. So habe ich mich daran gewöhnt, nicht mehr von Sinndeutung zu

sprechen, sondern von Aspekten, die wir dem Kunstwerk abgewinnen können. Aspekt ist ein

Begriff, der besagt, daß jede Deutung begrenzt und zeitlich gebunden ist und auch wieder

wechseln wird, daß eine Pluralität von Sichten eines Kunstwerks möglich ist, die sich nicht

ausschließen. Nur daß es allerdings einen Horizont gibt, außerhalb dessen sie einfach falsch

sind; dann spricht man besser nicht von einem Aspekt, sondern von einem Irrtum. Aber innerhalb

dieses Horizonts gibt es doch die Möglichkeit verschiedener Aspekte, so wie ich eine Stadt, die

in einem Tal liegt, umwandern und eine unendliche Zahl von Sichten darauf gewinnen kann, die

alle richtig sind¬ – wenn ich mich nicht gerade auf den Kopf stelle. Ich glaube also, daß man sich

bescheiden muß, sauber und klar Aspekte herauszuarbeiten und zu versuchen, sie

nebeneinander zu stellen, wobei man sich bewußt sein muß, daß man nicht der letzte ist, der

einen solchen Aspekt von der Antigone oder sonst einer Tragödie entwickelt.

Da können wir einmal auf die Kreonhandlung zurückgreifen, die wir bisher unter dem

Gesichtspunkt des Widerstandsgeschehen betrachten hatten. Noch einmal: ich bin der

Meinung, daß Kreon zu Anfang nicht durchaus im Unrecht ist, wenn wir von seiner ersten großen

Rede ausgehen. Er gibt zuerst eine kurze Zusammenfassung der Lage: die Stadt ist gerettet, und

er hat als Nächstverwandter des Königshauses jetzt die Regierungsgewalt übernommen. Dann

Sätze allgemeiner Art, daß man die Gesinnung eines Mannes erst erkennen kann, wenn er ein

Amt hat. Wir können sagen, ein Mensch zeigt sich erst dann als der, der er ist, wenn er

Verantwortung zu tragen hat. Auch daß es echte Freundschaften und Bindungen nur innerhalb

der Stadt gibt und nicht mit Gegnern dieser Stadt, ist ganz vernünftig. Dann kommt er auf

Polyneikes: er ist als Feind gekommen, der die Stadt vernichten, die Bürger töten und die

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Tempel der Götter verbrennen wollte; ein solcher Mensch dürfe nicht gleiche Ehren erhalten wie

ein Verteidiger der Stadt. Was sich in alldem darstellt, ist kein Prinzip, sondern das, was wir die

politische Zweckwelt nennen können, in der wir alle Leben und die in den verschiedensten

Bereichen unser Leben sichert. Dazu gehört auch, daß Verbrechen bekämpft und Verbrecher

bestraft werden. Es ist ganz berechtigt, daß ein Staatsmann im Sinne dieser Zweckwelt handelt

und von solchen Maximen ausgeht, wie Kreon es tut. Man braucht diese Maximen nicht zu teilen,

aber sie sind jedenfalls verständlich und nicht verbrecherisch – zunächst. Daß jemand

staatspolitisch wirken will und zu diesem Zweck, um eine unbedingt patriotische Haltung zu

erzielen, zu harten Maßnahmen greift, fällt durchaus unter die Möglichkeiten dieser Zweckwelt,

und dazu gehört auch das abschreckende Exempel.

Aber hier wird es anders, weil das Exempel sich nicht gegen einen Lebenden richtet, der

ebenfalls dieser Zweckwelt angehört, sondern gegen einen Toten. Damit steht gegen die

Zweckwelt ein anderer Bereich auf, der Bereich des Todes mit den unterirdischen Göttern, die

für ihn eintreten, und das ist ein unantastbarer Bereich. Ich glaube, es gibt solche unantastbaren

Bereiche, auch noch in unserer Welt des Fortschritts, der Wissenschaft und der Technik, wo

man Möglichkeiten gefunden hat, selbst den Menschen zu verändern, sei es psychologisch,

durch Drogen oder gar durch Genmanipulation. Damit ist der Mensch völlig einer bestimmten

partiellen Zweckmäßigkeit unterworfen, und ich wende mich entschieden gegen all solche

