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ÖSTERREICHISCHES www.rechtsanwaelte.at Österreichische Post AG · MZ 02Z032542 M · Österreichischer Rechtsanwaltskammertag, Wollzeile 1 3, 1010 Wien · ISSN 1605-2544 Anwalts blatt 405 SCHWERPUNKT: COVID-19 Grundrechte in der Krise Die COVID-19-Krise: Ein Paradigmenwechsel im Datenschutzrecht? Von der Digitalisierungzu Coronaund umgekehrt Maßnahmen im Zusammen- hang mit COVID-19 gegen genesene Personen Berufssportgesetz: Die Krise als Chance? 404 PORTRAIT DES MONATS Mag. Georg Bürstmayr Der geerdete Demokrat 422 IM GESPRÄCH Dr. Heinz Fischer In der Krise Recht bewahren 07 08 2020 393 464

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Page 1: Anwbl 2020-07-08 393. - rechtsanwaelte.at · 2020. 7. 27. · 442 Zeitschriftenübersicht 447 RECHTSPRECHUNG 448 Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs 449

ÖSTERREICHISCHES

www.rechtsanwaelte.atÖsterreichische Post AG · MZ 02Z032542 M · Österreichischer Rechtsanwaltskammertag, Wollzeile 1–3, 1010 Wien · ISSN 1605-2544

Anwaltsblatt

405 SCHWERPUNKT:COVID-19

Grundrechte in der Krise

Die COVID-19-Krise:Ein Paradigmenwechsel imDatenschutzrecht?

Von der „Digitalisierung“ zu„Corona“ und umgekehrt

Maßnahmen im Zusammen-hang mit COVID-19 gegengenesene Personen

Berufssportgesetz: Die Krise alsChance?

404 PORTRAIT DES MONATSMag. Georg Bürstmayr –Der geerdete Demokrat

422 IM GESPRÄCHDr. Heinz Fischer – In der KriseRecht bewahren

07–08 2020

393–464

Page 2: Anwbl 2020-07-08 393. - rechtsanwaelte.at · 2020. 7. 27. · 442 Zeitschriftenübersicht 447 RECHTSPRECHUNG 448 Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs 449

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Universitätsbuch handlung: 1010 Wien, Kohlmarkt 16 | Verlagsadresse: 1010 Wien, Johannesgasse 23. FN 124 181 w, HG Wien.

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Riss im Gefäß derRechtsstaatlichkeit

D ie Ihnen vorliegende Sommerausgabe des Anwalts-blattes befasst sich schwerpunktmäßig mit den vielfa-

chen juristischen Facetten der Corona-Krise.Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind auch wäh-

rend des Corona-Lockdowns ihren Klienten mit Rat undTat zur Seite gestanden. Aber auch wir sind von dieser Krisebetroffen, privat und beruflich. Das Innehalten des Wirt-schaftslebens ist auch an Rechtsanwaltskanzleien nichtspurlos vorübergegangen. Dennoch müssen wir unserenRechtsstaat aufrechterhalten, denn er ist eine essentielleSäule einer freien, demokratischen Staatsverfassung.

Ob Videokonferenzen und -verhandlungen auch imRechtsleben Einzug halten werden, wird sich weisen. DieUnmittelbarkeit der Beweisaufnahme in Zivil- und Strafver-fahren ist ein wesentliches Moment der Wahrheitsfindungund sollte nicht leichtfertig aufgegeben werden. In einigenVerfahren kann aber Videotechnologie durchaus eine Er-leichterung unserer Arbeit bedeuten, so zB bei vorbereiten-den Tagsatzungen zur Festlegung des Prozessprogramms.

Die Digitalisierung weiterer Bereiche unseres Lebens istnicht aufzuhalten. Bild- und Tonaufnahmen bei Gerichtsind jetzt schon eine wertvolle Unterstützung bei der Proto-

kollierung. Im Strafverfahren lässt dies § 271a StPO aus-drücklich zu. Unzulässig ist es aber, solche Aufnahmenschon vor Beginn der Hauptverhandlung anzufertigen,während der Verhandlungspausen oder nach der Hauptver-handlung. Dass dies im BUWOG-Verfahren geschah, ist einOrganisationsverschulden.

Die Bevölkerung sollte gerade von der Justiz penibelsteAchtsamkeit auf Grund- und Freiheitsrechte einfordernkönnen. Wenn es auch nur möglich ist, die vertraulichenGespräche der Strafverteidigerin mit ihrem Klienten wäh-rend einer Verhandlungspause im Nachhinein abzuhören,dann ist der Schaden an der Rechtsstaatlichkeit schon ge-schehen.

Das ist kein „Sturm im Wasserglas“, wie das die Staats-anwaltschaft bezeichnete, das ist ein Riss im Gefäß derRechtsstaatlichkeit.

Ich wünsche Ihnen einen erholsamen Sommer!

RUPERT WOLFFPräsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages(ÖRAK)

2020/172

österreichisches anwaltsblatt 07-08_2020

393

Editorial

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393 Editorial395 Wichtige Informationen396 Werbung & PR397 Recht kurz & bündig400 Europarecht kurz & bündig402 Europa aktuell404 Portrait des Monats

Mag. Georg Bürstmayr –Der geerdete DemokratFoto: © Parlamentsdirektion / PHOTO SIMONIS

AUTOREN DIESER AUSGABE:RA Dr. Manfred Ainedter, Wien

RA Mag. Gerold Beneder, Wien

RA Mag. Antonia Bittermann, Wien

RAA Mag. Dany Boyadjiyska, Wien

RA Dr. Bernhard Fink, Klagenfurt

RA Univ.-Prof. Dr. Mathis Fister, Klagenfurt

RA Mag. Franz Galla, Wien

RA Dr. Rainer Hable, M.Sc. (LSE), Wien

em. RA Dr. Herbert Hochegger, Wien

Mag. Jessica König, ÖRAK Büro Brüssel

RA Britta Kynast, ÖRAK Büro Brüssel

RA Dr. Günther Leissler, Wien

RA Mag. Stefanie Liebenwein, Wien

Mag. Christian Moser, ÖRAK

RA Univ.-Prof. Dr. Gernot Murko, Klagenfurt

Univ.-Ass. Mag. Patrick Petschinka, Wien

RA Dr. Ullrich Saurer, Graz

Mag. Elisabeth Schusterbauer, RAK Wien

RA Mag. Michael Schuszter, Eisenstadt

Mag. Fabian Stegmayer, Bibliothek RAK Wien

ao. Univ.-Prof. Dr. Einhard Steininger

Univ.-Lektor Mag. Dr. Franz Philipp Sutter, Wien

ADir. RegRat Walter Szöky, Wien

RA MMag. Christina Toth, Wien

RA Dr. Alexander Wittwer, LL.M., Dornbirn

Mag. Rainer Wolfbauer, Wien

RA Dr. Rupert Wolff, Salzburg

405 ABHANDLUNGEN

406 Grundrechte in der KriseMathis Fister

412 Die COVID-19-Krise: Ein Paradigmenwechselim Datenschutzrecht?Günther Leissler

415 Von der „Digitalisierung“ zu „Corona“ undumgekehrtStefanie Liebenwein und Antonia Bittermann

417 Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19gegen genesene PersonenMichael Schuszter

419 Berufssportgesetz: Die Krise als Chance?Patrick Petschinka und Christina Toth

421 SERVICE

422 Im Gespräch425 Termine426 Chronik431 Aus- und Fortbildung437 Rezensionen442 Zeitschriftenübersicht

447 RECHTSPRECHUNG

448 Unzulässige Abfrage desPersonenverzeichnisses desGrundbuchs

449 Disziplinarverfahrensrecht450 Marktschreierische Werbung451 Beschlüsse der Europäischen

Zentralbank zum Staatsanlei-henkaufprogramm kompetenz-widrig

456 Umsatzsteuerpflicht für nicht-anwaltstypische Dienstleistun-gen eines Rechtsanwalts alsSachwalter?

07-08_2020 österreichisches anwaltsblatt

394

Inhalt 07-08_2020

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CHRISTIANMOSER (CM)ÖRAK, JuristischerDienst

ELISABETHSCHUSTERBAUERRAK Wien, AbteilungVersorgungseinrichtung

Informationen zum CoronavirusAufgrund der zuletzt von der Bundesregierung und demGesetzgeber zur Eindämmung der Verbreitung des Corona-virus (COVID-19) getroffenen Maßnahmen stellen sichzahlreiche Fragen für die Rechtsanwaltschaft. Alle relevan-ten Informationen zur Fristenproblematik, Kurzarbeit,steuerlichen Themen etc finden Sie laufend aktualisiert aufunserer Website www.rechtsanwaelte.at unter „Aktuelles“bzw dem Menüpunkt COVID-19.

CM

ZukunftsBonus – Prämienentlastung imAlterIm Rahmen des ZukunftsBonus haben Sie die Möglichkeit,Ihre Krankenversicherungsprämien im Alter zu reduzieren,indem Sie Ihre Prämien während Ihres aktiven Erwerbsle-bens erhöhen und im Gegenzug ab dem vollendeten 65. Le-bensjahr weniger bezahlen. Diese Variante führt zu einemZeitpunkt, in dem Ihr Einkommen vielleicht geringer, dieAbsicherung Ihrer Gesundheit aber umso wichtiger ist, zueiner Prämienentlastung. Der ZukunftsBonus wird dabei als

Zusatzbaustein zur Gruppenkrankenversicherung angebo-ten und umfasst nicht nur die Prämienentlastung im Alter,sondern auch eine Entlastung im Pflegefall sowie ein Sterbe-geld. Weitere Informationen erhalten Sie im Mitgliederbe-reich unter www.rechtsanwaelte.at. Gerne können Sie sichbei Fragen auch direkt an Ihren Berater in Versicherungs-angelegenheiten wenden.

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österreichisches anwaltsblatt 07-08_2020

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Wichtige Informationen

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Retournieren Sie dieses Formular bitte an die RADOK GmbH per Fax an die Fax-Nummer 01 / 535 12 75-13 oder per E-Mail an [email protected] Gesellschaft für Organisation, Dokumentation und Kommunikation Gesellschaft m.b.H., Wollzeile 1-3, 1010 Wien Preise Netto in Euro zzgl. USt.

Name bzw Firma: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Datum: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschrift:. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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07-08_2020 österreichisches anwaltsblatt

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Diese Ausgabe von„Recht kurz & bündig“entstand unterMitwirkung von

ULLRICH SAURER (US)Rechtsanwalt

MANFREDAINEDTER (MA)Rechtsanwalt

FRANZ GALLA (FG)Rechtsanwalt

§§ 26, 1068, 1069, 1070 ABGB; §§ 220, 221, 222 AktG;§ 96 GmbHG; § 1 SpaltG

2020/173

Zur Wirkung der Verschmelzung aufWiederkaufsrechte1. Eine Verschmelzung (§§ 220 bis 233 AktG; § 96 GmbHG)ist die Übertragung des Vermögens einer oder mehrerer Ge-sellschaften (übertragende Gesellschaften) im Weg der Ge-samtrechtsnachfolge unter Ausschluss der Abwicklung aufeine andere bestehende oder durch die Verschmelzung neugegründete Gesellschaft (übernehmende Gesellschaft).2. Der Vermögensübergang betrifft alle Rechte und Ver-bindlichkeiten der übertragenden Gesellschaft, sodass beidieser kein Vermögen zurückbleibt.3. Alle Rechte sollen erhalten bleiben. Das schließt das Erlö-schen von Rechten und Pflichten des übertragendenRechtssubjekts aus.4. Die Besonderheit der Verschmelzung liegt darin, die Be-endigung der juristischen Person ohne Erfordernis eines Li-quidationsverfahrens herbeizuführen.5. Mit der Verschmelzung findet somit keine Übertragungdes Wiederkaufsrechts an einen von der berechtigten Ge-sellschaft verschiedenen Dritten iSd § 1070 ABGB statt.Das Vermögen der übertragenden Gesellschaft geht viel-mehr in der übernehmenden Gesellschaft auf, sodass einsolches Gestaltungsrecht zugunsten der dann vereinten Ge-sellschaft fortwirkt.OGH 21. 1. 2020, 1 Ob 173/19a JusGuide 2020/15/18503.US

Art 6, 10 VO (EG) 6/2002 (GGV)

2020/174

Gemeinschaftsgeschmacksmuster – Eigenart,(Umriss-)Formgebung, Schutzumfang1. Bei Beurteilung der Frage, ob ein anderes Geschmacks-muster in den Schutzumfang des Gemeinschaftsge-schmacksmusters fällt, ist der jeweilige Gesamteindruck zuermitteln und zu vergleichen.2. Der Eindruck einer Übereinstimmung ist danach zu be-urteilen, ob beim informierten Benutzer ein anderer Ge-samteindruck erweckt wird.3. Der informierte Benutzer hebt sich durch ein gewissesMaß an Kenntnissen und Aufgeschlossenheit für Designfra-gen vom Durchschnittsverbraucher ab.4. Ist der informierte Benutzer des Geschmacksmusters be-reit, trotz geringer Unterschiede zwischen Formenschatzund Geschmacksmuster die Eigenart zu bejahen, muss ergleichermaßen im Verletzungsstreit bei derartigen Unter-schieden zwischen dem Geschmacksmuster und der ange-griffenen Ausführungsform die Verletzung verneinen.5. Ob ein unterschiedlicher Gesamteindruck gewonnenwird, ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen.OGH 28. 1. 2020, 4 Ob 239/19d JusGuide 2020/718/18549. US

§ 22 GmbHG; Art 101 AEUV

2020/175

Zum Informationsrecht des GmbH-Gesellschafters1. Nach stRsp steht dem GmbH-Gesellschafter ein allgemei-ner, umfassender Informationsanspruch gegen die GmbHzu. Er geht über das im Gesetz geregelte Bucheinsichtsrechtgem § 22 Abs 2 GmbHG hinaus, umfasst grundsätzlich alleAngelegenheiten der GmbH und steht jedem Gesellschafterals Individualrecht zu.2. Die GmbH darf die begehrte Information verweigern,wenn die Informationserteilung einem gesetzlichen Verbotzuwiderliefe oder der Informationsanspruch rechtsmiss-bräuchlich ausgeübt wird.3. Die Inanspruchnahme des Individualrechts des Gesell-schafters auf Information ist auch dann rechtsmissbräuch-lich, wenn damit gesellschaftsfremde, die GmbH schädigen-de Interessen verfolgt werden.4. Die GmbH, die sich auf ein Informationsverweigerungs-recht wegen Rechtsmissbrauchs stützt, trägt dafür die Be-hauptungs- und Beweislast. Sie hat konkrete Behauptungensowohl zur Gefährdung als auch zur Wettbewerbsrelevanzder strittigen Geschäftsunterlagen, in die Einsicht genom-men werden soll, aufzustellen.OGH 20. 2. 2020, 6 Ob 166/19h JusGuide 2020/19/18564. US

§ 5 KartG; § 354 UGB; Art 102 AEUV

2020/176

ZumMissbrauch einer marktbeherrschenden Stellung1. Der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung iSd§ 5 Abs 1 Z 1 KartG kann insb in der Forderung nach Ein-kaufs- oder Verkaufspreisen oder nach sonstigen Geschäfts-bedingungen bestehen, die von denjenigen abweichen, diesich bei wirksamemWettbewerb mit hoher Wahrscheinlich-keit ergeben würden (Preis- und Konditionenmissbrauch).2. Haben die Vertragsparteien – mangels Einigkeit über dieHöhe einer zu erbringenden Gegenleistung – vereinbart, dassein der Höhe nach noch nicht bekanntes, erst in einem künf-tigen Verfahren zu klärendes angemessenes Entgelt zu leistenist, ist es auch einem marktbeherrschenden Unternehmendurch § 5 Abs 1 Z 1 KartG bzw Art 102 AEUV nicht verbo-ten, einen bestimmten Preis für angemessen zu erachten unddiesen Standpunkt gegebenenfalls auch in einem gerichtli-chen (oder behördlichen) Verfahren zu vertreten.OGH 12. 3. 2020, 16 Ok 1/20p JusGuide 2020/18/18548. US

§ 210 Abs 1 StPO (§ 211 Abs 2, § 212 Z 3 und 4,§§ 215, 281 Abs 1 Z 5 StPO)

2020/177

AnklageeinspruchFür Anklageerhebung genügt bereits „(einfache) Verurtei-lungswahrscheinlichkeit“.

österreichisches anwaltsblatt 07-08_2020

397

Recht kurz & bündig

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OGH 5. 11. 2019, 11 Os 124/19y (OLG Graz 10 Bs 401/18y; LGSt Graz 172 Hv 26/18w) EvBl 2020/34. MA

§ 20 StGB (§ 156 Abs 1 StGB)

2020/178

Verfall im SchuldenregulierungsverfahrenVerfall setzt weder unrechtmäßige Bereicherung des davonBetroffenen noch einen durch die Tat bewirkten (originä-ren) Eigentumserwerb an dem für verfallen erklärten Ver-mögenswert voraus. Ein Gegenstand, durch dessen Ver-heimlichung, Veräußerung oder Beiseiteschaffung iSd§ 156 Abs 1 StGB das Vermögen des Täters wirklich oderzum Schein verringert und dadurch die Befriedigung einesseiner Gläubiger vereitelt oder geschmälert wird, kann ei-nen durch die Begehung einer mit Strafe bedrohten Hand-lung erlangten Vermögenswert darstellen und solcherartdem Verfall unterliegen, und zwar auch beim Täter selbst,in dessen Eigentum der Gegenstand definitionsgemäß(„wer einen Bestandteil seines Vermögens“) zum Tatzeit-punkt stand. Der Anknüpfungstatbestand der Maßnahme,nämlich der Begriff „Vermögenswerte“, umfasst alle wirt-schaftlichen Vorteile, die in Zahlen ausgedrückt werdenkönnen. Durch mit Strafe bedrohte Handlungen erlangtegeldwerte Dienstleistungen sind vom Begriff „Vermögens-werte“ daher ebenso erfasst wie ersparte Aufwendungenoder Nutzungen von Gebrauchsvorteilen.OGH 3. 9. 2019, 14 Os 64/19x (LG Klagenfurt 18 Hv 113/18b) EvBl 2020/35. MA

§ 278d Abs 1a StGB

2020/179

Bereitgestellte Vermögenswerte müssen nicht fremdseinNach der Intention des Gesetzes soll die Finanzierung ter-roristischer Aktivitäten umfassend und flächendeckend be-kämpft werden. Vom Begriff „Vermögenswert“ werden alleArten von Vermögenswerten erfasst, und zwar unabhängigdavon, wem sie gehören und ob sie legalen oder illegalenUrsprungs sind. Wird ein Vermögenswert zur sofortigenund uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung gestellt, al-so faktische Verfügungsmacht darüber eingeräumt, liegt einBereitstellen iSd § 278d Abs 1a StGB vor.OGH 28. 8. 2019, 13 Os 54/19 v EvBl-LS 2020/39. MA

§ 20a Abs 2 Z 2 StGB (§ 115 Abs 1 Z 3 und Abs 5StPO)

2020/180

PBZuspruch hindert Verfall nichtDer Ausschluss des Verfalls wird durch § 20a Abs 2 Z 2StGB auf Fälle beschränkt, in denen der Betroffene zivil-rechtliche Ansprüche aus der Tat befriedigt oder für sie Si-cherheit geleistet hat. Eine zivilrechtliche Verurteilung, einVergleich iSd § 1 Z 5 EO oder ein vollstreckbarer Notariats-

akt iSd § 1 Z 17 EO schließen den Verfall nicht aus; ebensowenig ein gem § 115 Abs 5 StPO erlegter – sodann den Ge-genstand der Beschlagnahme nach § 115 Abs 1 Z 3 StPObildender – Geldbetrag, weil die Beschlagnahme bei Been-digung des Verfahrens ohne einen in § 115 Abs 1 Z 3 StPOgenannten Ausspruch aufzuheben ist.OGH 12. 9. 2019, 12 Os 31/19d EvBl-LS 2020/40. MA

§ 153 StGB

2020/181

Untreue durch BaurechtEntsteht die Pflicht des Baurechtsnehmers, (gegen Einräu-mung des Baurechts durch den Grundeigentümer) das Ent-gelt – wenngleich in Gestalt von wiederkehrenden Leistun-gen (Bauzins; § 3 Abs 2 BauRG) – zu entrichten, bereits imZeitpunkt des Vertragsabschlusses, so tritt der im Wege derGesamtsaldierung zu ermittelnde Schaden bereits mit demAbschluss des Vertrags ein. Auf dessen späteres (zivil-)rechtliches Schicksal kommt es insoweit ebenso wenig anwie darauf, ob (und in welchem Umfang) der Bauzins ver-tragskonform entrichtet wird.OGH 28. 8. 2019, 13 Os 8/19d (LG Salzburg 39 Hv 72/15b) EvBl 2020/42. MA

§ 284 Abs 1 Z 8 StPO (§ 267 StPO)

2020/182

Anklageüberschreitung stellt auf historischesGeschehen abGegenstand der Anklage ist nur ein historisches Ereignis iSeines Gesamtverhaltens des Täters, aus dem ein bestimmterstrafgesetzwidriger Erfolg resultiert. In Bezug auf die Moda-litäten dieses Geschehens wie überhaupt hinsichtlich derkonkreten Umstände der in der Anklage individualisiertenStraftat ist das Gericht nicht an die Ansicht des Anklägersgebunden. Es kann – bedingt etwa durch die dynamischeEntwicklung des Prozessgeschehens in der HV – Modifika-tionen der angeklagten Tathandlung vornehmen, insb eineandere Methode des Angekl zur Erreichung seines Zielsfeststellen.OGH 7. 10. 2019, 14 Os 40/19t EvBl-LS 2020/47. MA

§ 302 Abs 1 StGB

2020/183

Unterlassene Hilfeleistung kann Missbrauchder Amtsgewalt begründenDer staatliche Anspruch auf Erreichung des von § 19 SPGverfolgten Zwecks, Menschen bei Gefährdung nach dendort normierten Kriterien die erforderliche Hilfe zukom-men zu lassen, stellt einen tauglichen Bezugspunkt desSchädigungsvorsatzes dar.OGH 7. 10. 2019, 14 Os 78/19f EvBl-LS 2020/48. MA

07-08_2020 österreichisches anwaltsblatt

398

Recht kurz & bündig

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§ 1435 ABGB

2020/184

Abgeltung von Pflegeleistungen des ehemaligenLebensgefährtenGrundsätzlich gilt, dass die von einem Lebensgefährten wäh-rend der Lebensgemeinschaft erbrachten Leistungen und Auf-wendungen in der Regel unentgeltlich sind und nicht zurück-gefordert werden können. In Analogie zu § 1435 ABGB ge-währt die Rsp aber einen Bereicherungsanspruch, wenn eineLeistung in der erkennbaren Erwartung eines weitergehendenErfolgs erbracht wurde und diese Gegenleistung in weitererFolge nicht eintrat. Der Anspruch besteht schon dann, wenndem Leistungsempfänger klar war oder bei Berücksichtigungder gesamten Umstände hätte klar sein müssen, dass die Leis-tungen in Erwartung einer späteren Zuwendung erfolgen.Die gegenständlichen Feststellungen lassen keinen Zweifeldaran, dass die erbrachten Pflegeleistungen weit über dieüblichen Beistandsleistungen unter Lebensgefährten, diekeiner familienrechtlichen Verpflichtung unterliegen, hi-nausgingen und vom Partner bewusst entgegengenommenwurden. Der gepflegte Partner musste sich bei Berücksich-tigung aller Umstände darüber im Klaren sein, dass die Pfle-geleistungen jedenfalls in Erwartung einer weiteren gemein-samen Lebensgestaltung erbracht wurden, die jedenfallsnach den ursprünglichen Vorstellungen auch in einer Ehe-schließung münden sollte. Die Bestimmung der Höhe desEntgelts für Leistungen, auf das gem § 1435 iVm § 1152ABGB ein Anspruch besteht, erfolgte gem § 273 ZPO.OGH 20. 2. 2020, 5 Ob 86/19m Zak 2020/268, 173. FG

§ 929 ABGB

2020/185

Reichweite eines GewährleistungsverzichtesDie Reichweite eines vertraglichen Gewährleistungsver-zichts ist durch Auslegung zu ermitteln. Im Zweifel sindVerzichtserklärungen restriktiv auszulegen. Nach gesicher-ter Rsp erstreckt sich ein umfassend abgegebener Gewähr-leistungsverzicht grundsätzlich auch auf geheime und sol-che Mängel, die normalerweise vorausgesetzte Eigenschaf-ten betreffen.Die hier vom Beklagten nach den Feststellungen ausdrück-lich zugesagte und geschuldete Leistung bestand in der Lie-ferung eines Fahrzeugs mit einem kaputten Motorlager undeiner defekten Servopumpe. Das Fahrzeug war daher schonaufgrund seines ausdrücklich vereinbarten Zustands zumZeitpunkt des Verkaufs nicht verkehrs- und betriebssicher.Der bei Übergabe des Fahrzeugs latent vorhandene undnach rund 3.000 km Fahrt zutage getretene Getriebedefektwar nach den Feststellungen ein Mangel, mit dem bei Fahr-zeugen dieses Alters und mit dieser Kilometerleistung zurechnen ist. Es handelt sich dabei, so wie bei den übrigennach dem Verkauf aufgetretenen Defekten, um eine Ver-schleißerscheinung, die mangels dem Beklagten vorwerfba-

rer Arglist und mangels gegenteiliger Zusage vom verein-barten Gewährleistungsverzicht umfasst war.OGH 27. 2. 2020, 8 Ob 111/19k. FG

§§ 523, 838a ABGB

2020/186

Abwehr des Blockierens der Einfahrt zur Liegenschaftdurch MiteigentümerEntscheidend für die Verweisung auf den außerstreitigenRechtsweg nach § 838aABGB ist, ob eine Streitigkeit zwischenden Teilhabern über die mit der Verwaltung und Benützungder gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängen-den Rechte und Pflichten „den Kern des Begehrens“ bildet.Weiterhin auf den streitigen Rechtsweg gehören Ansprüche,die nicht nur auf das Miteigentumsverhältnis gegründet sind,sondern auch auf weitere Rechtsgrundlagen wie die in den Ge-setzesmaterialien beispielhaft genannten Besitzstörungs-,Schadenersatz- und Bereicherungs- oder auch nachbarrecht-liche Unterlassungsklagen und Klagen nach § 523 ABGB.Das Begehren der Kläger ist nach Meinung des erkennendenSenates nach den vorgebrachten anspruchsbegründenden Tat-sachen und dem verfolgten Rechtsschutzziel (Unterlassungder Blockade der Einfahrt zur gemeinsamen Liegenschaft) alsEigentumsfreiheitsklage iSd § 523 ABGB anzusehen.Jeder Mit- und Wohnungseigentümer ist berechtigt, eigen-mächtige Eingriffe auch eines anderen Mit- oder Wohnungs-eigentümers in das gemeinsame Eigentummit der Eigentums-freiheitsklage abzuwehren. Solche Klagen gehören nach derRsp ungeachtet des § 838aABGBauf den streitigenRechtsweg.OGH 3. 4. 2020, 5 Ob 33/20v. FG

§§ 1431, 1478, 1479, 1486, 1487 ABGB

2020/187

Verjährung der Bereicherungsansprüche einesKlienten wegen überhöhter RechtsanwaltshonorareDie Verjährungsfrist für Bereicherungsansprüche nach§ 1431 ABGB unterliegt grundsätzlich der in §§ 1478f ABGBvorgesehenen allgemeinen, langen Verjährungszeit. Mit§ 1486 ABGB wurde durch die 3. Teilnovelle zum ABGBnach der Motivation des Gesetzgebers für Forderungen ausGeschäften des täglichen Lebens eine kurze (dreijährige)Verjährungsfrist eingeführt. Maßgeblich hierfür war das Be-dürfnis nach Rechtssicherheit, weil es bei diesen Geschäftennach längerer Zeit regelmäßig ganz unmöglich ist, den Be-weis dafür zu erbringen, dass derartige Forderungen berech-tigt sind. Es besteht eine Tendenz in der Rsp, dass Leistungs-kondiktionen, die sich aus Rechtsverhältnissen ergeben, dieder kurzen dreijährigen Verjährungsfrist unterfallen (bei-spielsweise gem § 1486 ABGB), ebenfalls innerhalb diesesZeitraums verjähren sollen. In diesem Sinne unterliegenauch Bereicherungsansprüche eines Klienten wegen über-höhter Rechtsanwaltshonorare in analoger Anwendung des§ 1486 Z 6 ABGB der dreijährigen Verjährung.OGH 8. 4. 2020, 8 Ob 145/19k. FG

österreichisches anwaltsblatt 07-08_2020

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Recht kurz & bündig

Page 10: Anwbl 2020-07-08 393. - rechtsanwaelte.at · 2020. 7. 27. · 442 Zeitschriftenübersicht 447 RECHTSPRECHUNG 448 Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs 449

Diese Ausgabe von„Europarecht kurz &bündig “ entstandunter Mitwirkung von

RAINER HABLE (RH)Rechtsanwalt

Asyl- und Migrationsrecht

2020/188

EGMR: EMRK auf Visaanträge in Drittstaaten nichtanwendbarDie Europäische Menschenrechtskonvention ist nicht aufVisaanträge anwendbar, die in einer Botschaft oder einemKonsulat in einem Drittstaat gestellt werden. Dies befanddie Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs fürMenschenrechte (EGMR) in der RechtssacheM.N. ua gegenBelgien und erklärte die Beschwerde für unzulässig.Die Antragsteller, eine vierköpfige syrische Familie aus Alep-po, stellten im Sommer 2016 bei der belgischen Botschaft inBeirut Visaanträge aus humanitären Gründen. Die Familiehoffte dadurch, dem syrischen Bürgerkrieg zu entkommen,und plante, nach Ankunft in Belgien Asylanträge zu stellen.Nach einem letztlich erfolglosen Verfahren vor den belgischenBehörden und Gerichten reichte sie im Jänner 2018 Beschwer-de beim EGMR ein und machte geltend, durch die Ablehnungin ihren Rechten aus Art 3 (Verbot der Folter), Art 13 (Rechtauf wirksame Beschwerde) und Art 6 Abs 1 EMRK (Recht aufein faires Verfahren) verletzt zu sein, da sie durch die Entschei-dung der belgischen Behörden der Gefahr der unmenschli-chen Behandlung und Folter ausgesetzt würden.Der Gerichtshof stellte jedoch fest, dass die Konvention gemArt 1 ihren Anwendungsbereich hinsichtlich der Art 3 und13 EMRK auf Personen beschränkt, die der Gerichtsbarkeitder Vertragsstaaten unterstehen. Dies treffe auf die Antrag-steller im vorliegenden Fall nicht zu, da sie sich niemals aufbelgischem Gebiet aufgehalten hätten und auch sonst keiner-lei Verbindung zu dem Land nachweisen konnten. Die Juris-diktion gem Art 1 EMRK könne nicht allein durch ein Ver-waltungsverfahren begründet werden, das private Individuenaußerhalb des Gebietes des betroffenen Staates initiiert ha-ben, ohne irgendeine Verbindung mit diesem Staat aufzuwei-sen. Ansonsten würde diese zu einer nahezu universellen An-wendung der EMRK und unbegrenzten Verpflichtungen fürKonventionsstaaten auf Grundlage der unilateralenWahl vonPrivatpersonen führen, unabhängig von deren Aufenthalt.Auch Art 6 EMRK ist laut der vorliegenden Entscheidungnicht einschlägig, da die Einreise in belgisches Staatsgebietkeinen zivilrechtlichen Anspruch iS der Norm darstelle.EGMR 5. 5. 2020 (GK), 3599/18, M.N. ua vs Belgien. RH

Beihilfenrecht

2020/189

EuGH: Generalanwalt empfiehlt AbweisungÖsterreichs Rechtsmittel zu Hinkley Point CGeneralanwalt Hogan hat in seinen Schlussanträgen emp-fohlen, dass der Gerichtshof Österreichs Rechtsmittel imRechtsstreit über staatliche Beihilfen des Vereinigten Kö-nigreichs abweisen sollte. Das Gericht habe die Nichtig-keitsklage gegen den Beschluss der Kommission über die

Genehmigung der vom Vereinigten Königreich gewährtenBeihilfemaßnahmen für den Bau des Kernkraftwerks Hin-kley Point C zu Recht abgewiesen.GeneralanwaltHogan führte aus, dass dem Euratom-Vertragderselbe Rang als Primärrecht der Union zukomme wie demVertrag über die Europäische Union (EUV) und dem Ver-trag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).Beide Verträge seien in allen vom Unionsrecht erfassten Be-reichen anwendbar, die im Euratom-Vertrag nicht geregeltseien. Da sich im Euratom-Vertrag keine Regelung überstaatliche Beihilfen finde, erscheine es angemessen, die Be-stimmungen des AEUV überWettbewerb und staatliche Bei-hilfen auf den Kernenergiesektor anzuwenden.Ferner sei die Entwicklung der Kernkraft, wie im Euratom-Vertrag zum Ausdruck komme, ein klar definiertes Ziel desUnionrechts, und dieses Ziel könne anderen Zielen des Uni-onsrechts wie etwa dem Umweltschutz nicht untergeordnetsein. Zudem werde mit dem klaren Wortlaut des Vertragsdas Recht jedes Mitgliedstaats anerkannt, zwischen verschie-denen Energiequellen zu wählen und die Struktur seinerEnergieversorgung zu bestimmen. Dieses Recht umfasse not-wendigerweise das Recht jedes Mitgliedstaats, die Kernkraftals Teil seiner Energieversorgung zu entwickeln.Nach Auffassung von Generalanwalt Hogan hatte das Ge-richt in seinerWürdigung zu Recht befunden, dass der Kom-mission umfangreiche Beweise dafür vorgelegen hätten, dassder Markt entweder nicht Willens oder nicht in der Lage ge-wesen sei, das Vorhaben Hinkley Point C ohne die vom Ver-einigten Königreich gewährten Beihilfen zu finanzieren.Die Kommission habe im Beihilfenrecht nur zu prüfen, ob diefragliche staatliche Maßnahme als mit dem Binnenmarkt ver-einbar angesehenwerden kann. Diese Aufgabe bestehe imWe-sentlichen in der Prüfung der Vereinbarkeit der in Rede ste-henden Beihilfe mit denWettbewerbsregeln und dem Binnen-markt, nicht aber mit den Umweltschutzregeln als solchen.EuGH 7. 5. 2020, Schlussanträge des Generalanwalts zuC-594/18 P, Österreich/Kommission. RH

Energiepolitik und Prozessrecht

2020/190

EuG: Klagen von Nord Stream gegen RL 2019/692unzulässigDas Gericht erklärte die Klagen für unzulässig, die von derNord Stream AG und der Nord Stream 2 AG gegen die RL2019/692 erhoben wurden. Individual-Nichtigkeitsklagenerfordern unmittelbare und individuelle Betroffenheit iSvArt 263 Abs 4 AEUV.Die Nord Stream AG besitzt und betreibt die Gasfernleitung„Nord Stream 1“, die zur Durchleitung von Gas zwischenWyborg (Russland) und Lubmin (Deutschland) dient. Siewurde im Jahr 2012 fertiggestellt.Die Nord Stream 2 AG ist mit dem Bau der parallel zurGasfernleitung „Nord Stream 1“ verlaufenden Gasfernlei-tung „Nord Stream 2“ betraut, der im Jänner 2017 begann.

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Europarecht kurz & bündig

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Am 17. 4. 2019 erließen das Parlament und der Rat die RL2019/692 (im Folgenden: RL-Novelle) zur Novellierung derRL 2009/73 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgas-binnenmarkt. Sie trat am 23. 5. 2019 in Kraft und war vonden Mitgliedstaaten bis zum 24. 2. 2020 umzusetzen.Ab dem Inkrafttreten der RL-Novelle unterliegen Betreibervon Gasfernleitungen (wie die Klägerinnen) mit einem Teilihrer Leitungen, und zwar dem Teil, der sich zwischen ei-nem Mitgliedstaat und einem Drittland bis zum Hoheitsge-biet der Mitgliedstaaten oder im Küstenmeer des Mitglied-staats befindet, der RL 2009/73 und den nationalen Vor-schriften zu ihrer Umsetzung. Dies bedeutet für die Betrei-ber insb, dass sie zur Entflechtung der Fernleitungsnetzeund der Fernleitungsnetzbetreiber sowie zur Schaffung ei-nes Systems für den nichtdiskriminierenden Zugang Dritterzum Fernleitungs- und Verteilernetz auf der Grundlage ver-öffentlichter Tarife verpflichtet sind.Die Klägerinnen machten geltend, dass sie durch die neuenVerpflichtungen die organisatorische, unternehmerischeund vertragliche Struktur völlig umstellen müssten und da-durch die Finanzierungsgrundlage unterminiert würde.Das Gericht stellte jedoch fest, dass die Klägerinnen von derRL-Novelle nicht unmittelbar betroffen seien. Diese würdenerst mittels der von den Mitgliedstaaten getroffenen odernoch zu treffenden nationalen Maßnahmen zur Umsetzungdieser RL den Verpflichtungen der RL-Novelle unterwor-fen. Bei der Umsetzung dieser Vorschriften verfügten dienationalen Regulierungsbehörden über ein weites Ermessenhinsichtlich der Gewährung von Ausnahmen und den et-waigen besonderen Bedingungen, von denen sie abhängiggemacht werden können.EuG 20. 5. 2020, T-526/19 und T-530/19, Nord Stream 2 AGund Nord Stream AG/Parlament und Rat RH

Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

2020/191

EuGH: Verwahrung von Asylwerbern in derTransitzone Röszke als Haft einzustufenAfghanische bzw iranische Staatsangehörige, die über Serbiennach Ungarn eingereist waren, hatten an der serbisch-ungari-schen Grenze in der Transitzone Röszke Asyl beantragt. DieAnträge wurden abgelehnt und Entscheidungen über dieRückkehr nach Serbien erlassen. Serbien verweigerte die Über-nahme jedoch, da die Voraussetzungen des mit der Union ge-schlossenen Rückübernahmeabkommens nicht erfüllt seien.Der Gerichtshof entschied nun, dass die Verwahrung derAsylbewerber in der Transitzone Röszke als Haft einzustu-fen ist, da es eine Zwangsmaßnahme sei, mit der die Bewe-gungsfreiheit der betroffenen Personen nicht lediglich ein-geschränkt, sondern völlig aufgehoben wird, indem sie dazugezwungen werden, dauerhaft in einem eingegrenzten, ge-schlossenen Bereich zu bleiben. Insb könnten die betroffe-nen Personen die Transitzone aus eigenen Stücken recht-mäßig in keine Richtung verlassen.

