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159 R Antworten zu den Repetitionsfragen des Lehrbuchs vom hep verlag zur Verfügung gestellt

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Antworten zu den Repetitionsfragendes Lehrbuchs

vom hep verlag zur Verfügung gestellt

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Antworten zu den Repetitionsfragen

1 Mit welchen fünf gesamtwirtschaftlichen Grössen lässt sich die wirtschaftliche Situation eines Landes beurteilen?

– Hoher Wohlstand – Tiefe Arbeitslosigkeit – Stabiles Preisniveau – Stabiles Finanzsystem – Nachhaltige Staatsfinanzierung

2 Wie steht die Schweiz im internationalen Vergleich betreffend Wohlstand da? Die Schweiz nimmt betreffend Wohlstand eine Spitzenposition ein – selbst im Vergleich mit

sehr reichen Ländern. Nur wenige Länder, wie etwa die USA oder Norwegen, weisen ein noch höheres kaufkraftbereinigtes BIP pro Kopf als die Schweiz aus.

3 Wie steht die Schweiz im internationalen Vergleich betreffend Arbeitslosigkeit da? Die Arbeitslosenquote der Schweiz ist seit den 1990er-Jahren zwar etwas höher als in den

Jahrzehnten zuvor, befindet sich aber nach wie vor auf einem vergleichsweise sehr tiefen Niveau. Kaum ein anderes Land kann eine tiefere Arbeitslosenquote aufweisen als die Schweiz.

4 Wie steht die Schweiz im internationalen Vergleich betreffend Preisstabilität da? Seit Beginn der 1990er-Jahre herrscht in der Schweiz und in den meisten anderen hoch

entwickelten Ländern eine bemerkenswerte Preisstabilität. Die Schweiz zählt dabei zur Spitzengruppe und weist ein enorm stabiles Preisniveau auf.

5 Beschreiben Sie, mit welchen drei grundsätzlichen Untersuchungsgegenständen sich die Volkswirtschaftslehre befasst, und geben Sie für jeden Untersuchungsgegenstand ein treffen­des Beispiel aus Ihrem Alltag.

Die Volkswirtschaftslehre befasst sich mit folgenden Untersuchungsgegenständen:– Die Entscheide einzelner Menschen. Mögliche Beispiele: Soll ich den Abend mit der Prüfungsvorbereitung oder im Ausgang

verbringen? Für welches Mobiltelefon-Abonnement soll ich mich entscheiden? Welchem Unternehmen soll ich meine Arbeitskraft anbieten, falls ich zwei Jobangebote habe?

– Das Zusammenspiel von Menschen auf Märkten. Mögliche Beispiele: Ich biete bei einer Onlineauktion auf Ebay oder Ricardo für eine

DVD mit. Ich bewerbe mich bei verschiedenen Firmen und biete damit auf dem Arbeits-markt meine Arbeitskraft an. Während meiner Ferien in Italien verhandle ich mit dem Verkäufer über den Preis einer Muschelkette.

– Die Gesamtwirtschaft. Mögliche Beispiele: Wie hoch ist die Inflation in diesem Jahr? Diese Information ist für

mich wichtig, um beim nächsten Lohngespräch mit dem Chef über den Teuerungsaus-gleich zu verhandeln. Was ist der aktuelle Euro-Wechselkurs? Diese Information brauche ich, um die Kosten meiner nächsten Ferien in Italien abzuschätzen.

Kapitel 1

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Antworten zu den Repetitionsfragen R

1 Begründen Sie, weshalb der Ausspruch «Zeit ist Geld» aus ökonomischer Sicht zutrifft, und verwenden Sie den entsprechenden Fachbegriff.

Die Zeit, die ich für eine bestimmte Tätigkeit aufwenden muss, stellt aus ökonomischer Sicht Opportunitätskosten dar. Falls ich mich beispielsweise dazu entschliesse, Freiwilli-genarbeit im Vorstand des Fussballclubs zu leisten, dann ist die aufgewendete Zeit für mich nicht gratis, sondern verursacht Opportunitätskosten. In der geleisteten Zeit hätte ich zum Beispiel einen zusätzlichen Nachhilfeschüler unterrichten können und dabei 25 Franken pro Stunde verdient.

2 a) Was besagt das Gesetz des abnehmenden Grenznutzens? Erläutern Sie. Das Gesetz des abnehmenden Grenznutzens besagt Folgendes: Je mehr wir bereits konsumiert haben, desto kleiner wird der zusätzliche Nutzen, wenn wir eine weitere Einheit des Gutes konsumieren. Wenn wir zum Beispiel Lust auf Schokolade haben, dann stiftet uns die erste Reihe Schokolade einen hohen Nutzen. Mit jeder konsu-mierten Reihe nimmt aber der Nutzen einer zusätzlichen Reihe ab und wird ab einer gewissen Menge sogar negativ – dann nämlich, wenn wir bereits unter Bauchschmer-zen leiden.

b) Ein gut bezahlter Anwalt wirft einem Strassenmusikanten fünf Franken in den Hut. Ob­

wohl dabei lediglich Geld von einer Person auf eine andere übertragen wird, kann dieser Transfer den gesamten Nutzen steigern. Erklären Sie, weshalb.

Das Gesetz des abnehmenden Grenznutzens gilt auch für Einkommen. Je mehr wir bereits verdienen, desto weniger Nutzen ziehen wir aus einem zusätzlichen Franken Lohn. Wenn nun also ein gut bezahlter Anwalt fünf Franken einem vermutlich schlecht verdienenden Strassenmusikanten gibt, so dürfte der Nutzenverlust des Anwalts klei-ner ausfallen als der Nutzengewinn des Strassenmusikanten. Folglich führt der Transfer unter diesen Umständen zu einem Nutzengewinn für die Gesellschaft.

3 Aufgrund einer Missernte sind die Preise für Äpfel stark gestiegen, die nachgefragte Menge hat in der Folge deutlich abgenommen.

a) Führt die dargestellte Situation zu einer Verschiebung der Nachfragekurve oder zu einer

Bewegung auf der Nachfragekurve? Eine Missernte führt dazu, dass sich die Angebotskurve nach links verschiebt. Denn aufgrund der knapperen Ernte verringern die Produzenten zu jedem Preis die angebo-tene Menge. Die Nachfragekurve bleibt von der Missernte unberührt. Deshalb führt die Missernte zu einem neuen Marktgleichgewicht auf der alten Nachfragekurve; es findet also lediglich eine Bewegung auf der Nachfragekurve statt.

Kapitel 2

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Antworten zu den Repetitionsfragen

b) Zeichnen Sie den oben beschriebenen Vorgang in ein Preis­Mengen­Diagramm ein und beschreiben Sie Schritt für Schritt den Anpassungsprozess vom alten zum neuen Gleich­gewicht.

Anpassungsprozess:

1 Durch die Missernte geht das Angebot an Äpfeln zurück, die Angebotskurve ver-schiebt sich nach links oben (von A1 nach A2).

2 Zum bisherigen Preis p1 übersteigt die Nachfrage nach Äpfeln das Angebot. Es entsteht ein Nachfrageüberhang.

3 Deshalb werden die Nachfragerinnen und Nachfrager mit einer höheren Zahlungs-bereitschaft dazu übergehen, einen höheren Preis pro Apfel zu bieten, was die Anbieter dazu bewegt, mehr anzubieten.

4 Dieser Anpassungsprozess geht so lange weiter, bis sich schliesslich das neue Marktgleichgewicht beim Preis p2 eingestellt hat. Zu diesem Preis entsprechen sich die angebotene und die nachgefragte Menge (q2).

4 Welche Faktoren können eine Nachfragekurve, welche eine Angebotskurve verschieben? Zäh­len Sie die wichtigsten auf.

Wichtigste Gründe für die Verschiebung der Nachfragekurve: Eine Veränderung

– des Einkommens der Nachfragerinnen und Nachfrager,– der Anzahl der Nachfragerinnen und Nachfrager,– des Preises für Substitutionsgüter,– des Preises für Komplementärgüter,– der Präferenzen.

Preis

p1

p2

q2

Menge

A1

A2

N

Nachfrage-überhang

q1

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Antworten zu den Repetitionsfragen R

Wichtigste Gründe für die Verschiebung der Angebotskurve: Eine Veränderung

– des Preises für Vorleistungen,– der Produktivität,– des Preises für Substitute in der Produktion,– der Anzahl Anbieter.

5 In einem Markt liegt der Marktpreis unterhalb des Gleichgewichtspreises.

a) Mit welchem Begriff bezeichnet man diese Situation? In dieser Situation herrscht ein Nachfrageüberhang, da die nachgefragte Menge die angebotene Menge übersteigt.

b) Weshalb kann diese Situation nicht über längere Zeit Bestand haben? Beschreiben Sie die einzelnen Schritte, mit denen sich der Markt zum Gleichgewichtspreis hinbewegt.Ein Markt hat immer die Tendenz, sich zum Marktgleichgewicht hinzubewegen. Ein Ungleichgewicht mit einem Nachfrage- oder einem Angebotsüberhang kann deshalb nicht über längere Zeit bestehen. Anpassungsprozess: Bei einem Nachfrageüberhang werden die Nachfragerinnen und Nachfrager mit einer höheren Zahlungsbereitschaft als dem aktuellen Preis dazu über-gehen, einen höheren Preis für das Gut zu bieten. Die Anbieter werden entsprechend die angebotene Menge ausweiten. Dieser Anpassungsprozess geht so lange weiter, bis sich schliesslich das Marktgleichgewicht eingestellt hat, bei dem sich die angebotene und nachgefragte Menge entsprechen.

6 Das Konzept der Elastizität ist für die Mikroökonomie zentral. Nennen Sie einige Faktoren, welche die Elastizität einer Nachfragekurve beeinflussen.

Wichtigste Bestimmungsfaktoren für die Elastizität der Nachfragekurve:– Die Verfügbarkeit von Substitutionsgütern: Wenn die Konsumentinnen und Konsumenten

leicht auf ein anderes, vergleichbares Gut ausweichen können, dann wird die Nachfrage stark auf Preisveränderungen reagieren und die Nachfragekurve entsprechend elastisch sein.

– Die «Unverzichtbarkeit» des Gutes: Die Nachfrage nach Grundnahrungsmitteln wie zum Beispiel Brot wird immer unelastischer sein als jene nach «verzichtbaren» Luxusgütern wie etwa Kaviar.

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Antworten zu den Repetitionsfragen

7 Transaktionen zwischen den Akteuren im Wirtschaftskreislauf finden in der Regel auf Märkten statt, die sich in Güter­, Kapital­ und Arbeitsmärkte unterteilen lassen. Geben Sie im erweiterten Kreislauf für jeden eingezeichneten Geldstrom an, über welchen der oben genannten Märkte die entsprechenden Transaktionen getätigt werden.

Geldflüsse im erweiterten Wirtschaftskreislauf:

*** Im Gegensatz zu den anderen Geldströmen steht den Steuern kein direkter Güter- oder Ressour-censtrom gegenüber, da wir Steuern nicht für eine klar definierte Leistung zahlen, sondern staat-liche Leistungen indirekt beziehen.

*** Staatliche Leistungen werden nicht über Märkte getätigt.*** Transfers sind definiert als staatliche Geldleistungen ohne direkte Gegenleistung. Deshalb gibt es

bei den Transfers keinen entsprechenden Güter- oder Ressourcenstrom.