Eingriffe und sage, daß hier die menschliche Ganzheit und damit die Sphäre des Unantastbaren

berührt wird. Oder man denke an das Problem der Euthanasie in der jüngsten Geschichte. Aus

Gründen der Zweckmäßigkeit kann man sagen: wozu wertloses Leben erhalten? Es kostet Geld,

und der Mensch selbst ist so übel dran, daß man ihn am besten befreit von seinen Qualen. All

das ist bekannt genug. Hier geht es um die Unantastbarkeit des Lebens. Aber es hat auch

Erörterungen gegeben, ob es zweckmäßig sei, die Toten zu bestatten, oder ob man nicht lieber

die Fülle von Materialien verarbeiten soll, die sich da ergeben. Wenn man das Sterben nur als

ein Verenden versteht, dann kann man freilich die Leichen noch nützlich verwenden, und

vielleicht kommt es noch einmal dazu.

Ich würde also sagen, daß hinter dem Stück des Sophokles der Gegensatz steht jener Welt der

menschlichen Zweckmäßigkeiten, die ihre eigenen Gesetzte und Maxime hat, und anderer

Weltbereiche, die diesen Gesetzen nicht unterworfen sind. Hier ist es die Welt des Todes mit

der Unterwelt und ihren Göttern, die die Toten und ihre Rechte schützen. Kreons Irrtum besteht

darin, daß er einen Toten in die Zweckwelt einbezieht und ihren Maximen unterwirft. Das ist es,

was den Widerstand hervorruft, der immer stärker wird, bis in Teiresias seine gültige Stimme

vernehmbar wird. Das ist die eigentliche Grundthematik der Antigone, der Horizont, der im

höchsten Maße adäquat ist, soweit man das aus dem Stück selbst herausholen kann.«

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W. Sch.: Die griechische Tragödie. Aischylos, Sophokles, Euripides. Türbinger Vorlesungen

Band 4. Hrsg. von Ingeborg Schudoma. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1991. (suhrkamp

taschenbuch wissenschaft. 948.) S. 239-241. - ©1991 Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main

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Im Kontext der heutigen Zeit war es der Regisseurin Katharina Kreuzhage wichtig, die Figur der

Antigone kritisch zu lesen. Ihre fundamentalistische Haltung, ihr unnachgiebiges sich Beziehen

auf die göttlichen Gesetze, ihre Überzeugung, diese Gesetze richtig zu lesen und zu

interpretieren. In ihrer Inszenierung spitzt Katharina Kreuzhage die unvereinbaren Positionen von

Antigone und Kreon zu und stellt mögliche Bezüge zwischen der antiken Geschichte und unserer

heutigen Zeit her.

JEDER IST FUNDAMENTALIST VON IRGENDETWAS

Ein philosophischer Essay von Robert Spaemann

Fundamentalismus ist eine wesentlich unpolitische Haltung, denn der Raum des Politischen ist

pragmatisch: er ist der Raum der Vermittlung, der funktionalen Relativierung, der Brechung aller

Unbedingtheitsansprüche. Die Verabsolutierung des politischen Gesichtspunkts, die Definition

aller menschlichen Lebensvollzüge durch ihre positive oder negative politische Funktion ist das

Kennzeichen des Totalitarismus. Jeder Totalitarismus ist – obgleich oft fundamentalistischen

Ursprungs – antifundamentalistisch. Sein Antifundamentalismus aber ist Nihilismus. Denn für die

„normale Menschheit“ gilt: Jeder ist Fundamentalist von irgendetwas. Es gibt Symbole des

Unbedingten, die, obwohl selbst endlicher Natur, doch für endliche Wesen einen unbedingten

Anspruch enthalten. Ohne solche Symbole wird Unbedingtheit zu einem leeren Wort und der

Mensch zu einem verächtlichen Wesen, dem nichts „heilig“, das heißt, dass zu allem fähig ist.

Das Unbedingte kann überhaupt nur respektiert, es kann nicht „durchgesetzt“ werden. Eine

Politik zur Durchsetzung der Menschenrechte kann nie die gleiche Unbedingtheit besitzen wie

das moralische Gebot, diese Rechte zu achten.