Weiters hat der Gerichtshof entschieden, dass nach Art 8AufnahmeRL bzw Art 15 RückführungsRL weder Personen,die internationalen Schutz beantragten, noch Drittstaatsan-gehörige, die Gegenstand einer Rückkehrentscheidung sind,allein deshalb in Haft genommen werden können, weil sienicht in der Lage sind, für ihren Unterhalt zu sorgen. Au-ßerdem müsse vorher eine entsprechende Anordnung ge-troffen werden, in der die Gründe für die Haft angegebenund die Erforderlichkeit und die Verhältnismäßigkeit einersolchen Maßnahme geprüft worden sind.Der Gerichtshof hat ferner entschieden, dass bei Personen,die internationalen Schutz beantragen, Art 9 AufnahmeRLnicht verlangt, dass die Mitgliedstaaten eine Höchstdauerder Haft festlegen. Das nationale Recht müsse jedoch gewähr-leisten, dass die Haft nur solange dauert, wie der Grund, dersie rechtfertigt, gegeben ist, und dass die Verwaltungsverfah-ren in Bezug auf diesen Grund mit der gebotenen Sorgfaltdurchgeführt werden. Für Drittstaatsangehörige, die Gegen-stand einer Rückkehrentscheidung sind, hat der Gerichtshofentschieden, dass sich aus Art 15 der RückführungsRL ergibt,dass die Haft, selbst wenn sie verlängert wird, 18 Monatenicht überschreiten darf und nur so lange aufrechterhaltenwerden darf, wie die Abschiebungsvorkehrungen laufenund mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt werden.Bei der Haft von Personen, die internationalen Schutz bean-tragen, kommt unter den besonderen Bedingungen einerTransitzone ferner Art 43 der VerfahrensRL zum Tragen.Danach können die Mitgliedstaaten Personen, die interna-tionalen Schutz beantragen, zwingen, an der Grenze oderin Transitzonen zu bleiben, ua damit vor der Entscheidungüber das Recht der Antragsteller auf Einreise in das Hoheits-gebiet des Mitgliedstaats geprüft werden kann, ob der Antragüberhaupt zulässig ist. Eine Entscheidung müsse jedoch in-nerhalb von vier Wochen ergehen. Sonst muss der Mitglied-staat dem Antragsteller die Einreise in sein Hoheitsgebiet ge-statten und den Antrag im normalen Verfahren bearbeiten.EuGH 14. 5. 2020, verb Rs C-924/19 PPU und C-925/19PPU, FMS ua/Országos Idegenrendeszeti FőigazgatóságDél-alföldi Regionális Igazgatóság und Országos Idegenren-deszeti Főigazgatóság. RH

österreichisches anwaltsblatt 07-08_2020

401

Europarecht kurz & bündig

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Aktionsplan zur Bekämpfung von Geldwäscheund TerrorismusfinanzierungEU-Überwachungsbehörde könnte Selbstverwaltung gefährden

D ie Europäische Kommission hat Anfang Mai einenAktionsplan zur Bekämpfung von Geldwäsche und

Terrorismusfinanzierung vorgelegt. Aus anwaltlicher Sichtist der Plan zur Schaffung einer EU-Überwachungsbehör-de von besonderem Interesse, da diese auch derzeit durchdie Rechtsanwaltskammern wahrgenommene Aufgabenübernehmen könnte. Daneben sollen zumindest Teile derbisherigen Regelungen zur Bekämpfung von Geldwäscheund Terrorismusfinanzierung in eine direkt anwendbareVerordnung (anstelle bisher Richtlinien) überführt werden.Der ÖRAK hatte bereits in Reaktion auf die zuvor von derEuropäischen Kommission veröffentlichte Roadmap zumAktionsplan in einer Stellungnahme auf die Besonderheitender anwaltlichen Selbstverwaltung und rechtsstaatliche Er-wägungen hingewiesen.

Im Rahmen des vorgelegten Aktionsplans zeigt die EU-Kommission verschiedene Wege auf, wie die Bekämpfungvon Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung nach ihrerAuffassung noch effektiver gestaltet werden könne, einzelnekonkrete Gesetzgebungsvorschläge werden folgen.

Im Hinblick auf die Einrichtung einer EU-Überwa-chungsbehörde erwägt die Europäische Kommission ver-schiedene Optionen. Unter anderem, dieser Überprü-fungskompetenzen wie Kontrolle von Dokumentation,Transaktionen und Kunden einzuräumen. Daneben sindverschiedene Verhältnisse zu nationalen Überwachungsbe-hörden möglich. Es wird noch nicht angekündigt, ob allebzw. welche Sektoren betroffen sein werden, zu beachtenist aber die Einordnung der Rechtsanwaltschaft als Berufs-gruppe mit hohem Risiko im Rahmen des sogenanntenSupranational Risk Assessment. Die am wenigsten weitrei-chende Maßnahme, das heißt allein den Finanzsektor ei-ner EU-Überwachungsbehörde zu unterstellen, wird vonder Kommission als nicht ausreichend effektiv eingestuft.Bis zum ersten Quartal 2021 soll ein konkreter Vorschlagnach Analyse der verschiedenen Möglichkeiten vorgelegtwerden.

Die Europäische Kommission weist in ihrem Aktions-plan erneut auf die aus ihrer Sicht zu fragmentierte Umset-zung der Geldwäscheregelungen hin. Dabei kritisiert sieerstmals das sog Gold-Plating, dh über die notwendigeUmsetzung hinausgehende Verpflichtungen im nationalenRecht. Noch recht unklar ist allerdings das Ziel, ein einheit-liches „Rulebook“ bis zum ersten Quartal 2021 zu erstellen.Auffällig ist, dass die EU-Kommission offensichtlich nichtmehr wie gewohnt zwischen dem Finanzsektor und anderenSektoren unterscheiden möchte. Um Abweichungen in derAuslegung und Anwendung der geltenden Regelungen zu

vermeiden, sollen darüber hinaus bestimmte Teile der Geld-wäscherichtlinien in eine direkt anwendbare Verordnungüberführt werden. Diese solle mindestens folgende Bereicheabdecken: Liste der verpflichteten Einrichtungen, Custo-mer-Due-Diligence-Vorschriften, interne Kontrollen, Be-richtspflichten sowie Regelungen zu Registern von wirt-schaftlichen Eigentümern und zentralen Bankkontenme-chanismen. Auch ein harmonisierter Ansatz zur Identifika-tion von „politisch exponierten Personen“ solle überdachtwerden. Mehr Details zu Struktur und Aufgaben der Über-wachung im Hinblick auf verpflichtete Einrichtungen unddie FIUs sollten vorgegeben werden. Schlussendlich wirddie Ermächtigung der Kommission, detailliertere Regelun-gen durch delegierte Rechtsakte zu erlassen, erwogen.

Auch die Kooperation der Financial Intelligence Unitsuntereinander soll verbessert werden, ggf könne hier die ge-plante neue EU-Überwachungsbehörde eine Koordinie-rungs- und Unterstützungsfunktion übernehmen. Ver-schiedene Modelle sollen evaluiert werden, inklusive Mög-lichkeiten, gemeinsame (europaweite) Beschlüsse in dele-gierten Rechtsakten der Kommission widerzuspiegeln.

Weiters möchte die EU-Kommission ebenfalls einenVorschlag zu Public Private Partnerships im Hinblickauf finanzielle Erkenntnisse im ersten Quartal 2021 vorle-gen. Es gehe hier um den Austausch zwischen Strafverfol-gungsbehörden, FIUs und dem privaten Sektor. Dabei kön-ne es um generelle Trends gehen, aber auch um Informa-tionen zu konkreten Verdächtigen an verpflichtete Ein-richtungen.

Auf internationaler Ebene plant die Kommission einebessere Koordinierung der Mitgliedstaaten, um mit einerStimme in der FATF zu sprechen. Mittelfristig könntendie Mitgliedstaaten die Kommission ermächtigen, diese inder FATF zu vertreten.

Der ÖRAK bringt sich zum veröffentlichten Aktionsplangegenüber den EU-Institutionen und auf nationaler Ebeneein.

BRITTA KYNAST

Leiterin ÖRAK-Vertre-tung in Brüssel. Die Au-torin ist in Deutschlandzugelassene Rechtsan-wältin.

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Europa aktuell

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EuGH zu Freier Anwaltswahl imMediationsverfahren

Am 14. 5. hat der Europäische Gerichtshof in derRechtssache C-667/18 entschieden, dass Rechtsschutz-

versicherte ihr Recht auf freie Anwaltswahl auch dann aus-üben können, wenn sie gerichtliche oder außergerichtlicheMediation in Anspruch nehmen.

Bei dem Vorabentscheidungsersuchen des belgischenVerfassungsgerichts (Grondwettelijk Hof), an dem die belgi-schen Anwaltskammern (Orde van Vlaamse Balies und derOrdre des barreaux francophones et germanophone) betei-ligt waren, geht es um die Auslegung des Begriffs „Gerichtsoder Verwaltungsverfahren“ iSd Art 201 Abs 1 lit a derRichtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments unddes Rates v 25. 11. 2009 betreffend die Aufnahme und Aus-übung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätig-keit. Vom vorlegenden Gericht wurde die Vorlagefrage ge-stellt, ob der Begriff „Gerichtsverfahren“ iS dieser Bestim-mung ein gerichtliches oder außergerichtliches Vermitt-lungsverfahren umfasst, an dem ein Gericht beteiligt istoder werden kann, sei es bei der Einleitung oder nach Ab-schluss dieses Verfahrens. Das belgische Recht sah vor, dassdas Recht auf freie Anwaltswahl dem Rechtsschutzversicher-ten bei einem Schiedsverfahren zukomme, aber es keine freieAnwaltswahl bei einem Vermittlungsverfahren gebe (Rz 15).

ImUrteil legt der EuGH fest, dass Art 201Abs 1 lit a dahinauszulegen sei, dass der in dieser Bestimmung genannte Be-griff „Gerichtsverfahren“ gerichtliche und außergerichtlicheMediationsverfahren umfasst, an denen ein Gericht beteiligtist oder beteiligt sein kann, und zwar unabhängig davon, obdiese Vermittlungsverfahren zum Zeitpunkt der Einleitungoder nach dem Abschluss des Verfahrens durchgeführt wer-den und schließt sich somit den Schlussanträgen des General-anwalts an. Dadurch wird die vor dem EuGH vertretene Posi-tion der belgischen Anwaltskammern bestätigt und entschie-den, dass die freie Wahl eines Rechtsanwalts, wie sie bei derVerwendung von Rechtsschutzverträgen gewährleistet ist,dem Versicherten auch für außergerichtliche oder gerichtli-che Mediationsverfahren garantiert werden sollte.

Laut EuGH solle der Anwendungsbereich der Richtlinieweit ausgelegt werden, um einen angemessenen Schutz unddie Rechte des Versicherten zu gewährleisten, zu denen dasRecht auf Wahl eines Rechtsvertreters gehöre (siehe Rz 26und Rz 38–40). Der Gerichtshof legt zudem fest, dass es in-kohärent wäre, wenn das EU-Recht die Anwendung alterna-tiver Methoden der Streitbeilegung fördere und gleichzeitigdie Rechte von Einzelpersonen, die beschließen, sich auf die-se Methoden zu berufen, einschränken würde (siehe Rz 41).

JESSICA KÖNIG

Juristischer Dienst undÖRAK-Vertretung inBrüssel.

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österreichisches anwaltsblatt 07-08_2020

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Europa aktuell

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Der geerdete DemokratSeit Jahresbeginn ist Mag. Georg Bürstmayr einer von 26 Nationalratsabgeordneten der Grünen imParlament und in seiner Partei Sprecher für Inneres, Sicherheit und Asylpolitik. Im Zivilberuf ist erRechtsanwalt mit Spezialisierung auf Grund- und Freiheitsrechte.

D er Beginn seiner politischen Laufbahn liegt bei GeorgBürstmayr noch nicht allzu lange zurück. Zwar hatte

der Rechtsanwalt bereits in den 90er-Jahren immer wiederim Rahmen von Begutachtungen und Stellungnahmen mitden Grünen zusammengearbeitet, zu einer Kandidatur imNationalrat entschloss er sich allerdings erst 2013. Damalsnoch auf einem „unwählbaren“ Listenplatz angetreten, hatteer 2017 bedeutend bessere Chancen, jedoch schaffte die Par-

tei den Einzug ins Parlament nicht. Im dritten Anlaufklappte es schließlich. Bürstmayr übernahm das Mandatder zur Justizministerin berufenen Parteikollegin Alma Za-dić und rückte mit 9. 1. 2020 neu in den Nationalrat nach,wo er ua Obmann-Stv des Immunitätsausschusses ist unddem Ausschuss für innere Angelegenheiten angehört.

Beruf RechtsanwaltDie Kanzlei des 57-Jährigen befindet sich wie auch seinWohnsitz am Alsergrund und ist auf Fremden- und Asyl-recht, Strafrecht, Verfassungs- und Verwaltungsrecht undeben Menschenrechts- und Grundrechtsschutz spezialisiert.„In die Anwaltsschule gegangen“ ist Bürstmayr wie einigeandere bekannte Menschenrechtsanwälte als Konzipientbei Dr. Thomas Prader. Seit 1997 führt der gelernte Wieneraus oberösterreichischem Elternhaus seine eigene Kanzlei,in der er momentan selbst einen Konzipienten beschäftigt.Dass er die Anwaltslaufbahn einschlagen würde, war fürBürstmayr schon während der Gerichtspraxis klar: „Partei

zu ergreifen und Argumente für eine Seite vorzubringenliegt mir viel mehr als die strikte Neutralität, die das Rich-teramt braucht“.

Das Recht bezeichnet er selbst als die „Sprache derMacht“, die er in seinem Fall als Rechtsvertreter zB in zahl-reichen Asylverfahren gegen staatliche Institutionen richtenmuss. Dies brachte ihn 2004 in eine prekäre Situation, alssich er und seine Kollegin Nadja Lorenz in Ausübung ihrerrechtsanwaltlichen Tätigkeit mit Anzeigen wegen Schleppe-rei und Aufruf zum Ungehorsam gegen Gesetze konfron-tiert sahen, die jedoch schon nach wenigen Tagen eingestelltwaren. Die Geschichte führte zu einer Erwähnung im Jah-resbericht von Amnesty International („Das war schon et-was schräg: als Anwalt, der politisch Verfolgte vertritt, aufeinmal selbst als Verfolgter angeführt zu werden“, schmun-zelt er heute noch) und zur Verleihung des Dr. Bruno Kreis-ky Preises für Verdienste um die Menschenrechte. Von2000 bis 2012 war Bürstmayr Leiter einer Kommission desMenschenrechtsbeirates im BMI, eine Funktion, die ihmdamals mehr wegen als trotz seiner kritischen Haltung ge-genüber dem Ministerium eingeräumt wurde.

Berufung NR-AbgeordneterDie Doppelrolle Anwalt und Parlamentarier ist nur durchein gut eingespieltes Kanzleiteam möglich. Dazu kommtnoch die unerwartete Riesenaufgabe „Corona“. Mehr alsdoppelt so viel an Gesetzestext wie 2019 wurde allein wäh-rend der Krise produziert, vieles unter massivem Zeitdruck.Bürstmayr ist klar, dass bei so hohem Tempo Fehler passie-ren können („Als Anwalt wäre es derzeit für mich schonverlockend, das eine oder andere Gesetz anzufechten“), alsParlamentarier hat Bürstmayr seine Sichtweise auf die Le-gistik der Vorgänger-Regierungen durch diese Erfahrungenetwas relativiert. Und als Kleinunternehmer zeigt er Ver-ständnis für die Ängste und den Ärger der Unternehmer-schaft in der aktuellen Situation: „In den ersten Tagen desLockdowns wusste ich auch nicht, ob ich meine Kanzleidurchbringe, da war erst mal alles aus“. Mittlerweile sinddie größten Sorgen jedoch überwunden und Bürstmayr wei-terhin als selbständiger Rechtsanwalt tätig. Das ist ihm auchwichtig, um beide Füße auf der Erde zu behalten und eineAbhängigkeit gegenüber der Partei zu vermeiden. AlsRechtsanwalt ist er es gewohnt, unbeeinflusst zu arbeiten,und wird sich weiterhin auch mit positiver Kritik im Inter-esse der Kollegenschaft in die Regierungsarbeit einbringen.

CHRISTIAN MOSERÖRAK, Juristischer Dienst

Gemeinsam mit Kollegin Nadja Lorenz bekam Georg Bürstmayr 2005 den Dr. Bruno KreiskyPreis für Verdienste um die Menschenrechte verliehen. Foto: privat

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Portrait des Monats

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406 Grundrechte in der Krise

412 Die COVID-19-Krise: Ein Paradigmenwechsel im Datenschutzrecht?

415 Von der „Digitalisierung“ zu „Corona“ und umgekehrt

417 Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 gegen genesenePersonen

419 Berufssportgesetz: Die Krise als Chance?

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Abhandlungen

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Grundrechte in der KriseGrundrechtliche Maßstäbe für das COVID-19-Recht

Der Titel dieses Beitrags kann im doppelten Sinn verstanden werden, entweder iS einer „Krise der Grundrechte“ oderiS derWirkkraft von Grundrechten in einer Krise. Im vorliegenden Beitrag soll daran erinnert werden, dass die Grund-rechte auch und gerade in der COVID-19-Krise ihre ganze Kraft entfalten, dem Staatshandeln inhaltliche Schranken zusetzen.

I. EINLEITUNG

In der COVID-19-Krise wurden grundrechtliche Positio-nen geradezu schlagartig und so einschneidend einge-schränkt, wie es noch wenige Monate zuvor nahezu unvor-stellbar gewesen wäre. Welche dieser Maßnahmen grund-rechtskonform und welche grundrechtswidrig waren, be-schäftigt den Rechtsstaat schon jetzt intensiv und wohlauch noch länger. Die Grundrechtsfragen liegen derzeitauf der Straße. Sie sind so umfassend und detailreich, dassihnen im Folgenden nur beispielhaft nachgegangen werdenkann. In erster Linie sollen die zentralen grundrechtlichenMaßstäbe identifiziert werden, die bei der Abarbeitung derzahlreichen Einzelfragen als Leitlinien dienen können.

II. GRUNDRECHTE IM (STAATS-)NOTSTAND

Die Corona-Krise ist kein Staatsnotstand im herkömmli-chen Sinn dieses Begriffes,1 sondern zunächst ein sanitäts-polizeilicher Ausnahmezustand.2 Für diesen soll in ersterLinie das Sanitätsrecht3 (und hier im Besonderen das Epi-demieG) Vorsorge treffen. Und tatsächlich entspricht dieSituation einer sich pandemisch ausbreitenden Infektiongerade jenen historischen Bedrohungslagen, denen das Epi-demieG abhelfen soll.4 Die im EpidemieG vorgesehenenMaßnahmen wären an sich auch immer noch geeignet,die Bevölkerung vor einer unkontrollierten Verbreitung ei-ner Infektionskrankheit zu schützen.5 Nichtsdestowenigerwurde in Österreich nur zu Beginn der COVID-19-Pande-mie auf die Instrumente des EpidemieG zurückgegriffen.6

Das gewaltige Ausmaß der COVID-19-Pandemie und vorallem die gewaltigen Auswirkungen der Pandemie-Bekämp-fung nicht nur für das Gesundheitssystem, sondern auch fürdas Wirtschafts- und Sozialleben brachten das bestehendeSanitätsrecht an seine Grenzen.7 Die Krise war zwar keinStaatsnotstand, sie hätte sich aber zu einem Staatsnotstandauswachsen können, und zwar in der Erscheinungsform ei-nes „sozialen Notstands“, verstanden als schwere Störungdes nationalen Lebens, die den Staat als Sozialgebilde exis-tentiell bedroht.8

Eines hatte die Rechtssetzung in der COVID-19-Krisemit jener im Staatsnotstand aber gemeinsam: Sie bedientesich notstandstypischer Rechtssetzungstechniken. Geradebei den Schlüsselmaßnahmen zur Eindämmung der Pande-mie zog sich der Gesetzgeber darauf zurück, mit dem CO-VID-19-MaßnahmenG9 weitreichende Verordnungser-

mächtigungen zu Gunsten des BMSGPK zu schaffen, umdiesem die Detailmaßnahmen zu überlassen. Darin mani-festiert sich ein typisches Element des Staatsnotstands-rechts, die Balance der Staatsgewalten notwendigenfallsvon der Legislative auf die Exekutive zu verlagern, die durchdie Rechtssatzform der Verordnung rascher handlungsfähigist. Durch die Verordnungsermächtigung zu Gunsten desBMSGPK wurden zugleich österreichweit einheitliche Rege-lungen ermöglicht; auch diese Rechtsvereinheitlichungsten-denz hat Vorbilder im Staatsnotstandsrecht.10

Was die Grundrechte betrifft, kennt das Staatsnot-standsrecht im Allgemeinen drei Formen, wie die mituntergegenläufigen Anliegen der effizienten Notstandsbekämp-fung und der Grundrechte zum Ausgleich gebracht werdensollen:11 Bei einigen Grundrechten bleiben gewisse not-standsrelevante staatliche Maßnahmen von vornhereinvom Schutzbereich des Grundrechts ausgenommen.12 Beianderen Grundrechten werden die Gesetzesvorbehalte umspezifische notstandsbezogene Tatbestände angereichert,wodurch dem einfachen Gesetzgeber die Möglichkeit einerweiterreichenden Einschränkung dieser Grundrechte in

1 Von einem Staatsnotstand wird gesprochen, wenn die Ausübung derStaatsgewalt als Prozess der Erzeugung und Vollziehung von Rechtsnormenin einer seiner Phasen unmöglich gemacht, erheblich behindert oder ernst-haft bedroht ist; vgl Koja, Der Staatsnotstand als Rechtsbegriff (1979) 21.Allein wenn man nur den Rechtsstoff betrachtet, der sich in den MonatenMärz bis Mai im BGBl angesammelt hat, wird von einer Krise der Rechtser-zeugung gewiss nicht die Rede sein können. Eher im Gegenteil wurde mehr-fach unter Beweis gestellt, mit welcher Geschwindigkeit notwendigenfallsRecht geschaffen werden kann, auch durch den Gesetzgeber; s dazu etwaFucik/Lehofer, 2. COVID-19-Gesetz – Gesetzgebung im Schnelldurchlauf,ÖJZ 2020, 289 (289).2 Ebenso Stöger, Der Rechtsstaat ist gesund und soll auch nicht erkranken,DiePresse 2020/12/03.3 Siehe zu den Regelungsgegenständen und -zwecken des Sanitätsrechts all-gemein Hummelbrunner, Sanitätsrecht, in Resch/Wallner (Hrsg), HandbuchMedizinrecht2 (2015) 1165 (1168).4 So treffend Kopetzki, Der Rechtsstaat funktioniert sehr gut, CuRe 2020/21.5 VglHummelbrunner in Neumayr/Resch/Wallner (Hrsg), Gmundner Kom-mentar zum Gesundheitsrecht (2016) EpG 1950 Einleitung Rz 2.6 Siehe zB die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck gem § 6iVm § 24 EpidemieG v 15. 3. 2020.7 Vgl insb IA 396/A 27. GP 10 (zum COVID-19-MaßnahmenG): „Mit demFortschreiten der Pandemie hat sich jedoch herausgestellt, dass die Maßnah-men des Epidemiegesetzes 1950 nicht ausreichend bzw. zu kleinteilig sind, umdie weitere Verbreitung von COVID-19 zu verhindern.“8 Koja, Staatsnotstand 26f.9 BGBl I 2020/12 idF BGBl I 2020/23.10 Vom Regelungszweck vergleichbar ist insoweit das „Bundesnotrecht“ aufder Grundlage des Art 10 Abs 1 Z 15 B-VG („aus Anlass eines Krieges oder imGefolge eines solchen zur Sicherung der einheitlichen Führung der Wirtschaftnotwendig erscheinende Maßnahmen, insbesondere auch hinsichtlich der Ver-sorgung der Bevölkerung mit Bedarfsgegenständen“).11 Siehe dazu bereits Fister, Staatsnotstandsrecht in Österreich, in Zwitter(Hrsg), Notstand und Recht (2012) 160 (173).12 ZB Art 4 Abs 3 lit c EMRK: „jede Dienstleistung im Falle von Notständenund Katastrophen, die das Leben oder das Wohl der Gemeinschaft bedrohen“,gilt nicht als Zwangs- oder Pflichtarbeit.

MATHIS FISTER

Der Autor ist Universi-tätsprofessor für Verfas-sungs- und Verwaltungs-recht an der JKU Linzund Rechtsanwalt.

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Notstandszeiten gegeben wird.13 Bei wiederum anderenGrundrechten lässt die Verfassungsordnung unter be-stimmten Voraussetzungen eine gänzliche „Suspendierung“des Grundrechts in Notstandssituationen zu.14

In der COVID-19-Krise kam es (bisher) zu keiner Sus-pendierung, wohl aber zu gravierenden Beschränkungenvon Grundrechten, solchen zumal, die in Normalzeitenschwer denkbar wären. Das heißt gewiss noch lange nicht,dass die Grundrechte durchgehend verletzt wurden. Nichtzu übersehen ist nämlich, dass in Krisenzeiten der Kanonmöglicher Rechtfertigungen von Grundrechtseingriffen er-weitert sein kann, indem sich das Gewicht des mit derGrundrechtsbeschränkung verfolgten öffentlichen Interes-ses erhöht und sich die Grenzen der Verhältnismäßigkeitnach außen verschieben; solcherart ist es denkbar, dass sichin Krisenzeiten (vorübergehend) Grundrechtsbeschränkun-gen rechtfertigen lassen, die im Normalzustand nicht recht-fertigbar wären.15 Dem ist im Folgenden nachzugehen.

III. SCHUTZPFLICHTEN,BEURTEILUNGSSPIELRAUM,GESTALTUNGSSPIELRAUM

Bei potentiell lebensgefährdenden Bedrohungen wie hierdurch eine Pandemie resultieren für den Staat Schutz-pflichten insb aus Art 2 EMRK.16 Derzeit wird beim Coro-navirus von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozentausgegangen, wobei va alte Menschen und immunge-schwächte Personen betroffen sind.17 Der Staat darf einederartige Bedrohungslage nicht schlechthin ignorieren.18

Ein umfassender Schutz des Lebens „um jeden Preis“ – etwadurch eine vollständige soziale Isolation der gesamten Be-völkerung – ist durch Art 2 EMRK aber nicht geboten.19

Der Staat ist bloß verpflichtet, angemessene (verhältnismä-ßige) Maßnahmen zum Schutz des Lebens zu ergreifen.20

Hierbei kommt ihm ein weiter Beurteilungs- und Gestal-tungsspielraum zu.21

Der Beurteilungsspielraum umfasst sowohl die medizi-nische Einschätzung des Gefahrenpotentials des Coronavi-rus als auch die Festlegung der zu seiner Eindämmung ausmedizinischer Sicht erforderlichen Maßnahmen. Die staat-lichen Organe können hierbei einen medizinischen Stand-punkt zugrunde legen, der im Lichte des jeweils aktuellenWissensstands wahrscheinlich (wenn vielleicht auch nichtmit Sicherheit) richtig ist.22 Im Rahmen der Grundrechts-prüfung ist dann zu beurteilen, ob die von den staatlichenOrganen zur Rechtfertigung der konkreten Eingriffsmaß-nahmen angeführten Gründe durchgreifen und ausrei-chen.23 Somit sind die medizinisch-fachlichen Grundlagen,auf denen der Einsatz der einzelnen Kriseninstrumente ba-siert, letztlich gegenüber dem VfGH darzulegen und zuplausibilisieren.24

Bei der Entscheidung, welche Ziele der einfache Gesetz-geber mit seinen Regelungen verfolgt, ist ihm innerhalb derSchranken der Verfassung ein rechtspolitischer Gestal-

tungsspielraum eingeräumt.25 Der VfGH hat auch aner-kannt, dass der rechtspolitische Gestaltungsspielraum desGesetzgebers in Krisensituationen, in denen Neuland betre-ten werden muss, größer ist.26 Nichts anderes kann in derCOVID-19-Krisensituation gelten. Der Gesundheitsschutz,dem die Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirusdienen, ist in der Rsp des VfGH (sogar) als „schwerwiegen-des“ öffentliches Interesse anerkannt.27 Anerkannt ist auch,dass der Gesetzgeber grundsätzlich berechtigt ist, dem Ge-sundheitsschutz „umfassend zum Durchbruch zu verhel-fen“.28 Der Gesetzgeber kann sich somit aufgrund seinesrechtspolitischen Gestaltungsspielraums zu weitergehendenMaßnahmen des Gesundheitsschutzes als jenen entschei-den, die zur Erfüllung grundrechtlicher Schutzpflichten mi-nimal erforderlich sind.

Als Zwischenergebnis lässt sich somit festhalten: DerStaat hat einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich des Be-drohungspotentials des Coronavirus und einen rechtspoliti-schen Gestaltungsspielraum, wie er auf dieses Bedrohungs-potential reagiert. Dieser Gestaltungsspielraum ermöglichtgrundsätzlich – in den Schranken der Verfassung – auchdrastischere Maßnahmen als jene, die in Erfüllung grund-rechtlicher Schutzpflichten notwendig zu ergreifen sind.

13 Diese Fälle sind selten; s zB Art 10 StGG: „nur in Kriegsfällen“.14 Siehe Art 15 EMRK sowie Art 20 StGG aF (außer Kraft gesetzt durchArt 149 Abs 2 B-VG); dazu näher Fister, Die Notstandsverfassung vor neuenHerausforderungen – Gebietskörperschaften im wirtschaftlichen Notstand,in FS Korinek (2019) 239 (245f); ders in Zwitter, Notstand 174ff.15 Fister in Zwitter, Notstand 174.16 Ein „Grundrecht auf Gesundheit“ ist der Bundesverfassung hingegen un-bekannt; s dazu aber auch Berka, Die Verantwortung des Staates für die me-dizinische Versorgung, RdM 2019, 227.17 www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavi-rus—Haeufig-gestellte-Fragen/FAQ–Zahlen,-Daten,-Fakten.html (abgefragtam 8. 6. 2020).18 Vgl zB EGMR 20. 3. 2008, 15339/02 ua, Budayeva (fehlender Katastro-phenschutz – Verletzung von Art 2 EMRK).19 Siehe ebenso aus der Perspektive des GG BVerfG 12. 5. 2020, 1 BvR1027/20.20 ZB EGMR 28. 10. 1998, 87/1997/871/1083, Osman, Rz 115: „take appro-priate steps to safeguard the lives“.21 Vgl allgemein VfSlg 20.129/2016 mwN (Pkt 2.10.3. der Entscheidungs-gründe: „ein Beurteilungsspielraum der Mitgliedstaaten und in dessen Rahmenauch ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers“); speziell zuden COVID-19-Maßnahmen vgl BVerfG 12. 5. 2020, 1 BvR 1027/20 („weiterEinschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum“).22 Vgl idZ etwa VfSlg 8212/1977: „Unter diesen Umständen hat der Verord-nungsgeber den ihm vom Gesetz eingeräumten Beurteilungsspielraum nichtüberschritten, wenn er seine Entscheidung auf Grund von Überlegungen undBerechnungen trifft, die für sich bloß in Anspruch nehmen können, wahr-scheinlich (also nicht mit Sicherheit) richtig zu sein.“23 Vgl (aus der Sicht des Art 10 EMRK) EGMR 7. 12. 1976, 5493/72, Handy-side, Rn 42ff, EuGRZ 1977, 38; dazu auch VfSlg 12.103/1989.24 Siehe zur Rechenschaftspflicht gegenüber dem VfGH auch Heissl, Einschmaler Grat, DiePresse 2020/14/01.25 Vgl etwa VfSlg 12.094/1989.26 Siehe VfSlg 19.598/2011 zum Stabilitätsabgabegesetz im Gefolge der Wirt-schaftskrise 2008: „Grundsätzlich ist in diesem Zusammenhang zu berücksich-tigen, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf den konkreten Anlass für die Ein-führung und Ausgestaltung der Stabilitätsabgabe Neuland betreten musste.Die getroffene Regelung hält sich dabei offenbar im Rahmen dessen, was aufinternationaler Ebene diskutiert wird bzw. bereits in anderen Ländern reali-siert ist. Bei einer solchen Situation ist der rechtspolitische Spielraum des Ge-setzgebers wenigstens im gegenwärtigen Zeitraum ein größerer als bei einerAbgabe, deren rechtliche Konturen schon fest umrissen sind und deren Wir-kungen und Konsequenzen sich bereits ohne Schwierigkeiten ermitteln lassen.Dass die vom Gesetzgeber getroffene Regelung überhaupt untauglich wäre oderzu sachfremden, willkürlichen Ergebnissen führen würde, kann der Verfas-sungsgerichtshof nicht erkennen.“27 Vgl VfSlg 20.151/2017 (Pkt 2.4.5. der Entscheidungsgründe).28 IdS VfGH 3. 10. 2019, G 189/2019.

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Im Weiteren gilt jedoch, dass in erster Linie der Gesetz-geber den besagten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraumauszuüben hat (s gleich Pkt IV.), dass dennoch jede einzelnegrundrechtsbeschränkende Maßnahme auf ihre Rechtferti-gung hin zu prüfen ist (s Pkt V.) und dass im zeitlichenVerlauf der Krise eine Beobachtungs- und Anpassungs-pflicht besteht, die zu ehestmöglichen Lockerungen derMaßnahmen zwingt; insoweit verengt sich im Zeitverlaufauch der Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum des Ge-setzgebers (s Pkt VI.).

IV. VORMACHT DES GESETZGEBERS

Die Kompetenz, die Grenzen der Grundrechte zu konkreti-sieren, fällt dem Gesetzgeber als unmittelbar demokratischgewähltem Staatsorgan zu.29 Dass der COVID-19-Gesetzge-ber sich vielfach darauf zurückzog, die Vollziehung mitweitreichenden Verordnungsermächtigungen auszustattenund ihr insoweit in wesentlichen Aspekten das Feld zuüberlassen, wurde zuvor bereits erwähnt (s oben Pkt II.).Unbedenklich ist das selbst dann nicht, wenn man die zeit-liche Befristung der Gesetze („Sunset Clause“) berücksich-tigt (zB § 4 Abs 1 COVID-19-MaßnahmenG). Gewiss kannder Gesetzgeber die Vollziehung im Allgemeinen zu Grund-rechtseingriffen ermächtigen. Wenn aber ein Gesetz eineMaßnahme vorsieht, die in besonderer Nähe zum Eingriffin ein Grundrecht steht („eingriffsnahes Gesetz“), mussder Eingriffstatbestand besonders deutlich umschriebensein30 und sind dem Eingriff „konkrete Schranken“ zu set-zen.31

An diesem Maßstab sind die weitreichenden Verord-nungsermächtigungen des COVID-19-Gesetzgebers zumessen. Greift man exemplarisch die §§ 1 und 2 COVID-19-MaßnahmenG heraus, sind inhaltliche Vorgaben desGesetzgebers für den Verordnungsgeber zwar durchausvorhanden; es fällt aber zumindest nicht leicht, bereits ausdem Gesetz alle wesentlichen Merkmale der beabsichtigtenRegelung zu ersehen, wie es sogar bereits im Lichte desArt 18 Abs 2 B-VG erforderlich wäre32 und umso mehrmit Blick auf die erhöhten Bestimmtheitsanforderungenbei „eingriffsnahen Gesetzen“.