Unternehmen

Ausland

Staat

Zahlung für Exporte Zahlung für Importe

Zahlung für Güter und Dienstleistungen Steuern

Zahlung für Güter und Dienstleistungen

Löhne und Zinsen

Steuern Löhne, Zinsen, Transfers

Haushalte

Geldstrom Güter- bzw. Ressourcenstrom Markt

1 Zahlung für Exporte Güter und Dienstleistungen Gütermarkt

2 Zahlung für Importe Güter und Dienstleistungen Gütermarkt

3 Zahlung für Güter und Dienstleistungen Güter und Dienstleistungen Gütermarkt

4 Zahlung für Güter und Dienstleistungen Güter und Dienstleistungen Gütermarkt

5 Steuern [Staatliche Leistungen*] – **

6 Steuern [Staatliche Leistungen*] – **

7 Löhne Arbeit Arbeitsmarkt Zinsen Kapital Kapitalmarkt Transfers – *** – ***

8 Löhne Arbeit Arbeitsmarkt Zinsen Kapital Kapitalmarkt

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Kapitel 3

1 a) Nennen Sie die zwei wichtigsten Merkmale, welche die Marktwirtschaft von der Plan­wirtschaft unterscheiden.

Die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale zwischen Markt- und Planwirtschaft sind die folgenden: – Eigentum an den Produktionsmitteln: Die Produktionsmittel (Boden, Fabriken etc.)

gehören in der Planwirtschaft alle dem Staat. Das Privateigentum ist stark einge-schränkt. In der Marktwirtschaft fällt hingegen der überwiegende Teil der Produkti-onsmittel ins Privateigentum.

– Einsatz der Ressourcen: In der Planwirtschaft entscheidet eine zentrale Planungsbe-hörde über den Einsatz der Ressourcen für die Produktion. In der Marktwirtschaft sorgt der Preismechanismus des freien Markts für die effiziente Allokation der Ressourcen.

b) Führen Sie drei unüberwindbare Probleme auf, die bewirken, dass die Planwirtschaft der

Marktwirtschaft unterlegen ist. Drei unüberwindbare Probleme der Planwirtschaft:

– Informationsproblem: Eine Planungsbehörde ist nicht in der Lage, alle nötigen Infor-mationen für den effizienten Einsatz der Ressourcen zu sammeln.

– Die Planungsbehörde unterliegt selbst eigenen Interessen und ist aufgrund ihrer zen-tralen Stellung für Korruption und Machtmissbrauch anfällig.

– Die Leistungsanreize für die einzelnen Bürgerinnen und Bürger sind in der Plan-wirtschaft klein, weil sich aufgrund des eingeschränkten Privateigentums Leistung finanziell nicht auszahlt.

2 Da der Preis für Brot massiv gestiegen ist, hat die Regierung entschieden, einen Höchstpreis für dieses wichtige Nahrungsmittel zu setzen.

a) Übertragen Sie die beschriebene Situation in ein Angebot­Nachfrage­Diagramm und

zeichnen Sie den Wohlfahrtsverlust ein. Wohlfahrtseffekte eines Höchstpreises:

Preis

Menge

A

N

Höchstpreis

Wohlfahrtsverlust

Nachfrageüberhang

PR

KR

q*q a

ph

q n

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Antworten zu den Repetitionsfragen

b) Warum verhindert ein solcher Höchstpreis Transaktionen, die zum beidseitigen Vorteil von Konsumenten und Produzenten wären? Argumentieren Sie.

Bei einem Höchstpreis, der unterhalb des Gleichgewichtspreises liegt, übersteigt die nachgefragte die angebotene Menge; es bilden sich «Warteschlangen» für das Gut. Diese Massnahme verhindert beidseitig vorteilhafte Transaktionen, weil das Angebot damit künstlich verknappt wird. Denn es gibt Nachfragerinnen und Nachfrager, de-ren Zahlungsbereitschaft grösser ist als der Höchstpreis. Deshalb könnte zum höheren Gleichgewichtspreis eine grössere Menge des Gutes produziert und auch tatsächlich auf dem Markt abgesetzt werden; die Zahl der Transaktionen – die rein logisch für beide Marktseiten vorteilhaft sein müssen (sonst fänden sie gar nicht statt) – würde damit steigen.

c) Das Ziel des Höchstpreises wäre es eigentlich, die Konsumenten vor den Auswirkungen des hohen Brotpreises zu schützen. Nimmt durch den Höchstpreis die Konsumentenrente tatsächlich zu oder kann ein Höchstpreis die Konsumentinnen und Konsumenten gar schädigen?

Grundsätzlich begünstigt ein Höchstpreis die Konsumentinnen und Konsumenten auf Kosten der Produzenten (die Konsumentenrente steigt, die Produzentenrente sinkt). Unterschreitet der Höchstpreis allerdings eine gewisse Höhe, dann reduziert sich die angebotene Menge so weit, bis die Konsumentenrente zu sinken beginnt. Die wenigen glücklichen Nachfrager, die das Gut zum tiefen Höchstpreis ergattern können, erzielen zwar eine sehr grosse Rente, alle anderen Nachfrager gehen allerdings leer aus und können so auch keine Konsumentenrente erzielen. Ist der zweite Effekt (Verhinderung von Transaktionen) stärker als der erste (steigende Renten für Käuferinnen und Käu-fer), dann wirkt sich ein Höchstpreis sogar für die Konsumentinnen und Konsumenten negativ aus.

3 a) Zählen Sie die vier Formen von Marktversagen auf. Die drei klar definierten Fälle von Marktversagen sind:

– Monopolmacht,– externe Effekte,– öffentliche Güter,

– asymmetrische Information.

b) Die internationale Öffnung des Landwirtschaftsmarkts sorgt in einem Land für ein massives «Bauernsterben», da die Betriebe preislich zu wenig wettbewerbsfähig sind. Handelt es sich bei diesem Beispiel um ein Marktversagen? Falls ja, um welche Art von Marktversagen? Begründen Sie.

Oft werden Fälle, in denen der freie Markt und das Preissystem zu politisch und ge-sellschaftlich nicht erwünschten Ergebnissen führen, zu Unrecht als Marktversagen betitelt. Marktversagen liegt nur dann vor, wenn die Preise nicht mehr die tatsächlichen Knappheiten signalisieren oder wenn die Akteure an einer Reaktion auf an sich kor-rekte Preissignale gehindert werden.

Das «Bauernsterben» in der Fragestellung ist auf eine Veränderung der relativen Preise zurückzuführen. Diese Preise widerspiegeln – nach der Marktöffnung – die tatsäch-lichen Knappheiten auf dem Weltmarkt. Auf diese neuen Preise reagieren die Produ-zenten ungehindert, indem viele von ihnen ihren Betrieb aufgeben.

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Aus diesen Gründen handelt es sich dabei nicht um ein Marktversagen, sondern höchs-tens um ein Marktergebnis, das gesellschaftlich nicht erwünscht ist. Ob dieses Markt-ergebnis hingenommen oder bekämpft werden soll, ist deshalb keine ökonomische, sondern eine rein politische Frage.

4 Nennen Sie die vier grundlegenden, allgemein anerkannten Zielgrössen der Wirtschafts­politik.

Die vier allgemein anerkannten Zielgrössen der Wirtschaftspolitik sind:– hoher Wohlstand,– tiefe Arbeitslosigkeit,– stabile Preise,– nachhaltige Staatsfinanzierung.

5 a) Definieren Sie die beiden volkswirtschaftlichen Begriffe «Marktversagen» und «Staats­versagen». Worin liegen genau die Unterschiede?

Definition Marktversagen: Situation, in welcher der Markt keine effiziente Allokation der Ressourcen hervorbringt.

Definition Staatsversagen: Versagen des Staates, ineffiziente Allokationen in einer Marktwirtschaft zu korrigieren.

Der Hauptunterschied sind die Gründe für die jeweiligen «Versagen»: Bei einem Markt-versagen sind die Preise verzerrt und widerspiegeln nicht die tatsächlichen Knapp-heiten; aus diesem Grund kommt es zu einer ineffizienten Allokation der Ressourcen. Bei einem Staatsversagen hingegen führen falsche Anreize für die staatlichen Entschei-dungsträger dazu, dass das Marktversagen überhaupt nicht oder zu wenig wirkungs-voll bekämpft wird oder sich die Situation gar verschlechtert. Marktversagen kann man also nur mit einem Staatseingriff korrigieren, während für die Bekämpfung von Staatsversagen institutionelle Reformen in Politik und Verwaltung nötig sind.

b) Aus welchen politisch­ökonomischen Gründen kann es zu Staatsversagen kommen? Staatsversagen entsteht, wenn die politischen Akteure nicht das gesamtwirtschaftliche

Interesse ins Auge fassen, indem sie Marktversagen effizient bekämpfen, sondern ei-gene Interessen verfolgen. Dieses Problem untersucht die politische Ökonomie, ein Zweig der Volkswirtschaftslehre, der die Gründe für Staatsversagen vor allem in fol-genden beiden Punkten ortet:– Die Politikerinnen und Politiker sowie die Angestellten der Verwaltung verfolgen

nicht zwingend nur gesamtgesellschaftliche Interessen, sondern teilweise auch ihre eigenen.

– Interessengruppen verfolgen per Definition eigene Interessen und versuchen, unge-achtet des Gemeinwohls über den politischen Prozess Vorteile für die eigene Gruppe zu erlangen.

6 «Je mehr Leute von einer politischen Massnahme betroffen sind, desto besser lassen sich die Interessen dieser Leute in einer Interessengruppe organisieren. Dies zeigt zum Beispiel der TCS, der die zahlreichen Autofahrerinnen und Autofahrer vertritt.» Nehmen Sie zu dieser Aussage Stellung.

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Antworten zu den Repetitionsfragen

Die Organisierbarkeit von Interessen hängt wesentlich davon ab, wie stark eine einzelne Person von einer politischen Massnahme betroffen ist. Deshalb lassen sich die Interessen von kleinen, homogenen und von politischen Massnahmen stark betroffenen Gruppen ein-facher organisieren. In diesem Sinne ist die Aussage in der Aufgabenstellung falsch. Grosse und heterogene Interessengruppen, bei denen die einzelnen Mitglieder weniger stark von politischen Massnahmen betroffen sind, benötigen oft gewisse Anreize, um sich zu orga-nisieren. So bietet zum Beispiel der TCS mit der Gratis-Pannenhilfe für Mitglieder einen wesentlichen Anreiz für eine Mitgliedschaft.

7 Welche volkswirtschaftlichen Kosten verursachen Monopole? Die wichtigsten volkswirtschaftlichen Kosten von Monopolen sind:

– zu geringes Angebot der entsprechenden Güter, und damit zu hohe Preise,– X-Ineffizienz, d. h. eine ineffiziente Organisation innerhalb von Firmen wegen des

fehlenden Wettbewerbsdrucks,– Rent-Seeking,– Reduktion der Innovationsanreize.

8 a) Erklären Sie anhand eines Angebot­Nachfrage­Schemas, weshalb bei negativen externen Effekten aus Sicht der gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt zu viel des entsprechenden Gu­tes produziert und konsumiert wird.