Diese Einsicht ist unübertrefflich ausgesprochen in zwei griechischen Tragödien, in der

„Antigone“ des Sophokles und in der „Orestie“ des Aischylos. Antigone ist der unübertreffliche

Typus einer fundamentalistischen Diskursverweigerin. Ihre Pflicht, den Bruder zu begraben,

gründet in einem unvordenklichen Gesetz der Götter, das zugleich dem Gesetz des Herzens

entspricht: „Nicht mitzuhassen, mitzulieben bin ich da.“ Kreon, der König, hat für sein Verbot

Gründe der Staatsraison. Seine Hybris besteht darin, dass er in der Durchsetzung seines

rationalen Kalküls nicht dasjenige als Grenze respektiert, was älter und „fundamentaler“ ist als

das politische System. Er ist allerdings noch nicht auf den Kunstgriff des Hobbes verfallen, den

Satz „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ dadurch zu entschärfen, dass er sich

selbst als Souverän zum einzigen authentischen Interpreten eben jenes göttlichen Gebotes

erklärte.

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ANTIGONE– theateraktiv, für Schulklassen/ Gruppen ab 14 Jahren

Als Einstieg für theaterpädagogische Spiele und Übungen empfehlen wir Ihnen, dass Sie mit

Ihren Schüler/innen vorher ein „Warm-Up“ machen. Das Internet hält eine Vielzahl kleiner,

auflockernder Wahrnehmungsübungen zu Körper und Stimme bereit, wenn Sie dennoch Fragen

dazu haben, sprechen Sie uns einfach an.

Zugänge zum Stücktext

Antigone und Ismene – ein Diskussionsimpuls

Voraussetzung ist, dass der Prolog bekannt ist

als Heranführung gut geeignet

für eine komplette Klasse gut geeignet

benötigt wird ein größerer, freier Raum

Der Prolog wird zunächst gemeinsam gelesen, dann wird die Klasse in zwei Gruppen geteilt.

Eine Gruppe liest Ismene und die andere Antigone. Zur intensiveren Auseinandersetzung kann

der Prolog auch improvisiert durchgespielt werden und auf Grundlage dessen können eigene

Szenen zwischen Antigone und Ismene entwickelt werden. Abschließend folgt eine Diskussion

über die Figuren und ihre Handlungsmotive.

Übungen zur Inszenierung

1. Gespräch (nach dem Stückbesuch)

Besprechen Sie mit Ihren Schüler/innen die gesehene Inszenierung Antigone. Wie war die

Wirkung der Masken? Was fiel ihren Schüler/innen in Bezug auf die Körpersprache der

Schauspieler_innen auf? Welche Wirkung hat die Verwendung der Masken in Bezug auf die

Handlung des Stückes?

Fragen Sie auch nach den Erfahrungen Ihrer Schüler_innen mit dem Maskenspiel. Wie

verändert sich die eigene Körperlichkeit durch das Spielen mit Masken?

2. Eigene Masken herstellen

Es gibt hunderte von Möglichkeiten eigene Masken herzustellen. Eine Maske kann etwas

ganz einfaches sein, aus Papier ausgeschnitten, bemalt, bedruckt oder ganz pur. Unter

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folgenden Links finden Sie Anleitungen für den Bau von Ganzgesichtsmasken, die einen

unkomplizierten Einstieg in den Maskenbau bieten:

http://www.hanneloretraugott.at/anleitung-zum-bau-einer-maske/

https://www.youtube.com/watch?v=poOhFD5LByw

Wenn Sie selbst mit Ihrer Klasse Masken bauen möchten, versuchen Sie sich doch auch an

den Figuren des Stückes. Wie könnten Masken, die sich an die Figuren anlehnen,

aussehen? Auch im Unterschied zu den Masken, die in der Inszenierung bespielt werden.

3. Masken & Emotionen

Voraussetzung ist, dass neutrale Masken und ein Spiegel vorhanden sind

Einstiegsübung für das Maskenspiel

für eine Gruppe bis zu 14 Schülern

Die Schüler_innen sitzen sich in zwei Reihen gegenüber. Die eine Reihe setzt sich Masken

auf und betrachtet sich einer nach dem anderen kurz im Spiegel. Dann überlegen sich die

Schüler_innen mit den Masken jeweils eine Körperhaltung, die eine bestimmte Emotion

darstellen soll. Die gegenübersitzende Reihe hat nun die Aufgabe, zu erraten, welche

Emotion von den einzelnen Maskenträgern dargestellt wird. Anschließend wechseln die

beiden Reihen ihre Aufgaben: die andere Reihe stellt nun Emotionen dar, die erste Reihe rät.