Um ein Beispiel zu konkretisieren: Durch § 2 Z 1 CO-VID-19-MaßnahmenG wird der Verordnungsgeber er-mächtigt, das „Betreten von bestimmten Orten“ zu unter-sagen, „soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung vonCOVID-19 erforderlich ist“. Außerdem gibt der Gesetzge-ber vor, dass sich das Betretungsverbot „auf bestimmte Zei-ten beschränken“ und darüber hinaus geregelt werdenkann, „unter welchen bestimmten Voraussetzungen oderAuflagen“ jene bestimmten Orte betreten werden dürfen(vgl § 2 Satz 3 und 4 COVID-19-MaßnahmenG). Dass essich hierbei um ein eingriffsnahes Gesetz handelt (vgl nurArt 4 StGG), steht außer Frage. Die inhaltliche Determinie-rung der Verordnung ist gleichwohl schwach. Unklar istschon, was mit der Wendung „Betreten von bestimmten

Orten“ konkret gemeint ist. Man kann diese Wendung sehreng auslegen (zB ein öffentlicher Platz in der sonst starkfrequentierten Innenstadt), genauso aber sehr weit, wie esder Verordnungsgeber letztlich auch getan hat, indem erein allgemeines österreichweites Verbot des Betretens alleröffentlicher Orte verordnet hat (vgl § 1 V BGBl II 2020/98).33 Welche zeitlichen Beschränkungen und Ausnahmenin Frage kommen, bleibt im Gesetz überhaupt offen (vglerneut § 2 Satz 3 und 4 COVID-19-MaßnahmenG). Nachalledem entstehen zumindest erhebliche Zweifel, ob der Ge-setzgeber in § 2 COVID-19-MaßnahmenG den erhöhtenBestimmtheitsanforderungen bei „eingriffsnahen“ Gesetzenentsprochen hat.

V. RECHTFERTIGUNG VONGRUNDRECHTSEINGRIFFEN

Der – unbestritten weite – Beurteilungs- und Gestaltungs-spielraum des Gesetzgebers in der COVID-19-Krise (s obenPkt II.) rechtfertigt für sich genommen noch nicht Grund-rechtseingriffe jedweder Art und Intensität. Er ist bloß einElement der Grundrechtsprüfung insgesamt.

Die Rechtfertigung konkreter Eingriffe etwa in das Rechtauf Freizügigkeit (Art 4 StGG), die Erwerbsfreiheit (Art 6StGG), die Eigentumsgarantie (Art 5 StGG, Art 1 1. ZP-EMRK) und das Recht auf Achtung des Privat- und Fami-lienlebens (Art 8 EMRK),34 wie sie bspw durch die Aus-gangsbeschränkungen35 bzw die Betriebsschließungen36 be-wirkt wurden, hängt davon ab, ob diese Maßnahmen alsverhältnismäßig angesehen werden können. Dass Aus-gangsbeschränkungen und Betriebsschließungen dem –

schwerwiegenden37 – öffentlichen Interesse des Gesund-heitsschutzes dienen und auch geeignet sind, dieses öffent-liche Interesse zu realisieren, dürfte außer Zweifel stehen.Schwieriger zu beurteilen ist, ob die Maßnahmen erforder-lich und adäquat sind, zumal sich diese Beurteilung im zeit-lichen Verlauf der Corona-Krise verändert hat. Zu Beginnder Krise, als über das Bedrohungspotential des Coronavi-rus noch wenig bekannt war, können Ausgangsbeschrän-kungen und Betriebsschließungen eher als alternativlos(und somit als erforderlich) angesehen werden als später,als sich zunehmend die Einsicht erhärtete, dass auch „Si-cherheitsvorkehrungen“ wie insb die Maskenpflicht und

29 Vgl Grabenwarter/Holoubek, Verfassungsrecht – Allgemeines Verwal-tungsrecht4 (2019) Rz 393.30 VfSlg 10.737/1985; 15.633/1999.31 VfSlg 13.785/1994.32 ZB VfSlg 11.649/1988 mwN.33 Besonders kritisch dazu Noll, Corona-Krise: Der Verordnungsstaat, Der-Standard v 25. 3. 2020; s ferner Keisler/Hummelbrunner, Epidemierecht, inResch (Hrsg), Corona-HB1.01 Kap 1 Rz 65 (Stand 15. 5. 2020, rdb.at).34 Art 8 EMRK umfasst auch das Recht, Beziehungen mit anderen Menschenund mit der Außenwelt zu begründen und zu entwickeln; vgl Öhlinger/Eber-hard, Verfassungsrecht12 (2019) Rz 812 mwN. Kontaktbeschränkungen zwi-schen Kindern und Eltern sind auch im Lichte des Art 2 Abs 1 BVG Kinder-rechte BGBl I 2011/4 grundrechtlich sensibel.35 Siehe insb die V BGBl II 2020/98 auf der Grundlage von § 2 Z 1 COVID-19-MaßnahmenG.36 Siehe insb die V BGBl II 2020/96 auf der Grundlage von § 1 COVID-19-MaßnahmenG.37 Siehe erneut VfSlg 20.151/2017 (Pkt 2.4.5. der Entscheidungsgründe).

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die Abstandsregeln ausreichend sein können. Und bei derBeurteilung der Adäquanz wird in die Abwägung des(schwerwiegenden) öffentlichen Interesses am Gesund-heitsschutz mit den (meistens ebenso schwerwiegenden)Eingriffen in die Grundrechte auch einzustellen sein, in wel-chem zeitlichen Ausmaß die Grundrechtseinschränkungenhinzunehmen sind und welche Begleitmaßnahmen getrof-fen wurden, um übermäßig schwere Härten zu vermeiden.

Ein Beispiel: Misst man die V des BMSGPK betreffendvorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitungvon COVID-19 in ihrer Stammfassung BGBl II 2020/96(mittelbar über ihre gesetzliche Grundlage in § 1 COVID-19-MaßnahmenG) an der Erwerbsfreiheit (Art 6 StGG),wird man noch eher zum Schluss gelangen können, dasSchließen von Betrieben sei verhältnismäßig gewesen. Beigegebenem öffentlichem Interesse am Gesundheitsschutzund wohl nicht zu bestreitender Geeignetheit von Betriebs-schließungen ist bei der Frage, ob diese Maßnahme dieschonendste war, zu veranschlagen, dass zumindest zu Be-ginn der COVID-19-Krise noch wenig über das Coronavi-rus und somit auch wenig über vergleichbar effektive alter-native Schutzmaßnahmen bekannt war. Zur Verhältnismä-ßigkeit der Maßnahmen mag auch beitragen, dass sie zeit-lich befristet und von begleitenden Maßnahmen flankiertwaren, die die mitunter existenzbedrohenden Auswirkun-gen immerhin abmilderten (staatliche Hilfsfonds, finanziel-le Zuschüsse etc). Aber selbst wenn man die Maßnahmenanfänglich als verhältnismäßig und somit grundrechtskon-form ansehen wollte, so zeigt sich im Lichte der weiterenEntwicklungen ein anderes Bild: Der Verordnungsgeberselbst kam im Verlauf der Zeit zur Einsicht, dass Betriebs-schließungen nicht mehr aufrechterhalten werden müssen,um einen angemessenen Gesundheitsschutz zu gewährleis-ten, sondern dass Sicherheitsvorkehrungen wie eine Mas-kenpflicht und Abstandsregeln im Handel dafür gleicher-maßen ausreichend sind. Vor diesem Hintergrund ist es je-doch im Lichte des Verhältnismäßigkeitsprinzips nicht wei-ter zu rechtfertigen, dass die Betriebsschließungen nur beikleineren Geschäften unter 400m2 aufgehoben wurden,nicht hingegen bei größeren Geschäften über 400m2.38

Dieses Beispiel führt weiter zum Gleichheitsgrundsatz(Art 7 B-VG). Wenn und soweit nämlich die gefordertenSicherheitsmaßnahmen (Maskenpflicht, Abstandregeln)auch in größeren Geschäften gewährleistet werden können,fragt sich, welche Unterschiede im Tatsächlichen sonst be-stehen mögen, die die rechtliche Ungleichbehandlungrechtfertigen könnten.39 Dies ist nur eine von zahlreichenFragen, die das COVID-19-Recht im Lichte des Gleichheits-grundsatzes aufwirft. Dass bspw einige Handels- undDienstleistungsbetriebe aufgrund der V BGBl II 2020/96 ge-öffnet bleiben durften, während andere schließen mussten,ist genauso rechtfertigungsbedürftig40 wie der Umstand,dass Betriebsschließungen auf der Grundlage von § 20 Epi-demieG nach § 32 leg cit zu entschädigen sind, währendBetriebsschließungen auf der Grundlage von § 1 COVID-

19-MaßnahmenG iVm der V BGBl II 2020/96 (zumindestnach den Absichten des einfachen Gesetzgebers) entschädi-gungslos erfolgen sollen.41 Losgelöst von diesen Einzelfra-gen, denen hier aus Umfanggründen nicht im Detail nach-gegangen werden kann, entsteht in der Krise auch die gene-relle Frage nach der Herstellung von Gleichheit bei der Las-tenverteilung. „Lastengleichheit“ verlangt danach, dass dasWohl aller nicht auf Kosten einiger weniger realisiert wer-den darf, sondern zur Verwirklichung des Gemeinwohlesjeder heranzuziehen ist, der dazu einen Beitrag leistenkann.42 Darauf wird gerade auch bei der Bewältigung derKrisenfolgen zu achten sein.

Die Rechtfertigung von Eingriffen in Art 6 EMRK undArt 47 GRC, wie sie vor allem durch die Einschränkungen(bis hin zur vereinzelten Stilllegung) der Rechtspflege er-folgten, hängt ebenfalls davon ab, ob man vorübergehendeEinschränkungen des Rechts auf Zugang zu einem Gericht(„access to court“) noch als verhältnismäßig ansehen will.43

Auch hier sind Differenzierungen notwendig. Bei nichtdringenden Verfahren könnte ein temporäres(!) Herunter-fahren des Gerichtsbetriebs allenfalls noch rechtfertigbarsein, nicht aber so in eiligen Rechtssachen (zB vorläufigerUnterhalt für Minderjährige gem § 382a EO, Gewaltschutzgem § 382b EO etc), deren sich die Gerichte unaufhörlichannehmen müssen und die daher einer vollständigen Still-legung des Gerichtsbetriebs von vornherein entgegenste-hen. Dass es im Verlauf der COVID-19-Krise dennoch zueiner faktischen Einstellung des Betriebs zumindest einzel-ner Gerichte gekommen ist, ist grundrechtlich wie rechts-staatlich nicht hinnehmbar.

Die Versammlungsfreiheit (Art 12 StGG; Art 11EMRK) wurde in der COVID-19-Krise faktisch beseitigt.44

Grundrechtlich ist dies äußerstenfalls in zeitlichen Grenzenmöglich. Jedenfalls sobald alternative Schutzvorkehrungen(zB Maskenpflicht, Abstandsregeln) mit genügender medi-zinischer Evidenz als ausreichend angesehen werden kön-nen, ist ein Aufrechterhalten der Versammlungsverbotenicht mehr rechtfertigbar. Im Text des durch die NovelleBGBl I 2020/43 neu gefassten § 15 EpG kommt dies deut-lich zum Ausdruck („Sofern und solange . . . unbedingt er-forderlich“).

Auf weitere Grundrechte, die in der COVID-19-Krisemitunter erheblich eingeschränkt wurden, kann an dieserStelle nur hingewiesen werden (zB Datenschutz, Recht aufBildung, Freiheit der Kunst, individuelle und kollektive Re-

38 Vgl die V BGBl II 2020/151.39 Siehe dazu bereits Fister/Janko/Mayrhofer/Buder/Dannerbauer/Denk/Fel-binger-Forster/Heiml,Newsletter Öffentliches Recht und Europarecht aktuell,Sonderausgabe #3 v 10. 4. 2020 – COVID-19: Aktuelle Rechtsfragen 19.40 Zumal, wenn es insoweit zu Wettbewerbsverzerrungen kommt; vgl dazunäher Fister et al, Newsletter #3, 18.41 Siehe zu letzterem etwa Keisler/Hummelbrunner in Resch, Corona-HB1.01

Kap 1 Rz 51 und 112ff.42 Vgl Pöschl, Gleichheit vor dem Gesetz (2008) 175.43 Vgl dazu etwa EGMR 19. 6. 2001, 28.249/95, Kreuz, ÖJZ 2002, 693.44 Siehe den Erlass des BMSGPK v 10. 3. 2020, 2020–0.172.682, mit dem dieBVB angewiesen wurden, auf der Grundlage von § 15 EpG das „Zusammen-strömen größerer Menschenmengen“ zu untersagen.

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ligionsfreiheit etc). Sie sind – wie die zuvor erwähntenGrundrechte – gewiss nicht absolut gewährleistet, gleich-wohl wurden sie mitunter so erheblich eingeschränkt, dassan der Frage nach der grundrechtlichen Rechtfertigung derkonkreten Einzelmaßnahmen nicht vorübergegangen wer-den kann. Aus Umfanggründen müssen diese Fragen je-doch in vertiefenden Einzelabhandlungen abgearbeitet wer-den.

Abschließend ist noch auf das in letzter Zeit vielfach zuhörende Argument einzugehen, man müsse Nachsicht mitden Normgebern haben, die unter großem Zeitdruck agie-ren mussten und um ein grundrechtskonformes Vorgehenbemüht waren. Dem Gesetzgeber und dem Verordnungsge-ber ist zuzugestehen, dass die Rechtssetzung in der Krisen-zeit von großer Dringlichkeit und Eile geprägt war, und eskann ihnen auch keineswegs unterstellt werden, die Grund-rechte dem Gesundheitsschutz schlechthin preisgegeben zuhaben. Allerdings können weder das „Bemühen“ desNormgebers um grundrechtskonforme Regelungen nochbei der Rechtssetzung etwa herrschender Zeitdruck zurRechtfertigung von Grundrechtseingriffen beitragen. DieGrundrechtskonformität einer Regelung hängt nämlichnicht vom subjektiven Verhalten ihres Urhebers, sondernvon ihrem objektiven Gehalt ab.45 Die grundrechtlichenMaßstäbe verändern sich in dieser Hinsicht also nicht.

VI. BEOBACHTUNGS- UNDANPASSUNGSPFLICHT(„NACHBESSERUNGSPFLICHT“)DES NORMGEBERS

In der Rsp des VfGH zu Art 7 B-VG ist anerkannt, dass einegesetzliche Regelung durch die Nichtanpassung an geänder-te sachliche Erfordernisse verfassungswidrig werden kann,wenn sich die Maßstäbe für die Sachbezogenheit dieser Re-gelung im Laufe der Zeit ändern.46 Gleichermaßen invali-dieren Verordnungen, wenn der Grund zu ihrer Erlassunginzwischen weggefallen oder sonst eine Änderung des Sach-verhalts eingetreten ist, mögen sie auch im Zeitpunkt ihrerErlassung gesetzmäßig gewesen sein.47 Daraus folgt eine –

allenfalls etappenweise48 – „Nachbesserungspflicht“ desGesetzgebers,49 deren Verletzung zur Invalidation der Ge-setzesbestimmung führt, und mutatis mutandis eine ent-sprechende Beobachtungs- und Anpassungspflicht desVerordnungsgebers.50 , 51

Dieselben Maßstäbe gelten im COVID-19-Recht. Die Be-obachtungspflicht des Normgebers umfasst hier insb auchdie Verpflichtung, dasWissen über das Coronavirus zu meh-ren, weil gerade davon abhängt, welche Grundrechtseingriffeweiterhin als erforderlich anzusehen sind, um eine Eindäm-mung des Virus ausreichend zu gewährleisten. Sobald ent-sprechend belastbare medizinische Evidenz vorhanden ist,ist eine (allenfalls etappenweise) Anpassung des COVID-19-Rechts iS einer „Lockerung“ der Maßnahmen52 (beisonstiger Invalidation) verfassungsrechtlich geboten.

VII. RECHTSKLARHEIT

Abgesehen von der bereits behandelten Problematik, dassder Gesetzgeber die Rechtssetzung in der Krise in (zu?) wei-tem Umfang auf die Verordnungsebene verlagert hat (soben Pkt IV.), zeichnet sich das COVID-19-Recht insge-samt nicht eben durch Klarheit aus. Ein eindrucksvollesBeispiel bildet die – praktisch wichtige wie grundrechtssen-sible – Frage, ob die V des BMSGPK gem § 2 Z 1 des CO-VID-19-MaßnahmenG, BGBl II 2020/98, private Besucheuntersagte oder nicht. Eine teleologische Auslegung des§ 2 Z 5 V cit sprach eher dafür,53 eine an Art 4 StGG undArt 8 EMRK orientierte grundrechtsfreundlichere Ausle-gung eher dagegen. Die Vollzugspraxis ging vielfach voneinem Verbot von Privatbesuchen aus und strafte bei Ver-stößen. Erst viel später – als die V schon nicht mehr in Kraftstand – sprach erstmals das LVwG NÖ aus, dass der „Auf-enthalt in privaten Räumen [. . .] zu keinem Zeitpunkt einemVerbot durch die gegenständliche Verordnung“ unterlag.54

Dem folgte zuletzt auch das VwG Wien, welches ua hervor-hob, „dass die Nichteinhaltung der genannten Bestimmungunter Strafsanktion steht, sodass der einzelne Normunter-worfene bereits zum Zeitpunkt seines Handelns klar erken-nen können muss, durch welches Verhalten er sich allenfallsstrafbar macht“.55

Damit ist die notwendige Rechtsklarheit angesprochen.Schon dem Rechtsstaatsgebot der Bundesverfassung woh-nen die Postulate der Rechtsklarheit und der Rechtssicher-heit inne.56 Hinzu tritt – bei strafbewehrten Vorschriften –

das (grundrechtliche) Klarheitsgebot des Art 7 EMRK.Rechtsklarheit kennt auch im Krisenzustand keine Ausnah-me. Vom Normadressaten muss die Abgrenzung des er-laubten vom unerlaubten Verhalten so eindeutig eingesehenwerden können, dass jeder berechtigte Zweifel über den In-halt seines pflichtgemäßen Verhaltens ausgeschlossen ist.57

In diesem Zusammenhang sind auch das unübersichtlicheDickicht an quer über die gesamte Rechtsordnung verstreu-ten Einzelregelungen sowie besonders auch die in der CO-VID-19-Krise häufig gebrauchten Erlässe kritisch zu se-hen,58 die mitunter zu erheblicher Rechtsunsicherheit ge-führt haben.59 Kritisch zu sehen ist außerdem, dass der

45 Siehe (aus dem Blickwinkel des Art 7 B-VG) VfSlg 10.090/1984 mwN.46 ZB VfSlg 11.641/1988 14.601/1996.47 ZB VfSlg 8212/1977; 19.805/2013.48 Vgl VfSlg 12.180/1989.49 Vgl auch aus deutscher Sicht Badura, Die verfassungsrechtliche Pflicht desgesetzgebenden Parlaments zur „Nachbesserung“ von Gesetzen, in FS Ei-chenberger (1982) 481 (484ff).50 ZB VfSlg 19.805/2013.51 Zum Ganzen bereits Fister, Intertemporales Recht 176f mwN (Habilita-tion Wien 2019).52 So die Terminologie der COVID-19-LockerungsV (COVID-19-LV),BGBl II 2020/197 idF BGBl II 2020/266.53 Siehe dazu Fister et al, Newsletter #3, 4 f.54 LVwG NÖ 12. 5. 2020, LVwG-S-891/001–2020.55 VwG Wien 5. 6. 2020, VGW-031/047/5718/2020.56 VfSlg 12.184/1989.57 VfSlg 14.319/1995; 17.479/2005.58 Siehe im Überblick https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus—Rechtliches.html (abgefragt am 8. 6. 2020).59 Siehe am Beispiel des Besuchsverbots in Krankenanstalten sowie Alten-und Pflegeheimen Fister et al, Newsletter #3, 16f.

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Vollziehung durch unklare Rechtsgrundlagen (zu?) weitge-hende Spielräume eingeräumt werden, und das gerade beigrundrechtssensiblen („eingriffsnahen“) Maßnahmen (s da-zu bereits oben Pkt IV.).

Bestehende Rechtsunklarheiten schließen im Lichte desArt 7 EMRK zumindest eine Bestrafung aus.60 Daraus folgtzugleich, dass ein Zustand der Rechtsunsicherheit auch denErfolg der Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Verbreitung gefährdet.Wenn nicht jedermann auf den ers-ten Blick klar ist, was er zu tun und was er zu unterlassenhat, kann dies die Effektivität der zum Gesundheitsschutzergriffenen Maßnahmen nachhaltig beeinträchtigen. Aufdiese Weise ist Rechtsunklarheit gerade auch unter dem Ge-sichtspunkt des Gesundheitsschutzes problematisch.

VIII. KONTROLLE

Der vorliegende Beitrag wurde am 8. 6. 2020 abgeschlossen,also gerade an jenem Tag, an dem die Beratungen des VfGHin der Juni-Session zum COVID-19-Recht aufgenommenwurden.61 Die gravierenderen Grundrechtseinschränkun-gen, die die erste Zeit der COVID-19-Krise geprägt haben,62

sind schon länger außer Kraft getreten. Der VfGH wirdüber ihre Rechtmäßigkeit erst im Nachhinein befinden kön-nen. Dies geschieht zwar auch sonst mit gewisser Regelmä-ßigkeit und erscheint insoweit nicht ungewöhnlich, es hataber gerade im Angesicht der Gravität der Grundrechtsein-schränkungen durch das COVID-19-Recht die Debatte neuentfacht, ob ein Eilverfahren vor dem VfGH benötigt wird,um entsprechend effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten.

In Deutschland verfügt das BVerfG über die Möglich-keit, einstweilige Anordnungen zu erlassen, mit denen ge-gebenenfalls die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teil-weise ausgesetzt werden kann (vgl § 32 iVm § 93d Abs 2BVerfGG). Wollte man rechtspolitisch ein ähnliches Modellfür den VfGH andenken,63 so würde ein Eilverfahren derdargelegten Art wohl auch hier nicht darauf hinauslaufenkönnen, eine abschließende Entscheidung vorwegzuneh-men, sondern es würde nur auf der Grundlage einer Fol-genabwägung darüber entschieden werden, ob es zumSchutz öffentlicher Interessen (hier: dem Gesundheits-schutz) eher hinnehmbar ist, den Grundrechtseingriff wei-ter aufrechtzuerhalten, oder ob umgekehrt der Gesund-heitsschutz im Einzelfall hinter der (zu weitgehenden)grundrechtsbeschränkenden Maßnahme zurückstehenmuss.64 Der VfGH würde bei dieser sensiblen Abwägungwahrscheinlich ähnlich zurückhaltend agieren wie dasBVerfG, was das Außer-Vollzug-Setzen von COVID-19-Maßnahmen betrifft, weil im Rahmen der Folgenabwägungder drohende exponentielle Anstieg der Ausbreitung desCoronavirus eben entsprechendes Gewicht hat.65 Vereinzelthatten Anträge vor dem BVerfG aber durchaus auch Er-folg.66

Es geht aber letztlich gar nicht so sehr darum, wie vieleEilanträge tatsächlich Erfolg hätten. Allein die Tatsache

nämlich, dass eine sofortige Kontrolle von Maßnahmendurch den VfGH möglich ist und diese Kontrolle notwen-digenfalls auch sofort – durch einstweilige Anordnungen –

effektuiert werden könnte, würde den Normgeber zu grö-ßerer Sorgfalt anhalten als inmitten des gegenwärtigenRechtszustands, in dem die verfassungsgerichtliche Kon-trolle regelmäßig erst sehr viel später stattfindet und somitder Normgeber mit seinen Anordnungen zumindest auf ge-wisse Dauer erreichen kann, was immer er zu erreichen be-zweckt.

Ein Eilverfahren vor dem VfGH wäre somit zwar keineWunderwaffe gegen Grundrechtsverletzungen, allemal aberein Element, das präventiv zu größerer Sorgfalt und Grund-rechtsfreundlichkeit bei COVID-19-Maßnahmen beitragenund im gravierenden Einzelfall eben doch zum Außer-Voll-zug-Setzen von evident zu weit gehenden Grundrechtsein-schränkungen führen könnte.

IX. „LERNPFLICHT“ DESGRUNDRECHTSSTAATES

Grundrechte müssen sich auch und gerade in Krisenzeitenbewähren. Die COVID-19-Krise hat den Grundrechtsstaatvor große Herausforderungen gestellt, die er letztlich gewissbewältigen wird; die Grundrechte werden sich vielleichtspät, aber doch behaupten. Das soll jedoch nicht heißen,dass es beim nächsten Mal nicht besser laufen könnte undmüsste. Der Gesetzgeber musste in der COVID-19-Krisevielfach Neuland betreten, sein Gestaltungsspielraum beider Krisenbewältigung war entsprechend größer. Einen ver-gleichbaren „Neulandbonus“ gibt es beim nächsten Mal –etwa bei einer zweiten Infektionswelle – aber nicht mehr,die grundrechtlichen Maßstäbe werden insoweit also stren-ger. Anders gewendet: Den Grundrechtsstaat trifft diePflicht, aus der COVID-19-Krise zu lernen.

60 VfSlg 14.319/1995.61 https://www.vfgh.gv.at/medien/Vorschau_Juni-Session.de.php (abgefragtam 8. 6. 2020).62 Siehe etwa die oben zitierten Verordnungen auf der Grundlage des CO-VID-19-MaßnahmenG.63 In Verfahren nach Art 139 und Art 140 B-VG ist die Zuerkennung eineraufschiebenden Wirkung derzeit nicht vorgesehen; vgl etwa VfGH26. 2. 2018, G 17/2018 ua.64 Ähnliche Überlegungen spielen derzeit nur gem § 85 Abs 2 VfGG undgem § 20a VfGG eine Rolle; vgl Eberhard in Eberhard/Fuchs/Kneihs/Vašek(Hrsg), VfGG-Kommentar (2020) § 20a Rz 4 und § 85 Rz 9ff.65 Vgl BVerfG 7. 4. 2020, 1 BvR 755/20; 10. 4. 2020, 1 BvQ 28/20;10. 4. 2020, 1 BvR 762/20; 28. 4. 2020, 1 BvR 899/20; 29. 4. 2020, 1 BvQ47/20; 1. 5. 2020, 1 BvQ 42/20; 16. 5. 2020, 1 BvQ 55/20; 11. 6. 2020, 1BvQ 66/20.66 Vgl BVerfG 15. 4. 2020, 1 BvR 828/20 (Antrag auf Erlass einer einstweili-gen Anordnung gegen Versammlungsverbot teilweise erfolgreich).

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Die COVID-19-Krise: EinParadigmenwechsel im Datenschutzrecht?Im Zeitalter der globalen Vernetzung bedingt die Bekämpfung von Pandemien auch die Nutzungvon Daten. In manchen Bereichen bedeutet dies eine Abkehr vom traditionellen datenschutz-rechtlichen Denken.

Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass sich die Bekämpfung des Corona-Virus zu einem Gutteil auch auf dieVerwendung von Daten stützt. Seien es Analysen anonymer Bewegungsströme, sei es aber auch die Verwendung vonApps zu Zwecken des contact tracings. Jede Verwendung von Daten bedeutet zugleich, dass der Datenschutz zu be-achten ist. Allerdings hat die Corona-Krise gezeigt, dass hierbei neue gedankliche Wege zu beschreiten sind.

I. DER DATENSCHUTZ IM LICHTEVON COVID-19

1. Grundsätzliches zurdatenschutzrechtlichenInteressenabwägung

Im Kern bedeutet Datenschutz nichts anderes als eine Inte-ressenabwägung. Das Interesse desjenigen, der personenbe-zogene Daten verarbeitet, wird dem Geheimhaltungsinte-resse desjenigen gegenübergestellt, dessen Daten verarbeitetwerden. Das Datenschutzrecht ist die Kodifizierung dieserInteressenabwägung. Dabei trägt es in vielen Schattierungenden unterschiedlichen Ausprägungen von Datenverarbei-tungen Rechnung. Denn der Bogen, innerhalb dessen Da-tenverarbeitungen stattfinden, ist mannigfach. Er reicht vonder Konzernkundenverwaltung zum elektronischen Ge-sundheitsakt, von der Mitarbeiteradministration zur block-chainbasierten Vertragsgestaltung. Diese Vielfältigkeit spie-gelt sich im Recht wider, indem das Datenschutzrecht dieVerarbeitung von Daten auf vielfältigen Grundlagen er-laubt. So etwa die Datenverarbeitung zur Vertragserfüllungoder die Datenverarbeitung auf gesetzlicher Grundlage.Ebenso erlaubt das Datenschutzrecht die Verarbeitungvon Daten, wenn der Betroffene hierzu eingewilligt hatoder, gleichsam als „catch all“-Klausel, wenn die Datenver-arbeitung im berechtigten Interesse des datenverarbeiten-den Verantwortlichen liegt.

Das Datenschutzrecht schützt die Rechtsposition des Be-troffenen aber nicht nur, indem es für jegliche Datenverar-beitung nach einer Rechtsgrundlage verlangt, sondern auch,indem es die Verarbeitung der Daten auf diversen Ebenenbegrenzt. So gilt bspw gemäß dem datenschutzrechtlichenVerhältnismäßigkeitsprinzip, dass die Daten nur im absolutnotwendigen Ausmaß verarbeitet werden dürfen, um denmit der Datenverarbeitung angestrebten Zweck zu verwirk-lichen. Als weiteres Beispiel kann der Grundsatz der Spei-cherbegrenzung genannt werden, wonach Daten nicht län-ger aufzubewahren sind, als dies aufgrund gesetzlicher Vor-schrift oder angesichts des Verarbeitungszwecks absolut ge-boten ist.

2. COVID-19: Die Datenverarbeitungim öffentlichen Interesse

Im Sinne des zuvor Dargelegten ist das Datenschutzrecht alsein Interessenausgleich zwischen dem Datenverarbeiter unddem von der Datenverarbeitung Betroffenen zu begreifen.Dabei folgt die herkömmliche Abwägung einem bilateralenDenken. Mit dem Datenverarbeiter und dem Betroffenenwerden die Interessen zweier Akteure einander gegenüber-gestellt.

Datenverarbeitungen zum Zweck der Epidemiebekämp-fung bedeuten in diesem Abwägungsschema einen Paradig-menwechsel. Das Interesse eines einzelnen Datenverarbei-ters an der Datenverarbeitung wird ersetzt durch das Ver-arbeitungsinteresse der gesamten Bevölkerung. Denn dasVirus folgt in seiner Verbreitung weder Konzernstrukturennoch technisch definierten Verarbeitungsprozessen. Es folgtder menschlichen Biologie, es kann sich auf jedermann ver-breiten. Die Datenverarbeitung zur Epidemiebekämpfungliegt sohin im öffentlichen Interesse.

Der DSGVO ist das öffentliche Interesse nicht fremd.Zwar definiert sie es nicht, allerdings erkennt sie es an ver-schiedener Stelle an. So erlaubt sie etwa die Verarbeitungvon personenbezogenen Daten zu Aufgaben im öffentlichenInteresse (Art 6 Abs 1 lit e), wie sie auch die Verarbeitungvon Gesundheitsdaten im öffentlichen Gesundheitsinteres-se anerkennt (Art 9 Abs 2 lit i). In den Erwägungsgründenwird gerade auch die Überwachung von Epidemien und de-ren Ausbreitung als Beispielsfall einer Datenverarbeitungim öffentlichen Interesse angeführt (vgl ErwGr 46). Stetsaber definiert die DSGVO den Vorbehalt, dass die Mitglied-staaten nationale datenschutzrechtliche Regelungen für sol-che Datenverarbeitungen schaffen müssen (vgl etwa Art 6Abs 3).

Der springende Punkt ist: In der datenschutzrechtlichenInteressenabwägung stehen diesfalls nicht mehr die Interes-sen zweier Akteure einander in bilateraler Abwägung ge-genüber. Vielmehr ist das Geheimhaltungsinteresse des Ein-zelnen gegenüber dem Verarbeitungsinteresse der Gesamt-bevölkerung abzuwägen. Notwendigerweise verschiebt sichdadurch der Waagepunkt der datenschutzrechtlichen Inte-

GÜNTHER LEISSLER

Der Autor ist Partnerund Leiter des Daten-schutzteams bei Schön-herr RechtsanwälteGmbH.

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ressenabwägung. Betrachtet man aber die in der COVID-19-Krise geführten datenschutzrechtlichen Diskussionen,so scheint es bisweilen, dass diesem Umstand nicht immerausreichend Rechnung getragen wird. Sehr anschaulichzeigt sich dies anhand der zu Tracing Apps geführten Dis-kussionen.

II. PANDEMIERECHT UND DATENSCHUTZIM SPANNUNGSFELD

1. Zur Frage der Freiwilligkeitvon Tracing Apps

a) Zur Funktionsweise von Tracing AppsEin Mittel der Epidemiebekämpfung wird im Einsatz vonTracing Apps gesehen. Diese wird auf einem Smartphoneinstalliert. Sie bewirkt, dass das Smartphone etwa via Blue-tooth andere Smartphones in seinem Nahebereich identifi-ziert und erfasst. So „weiß“ ein Smartphone, welche ande-ren Smartphones es innerhalb eines gewissen Zeitraums„getroffen“ hat. Wird bei dem Nutzer des Smartphones et-wa ein COVID-19-Verdacht festgestellt, so können alle Per-sonen, deren Smartphones durch die Tracing App erfasstwurden, aufgefordert werden, sich in Selbstisolation zu be-geben. Der Gedanke ist, dass die Infektionswege des Virusdurch das wechselseitige Erfassen von Smartphones, die ei-nander nahe gekommen sind, nachgezeichnet werden. Ba-sierend darauf können schnell und effizient eindämmendeMaßnahmen gesetzt werden. Dieser Vorgang wird auch un-ter dem Begriff „Containment“ zusammengefasst. Das Prin-zip ist nicht neu. In Ländern wie China, Südkorea oder etwaauch in Israel kommen derartige Mechanismen schon seitgeraumer Zeit zum Einsatz. In der COVID-19-Krise hatnun auch Österreich diesenWeg beschritten, indem das Ro-te Kreuz die „Stopp Corona App“ entwickelt hat.

b) Zur freiwilligen Nutzung von Tracing AppsEin fundamentaler Unterschied aber zu den genanntenLändern liegt darin, dass die Nutzung der „Stopp CoronaApp“ auf freiwilliger Basis und nicht etwa aufgrund gesetz-licher Pflicht erfolgt. Dies ist keine österreichspezifische Be-sonderheit. Im europäischen Umfeld scheint sich vielmehrdiesbezüglicher Einklang abzuzeichnen. So betont etwa dasBoard der europäischen Datenschutzbehörden, dass derEinsatz von Tracing Apps „strictly voluntary“ zu erfolgenhabe.1 Auch die Europäische Kommission brachte zumAusdruck, dass die Einwilligung den „most appropriateground“ für solche Apps bildet.2 Das gleiche Bild zeichnetedie einschlägige tagespolitische Diskussion in Österreich.

c) Keine Freiwilligkeit bei der EpidemiebekämpfungDemgegenüber aber ist die Freiwilligkeit etwas, das einerPandemieregulierung grundsätzlich fremd ist. Repräsenta-tiv hierzu ist bspw das österreichische Epidemiegesetz, wel-ches für bestimmte Akteure (zB Ärzte) gesetzliche Melde-pflichten bei bestimmten Krankheitsfällen vorsieht. Freiwil-

liges Mitwirken oder autonome Einzelentscheidungenkennt das Epidemiegesetz nicht. Dies entspricht der Logikdes Gesetzes, denn es verfolgt nur ein Ziel: Die Ausbreitungeines Virus zu verhindern. Die Ausbreitung eines Virusaber folgt einer biologischen Mechanik, sie erfolgt losgelöstvon menschlichem Wollen. Daher ist es stringent, dass dasEpidemiegesetz in seinen Maßnahmen zur Eindämmungdem Einzelnen keine Entscheidungsautonomie einräumt.

2. Unvereinbarkeit von Pandemierechtund Datenschutzrecht?

Es scheint, dass sich mit der Pandemieregulierung und demDatenschutzrecht zwei Rechtsordnungen treffen, die ihremWesen nach inkompatibel sind. Die Pandemieregulierungist vom Schutz der Gemeinschaft geprägt, die notwendiger-weise zu Lasten der Sphäre des Einzelnen geht. Das Daten-schutzrecht ist seiner Art nach ein Schutzrecht. Es möchtegerade diese Sphäre des Einzelnen schützen. Gelangt manaufgrund des zuvor Erörterten zu dem Schluss, dass die Be-kämpfung infektiöser Krankheiten auf freiwilliger Basis kei-nen Sinn macht, so verbliebe als logischer Schluss, dass derSchutzgedanke des Datenschutzrechts in den Hintergrundzu treten hat. Mit anderen Worten, eine epidemiologischbedingte Datenverarbeitung, wie etwa jene einer TracingApp, hat aufgrund gesetzlicher Pflicht zu erfolgen. DieserSchluss stünde allerdings konträr zum politischen Willenin Europa und zur liberalen Ausprägung westlicher Staaten.Szenarien wie jene in China, wo der Staat derartige Daten-auswertungen losgelöst vom Willen des Einzelnen vorneh-men kann, stehen zweifelsohne nicht mit dem rechtspoliti-schen Selbstverständnis Europas im Einklang.