Negative Externalität:

Bei negativen externen Effekten liegt die Angebotskurve Ap, die nur die privaten Kos-ten der Unternehmen beinhaltet, rechts der eigentlich effizienten Angebotskurve As, welche die externen Kosten für die Gesellschaft berücksichtigt. Deshalb wird beim Vorliegen von externen Effekten ohne korrigierenden Staatseingriff zu viel des entspre-chenden Gutes produziert und konsumiert, nämlich die Menge qm statt q*.

b) Mit welchen marktwirtschaftlichen Instrumenten lassen sich die Externalitäten im Um­weltbereich internalisieren? Die zwei wichtigsten marktwirtschaftlichen Instrumente für die Internalisierung der externen Effekte sind:– Lenkungsabgaben,– Umweltzertifikate.

Preis

MengeN

qmq*

As

Ap

pm

p*

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Kapitel 4

1 a) Um den Wohlstand eines Landes zu beurteilen und zu vergleichen, wird meistens das reale BIP pro Kopf verwendet. Welche Nachteile hat das BIP als Wohlstandsmass?

Das BIP hat als Wohlstandsmass unter anderem folgende Nachteile:– Das reale BIP pro Kopf sagt lediglich etwas über den durchschnittlichen Wohlstand

in einem Land aus, gibt aber keinen Anhaltspunkt dafür, wie der Wohlstand im Land verteilt ist.

– Das BIP misst nur Wertschöpfung, die über Markttransaktionen erzielt wird.– Das BIP misst zwar die Wertschöpfung, aber nicht allfällige vorhergegangene Wert-

minderungen. So geht beispielsweise eine Operation nach einem Skiunfall positiv ins BIP ein.

b) Aus welchen Gründen ist das BIP trotzdem mit Abstand das wichtigste Wohlstandsmass? Die Hauptvorteile des BIP sind die folgenden:

– Im Gegensatz zu anderen Wohlstandskonzepten ist das BIP relativ einfach messbar.– Die Berechnung des BIP ist standardisiert und erlaubt deshalb internationale Vergleiche.– Das BIP hängt eng mit schwer messbaren Wohlstandskonzepten wie zum Beispiel

der «Lebensqualität» zusammen.

2 Weshalb werden bei der Berechnung des BIP die Importe von den Exporten abgezogen? Das BIP soll die Wertschöpfung der im Inland produzierten Güter und Dienstleistungen

messen. Deshalb gehen exportierte Güter positiv ins BIP ein, da diese definitionsgemäss im Inland produziert werden. Nun fliesst aber ein grosser Teil der Exporterlöse wieder ins Ausland zurück, um damit Importe zu finanzieren. Da die importierten Güter und Dienst-leistungen im Ausland produziert werden, muss deren Wert vom Wert der Exporte abge-zogen werden. Massgebend für den Wohlstand und deshalb für die BIP-Berechnung sind deshalb die Nettoexporte.

3 a) Es gibt lediglich zwei Möglichkeiten, wie das BIP pro Kopf in einer Volkswirtschaft erhöht werden kann. Nennen Sie diese beiden grundsätzlichen Quellen des Wachstums.

Um das BIP einer Volkswirtschaft zu erhöhen, muss entweder:– die Beschäftigung erhöht werden («mehr Arbeitsstunden») oder– die Arbeitsproduktivität («mehr Wertschöpfung pro Arbeitsstunde») erhöht werden.

b) Beurteilen Sie die Situation in der Schweiz. Bei welcher der beiden oben genannten Mög­lichkeiten sehen Sie für die Schweiz das grössere Wachstumspotenzial? Begründen Sie.

Die Beschäftigung ist in der Schweiz, verglichen mit anderen Ländern, bereits relativ hoch. So beträgt die Erwerbstätigenquote im Jahr 2014 79,8 %. Allenfalls gäbe es bei der Erwerbstätigkeit der Frauen noch ein gewisses Steigerungspotenzial, obwohl die Schweiz auch in dieser Hinsicht im internationalen Vergleich positiv hervorsticht. Aus diesem Grund muss der Fokus ganz klar bei der Steigerung der Arbeitsproduktivität liegen, die dank des technischen Fortschritts grundsätzlich keine Grenzen kennt. Hier liegt das bedeutendste Wachstumspotenzial der Schweizer Volkswirtschaft.

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Antworten zu den Repetitionsfragen

4 Nehmen Sie zur folgenden Aussage Stellung: «Das Wirtschaftswachstum wird irgendwann an seine Grenzen stossen, schliesslich sind die weltweit vorhandenen Ressourcen beschränkt.»

Die weltweit vorhandenen Ressourcen (Rohstoffe, Boden, Arbeitskräfte etc.) sind zwar be-schränkt, nicht aber der Faktor «Wissen». Der Mensch wird durch neues Wissen und neue Technologien immer wieder Wege finden, die begrenzten Ressourcen so zu kombinieren, dass sie eine noch höhere Wertschöpfung bringen. Dank des technischen Fortschritts ist also das Wirtschaftswachstum grundsätzlich nicht beschränkt.

5 a) Weshalb hat eine Volkswirtschaft, die einmal in einen Abschwung geraten ist, die Ten­denz, für eine gewisse Zeit immer tiefer in eine Rezession hineinzurutschen?

Bei der Entwicklung der Konjunktur wirken selbstverstärkende Prozesse. Setzt ein Abschwung ein, dann verschlechtern sich meist die Zukunftserwartungen der wirt-schaftlichen Akteure. Die Unternehmen werden beispielsweise Zurückhaltung bei den Investitionen üben und die Haushalte ihren Konsum reduzieren; die Auslastung der Produktionskapazitäten sinkt damit. Dies führt zu steigender Arbeitslosigkeit, die den Konsum weiter dämpft und damit den Abschwung weiter verstärkt.

b) Welche wirtschaftlichen Mechanismen, einmal abgesehen von der aktiven Konjunktur­politik, können dazu führen, dass die Volkswirtschaft wieder von alleine in einen Auf­schwung gerät?

Neben politischen Massnahmen gibt es auch wirtschaftliche Mechanismen, die einen «Abwärtssog» der Konjunktur bremsen und die Wirtschaft wieder in einen Aufschwung führen können:– Der Nachfragerückgang während des Abschwungs führt in der Regel mit etwas Ver-

zögerung zu tieferen Preisen. Sinkende Preise sind nötig, damit die Anbieter ihre produzierten Güter und Dienstleistungen weiterhin absetzen können. Tiefere Preise können nach einer gewissen Zeit den Abwärtstrend der Nachfrage stoppen und kön-nen damit den Aufschwung einleiten.

– Da die Nominallöhne vertraglich meist für eine bestimmte Zeit fixiert sind, reagieren diese viel träger auf einen Nachfragerückgang als die Güterpreise. Eine steigende Arbeitslosigkeit wird allerdings mit der Zeit ebenfalls zu sinkenden Löhnen (zumin-dest zu sinkenden Reallöhnen) führen. Tiefere Löhne drücken die Produktionskosten für die Unternehmen und geben den Anreiz, die Produktion und die Anstellung von Arbeitskräften wieder auszudehnen. Zusammen mit der wieder erstarkten Nachfrage kann also allein das Preissystem mittelfristig dafür sorgen, dass eine Volkswirtschaft wieder in einen Aufschwung gerät.

6 a) Nehmen wir an, die Wirtschaft stecke in einer Rezession. Mit welchem grundsätzlichen konjunkturpolitischen Instrument kann ein Staat, mit welchem eine Zentralbank versu­chen, die Rezession zu bekämpfen?

Die wirtschaftspolitischen Mittel, um eine Rezession zu bekämpfen, sind eine expan-sive Fiskalpolitik des Staates (Staatsausgaben erhöhen, Steuern senken) oder eine ex-pansive Geldpolitik der Zentralbank (Geldmenge erhöhen, Zinsen senken).

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Antworten zu den Repetitionsfragen R

b) Zeigen Sie detailliert auf, wie die beiden Instrumente auf die vier Komponenten der ge­samtwirtschaftlichen Nachfrage wirken.

Die konjunkturpolitischen Instrumente wirken folgendermassen auf die vier Nachfra-gekomponenten Konsum, Investitionen, Staatsausgaben und Nettoexporte (wir spielen die Effekte exemplarisch anhand einer expansiven Politik durch):– Expansive Fiskalpolitik: Eine Steuersenkung wirkt sich positiv auf das verfügbare

Einkommen und damit auf den Konsum aus. Eine Erhöhung der Staatsausgaben führt direkt zu einem Anstieg dieser Nachfragekomponente.

– Expansive Geldpolitik: Eine Erhöhung der Geldmenge senkt die Zinsen und wirkt sich damit positiv auf die Investitionen aus. Ausserdem führt eine Erhöhung der Geldmenge zu einer Abwertung der einheimischen Währung und damit zu einem Anstieg der Nettoexporte.

7 Welche Probleme können bei der Umsetzung einer antizyklischen Konjunkturpolitik auf­treten?

Die antizyklische Konjunkturpolitik weist hauptsächlich zwei Probleme auf: Erstens hat jede antizyklische Konjunkturpolitik Wirkungsverzögerungen. Diese lassen

sich in drei Kategorien unterteilen:– die Verzögerung in der Erkenntnis, dass Massnahmen nötig wären,– die Verzögerung in der Beschlussfassung und Umsetzung politischer Massnahmen,– die Verzögerung in der Wirkung der getroffenen Massnahmen auf die Konjunktur.

Zweitens führt die antizyklische Konjunkturpolitik zu problematischen politischen Anrei-

zen. Denn für die Politik ist eine expansive Fiskalpolitik während einer Rezession attraktiv, eine restriktive Politik während einer Boomphase allerdings weniger. Welcher Politiker setzt sich schon gerne für Steuererhöhungen und Ausgabendisziplin ein, wenn es der Wirt-schaft einmal gut geht? Diese Asymmetrie in den politischen Anreizen kann dazu führen, dass die Defizite während Rezessionen nicht mit Überschüssen in Boomzeiten kompensiert werden und damit die Staatsverschuldung steigt. Zudem besteht die Gefahr, dass die Wirt-schaft ständig zu stark stimuliert wird, was die Inflation anheizt.

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Antworten zu den Repetitionsfragen

Kapitel 5

1 a) Definieren Sie die folgenden Kenngrössen: Arbeitslosenquote, Erwerbsquote und Erwerbs­tätigenquote.

Arbeitslosenquote: Sie ist das Verhältnis zwischen der Anzahl Arbeitsloser und der Erwerbsbevölkerung. Sie misst den Anteil der arbeitswilligen Personen, die keine Stelle finden.

Erwerbsquote: Sie ist das Verhältnis zwischen der Erwerbsbevölkerung, also allen Ar-beitswilligen, und der Gesamtheit der 15- bis 64-Jährigen.

Erwerbstätigenquote: Sie ist das Verhältnis zwischen den tatsächlich Beschäftigten und der Gesamtheit der 15- bis 64-Jährigen.

b) Beschreiben Sie für jede der obigen Kenngrössen, wie die entsprechenden Zahlen für die

Schweiz im internationalen Vergleich ausfallen. Arbeitslosenquote: Wie die Abb. 1.4 in Kapitel 1 zeigt, liegt die (standardisierte) Ar-

beitslosenquote der Schweiz im internationalen Vergleich ausserordentlich tief. Auch bei der Erwerbsquote (über 84 %, siehe Abb. 5.4) und der Erwerbstätigenquote

(fast 80 %, siehe Abb. 4.13) belegt die Schweiz international Spitzenplätze.