Bei dieser Übung liegt der Fokus auf der Körpersprache und bietet eine erste Heranführung

an die Arbeit mit Masken.

4. Maskenspiel

Lassen Sie Ihre Schüler_innen mit selbst hergestellten Masken durch den Raum laufen,

zunächst die Maske betrachtend. Anschließend wird die Maske aufgesetzt und mit

Bewegung experimentiert.

Hilfreich ist es, die Gruppe in Zuschauer_innen und Spieler_innen aufzuteilen, um sich im

genauen Beobachten als auch im Spielen mit Masken zu üben. Wichtige Aspekte für die

Beobachter: Körpersprache, Ausdruck der Masken und evtl. Stimme.

Versucht über die Bewegungen ein Rollenprofil zu erarbeiten. Was könnte das für eine

Person oder Figur sein, die sich so bewegt? Welche Geschichten bieten sich besonders für

das Spiel mit Masken an?

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5. Antigone – Kreon – Masken – Gegenspieler

Wurden Antigone- & Kreon-Masken gebaut, dann kann man diese in folgendem

Bewegungsspiel ausprobieren. Zwei Personen aus der Gruppe ziehen jeweils eine Antigone

und eine Kreon-Maske auf, positionieren sich im Raum und finden eine Körperhaltung. Die

restliche Gruppe bewegt sich ohne Masken zwischen den beiden Maskenspielern. Die

Maskenspieler bewegen sich ebenfalls durch den Raum und müssen jetzt versuchen mit

körperliche Gesten möglichst viele Personen aus der restlichen Gruppe für sich zu

gewinnen und durch den Raum zu führen.

Besprechen Sie die Übung nach. Welche Gesten haben überzeugt?

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Sekundärmedienpool: Literatur / Essays / Filme

Literatur

Marion Giebel: „Erläuterungen und Dokumente“, Reclam Verlag, Stuttgart 1992

Eberhard Hermes: „Interpretationshilfen. Der Antigone-Stoff“, Ernst Klett Verlag für Wissen und Bildung, Stuttgart und Dresden 1993

Achim Geisenhanslüke: „Sophokles Antigone“, Oldenbourg Interpretationen, Band 92, Berlin 1999

Judith Butler: „Antigones Verlangen: Verwandtschaft zwischen Leben und Tod“, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2001

Luc Ferry: „Leben lernen: Die Weisheit der Mythen“, Verlag Kunstmann, München 2009

Essays

Robert Spaemann: „Jeder ist Fundamentalist von irgendetwas“

http://www.ojc.de/salzkorn/2010/fundamente/fundamentalist-religion-heiliges/

Filme

Yorgos Javellas: „Antigone“, Griechenland 1961. (griechisch mit englischen Untertiteln)

Rainer Wolffhardt: „Berliner Antigone“, BRD 1968.

Verfilmung der gleichnamigen Novelle von Rolf Hochhuth, welche ebenso wie das Sophokles‘ Drama Antigone auf die Sage der mythologischen Figur Antigone, die gegen die geltenden Gesetze ihren Bruder bestattet, zurückgreift

Bruno Coppola: „Antigone“, Ungarn 2011. (englisch)

Impressum Herausgeber Theater Paderborn – Westfälische Kammerspiele GmbH Intendanz und Geschäftsführung Katharina Kreuzhage Vorsitzender des Aufsichtsrates Michael Dreier Redaktion Dramaturgie & Theaterpädagogik Gestaltung Theaterpädagogik Fotos Theater Paderborn / Christoph Meinschäfer Förderer der Theater Paderborn Westfälische Kammerspiele GmbH Stadt Paderborn / Kreis Paderborn / Ministerium für Familie, Kinder, Jugend und Sport des Landes NRW / Theaterfreunde e.V. Quellen Auszüge aus „Erläuterungen und Dokumente“ von Marion Giebel, erschienen 1992 im Reclam Verlag, Stuttgart.

Auszug aus „Jeder ist Fundamentalist von irgendetwas“ von Robert Spaemann http://www.ojc.de/salzkorn/2010/fundamente/fundamentalist-religion-heiliges/