3. Neue Lösungswege

a) Details der datenschutzrechtlichen BeurteilungBei näherer Betrachtung aber könnte die Lösung anderswoliegen. So verlangt das Datenschutzrecht nach Prüfschrit-ten, die es zu erledigen gilt, bevor man sich der Frage zuwidmen hat, ob die Datenverarbeitung freiwillig sein solloder nicht. Aus den eingangs beispielhaft angesprochenen,allgemeinen datenschutzrechtlichen Verhältnismäßigkeits-und Schutzkautelen erfließt auch, dass eine Datenverarbei-tung stets nur zu legitimen Zwecken und nach Treu undGlauben erfolgen darf. Derartiges ist in den Grundprinzi-pien des Art 5 DSGVO festgeschrieben.

Das bedeutet: Bevor man sich der Frage widmet, ob eineTracing App auf freiwilliger Basis oder auf gesetzlicherGrundlage zum Einsatz kommen soll, ist die Frage nach ih-rer objektiven Tauglichkeit zur Epidemiebekämpfung zubeantworten. Es ist also zu prüfen, ob eine Tracing App inobjektiver Betrachtung zur Eindämmung und Vermeidungvon Epidemien beitragen kann. Denn nur wenn diese Frage

1 EDPB Guideline v 21. 4. 2020.2 EU-Kommissions-Guidance v 17. 4. 2020.

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zu bejahen ist, kann man iS der DSGVO von einem legiti-men Verarbeitungszweck und von einer Datenverarbeitungnach Treu und Glauben sprechen. Dieser Prüfschritt ist alsoGrundvoraussetzung, um in einem nachgelagerten Schrittzur Frage zu gelangen, ob diese Datenverarbeitung freiwilligoder durch Gesetz geschehen soll.

b) Prüfung der Tauglichkeit von Tracing AppsNun kann die gestellte Frage relativ schnell bejaht werden,denn bis zu einem gewissen Grad dient wohl jede TracingApp der Epidemiebekämpfung. Im datenschutzrechtlichenSinn ist diese Frage aber vertieft und unter Bezugnahme aufdie konkret zu beurteilende App zu untersuchen. Es gehtnicht allein um die abstrakte Möglichkeit der Tauglichkeit,sondern es muss iS einer Zweck-Mittelrelation die Taug-lichkeit der App in ihrer konkreten Ausgestaltung beurteiltwerden. Hier gilt es, viele Aspekte zu beachten, so etwa obdie mittels der App erfassten Smartphones (bei der „StoppCorona App“ wird vom elektronischen Handschlag gespro-chen) zentral oder dezentral gespeichert werden. Die zent-rale Speicherung bietet aus epidemiologischer Sicht denVorteil, dass sie ein besseres Containment-Management er-möglicht. Denn wenn man etwa gesamthaft auswertenkann, in welchen Regionen und unter welchen begleitendenUmständen steigende oder sinkende Isolationsverständi-gungen stattfinden und welchen „Spread“ diese Verständi-gungen haben, so kann dies zweifelsohne Steuerungsmaß-nahmen ermöglichen, die bei dezentraler Speicherung nichtim gleichen Maß möglich sind. So etwa das gezielte Versen-den von Schutzartikeln (wie Schutzmasken) in bestimmteRegionen oder das gezielte Abstellen zusätzlicher Pflege-kräfte. Umgekehrt wiederum birgt die zentrale Speicherungein Überwachungsrisiko, das bei dezentraler Speicherung ineinem geringeren Ausmaß besteht.

c) Blick auf künftige PandemieszenarienSolche Detailuntersuchungen und empirische Ableitungenzur epidemiologischen Tauglichkeit von Tracing Apps sindrar. Informationen etwa darüber, ob und, falls ja, auf welcheDistanz zwei Smartphones sich einander nähern müssenund über welchen Zeitraum diese Annäherung Bestand ha-ben muss, um die Wahrscheinlichkeit einer Übertragungdes COVID-19-Virus zu simulieren, fanden sich im zur„Stopp Corona App“ geführten datenschutzrechtlichen Dis-kurs kaum. Vielmehr stellte sich deren Einsatz als Faktumdar, das nicht per se in Frage gestellt wurde. Stattdessenrückte die datenschutzrechtliche Diskussion sogleich zurFrage fort, ob die „Stopp Corona App“ freiwillig oder ver-pflichtend zum Einsatz kommen soll. Natürlich darf dabeider starke Zeitdruck der COVID-19-Krise nicht außer Achtgelassen werden. Vielmehr also mit Blick auf hinkünftigePandemieszenarien wäre es nun an der Zeit, die objektiveTauglichkeit solcher Apps zu untersuchen, und damit auchden gordischen Knoten zwischen Pandemieregulierung undDatenschutzrecht zu lösen. Denn gelangt man in belegbarerBetrachtung zu dem Schluss, dass Tracing Apps einen un-

verzichtbaren Bestandteil eines erfolgversprechenden epi-demiologischen Containments bilden, so klärt sich damitauch die Frage, ob diese Apps freiwillig sein sollen. Der Fo-kus würde vielmehr darauf zu richten sein, eine gesetzlicheGrundlage zu schaffen, die bestmöglichen Schutz für die Be-troffenen bildet. Ergibt die Untersuchung, dass derartigeApps nur einen minderen oder gar verzerrenden Beitragzum Containment leisten, so würden sie auch nicht durchfreiwillige Nutzung legitimiert. Denn nutzlose Datenverar-beitungen dürfen nicht vorgenommen werden, selbst wenndies auf freiwilliger Basis geschehen sollte.

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STEFANIE LIEBENWEINDie Autorin ist Rechts-anwältin, Geschäftsfüh-rerin und Partner in derKanzlei LiebenweinRechtsanwälte GmbH inWien.

ANTONIABITTERMANNDie Autorin ist Rechts-anwaltsanwärterin inder Kanzlei LiebenweinRechtsanwälte GmbH.

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Von der „Digitalisierung“ zu „Corona“und umgekehrt„Corona“ hat das Potential, das (ohnedies schon mehr als genug) strapazierte (Un-)Wort „Digitali-sierung“ abzulösen. Was aber auch in Zeiten von COVID-19 auffällt, sind der steigende Grundbedarfan und die Ausweitung der Inanspruchnahme von „digitalem Service“; in diesem Kontext sind nichtnur die Unternehmen gefordert, sondern auch die staatlichen Stellen, allen voran in der Verwaltung.Aber wo stehen wir hier eigentlich? Welche Datenressourcen stehen hier etwa dem Staat zur Ver-fügung bzw sind vom Einzelnen zur Verfügung zu stellen? Dieser Beitrag beschäftigt sich mit demStaat als Datenverarbeiter, erklärt die momentan zur Verfügung stehenden digitalen Services derVerwaltung und dabei mit besonderem Blick auf das „Ergänzungsregister für sonstige Betroffene“;sozusagen „E-Government aus Sicht der Anwender“.

I. E-ID

Die österreichische Verwaltung stellt zahlreiche Servicesmittlerweile online zur Verfügung. Maßgebliche Rechts-grundlage dafür ist das E-Government-Gesetz.

Eine Voraussetzung für die Teilnahme am „E-Govern-ment“ ist ua eine eindeutige Identifikation der betreffendenPerson. Name und Geburtsdatum allein reichen dazu nichtaus. Vielmehr soll für die Zwecke der digitalen Verwaltungs-services eine eindeutige Identifikation der einzelnen Personen(„Betroffenen“) durch die sog „E-ID“ sichergestellt werden.

Diese „E-ID“ wird für natürliche und juristische Perso-nen auf unterschiedlichen Wegen gebildet:• Bei natürlichen Personen wird die E-ID aus der ZMR-Zahl gewonnen. Die ZMR-Zahl wird in der Folge abernicht in ihrer „Roh“-Form genutzt, sondern so weiterver-wendet, dass daraus die „Stammzahl“ gebildet wird, ausder wiederum die „bereichsspezifischen Personenkenn-zeichen“ (bPK) generiert werden.

Bereichsspezifische Personenkennzeichen dürfen nur je-weils auf jenen Tätigkeitsbereich beschränkt verwendetwerden, in dem diese auch verarbeitet werden sollen; dasist zumindest die gesetzliche Vorgabe. Daher können ausder Stammzahl einer natürlichen Person mehrere unter-schiedliche bereichsspezifische Personenkennzeichen gene-riert und angewendet werden.• Bei juristischen Personen wird anstelle der ZMR-Zahl alsGrundlage die Firmenbuchnummer, sofern vorhanden,herangezogen.

Nun verbleibt noch ein „Restpool“ an natürlichen und ju-ristischen Personen, die weder über eine ZMR-Zahl nocheine Firmenbuchnummer oÄ verfügen. Damit auch diesem„Restpool“ die Teilnahme an den digitalen Verwaltungsser-vices ermöglicht wird, gibt es das sog „Ergänzungsregister“.

II. ERGÄNZUNGSREGISTER

Das Ergänzungsregister ist damit der „Auffangtatbestand“für die Betroffenen, die ansonsten nicht in einem öffentli-

chen Register eingetragen sind, und soll so als „Vehikel“eine E-ID ermöglichen.

Das Ergänzungsregister wird getrennt nach „natürlichenPersonen“ (Ergänzungsregister für natürliche Personen;ERnB) und „sonstigen Betroffenen“ (Ergänzungsregisterfür sonstige Betroffene; ERsB) geführt.

Die Eintragung in das ERsB erfolgt entweder auf Antragdes Betroffenen, das heißt der juristischen Person, oder –unter bestimmten Voraussetzungen – auch auf Antrag des„Verantwortlichen der Datenverarbeitung“; das wäre etwadie betreffende Behörde. Eingetragen werden dabei abernicht nur die Betroffenen (hier: juristischen Personen)selbst, sondern auch deren „Funktionsträger“. „Funktions-träger“ können sowohl natürliche als auch juristische Perso-nen sein.

Das ERsB wird als ein öffentliches Register geführt, dasonline ohne jede Zugangsbeschränkung von jedermann ab-gefragt werden kann. Gesucht werden kann dabei nach deneingetragenen Betroffenen, das heißt nach der juristischenPerson, aber auch nach den Funktionsträgern des eingetra-genen Betroffenen; veröffentlicht sind darin neben der Ge-schäftsadresse des sonstigen Betroffenen aber aufgrund derDatenzusammenführung im Register etwa auch Privatad-ressen von Funktionsträgern.

Im Ergebnis ist das ERsB ein im Internet öffentlichesRegister, in dem Daten natürlicher Personen veröffentlichtwerden (darunter nicht nur die Geschäftsadresse, sondernauch die Privatadresse!) und ohne jede Zugangsbeschrän-kung zur Abfrage bereitgehalten werden.

III. BETRACHTUNG DES ERSB

Das ERsB ist gesetzlich vorgesehen und auch seine „Form“

als öffentliches Register, das im Internet zur Verfügung ge-stellt wird, ist gesetzlich gedeckt.

Eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage dafür, dassauch die Funktionsträger (natürlichen Personen) im ERsBeingetragen und in weiterer Folge auch ohne jede weitereEinschränkung veröffentlicht werden, ist aus den gesetzli-

Stefanie Liebenwein und Antonia Bittermann Von der „Digitalisierung“ zu „Corona“ und umgekehrt

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chen Grundlagen hingegen nicht ersichtlich. Bei der Eintra-gung der Funktionsträger handelt es sich vielmehr um sogoptionale Einträge, was sich etwa auch aus dem Eintra-gungsformular für das ERsB ergibt.

Dass auch die Funktionsträger mit einer juristischenPerson „gemeinsam“ eingetragen werden, ist zwar allge-meinhin nachvollziehbar; dass das ERsB aber per se öffent-lich geführt wird und darüber hinaus auch eine Personen-suche zur Verfügung stellt, die eine Abfrage nach natürli-chen Personen in diesem Zusammenhang ermöglicht,nicht.

Diese (datenschutzrechtliche) Problematik verschärftsich durch den Umstand, dass die Eintragung auch durcheine öffentliche Stelle (Verantwortlicher), also ohne Einbin-dung der betreffenden natürlichen Person (Funktionsträ-ger), erfolgen kann. In dieser Konstellation kann es sein,dass eine natürliche Person im ERsB ohne ihr Wissen etwamit der Privatadresse eingetragen wird und fortan auch mitdiesen für jedermann ersichtlichen/abrufbaren Daten„preisgegeben“ ist.

Der Umstand, dass eine Eintragung oftmals ohne dasWissen des Funktionsträgers erfolgt ist, ergibt sich auchaus einem Selbsttest: War oder ist man als natürliche Personunternehmerisch tätig, so stehen die Chancen gut, dass mansich selbst auch im ERsB als Funktionsträger wiederfindet,oftmals mit „ungewünscht“ preisgegebenen Daten.

Die Veröffentlichung der Daten (= Datenverarbeitung)verlangt aber eine Rechtfertigung; eine solche ist immernur dann gegeben, wenn auch ein „Rechtfertigungstatbe-stand“ vorliegt: Rechtfertigungstatbestände sind bestimmte,gesetzlich abschließend vorgesehene Fälle, die eine Daten-verarbeitung ausnahmsweise legitimieren. Das sind die Ein-willigung, die Erfüllung eines Vertrages, Erfüllung einerrechtlichen Verpflichtung, der Schutz lebenswichtiger Inte-ressen der betroffenen Person oder einer anderen natürli-chen Person, Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich,die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffent-licher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragenwurde und die Wahrnehmung der berechtigten Interessen,sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grund-freiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personen-bezogener Daten erfordern.

Als Rechtfertigung für die gegenständliche Veröffentli-chung der Daten der Funktionsträger kommen die Erfül-lung einer rechtlichen Verpflichtung und die Wahrneh-mung einer im öffentlichen Interesse gelegenen Aufgabezwar dem Grunde nach in Frage. Hinsichtlich der konkre-ten Ausgestaltung, also der Eintragung der Funktionsträgerund die Möglichkeit deren Abfrage, ist aber zu sagen, dassdie gewählte gesetzliche Ausgestaltung in der konkretenForm einer vertieften Prüfung nicht standzuhalten scheint.Zudem ist auch fraglich, ob diese Veröffentlichung der Ein-tragung von Funktionsträgern auch tatsächlich erforderlichist, um den Zweck, nämlich die verwaltungsinterne Gene-rierung der E-ID, zu erfüllen. Auch dahingehend bedarf es

wohl einer weitergehenden Detailprüfung dieser uneinge-schränkten öffentlichen Zugänglichmachung von Funk-tionsträgern im ERsB.

Im Übrigen scheinen die gegenständlichen Datenverar-beitungsvorgänge auch aus grundrechtlicher Sicht kritisch:Durch die Veröffentlichung wird in das (grundrechtlichgem § 1 DSG geschützte) Recht auf Geheimhaltung einge-griffen und verlangt damit einer Interessenabwägung. Dadie Datenverarbeitung hier durch eine Behörde erfolgt, istdiese nach Ansicht der Autoreninnen nur dann zulässig,wenn sie aufgrund von Gesetzen, die aus den in Art 8 Abs 2EMRK notwendig sind, erfolgt. Da aber für die Veröffent-lichung der Funktionsträger im ERsB keine gesetzlicheGrundlage gegeben ist, ist dieselbe auch aus grundrechtli-cher Sicht nicht gerechtfertigt.

Stefanie Liebenwein und Antonia Bittermann Von der „Digitalisierung“ zu „Corona“ und umgekehrt

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Maßnahmen im Zusammenhang mitCOVID-19 gegen genesene PersonenDer Beitrag befasst sich mit der Frage, inwieweit die im Zusammenhang mit dem Virus SARS-CoV-2 verhängtenMaßnahmen gegen Personen, die an COVID-19 erkrankt und wieder genesen sind, zulässig sind.

I. EINLEITUNG

Die gesamte Bevölkerung war und ist von den Maßnahmenund Einschränkungen auf Grund der Corona-Krise betrof-fen. Es entspricht grundsätzlich dem derzeitigen allgemei-nen Konsens, dass die beschlossenen Maßnahmen (Schlie-ßung von Geschäften, Betretungsverbote, Herunterfahrendes Schulunterrichts etc) zur Einschränkung der Verbrei-tung von COVID-19 erforderlich sind bzw waren. Festzu-halten ist jedoch auch, dass die verfügten Maßnahmen ei-nen erheblichen und schwerwiegenden Eingriff in unsereverfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte bedeuten. Sol-che Eingriffe sind nur ausnahmsweise und unter bestimm-ten Bedingungen zulässig.

Dieser Artikel richtet sein Augenmerk gegenständlichnicht auf die Frage der Notwendigkeit der Verhängung,sondern auf die Frage der Beendigung dieser Maßnahmenbzw darauf, inwieweit sich die einschränkenden Maßnah-men nicht (mehr) gegen bestimmte Personen richten dür-fen. Dazu ist zunächst die Frage zu stellen, wie lange CO-VID-19-Patienten infektiös sind, das heißt, das Virus selbstweiterverbreiten können.

II. VERFÜGBARE INFORMATIONEN

Die von Seiten der Gesetzgebung und von Seiten der Voll-ziehung zur Verfügung stehenden Informationen betref-fend den (insb medizinischen) Hintergrund der gesetztenMaßnahmen sind eher spärlich. Insb auch in den Erläutern-den Bemerkungen zu den Gesetzesvorlagen finden sichkaum Hinweise zu den tatsächlichen Grundlagen. Vieleswurde und wird über die Medien artikuliert, sodass sichdie Informationsbeschaffung auch nur an den ansonsten öf-fentlich zugänglichen Materialien orientieren kann.

Auf der Homepage der „ages.at“ (auf die vom Bundes-ministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsu-mentenschutz verwiesen wird) ist zur hier interessierendenFrage der Ansteckung anderer Personen Nachfolgendes an-geführt1:

Wie lange bleiben COVID-19-Patienten infektiös?Wie lange nach dem Beginn der Symptome Patienten an-

steckend bleiben, ist noch nicht endgültig geklärt. Die in derRoutinediagnostik verwendeten Tests (PCR) eignen sich zumNachweis einer SARS-CoV-2 Infektion, nicht aber für die Be-urteilung der Infektiosität, dh zur Klärung der Frage, ob derPatient noch ansteckend ist.

Die Ausscheidung vermehrungsfähiger Viren wurde in ei-ner Studie mit neun Patienten untersucht: Es konnte gezeigtwerden, dass vermehrungsfähige Viren im Rachen bis zumvierten und im Sputum (aus den Atemwegen abgehustetesSekret) bis zum achten Tag nach Symptombeginn enthaltensind.

Nach derzeitigemWissensstand ist daher nach Ablauf von14 Tagen nach Symptombeginn und bei zumindest 48 Stun-den bestehender Symptomfreiheit (ausgenommen ist leichterReizhusten) davon auszugehen, dass der Patient nicht mehransteckend ist.

In Medien wurde bereits seit etwa Anfang April 2020darüber berichtet, dass nach einer Ansteckung und Gene-sung eine Immunität vorliegt und auch bereits Tests verfüg-bar sind.2 Norditalienische Regionen wollen bereits mit Co-rona-Antikörpertests beginnen; das Ziel besteht darin, denvon der Krankheit geheilten Personen eine Art Immunitäts-bescheinigung zu geben, damit sie wieder arbeiten können.3

Nach derzeitigem Informationsstand ist davon auszuge-hen, dass die Fähigkeit einer Person, die an COVID-19 er-krankt ist, andere mit dem SARS-CoV-2 Virus anzusteckenbereits zweieinhalb Tage vor Eintritt der Symptome beginntund ca acht Tage nach Eintritt der Symptome endet.4

Anhand der derzeitigen Informationslage lassen sichnachfolgende Annahmen treffen:• Personen, die an COVID-19 erkrankt waren und (mitoder ohne Symptome) gesundet sind, sind (über einenlängeren Zeitraum von zumindest einigen Monaten) im-mun gegen eine weitere Infektion bzw einen weiterenAusbruch der Krankheit.

• Personen, die an COVID-19 erkrankt sind, können dasVirus nach einem Zeitraum von acht bis 14 Tagen nachEintritt der Symptome nicht mehr übertragen.

• Mit SARS-CoV-2 infizierte Personen sind (da des Öfterenkeine oder nur äußerst leichte Symptome auftreten) viel-fach selbst nicht in Kenntnis darüber, dass sie mit demVirus infiziert sind.

1 https://www.ages.at/themen/krankheitserreger/coronavirus/ (Stand3. 4. 2020 und 28. 5. 2020).2 https://www.salzburg24.at/news/welt/immunitaet-nach-ueberstandener-corona-infektion-85718029 (Stand 6. 4. 2020).3 https://www.derstandard.at/story/2000116582179/italien-beginnt-mit-co-rona-antikoerpertests (Stand 7. 4. 2020).4 Der Nachweis der Infektion ist länger möglich, es wird aber kein infektiö-ser Virus mehr ausgeschieden. Es ist nicht ausgeschlossen, dass bei schwerenErkrankungen eine Virusausscheidung auch länger erfolgen kann https://www.amboss.com/de/wissen/COVID-19 (Stand 3. 6. 2020).

MICHAEL SCHUSZTER

Der Autor ist Rechtsan-walt in Eisenstadt undVorsitzender des Arbeits-kreises Grund- und Frei-heitsrechte.

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Michael Schuszter Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 gegen genesene Personen

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• Es ist in der Regel ohne Durchführung eines Tests nichterkennbar, ob eine Person bereits immun gegen SARS-CoV-2 ist.

• Es sind Tests verfügbar, mit denen festgestellt werdenkann, ob eine Person bereits Immunkörper gegenSARS-CoV-2 gebildet hat.

III. RECHTLICHE BETRACHTUNG

Treffen die eben gemachten Aussagen zu, dann ergibt sichaus rechtlicher Sicht Nachfolgendes:

Eingriffe in verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechtesind nur dann zulässig, wenn sie „im öffentlichen Interesseliegen“ und „nicht unverhältnismäßig“ sind.5 Die gegen-wärtig im Rahmen von COVID-19 verfügten Maßnahmendienen der Verhinderung der Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 und damit dem Schutz des Lebens und der Gesund-heit der Bevölkerung. Derartige auf gesetzlicher Grundlagebasierende und dem öffentlichen Interesse dienendeGrundrechtseingriffe müssen verhältnismäßig sein, das be-deutet, sie müssen zur Erreichung des Zieles• geeignet6,• notwendig7 und• angemessen8

sein.Das erklärte Ziel der derzeit verhängten Beschränkungen

ist es, die Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 zu verhin-dern. Die Ausbreitung des Virus kann nur durch Personenstattfinden, die dieses Virus in sich tragen und weitergebenkönnen.

Personen, die bereits Immunkörper gegen das Virus ge-bildet haben und bei denen der Zeitraum von acht bis14 Tagen nach Auftreten der Symptome bereits abgelaufenist, können das Virus nicht mehr an Dritte weitergeben. DieAufrechterhaltung der Beschränkungen diesen Personengegenüber ist bereits von vornherein nicht geeignet,9 umdie Verbreitung des Virus an dritte Personen zu verhindern.

Die Aufrechterhaltung von Beschränkungen Personengegenüber, die das Virus nicht mehr an Dritte weitergebenkönnen, ist auch nicht „notwendig“. Das Gebot der „Erfor-derlichkeit“ eines zum Schutz öffentlicher Interessen an sichgeeigneten Eingriffs impliziert, dass auch Alternativen zuprüfen sind. Die Einschränkungen wurden ohne Differen-zierung dahingehend verhängt, ob eine Person das Virus(noch) an Dritte weitergeben kann oder nicht. Die Alterna-tive besteht darin, die Einschränkungen dahingehend zuformulieren, dass diese Einschränkungen nicht (mehr) gel-ten sollen, wenn eine Person mittels eines ärztlichen Attes-tes nachweisen kann, dass sie zwischenzeitig immun undder Symptombeginn zumindest vor acht bis 14 Tagen auf-getreten ist (und sie somit das Virus nicht mehr an Dritteweitergeben kann).

Dem kann nicht entgegnet werden, dass die Überprü-fung einer Person dahingehend, ob sie das Virus noch andritte Personen weitergeben kann, nicht möglich oder mit

einem unverhältnismäßigen Aufwand für die vollziehendenBehörden verbunden wäre. Die Überprüfung kann mittelseines Dokuments (medizinischer Test), welches einem be-fugten Organ über dessen Verlangen zur Überprüfung vor-gelegt werden kann, ohne besonderen Aufwand erfolgen.Dem gegenüber steht eine beträchtliche Einschränkung ver-fassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, sodass der mitder Vollziehung beauftragten Verwaltung der damit ver-bundene Aufwand zumutbar ist.

Die bei Grundrechtseingriffen erforderliche Verhältnis-mäßigkeitsprüfung zeigt sohin, dass die iZm COVID-19verhängten Maßnahmen gegenüber jenen Personen, diedas Virus nicht mehr an Dritte weitergeben können, verfas-sungswidrig sind.

IV. SCHLUSSFOLGERUNG

Verfügt eine Person über ein Testergebnis, das mit ausrei-chend verlässlicher Sicherheit belegen kann, dass diese Per-son das Virus SARS-CoV-2 nicht mehr an Dritte weiterge-ben kann, dann sind Grundrechtseingriffe und damit Be-schränkungen gegen diese Person nicht mehr länger zuläs-sig. Die verhängten Grundrechtseingriffe sind somitdahingehend zu formulieren und zu vollziehen, dass sie ge-genüber diesen eben genannten Personen nicht mehr ver-hängt und vollzogen werden dürfen.

Die von der Gesetzgebung und der Vollziehung gesetz-ten Maßnahmen und Einschränkungen nehmen auf dieFrage, inwieweit Personen (noch) fähig sind, das VirusSARS-CoV-2 zu übertragen, keinerlei Rücksicht. DiesenPersonen gegenüber sind die verhängten Maßnahmen nichtverhältnismäßig und daher verfassungswidrig.

Die hier angestellten Überlegungen zur Aufhebung derMaßnahmen sind nur ein Aspekt von mehreren, die im Zu-sammenhang bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit derim Zusammenhang mit COVID-19 verhängten Maßnah-men zu berücksichtigen sind. Sie sind aber ein Umstand(von mehreren), die zu einer Beendigung von Maßnahmenführen können und müssen.

5 VfSlg 10.079/1984; 10.932/1986 ua6 VfSlg 13.725/1994; 15.632/1999 ua.7 Vor allem bei als „schwer“ zu qualifizierenden Eingriffen muss man dieMöglichkeit eines erfolgreichen Einsatzes „gelinderer Mittel“ erwägen (VfSlg12.009/1989). Auch geringfügige Grundrechtseingriffe (zB bloße Eigentums-beschränkungen) unterliegen grundsätzlich einer Erforderlichkeitsprüfung(VfSlg 12.472/1990; 14.141/1995).8 VfSlg 12.742/1991; 17682/2005 ua.9 Durchaus iS von „von vornherein auszuschließen“ (VfSlg 13.725/1994).

Michael Schuszter Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19 gegen genesene Personen

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MAG. PATRICKPETSCHINKADer Autor ist Universi-tätsassistent (prae doc)am Institut für Staats-und Verwaltungsrechtder Universität Wienund Autor der PlattformLAW MEETS SPORTS.

MMAG. CHRISTINATOTH, MSCDie Autorin ist Rechts-anwältin mit Schwer-punkt Sportrecht inWien, Präsidentin desÖsterreichischen Tennis-verbands und Initiatorinder Plattform LAWMEETS SPORTS.

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Berufssportgesetz: Die Krise als Chance?Der Kurzbeitrag befasst sich mit den durch die COVID-19-Pandemie ausgelösten Herausforderungen im Sport, welcheua auf unzureichende Rechtsgrundlagen zurückzuführen sind, und soll die Notwendigkeit eines Berufssportgesetzesaufzeigen.

I. AUSGANGSPUNKT

Die COVID-19-Pandemie zeigt auch im Bereich des Sportsweitreichende Auswirkungen und stellt diesen vor neue He-rausforderungen. Sportveranstaltungen wurden abgesagt,Betretungsverbote für Sportstätten verordnet. Die Sportweltstand praktisch still, mit ihr die Sportberichterstattung unddie Sportwetten, zwei Branchen, die viel Geld in den Sportschießen. Schnell wurde über Kurzarbeit für Sportler, dieWertung von Meisterschaften und die Möglichkeit vonGeisterspielen diskutiert.1 Im Fokus der Diskussion standimmer wieder König Fußball.

Die anschließende (erste) Lockerung der Maßnahmen,die eine Ausnahme für Spitzensportler2 und für Kaderspie-ler der zwölf Vereine der höchsten Spielklasse der Österrei-chischen Fußball-Bundesliga sowie der ÖFB-Cup-Finalistenvorsah, sorgte schließlich ebenfalls für hitzige Debatten.3

Wer gilt als Spitzensportler? Wieso wurde nur der Fuß-ball-Bundesliga und nicht auch der zweiten Liga der Trai-ningsstart ermöglicht? Ein Verstoß gegen den Gleichheits-satz? Und was ist mit dem Nachwuchssport?4

Doch nicht erst seit COVID-19 mehren sich die Rechts-fragen im Sport. So hatten die Höchstgerichte allein in denletzten zwölf Monaten zu klären, ob die tragischen Unfälleeines Skispringers,5 eines Eishockeyspielers6 und eines Mo-tocross-Fahrers7 als Arbeitsunfälle zu qualifizieren waren.All diese Fälle zeigen eines deutlich: Es fehlt an klaren recht-lichen Definitionen und Abgrenzungen im Bereich des Be-rufssports. Diese sind jedoch notwendig, um sportrechtlicheFragen – weitgehend frei von Kasuistik – lösen zu können.

Ist ein Berufssportgesetz des Rätsels Lösung? Bereits2001 wurde ein solches erstmals in Aussicht gestellt, letztenEndes aber auf Eis gelegt.8 Mit den sich häufenden Streit-fragen im Sport wurde der Ruf nach einem Berufssportge-setz wieder lauter.9 Dem Regierungsprogramm zufolgeschien dieser nun laut genug.10 Die Etablierung eines Be-rufssportgesetzes wurde als eines der Ziele ausdrücklichfestgehalten – ein bloßes Lippenbekenntnis? Die Autorenhoffen nicht.

II. WARUM DER SPORT BESONDERS IST

Die Besonderheit der Rechtsmaterie Sportrecht liegt in ihrerZweispurigkeit bestehend aus staatlichen Rechtsnormen(„lex extra sportiva“) und den von den Sportverbändenselbst geschaffenen Regelwerken („lex sportiva“).11 DasSportrecht umfasst all jene staatlichen Rechtsnormen, diesich auf den Sport beziehen oder diesen zum Gegenstand

haben; parallel dazu gilt das von den privaten Verbändenund Organisationen im Rahmen der ihnen zukommendenAutonomie12 selbst erlassene Regelwerk.13 Wenngleich letz-teres keinen Rechtsnormcharakter hat, stellt es die tragendeSäule des Sportrechts dar. Im Unterschied zu anderenRechtsbereichen handelt es sich beim Sportrecht also umeine Materie, in der private Rechtsetzung den Regelfall bil-det.14

Dennoch – und dies zeigen die oben dargelegten Streit-fälle – gibt es Bereiche, die in erster Linie vom Gesetzgebergeregelt werden müssen. Allen voran betrifft dies die ar-beits- und sozialrechtliche Stellung von Athleten und ihrenBetreuern.15 Denn während es mittlerweile völlig unbestrit-ten ist, dass es sich beim Fußballer der Fußball-Bundesligaum einen Arbeitnehmer handelt16 und Dominic Thiem alsselbständig Erwerbstätiger gilt, ist die arbeits- und sozial-rechtliche Einordnung einer großen Anzahl von Athletenunklar.

1 Vgl bloß https://skysportaustria.at/ebenbauer-geisterspiele-sind-eine-op-tion/ (abgerufen am 26. 6. 2020).2 ISd § 3 Z 8 BSFG 2017.3 § 5 Abs 2 VO BGBl II 2020/98 idF BGBl II 2020/162; dazu Keisler/Hum-melbrunner, Epidemierecht, in Resch (Hrsg), Corona-HB1.01 Rz 82.4 Vgl zu diesen Fragen http://lawmeetssports.at/hochfahren-des-spitzen-sports-ohne-die-berufsfussballer-zweiter-klasse/ (abgerufen am 26. 6. 2020).5 VwGH 3. 4. 2019, Ro 2019/08/0003.6 OGH 13. 9. 2019, 10 ObS 97/19s.7 VwGH 29. 1. 2020, Ra 2018/08/0028.8 Dazu Bach, Kollektivvertrag im Berufssport – Am Beispiel des Fussball-sports, in Grundei/Karollus (Hrsg), Berufssportrecht II (2008) 1.9 Zuletzt von Seiten der younion _ Die Daseinsgewerkschaft und der SportAustria. Im Schrifttum etwa Schneider, Vorspringer der Schiflugweltmeister-schaft 2016 unterliegt der Pflichtversicherung, DRdA 2020, 36; ders, „FallSahinovic“: Die Folgen einer vertretbaren Entscheidung, Causa Sport 2018,103; Mayr, Sport als Nebentätigkeit – zur rechtlichen Stellung von Amateu-ren, DRdA 2012, 93; Bach in Grundei/Karollus 21; Brodil, Unberechtigtervorzeitiger Austritt – Arbeits- und sportrechtliche Folgen, in Grundei/Karol-lus (Hrsg), Berufssportrecht I (2008) 115 (131); Grundei, Vereine, Verbände,Konkurse, ecolex 2007, 400.10 Vgl das Regierungsprogramm 2020–2024 (abzurufen unter https://bun-deskanzleramt.gv.at/bundeskanzleramt/die-bundesregierung/regierungsdo-kumente.html) 43.11 Im Schrifttum wird auch von den zwei Säulen des Sportrechts gesprochen;dazu etwa Nolte/Hilpert,Was ist Sportrecht? (2010). Zum Spannungsverhält-nis zwischen den beiden Säulen vgl Mayr/Druml, Sportrecht – eine aufstre-bende Rechtsdisziplin, JAP 2012/2013, 132 (133) mwN; Schneider, „FallVienna“ – Insolvenz, Zwangsabstieg und die Folgen, Causa Sport 2018, 402(407f); ausführlich Butte, Das selbstgeschaffene Recht des Sports im Konfliktmit dem Geltungsanspruch des nationalen Rechts (2010).12 Art 12 EMRK; Art 11 StGG.13 Vgl im Bereich des Fußballs die Statuten, Reglements und Regulative derFIFA, der UEFA und des ÖFB, wie zB das FIFA-Transferreglement oder dasÖFB-Regulativ für Vereine und Spieler.14 Näher Ennöckl, Sportrecht, inWiR – Studiengesellschaft für Wirtschaft undRecht (Hrsg), Privatisierung der Rechtsetzung (2018) 79.15 Die nachstehenden Ausführungen beziehen sich auf die Athleten, wiewohldie Thematik auch auf Sportbetreuer wie Trainer, Physiotherapeuten, Mas-seure etc zutrifft.16 Vgl etwa Reissner,Hobbysportler, Arbeitnehmer oder freier Dienstnehmer– Rechtsbeziehungen von Sportlern aus arbeitsrechtlicher Sicht, in Reissner(Hrsg), Sport als Arbeit (2008) 1 (11) mwN.

Mag. Patrick Petschinka und MMag. Christina Toth, MSc Berufssportgesetz: Die Krise als Chance?

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III. WORAUF ES IM WESENTLICHEN ANKOMMT

Die folgenden Ausführungen können selbstverständlichkeinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Sie sollenvielmehr als Diskussionsgrundlage dienen und zugleich bei-spielhaft aufzeigen, dass ein dringender Bedarf nach klarengesetzlichen Regelungen im Bereich des Sports besteht.Denn Sport ist nicht bloß das „Erbe aller Menschen“17

und die „wichtigste Nebensache der Welt“, sondern vielfachauch Arbeit und somit Beruf zahlreicher Menschen.18

Doch wann genau ist Sport mehr als nur ein Hobby?Wenn ein Athlet damit seinen Unterhalt bestreitet? Wenner sich damit lediglich ein Zubrot verdient? Wenn er Sportauf höchstem nationalen und/oder internationalen Niveaubetreibt, unabhängig davon, ob er dadurch seinen Unterhaltbestreiten kann? Fakt ist, es gibt derzeit keine Definition desBerufssports. Genau dieser Umstand ist es auch, der fürRechtsunsicherheit sorgt, bei Athleten, Verbänden undVereinen gleichermaßen.

In weiterer Folge ist auch die Einordnung als Arbeitneh-mer oder Selbständiger, die arbeits- und sozialrechtlicheKonsequenzen für den Athleten mit sich bringt, in vielenBereichen noch ungeklärt. Gerade auch die jüngsten Ent-scheidungen zeigen, dass es einen Automatismus – Mann-schaftssportler sind Arbeitnehmer, Einzelsportler sind Selb-ständige –, in dieser Klarheit, nicht gibt. Wer seinen Sportetwa als Heeres- oder Polizeisportler ausübt, ist Arbeitneh-mer und sozialrechtlich weitgehend abgesichert. Für zahl-reiche Athleten, vor allem Einzelsportler, ist die Rechtslageallerdings unklar. Auch für Verbände und Vereine herrschtRechtsunsicherheit.