2 a) Welche drei Formen von Arbeitslosigkeit lassen sich unterscheiden? Es lassen sich die konjunkturelle, die friktionelle und die strukturelle Arbeitslosigkeit

unterscheiden. Die Summe der beiden letztgenannten Formen bezeichnet man als So-ckelarbeitslosigkeit.

b) Beschreiben Sie für alle drei Ausprägungen der Arbeitslosigkeit, mit welchen Massnah­men die Wirtschaftspolitik versuchen kann, die jeweilige Form der Arbeitslosigkeit zu bekämpfen.

Die Wirtschaftspolitik kann die genannten Formen der Arbeitslosigkeit mit folgenden Mitteln bekämpfen:– Konjunkturelle Arbeitslosigkeit: Diese Form der Arbeitslosigkeit entsteht während

einer Rezession. Also kommen zur Bekämpfung der konjunkturellen Arbeitslosigkeit jene Massnahmen zum Einsatz, die man auch gegen eine lahmende Konjunktur einsetzen kann. Es sind dies die expansive Geldpolitik der Zentralbank und die ex-pansive Fiskalpolitik des Staates.

– Friktionelle Arbeitslosigkeit: Eine gewisse Sucharbeitslosigkeit kann ein Staat nie verhindern, sondern nur reduzieren, indem die Transparenz im Arbeitsmarkt auf verschiedene Arten erhöht wird.

– Strukturelle Arbeitslosigkeit: Die Beseitigung oder Vereinfachung von restriktiven Arbeitsmarktregulierungen kann dazu beitragen, die strukturelle Arbeitslosigkeit zu reduzieren. Beispiele für solche Regulierungen sind Mindestlöhne, zentralisierte Lohnverhandlungen, Kündigungsschutz oder einschränkende Arbeitszeitregulie-rungen. Zudem wirkt sich ein gut ausgebautes staatliches und privates (Weiter-)Bildungssystem positiv auf diese Form der Arbeitslosigkeit aus.

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Antworten zu den Repetitionsfragen R

c) Wie hoch ist die konjunkturelle Arbeitslosigkeit, wenn sich die Wirtschaft auf der Beve­ridge­Kurve an der 45°­Linie befindet? Begründen Sie.

Auf der 45°-Linie im Beveridge-Kurven-Diagramm halten sich die Zahl der offenen Stel-len und die Zahl der Arbeitslosen die Waage. Es besteht also nur Sockelarbeitslosigkeit, d. h. strukturelle und friktionelle Arbeitslosigkeit. Auf der 45°-Linie befindet sich die Wirtschaft deshalb in einer Art konjunkturellen Gleichgewicht, bei dem keine konjunk-turelle Arbeitslosigkeit auftritt.

3 Zeichnen Sie ein Diagramm für den Arbeitsmarkt in einem bestimmten Sektor und tragen Sie das Marktgleichgewicht beim Schnittpunkt von Angebots­ und Nachfragekurve ein.

a) Für den betrachteten Arbeitsmarkt wurde in einem Gesamtarbeitsvertrag ein Mindest­

lohn festgelegt, der über dem gleichgewichtigen Lohn liegt. Zeichnen Sie diese Situation in das Diagramm ein und beschreiben Sie ausführlich die Konsequenzen.

Zum geltenden Mindestlohn sind die Unternehmen nur noch bereit, die Anzahl qN zu beschäftigten. Da aber qA Leute bereit wären, zu diesem hohen Mindestlohn ihre Ar-beitskraft anzubieten, entsteht Arbeitslosigkeit in der Höhe der Differenz qA – qN. Der Lohn im Marktgleichgewicht liegt zwar tiefer, hat in diesem Modell allerdings keine unfreiwillige Arbeitslosigkeit zur Folge.

b) Was ändert sich, wenn der Mindestlohn unterhalb des gleichgewichtigen Lohnes liegt? Wenn der Mindestlohn unterhalb des Gleichgewichtslohns liegt, dann bleibt er ohne

Wirkung. Denn zu diesem Lohn würde die Nachfrage das Angebot an Arbeitskräften übersteigen (Arbeitskräftemangel) und der Lohn würde so lange steigen, bis er sich beim Marktgleichgewicht eingependelt hat. Die Situation mit einem sehr tief angesetz-ten Mindestlohn trifft man übrigens in einigen Industrieländern an; denn das Dilemma ist klar: Will man einen wirkungsvollen und «anständigen» gesetzlichen Mindestlohn, so riskiert man, dass schlecht qualifizierte Leute keine Arbeit finden, setzt man ihn zu tief an, dann bleibt die Massnahme ohne Folgen.

Lohn

Beschäftigte

N

qAq*

A

w

w*

Arbeitslosigkeit

Mindestlohn

qN

q*w*

Marktgleichgewicht

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Antworten zu den Repetitionsfragen

4 In Kapitel 2 haben Sie am Beispiel des «Kobra­Effekts» gesehen, dass Massnahmen, welche die Anreize der Akteure zu wenig berücksichtigen, das eigentlich zu lösende Problem noch verschärfen können.

a) Inwiefern können hohe Mindestlöhne oder eine grosszügige Arbeitslosenunterstützung

so wirken? Arbeitslosenunterstützungen sollen die finanziellen Auswirkungen der Arbeitslosigkeit

lindern. Sie können allerdings – falls sie sehr grosszügig ausfallen – auch dazu führen, dass die Anreize reduziert werden, möglichst schnell eine neue Arbeitsstelle zu suchen. Ist dies der Fall, dann wird das eigentlich zu lösende Problem, nämlich die Arbeits-losigkeit, noch verschärft.

Mindestlöhne zielen darauf ab, schlecht qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeit-nehmer vor zu tiefen Löhnen zu schützen. Sind die Mindestlöhne allerdings zu hoch (d. h. oberhalb des Gleichgewichtslohns) angesetzt, werden gerade die Arbeitskräfte mit der tiefsten Produktivität daran gehindert, überhaupt eine Arbeitsstelle zu finden, da die Arbeitskräftenachfrage beim Mindestlohn tiefer ist als beim Gleichgewichtslohn (siehe Frage 3).

b) Beschreiben Sie, wie der Arbeitsmarkt in der Schweiz reguliert ist und welche Unter­schiede es diesbezüglich zum benachbarten Ausland (insbesondere Deutschland und Frankreich) gibt.

Der Schweizer Arbeitsmarkt ist im internationalen Vergleich nur wenig reguliert. Im Gegensatz zum benachbarten Ausland gibt es in der Schweiz keine über alle Bran-chen hinweg gültigen Mindestlöhne, kaum flächendeckende Tarifverträge, nur einen schwach ausgeprägten Kündigungsschutz, eine stark aktivierend ausgestaltete Arbeits-losenversicherung sowie wenig Einschränkungen bei der gesetzlichen Arbeitszeit.

5 Nehmen Sie zur folgenden Aussage ausführlich Stellung: «Die Löhne für Industriearbeiter sind in China dermassen tief, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Schweizer Industrie mit ihren hohen Löhnen alle Produktionsschritte nach Fernost auslagern wird.»

Massgebend für die Konkurrenzfähigkeit eines Produktionsstandorts sind nicht die Löhne an sich, sondern die Lohnstückkosten. Diese sind definiert als Lohnkosten pro produzierte Einheit und berücksichtigen deshalb auch die Produktivität der Arbeitnehmenden. Nun sind in Fernost zwar die Löhne sehr tief, aber meist eben auch die Produktivität. Gerade bei Produktionsschritten, die sich stark automatisieren lassen oder die geschultes Personal benötigen, kann die Schweiz ihre Produktivitätsvorteile ausspielen und auch im Industrie-bereich sehr gut mit diesen «billigeren» Produktionsstandorten mithalten.

6 «Der Gesellschaft geht mit der zunehmenden Automatisierung der Produktion (z. B. durch Computer und Industrieroboter) die Arbeit aus!» Welche Argumente lassen sich gegen diese Aussage aufführen?

Es ist durchaus so, dass in einigen Branchen die Produktivitätssteigerung durch den Ein-satz von Maschinen (Automatisierung) oder neuer Technologien (Computer) dazu führt, dass Arbeitsplätze verloren gehen. Allerdings fliessen die Produktivitätssteigerungen als zusätzliche Einkommen den Arbeitnehmenden (höhere Löhne), den Produzenten (höhere Kapitalerträge) und den Konsumentinnen und Konsumenten (tiefere Preise) zu. Diese Ein-kommen bleiben im Wirtschaftskreislauf und werden für zusätzliche Güter und Dienst-

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Antworten zu den Repetitionsfragen R

leistungen ausgegeben. So führen Produktivitätssteigerungen in gewissen Branchen immer auch dazu, dass in anderen Branchen wieder Stellen geschaffen werden.

7 Die schweizerische Arbeitslosenversicherung besteht aus einem passiven und einem aktivie­renden Teil.

a) Was versteht man unter diesen beiden Elementen der Arbeitslosenversicherung? Passiver Teil: Zahlung eines Lohnersatzes (Taggelder) während der Zeit der Arbeits-

losigkeit. Aktivierender Teil: Zumeist obligatorische arbeitsmarktliche Massnahmen, die zum

Ziel haben, die Arbeitslosen «arbeitsmarktfähig» zu halten und sie bei der Suche nach einer neuen Stelle zu unterstützen.

b) Nennen Sie einige aktivierende Massnahmen, die bei der schweizerischen Arbeitslosen­versicherung zur Anwendung kommen.

Wichtige aktivierende Massnahmen der schweizerischen Arbeitslosenversicherung sind:– Weiterbildungen, Umschulungen und Ausbildungszuschüsse,– Einarbeitungszuschüsse,– Förderung der Selbstständigkeit,– zeitlich begrenzte Lohnsubventionen (Zwischenverdienst).

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Antworten zu den Repetitionsfragen

Kapitel 6

1 a) Zählen Sie die wichtigsten Kategorien von volkswirtschaftlichen Kosten auf, die eine Inflation verursacht.

Die Inflation verursacht unter anderem folgende volkswirtschaftlichen Kosten:– Transaktionskosten,– Folgekosten der Unsicherheit,– Verzerrung der relativen Preise,– Schädigung der Kreditgeber,– Schädigung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler aufgrund der kalten Progression

der Steuern.

b) Weshalb verursacht auch die Bekämpfung der Inflation volkswirtschaftliche Kosten? Er­läutern Sie detailliert.

Die Bekämpfung der Inflation erfordert Massnahmen, die meist in eine Rezession füh-ren. Denn die wirksamste Waffe gegen die Inflation ist eine restriktive Geldpolitik, welche die Zinsen erhöht und damit die gesamtwirtschaftliche Nachfrage negativ be-einflusst (siehe auch Antwort zu Frage 2a).