Sport findet regelmäßig dann statt, wenn unsere Arbeitfür gewöhnlich ruht – abends und am Wochenende. Esscheint daher wenig verwunderlich, dass die Arbeitszeitenim Sport nicht in das klassische Schema des Arbeitsrechtspassen. Die Liste an Beispielen, in welchen die sportlicheRealität nicht mit den arbeitsrechtlichen Vorgaben in Ein-klang zu bringen ist, ist lang. Im Schrifttum wird mithinangemerkt, dass bei strikter Einhaltung der arbeitsrechtli-chen Vorschriften (insb AZG und ARG) bestimmte Sport-arten in Österreich gar nicht ausgeübt werden könnten.19

Wie ist etwa eine ununterbrochene Ruhepause von 30 Mi-nuten nach mehr als sechs Stunden20 mit der Österreich-Radrundfahrt21 oder der Einsatz eines 17-jährigen Profifuß-ballers an einem Europa League-Abend mit der Nachtruheim KJBG22 vereinbar? Urlaub mitten in der heißesten Phaseder Wettkampfsaison – unvorstellbar für einen Athletenund natürlich genauso für den Arbeitgeber. Auch Try-Out-Vereinbarungen, wie sie bspw im Eishockey weltweitüblich sind, sind nicht mit dem arbeitsrechtlichen Bestand-schutz in Einklang zu bringen, zumal ein Dienstverhältnisauf Probe nach § 19 Abs 2 AngG maximal für einen Monatvereinbart und von beiden Seiten aufgelöst werden kann.23

Der Fußball hat auf diese – für den Sport unbefriedigen-de und mit erheblicher Rechtsunsicherheit belastete – Situa-

tion mit einem Kollektivvertrag24 reagiert.25 Damit wurdeden arbeitsrechtlichen Besonderheiten Rechnung getragenund weitgehend Rechtssicherheit geschaffen. Geregelt wer-den darin ua Arbeitszeit, Urlaub und Entgeltfortzahlung.26

Auch die für den Fußballsport typischen Optionsvereinba-rungen werden im Kollektivvertrag von den Sozialpartnernim Detail definiert.

Nichts anderes sollte das Ziel eines Berufssportgesetzessein. Was es zunächst braucht, sind klare rechtliche Rege-lungen zur Abgrenzung zwischen Hobby-, Amateur- undBerufssport.27 Daran anknüpfend sind arbeits- und sozial-rechtliche Konsequenzen zu definieren. Denn die Arbeits-zeit- und Arbeitsruheregelungen, wie sie das AZG und ARGvorsehen, sind mit dem Sport nicht in Einklang zu bringen.Auch das ist – unter Einhaltung des Arbeitnehmerschutz-gedankens dieser Normen – in einem Berufsportgesetz zuberücksichtigen. Da es aber gerade auch im Sport kein „onesize fits all“ gibt, kann ein Berufssportgesetz nur ein „Rah-mengesetz“ sein und nicht den Anspruch erheben, sämtli-che sportartenspezifische Sonderregelungen zu erfassen.Diese sollten bei Bedarf gesondert erlassen werden kön-nen.28

IV. FAZIT

Bereits die Vergangenheit hat die Notwendigkeit eines ge-setzlichen Sonderrechts für den Sport mehrfach aufgezeigt.Die gegenwärtige Krise hat es neuerlich getan und auch einBlick über die Grenze zeigt, dass Sonderregelungen für denSport ihre Berechtigung haben.29 Es ist an der Zeit, endlichRechtssicherheit für Athleten, Verbände und Vereine zuschaffen, indem den Besonderheiten des Sports gesetzlichRechnung getragen wird. Dazu bedarf es klarer Definitio-nen und Abgrenzungen sowie adäquater Bestimmungenin den einzelnen Materien. Der Ball liegt beim Gesetzgeber,dieser hat jetzt die Möglichkeit, den zahlreichen Zurufenvon den Rängen zu folgen.

17 IdS das allseits bekannte Zitat des französischen Pädagogen, Historikersund Begründers der Olympischen Spiele der Neuzeit Pierre de Coubertin.18 Vgl Reissner in Reissner 2f.19 Bach in Grundei/Karollus 15. Der Entwurf des Berufssportgesetzes sah da-her auch einen Geltungsausschluss von AZG und ARG vor.20 § 11 Abs 1 AZG.21 So ein plakatives Beispiel bei Bach in Grundei/Karollus 15 (wenngleichkeine der Etappen über sechs Stunden dauert).22 § 17 Abs 1 KJBG.23 OGH 29. 1. 2014, 9 ObA 118/13p.24 Dieser wird zwischen der younion _ Die Daseinsgewerkschaft und derÖsterreichischen Fußball-Bundesliga abgeschlossen. Zur Kollektivvertragsfä-higkeit letzterer s VwGH 28. 7. 1995, 95/02/0145.25 Eingehend Bach in Grundei/Karollus 5.26 Vgl http://vdf.at/data/vdf_kollektivvertrag.pdf (abgerufen am 26. 6. 2020).27 Vgl etwa Marhold/Ludvik, Der Berufssportler im Arbeitsrecht, in Mar-hold/Schneider (Hrsg), Österreichisches Sportrecht (2016) 87 (88ff); Reissnerin Reissner 2ff.28 Diese könnten bspw in Kollektivverträgen (sofern kollektivvertragsfähigeSozialpartner geschaffen werden) oder auch in Durchführungsverordnungenfestgelegt werden.29 ZB in Belgien, Frankreich, Griechenland, den Niederlanden und Spanien.

Mag. Patrick Petschinka und MMag. Christina Toth, MSc Berufssportgesetz: Die Krise als Chance?

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Abhandlungen

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422 Im Gespräch

In der Krise Recht bewahren

425 Termine

426 Chronik

Initiative für Grund- und Freiheitsrechte will Bedrohungen für denRechtsstaat aufzeigen

Besuchsverbot in Krankenhäusern und Pflegeheimen ohne gesetzlicheGrundlage

Fragwürdige Schließungen von Handels- und Gastronomiebetrieben

Zur Abwägung von Grund- und Freiheitsrechten

Nachruf Prof. Dr. Leo W. Chini

Web-Seminare – eine ergänzende Alternative zum Präsenz-Seminar

Jetzt buchen: AWAK-Intensivseminar zu WEG

431 Aus- und Fortbildung

437 Rezensionen

442 Zeitschriftenübersicht

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Service

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In der Krise Recht bewahrenAls Altbundespräsident und studierter Jurist findet Dr. Heinz Fi-scher immer wieder kritische Worte zu rechtsstaatlichen Ent-wicklungen und hat sich nicht zuletzt auch bei der 48. Europä-ischen Präsidentenkonferenz als Referent in die Diskussion ein-gebracht. Seit dem Ende seiner Amtszeit vor vier Jahren gilt er alsso etwas wie das mahnende Gewissen der Republik. Wir habenihn zu den doch sehr einschneidenden Maßnahmen der Bundes-regierung im Zuge der Corona-Pandemie und deren Auswirkun-gen befragt.

Sind Sie aus heutiger Sicht froh, dass die österreichischeBundesregierung derart strikte und konsequente Maß-nahmen zur Eindämmung des Corona-Virus getroffenhat?Der Inhalt der Maßnahmen und die Vorschläge der Bun-desregierung waren meines Erachtens weitgehend in Ord-nung, aber die Art, wie sie durch das Parlament gejagt wur-den, zeigte wenig Verständnis dafür, wie Parlamentarismus– auch bei Zeitdruck und in dringenden Fällen – funktio-nieren soll und gehandhabt werden muss. Zwischen einembeschleunigten Verfahren und einem Husch-Pfusch-Ver-fahren liegt ein beträchtlicher und unerfreulicher Unter-schied.

Kritik gab es insbesondere an der Unbestimmtheit eini-ger Regelungen. Viele Menschen wussten nicht, was er-laubt ist und was nicht. Wie beurteilen Sie die legistischeQualität der zahlreichen Covid-Verordnungen, -Erlässeund -Gesetze?Die legistische Qualität der Gesetze und Verordnungen unddie Verständlichkeit des Inhaltes haben unter dem Zeit-druck stark gelitten. Das hat sich ja auch bei den Schlussab-stimmungen über das Budget mit peinlicher Deutlichkeitgezeigt, wo man auf die richtigen Kommastellen vergessenhat.

Die Sitzungshektik kann sich rächen.

Sie waren selbst zwölf Jahre lang Präsident des National-rats. Können Sie den Sitzungsmarathon und den gewalti-gen Zeitdruck, unter dem Gesetze beschlossen werdenmüssen, nachempfinden? Eine vergleichbare Situationhatten Sie ja in all den Jahren nicht erlebt.Dass es bei der Abwehr des Corona-Virus durch gesetzlicheMaßnahmen Zeitdruck gegeben hat, wird niemand bestrei-ten, aber dass es dennoch ein Minimum an vernünftigerund sorgfältiger parlamentarischer Beratungsdauer geben

muss, deren Unterschreitung sich rächt, kann ebenfallsnicht bestritten werden.Und wenn man von „Sitzungsmarathon“ im heurigen Früh-jahr spricht, dann muss man etwas klarstellen: Ich denke,dass die Zahl der Sitzungstage und die Zahl der Ausschuss-sitzungen in den drei Monaten von März bis Mai 2020 nichtgrößer war als in den gleichen Monaten des Vorjahres, ehersogar geringer. Es war also nicht sosehr ein Sitzungsmara-thon oder ein Ausschussmarathon, sondern eher eine Sit-zungshektik unter dem Druck der Regierung. Natürlichwünscht sich die Regierung, dass der Nationalrat Regie-rungsvorlagen möglichst rasch und möglichst unverändertbeschließt. Aber Aufgabe des Nationalrates ist es, sich denZeitplan nicht diktieren zu lassen und sich das Recht aufPrüfung von Gesetzesvorschlägen der Regierung und aufinhaltliche Einflussnahme auf Regierungsvorlagen nichteinfach wegnehmen zu lassen.

Sie haben sich selbst überrascht gezeigt, dass man denVerfassungsdienst im legistischen Prozess der „Corona-Gesetze“ wenig miteingebunden hat. Warum glauben Sie,ist das nicht passiert?Ich kann und will keine Vermutungen anstellen, aber gera-de wenn die Zeit knapp und die Materie wichtig ist, wäre esvernünftig gewesen, die erfahrenen Legisten im Verfas-sungsdienst beizuziehen und deren Sachkenntnis zu nutzen.

Foto: Photo Simonis

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Im Gespräch

Page 35: Anwbl 2020-07-08 393. - rechtsanwaelte.at · 2020. 7. 27. · 442 Zeitschriftenübersicht 447 RECHTSPRECHUNG 448 Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs 449

ÖRAK-Präsident Rupert Wolff hat in Reaktion auf dieAussage des Bundeskanzlers, wonach die gesetzlichen Re-gelungen bei einer Prüfung durch den VfGH ohnehinnicht mehr in Kraft seien, vorgeschlagen, über ein Eil-Verfahren beim VfGH nachzudenken, wie es etwa inDeutschland bereits praktiziert wird. Was halten Sievon dieser Idee?Über etwas „nachzudenken“ kann nicht falsch sein und vorallem bei der Prüfung von Staatsverträgen vor deren Unter-zeichnung durch den Bundespräsidenten kann ich mir dasgut vorstellen, aber im Prozess der Gesetzgebung deutetschon das Wort „Eilverfahren“ einen Teil des Problemsan: Die Letztgültigkeit eines Urteils des VfGH passt mitdem Begriff eines „Eilverfahrens“ nicht gut zusammen. Au-ßerdem muss man sorgfältig darüber nachdenken, ob derVfGH nicht in Gefahr kommt, verstärkt in politische Aus-einandersetzungen hineingezogen zu werden, wenn er nochvor der Kundmachung eines Gesetzes zu einem Teil desVerfahrens gemacht werden kann. Die Politik tendiertohnehin dazu, heikle politische Entscheidungen dem Ver-fassungsgericht zuzuschieben und diese Tendenz könntedurch ein Vorprüfungsverfahren noch verstärkt werden.

Foto: Minji Kwag (BKMC)

Sie waren in Ihrer politischen Karriere als Wissenschafts-minister der Regierung Sinowatz ebenfalls mit einer Aus-nahmesituation konfrontiert, die weitreichende Folgen

für die Gesundheit der Bevölkerung in ganz Europa hat-te, nämlich dem Reaktorunfall am 26. April 1986 inTschernobyl. Welche Erinnerungen haben Sie an die da-malige Situation, gibt es Parallelen zu heute?Die Parallelen zwischen Tschernobyl und Covid-19 sind,dass beide plötzlich und ohne Vorwarnung aufgetauchtsind, gesundheitliche Schäden in nicht vorhersehbaremAusmaß ausgelöst haben und dass beide grenzüberschrei-tend und schwer bekämpfbar sind bzw waren.Andererseits sind aber die wirtschaftlichen und sozialenAuswirkungen von Covid-19 wesentlich größer als jeneder Tschernobyl-Katastrophe, wenn man an Wirt-schaftswachstum, Arbeitslosen-Zahlen, Reisemöglichkei-ten oder Lebensgewohnheiten denkt. Man hat nachTschernobyl wesentlich rascher zur Normalität zurück-gefunden.

Für viele junge Menschen bedeuten die aktuellen Maß-nahmen einen noch nie dagewesenen Einschnitt in ihrebislang so heile Welt. Ihre eigene Kindheit war hingegenvon der Ungewissheit geprägt, den Tag zu überleben,denn Sie sind während des Zweiten Weltkriegs aufge-wachsen. Relativiert diese persönliche Erfahrung IhreSicht auf die aktuellen Geschehnisse?Ich bin mir sicher, dass ich Ihre Frage bejahen muss. Dennimmer, wenn die Situation von heute (Covid-19) mit derSituation am Ende oder nach dem Ende des Zweiten Welt-krieges verglichen wird, denke ich mir, dass ein solcher Ver-gleich unzutreffend ist: Das Jahr 1945 mit seinen zehntau-senden toten Zivilisten und Soldaten, allein in Wien zehn-tausenden Kriegsinvaliden, mit seinen zerbombten Städten,den zerstörten Fabriken und Verkehrsanlagen und weitmehr als 150.000 fremden Besatzungssoldaten im Landkann mit der heutigen Situation – die auch sehr schwierigund besorgniserregend ist – absolut nicht verglichen wer-den.

Fürchten Sie, dass nach Ausstehen der Pandemie undRücknahme der Maßnahmen gewisse Grundrechte ge-schwächt sein werden?Mit den Maßnahmen zur Bekämpfung von Covid-19 wurdezum Teil auch in Grundrechte eingegriffen. Es gibt Befürch-tungen, dass dadurch bestimmte Grundrechte dauerhaft ge-schwächt werden könnten. Ich bin aber Optimist und hoffe,dass die Sensibilität für unsere Grundrechte sogar gestärktwerden könnte.

Jedenfalls sind wir noch weit von der Situation Ungarnsentfernt, wo das Parlament de facto ausgeschaltet ist.Wie verfolgen Sie die Geschehnisse in unserem Nach-barland?Ungarn ist ein eigenes Kapitel, das großer und wacher Auf-merksamkeit bedarf. Einerseits fühlen wir uns mit unserenungarischen Nachbarn besonders verbunden, andererseitssind manche Äußerungen, manche Handlungen und man-

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Im Gespräch

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che Entscheidungen der ungarischen Regierung vom Stand-punkt der rechtsstaatlichen Demokratie wirklich Besorgniserregend. Außerdem zeigt sich meines Erachtens in Un-garn, dass es für eine Demokratie nicht gesund ist, wenndas Wechselspiel zwischen Regierung und Opposition aufallzu lange Zeit blockiert ist.

Nehmen wir an, dass wir die Ausbreitung des Virus wei-terhin in Grenzen halten können. Nehmen wir weiters an,dass es in absehbarer Zeit einen Impfstoff geben wird.Wie wird sich die Welt verändert haben, wenn die Kriseausgestanden ist?Die Welt wird sich verändert haben, wenn diese Krise über-wunden ist, abererstens wird es auch viele Bereiche geben, die von dieserKrise nicht beeinflusst werden, undzweitens ist meines Erachtens eine gesunde Portion Vor-sicht gegenüber all jenen am Platz, die so tun, als wüsstensie ganz genau Bescheid darüber, wie die Welt in fünf oderzehn Jahren aussehen wird. Was sich mit ziemlicher Sicher-heit stark ändern wird, sind die Kommunikationsformen(wesentlich verstärkte Videokommunikation), die Reisege-wohnheiten und ich fürchte sehr, dass auch nationale Egois-men tendenziell zunehmen. Die wirtschaftlichen und sozia-len Folgen dieser Pandemie bzw der Maßnahmen zu ihrerBekämpfung werden noch fast ein Jahrzehnt spürbar sein.

Kommen Sie weiterhin gut durch diese bewegten Zeiten!

Foto: Eugenie Berger (BKMC)

Univ.-Prof. Dr. Heinz Fischer, geb 1938 in Graz, verheiratet, zweiKinder; studierte Rechtswissenschaften in Wien und habilitierte sich

im Bereich Politikwissenschaft an der Universität Innsbruck, 1971zum ersten Mal in den Nationalrat gewählt, 1975–1983 und

1987–1990 Klubobmann der SPÖ, 1983–1987 Bundesminister fürWissenschaft und Forschung, 1990–2002 Präsident des Nationalrats,1978–2004 Mitglied des Parteipräsidiums des SPÖ, 1992–2004 stvVorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Europas, 2004–2016

Bundespräsident der Republik Österreich;

1972–2005 Präsident der österreichischen Naturfreunde, 1999–2007und seit 2018 Präsident des Verbandes der ÖsterreichischenVolkshochschulen, Präsident der Österreichisch-Chinesischen

Gesellschaft, Gründungsmitglied der österreichischen Sektion vonAmnesty International, Mitherausgeber der „Österreichische

Zeitschrift für Politikwissenschaft“ und des „Journal fürRechtspolitik“, seit 2018 Co-Chair des Ban Ki-moon Centre for GlobalCitizenship in Wien gemeinsam mit Ban Ki-moon, seit 2018 Präsident

des Instituts für die Wissenschaft vom Menschen (IWM)

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Im Gespräch

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Aufgrund der aktuellen Situation rund um das Corona-Virus ist nicht absehbar, ob diese Veranstaltungen tat-sächlich stattfinden können. Bitte informieren Sie sich zeitnah zum geplanten Termin beim Veranstalter.https://businesscircle.athttps://www.arbeitsrechtundsozialrecht.comhttps://www.rechtsanwaltsverein.at

Grundlehrgang (BU-Kurs)Österreichischer Rechtsanwaltsverein (ÖRAV)15. 9. 2020 WIEN

55. Tagung der Österreichischen Gesellschaftfür Arbeitsrecht und SozialrechtGesellschaft für Arbeitsrecht und Sozialrecht1. und 2. 10. 2020 ZELL AM SEE

Unternehmensjuristen CircleBusiness Circle Management FortbildungsGmbH14. 10. 2020 RUST

RuSt – Jahrestagung für Recht und SteuernBusiness Circle Management FortbildungsGmbH15. und 16. 10. 2020 RUST

Internationales Gesellschaftsrecht –Klarheit im Kollisionsfall

2020. XXIV, 168 Seiten.Br. EUR 48,–ISBN 978-3-214-12512-7

Artmann · Rüff ler · Torggler (Hrsg)

Gesellschaftsrecht und IPRFür grenzüberschreitend tätige Gesellschaften stellen sich regelmäßig herausfordernde Fragen im Zusam-menhang mit der anwendbaren Rechtsordnung. Bei der Rechtsanknüpfung bestehen auch diverse Gestal-tungsmöglichkeiten, die allerdings mit teils neuen Fallstricken verbunden sind. Die Beiträge befassen sich unter anderem mit:• der Reichweite des Gesellschaftsstatuts und seiner Abgrenzung zu anderen Kollisionsnormen,

insbesondere dem Insolvenzstatut (Rüffl er/Koller),• Formfragen aus praktischer Sicht (Gintenreiter),• der Zulässigkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen und Schiedsklauseln (Geroldinger/Puschmann),• Umstrukturierungen und Sitzverlegungen über die Grenze (Karollus) sowie• europarechtlichen Vorgaben für die Mobilität von Gesellschaften (S. Bydlinski).

MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbHtel +43 1 531 61 100 fax +43 1 531 61 455 [email protected] Kohlmarkt 16 ∙ 1010 Wien www.manz.at

Inland

Beachten Sie bitte auch die Termine in der Rubrik „Aus- und Fortbildung“ auf den Seiten 431 ff

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Termine

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Initiative für Grund- und Freiheitsrechte willBedrohungen für den Rechtsstaat aufzeigen

I n Klagenfurt hat sich im April 2020 eine Gruppe unab-hängiger Personen formiert, die sich zum Ziel gesetzt hat,

den Zustand der Grund- und Freiheitsrechte in Österreichgenau zu beobachten und Bedrohungen für den Rechtsstaatund die Verfassung aufzuzeigen. Bei aller Ernsthaftigkeitund Sorge um eine gesundheitliche Bedrohung durch dasCorona-Virus beobachtet die Gruppe die gravierenden Ein-schränkungen bis hin zu einer Aushöhlung von Grundrech-ten mit großer Sorge. Die „Initiative für Grund- und Frei-heitsrechte“ besteht aus Juristinnen und Juristen und ande-ren Personen des öffentlichen Lebens in Kärnten und hatzum Ziel, die allgemeine Wachsamkeit in Bezug auf Frei-heitsrechte aufrechtzuerhalten und breite Debatten anzure-gen. Dabei geht es etwa um das Erklären von Grundrechteneinzelner Personen und das Kommunizieren von Eingriffenin diese Grundrechte. Dazu gehört auch Kritik, wenn ohnehinreichende rechtliche Grundlage agiert wird. Die Initiati-ve will langfristig als „Watchdog“ tätig sein. Zu den Initia-toren zählen Univ.-Prof. Dr. Gernot Murko, Präsident der

Rechtsanwaltskammer für Kärnten, Dr. Bernhard Fink, Vi-zepräsident des ÖRAK, und Univ.-Prof. Dr. Mathis Fister,Mitglied des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer fürKärnten. Des Weiteren gehören der Vizepräsident des Lan-desgerichtes Klagenfurt Mag.Manfred Herrnhofer, die Rich-ter Mag. Akiko Kropfitsch, Dr. Christian Liebhauser-Karl,Dr. Christof Pollak und Mag. Sabine Roßmann, Univ.-Prof.Dr. Gerhard Baumgartner von der Universität Klagenfurt,Ferdinand Hafner von der Arbeiterkammer sowie die Un-ternehmer Peter Haas und Franz Tomažič der Gruppe an.Die Genannten agieren im Rahmen dieser Initiative als Pri-vatpersonen.

Bisher wurden bereits einige Beiträge zu aktuellen The-men publiziert. Diese können auf der Homepage www.ini-tiativegrundrechte.at nachgelesen werden.

Die bereits erschienenen Beiträge der RechtsanwälteUniv.-Prof. Dr. Gernot Murko, Univ.-Prof. Dr. Mathis Fis-ter und Dr. Bernhard Fink finden Sie auf den folgendenSeiten zum Nachlesen.

Besuchsverbot in Krankenhäusern undPflegeheimen ohne gesetzliche Grundlage

B esonders stark von den Ausgangssperren während derCorona-Krise waren Bewohnerinnen und Bewohner

von Pflegeheimen, aber auch stationär in KrankenanstaltenAufgenommene betroffen. Es wurde kommuniziert, dass eingenerelles Besuchsverbot sowohl in Krankenanstalten als auchPflegeheimen bestehen würde. Mit Ausnahme von Palliativs-tationen war auch das Abschiednehmen von sterbenden An-gehörigen nur eingeschränkt möglich. Diese Verbote basierenjedoch nicht auf gesetzlichen Grundlagen, auf Verordnungenoder auf Bescheiden. Lediglich Empfehlungen des Gesund-heitsministers und der jeweiligen Gesundheitslandesräte wur-den unter Berufung auf das Hausrecht der jeweiligen Anstaltumgesetzt. Einschränkungen der persönlichen Freiheit vonKranken und betagten Mitbürgerinnen und Mitbürgern sindjedoch nur aufgrund einer gesetzlichen Grundlage zulässig.

Besuchsverbote per Zuruf und Empfehlung sind unzuläs-sig. Dabei wird nicht die medizinische Sinnhaftigkeit dieserMaßnahmen in Zweifel gezogen. Hält man solche Maßnah-men jedoch für verhältnismäßig und zwingend erforderlich,so hat dies durch eine entsprechende gesetzliche Regelung,zumindest die Regelung in einer Verordnung, zu erfolgen.

Die Verhältnismäßigkeit derMaßnahmen ist andauernd zuüberprüfen. Wenn nunmehr diese Besuchsverbote gelockertwerden sollen, so basiert dies wiederum auf keiner rechtlichen

Grundlage, sondern stelle eine lapidare Empfehlung dar. DieCovid-19 Lockerungsverordnung (BGBl II 2020/197) stelltmeines Erachtens ausdrücklich klar, dass das Betreten vonPflegeheimen, Krankenanstalten undKuranstalten zulässig ist.

Univ.-Prof. Dr. Gernot Murko Foto: Helge Bauer

Der Betreiber und Dienstleistungserbringer hat jedochdurch geeignete Schutzmaßnahmen das Infektionsrisikozu minimieren (vgl § 2 Abs 5 leg cit). Die gegenteiligenAussagen können sich auf keine Rechtsgrundlage stützen.(Beitrag am Stand vom 5. 5. 2020)

GERNOT MURKOPräsident der Rechtsanwaltskammer für Kärnten und Uni-versitätsprofessor in Graz

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Chronik

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Fragwürdige Schließungen von Handels- undGastronomiebetrieben

D ie Schließung von Handels- und Gastronomiebetrie-ben bewirkt einen besonders gravierenden Eingriff in

das Grundrecht der Erwerbsfreiheit. Den betroffenen Unter-nehmerinnen und Unternehmern wird die Ausübung ihrerErwerbstätigkeit praktisch unmöglich gemacht. Eingriffe indas Grundrecht können zwar gerechtfertigt sein, um demöffentlichen Interesse des Gesundheitsschutzes zu dienen,doch dürfen diese Eingriffe nicht weiter gehen, als es zurWahrung des Gesundheitsschutzes unbedingt erforderlichist. Ob dies durchgehend der Fall war und ist, ist zweifelhaft.Ein Beispiel: Wenn es zurWahrung des Gesundheitsschutzesausreichend ist, dass Geschäfte mit Gesichtsmaske betretenwerden, dann wäre die gänzliche Schließung von Betriebenüberschießend und somit grundrechtswidrig. Dasselbe gältefür die Aufrechterhaltung der Schließung größerer Betriebeüber 400 Quadratmeter über den 14. 4. 2020 hinaus, wennschonendere Maßnahmen – wie etwa eine Beschränkungder Kundenanzahl und eine Maskenpflicht (so ja auch fürkleinere Betriebe unter 400 Quadratmetern) – denkbar sind.

Univ.-Prof. Dr. Mathis Fister Foto: Helge Bauer

Wenn Betriebseinrichtungen nicht mehr bestimmungsge-mäß genützt werden können, bewirkt dies (auch) einen Ein-

griff in die Eigentumsgarantie. Hier stellt sich nicht nur dieFrage, ob zur Wahrung des Gesundheitsschutzes stets dasschonendste Mittel gewählt wurde (siehe oben), sondernauch die weitere Frage, ob für die Eigentumsbeschränkun-gen eine Entschädigung geleistet werden müsste (was dieEigentumsgarantie nämlich grundsätzlich gebietet), die fürdie COVID-19-Schließungen aber nicht vorgesehen wurde(die Entschädigungsregelungen des Epidemiegesetzes sindzumindest nicht direkt anwendbar).

Auch die zahlreichen Differenzierungen zwischen einzel-nen Betrieben sind im Lichte des Gleichheitsgrundsatzes kri-tisch zu betrachten. Für Handelsbetriebe im Bereich derGrundversorgung der Bevölkerung (zB Lebensmittelhandel,Apotheken etc) waren von Anfang an Ausnahmen vorgese-hen. Seit dem 14. 4. 2020 konnten kleinere Betriebe bis zu 400Quadratmetern Verkaufsfläche unter bestimmten Vorausset-zungen wieder öffnen, größere Betriebe hingegen noch nicht.Seit dem 1. 5. 2020 darf der Handel wieder öffnen, die Gast-ronomie aber nicht (wiederum mit Ausnahmen). Alle dieseUnterscheidungen müssten, um grundrechtskonform zusein, sachlich begründbar sein. Ob dies durchgehend der Fallwar und ist, ist zweifelhaft. Ein Beispiel: Wenn und soweit dieSicherheitsmaßnahmen für kleinere Geschäfte unter 400Quadratmetern (Beschränkung der Kundenanzahl und Mas-kenpflicht) auch in größeren Geschäften über 400 Quadrat-metern gewährleistet werden können, fragt sich, womit dierechtliche Ungleichbehandlung sonst sachlich begründetwerden sollte. Ohne eine solche sachliche Rechtfertigung wä-re die Ungleichbehandlung kleinerer und größerer Geschäfteaber gleichheitswidrig. (Beitrag am Stand vom 5. 5. 2020)

MATHIS FISTERRechtsanwalt in Klagenfurt und Universitätsprofessor in Linz

Zur Abwägung von Grund- undFreiheitsrechten

D ie Notwendigkeit der Abwägung von Freiheitsrechtenergibt sich aus dem Umstand, dass es mehr als ein

Grundrecht gibt und keines grenzenlos gilt. Sie können mit-einander kollidieren, und daher dürfen auch die meistenGrundrechte durch ordnungsgemäß zustande gekommeneGesetze eingeschränkt werden. Nicht nur, um vorhersehba-re Kollisionen zu vermeiden, sondern auch, um verfas-sungsrechtlich legitimierte Ziele zu erreichen.

Der Abwägung des Rechts auf Leben (und der Gesund-heit) einerseits gegen das Recht auf Freiheit andererseits

vorgeschaltet ist jedenfalls die Prüfung der Verhältnismä-ßigkeit des jeweiligen konkreten Eingriffs. Neben der ver-fassungsrechtlichen Legitimität des verfolgten Zwecks mussdie Erforderlichkeit für die Erreichung dieses Zwecks an-hand von möglichen Alternativen mit einer damit verbun-denen weniger großen Eingriffsintensität geprüft werden.Der Staat darf Freiheitsrechte nicht willkürlich und nichtmehr als notwendig einschränken.

Die COVID-19-Krise macht eine Verhältnismäßigkeits-prüfung schwierig. Es geht dabei in der Tat nämlich nicht

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Chronik

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um den Schutz des Lebens im umfassenden Sinne, sondernum das Flachhalten der Kurve und um das Erreichen einerReproduktionszahl von unter der Zahl eins. Damit soll si-chergestellt werden, dass das Gesundheitssystem nicht kol-labiert und deshalb weiter adäquat auf Herausforderungenreagieren kann, was gewiss ein beachtenswertes und verfas-sungsrechtlich legitimes Ziel darstellt. Gleichzeitig aber istfestzuhalten, dass es ein Grundrecht auf Gesundheit garnicht gibt. Das Recht auf Leben wiederum war seinerzeitals Abwehrrecht gegen den Staat konzipiert, weil dieser oft-mals willkürlich mit Gewalt und Zwang in das Leben derMenschen eingriff. Aber seit es ein aufwendiges medizini-sches Versorgungssystem gibt, stellt sich die Frage, was derStaat tun muss, um lebensgefährliche Krankheitsverläufe zuverhindern. Es gibt die Verpflichtung des Staates, Lebenund Gesundheit zu schützen, und das nicht nur vor Angrif-fen des Staates, sondern auch in der Bereitstellung einerfunktionierenden Gesundheitsversorgung. Diese aber stehtunter dem Vorbehalt des Möglichen: Kein Staat kann seinegesamten Ressourcen nur in das Gesundheitssystem ste-cken.

Und damit kann gefragt werden: Wo verläuft die Grenzezwischen vermeidbaren und unvermeidbaren Krankheits-verläufen im Verhältnis zum enormen Umfang an Frei-heitsbeschränkungen und -verzichten? Dabei steht nichtdas Recht auf Leben des einen dem Recht auf Leben desanderen gegenüber, sondern es geht um das Verhältnis zwi-schen Leben, Freiheit und weiteren wichtigen Grundrech-ten. Es gibt gerade auch durch die einschneidenden Maß-nahmen massive Gesundheitsschäden, ja es sind dadurchwie durch das Virus leider auch Tote zu beklagen. Wie ver-hält sich dieser „Kollateralschaden“ zum verfolgten Ziel? Esgeht dabei auch um die Frage: Wie geht man mit einer un-richtigen Abwägung um, an deren Ende unter Umständeneine kollektive Kontaktsperre gilt, die die individuellen Frei-heitsrechte minimiert, ja teilweise völlig aus der Veranke-rung hebelt (keine Besuche sterbender Angehöriger imKrankenhaus, für Gläubige keine Messe, keine Versamm-lungen, keine Erwerbsfreiheit, eine vielleicht verpflichtendeÜberwachungsapp und kaum sozialer Kontakt etc)?

Durch eine Mischung von moralischer Einschüchterungund einer punktuellen Verabsolutierung des Gleichheits-grundsatzes hat man den Einwand zurückgewiesen, es seivielleicht besser, die Kontaktsperren auf Hochrisikogrup-pen zu beschränken, anstatt das gesamte Volk einzusperren.

Allein der Gedanke daran wurde als „zynisch“ gebrand-markt. Als würde es die Gerechtigkeit gebieten, Beschränkun-gen, die für den einen zweckmäßig und hilfreich sind, aus rei-ner Solidarität auf alle auszudehnen. Dabei hat man Gleich-heit und Gerechtigkeit nur behauptet, aber überall verletzt.

RA Dr. Bernhard Fink Foto: Helge Bauer

Man nehme zum Beispiel die Bestimmung der Verkaufsflä-che, die es vorerst nur kleineren Betrieben erlaubte, der Er-werbsfreiheit nachzugehen. Wo war für die Unterscheidungdie sachliche Rechtfertigung, wo die Gerechtigkeitsmaxime?Wie sieht es mit der Öffnung der Schulen zuerst nur für be-stimmte Altersgruppen aus? Warum durften Religionsge-meinschaften nicht ihre Rituale und Gebräuche pflegen?Und warum wurde von der Politik anders kommuniziert,als ministeriell verordnet? Aus der Verletzung des Gleich-heitsgrundsatzes ergibt sich Willkür, die eines demokrati-schen Staates unwürdig ist. Willkür ist ein Instrument vonDiktaturen, das dazu dient, die Bürger in stetiger Unsicherheitzu halten, nämlich vor allem auch darüber, ob die Verfassunggerade gilt oder nicht. (Beitrag am Stand vom 30. 5. 2020)

BERNHARD FINKVizepräsident der Rechtsanwaltskammer für Kärnten und Vi-zepräsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages

Nachruf Prof. Dr. Leo W. Chini

V öllig unerwartet und überraschend ist Prof. Dr. Leo W.Chini am 11. 2. 2020 verstorben. Wir haben damit ei-

nen großen Wissenschaftler und Wegbegleiter der FreienBerufe verloren. Prof. Chini hat als Honorarprofessor mitvenia docendi das Forschungsinstitut für Freie Berufe derWirtschaftsuniversität Wien gegründet und dieses bis zuseinem Ableben als Vorstand geführt. In dieser Funktionhat er unermüdlich, auch in Zusammenarbeit mit der Bu-Ko, die Interessen der Freien Berufe unterstützt, ua in meh-reren Publikationen und Veranstaltungen im In- und Aus-

land. Vor allem war es ihm ein Anliegen, die Freien Berufein ihrem Selbstverständnis und ihren Bestrebungen gegendie Tendenzen zur Deregulierung zu unterstützen.

Neben unzähligen wissenschaftlichen Publikationen,insbesondere zu betriebswirtschaftlichen und rechtlichenFragen der Unternehmensführung, vor allem in der Fach-zeitschrift „Aufsichtsrat“, hat sich Prof. Chini auch mit demBankwesen beschäftigt und einen umfassenden Kommentarzum BWG verfasst, in 2. und 3. Auflage gemeinsam mit RADr. Martin Oppitz.

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Chronik

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Prof. Dr. Leo W. Chini Foto: privat

Hervorzuheben ist jedoch vor allem die intensive Ausei-nandersetzung mit Fragen der Altersversorgung und desPensionskassensystems. Auf diesem Gebiet hat Prof. Chiniua die Rechtsanwaltskammer Wien Anfang der 90er Jahrebei der Einführung der Zusatzpension beraten. Ohne diefachlich fundierte Unterstützung, auch im Zuge der Ver-

handlungen mit dem BMF, wäre es nicht gelungen, dieZusatzpension innerhalb kurzer Zeit als gemeinsamesVersorgungswerk in allen Rechtsanwaltskammern einzu-richten.

Der langjährige Präsident der RechtsanwaltskammerWien und des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages,Dr.Walter Schuppich, gab dazu den Anstoß, weil er visionärmeinte, für die Unabhängigkeit der Advokatur ist auch einevon staatlichen Systemen unabhängige Versorgungseinrich-tung Voraussetzung, welche deshalb auch zukunftssicherund krisenfest gestaltet werden muss. Prof. Chini hat emp-fohlen, als zweite Säule der Altersversorgung ein kapitalge-decktes System in Anlehnung an das Pensionskassensystemeinzuführen, und auch den Erstentwurf für die Satzung derZusatzpension verfasst, der in der Folge mit nur geringenErgänzungen den von allen Rechtsanwaltskammern be-schlossenen Satzungen zu Grunde gelegt wurde.

Es ist daher gerechtfertigt, Prof. Chini als einen der Väterder Zusatzpension zu bezeichnen, dem die Anwaltschaft alsgroßen Wahrer ihrer Interessen zu Dank verpflichtet istund ein ehrendes Andenken bewahren wird.

HERBERT HOCHEGGERem. RA Dr. Herbert Hochegger in Wien

Web-Seminare – eine ergänzende Alternativezum Präsenz-Seminar

D ie Korona-Pandemie und die damit verbundenenRestriktionen haben uns alle vor große Herausforde-

rungen gestellt. Sie bestimmen noch immer das öffentliche,wirtschaftliche und auch das justizielle Leben.

Die österreichische Bundesregierung hat, beginnend mit16. 3., einen Lockdown beschlossen, der in mehreren Berei-chen Einschränkungen mit sich gebracht hat. So wurden uaUnternehmen, aber auch Behörden dazu aufgefordert, Mit-arbeiterinnen und Mitarbeitern ab diesem Tag tunlichstHome-Office zu ermöglichen. Auch ich konnte, so wie alleDiplomrechtspfleger*innen der österreichischen Gerichte,im Home-Office meine Firmenbuch-Akten bearbeiten bzwerledigen und so meinen Beitrag zur Fortführung der Rspleisten. Bedingt durch das Home-Office und der somit nichtgegebenen, physischen Anwesenheit der Mitarbeiter*innenwaren auch Videokonferenzen ein adäquates Medium zurAufrechterhaltung der Kommunikation. Auch im Justizbe-reich wurde und wird noch, nunmehr sogar bei Verhand-lungen, dieses Kommunikationsmittel angewendet.

Entsprechend dem Regierungsbeschluss wurden von denin Österreich tätigen öffentlichen und privaten Schulungs-anbietern ab Mitte März sämtliche Aus- und Fortbildungs-veranstaltungen, vorerst bis Ostern, abgesagt.

Mittlerweile konnten Präsenz-Seminare unter Einhal-tung der gesetzlichen Sicherheits- und Hygienevorschriften(zB Tragen von Mund-Nasen-Schutz, Einhaltung der Ab-standsregeln sowie von Hand-, Hust- und Nieshygiene)wieder aufgenommen werden.

In der Zwischenzeit des Stillstandes sind sehr viele Aus-und Fortbildungsinstitutionen dazu übergegangen, ihreSchulungen und Kurse als Web-Seminare anzubieten. Fort-bildungsveranstaltungen in Form von Web-Seminaren ha-ben, weil über das Internet abgehalten, – einen Internetzu-gang vorausgesetzt – den Vorteil, dass die Teilnahme nichtan einen festen Ort gebunden ist.

Auch das Justizbildungszentrum Schwechat und der Ös-terreichische Rechtsanwaltsverein, bei denen ich die Ehre ha-be, ein Teil des Vortragendenteams zu sein, haben die He-rausforderung angenommen, den Aus- und Fortbildungs-stillstand durch die Initiierung und Abhaltung von Web-Se-minaren zu überbrücken und möchte ich über meineErfahrungen mit dieser Vortragsmöglichkeit kurz berichten.

Beim Justizbildungszentrum Schwechat initiierte derLeiter des JBZ, Herr Vizepräsident Mag. Wolfgang Schus-ter-Kramer, die Abhaltung von Videovorträgen, welche inden Ausbildungskursen für Rechtspflegeranwärter*innen

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Chronik

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für Firmenbuch, Außerstreit und Exekution/Insolvenz ge-nutzt wurden. Meine Aufgabe als Vortragender im Firmen-buch-Spartenkurs bestand darin, den Anwärter*innen dasFirmenbuchgesetz vorzutragen und dauerten die Vorträgean fünf Tagen jeweils drei Stunden, wobei nach jeder Stun-de eine kurze Pause eingehalten wurde.

Für den Österreichischen Rechtsanwaltsverein war dieGeneralsekretärin, Frau Mag. Susanne Schöner, unterstütztdurch den Präsidenten, Herrn Dr. Thomas Hofer-Zeni, dieInitiatorin von Web-Seminaren. In den drei Seminaren mitjeweils vier Stunden Vortragsdauer zum Thema „Firmen-buch“ (bei einem Seminar in Kooperation mit Herrn Dr.Erich Heliczer, Rechtsanwalt em) wurde den Teilnehme-r*innen das Firmenbuchverfahren mit allen seinen Aspek-ten präsentiert und vermittelt.

Bei jeder der beiden Seminarreihen wurden zwar unter-schiedliche Softwaresysteme verwendet, die jedoch im Kern-bereich sehr ähnlich aufgebaut und somit für alle Beteiligtenauch sehr leicht handhabbar waren. Während der Dauer desVortrages gab es, bis auf wenige und auch kurze Internetstö-rungen, keine sonstigen technischen Probleme. Ich konnte dieauf meinem Laptop aufgespielten Power-Point-Folien mit al-len Teilnehmer*innen teilen und war es auch möglich, sonsti-ge Vortragsbestandteile, wie Internetseiten (zB die Homepageder österreichischenDiplomrechtspflegervereinigung, VDRÖ,mit der integrierten Entscheidungssammlung), Word-Doku-

mente und Statistikdateien über meinen Bildschirm den Kurs-teilnehmer*innen zu präsentieren. Die Feedbacks der Teilneh-mer*innen waren in allen Fällen durchwegs positiv.

Zusammengefasst möchte ich festhalten, dass ich persön-lich nach wie vor die Abhaltung von Präsenz-Seminaren be-vorzuge. Man kann als Vortragender in einem persönlichenVortrag die Stimmung der Teilnehmer*innen einfach bessereinschätzen und auf gestellte Fragen und allfällige anschlie-ßende Diskussionen auch leichter eingehen. Dies wird nichtzuletzt durch die positiven Feedbacks der Teilnehmer*innender bisherigen BU-Kurse für Kanzleikräfte und der Firmen-buchvortragsreihe, welche als Präsenz-Seminare stattgefun-den haben, dokumentiert. Die stets üblichen und sehr will-kommenen Fachdiskussionen in den Pausen der Seminaresind ein wichtiger Bestandteil des Präsenz-Seminars.

Nichtsdestotrotz können aber Web-Seminare, nicht nurin Krisenzeiten wie jetzt, vor allem auch im Hinblick aufAnreise- und Aufenthaltskosten der Vortragenden undder Teilnehmer*innen, eine ergänzende und meinerseitsauch bejahte Alternative zu den Präsenz-Seminaren sein.

WALTER SZÖKYDiplom-Rechtspfleger in Firmenbuchsachen beim Handelsge-richt Wien, Präsident der Vereinigung der Diplomrechtspflege-rinnen und Diplomrechtspfleger Österreichs – VDRÖ, Gene-ralsekretär der Europäischen Union der Rechtspfleger – E.U.R

Jetzt buchen: AWAK-Intensivseminarzu WEG

S ie können wieder aus dem Vollen schöpfen! AnfangJuli starteten die ersten Präsenzveranstaltungen der

Anwaltsakademie seit dem Lockdown. Die AWAK freutsich, der Krise zum Trotz auch wieder den Diamanten imProgramm anbieten zu können: das jährliche, dreitägige In-tensivseminar zu einem aktuellen Schwerpunktthema.Heuer:

„Das WEG ist das Ziel: IHR Schlüssel zum WOH-NUNGSEIGENTUMS- und BauträgervertragsGESETZ“von 26. bis 28. 11. in Wien.

Öffnen Sie die Tür zu einem Schatz an Expertenwissenzum Bauträgervertrags- und Wohnungseigentumsrecht!Die Vortragenden thematisieren neben grundlegendenProblemstellungen auch Aspekte, die durch die Corona-Krise wirtschaftlich besonders drängend sind: unter ande-rem der Ausfall eines Vertragspartners durch Insolvenz, dieAuswirkungen der Sonderregelungen, steuerliche und fi-nanzielle Fragen, Konfliktpotenziale und passende Lösungs-wege.

Jetzt auf www.awak.at buchen und durchstarten:

26. bis 28. 11., Imperial Riding School Renaissance Vien-na Hotel, Ungargasse 60, 1030 Wien

Bildnachweis: ©iStockphoto.com/manjik

ANWALTSAKADEMIE GESELLSCHAFT ZUR FÖRDERUNGANWALTLICHER AUS- UND FORTBILDUNG M.B.H.Reisnerstraße 5/3/2/5, 1030 Wien, www.awak.at

07-08_2020 österreichisches anwaltsblatt

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Chronik

Page 43: Anwbl 2020-07-08 393. - rechtsanwaelte.at · 2020. 7. 27. · 442 Zeitschriftenübersicht 447 RECHTSPRECHUNG 448 Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs 449

AnwaltsakademieAUGUST 2020

LIVE-WEBCAST

Immobiliengeschäfte und ihresteuerrechtlichen Auswirkungen –Immobilienertragsteuer, Grunderwerbsteuerund Gerichtsgebühren bei Immobilien-Transaktionen6. 8. ONLINESeminarnummer: 20200806–9

CHECKUP

Die Rechtsanwaltsprüfung – Intensivkurs„Prüfungsvorbereitung Öffentliches Recht“7. bis 25. 8. ST. GEORGEN I.A./LINZSeminarnummer: 20200807–3

LIVE-WEBCAST

Exekutionsrecht für Kanzleimitarbeiterund Rechtsanwaltsanwärter18. und 19. 8. ONLINESeminarnummer: 20200818–9

LIVE-WEBCAST

Zivilprozessrecht fürKanzleimitarbeiter undRechtsanwaltsanwärter20. und 21. 8. ONLINESeminarnummer: 20200820–9

BASIC

Das Zivilverfahren –vom ersten Klientenkontaktbis zum rechtskräftigen Urteil –der Alltag im Prozessverlaufanhand praktischer Beispiele20. bis 22. 8. GRAZSeminarnummer: 20200820–5

LIVE-WEBCAST

Schriftsätze im Zivilprozess27. und 28. 8. ONLINESeminarnummer: 20200827–9

SPECIAL

Strafverfahren II –Von der 1. Instanz bis zur Haftentlassung:Praxisbeispiele und Judikatur28. bis 29. 8. WIENSeminarnummer: 20200828–8

SEPTEMBER 2020

SPECIAL

Anglo-Amerikanisches Zivil- &Wirtschaftsrecht und InternationaleAnwaltskommunikation9. 9. bis 11. 11. WIENSeminarnummer: 20200909–8

SPECIAL

Kartellrecht – das Recht gegenWettbewerbsbeschränkungen9. und 10. 9. WIENSeminarnummer: 20200909A–8

BASIC

Die Ehescheidung und Aufteilungdes ehelichen Gebrauchsvermögens11. und 12. 9. FELDKIRCHSeminarnummer: 20200911–7

SPECIAL

Kapitalmarktrecht – Der organisierteKapitalmarkt, seine behördlicheAufsicht und der Wertpapierhandel11. und 12. 9. WIENSeminarnummer: 20200911–8

BASIC

Standes- und Honorarrecht:anwaltliche Pflichten, Rechte undStandesvertretung und dieHonoraransprüche des Anwaltsgegenüber Klienten11. und 12. 9. ST. GEORGEN I. A.Seminarnummer: 20200911–3

BRUSH UP

Abgabenverfahren, Betriebsprüfungenund Finanzstrafverfahren: Zusammenhang,Schnittstelle und Ablauf in der Praxis14. 9. GRAZSeminarnummer: 20200914–5

SPECIAL

Social-Media-Strategien undUmsetzungskonzepte fürRechtsanwaltskanzleien15. 9. WIENSeminarnummer: 20200915–8

österreichisches anwaltsblatt 07-08_2020

www.awak.at 431

Aus- und Fortbildung

Page 44: Anwbl 2020-07-08 393. - rechtsanwaelte.at · 2020. 7. 27. · 442 Zeitschriftenübersicht 447 RECHTSPRECHUNG 448 Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs 449

LIVE-WEBCAST

Standesrecht – anwaltliche Pflichten, Rechteund Standesvertretung17. und 18. 9. ONLINESeminarnummer: 20200917–9

KANZLEIMITARBEITER

„Professionelles Verhalten am Telefon“ –Das Telefon als Visitenkarte einer Kanzlei –Intensiv-Workshop für Kanzleimitarbeiter18. 9. INNSBRUCKSeminarnummer: 20200918–6

BRUSH UP

Steuerrechtliche Aspekte imInsolvenzverfahren und neueste Judikatur18. 9. GRAZSeminarnummer: 20200918–5

BASIC

Das Exekutionsrecht in Fallbeispielen –Grundlagen, Exekutionsmittel,Durchsetzungsstrategien undeinstweilige Verfügungen18. und 19. 9. WIENSeminarnummer: 20200918–8

BASIC

Verwaltungsverfahren,Verwaltungsstrafverfahren und Rechtsschutzim Öffentlichen Recht21. und 22. 9. INNSBRUCKSeminarnummer: 20200921–6

SPECIAL

Die Liegenschaftsverträge –Grundlagenwissen, Vertragsrecht,Grundbuchsrecht und Steuerrecht25. und 26. 9. ST. GEORGEN I. A.Seminarnummer: 20200925–3

BASIC

Gesellschaftsrecht I – Das Recht der Kapital-und Personengesellschaft – Rechtsformwahl,Vermögensordnung, Haftungsverfassung undGründung25. und 26. 9. WIENSeminarnummer: 20200925–8

BASIC

Rechtsmittel im Strafverfahren28. bis 30. 9. INNSBRUCKSeminarnummer: 20200928–6

KANZLEIMITARBEITER

Was ich als Kanzleimitarbeiter wissen muss:Aktuelle Anti-Geldwäsche-Compliance –Erkennung, Sorgfaltspflichten,Risikomanagement in der Praxis29. 9. LINZSeminarnummer: 20200929–3

LIVE-WEBCAST

Professionell kommunizieren –Kommunikationstraining für dieerfolgreiche Klientenbetreuung29. 9. ONLINESeminarnummer: 20200929–9

OKTOBER 2020

BASIC

Schriftsätze im Zivilprozess5. und 6. 10. GRAZSeminarnummer: 20201005–5

BRUSH UP

Der Rechtsanwalt im Finanz- und Steuerrecht –Steuerrecht und Steuertipps für RechtsanwälteAktuelle Steuerthemen – Rechtsform –Aufnahme/Trennung von Partnern7. 10. LINZSeminarnummer: 20201007–3

BASIC

Arbeitsrecht – Vertragsarten,Beendigung und arbeitsrechtlicheAnsprüche sowie typische Klagsbeispiele9. und 10. 10. WIENSeminarnummer: 20201009–8

BASIC

Gesellschaftsrecht I –Das Recht der Kapital-und Personengesellschaft –Rechtsformwahl, Vermögensordnung,Haftungsverfassung und Gründung9. und 10. 10. ST. GEORGEN I. A.Seminarnummer: 20201009–3

07-08_2020 österreichisches anwaltsblatt

432 www.awak.at

Aus- und Fortbildung

Page 45: Anwbl 2020-07-08 393. - rechtsanwaelte.at · 2020. 7. 27. · 442 Zeitschriftenübersicht 447 RECHTSPRECHUNG 448 Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs 449

SPECIAL

Privatkonkurs – Aktuelle Entwicklungenbei der Entschuldung von Privatpersonen –Weshalb ein Schuldenregulierungsverfahrenfür alle Beteiligten besser ist alsjahrelange Exekutionsverfahren12. 10. WIENSeminarnummer: 20201012–8

LIVE-WEBCAST

Der Erwachsenenschutz:Wissenswertes für denRechtsanwalt bei der Beratungoder Vertretung13. 10. ONLINESeminarnummer: 20201013–9

SPECIAL

Aktuelle Judikatur im Medienrecht –Persönlichkeitsschutz versusMeinungsfreiheit im Straf-, Zivil- undMediengesetz anhand praktischer Fälle14. 10. WIENSeminarnummer: 20201014–8

BASIC

Schriftsätze im Zivilprozess15. und 16. 10. WIENSeminarnummer: 20201015–8

KEY QUALIFICATIONS

Die optimale Einvernahme von Zeugenund Parteien im Zivilprozess und Strafprozess15. bis 17. 10. WIENSeminarnummer: 20201015A–8

BASIC

Strafverteidigung in der Praxis –Worauf es für einen Strafrechtlerwirklich ankommt!16. 10. LINZSeminarnummer: 20201016–3

SPECIAL

start-up für Rechtsanwälte –der Sprung ins kalte Wasser16. 10. INNSBRUCKSeminarnummer: 20201016–6

BASIC

Verwaltungsverfahren,Verwaltungsstrafverfahren undRechtsschutz im ÖffentlichenRecht II (VwGVG, VwGG, EuGH)16. und 17. 10. WIENSeminarnummer: 20201016–8

BRUSH UP

Unterhalt korrekt berechnen –Neueste Judikatur19. 10. GRAZSeminarnummer: 20201019–5

BASIC

Intensives (Zivil)Prozesstrainingfür künftige Rechtsanwältinnenund Rechtsanwälte19. 10. WIENSeminarnummer: 20201019–8

SPECIAL

Die Praxis des Bauträgervertragsgesetzes:Von der Planung bis zur Umsetzungvon Bauträgerprojekten20. 10. WIENSeminarnummer: 20201020–8

BASIC

Standes- und Honorarrecht:anwaltliche Pflichten, Rechte und Standes-vertretung und die Honoraransprüche desAnwalts gegenüber Klienten22. bis 24. 10. INNSBRUCKSeminarnummer: 20201022–6

BASIC

Das Zivilverfahren – vom erstenKlientenkontakt bis zumrechtskräftigen Urteil –der Alltag im Prozessverlaufanhand praktischer Beispiele22. bis 24. 10. WIENSeminarnummer: 20201022–8

BRUSH UP

Erbrecht und Vermögensnachfolge –Von der Testamentserrichtung bis zurEinantwortung – Aktuelles für denRechtsanwalt23. und 24. 10. WIENSeminarnummer: 20201023–8

österreichisches anwaltsblatt 07-08_2020

www.awak.at 433

Aus- und Fortbildung

Page 46: Anwbl 2020-07-08 393. - rechtsanwaelte.at · 2020. 7. 27. · 442 Zeitschriftenübersicht 447 RECHTSPRECHUNG 448 Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs 449

KANZLEIMITARBEITER

„Willkommen in unsererRechtsanwaltskanzlei!“ – Über denkorrekten Umgang mit Klienten/Innenam Telefon29. und 30. 10. LINZSeminarnummer: 20201029–3

BASIC

Das Zivilverfahren – vom erstenKlientenkontakt bis zum rechtskräftigen Urteil– der Alltag im Prozessverlauf anhandpraktischer Beispiele29. bis 31. 10. WIENSeminarnummer: 20201029–8

BASIC

Schriftsätze im verwaltungsgerichtlichenVerfahren als Vorbereitung aufdie Rechtsanwaltsprüfung30. 10. GRAZSeminarnummer: 20201030–5

SPECIAL

Der Liegenschaftsvertrag –Aspekte beim Erwerb vonWohnungseigentum (Musterverträge)30. und 31. 10. WIENSeminarnummer: 20201030–8

SPECIAL

Social-Media-Strategien undUmsetzungskonzepte fürRechtsanwaltskanzleienWarum Sie teilnehmen sollten:Das Seminar „Social-Media-Strategien und Umsetzungs-konzepte für Rechtsanwaltskanzleien“ soll nicht nur Er-folgskomponenten von Social Media im Tätigkeitsbereichder Rechtsanwälte aufzeigen, sondern auch über Redak-tionsplanungen und praktische Vorgehensweisen im tagtäg-lichen Alltag einer Rechtsanwaltskanzlei aufklären.

Referenten: Johanna Ludley, Kommunikationsexpertin, Un-ternehmerin und Managing Director der Agentur WonderWe Want GmbH in WienDr. Arthur Stadler, Rechtsanwalt in WienMag. Manuel Vogelsberger, BA, Influencer, Blogger, Grün-der, Eigentümer und Betreiber des Wiener Mode- und Life-styleblogs www.meanwhileinawesometown.comTermin: 15. September 2020 = 1 HalbtagVeranstaltungsort: Wien, Rechtsanwaltskammer WienSeminarnummer: 20200915–8

BRUSH UP

Steuerrechtliche Aspekte imInsolvenzverfahren und neuesteJudikaturWarum Sie teilnehmen sollten:In dem Seminar werden steuerliche Fragestellungen beiKonkurs und Sanierung von Unternehmen (Einzelunter-nehmen, Personengesellschaften, Kapitalgesellschaften) be-

handelt. Beleuchtet werden die Stellung des Insolvenzver-walters, des Schuldners sowie des Abgabengläubigers im In-solvenzverfahren sowie die Entstehung von Steueransprü-chen (samt Nebenansprüchen) und deren Einordnung alsInsolvenz- oder Masseforderung.

Referentin: Univ.-Prof. Mag. Dr. Sabine Barbara Kanduth-Kristen, LL.B., LL.M., BSc, Alpen-Adria-Universität Kla-genfurt – Institut für Finanzmanagement; SteuerberaterinTermin: 18. September 2020 = 2 HalbtageVeranstaltungsort: Graz, Wohlfühlhotel NovaparkSeminarnummer: 20200918–5

LIVE-WEBCAST

Professionell kommunizieren –Kommunikationstraining für dieerfolgreiche KlientenbetreuungWarum Sie teilnehmen sollten:Selbst die Kenntnis aller Gesetze, sämtlicher Entscheidun-gen, ja selbst der gesamten Bibliothek von juristischenKommentaren und Monographien macht noch keinenRechtsanwalt aus.

Je mehr wir wissen, erlebt und Erfahrungen gemacht ha-ben, desto schwieriger wird es, deren Ergebnisse zu kom-munizieren: der eigenen Klientel, der Kollegenschaft, demGegenüber in Verhandlungen – streitigen oder außerstrei-tigen –, dem Gericht (ordentlich oder in der Schiedsge-richtsbarkeit), dem Sachverständigen.

Paul Watzlawick hat gesagt: „Kommunikation ist Wir-kung, nicht Absicht.“ und Herbert Marshall McLuhan er-gänzt: „The medium is the message.“

Wie entscheidend es ist, welchen Kommunikationskanalwir wählen, wird uns gerade erst in Corona-Zeiten wieder

07-08_2020 österreichisches anwaltsblatt

434 www.awak.at

Aus- und Fortbildung

Page 47: Anwbl 2020-07-08 393. - rechtsanwaelte.at · 2020. 7. 27. · 442 Zeitschriftenübersicht 447 RECHTSPRECHUNG 448 Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs 449

bewusst: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.“ „Werschreibt, der bleibt“ (oder: . . . bleibt über, denn: „JedesSchriftl ein Giftl.“)

Kann das Video-Conferencing tatsächlich die persönli-che Anwesenheit ersetzen, wenn es um die wirklich ent-scheidenden Dinge geht (das Standesrecht setzt ja für einenwirksamen Anwaltsauftrag zumindest einen persönlichenKontakt voraus), und umgekehrt: Welche Mehrinformatio-nen liefert das Bild tatsächlich über den sprachlichen Kon-takt hinaus im Telefongespräch?

Anwaltliche Kommunikation hat sich in den letzten Mo-naten radikal verändert – und ist doch in ihrem Wesens-kern gleich geblieben: persönliches Vertrauen ist nicht alles,aber ohne Vertrauen ist alles nichts.

In der bipolaren – oder möglichst vielseitigen – Kommu-nikation über Zoom werden wir uns über die unterschied-lichen Erfordernisse an die Kommunikation des Anwalts,über ihren jeweils richtigen formalen und inhaltlichen Ein-satz und die Geheimnisse ihres Erfolges unterhalten.

Referent: DDr. Gerald Fürst, Rechtsanwalt in MödlingTermin: 29. September 2020 = 1 HalbtagVeranstaltungsort: ONLINESeminarnummer: 20200929–9

LIVE-WEBCAST

Der Erwachsenenschutz:Wissenswertes für denRechtsanwalt bei der Beratungoder VertretungWarum Sie teilnehmen sollten:Der LIVE-WEBCAST bietet einen kompakten Überblicküber das Erwachsenenschutzrecht.

Referenten: Mag. Margot Artner, Rechtsanwältin, Erwach-senenvertreterin und Psychotherapeutin in WienVP Dr. Eric Heinke, Vizepräsident der Rechtsanwaltskam-mer Wien, Rechtsanwalt in WienTermin: 13. Oktober 2020 = 2 HalbtageVeranstaltungsort: ONLINESeminarnummer: 20201013–9

BASIC

Intensives (Zivil)Prozesstrainingfür künftige Rechtsanwältinnenund RechtsanwälteWarum Sie teilnehmen sollten:Während in der Prozessvorbereitung und -begleitung inAnwaltskanzleien oft große Manpower/Teamarbeit einge-

setzt werden kann, steht der Anwalt in der mündlichenStreitverhandlung in der Regel als Einzelkämpfer nichtnur dem Prozessgegner, sondern einem versierten Pro-zessrechtskenner, dem Richter, gegenüber, der regelmäßigmehr Verhandlungserfahrung haben wird und dessenZiele (möglichst kurzer, einfacher Prozess) durchausdem Ziel des Rechtsanwalts zuwiderlaufen können. Da-raus resultieren Konfliktsituationen, deren Bewältigungzu trainieren sich lohnt, weil damit dem Ziel des Man-danten entscheidend zum Durchbruch verholfen werdenkann.

Ziel des Seminars ist es daher, in einem eintägigen Ver-handlungstraining, in dem jeder Seminarteilnehmer zeit-weise die Rolle des Parteienvertreters übernehmen muss,die drohenden Konflikte theoretisch vorzubesprechen, da-nach praktisch zu trainieren und abschließend in einerFeedbackrunde mit den Trainern zu besprechen.

Lernziele:• Konzentriert, konsequent und vollständig vorbringen• korrekte Protokollierung durch den Richter überwa-

chen; Fehler rügen• Verfahrensmängel bemerken/rügen• Vergleichsgespräche führen bzw Vergleichsdruck aus-

halten• Fragetechniken üben• Umgang mit überraschenden Wendungen• Zeit gewinnen• Verzögerungen durch Gegner verhindern• Reaktion auf Anschein der Befangenheit des Richters• persönliche oder aggressive Angriffe des Gegners be-

wältigen

Referenten: Dr. Thomas Hofer-Zeni, Rechtsanwalt in WienMMag. Doris Obereder, Richterin des BG LeopoldstadtDr. Roland Parzmayr, Hofrat des OGHTermin: 19. Oktober 2020 = 2 HalbtageVeranstaltungsort: Wien, Fleming‘s Conference HotelWienSeminarnummer: 20201019–8

UPDATE

ERBRECHT UNDVERMÖGENSNACHFOLGE –Von der Testamentserrichtungbis zur Einantwortung –Aktuelles für den RechtsanwaltWarum Sie teilnehmen sollten:Dieses Seminar ist den vielen neuen Fragen „rund umden Todesfall“ zu der seit 1. 1. 2017 geltenden neuenRechtslage gewidmet. Die Vortragenden kommen aus al-len mit diesen Fragen befassten Berufsgruppen. Die Teil-

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Aus- und Fortbildung

Page 48: Anwbl 2020-07-08 393. - rechtsanwaelte.at · 2020. 7. 27. · 442 Zeitschriftenübersicht 447 RECHTSPRECHUNG 448 Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs 449

nehmer erhalten damit nicht nur den aktuellen Wissens-stand von Experten zum neuen Erbrecht vermittelt. Auchder im Berufsalltag jeweils unterschiedliche Zugang zuLösungen für neue (und alte) Rechtsfragen wird anschau-lich nähergebracht. Das Seminar sollte damit für jene in-teressant sein, die auch zum neuen Erbrecht als Rechts-anwalt kompetent beraten und Auskunft geben könnenwollen.

Wir bitten um rechtzeitige Anmeldung, da die Teilneh-merzahl auf 30 Personen beschränkt ist.

Referenten: HR Dr. Edwin Gitschthaler, Richter am OGH(Mitglied des 6. Senats)Dr. Harald Glocknitzer, Steuerberater und Wirtschaftsprü-fer in WienUniv.-Prof. Dr. Christian Rabl, Rechtsanwalt in WienUniv.-Prof. Dr. Martin Schauer, Institut für Zivilrecht derUniversität WienHon.-Prof. RA Dr. Elisabeth Scheuba, Rechtsanwältin inWienMag. Karolina Vajda, Notariatskandidatin in WienTermin: 23. und 24. Oktober 2020 = 3 HalbtageVeranstaltungsort: Wien, HOTEL DE FRANCESeminarnummer: 20201023–8

58 Cg 50/19i Vergleich

Klagende Partei: Österreichischer Rechts-anwaltsverein, wirtschaftliche Organisation der Rechtsanwälte Österreichs, Rotenturm-straße 13/DG 1010 Wien, vertreten durch: RA Dr. Heinz-Peter Wachter, 1030 Wien Beklagte Partei: FH-Doz. Univ.-Lektor Mag. Christoph Kothbauer, Fritz-Kandl-Gasse 29/3/3, 1210 Wien, vertreten durch Dr. Sascha Daniel SALOMONOWITZ, Tuchlauben 18/9,1010 Wien Die beklagte Partei verpflichtet sich gegenüber der klagenden Partei, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, Rechtsberatung anzubieten, dies insbesondere im Bestandrecht, betreffend Mietverträge, Wohnungs- und Miteigentum, Verwalter-pflichten, Maklerrecht und Haftungsfragen, etc., oder in der Folge auch durchzuführen. Dabei entspricht es dem gemeinsamen Verständnis der Parteien, dass von dieser Unterlassungsverpflichtung die Veröffent-lichung von Rechtstexten iZm Büchern aller Art, Skripten, Vortragsunterlagen oder andere Publikationen zB Fachartikel, sowie sämtliche Texte iZm der Lehr-, Seminar und Unterrichtstätigkeit der beklagten Partei nicht umfasst sind. Nicht von der Unterlassungsverpflichtung umfasst sind weiters jegliche Texte im Sinne einer Wiedergabe vertretbarer Rechts- auffassungen, inklusive der Rechtsauffassung der beklagten Partei, der Rechtslage und/oder der Judikatur zu einem/r Rechtsthema/-frage. Von der Unterlassungsverpflichtung umfasst sind dagegen Texte, mit rechtlichem Inhalt, die aufgrund individueller Aufträge von Klienten oder deren Vertretern zu individuellen, konkreten Rechts- und Sachfragen dieser Person erstellt werden, wenn und soweit sie konkrete Handlungsvorschläge im Sinne einer Rechtsberatung beinhalten.

Handelsgericht Wien Wien, 14. Mai 2020

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Aus- und Fortbildung

Page 49: Anwbl 2020-07-08 393. - rechtsanwaelte.at · 2020. 7. 27. · 442 Zeitschriftenübersicht 447 RECHTSPRECHUNG 448 Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs 449

StVO – Straßenverkehrsordnung

K napp vier Jahre sind seit der 14. Auflage der Straßen-verkehrsordnung 1960 mit erläuternden Anmerkun-

gen vergangen. Wesentliche Judikatur der HöchstG zu ver-schiedensten Themen hat nun die 15. Auflage notwendiggemacht. Diese Neuauflage beschäftigt sich ua mit höchst-gerichtlicher Judikatur zu Fragen iZm Suchtgiftbeeinträch-tigung beim Lenken von Fahrzeugen und Anwohnerparken.Auch neue Bestimmungen wie die umfassenden Regelun-gen für elektrische Klein- und Miniroller wurden in diesemBand aufgegriffen und erläutert. Auch dieses Werk bedientsich der altbewährten Gliederung und dem üblichen Rand-ziffernsystem. Die 15. Auflage der StVO verfügt über einkapitelinternes Inhaltsverzeichnis, welches am Anfang einesjeden Kapitels genau aufzeigt, wo welches Thema zu findenist. Die seit der 14. Auflage erschienene Fachliteratur wurdelückenlos in das Literaturverzeichnis aufgenommen. Dasüberaus ausführliche Stichwortverzeichnis wurde aktuali-siert und hilft bei der Orientierung und dient der schnellenund effizienten Auffindung der gewünschten Klauseln. DieHandhabung wird hierdurch bedeutend erleichtert.

Ein immer aktueller werdendes The-ma ist, aufgrund der erhöhten Populari-tät von CBD-Produkten, das Problemder Suchtgiftbeeinträchtigung beim Len-ken von Fahrzeugen. Momentan gilt je-der, der Auto fährt und Spuren von Can-nabis oder CBD im Blut hat, als ver-kehrsuntüchtig, denn Grenzwerte gibtes anders als bei Alkohol nicht.

In dem bahnbrechenden Erk des LVwG NÖ v 9. 4. 2019zur Geschäftszahl LVwG-S-2729/001–2018 wurde dem Be-schwerdeführer zunächst von der Verwaltungsbehörde an-gelastet, er habe ein Kleinkraftrad übermüdet und in einemdurch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt, da eineStunde später eine geringe THC-COOH-Konzentration(dies sei ein Abbauprodukt von THC) im Blut des Lenkersfestgestellt wurde. Dies solle beweisen, dass er im Zeitpunktdes Lenkens durch THC (Cannabiswirkstoff) beeinträchtigtgewesen sei – dieses habe sich aber, binnen der Stunde biszur Blutabnahme, in das unwirksame Abbauprodukt umge-wandelt. Dieser Argumentation wurde jedoch nicht gefolgt.Das LVwG NÖ stützt sich in seiner Entscheidung auf einGutachten, welches eindeutig besagt, dass THC nicht imBlut des Lenkers festgestellt wurde. Die schon festgestellte,geringe Menge an dem inaktiven StoffwechselproduktTHC-COOH bestätigte, dass der Cannabis-Konsum längereZeit vor Inbetriebnahme des Fahrzeuges erfolgt sein musste.Es sei nicht möglich, dass sich das THC binnen einer Stun-de in unwirksames THC-COOH abbaut, wodurch zum Tat-zeitpunkt eine Beeinträchtigung der Fahreignung unmög-lich war. Eine Verkehrsuntüchtigkeit ist nur gegeben, wenndie psychotrope Wirkung durch die Cannabis-Abbaupro-dukte THC und 11-OH-THC im Blut nachweisbar ist.

Der ebenfalls im Blut auffindbare Stoff THC-COOH ist je-doch nicht psychoaktiv wirksam und kann sohin nicht zumEntzug des Führerscheines führen.

Ein weiteres höchst aktuelles Thema ist das Fahren mitKlein- und Minirollern mit elektrischem Antrieb (sogE-Scooter). Hierfür wurden im § 88b StVO Sonderregelun-gen geschaffen: Laut Abs 1 ist die Benutzung solcher Rollerauf Gehsteigen, Gehwegen und Schutzwegen unzulässig, essei denn, dies wurde von der Behörde durch Verordnungerlaubt. Elektrisch betriebene Roller werden jedenfalls nichtals Fahrräder eingestuft, sondern gelten als vorwiegend zurVerwendung außerhalb der Fahrbahn bestimmte Kleinfahr-zeuge. Es wird allerdings für E-Scooter-Fahrer auf die fürRadfahrer geltenden Verhaltensvorschriften verwiesen,was bedeutet, dass sie sich auf Radfahranlagen zu bewegenhaben und dass auch für sie die 0,8 Promille-Grenze des § 5StVO gilt. Diese Verhaltensvorschriften gelten jedoch nurfür die Rollerfahrer selbst. Andere Verkehrsteilnehmer ha-ben sich ihnen gegenüber daher nicht wie gegenüber Rad-fahrern zu verhalten (ihnen ist bspw kein Rechtsvorrang zugeben).

Der 15. Band des Werkes überzeugt in erster Linie durchdie angenehme Handhabung aufgrund des exzellenten In-haltsverzeichnisses, der praxisorientierten Darstellung undseines weitreichenden, topaktuellen Inhalts. Das Werk er-leichtert die alltägliche juristische Arbeit iZm Straßenver-kehrsfragen ungemein und kann, vor allem aufgrund desüberaus sachkundigen Inhalts, für die Anwendung in derPraxis ausdrücklich nur weiterempfohlen werden.

StVO – Straßenverkehrsordnung.

Von Gerhard Pürstl. 15. Auflage, Verlag Manz, Wien 2019,XXXII, 1.356 Seiten, € 228,–.

GEROLD BENEDER

Handelsgesetzbuch

D er von Nomos nunmehr in dritter Auflage verlegteHandkommentar von Heidel/Schall hat sich zwi-

schenzeitlich zu einem Standardwerk im deutschen Han-delsrecht bewährt.