2 a) Wie lässt sich eine Inflation bekämpfen? Eine Inflation lässt sich durch eine restriktive Geldpolitik bekämpfen. Dabei reduziert

die Zentralbank die Geldmenge so weit, bis der Leitzins auf das angekündigte Niveau steigt. Die Zinsen steigen deshalb, weil sie der Preis für das Ausleihen von Geld dar-stellen. Eine tiefere Geldmenge verknappt das Geldangebot und führt zu steigenden Zinsen. Höhere Zinsen wirken negativ auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage: Sie reduzieren einerseits die Investitionen, da Kredite teurer werden, und andererseits die Exporte, da eine restriktive Geldpolitik die ein heimische Währung aufwertet. Wie in der Box zum Makro-Schema ausgeführt wird (siehe S. 175 im Lehrbuch), bremst der Rück-gang der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage die Inflation, weil in einem Abschwung der Aufwärtsdruck auf Preise und Löhne nachlässt.

b) Weshalb ist für die Geldpolitik die Bekämpfung einer Deflation schwieriger als die Be­

kämpfung einer Inflation? Massgebend für die Wirkung der Geldpolitik sind nicht die Nominalzinsen, sondern die

Realzinsen (Nominalzinsen abzüglich der erwarteten Inflation). Denn der Zinsbetrag, den die Kreditnehmer bezahlen und die Kreditgeber erhalten, verliert bei Inflation an Wert. Deshalb beziehen die wirtschaftlichen Akteure auch bei Krediten die erwartete Inflation mit in die Entscheidung ein. Weil bei einer Deflation die erwartete Rate der Deflation zum Nominalzins addiert werden muss («Deflation = negative Inflation»), ist der Realzins selbst bei einem Nominalzins von 0 % positiv. Da eine Zentralbank die Nominalzinsen nicht unter 0 % senken kann, kann sie auch die Realzinsen nicht so weit reduzieren, wie dies eigentlich für die Bekämpfung der Deflation nötig wäre.

Dieses Problem stellt sich bei der Bekämpfung der Inflation nicht, da die Zentralbank die Nominalzinsen grundsätzlich unbeschränkt erhöhen kann.

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Antworten zu den Repetitionsfragen R

3 Durch grosse Produktivitätssteigerungen und stärkeren Wettbewerb im Detailhandel seien in einem Land die Lebensmittelpreise deutlich gesunken. Handelt es sich dabei um bedrohliche Anzeichen einer Deflation? Argumentieren Sie.

Für die Deflation gilt dasselbe wie für eine Inflation: Eine einmalige Preissenkung oder Preissenkungen, die sich auf einen gewissen Sektor beschränken, stellen keine Deflation dar. Zudem treten Deflationen in Phasen auf, in denen die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zurückgeht und eine Rezession herrscht.

Aus diesem Grund gibt das Beispiel in der Aufgabenstellung überhaupt keinen Anlass zu Besorgnis. Der Grund für die Kosten- und Preissenkungen ist ja nicht eine schwache ge-samtwirtschaftliche Nachfrage, sondern die Produktivitätssteigerung in einem bestimmten Sektor, die bekanntlich zu einer Erhöhung des Wachstums führt.

4 Erklären Sie anhand der Quantitätsgleichung, warum ein Geldmengenwachstum, welches höher ist als das Wirtschaftswachstum, langfristig zu einer Inflation führt.

Die Quantitätsgleichung ist definiert als: P (Preisniveau) Q (reales BIP) M (Geldmenge) V (Geldumlaufgeschwindigkeit). Zentral für die folgende Argumentation ist, dass wir von einer konstanten Umlaufge-

schwindigkeit des Geldes ausgehen. Wächst nun die Geldmenge M stärker als das reale BIP Q, dann muss sich zwangsläufig das Preisniveau P auf der linken Seite der Gleichung erhöhen, damit sie erfüllt bleibt. Eine solche Erhöhung des Preisniveaus P über längere Zeit entspricht einer Inflation.

5 a) Nennen Sie die drei wichtigsten Funktionen des Geldes. Geld dient als:

– Tauschmittel, – Wertaufbewahrungsmittel,– Masseinheit.

b) Inwiefern beeinträchtigt eine hohe Inflation diese drei Funktionen? Eine Inflation stört die Funktionen des Geldes folgendermassen:

– Tauschmittel: Diese Funktion wird bei einer moderaten Inflation kaum beeinträch-tigt. Erst bei einer sehr hohen Inflation oder bei einer Hyperinflation sinkt das Ver-trauen in den Geldwert derart, dass die Menschen beginnen, das Geld für Transakti-onen abzulehnen und stattdessen zu einer Tauschwirtschaft übergehen.

– Wertaufbewahrungsmittel: Diese Funktion wird bei einer Inflation am stärksten be-einträchtigt, da das angesparte Geld laufend an Wert verliert.

– Masseinheit: Bei einer Inflation steigen zwar im Durchschnitt alle Preise, die Ge-schwindigkeit der Preiserhöhungen ist aber von Gut zu Gut verschieden. Deshalb verändern sich auch die relativen Preise laufend, was die Vergleichbarkeit erschwert und die Funktion des Geldes als Masseinheit stört.

6 Für die Geldschöpfung der Geschäftsbanken spielt der Reservesatz eine wichtige Rolle. Wel­cher Zusammenhang besteht zwischen dem Reservesatz und der Geldmenge?

Je tiefer der Reservesatz, desto mehr Geld können die Banken als Kredite vergeben, und desto mehr Geld kommt in Umlauf. Eine Senkung des vorgeschriebenen Reservesatzes ist also eine Möglichkeit, die Geldmenge in einer Volkswirtschaft zu erhöhen, ohne dass die

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Antworten zu den Repetitionsfragen

Zentralbank neues Geld herausgeben muss. Allerdings wird dieses geldpolitische Mittel kaum mehr eingesetzt.

7 a) Die meisten Zentralbanken kommunizieren geldpolitische Massnahmen über einen so­genannten Leitzins, den sie jeweils «erhöhen», «senken» oder «gleich lassen». Wie kann die Zentralbank über die Offenmarktpolitik die Zinsen beeinflussen?

Da sich die Zinsen, wie andere Preise auch, auf einem Markt bilden, kann die Zen-tralbank den Zins nicht einfach vorschreiben. Sie kann allerdings einen Leitzins fest-legen, den sie mit geeigneten Massnahmen der Offenmarktpolitik ansteuert. Erhöht die Zentralbank beispielsweis den Leitzins, dann betreibt sie so lange eine restriktive Offenmarktpolitik, bis der Leitzins das angestrebte Niveau erreicht hat: Verkauf von Aktiva auf den Finanzmärkten Senkung der Geldmenge Senkung des Geldange-botes höhere Zinsen.

b) Weshalb ist es von den ökonomischen Anreizen her wichtig, dass die Zentralbank von der Regierung unabhängig ist?

Die Politik kann einen Anreiz haben, die Zentralbank für folgende beiden Zwecke zu missbrauchen: 1. Beeinflussung der Konjunktur aus politischen Gründen (sprich: um die Chancen der

Wiederwahl zu erhöhen);2. Nutzung der Zentralbank als Finanzierungsquelle für die Staatsausgaben (Geld-

schöpfung). Damit diese Anreize nicht zum Tragen kommen und die Zentralbank ihr Hauptziel – nämlich die Wahrung der Preisstabilität – glaubwürdig verfolgen kann, muss diese von der Regierung formell, finanziell und personell unabhängig sein.

8 a) Das aktuelle geldpolitische Konzept der Schweizerischen Nationalbank (SNB) strebt als Ziel eine Inflationsrate zwischen 0 % und 2 % an. Weshalb lautet das Inflationsziel der SNB nicht 0 %, also absolute Preisstabilität?

Aus zwei Gründen strebt die SNB nicht absolute Preisstabilität an: Erstens ist ange-sichts der Gefahren der Deflation (siehe Frage 2b) eine leichte Inflation weit weniger problematisch als eine leichte Deflation. Zweitens überschätzt der Landesindex der Konsumentenpreise (LIK), die Berechnungsbasis für die Inflation, die tatsächliche In-flation ein bisschen, da der LIK Qualitätsverbesserung der Produkte im Warenkorb zu wenig berücksichtigen kann.

b) Nennen und erklären Sie die drei zentralen Elemente des aktuellen geldpolitischen Kon­zepts der SNB.

Die drei Elemente des geldpolitischen Konzepts der SNB:– Definition der Preisstabilität: Die Preisstabilität ist gewahrt, wenn die Inflationsrate

zwischen 0 und 2 % liegt (siehe Teilaufgabe a).– Inflationsprognose: Die SNB prognostiziert regelmässig die Inflationsentwicklung

unter der Annahme, dass alle beeinflussenden Faktoren (insbesondere die Geldpo-litik) gleich bleiben. Damit kann die SNB abschätzen, ob sie an der gegenwärtigen Politik etwas ändern muss.

– Kurzfristiger Zinssatz als Zwischenziel: Ein Zielband für den Dreimonats-Libor für Schweizer Franken dient als Zwischenziel und als Instrument für die Kommunika-tion der Geldpolitik.

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Kapitel 7

1 Welche beiden grundsätzlichen Finanzierungsformen mit Fremdkapital haben Unterneh­men?

Es bestehen zwei Möglichkeiten, wie sich Unternehmen fremdfinanzieren können bzw. wie Spargelder von den Haushalten zu den Unternehmen gelangen können: Entweder erhalten Unternehmen das Kapital direkt von den Haushalten oder dies geschieht indirekt über eine Bank.

2 Erläutern Sie die Fristentransformation von Banken. Die sogenannte Fristentransformation ist die Kernaufgabe von Banken. Sie sammeln grosse

Mengen von kurzfristigen Spargeldern und stellen sie Unternehmen für langfristige Inves-titionsprojekte zur Verfügung. Das ist deshalb möglich, weil in der Regel immer nur ein kleiner Teil der Sparer das Geld gleichzeitig abheben möchte.

3 Warum wäre eine Volkswirtschaft ohne Banken kaum denkbar? Banken sind für eine arbeitsteilige Wirtschaft sehr wichtig. Mit Ausnahme der wenigen

Grossunternehmen, die sich direkt auf den Finanzmärkten finanzieren können, käme ohne Banken kaum jemand in den Genuss von Krediten. Müssten sich nämlich auch mittel-grosse und kleine Unternehmen das Geld über die Finanzmärkte – das heisst direkt bei den Haushalten – besorgen, wäre das mit verschiedenen Schwierigkeiten verbunden.

Erstens wäre es schwer, die Haushalte davon zu überzeugen, ihr Geld für lange Zeit in Investitionsprojekte zu binden; schliesslich möchten sie gerne jederzeit über das Ersparte verfügen können, falls Unvorhergesehenes passiert. Zweitens wäre es für die Haushalte mit grossem Aufwand verbunden, Unternehmen mit Investitionsplänen zu finden und – vor allem – die Qualität dieser Unternehmen und ihrer Investitionsprojekte zu beurteilen. Drittens sind Investitionen immer mit Risiken behaftet und der Haushalt, der sein gesamtes Erspartes in ein bestimmtes Projekt investiert hätte, könnte im schlechtesten Fall alles ver-lieren; er würde deshalb mit solchen direkten Krediten vernünftigerweise sehr zurückhal-tend sein. Angesichts dieser Liste von Problemen ist klar, dass die direkte Finanzierung bei den Haushalten für die allermeisten mittelgrossen und kleinen Unternehmen – und damit für deutlich über 99 % aller Firmen – kaum denkbar ist; dazu kommt noch, dass Haushalte ohne Banken kaum eine Möglichkeit hätten, ihre Hauskäufe über Kredite zu finanzieren.