Selbst wenn sich in Österreich durchdie UGB-Reform mit Wirkung zum1. 1. 2007 unser Unternehmensrechtvom deutschen Handelsrecht „gespreizt“hat, sind für die Auslegung österreichi-scher Bestimmungen im UGB immer

noch deutsche Kommentare sehr hilfreich.Durch die Abkehr vom altmodischen Kaufmannsbegriff

mit dem Unternehmensbegriff im UGB sind die ersten Be-stimmungen und die Kommentierungen hierzu (§§ 1 ffHGB) für den österreichischen Juristen nicht mehr unbe-

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Rezensionen

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dingt notwendig. Sie zeigen aber neuerlich die wohltuendeEinfachheit des neuen Anwendungsbereiches im UGB.

Sehr wohl hilfreich sind hingegen die Judikate zu denPublizitätsvorschriften (§ 15 HGB) und in weiterer Folgeauch zur Prokura und Handelsvollmacht, die auch in Öster-reich immer wieder in der Praxis für Diskussionen sorgen,vgl Schmidt Vor §§ 48–58 Rz 1ff, wobei dieser auch dasneue deutsche Stellvertretungs-IPR bearbeitet (Rz 11), wasinsb in grenzüberschreitenden Fragen Deutschland-Öster-reich bedeutsam ist (vgl dazu auch § 49 IPRG).

Zum unterschiedlichen Wesensverständnis zwischen demnachvertraglichen Konkurrenzverbot in Österreich (§ 36AngG) und Deutschland (§ 74 HGB) und der in Deutschlandzwingend vorgesehenen Karenzentschädigung bringt dieKommentierung von Ring (§ 74 Rz 27 ff) Licht ins Dunkel;das ist gerade in der Beratungspraxis mit deutschen Mandan-ten hilfreich – gehen die doch meist von anderen Vorstellun-gen aus –, sodass sich ein Nachlesen empfiehlt.

Für das Recht der OG und KG sind die umfassendenKommentierungen jedenfalls beachtlich und auch für dieAuslegung der österreichischen Vorschriften passend; alleinHeidel erläutert die §§ 105 bis 108 auf rund 150 Seiten. Da-nach folgt ein Kapitel zum Konzernrecht (Schall). Umfang-reiche Anhänge zur GmbH & Co KG, Ltd & Co KG sowiezum internationalen Personengesellschaftsrecht schließenan das Recht der KG an, die auch für Österreich über weiteStrecken verwendbar sind (nach § 177a zB Anhang IntPersGesR mit rund 50 Druckseiten).

Auch wenn sich durch die UGB-Reform auch im Rechtder Unternehmensgeschäfte vieles vereinfacht hat, erscheintgerade auch etwa die Kommentierung zu den Handelsbräu-chen (etwa zu Incoterms und anderen typischen Klauseln§ 346 Rz 68ff von Klappstein) für den österr Juristen sehraufschlussreich.

Ein ebenso wohltuender Unterschied ist, dass § 377 UGBanders als § 377 HGB Erleichterungen vorsieht, was etwa dieUnverzüglichkeit der Untersuchungs- und Rügepflicht be-trifft. Gleichwohl sind nach wie vor viele Fragen deckungs-gleich (etwa zu Ausmaß und Inhalt der Untersuchungs- undRügeobliegenheit). Erfreulich ist, dass die österreichische Ju-dikatur völlig zu Recht liberaler ist, was die vertragliche Mo-difizierung oder gar Abbedingung des § 377 durch AGB be-trifft (vgl nur Stöber, § 377 Rz 83ff). Die österr Judikatur solltedie (zu) strenge Handhabe des BGH hier nicht übernehmen.

Alles in allem ist dieser HGB-Kommentar auch bei ei-nem österreichischen Unternehmensrechtsjuristen gut auf-gehoben; das Preis-Leistungsverhältnis ist hervorragend.

Handelsgesetzbuch Handkommentar.

Von Thomas Heidel/Alexander Schall (Hrsg). 3. Auflage,Verlag Nomos, Baden-Baden 2019, 3.347 Seiten, geb,€ 152,20.

ALEXANDER WITTWER

Möglichkeiten und Grenzen derArbeitszeitgestaltung

A rbeitszeit- und Arbeitsruherecht sind durch das Ge-menge von europa-, einfachgesetz-, kollektivvertrags-

und betriebsverfassungsrechtlichen Vorschriften eine kom-plexe Materie. Der neue, hier zu besprechende „Leitfaden“von Tomandl führt in seinem ersten Teil in das AZG ein. Ererläutert die verschiedenen Begriffe der Arbeitszeit – etwavon den Ruhepausen über Arbeits- und Rufbereitschaft –bis hin zu den (neuen) Höchstarbeitszeiten und die Nor-malarbeitszeit; bei letzterem liegt der Schwerpunkt dieserDarstellung (mit den gesamten Flexibilisierungsmöglichkei-ten).

Augenmerk wird gerade beim An-wendungsbereich (von AZG und ARG)auf die – durch die Novelle mit Wirkungzum 1. 9. 2018 eingeführten – neuenAusnahmen gelegt (Rz 3). Hier würdeman sich – viele Streitfragen sind näm-lich offen – eine etwas detaillierte Ausei-nandersetzung wünschen. Gleiches giltzur Frage, ob bei § 9 Abs 4 AZG ein „fle-

xibler“ oder „fester“ Durchrechnungszeitraum zur Zulässig-keit des Zwölfstundentags möglich ist; der EuGH bejahtneuerdings beide Möglichkeiten. Das Sozialministeriumhat die Arbeitsinspektorate nun zur Prüfung fester Durch-rechnungszeiträume angewiesen.

Hilfreich sind die Textierungsbeispiele für Vertragsmus-ter, etwa zur Normalarbeitszeit (Rz 31), bei Schichtarbeit(Rz 38), zur Gleitzeit (Rz 39) oder zu Überstunden (Rz 45).

An das AZG schließt ein Überblick über das Arbeitsru-herecht an; auch hier sind die seit 1. 9. 2018 neuen Ausnah-men von der Wochenendruhe (§ 12b ARG) dargestellt(Rz 89). Das Schlusskapitel enthält die gemeinsamen Vor-schriften zu Aufzeichnungspflichten und Verwaltungsstra-fen.

Es ist – was auch Tomandl im Vorwort klarstellt – beieinem Leitfaden nicht vorgesehen, alle Streitfragen abschlie-ßend darzustellen und zu beantworten. Wer in die Materietiefer einsteigen möchte, wird zusätzlich einen der gängigenKommentare zu Rate ziehen. Das Werk ist aber gerade fürEinsteiger, Studierende und Prüfungsaspiranten ein sehrwertvoller Behelf, um sich einen ersten Überblick zu ver-schaffen.

Möglichkeiten und Grenzen der Arbeitszeitgestal-tung.

Von Theodor Tomandl. Leitfaden, Verlag Manz, Wien 2019,X, 194 Seiten, br, € 44,–.

ALEXANDER WITTWER

07-08_2020 österreichisches anwaltsblatt

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Laien in der Gerichtsbarkeit.Geschichte und aktuellePerspektiven

Im Verlag Österreich ist ein Sammelband zum oben an-gegebenen Thema erschienen, der im Wesentlichen auf

Vorträgen beruht, die im Jahr 2017 auf einer Tagung desInstituts für Rechts- und Verfassungsgeschichte der Univer-sität Wien in Zusammenarbeit mit den juristischen Berufs-vereinigungen der Richterinnen und Richter sowie Staats-anwältinnen und Staatsanwälte gehalten wurden.

Nach einem Vorwort von GeraldKohl und Ilse Reiter-Zatloukal (S V) wer-den folgende Themen behandelt: zumSchwerpunkt „Internationales“: Alice Sa-doghi, Die Laiengerichtsbarkeit im inter-nationalen Rechtsvergleich (S 1ff); zumSchwerpunkt „Vormoderne“: GerhardAmmerer, Schöffengerichtsbarkeit imMittelalter und in der Frühen Neuzeit

(S 9 ff); Eva Ortlieb, Laien in der Höchstgerichtsbarkeitdes frühneuzeitlichen Heiligen Römischen Reiches(S 27ff); zum Schwerpunkt „Österreich“: Christoph Schmet-terer, Laien in der österreichischen Strafrechtspflege 1848bis 1918 (S 41ff); Dunja Pastovic, Nationalität und Sprachein der Laiengerichtsbarkeit in Istrien (1873 bis 1918)(S 61 ff); Martin Moll, Laien im österreichischen Militär-strafverfahren (S 75ff); Ilse Reiter- Zatloukal, Laiengerichts-barkeit zwischen Demokratie und Diktatur – Geschwore-nen- und Schöffengerichte in Österreich 1918 bis 1938(S 91ff); Gabriele Schneider, Die Zulassung von Frauen alsLaienrichterinnen in der österreichischen Strafrechtspflege(S 143 ff); Alfred Waldstätten, Der Simmeringer Schutz-bundprozess 1933 (S 161ff);Wolfgang Form, Nazis in RoterRobe – Laienrichter des Volksgerichtshofes (S 185ff); Win-fried Garscha, Die Laienrichterinnen in den Volksgerichten1945 bis 1955 (S 209 ff); Martin Kaplans und SusanneReindl-Krauskopf, Die Laienrichter in der Zweiten Republik(S 223 ff); Klara Keglevic, Und was denken eigentlich dieGeschworenen? Eine empirische Studie zum Gesamtein-druck vom Geschworenenamt (S 237 ff); Markus Vasek,Verfassungsrechtliche Grenzen einer Reform der Laienge-richtsbarkeit (S 251 ff); zum Schwerpunkt „EuropäischePerspektiven“: Conor Hanley, Aspects oft the English Jury-System (S 271ff); Martin Löhnig, Entwicklungslinien in derstrafprozessualen Laienbeteiligung in Deutschland im 19.und 20. Jahrhundert (S 285ff);Martin Vormbaum, Laienge-richtsbarkeit in der Deutschen Demokratischen Republik(S 305ff); Georg Grünstäudl,Des Zürcher Laienrichters letz-ter Akt – Eine Geschichte der Professionalisierung der Jus-tiz (S 319ff); Jaromir Tauchen, Laiengerichtsbarkeit in derTschechoslowakei 1918 bis 1989 (S 341ff); Nazar Panych,Laiengerichtsbarkeit in der Ukraine – Erfahrungen seit

1772 und moderne Tendenzen (S 363ff); zum Schwerpunkt„Jenseits des Strafrechts“: Peter Collin, Interessenvertreteroder Sachverständige? Laienbeisitzer im späten 19. Jahr-hundert (S 385ff); Gerald Kohl, Laien in der österreichi-schen Handels- und Gewerbegerichtsbarkeit vor 1918(S 399ff); Karl-Heinz Krenn, Der Beitrag der fachmänni-schen Laienrichter aus dem Handelsstand für die Handels-gerichtsbarkeit (S 431 ff); Peter Mayr, Gemeindevermitt-lungsämter als Ersatz-Laiengerichte (S 437 ff); BarbaraCargnelli-Weichselbaum, Laiengerichtsbarkeit in Reinkulturim Disziplinarrecht des öffentlichen Dienstes (S 453ff). EinVerzeichnis der Autorinnen und Autoren schließt das Werkab (S 493ff).

Der vorliegende Sammelband besticht vor allem durchseine Breite an Information, gewährleistet vor allem auchdurch jene Beiträge, die der Rechtsvergleichung gewidmetsind. Für die juristische Sicht bietet die historische Aufbe-reitung eine unentbehrliche, wertvolle Grundlage, die vonden Anfängen der Laiengerichtsbarkeit bis in die aktuelleReformdiskussion reicht und dabei auch deren Vor- undNachteile beleuchtet. Wie nicht anders zu erwarten undauch im vorliegenden Sammelband besonders gewichtet,entzündet sich der Meinungsstreit um den Wert der Laien-gerichtsbarkeit im Strafrecht vor allem am Geschworenen-gericht, bei dem bekanntlich Laien allein die Schuldfrageentscheiden und dessen Abschaffung bzw Ersetzung durchein großes Schöffengericht (bei dem Berufsrichter undLaien gemeinsam entscheiden) schon jahrzehntelang disku-tiert, einerseits vehement gefordert, anderseits ebenso ent-schieden abgelehnt wird. Die zu diesem Thema schon län-ger währende strafrechtliche Reformdiskussion hat diemaßgeblichen Argumente mehrfach und eingehend aufge-zeigt: Politisch gilt es also, sich zu entscheiden. Dabei sollteallerdings die staatspolitische Verknüpfung dieser Proble-matik nicht (mehr) im Vordergrund stehen, denn auchStaaten, die das Geschworenengericht im oben skizziertenSinn abgeschafft haben, sind deswegen nicht in autoritäreoder gar diktatorische Strukturen (zurück-)gefallen. Das giltwohl auch für Österreich. Wer – nicht nur dazu – mehrerfahren möchte, wird in dem vorliegenden Sammelbandeine „Fundgrube“ vorfinden.

Laien in der Gerichtsbarkeit. Geschichte und aktuellePerspektiven.

Von Gerald Kohl/Ilse Reiter-Zatloukal (Hrsg). Verlag Öster-reich, Wien 2019, 514 Seiten, br, € 99,–.

EINHARD STEININGER

österreichisches anwaltsblatt 07-08_2020

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Page 52: Anwbl 2020-07-08 393. - rechtsanwaelte.at · 2020. 7. 27. · 442 Zeitschriftenübersicht 447 RECHTSPRECHUNG 448 Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs 449

Preisabsprachen

D er vorliegenden Arbeit geht auf eine Dissertation zu-rück, die im Sommersemester 2016 an der Wirt-

schaftsuniversität Wien approbiert wurde. Sie behandelt inzwei zentralen Bereichen zum einen die straf- und kartell-rechtliche Verantwortlichkeit juristischer Personen wegenSubmissionsabsprachen in Vergabeverfahren, zum anderndie sich daraus ergebende mögliche Doppelbestrafung vordem Hintergrund des Zusammenspiels von nationalemRecht und Unionsrecht. Die Literatur wurde für die Veröf-fentlichung aktualisiert (Vorwort, S 7), wobei dem Rezen-senten in diesem Zusammenhang der ergänzende Hinweisauf das in etwa zeitgleich erschienene Werk von McAllister,Die Kartellgeldbusse. Begrenzung durch allgemeine Grund-sätze der Strafbarkeit (Linde Verlag 2017), gestattet sei.

Nach dem Vorwort der Herausgeber(S 5) und der Autorin (S 7) sowie einemAbkürzungsverzeichnis (S 15 ff) folgt imersten Teil der Arbeit, der vor allem ma-teriellrechtlichen Fragen gewidmet ist,nach einem allgemeinen, in die Problema-tik einleitenden Teil (S 21ff) die Untersu-chung zur Strafbarkeit der natürlichenPerson (S 39ff), wobei vor allem den Sub-

missionsabsprachen als Betrug nach §§ 146ff StGB (S 39ff)und als wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Vergabe-verfahren nach § 168b StGB (S 55ff) nachgegangen wird. Ineinem abschließenden Exkurs wird das Verhältnis der§§ 146ff StGB zu § 168b StGB behandelt (S 69ff). Daran an-schließend wird der Strafbarkeit der juristischen Personnachgegangen (S 85 ff), wobei die einschlägigen Normendes VbVG und des Kartellgesetzes 2005 vor demHintergrunddes Kartellrechtes auf Unionsebene (Art 101 AEUV und VO1/2003) erörtert werden. Der zweite, prozessuale Teil der Ar-beit ist vor allem dem Verbot der Doppelbestrafung („Ne bisin idem“) gewidmet (S 153ff). Nach einer eingehenden Erör-terung von Art 50 GRC, in dem dieser Grundsatz als Be-standteil des Unionsrechts verankert ist („Niemand darf we-gen einer Straftat, derentwegen er bereits in der Union nachdem Gesetz rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen wor-den ist, in einem Strafverfahren erneut verfolgt oder bestraftwerden“), wird den zentralen Fragen nachgegangen, ob Ver-fahren nach dem VbVG oder wegen eines Verstoßes gegendas Kartellrecht als Strafverfahren einzustufen sind und obSubmissionsabsprachen und Kartellverstöße in den „Schutz“-bzw Anwendungsbereich von Art 50 GRC fallen. Die Beant-wortung der von der Autorin zu Beginn der Untersuchunggestellten Forschungsfragen (S 257) sowie ein Verzeichnisvon Literatur (S 263 ff), Judikatur (S 285), Rechtsquellenund Materialien (S 293ff), sonstiger Quellen (S 297f) sowieein Stichwortverzeichnis (S 299ff) runden das Werk ab.

Hervorzuheben ist zunächst die gründliche Recherche,die sich vor allem bei der Auswertung der nationalen undinternationalen Rsp zeigt (siehe etwa stellvertretend dafür

das Judikaturverzeichnis, S 285ff zu EuG, EuGH, EGMRund OGH) und die dem Leser eine umfassende, auch diepraktischen Belange abdeckende Information bietet. Siezeigt sich auch bei der inhaltlichen Aufbereitung der ange-sprochenen Sachfragen, wobei die sprachlich klare und ver-ständliche Darstellung besonders wohltuend und hilfreichist, um die komplexen Zusammenhänge von nationalenund internationalen Vorgaben zu durchdringen. Insgesamtliegt also ein Werk vor, das jedem Interessenten sehr emp-fohlen werden kann, zumal der (straf-)rechtlichen Beurtei-lung von Preisabsprachen im Vergabeverfahren durchaus(steigende) aktuelle Bedeutung zukommt (siehe auch denHinweis im Vorwort der Herausgeber, S 5).

Preisabsprachen.

Von Julia Sagmeister. NWV Verlag, Wien 2018, 301 Seiten,br, € 48,80.

EINHARD STEININGER

Handbuch derVerwaltungsgerichtsbarkeit

Im Herbst 2019 ist im Jan Sramek Verlag die nunmehrzweite Auflage zum Handbuch der Verwaltungsgerichts-

barkeit, herausgegeben von Präs. des UVS Dr. Johannes Fi-scher, Univ.-Prof.in Dr.in Katharina Pabel und Prof. Dr. Ni-colas Raschauer, erschienen. Wie die Autoren im Vorwortselbst angeben, beruhte die zu Beginn des Jahres 2014 er-schienene Erstauflage im Wesentlichen noch auf einschlägi-gen gesetzlichen Bestimmungen, Gesetzesmaterialien unddem Vergleich mit der bisherigen Rechtslage. Durch diemittlerweile mehrjährige Praxis der Verwaltungsgerichts-barkeit und ihre rechtsprechende Tätigkeit wurden vieleFragestellungen geklärt, die nunmehr in das gegenständli-che Werk eingearbeitet werden konnten. Vorgreifend aufdas Resümee ist bereits festzuhalten, dass sich die Mühe ei-ner Aktualisierung der Beiträge allemal gelohnt hat.

Das Werk folgt in formeller Hinsichteinem von der üblichen Strukturierungabweichenden Aufbau. Die praktischeHandhabung steht hierbei im Vorder-grund: Auf das Vorwort folgt zunächsteine verkürzte, über zwei Seiten darge-stellte Inhaltsübersicht, ehe eine detail-lierte Inhaltsübersicht, zeigend die Kapi-telüberschrift samt Unterkapiteln, folgt.

Sodann folgen das Abkürzungsverzeichnis sowie das Kern-stück des Handbuchs, abschließend das Verzeichnis derAutorinnen und Autoren und ein Sachverzeichnis.

Im Grunde folgen die jeweiligen Kapitel einem bewähr-ten Aufbau, zeichnen sich aber an manchen Stellen durchzusätzliche Übersichten besonders aus: In jedem Kapitelwird zu Beginn die Literatur angeführt und anschließend

07-08_2020 österreichisches anwaltsblatt

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der Inhalt des Kapitels in einem Verzeichnis dargestellt, dieAbsätze sind stets mit Randziffern versehen. Einige der Ka-pitel wurden durch zusätzliche Übersichten erweitert. Sowerden zu Beginn mancher Kapitel sämtliche einschlägigenRechtsgrundlagen auf Bundes- und Landesebene gelistet. Inanderen Kapiteln finden sich wiederum hilfreiche System-überblicke.

Im Folgenden wird beispielhaft das 12. Kapitel „Rechts-schutz gegen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte ersterInstanz vor demVwGH“ hervorgehoben. Das Kapitel wirdmitein paar Absätzen zu Gedanken über die zweistufige Verwal-tungsgerichtsbarkeit eingeleitet, ehe die inhaltliche Auseinan-dersetzung mit den jeweiligen Rechtsmitteln erfolgt. Die Aus-führungen sind weitgehend kurzgehalten, schweifen aber im-mer wieder in weitergehende Überlegungen aus. Insb im 12.Kapitel spart sich der Autor wortwörtliche Zitate der einschlä-gigen Rechtsgrundlagen und stellt sie stattdessen sinngemäßim Kontext mit der eigenen Meinung, der Judikatur und Lite-ratur dar. Beispielhaft hervorzuheben ist das Unterkapitel zuden Zulässigkeitsgründen der Revision gegen Entscheidungenerstinstanzlicher Verwaltungsgerichte. Kritisch wird zu denim Gesetz nicht weiter konkretisierten ZulässigkeitsgründenStellung genommen, gleichzeitig die Orientierung an denvomOGH zu § 502 Abs 1 ZPO entwickeltenMaßstäben nach-vollziehbar begründet, aber auch auf davon abweichende Rspdes VwGH zum neuen Revisionsmodell Bezug genommen.

Die Autorinnen und Autoren dieses Werkes haben dieGratwanderung zwischen kurzen und handlichen Textenauf der einen, gleichzeitig dennoch durch tiefergehendeÜberlegungen ergänzte Texte auf der anderen Seite gemeis-tert. An passender Stelle wird auf (zum Teil graphisch dar-gestellte) Übersichten zurückgegriffen. Ein Muss für jedejuristische Bibliothek.

Im Handbuch der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist – sa-lopp gesagt – „drinnen, was draufsteht“, nämlich eine sys-tematische Aufarbeitung der Verwaltungsgerichtsbarkeit ineiner praxistauglichen Form.

Handbuch der Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Von Johannes Fischer/Katharina Pabel/Nicolas Raschauer(Hrsg). 2. Auflage, Jan Sramek Verlag, Wien 2019, XXXVIII,750 Seiten, geb, € 168,–.

DANY BOYADJIYSKA

ABGB Kommentar, Teilband§§ 1175–1292 ABGB

E ines der großen Reformprojekte auf dem Gebiet desZivilrechts in den vergangenen Jahren betraf die Ge-

sellschaften bürgerlichen Rechts, die der Gesetzgeber imJahr 2014 auf weitgehend neue Beine gestellt hat. Vor die-sem Hintergrund bildet die komplette Neubearbeitung des27. Hauptstücks, der §§ 1175 bis 1216e ABGB, das Kern-

stück des gegenständlichen Teilbands, und zwar durch einjunges Autorenduo: Zum überwiegenden Anteil verantwor-tet nunmehr Roman Rauter die Kommentierung der ein-schlägigen Bestimmungen, bei den §§ 1201 bis 1216 freilichin Co-Autorenschaft mit Philipp Merzo. Bemerkenswert isthierbei die Fülle an Fachliteratur, die in den Jahren seit In-krafttreten der GesbR-Reform erschienen ist und welche dieausführlichen Recherchen der beiden Verfasser hervorge-bracht haben. Die einzelnen Paragrafen sind äußerst syste-matisch aufbereitet und infolge der transparenten Kapitel-gliederung, die das Auffinden relevanter Passagen erleich-tert, auch sehr anwenderfreundlich gestaltet. Die praktischeOrientierung und der anwaltliche Hintergrund der beidenVerfasser treten hier immer wieder zu Tage, ohne dass da-durch freilich die wissenschaftliche Tiefe und das dogmati-sche Fundament zu kurz kämen.

Neben dem GesbR-Recht, das knapp80% des vorliegenden Teilbands umfasstund daher dessen eindeutigen Schwer-punkt bildet, werden noch einige weitereVertragstypen des besonderen Schuld-rechts kommentiert: Während das28. Hauptstück zu den Ehepakten unddem Anspruch auf Ausstattung(§§ 1217 bis 1266 ABGB) – wie bereits

in der Vorauflage – Michael Bydlinski kommentiert, kom-men bei der Bearbeitung des 29. Hauptstücks zu denGlücksverträgen (§§ 1267 bis 1292 ABGB) gleich mehrereAutoren zu Wort: Dabei hat es zuerst Elisabeth Böhler über-nommen, die bisherigen Kommentierungen von HeinzKrejci († 2017) zu den allgemeinen Bestimmungen betref-fend Glücksverträge bzw zu den Glücksverträgen im enge-ren Sinn (insb Wette, Spiel, Los), zur Leibrente (§§ 1284 bis1286) sowie die wenig praxisrelevanten §§ 1287 bis 1292ABGB zu den gesellschaftlichen Versorgungsanstalten undzum Versicherungsvertrag zu aktualisieren.

Hervorzuheben sind indessen zuletzt die Ausführungenvon Christian Rabl zum Erbschaftskauf (§§ 1278 bis 1283ABGB): Mit dem Erbrechtsänderungsgesetz 2015 war auchdieser Teilabschnitt des ABGB modernisiert worden, Rablhat dabei die ehrenvolle Aufgabe übernommen, als Nach-folger von Rudolf Welser dieses eher überschaubare Kapitelan die geänderten Gegebenheiten anzupassen.

Der gegenständliche Band ist angesichts der qualitätsvol-len Autorenschaft eine würdige Ergänzung des nunmehrauf bereits neun Einzelbände angewachsenen „Rummel-Kommentars“.

ABGB – Kommentar zum ABGB. Teilband§§ 1175–1292 ABGB (GesbR, Vertragstypen III).

Von Peter Rummel/Meinhard Lukas (Hrsg). 4. Auflage,Verlag Manz, Wien 2019, 501 Seiten (CCXXVI, 3.744 Sei-ten), geb, € 792,–.

RAINER WOLFBAUER

österreichisches anwaltsblatt 07-08_2020

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Rezensionen

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AKTUELLES RECHT ZUM DIENSTVERHÄLTNIS6695 3 Vogt-Majarek, Birgit und Sascha Springer: Große Herausforderungen für die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat während der

COVID-19-Pandemie6 Kronberger, Birgit und Rainer Kraft: Steuerfreie Corona-Prämien für alle – oder doch nicht?

6696 3 Sabara, Bettina: Weitere arbeitsrechtliche und datenschutzrechtliche Fragen und Antworten zum Thema „Coronavirus“6697 3 Bleyer, Birgit: Home-Office im Steuerrecht6698 3 Schrenk, Florian: Kurzarbeit – Überlegungen zur Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes6699 3 Lindmayr, Manfred: Der Anspruch auf Freistellung von der Dienstleistung für COVID-19-Risikogruppen6700 3 Widy, Günther: Maßnahmenpaket zur Sicherung der Beschäftigung behinderter Menschen6701 3 Marek, Erika: Auswirkung einer Kurzarbeit auf eine laufende oder künftige Altersteilzeit

BANK ARCHIV5 303 Rabl, Christoph und Lukas Herndl: Beratungspflichten der Bank bei der Einrichtung von Gemeinschaftskonten und Gemein-

schaftsdepots6 385 Fellner, Markus, Friedrich Rüffler und Roswitha Seekirchner: Gewinnausschüttungen während der COVID-19-Krise

395 Heindler, Florian: Die Faustpfandpublizität im IPR

BAU AKTUELL2 64 Fuchs, Gerald: Rechtssicherheit für baurechtlich (nicht) bewilligungspflichtige technische Anlagen

66 Belakovits, Clemens M. und Constantin Hofer: Zivilrechtliche Auswirkungen des Coronavirus auf Bauprojekte70 Andrieu, Lukas und Anna Gaich: Das neue Steiermärkische Baugesetz – die Baugesetznovelle 2019

BAURECHTLICHE BLÄTTER2 39 Bußjäger, Peter: Grundverkehrsrecht – Ein Rechtsgebiet für die Wohnraumschaffung der Länder?

44 Diewald, Alexander und Wolfgang Mayer: Ein Schritt zu leistbarem Wohnen – Die Salzburger Strategie gegen illegale Zweit-wohnsitze und touristische Vermietung via Onlineplattformen

49 Kastner, Peter und Wolfgang Kleewein: Missstände bei der Vollziehung des Baurechts. Aktuelle Fälle aus der Volksanwaltschaft2019/2

DATENSCHUTZ KONKRET2 30 Knyrim, Rainer: Datenschutz und Coronavirus

32 Brunner, Sabine und Rafael Nagel: Whistleblowing – Sicherstellung des Hinweisgeberschutzes im Lichte der DSGVO34 Kühnert, Heinrich und Nino Tlapak: Marktmissbrauch durch DSGVO-Verstoß? Ein kritischer Vergleich mit Österreich

ECOLEX5 356 Bammer, Armin und Andreas Treu: Reiserücktritt und Corona

360 Gölles, Hans: Bauverträge: Probleme und Auswirkungen von COVID-19 beim Betrieb von Baustellen364 Rabl, Thomas: Recht smartCOVID19: Pandemiebedingt zu Analogem und: Warum schnell nicht immer gut ist!367 Trenker, Martin: COVID-19 und das Insolvenzrecht372 Fremuth-Wolf, Alice: Auswirkungen der COVID-19-Krise auf VIAC-Schiedsverfahren375 Holzmannhofer, Michael und Peter Madl: Auswirkungen der COVID-19-Krise auf verfahrensrechtliche Fristen378 Kraus, Sixtus F. und Johannes Reich-Rohrwig: Gesellschaftsrechtliches COVID-19-Gesetz379 Grossmayer, Clemens und Johannes Reich-Rohrwig: Nachträgliche Schmälerung von Dividendenansprüchen?382 Leitner, Michael: Corona-Kurzarbeit und Urlaub385 Mazal, Wolfgang: COVID-19-Risikogruppe: Dienstfreistellung nach abstrakten Kriterien und Krankschreibung im konkreten

Gefährdungsfall387 Wiesinger, Christoph: Zulagen und Bonuszahlungen infolge von COVID-19390 Knyrim, Rainer und Claudia Gabauer: Datenschutz & Coronakrise: Wie viel Überwachung von Bürgern und Mitarbeitern ist

zulässig?394 Klement, Felix Michael: Zum Haftungsprivileg für Sachverständige427 Assadi, Armin: Über die Zulässigkeit von Verfallsklauseln in Aktienoptionsprogrammen (I)434 Endfellner, Clemens: Empfängernennung und Vorsteuerabzug in der Baubranche446 Postl, Barbara: Better Regulation in Österreich

07-08_2020 österreichisches anwaltsblatt

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Zeitschriftenübersicht

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GEWERBLICHER RECHTSSCHUTZ UND URHEBERRECHT5 441 Tilmann, Winfried: Zur Nichtigerklärung des EPGÜ-Ratifizierungsgesetzes

447 Wagner, Gerhard: Haftung von Plattformen für Rechtsverletzungen (Teil 2)457 Ohly, Ansgar und Annette Kur: Lauterkeitsrechtliche Einflüsse auf das Markenrecht

IMMOLEX5 138 Prader, Christian: Wider die drei vermieterfreundlichen COVID-19 Thesen

139 Richter, Daniel: Einige praktische Fragen im Wohnungseigentum in Zeiten von COVID-19157 Klever, Lukas: Parteiautonome Beschränkungen der vertraglichen Leistungspflicht

INTERDISZIPLINÄRE ZEITSCHRIFT FÜR FAMILIENRECHT2 68 Barth, Peter: COVID-19 und die Folgen für familienrechtliche Angelegenheiten und den Gerichtsbetrieb

75 Beck, Susanne: Das Recht auf Eltern-Kind-Kontakte in der Corona-Krise80 Fucik, Robert: Grenzüberschreitende Ausübung des Kontaktrechts81 Pesendorfer, Ulrich: Gewaltschutz in der Corona-Krise82 Binder, Klaus Boris: Unterbringung in Corona-Zeiten84 Mokreys-Weinhappel, Caroline: Die gerichtliche Überprüfung von Anhaltungen wegen COVID-19 nach dem Epidemiegesetz –

Ein Überblick88 Kepplinger, Jakob: Familienbonus Plus und rückwirkende Neubemessung des Geldunterhalts minderjähriger Kinder

110 Klein, Martina: Die Leihmutterschaft aus strafrechtlicher Sicht

JOURNAL FÜR ARBEITSRECHT UND SOZIALRECHT1 1 Uitz, Matthäus: Die Abgeltung der Mitwirkung im Erwerb des Ehegatten (§§ 98ff ABGB): Privatrechtliche Abgrenzungsfragen,

sozialversicherungsrechtliche Einordnung20 Pfalz, Thomas: Grundfragen des Entgelt- und Kündigungsschutzes für Arbeitnehmer mit Behinderungen37 Lidauer, Harald: Beitragsrechtliche Rechtsfolgen einer fehlerhaften sozialversicherungsrechtlichen Einordnung von Erwerbstä-

tigkeiten unter besonderer Berücksichtigung der Fallkonstellation der Scheinselbstständigkeit

JOURNAL FÜR ERBRECHT UND VERMÖGENSNACHFOLGE1 4 Eisner, Sophie: Die Privatstiftung in der nachehelichen Vermögensaufteilung

15 Kerschner, Ferdinand und Michaela Felbauer: Das Motiv muss nicht in der Verfügung angegeben sein

JURISTISCHE BLÄTTER4 209 Messner, David: Probleme der Selbsthilfe am Beispiel des Abschleppens unzulässig abgestellter Kraftfahrzeuge (1. Teil)

JUSIT2 54 Schmidl, Matthias: Das „Medienprivileg“ in der Rechtsprechung der Datenschutzbehörde

60 Gerhartl, Andreas: Verwendung der Sozialversicherungsnummer im Betreff von AMS-Erinnerungs-Mails69 Thiele, Clemens: Aktuelles zum nachbarrechtlichen Abwehranspruch gegen Videoüberwachungen

MEDIEN UND RECHT INTERNATIONAL1 3 Walter, Michel M.: Der unionsrechtliche Werkbegriff und die Werke der angewandten Kunst

ÖSTERREICHISCHE BLÄTTER FÜR GEWERBLICHEN RECHTSSCHUTZ UND URHEBERRECHT3 100 Handig, Christian: Steine statt Brot

105 Wolkerstorfer, Thomas: Geschmack im Marken- und Urheberrecht

ÖSTERREICHISCHE JURISTENZEITUNG8 341 Edelhauser, Alexander: Bestandrechtliche Folgen der COVID-19-Pandemie

350 Stricker, Martin: Aktuelle Änderungen durch COVID-19 im Strafrecht353 Ratz, Eckart: Vom Übergang in ein Ermittlungs- und Hauptverfahren

9 389 Klauser, Alexander und Katharina Binder: Leasingbedingungen auf dem Prüfstand401 Köller, Wolfgang: Die juristische Person im Lichte der Geldwäschereibekämpfung

10 437 Wilfinger, Alexander: Behördliche Verbote und Vertrag

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Zeitschriftenübersicht

Page 56: Anwbl 2020-07-08 393. - rechtsanwaelte.at · 2020. 7. 27. · 442 Zeitschriftenübersicht 447 RECHTSPRECHUNG 448 Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs 449

440 Heissenberger, Wolfgang: Rechtliche Maßnahmen zur Bewältigung von COVID-19448 Öner, Stephanie: Die rechtsanwaltliche Verschwiegenheit im Verfassungs- und im Strafrecht

ÖSTERREICHISCHE NOTARIATSZEITUNG4 134 Rieder, Bernhard: Gesellschaftsrechtliche Aspekte der COVID-19-Gesetzgebung5 161 Schopper, Alexander und Mathias Walch: Erbrechtliche Fragen zu Aufgriffsrechten bei GmbH-Geschäftsanteilen

181 Jetzinger, Simon: Die Anspruchsberechtigten des Pflegevermächtnisses: Zentrale Aspekte für pflegende Angehörige

ÖSTERREICHISCHE RICHTERZEITUNG5 94 Stumvoll, Heinrich: Zustellung in der Coronakrise

103 Reissner, Gerhard: Corona und die Justiz in anderen Ländern

ÖSTERREICHISCHE ZEITSCHRIFT FÜR KARTELLRECHT2 43 Innerhofer, Isabelle und Kristina Mirtchev: Wettbewerbsverstöße und ihre Auswirkungen auf die öffentliche Auftragsvergabe

54 Wanderer, Annika: Warum die Most-Favoured-Customer-Klausel zu keiner Kernbeschränkung erklärt oder gar als eine solcheangesehen werden sollte

61 Paulus, Eduard: Folgen der Corona-Virus-Pandemie auf die Rechtsprechung des EuGH und EuG

RECHT DER UMWELT2 49 Moser, Gerhard und Florian Stangl: Ökostrom direkt: Rechtliche Vorgaben für Direktleitungen

54 Wessely, Wolfgang: Die höchstgerichtliche Rechtsprechung im Umwelt-Verwaltungsstrafrecht 2018

TAXLEX4 108 Rimböck, Alexander: COVID-19-Krise: Ertragsteuerliche Maßnahmen

112 Franke, Lukas: Zahlungserleichterungen und verfahrensrechtliche Aspekte vor dem Hintergrund der Corona-Krise118 Bieber, Thomas: COVID-19 und Einfuhr- und Ausfuhrrecht121 Bieber, Thomas: COVID-19 und indirektes Steuerrecht123 Franke, Lukas: Änderungen im Rechtsmittel- und Finanzstrafverfahren durch das 2. COVID-19-Gesetz126 Rimböck, Alexander: COVID-19-Krise: Bilanzrechtliche Aspekte129 Pischel, Felix: Steuerliche Beurteilung von Einkünften aus Airdrops und Bounties bei Kryptowährungen132 Weinzierl, Christine: Innergemeinschaftliche Versandhandelslieferungen ab 2021

WIRTSCHAFTSRECHTLICHE BLÄTTER4 181 Subhash, Shivam und Dominik Stadler: Die Emission von Wertrechten auf Basis verteilter elektronischer Register – Distributed

Ledger Technology194 Caramanica, Luca: Zur Haftung von Kartellbeteiligten auch gegenüber nicht am betroffenen Markt als Nachfrager oder Anbieter

tätigen Personen199 Gruber, Michael: Sind Unternehmensanleihen PRIPs?