4 Warum zwingt die Regulierung die Banken nicht dazu, die gesamten Einlagen der Kunden liquide zu halten?

Müssten die Banken die gesamten Einlagen der Kunden liquide halten, so könnten sie ihr Kerngeschäft, die Kreditvergabe und somit das Zinsdifferenzgeschäft nicht ausüben. Liquide gehaltene Mittel werfen für die Bank keine Zinserträge ab und sind daher für die Banken «teuer». Das Geschäftsmodell der Banken basiert auf der – in normalen Zeiten – vernünftigen Annahme, dass in der Regel nur ein kleiner Teil der Einleger zu einem be-stimmten Zeitpunkt ihr ganzes Geld abziehen wird. Deshalb kann sie das Risiko eingehen, nicht alle Forderungen jederzeit vollständig zurückzahlen zu können.

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Antworten zu den Repetitionsfragen

5 Beschreiben Sie anhand einer stilisierten Bankbilanz, warum Kreditausfallrisiken für Ban­ken rasch bedrohlich werden können.

Das Kreditausfallrisiko besteht darin, dass auf gewährten Krediten keine Zinsen gezahlt oder dass sie nicht zurückgezahlt werden. Sind die Schuldner zahlungsunfähig, so ist das Geld für die Bank verloren und der Kredit muss abgeschrieben werden. In diesem Fall wird der Kredit von der Aktivseite der Bilanz entfernt und das Eigenkapital auf der Passivseite reduziert sich entsprechend. Wie der unten stehenden Abbildung zu entnehmen ist, stel-len die Kredite auf der Aktivseite in der Regel eine wesentlich grössere Position dar als das Eigenkapital auf der Passivseite. Sind die Verluste so hoch, dass die Bank negatives Eigenkapital hat, das heisst nicht mehr über genügend Vermögenswerte verfügt, um das Fremdkapital zurückzuzahlen, ist die Bank insolvent bzw. zahlungsunfähig.

6 Beschreiben Sie, wie ein Bank­Run entstehen kann. Beginnen die Einleger aus irgendeinem Grund über die Zahlungsfähigkeit ihrer Bank zu

zweifeln, werden sie versuchen, ihr Geld noch rechtzeitig abzuheben. Da die Bank ein Grossteil der Einlagen angelegt hat, fehlt ihr nach kurzer Zeit die Liquidität, um die anstür-menden Kundinnen und Kunden zu bedienen.

7 Warum braucht es eine makroprudentielle Aufsicht? Da sich die Banken gegenseitig kurzfristig finanzieren, sind diese stark miteinander ver-

flochten. Ein Konkurs einer einzelnen grossen Bank kann dadurch das ganze Finanzsystem gefährden. Um solche Finanzkrisen zu verhindern, braucht es daher Massnahmen, die darauf abzielen, die Stabilität des gesamten Bankensystems zu sichern und zu verhindern, dass sich die zusammenbrechenden Banken gegenseitig in den Abgrund ziehen.

8 Warum stellt das Too­ big­ to­ fail ­Problem ein Marktversagen dar? Wenn grosse Banken zu scheitern drohen und ihr scheitern unabsehbare Kosten für die

Volkswirtschaft haben würde, sind die Behörden faktisch gezwungen, solche Banken am Leben zu erhalten, wenn sie in Schwierigkeiten geraten. Dieses schafft eine unhaltbare Si-tuation. Denn eine Marktwirtschaft basiert auf dem Prinzip, dass Fehlentscheide in letzter Konsequenz auch mit dem Konkurs des Unternehmens bestraft werden können. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich grosse Banken zu risikofreudig verhalten, weil sie darauf zäh-len können, dass sie im Notfall vom Staat gerettet werden.

Verwendung Herkunft

Liquidität

EinlagenKredite

WertpapiereEigenkapital

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Kapitel 8

1 Definieren Sie die beiden Begriffe «Verschuldungsquote» und «Staatsquote», und beschrei­ben Sie, wie diese Kenngrössen für die Schweiz im internationalen Vergleich ausfallen.– Die Verschuldungsquote ist definiert als die Summe der Schulden des Staates (Bund,

Kantone und Gemeinden), geteilt durch das nominale Bruttoinlandprodukt (BIP). Wie die Abb. 1.7 (S. 26 im Lehrbuch) zeigt, ist die Verschuldungsquote der Schweiz im inter-nationalen Vergleich sehr tief.

– Die Staatsquote ergibt sich aus den Ausgaben aller öffentlichen Haushalte und der So-zialversicherungen, gemessen als Prozentsatz des nominalen BIP. Auch die Staatsquote der Schweiz ist im internationalen Vergleich sehr tief. Entsprechende vergleichende Da-ten finden sich zum Beispiel auf der Website der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV; www.efv.admin.ch). Die Schweiz liegt mit einem Wert von ungefähr 31,5 % (2013) im internationalen Vergleich am unteren Ende der OECD-Staaten.

– Zu bemerken ist, dass es sowohl bei der Verschuldungsquote wie auch bei der Staats-quote zum Teil grosse Unterschiede zwischen den Zahlen der EFV und der OECD gibt. Diese Unterschiede entstehen zum Teil aufgrund unterschiedlicher Definitionen, welche Bestandteile in die Berechnungen einfliessen sollen. Gerade bei der Berechnung der Staatsquote sind gewisse Abgrenzungen generell umstritten: Während z. B. die EFV die Beiträge für AHV, Invalidenversicherung, Erwerbsersatzordnung und Arbeitslosenversi-cherung einfliessen lässt, werden die Kosten für Krankenkassen und die Berufliche Vor-sorge nicht miteinbezogen, obwohl es sich ebenfalls um obligatorische Beiträge handelt.

Für den internationalen Vergleich sollte man immer mit den OECD-Daten arbeiten, da diese für jedes Land nach dem gleichen Konzept berechnet werden.

2 a) Der Staat kann drei Arten von Steuern (im weitesten Sinne) erheben. Nennen Sie diese, und beschreiben Sie die Unterschiede.

Die einzige nachhaltige Art der Mittelbeschaffung für den Staat sind Steuern im wei-testen Sinne. Darunter fallen direkte und indirekte Steuern sowie Gebühren. Direkte Steuern werden aufgrund von persönlichen Merkmalen der Steuerpflichtigen (z.B. Ein-kommen und Vermögen) erhoben. Indirekte Steuern hingegen werden auf Markttrans-aktionen im weitesten Sinne erhoben (z.B. Mehrwertsteuer) und berücksichtigen keine persönlichen Merkmale der Steuerpflichtigen. Das Hauptmerkmal von Gebühren ist, dass diese beim Bezug einer bestimmten staatlichen Leistung fällig werden (z.B. Aus-stellen eines Führerscheins). Dies ist der grosse Unterschied zu den direkten und indi-rekten Steuern, die keinen direkten Anspruch auf eine staatliche Leistung begründen.

b) Weshalb kann man die Finanzierung des Staates über die Geldschöpfung auch als «In­flationssteuer» bezeichnen? Erläutern Sie dabei auch, wer bei der Inflationssteuer die Steuerlast tragen muss.

Finanziert sich der Staat über die Geldschöpfung, führt dies zwangsläufig zu einer In-flation. Die Inflation «bestraft» jene Leute, die Geld halten, da die angesparten Vermö-gen laufend an Wert verlieren. Diese Wertverluste wirken wie eine Steuer («Inflations-steuer») auf das gehaltene Geld, welche die Sparerinnen und Sparer bezahlen müssen.

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Antworten zu den Repetitionsfragen

3 a) Weshalb ist die Besteuerung eines Gutes mit vollständig unelastischem Angebot die effi­zienteste Art der Besteuerung?

Bei der Besteuerung eines Gutes entstehen praktisch immer Wohlfahrtsverluste, da die produzierte und konsumierte Menge des Gutes gegenüber dem Marktgleichgewicht zurückgeht. Ist das Angebot allerdings vollkommen unelastisch – ein Fall, der in der Realität kaum anzutreffen ist – dann entsteht überhaupt kein Wohlfahrtsverlust. Der Grund dafür ist, dass die Anbieter trotz Steuererhebung die angebotene Menge nicht reduzieren. In diesem Fall tragen die Anbieter die volle Steuerlast; ihr Verlust an Produ-zentenrente wird vollständig an den Staat umverteilt.

Weil kein Wohlfahrtsverlust entsteht, ist eine Steuer auf ein vollständig unelastisches Angebot (oder auf eine vollständig unelastische Nachfrage, siehe b) die effizienteste Art der Steuererhebung.

b) Was würde sich aus Wohlfahrtssicht gegenüber der Situation in a) ändern, wenn auf dem Markt das Angebot «normal elastisch» und dafür die Nachfrage vollständig unelas­tisch ist?

Auch bei einer vollständig unelastischen Nachfrage entsteht kein Wohlfahrtsverlust. Die Steuer erhöht zwar den Preis des Gutes, die nachgefragte Menge bleibt allerdings gegenüber dem Marktgleichgewicht unverändert. Deshalb ist dies, neben der Situation in Aufgabe a), die effizienteste Art der Steuererhebung.

Gegenüber dem Fall in Aufgabe a) ändert sich allerdings die Verteilung der Steuerlast: Bei einer vollkommen unelastischen Nachfrage tragen die Nachfrager die ganze Steuer-last; der Verlust an Konsumentenrente wird vollständig an den Staat umverteilt.

c) Erklären Sie, weshalb die Marktseite (Produzenten oder Konsumenten), welche eine Steuer von Gesetzes wegen an den Staat zahlen muss, nicht zwingend die Marktseite ist, welche tatsächlich für die Steuer aufkommen muss. Geben Sie dazu ein Beispiel.

Wer eine Steuer im ökonomischen Sinn tragen muss, entscheidet sich nicht daran, wer die Steuer formal bezahlt, sondern daran, wie stark die Steuerlast auf die andere Marktseite überwälzt werden kann. Ausschlaggebend sind dabei die Elastizitäten des Angebots und der Nachfrage. Ein typisches Beispiel sind die Sozialversicherungsbei-träge (z. B. AHV- oder IV-Beiträge), die in der Schweiz formal je zur Hälfte von den Ar-beitgebern und den Arbeitnehmern bezahlt werden. Gehen wir nun als Beispiel davon aus, dass das Arbeitsangebot sehr unelastisch ist (die Arbeitnehmerinnen und Arbeit-nehmer reagieren kaum auf eine Änderung der Löhne) und die Arbeitsnachfrage relativ elastisch (die Unternehmen bauen bei steigenden Löhnen umfangreich Stellen ab). In dieser Situation muss die «unelastische Marktseite», also die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deutlich mehr als die Hälfte der Last der Sozialversicherungsbeiträge tragen. Weshalb? Die Unternehmen können es sich aufgrund der tiefen Elastizität des Arbeitsangebots leisten, die Löhne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu kür-zen und so einen Teil ihrer Beitragslast auf die Angebotsseite zu übertragen.

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Antworten zu den Repetitionsfragen R

4 a) Beschreiben Sie detailliert, weshalb die inländische Staatsverschuldung zu einem Rück­gang der privaten inländischen Investitionen führt.

Finanziert der Staat seine Schulden durch die Aufnahme von Krediten im Inland, so steigt die Kreditnachfrage; damit erhöht sich auch der Preis (=Zinsen) für diese Kre-dite. Steigende Zinsen verteuern entsprechend auch die Kredite für die inländischen Unternehmen und reduzieren damit die private Investitionstätigkeit. Dieser Prozess wird Crowding-out genannt.

b) Erklären Sie, wie die Finanzierung der Staatstätigkeit über Verschuldung im Ausland zu einem sogenannten Zwillingsdefizit führen kann.

Finanziert der Staat seine Budgetdefizite durch die Aufnahme von Krediten im Aus-land, so muss er die erhaltenen Gelder in fremder Währung (Devisen) zuerst in die einheimische Währung eintauschen, damit er seine Ausgaben tätigen kann. Diese stei-gende Nachfrage nach inländischer Währung wertet diese auf, was zu einem Rückgang der Nettoexporte führt, da die einheimischen Güter im Ausland teurer werden. Werden die Nettoexporte negativ, spricht man von einem Handelsbilanzdefizit. In diesem Fall kommt also zum Budgetdefizit noch ein Handelsbilanzdefizit hinzu, und es liegt ein sogenanntes Zwillingsdefizit vor.

5 a) Bei langfristigen Investitionen wird die Finanzierung über Verschuldung oft mit dem Ar­gument verteidigt, dass die zukünftigen Nutzerinnen und Nutzer mittels Zinszahlungen ebenfalls für die Investition aufkommen sollten. Diskutieren Sie dieses Argument aus ökonomischer Sicht.

Aus ökonomischer Sicht ist das Argument bis zu einem gewissen Grad berechtigt. Durch die Schuldenfinanzierung wird die Finanzierungslast zwischen den Genera tionen auf-geteilt. Die künftigen Generationen, die von der staatlichen Investition ebenfalls pro-fitieren, tragen mit den Zinszahlungen zu deren Finanzierung bei. Das Problem ist allerdings, dass die zukünftigen Generationen nicht am politischen Entscheid beteiligt sind, ob der Staat die Investition überhaupt durchführen sollte, aber trotzdem für die Folgekosten der Verschuldung aufkommen müssen.

b) «Eine nachhaltige Staatsfinanzierung bedingt, dass das Staatsbudget jederzeit vollstän­dig ausgeglichen ist.» Nehmen Sie zu dieser Aussage Stellung, und definieren Sie dabei den Begriff der «nachhaltigen Staatsfinanzierung».

Eine nachhaltige Staatsfinanzierung verlangt, dass die Staatsausgaben langfristig, das heisst über einen Konjunkturzyklus hinweg, durch die Staatseinnahmen gedeckt sind. Aus diesem Grund ist die Aussage falsch. Denn eine nachhaltige Staatsfinanzierung bedingt nicht, dass das staatliche Budget jederzeit ausgeglichen ist. Sie bedingt nur, dass anfallende Budgetdefizite in einer Rezession mit Überschüssen in Boomzeiten ausgeglichen werden.

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Antworten zu den Repetitionsfragen

6 a) Welche Besonderheiten weist das Schweizer Steuersystem im internationalen Vergleich auf?

Das Schweizer Steuersystem weist im internationalen Vergleich folgende Besonder-heiten auf:– Die einzelnen staatlichen Ebenen (Bund, Kantone und Gemeinden) haben im inter-

nationalen Vergleich eine sehr grosse Steuerautonomie. Das Recht der Kantone und Gemeinden, eigene Steuern zu erheben, ist im internationalen Vergleich bemerkens-wert und Ausdruck des ausgeprägten Föderalismus der Schweiz.

– Im internationalen Vergleich wird ein überdurchschnittlich hoher Anteil von Steuern auf der Ebene der Gliedstaaten (Kantone) und Gemeinden erhoben, auch dies eine Folge des starken Föderalismus in der Schweiz.

– Besonders im europäischen Vergleich bemerkenswert ist der tiefe Schweizer Mehr-wertsteuersatz. Die indirekten Steuern – also hauptsächlich die Mehrwertsteuer – machen deshalb in der Schweiz nur ca. ein Drittel der gesamten Schweizer Steuer-einnahmen aus. Dieser Anteil ist im internationalen Vergleich sehr tief.

b) Beschreiben Sie die drei Säulen der Schweizer Altersvorsorge, und unterscheiden Sie diese nach dem Ziel, der Finanzierungsmethode sowie dem Grundprinzip.

Die schweizerische Altersvorsorge weist folgende Säulen auf:– Die AHV ist eine obligatorische Sozialversicherung und dient als erste Säule der

Sicherung des Existenzbedarfs. Sie wird über das Umlageverfahren finanziert und funktioniert nach dem Solidaritätsprinzip.

– Die berufliche Vorsorge ist für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab einem gewissen Einkommen obligatorisch und soll als zweite Säule die Fortsetzung des gewohnten Lebensstandards im Alter gewährleisten. Sie wird über das Kapital-deckungsverfahren finanziert und hat sowohl Elemente des Solidaritäts- wie auch des Äquivalenzprinzips.

– Die Selbstvorsorge ist freiwillig und kann als dritte Säule weiter gehende Bedürfnisse im Alter abdecken. Sie wird über das Kapitaldeckungsverfahren finanziert und funk-tioniert nach dem Äquivalenzprinzip.

c) Mit welchen wirtschaftspolitischen Massnahmen kann der demografischen Herausforde­

rung für die AHV begegnet werden? Das schlechter werdende Verhältnis zwischen der Anzahl Beitragszahlenden und der

Anzahl Rentenbezüger stellt eine finanzielle Herausforderung für die AHV dar. Die Wirtschaftspolitik kann für die Lösung dieses Problems folgende Massnahmen direkt ergreifen:– Erhöhung der Beiträge für die AHV,– Kürzung der Renten,– Erhöhung des Rentenalters. Weitere Faktoren, die man mit der Wirtschaftspolitik nur indirekt beeinflussen kann:– Stärkere Einwanderung von Arbeitskräften,– Erhöhung der Geburtenrate,– Erhöhung des Wirtschaftswachstums.

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Antworten zu den Repetitionsfragen R

7 Beschreiben Sie, wie die Schuldenbremse funktioniert und weshalb sie wie ein automati­scher Stabilisator wirkt.

Das Ziel der Schuldenbremse, welche die Schweiz auf Bundesebene eingeführt hat, ist eine nachhaltige Staatsfinanzierung. So müssen die Bundesausgaben langfristig – das heisst über einen Konjunkturzyklus hinweg – durch die Bundeseinnahmen gedeckt sein. Die Schuldenbremse wird über die folgende einfache Ausgabenregel umgesetzt:

Ausgaben Einnahmen Trend-BIP aktuelles BIP Budgetdefizite sind während Rezessionen erlaubt. Sie müssen allerdings durch Budget-

überschüsse in Boomzeiten ausgeglichen werden. Damit wirkt die Schuldenbremse wie ein automatischer Stabilisator, da in Rezessionen eine expansivere Fiskalpolitik möglich ist, während in Boomzeiten mit einer restriktiveren Fiskalpolitik Überschüsse erzielt werden müssen.

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Antworten zu den Repetitionsfragen

Kapitel 9

1 a) Erklären Sie, weshalb die Zahlungsbilanz immer ausgeglichen sein muss. Die Zahlungsbilanz ist immer ausgeglichen, weil einem Überschuss (bzw. Defizit) in

der Leistungsbilanz immer ein gleich hohes Defizit (bzw. Überschuss) in der Kapital-verkehrsbilanz gegenüberstehen muss. Am besten lässt sich dies anhand eines verein-fachenden Beispiels zeigen: Wenn «die Schweiz» Güter exportiert, erhält sie dafür Geld in fremder Währung (Devisen). Mit diesen Devisen kann man im Inland weder Güter kaufen noch Löhne oder Steuern zahlen, da die wirtschaftlichen Akteure im Inland nur Schweizer Franken entgegennehmen. Was machen nun die Schweizer Exporteure mit den erhaltenen Devisen? – Eine Möglichkeit wäre es, damit ausländische Güter und Dienstleistungen zu kaufen.

Dies entspricht einem Import und würde die Leistungsbilanz wieder zu einem Aus-gleich bringen.

– Eine zweite Möglichkeit wäre es, mit den Devisen ausländische Wertschriften oder eine Beteiligung an einer ausländischen Unternehmung zu kaufen. Dies entspricht einem Kapitalexport und würde in der Kapitalverkehrsbilanz zu einem Defizit füh-ren. Da aufgrund des Exportüberschusses auch die Leistungsbilanz einen Überschuss aufweist, kommt die Zahlungsbilanz als Ganzes wieder zu einem Ausgleich.

– Die Exporteure können die Devisen auch einfach zu einer Bank bringen und in Schweizer Franken umtauschen. Damit stellt sich allerdings wieder die ursprüng-liche Frage, was die inländische Bank mit den Devisen machen soll. Auch sie hat wiederum die Möglichkeit, damit ausländische Güter und Dienstleistungen zu kau-fen oder das Geld im Ausland anzulegen, womit wir wieder bei den beiden oben beschriebenen Transaktionen wären.

b) Wodurch zeichnen sich die Zahlen der Schweizer Zahlungsbilanz im internationalen Vergleich aus? Nennen Sie die entsprechenden Unterbilanzen und beschreiben Sie die «auffälligsten» Posten.

Folgende Posten der Zahlungsbilanz sind im internationalen Vergleich bemerkenswert:– Die Schweiz hat – im Vergleich zum BIP – einen sehr hohen Leistungsbilanzüber-

schuss und ein dementsprechend hohes Kapitalverkehrsbilanzdefizit. Vereinfacht ge-sagt: Die Schweiz «verdient» enorm viel Geld im Ausland und legt entsprechend viel Geld im Ausland an.

– Die Schweiz hat einen hohen Überschuss in der Dienstleistungsbilanz, die beispiels-weise Bank- und Versicherungsdienstleistungen oder den Tourismus umfasst.

– Über die Bilanz der Kapitaleinkommen fliesst der Schweiz enorm viel Geld in Form von Zinsen und Dividenden zu. Dies ist eine Folge des hohen Bestands an Schweizer Direkt- und Portfolioinvestitionen im Ausland, was sich auch in den grossen Defizi-ten bei den Unterbilanzen der Direkt- bzw. Portfolioinvestitionen niederschlägt.

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Antworten zu den Repetitionsfragen R

2 Was versteht man unter dem Begriff «Aufspaltung der Wertschöpfungskette?» Viele Produkte durchlaufen viele einzelne wertschöpfende Produktionsschritte, bis sie fer-

tiggestellt sind. Wenn diese einzelnen Schritte an verschiedenen Orten bzw. in verschie-denen Ländern stattfinden, spricht man von einer Aufspaltung der Wertschöpfungskette. Ein Smartphone beispielsweise wird in zahlreichen über den Globus verteilten Produk-tionsschritten hergestellt.

3 a) Definieren Sie den zentralen Begriff des komparativen Vorteils. Jeder wirtschaftliche Akteur, sei er absolut gesehen noch so unproduktiv, hat bei der

Produktion gewisser Güter und Dienstleistungen komparative Vorteile. Die kompara-tiven Vorteile liegen dort, wo er für die Produktion eines gewissen Gutes tiefere Oppor-tunitätskosten aufweist als die anderen Akteure.

b) Bei der Produktion welcher Arten von Gütern und Dienstleistungen hat die Schweiz in

Ihrer Einschätzung eher komparative Vorteile, bei welchen Nachteile? Die Schweiz verfügt über gut ausgebildete Arbeitskräfte. Da zudem Kapital reichlich

vorhanden ist, liegen die komparativen Vorteile der Schweiz eher bei wertschöpfungs-starken Dienstleistungen (z. B. das Banken- und Versicherungswesen). Im Industrie-bereich liegen die komparativen Vorteile bei Herstellungsprozessen, die sich stark automatisieren lassen (kapitalintensiv), sowie bei wertschöpfungsstarken Produktions-stufen, die ein gewisses Know-how benötigen.

Klare komparative Nachteile hat die Schweiz bei arbeitsintensiven Massenprodukten (z. B weisse T-Shirts), weil hier die Opportunitätskosten besonders hoch sind. Auch wenn in diesen Branchen die Schweizer Unternehmen effizienter produzieren könnten als die Unternehmen in Entwicklungsländern: Würden alle Arbeitnehmenden, die diese arbeitsintensiven Massenprodukte in der Schweiz herstellen, in anderen Branchen ar-beiten, könnten Sie dort deutlich mehr Wertschöpfung und ein höheres Einkommen erzielen.

c) In vielen Entwicklungsländern wurde über lange Zeit eine Strategie verfolgt, die wie folgt argumentierte: «Weil die Produzenten ja ohnehin keine Chance im globalen Wettbewerb haben, muss man die Märkte mit Zöllen von der Konkurrenz abschotten. Erst wenn die Produzenten eine gewisse Grösse und Wettbewerbsfähigkeit erreicht haben, kann man den Markt schrittweise öffnen.» Diskutieren Sie diese Strategie aus ökonomischer Sicht.

Die Aussage, dass «die Produzenten» eines Entwicklungslandes generell keine Chan-cen auf dem Weltmarkt hätten, ist aus volkswirtschaftlicher Sicht falsch. Jedes noch so arme Land verfügt über komparative Vorteile in gewissen Sektoren und Branchen; und diese Vorteile sind nicht abhängig von der Grösse und Stärke der inländischen Unternehmen, wie dies die Aussage suggeriert. Das heisst, dass eine zu starke Abschot-tung des Marktes viele Produzenten daran hindert, ihre komparativen Vorteile auf dem Weltmarkt auszuspielen. Profitieren können davon allerdings jene Branchen, die tat-sächlich international wenig wettbewerbsfähig sind. Wie allerdings die Diskussion zum Strukturwandel in Kap. 4.3.4 gezeigt hat, sind solche strukturerhaltenden Massnahmen langfristig zum Scheitern verurteilt. Wesentlich wirkungsvoller als die Abschottung der Märkte ist die Schaffung von guten Rahmenbedingungen wie zum Beispiel Rechts-sicherheit oder politische Stabilität.

vwl_lb_3a.indb 187 10.06.15 11:28

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4 «Die Marktöffnung im Landwirtschaftsbereich ist ein Nullsummenspiel: Was die Konsumen­ten durch tiefere Preise an Wohlfahrt gewinnen, geht bei den Bauern, die nun weniger ver­dienen, gleich wieder verloren.» Nehmen Sie zu dieser Aussage Stellung und argumentieren Sie mithilfe eines Angebot­Nachfrage­Diagramms.

Eine zentrale Erkenntnis der Volkswirtschaftslehre ist, dass Handel nie ein Nullsummen-spiel, sondern immer mit Wohlfahrtsgewinnen verbunden ist. Dies kann man anhand eines Angebot-Nachfrage-Diagramms zeigen: Beim Landwirtschaftsbereich haben wir es mit einem Markt zu tun, bei dem der Weltmarktpreis bei vielen Produkten unterhalb des Schweizer Gleichgewichtspreises bei Autarkie liegt. Das Diagramm zeigt, dass eine Markt-öffnung in diesem Modell einen Wohlfahrtsgewinn in der Höhe des eingezeichneten Drei-ecks ergeben würde (in Form von zusätzlicher Konsumentenrente).

Auch im Landwirtschaftsbereich werden also die Wohlfahrtsgewinne einer Handelslibe-

ralisierung für die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten höher ausfallen als der Wohlfahrtsverlust für die Bauern. Aufgrund der unterschiedlichen Grösse der beiden Grup-pen wäre allerdings der einzelne Bauernbetrieb stärker betroffen als der einzelne Konsu-ment.

Es ist wichtig anzumerken, dass es sich bei den obigen Ausführungen um eine sogenannte statische Analyse handelt. Das Modell untersucht also nur die kurzfristigen Folgen einer Marktöffnung. Eine Handelsliberalisierung eröffnet den Produzenten aber auch den Zu-gang zu neuen Märkten. Je nachdem, wie die Produzenten auf die neuen Preise und Ex-portchancen reagieren (z. B. Förderung von verarbeiteten, wertschöpfungsstärkeren Land-wirtschaftsprodukten), kann die Massnahme nach einer gewissen Anpassungszeit auch für die Produzenten positive Wohlfahrts effekte haben.

5 Erklären Sie, was die Vor ­ und die Nachteile eines fixen Wechselkurses sind. Die Vorteile eines fixen Wechselkurses sind:

– Das Risiko von Wechselkursschwankungen wird eliminiert oder zumindest stark redu-ziert.

– Oft kann mit einer Fixierung des Wechselkurses die stabilere Geldpolitik eines anderen Landes übernommen werden.

Preis

p*

qn

Menge

Weltmarktpreis

Zusätzliche Rentein Form vonKonsumentenrente

Import

A

N

KR

PR

qa

Liegt der Weltmarktpreis p* unter

dem Gleichgewichtspreis bei

Autarkie, übersteigt der inlän-

dische Konsum die inländische

Produktion. Dieser Überschuss

wird importiert. Aus Wohlfahrts-

sicht sinkt zwar die Produzenten-

rente, die Konsumentenrente

steigt jedoch deutlich stärker.

Insgesamt wächst deshalb die

Gesamtrente.

vwl_lb_3a.indb 188 10.06.15 11:28

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Der Nachteil eines fixen Wechselkurses ist:– Durch die Anbindung des Wechselkurses gibt ein Land seine eigenständige Geldpolitik

auf. Es ist somit gezwungen, die Geldpolitik des anderen Landes selbst dann zu imitie-ren, wenn diese Politik den eigenen Interessen zuwiderläuft. Dies kann insbesondere bei unterschiedlichen konjunkturellen Situationen in den beteiligten Ländern erhebliche negative Folgen haben.

6 Weshalb setzt sich die Politik meist nicht für einen vollständigen Zollabbau ein, wenn dieser doch zu sinkenden Preisen und grösserer gesamtwirtschaftlicher Wohlfahrt führen würde? Argumentieren Sie aus politisch­ökonomischer Sicht.

Der Abbau von Protektionismus setzt Massnahmen auf der politischen Ebene voraus. Des-halb haben all jene Gruppierungen, die bei Handelsliberalisierungen kurzfristig verlieren würden, alles Interesse, sich bei den politischen Entscheidungsträgern dagegen einzuset-zen. Weil die Verlierer meist eine kleine Gruppe sind, bei der die einzelnen Mitglieder viel zu verlieren haben, lassen sich deren Interessen viel besser und schlagkräftiger organisie-ren als die Interessen der Gewinner, die meist eine grosse und heterogene Gruppe darstel-len (wie z.B. die Konsumentinnen und Konsumenten).

Weil Zolleinnahmen eine Einnahmequelle des Staates sind, haben auch viele Politikerinnen und Politiker oft nur wenig Interesse, sich für einen Zollabbau einzusetzen.

7 a) Weshalb stehen der Bilateralismus und die regionale Integration eigentlich im Wider­spruch zu den WTO­Prinzipien?

Ein wichtiges WTO-Prinzip ist die Meistbegünstigung. Demnach muss der Abbau einer Handelsschranke gegenüber einem WTO-Mitgliedsland gleichzeitig auch für alle ande-ren Mitgliedsländer gelten. Die Idee des Bilateralismus und der regionalen Integration widersprechen diesem Grundsatz, da es eigentliches Ziel dieser Abkommen ist, den Handel ausschliesslich zwischen den Mitgliedsländern zu liberalisieren. Deshalb gibt es in den WTO-Richtlinien gewisse Ausnahmen zum Grundsatz der Meistbegünsti-gung, damit auch bilaterale und regionale Abkommen möglich sind.

b) Wirkt die regionale Integration in jedem Fall positiv auf die Wohlfahrt? Begründen Sie. Die regionale Integration hat zwei Effekte auf die Wohlfahrt:

– Positiver Effekt der Handelsschaffung: Die Handelsliberalisierung schafft zusätz-lichen Handel mit entsprechend positiven Wohlfahrtseffekten.

– Negativer Effekt der Handelsumlenkung: Weil der Handel nur mit ausgewählten Staaten liberalisiert wird, kann es sein, dass die Staaten gewisse Güter nicht mehr vom weltweit effizientesten Produzenten beziehen, sondern vom günstigsten Produ-zenten im Integrationsraum. Diese Verzerrung hat negative Wohlfahrtseffekte.

Ist der Effekt der Handelsumlenkung grösser als der Effekt der Handelsschaffung – meist ein eher unwahrscheinliches Szenario – dann können sich regionale Abkom-men sogar negativ auf die Wohlfahrt auswirken.

vwl_lb_3a.indb 189 10.06.15 11:28

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c) Zählen Sie die fünf Formen der wirtschaftlichen Integration auf, und beschreiben Sie deren Merkmale.

Die fünf Formen der wirtschaftlichen Integration und ihre Merkmale lassen sich am besten anhand der folgenden Grafik aufzeigen:

Keine Zölle zwischen den Mitgliedern

Gemeinsame Aussenzölle

Mobilität der Produktions-faktoren

Gemeinsame Währung

Gemeinsame Wirtschafts-politik

Freihandels-zone

Zollunion

Binnenmarkt

Währungs-union

Vollständige Wirtschafts-union

8 a) Nehmen Sie zur folgenden Aussage Stellung: «Ziel der Aussenwirtschaftspolitik sollte es sein, die Exporte zu fördern und die Importe einzudämmen, denn schliesslich gehen Importe bei der Berechnung des BIP als negativer Betrag ein.»

Eine einseitige Förderung der Exporte bringt aus Wohlfahrtssicht nichts. Denn die Im-porte lassen sich nur durch Handelsschranken eindämmen, die bekanntlich zu Wohl-fahrtsverlusten führen. Auch wenn die Importe bei der Berechnung des BIP von den Exporten abgezogen werden – die Formel «Exporte=gut» und «Importe=schlecht» greift auch deshalb zu kurz, weil sich die beiden Grössen nicht separat betrachten lassen. Denn steigende Exporte gehen eigentlich immer auch mit steigenden Importen einher, da die Unternehmen viele Rohstoffe und Vorleistungen für die Produktion der Exportgüter vom Ausland beziehen müssen. Zudem bringen steigende Exporte Devi-seneinnahmen mit sich, die zum Teil auch für den Kauf von Importgütern eingesetzt werden. Der eigentliche Zweck von Exporten kann es geradezu sein, die Importe drin-gend benötigter Güter zu finanzieren.

b) Nennen Sie die drei Stossrichtungen der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik. Die Schweizer Aussenwirtschaftspolitik hat drei Stossrichtungen:

– Förderung der Exporte durch die Öffnung ausländischer Märkte,– Förderung der Importe durch den Abbau von Handelsschranken,– Förderung der Integration möglichst vieler Länder in die weltweite Arbeitsteilung.

vwl_lb_3a.indb 190 10.06.15 11:28