WOHNRECHTLICHE BLÄTTER3 75 Hochleitner, Clara: Die „Reichweite“ eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter – dargestellt anhand von OGH 6 Ob

163/18s, 4 Ob 13/19v und 5 Ob 82/19y4 121 Stabentheiner, Johannes: Die mietrechtlichen und mietrechtsrelevanten Teile des 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetzes – ein erster

Überblick135 Eschlböck, Constantin: Corona Casuum – Die Krone der Zufälle

ZEITSCHRIFT DER VERWALTUNGSGERICHTSBARKEIT1 7 Stelzer, Thomas: 5 Jahre Verwaltungsgerichtsbarkeit neu – ein Beispiel für erfolgreichen Föderalismus

9 Lenaerts, Koen: Der Dialog nationaler Verwaltungsgerichte mit dem Gerichtshof der Europäischen Union20 Pabel, Katharina: Die österreichischen Verwaltungsgerichte im Lichte des Unionsrechts27 Klaushofer, Reinhard: Die österreichischen Verwaltungsgerichte im Lichte der Europäischen Menschenrechtskonvention – digi-

tale Herausforderungen35 Thienel, Rudolf: Qualifikation von VerwaltungsrichterInnen – System und Entwicklung42 Moser, Daniel: 5 Jahre Arbeit der Verwaltungsgerichte – Basis für Weiterentwicklung48 Steiner, Wolfgang: Verwaltungsgerichte aus Sicht der Verwaltung

07-08_2020 österreichisches anwaltsblatt

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Zeitschriftenübersicht

Page 57: Anwbl 2020-07-08 393. - rechtsanwaelte.at · 2020. 7. 27. · 442 Zeitschriftenübersicht 447 RECHTSPRECHUNG 448 Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs 449

ZEITSCHRIFT FÜR ARBEITS- UND SOZIALRECHT3 156 Friedrich, Michael: Entgeltfortzahlung nach § 1155 ABGB und COVID-19

163 Bartmann, Elisabeth und Philipp Ondrejka: Home-Office in Zeiten von COVID-19170 Mazal, Wolfgang: Die Bedeutung des familienrechtlichen Status im Arbeitsrecht179 Pačić, Harun: Sozialstaat und Arbeitsvertrag

ZEITSCHRIFT FÜR EUROPARECHT, INTERNATIONALES PRIVATRECHT UND RECHTSVERGLEICHUNG2 52 Obwexer, Walter: EuGH-Urteil zur deutschen PKW-Maut

70 Saria, Gerhard: Die Neuregelung des gerichtlichen Vergleichs im tschechischen Recht75 Dobrovolná, Eva: Der Entwurf einer neuen tschechischen ZPO88 Krížovská, Martina: Die Bedeutung der Kontrolle des objektiven Rechts in der öffentlichen Verwaltung

ZEITSCHRIFT FÜR FAMILIEN- UND ERBRECHT3 100 Zöchling-Jud, Brigitta: Zur Sittenwidrigkeit letztwilliger Verfügungen

106 Garber, Thomas: Zu den Begriffen „Ehe“ und „eingetragene Partnerschaft“ iS der Europäischen Güterrechtsverordnungen113 Weber, Martin: Die Auswirkungen des Brexit auf das Europäische Familienrecht

ZEITSCHRIFT FÜR FINANZMARKTRECHT4 165 Ladler, Mona Philomena: Das Europäische System der Finanzaufsicht nach der Reform

172 Pekler, Florian, Ralph Rirsch und Stefan Tomanek: Kapitalmarktrechtliche Hindernisse für den Handel von Security Token

ZEITSCHRIFT FÜR GESELLSCHAFTSRECHT1 3 Schmidsberger, Gerald, Ernst Chupalsky und Dieter Duursma: Unwirksamkeit von gesellschaftsvertraglichen Aufgriffsrechten im

Falle der Insolvenz eines Gesellschafters?13 Nowotny, Georg: Richterliche Rechtsfortbildung im Gesellschaftsrecht

2 64 Fellner, Gernot: Der Rücktritt des Geschäftsführers gem § 16a GmbHG im Lichte der Business Judgement Rule72 Steiner, Manuel: Die kartellrechtliche Kronzeugenregelung – gesellschaftsrechtliche Informationspflichten und Ad-hoc-Publizität

3 120 Zawadzki, Martin: Die Hauptversammlung in Krisenzeiten126 Mitterecker, Johannes: Der virtuelle Gesellschaftsanteil

ZEITSCHRIFT FÜR GESELLSCHAFTS- UND UNTERNEHMENSRECHT2 84 Kalss, Susanne und Melanie Hollaus: Flexibilisierung des Gesellschaftsrechts – ein weitreichender Schritt durch das Gesellschafts-

rechtliche COVID-19-Gesetz99 Adensamer, Nikolaus, Maximilian Breisch und Georg Eckert: COVID-19: Beschlussfassungen bei Kapitalgesellschaften

132 Nicolussi, Julia: Wiederkaufsrecht und Gesamtrechtsnachfolge

ZEITSCHRIFT FÜR INFORMATIONSRECHT2 127 Greiner, Arne: The legal status of data – Proposal for a Directive on Data Access (Part 2)

136 Köbler, Judith: Verwaiste Werke zwischen Harmonisierungsstreben und Umsetzungsvielfalt (Teil 2)145 Tretzmüller, Tobias: Privacy by Design in der Softwareentwicklung149 Wagner, Jessica: Datenschutz in der Corona-Krise – COVID-19, DSGVO und DSG152 Thiele, Clemens: Stopp Corona – Thesen und Antithesen zum Einsatz von Tracking-Apps in der Coronakrise159 Gerhartl, Andreas: Aspekte des Rechts auf Geheimhaltung personenbezogener Daten

ZEITSCHRIFT FÜR VERGABERECHT2 71 Kromer, Florian: Ein neuer Versuch: Setzt sich das dynamische Beschaffungssystem diesmal durch?

ZEITSCHRIFT FÜR VERGABERECHT UND BAUVERTRAGSRECHT3 101 Unger, Stefan: Datenschutz und e-Vergabe

130 Lessiak, Rudolf: EU Green Deal – PPP – Bauwirtschaft4 145 Kachlyr-Poppe, Jacqueline: Auswirkungen des 2. COVID-19-Gesetzes auf Beschaffungstätigkeit öffentlicher Auftraggeber und

Sektorenauftraggeber150 Oppel, Albert: Auf dem Weg zum Wiener Vergaberechtsschutzgesetz 2020171 Gallistel, Ursula und Rudolf Lessiak: COVID-19 und der Betrieb von Baustellen

österreichisches anwaltsblatt 07-08_2020

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Zeitschriftenübersicht

Page 58: Anwbl 2020-07-08 393. - rechtsanwaelte.at · 2020. 7. 27. · 442 Zeitschriftenübersicht 447 RECHTSPRECHUNG 448 Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs 449

5 189 Oppel, Albert: e-Procurement, praktische Erfahrungen und rechtlicher Rahmen – Teil 1197 Plattner-Schwarz, Normann und Karlheinz Moick: Die vergaberechtliche Bewertungskommission

ZEITSCHRIFT FÜR VERKEHRSRECHT4 120 Löw, Sebastian: Die Haftung der Fluggesellschaft für Personenschäden

124 Baier, Simon: Informationssicherheit in der Zivilluftfahrt5 156 Löw, Sebastian: Die Auswirkungen von Epidemien und Pandemien auf Pauschalreise- und Luftbeförderungsverträge

162 Jenny, Clemens: Verjährungsrechtliche Bedeutung des Sachverständigengutachtens im Schmerzengeldprozess

ZIVILRECHT AKTUELL5 84 Gerhartl, Andreas: Haftung für Wege und Bauwerke?

87 Jetzinger, Simon: Der Umfang des Ersatzanspruchs nach § 1037 ABGB – Eine Änderung der höchstgerichtlichen Rechtspre-chungspraxis?

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07-08_2020 österreichisches anwaltsblatt

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Zeitschriftenübersicht

Page 59: Anwbl 2020-07-08 393. - rechtsanwaelte.at · 2020. 7. 27. · 442 Zeitschriftenübersicht 447 RECHTSPRECHUNG 448 Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs 449

448 Disziplinarrecht

Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs

Disziplinarverfahrensrecht

Marktschreierische Werbung

451 Verfassungsrecht

Beschlüsse der Europäischen Zentralbank zumStaatsanleihenkaufprogramm kompetenzwidrig

456 Gebühren- und Steuerrecht

Umsatzsteuerpflicht für nicht-anwaltstypische Dienstleistungen einesRechtsanwalts als Sachwalter?

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Rechtsprechung

österreichisches anwaltsblatt 07-08_2020

Page 60: Anwbl 2020-07-08 393. - rechtsanwaelte.at · 2020. 7. 27. · 442 Zeitschriftenübersicht 447 RECHTSPRECHUNG 448 Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs 449

Unzulässige Abfrage desPersonenverzeichnisses des GrundbuchsDISZIPLINARRECHT

§ 5 Abs 4, § 6 Abs 2 GUGEine unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs stellt eine Berufspflichten-verletzung, nicht aber eine Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes dar, sofern dasunzulässige Abfrageverhalten dem von der Vorlage der Grundbuchsauszüge Kenntnis erlangendenPersonenkreis verborgen bleibt.OGH 30. 1. 2020, 27 Ds 1/19g

Sachverhalt:Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Disziplinar-beschuldigte wegen der Disziplinarvergehen der Verletzungvon Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehreoder Ansehen des Standes zu einer Geldbuße von€ 2.000,– verurteilt, weil er selbst oder durch von ihm be-auftragte bzw unterstellte Angestellte durch eine Personen-abfrage im Grundbuch Auszüge von im Eigentum einerRechtsanwältin stehenden Liegenschaften angefertigt hatte,ohne über die hierfür gesetzlich bestimmten Voraussetzun-gen einer solchen Abfrage (Erbenmachthaber, rechtskräfti-ger Titel zur Forderungsbetreibung, Ermächtigung durchden Eigentümer) zu verfügen, und diese Auszüge in einemGerichtsverfahren vorgelegt hatte.

Seiner Berufung gab der OGH teilweise, nämlich in derrechtlichen Beurteilung des Sachverhalts (auch) als Diszip-linarvergehen der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehendes Standes, statt und verhängte über den Disziplinarbe-schuldigten für das ihm weiterhin zur Last liegende Diszip-linarvergehen der Berufspflichtenverletzung eine Geldbußein Höhe von € 1.000,–.

Aus den Entscheidungsgründen:Soweit die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall, der Sache nachauch Z 10) ersichtlich in Ansehung der unter § 1 Abs 1zweiter Fall DSt erfolgten Subsumtion des inkriminiertenVerhaltens fehlende Feststellungen und auch eine daraufbezogene mangelnde Begründung zur Kenntniserlangungder Richterin und sonstiger Personen über die Unrechtmä-ßigkeit der Erlangung der vorgelegten Ergebnisse der imGrundbuch durchgeführten Namensabfrage releviert, istsie im Recht.

Für die vom Disziplinarrat neben der rechtlichen Beurtei-lung als Berufspflichtenverletzung getroffene rechtliche An-nahme (auch) einer Beeinträchtigung von Ehre und Ansehendes Standes bieten die getroffenen Feststellungen im ange-fochtenen Erk keine tragfähige und nach dem Akteninhaltauch nicht indizierte Grundlage, lässt sich doch allein ausder Vorlage der Grundbuchsauszüge nicht erkennen, ob diese(fallbezogen) unzulässig durch eine Namensabfrage, oder al-lenfalls auf rechtlich korrektem Weg, etwa mittels Einzelab-

frage, erlangt wurden. Damit blieb aber das durch unzulässi-ges Abfrageverhalten bedingte Fehlverhalten des Disziplinar-beschuldigten dem von der Vorlage Kenntnis erlangendenPersonenkreis verborgen, weshalb Ehre und Ansehen desStandes durch die festgestellte Tat nicht betroffen sind(RIS-Justiz RS0054876 [insb T 9]; RS0055086 [insb T 3]).

Die – ersichtlich auch die Subsumtion unter das Diszip-linarvergehen der Berufspflichtenverletzung nach § 1 Abs 1erster Fall DSt betreffenden – Ausführungen (der Sachenach Z 9 lit a), der Disziplinarbeschuldigte hätte gem § 5Abs 4 Satz 2 GUG, wonach Abschriften und Mitteilungenaus dem Personenverzeichnis (auch) denjenigen Personen,die ein rechtliches Interesse daran darlegen, in dem dadurchgerechtfertigten Umfang zu erteilen sind, jedenfalls auchdurch einen entsprechenden Antrag beim Grundbuchsge-richt die fallbezogen aus Eigenem erlangten und inkrimi-nierten Informationen erhalten und solcherart „nichts Ver-botenes getan, sondern lediglich den Behördenweg abge-kürzt“, bilden bloße Spekulationen über – tatsächlich sonicht festgestellte, vom Disziplinarbeschuldigten auch nichtbehauptete – Alternativszenarien.

Mangels Festhaltens am konstatierten Sachverhalt wirdder Anfechtungsrahmen einer Rechtsrüge (Z 9 lit a) ver-fehlt (RIS-Justiz RS0099810; RS0099025).

Daran vermag auch der erstmals in der Rechtsmittel-schrift erfolgte Verweis auf jeweils nach dem Disziplinarer-kenntnis v 21. 3. 2018 in vergleichbaren Fällen beim Be-zirksgericht Favoriten und beim Bezirksgericht Purkersdorfgestellte – in der Folge bewilligte – Anträge auf Einsicht undErteilung von Abschriften aus dem Personenverzeichnisgem § 5 Abs 4 GUG nichts zu ändern.

Unter dem Aspekt der ersichtlich unter einem mit derBerufung wegen Nichtigkeit ausgeführten Berufung wegendes Ausspruchs über die Schuld zum verbleibend relevantenDisziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung (§ 1Abs 1 erster Fall DSt) vermögen die allgemeinen Ausfüh-rungen des Disziplinarbeschuldigten, wonach er die Vo-raussetzungen für eine Namensabfrage im Grundbuch irr-tümlich falsch in Erinnerung hatte, keine Umstände aufzu-zeigen, die geeignet wären, Zweifel an der von Verschuldenausgehenden Beurteilung durch den Disziplinarsenat zu be-

MICHAEL BURESCH

Der Autor ist Rechtsan-walt in Wien und An-waltsrichter beim OGH.

2020/201

07-08_2020 österreichisches anwaltsblatt

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Rechtsprechung

Page 61: Anwbl 2020-07-08 393. - rechtsanwaelte.at · 2020. 7. 27. · 442 Zeitschriftenübersicht 447 RECHTSPRECHUNG 448 Unzulässige Abfrage des Personenverzeichnisses des Grundbuchs 449

gründen. Im Übrigen reicht bereits fahrlässiges Handeln fürdisziplinäres Verhalten aus und indiziert die objektive Sorg-faltswidrigkeit eines Verhaltens dessen subjektive Sorgfalts-widrigkeit (Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek,RAO10 § 1 DSt Rz 7f; Burgstaller/Schütz in WK2 § 6 Rz 90).

Konkrete Hinweise, dass der Disziplinarbeschuldigtefallbezogen den objektiven Sorgfaltsanforderungen nichtzumutbar nachkommen konnte oder an einer rechtzeitigenÜberprüfung der rechtlichen Voraussetzungen für die Er-langung der inkriminierten Namensabfragen gehindert ge-wesen wäre, werden nicht aufgezeigt.

Anmerkung:Gem § 6 Abs 2 Z 1a und 1b GUG sind Rechtsanwälte zurAbfrage des Personenverzeichnisses nur befugt, um alsErbenmachthaber verbücherte Rechte des Erblassers zuermitteln, um Personen, die im Personenverzeichnis ein-getragen sind, Abschriften und Mitteilungen über die sie

betreffenden Eintragungen zu erteilen und um als Ver-treter des Gläubigers einer vollstreckbaren Geldforde-rung verbücherte Rechte des Schuldners zu ermitteln. Inallen anderen Fällen haben auch Rechtsanwälte nach § 5Abs 4 GUG bei Gericht die Einsicht in das Personenver-zeichnis zu beantragen und dafür ein rechtliches Inter-esse darzulegen.Da die technischen Einsichtsmöglichkeiten der Rechts-anwälte aber über ihre gesetzlich vorgesehenen Ein-sichtsrechte hinausgehen, gewährt § 6a GUG Betroffeneneinen Auskunftsanspruch. Das Bundesministerium fürVerfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz hat Be-troffenen Auskunft darüber zu erteilen, von wem und zuwelchem Zeitpunkt die Abfrage durchgeführt wurde.Dies wurde dem Disziplinarbeschuldigten offenbar zumVerhängnis.

MICHAEL BURESCH

DisziplinarverfahrensrechtDISZIPLINARRECHT

§§ 25, 26 DStVoraussetzungen für die Übertragung des Disziplinarverfahrens an einen anderen Disziplinarrat;Geltendmachung von Ausschließungs- und Befangenheitsgründen betreffend Organe der Diszipli-nargerichtsbarkeitOGH 24. 1. 2020, 21 Ns 1/19p

Sachverhalt:Der Disziplinarbeschuldigte beantragte wegen behaupteterBefangenheit des Präsidenten des Disziplinarrats und desBerichterstatters die Übertragung der Durchführung desDisziplinarverfahrens an einen anderen Disziplinarrat. DerOGH wies den Antrag ab und legte die Akten zunächst derPräsidentin des OGH zur Entscheidung über das Vorliegenvon Ausschließungs- oder Befangenheitsgründen betref-fend den Präsidenten des Disziplinarrats vor.

Aus den Entscheidungsgründen:Nach stRsp und herrschender Lehre ist eine Übertragungaus dem Grund der Befangenheit (§ 25 Abs 1 Satz 1 ersterFall DSt) nur dann statthaft, wenn entweder der gesamteDisziplinarrat oder so viele seiner Mitglieder befangen sind,dass dieser nicht mehr beschlussfähig ist (10 Bkd 2/07AnwBl 2008, 222; RIS-Justiz RS0056885 und RS0083346,jüngst 30 Ns 2/19a; Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohreg-ger/Vitek, RAO10 [2018] § 25 DSt Rz 2). Indem der Beschul-digte auf Umstände Bezug nimmt, die aus seiner Sicht dieBefangenheit des Vorsitzenden und des Berichterstattersdes Disziplinarrats indizieren, entfernt er sich somit vonden Kriterien des insoweit angesprochenen Übertragungs-grundes.

Die Ablehnung des Kammeranwalts durch den Beschul-digten ist gesetzlich nicht vorgesehen und daher nicht mög-lich (Engelhart/Hoffmann/Lehner/Rohregger/Vitek, RAO10

[2018] § 26 DSt Rz 25 mwN).Einen wichtigen Übertragungsgrund iS des zweiten Falls

des § 25 Abs 1 Satz 1 DSt stellt weder der Kanzleisitz desBeschuldigten (vgl RIS-Justiz RS0119215) noch die angeb-lich bisher mangelhafte Aktenführung (vgl RIS-JustizRS0119215 [T 3]) dar.

Der Antrag, die Durchführung des Disziplinarverfahrenseinem anderen Disziplinarrat zu übertragen, war daher ab-zuweisen.

Die Entscheidung über das behauptete Vorliegen vonAusschließungs- oder Befangenheitsgründen betreffendden Präsidenten des Disziplinarrats kommt der Präsidentindes OGH zu (§ 26 Abs 5 Satz 2 DSt).

Über die allfällige Ausgeschlossenheit oder Befangenheitdes Berichterstatters wird der Präsident des Disziplinarratszu entscheiden haben (§ 26 Abs 5 Satz 1 DSt).

MICHAEL BURESCH

MICHAEL BURESCH

Der Autor ist Rechtsan-walt in Wien und An-waltsrichter beim OGH.

2020/202

österreichisches anwaltsblatt 07-08_2020

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Rechtsprechung

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Marktschreierische WerbungDISZIPLINARRECHT

§ 47 Abs 3 Z 1 RL-BA 2015, § 39 DStDer Betrieb einer Homepage unter der Domain www.kaufvertrag-guenstig.at durch einen RA istdisziplinär.OGH 30. 1. 2020, 27 Ds 3/19a

Sachverhalt:Mit dem angefochtenen Erk wurde über den Disziplinarbe-schuldigten wegen der Verletzung von Berufspflichten undder Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standesdie Disziplinarstrafe des schriftlichen Verweises verhängt,weil er eine Homepage mit der Internet-Domain www.kauf-vertrag-guenstig.at online gestellt hatte, auf welcher folgen-der Text veröffentlicht worden ist: „Wir locken Sie nicht mitfalschen Versprechungen in unsere Kanzlei, daher haben wiruns entschlossen, unsere attraktiven Preise online zu stellen“.

Seiner Berufung wegen Schuld gab der OGH nicht Folge,aufgrund der Strafberufung sah er aber von der Verhän-gung einer Disziplinarstrafe ab.

Aus den Entscheidungsgründen:Die vom Berufungswerber vermissten Feststellungen zu den– gegen das Verbot marktschreierischer Werbung (§ 47Abs 3 Z 1 RL-BA 2015) verstoßenden – Formulierungenund dem „Gesamtauftritt“ der Homepage finden sich (wenn-gleich disloziert in der rechtlichen Beurteilung) auf den Sei-ten 5f des Erk, ein Rechtsfehler mangels Feststellungen wirddaher – bei gebotenem Festhalten am gesamten Erkenntnis-sachverhalt – nicht aufgezeigt (RIS-Justiz RS0099810).

Hingegen war bei der Entscheidung über die implizit er-hobene Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe ne-ben dem bislang ordentlichen Lebenswandel und der im Er-gebnis geständigen Verantwortung auch zu berücksichti-gen, dass der Disziplinarbeschuldigte nicht vorsätzlich ander Erstellung der marktschreierischen Formulierungen be-teiligt war, sondern lediglich seiner Verpflichtung zur Über-prüfung des veröffentlichten Inhalts der Homepage nichtnachgekommen ist. Ferner konnte angesichts dessen, dasser sofort nach dem Einlangen von Beanstandungen seinerHomepage die Löschung der Seite mit dem Pfad „www.kaufvertrag-guenstig.at/preise“ veranlasste, nicht von einemlangen Deliktszeitraum ausgegangen werden. Auch unterBerücksichtigung der unverhältnismäßig langen Verfah-rensdauer und der Persönlichkeit des Beschuldigten war da-her anzunehmen, dass ein Schuldspruch allein genügenwerde, ihn von weiteren Disziplinarvergehen abzuhalten.Gem § 39 DSt konnte daher von der Verhängung einer Dis-ziplinarstrafe abgesehen werden.

Anmerkung:Details zum Sachverhalt oder eine nähere Begründung sindder Entscheidung leider (wieder einmal) nicht zu entneh-

men. Zweifellos ist aber eine derart aggressive Preiswer-bung (das Werben mit „günstigen Kaufverträgen“ und „at-traktiven Preisen“) marktschreierisch und disziplinär. Da derDisziplinarbeschuldigte nach der Einleitung des Verfahrenszumindest den Hinweis auf seine „attraktiven Preise“ vonder Homepage nahm, kam er mit einem Schuldspruch oh-ne Strafe (§ 39 DSt) davon; ein Instrumentarium, das nurnoch auf Disziplinarvergehen anzuwenden ist, die vor dem1. 4. 2020 begangen wurden (BRÄG 2020).Die Entscheidung wäre auch sonst nicht weiter erwäh-nenswert, gäbe sie nicht Anlass zu weiteren Fragen:1. Darf ein Rechtsanwalt die von ihm verlangten Hono-rarsätze (etwa einen Stundensatz oder einen Prozentsatzbei Kaufvertragsabwicklungen) auf seiner Homepageveröffentlichen? Wohl eher ja, sofern dies in der gebote-nen Sachlichkeit (§ 47 Abs 2 RL-BA 2015) und nichtmarktschreierisch erfolgt. Gerade im Hinblick auf diejüngste OGH-Judikatur, die jedenfalls beim Verbraucher-geschäft eine transparente Aufklärung des Mandantenüber die Modalitäten der Honorarverrechnung verlangtund wonach ein Link zur Website der Rechtsanwalts-kammer und deren Allgemeine Auftragsbedingungennicht ausreichend ist (3 Ob 112/19w), erscheint dies nichtzu beanstanden.2. Die Website www.kaufvertrag-guenstig.at ist nach wievor online, wird aber laut Impressum nicht mehr von ei-nem Rechtsanwalt, sondern von einem Technischen Bürobetrieben, das (auch) die Erstellung von Energieauswei-sen anbietet. Dort werden „Richtpreise“ fürKaufvertragsabwicklungen angeboten. Über Anfrage er-mittelt der Betreiber dieser Plattform „Notare undRechtsanwälte für Ihren Immobilienkaufvertrag zu be-sonders günstigen Konditionen in Ihrer Umgebung“. In-sofern dem Betreiber dieser Plattform vom RA für dieVermittlung von Mandaten ein Entgelt zu bezahlen ist(was wohl angenommen werden darf), wäre dies nach§ 47 Abs 3 Z 6 RL-BA 2015 verboten.Insgesamt eine für den Anwaltsstand unerfreuliche Ent-wicklung: Soll die Anwaltssuche künftig wirklich über einPreisvergleichsportal ablaufen wie bei der Suche nach dembesten Preis für ein neues Elektrogerät? Immerhin gilt noch:Der Rechtsanwalt wirbt vornehmlich durch die Qualitätseiner anwaltlichen Leistung (§ 47 Abs 1 RL-BA 2015).

MICHAEL BURESCH

MICHAEL BURESCH

Der Autor ist Rechtsan-walt in Wien und An-waltsrichter beim OGH.

2020/203

07-08_2020 österreichisches anwaltsblatt

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Rechtsprechung

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Beschlüsse der Europäischen Zentralbankzum StaatsanleihenkaufprogrammkompetenzwidrigVERFASSUNGSRECHT

Art 5 EUV; Art 123 AEUVMit Urteil vom 5. 5. 2020 hat der Zweite Senat des deutschen Bundesverfassungsgerichts mehrerenVerfassungsbeschwerden gegen das Staatsanleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbankstattgegeben. Demzufolge haben Bundesregierung und Deutscher Bundestag die Beschwerdeführerin ihrem Recht aus Art 38 Abs 1 Satz 1 iVm Art 20 Abs 1 und 2 iVm Art 79 Abs 3 Grundgesetz verletzt,indem sie es unterlassen haben, dagegen vorzugehen, dass die Europäische Zentralbank in den Be-schlüssen zum Staatsanleihenkaufprogramm weder geprüft noch dargelegt hat, dass die hierbei ge-troffenen Maßnahmen verhältnismäßig sind. Dem steht das Urteil des Gerichtshofs der EuropäischenUnion vom 11. 12. 2018 nicht entgegen, da es im Hinblick auf die Kontrolle der Verhältnismäßigkeitdes Staatsanleihenkaufprogramms schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar und damit ultra viresergangen ist. Ein Verstoß gegen das Verbot der monetären Haushaltsfinanzierung konnte dagegennicht festgestellt werden. Aktuelle finanzielle Hilfsmaßnahmen der Europäischen Union oder der Eu-ropäischen Zentralbank iZm der Corona-Krise waren nicht Gegenstand der Entscheidung.BVerfG 5. 5. 2020, 2 BvR 859/15, 2 BvR 980/16, 2 BvR 2006/15, 2 BvR 1651/15

Sachverhalt:Das Staatsanleihenkaufprogramm (Public Sector PurchaseProgramme – PSPP) ist Teil des erweiterten Programmsder Europäischen Zentralbank (EZB) zum Ankauf von Ver-mögenswerten (Expanded Asset Purchase Programme –

EAPP). Das EAPP sorgt für eine Ausweitung der Geldmenge,wodurch Konsum und Investitionen gefördert und die Infla-tionsrate in der Eurozone auf knapp unter 2% erhöht werdensollen. Das PSPP wurde von der EZB im März 2015 erstmalsaufgelegt. Mit dem PSPP werden Staatsanleihen erworben,die imWesentlichen von Euro-Mitgliedstaaten begeben wer-den. Das PSPPmacht den weitaus größten Teil des EAPP aus.

Die Beschwerdeführer (Bf) machen mit ihren Verfas-sungsbeschwerden geltend, dass das PSPP gegen das Verbotmonetärer Staatsfinanzierung (Art 123 AEUV) und dasPrinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art 5 Abs 1EUV iVm Art 119, 127ff AEUV) verstoße.

Mit Beschluss v 18. 7. 2017 hat das BVerfG dem Ge-richtshof der Europäischen Union (EuGH) mehrere Fragenzur Vorabentscheidung vorgelegt. Diese betrafen insb dasVerbot monetärer Staatsfinanzierung sowie das Mandatder EZB für die Währungspolitik und einen möglichenÜbergriff in die Zuständigkeit und Haushaltshoheit derMitgliedstaaten.

Mit Urteil v 11. 12. 2018 hat der Gerichtshof entschie-den, dass das PSPP nicht über das Mandat der EZB hinaus-gehe und auch nicht gegen das Verbot monetärer Staatsfi-nanzierung verstoße.

Mit dem vorliegenden Urteil v 5. 5. 2020 hat das BVerfGdie Vorabentscheidung des Gerichtshofs als Ultra-vires-Aktfür in Deutschland nicht anwendbar erklärt.

Aus den Entscheidungsgründen:I. Die Beschlüsse des Rates der EZB zum PSPP sind trotz desanderslautenden Urteils des Gerichtshofs mit Blick aufArt 119 und 127 ff AEUV als Ultra-vires-Maßnahmen zuqualifizieren.

Nach stRsp des BVerfG ist es seine Pflicht, Rügen einesUltra-vires-Handelns der europäischen Organe und Ein-richtungen nachzugehen. Diese ist mit der vertraglich demGerichtshof übertragenen Aufgabe, die Verträge auszulegenund anzuwenden, zu koordinieren. Wenn jeder Mitglied-staat ohne weiteres für sich in Anspruch nähme, durch ei-gene Gerichte über die Gültigkeit von Rechtsakten derUnion zu entscheiden, könnte der Anwendungsvorrangpraktisch unterlaufen werden und die einheitliche Anwen-dung des Unionsrechts wäre gefährdet. Würden aber ande-rerseits die Mitgliedstaaten vollständig auf die Ultra-vires-Kontrolle verzichten, so wäre die Disposition über die ver-tragliche Grundlage allein auf die Unionsorgane verlagert,und zwar auch dann, wenn deren Rechtsverständnis im Er-gebnis auf eine Vertragsänderung oder Kompetenzauswei-tung hinausliefe. Dass in den seltenen Grenzfällen mögli-cher Kompetenzüberschreitung seitens der Unionsorganedie verfassungsrechtliche und die unionsrechtliche Perspek-tive nicht vollständig harmonieren, ist dem Umstand ge-schuldet, dass die Mitgliedstaaten der Europäischen Unionauch nach Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon Herrender Verträge bleiben und die Schwelle zum Bundesstaatnicht überschritten wurde. Die nach dieser Konstruktionim Grundsatz unvermeidlichen Spannungslagen sind imEinklang mit der europäischen Integrationsidee kooperativauszugleichen und durch wechselseitige Rücksichtnahme zu

RAINER HABLE

Der Autor ist Rechtsan-walt in Wien.

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entschärfen. Dies kennzeichnet die Zusammenarbeit in derEuropäischen Union, die ein Staaten-, Verfassungs-, Ver-waltungs- und Rechtsprechungsverbund ist.

Die Auslegung und Anwendung des Unionsrechts ein-schließlich der Bestimmung der dabei anzuwendenden Me-thode ist zuerst Aufgabe des Gerichtshofs, dem es gemArt 19 Abs 1 Satz 2 EUV obliegt, bei der Auslegung undAnwendung der Verträge das Recht zu wahren. Die vomGerichtshof entwickelten Methoden beruhen dabei aufden gemeinsamen (Verfassungs-)Rechtstraditionen derMitgliedstaaten, wie sie sich nicht zuletzt in der Rsp ihrerVerfassungs- und Höchstgerichte sowie des EuropäischenGerichtshofs für Menschenrechte niedergeschlagen haben.Die Handhabung dieser Methoden und Grundsätze kannderjenigen durch innerstaatliche Gerichte nicht vollständigentsprechen; sie kann sich über diese aber auch nicht ohneweiteres hinwegsetzen. Eine offenkundige Außerachtlas-sung der im europäischen Rechtsraum überkommenenAuslegungsmethoden oder allgemeiner, den Rechtsordnun-gen der Mitgliedstaaten gemeinsamer Rechtsgrundsätze istvom Mandat des Art 19 Abs 1 Satz 2 EUV nicht umfasst.

Die Auffassung des Gerichtshofs, der Beschluss des EZB-Rates über das PSPP und seine Änderungen seien nochkompetenzgemäß, verkennt in offensichtlicher Weise Be-deutung und Tragweite des auch bei der Kompetenzvertei-lung zu beachtenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit(Art 5 Abs 1 Satz 2 und Abs 4 EUV) und ist wegen der voll-ständigen Ausklammerung der tatsächlichen Auswirkungendes Programms auf die Wirtschaftspolitik methodischschlechterdings nicht mehr vertretbar. Der Ansatz des Ge-richtshofs, bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung die tat-sächlichen Wirkungen außer Acht zu lassen und auf einewertende Gesamtbetrachtung zu verzichten, verfehlt dieAnforderungen an eine nachvollziehbare Überprüfung derEinhaltung des währungspolitischen Mandats des Europä-ischen Systems der Zentralbanken (ESZB) und der EZB. Beidieser Handhabung kann der Grundsatz der Verhältnismä-ßigkeit die ihm zukommende Korrektivfunktion zumSchutz mitgliedstaatlicher Zuständigkeiten nicht erfüllen,was das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung (Art 5Abs 1 Satz 1 und Abs 2 EUV) im Grunde leerlaufen lässt.

Die vom Gerichtshof vorgenommene Auslegung desVerhältnismäßigkeitsgrundsatzes und die darauf gestützteBestimmung des Mandats des ESZB überschreiten deshalbdas ihm in Art 19 Abs 1 Satz 2 EUV erteilte Mandat. DieSelbstbeschränkung seiner gerichtlichen Prüfung darauf,ob ein „offensichtlicher“ Beurteilungsfehler der EZB vor-liegt, ob eine Maßnahme „offensichtlich“ über das zur Er-reichung des Ziels Erforderliche hinausgeht oder ob derenNachteile „offensichtlich“ außer Verhältnis zu den verfolg-ten Zielen stehen, vermag die auf die Währungspolitik be-grenzte Zuständigkeit der EZB nicht einzuhegen. Sie gestehtihr vielmehr selbstbestimmte, schleichende Kompetenzer-weiterungen zu oder erklärt diese jedenfalls für gerichtlichnicht oder nur sehr eingeschränkt überprüfbar. Die Wah-

rung der Kompetenzgrundlagen der Europäischen Unionhat jedoch entscheidende Bedeutung für die Gewährleis-tung des demokratischen Prinzips und die rechtliche Ver-fasstheit der Europäischen Union.

II. Da der Senat somit nicht an die Entscheidung des Ge-richtshofs gebunden ist, hat er eigenständig zu beurteilen,ob das ESZB mit den Beschlüssen zur Errichtung undDurchführung des PSPP noch innerhalb der ihm primär-rechtlich eingeräumten Kompetenzen gehandelt hat. Dasist mangels hinreichender Erwägungen zur Verhältnismä-ßigkeit nicht der Fall.

Ein Programm zum Ankauf von Staatsanleihen wie dasPSPP, das erhebliche wirtschaftspolitische Auswirkungenhat, setzt insb voraus, dass das währungspolitische Zielund die wirtschaftspolitischen Auswirkungen jeweils be-nannt, gewichtet und gegeneinander abgewogen werden.Die unbedingte Verfolgung des mit dem PSPP angestrebtenwährungspolitischen Ziels, eine Inflationsrate von unter,aber nahe 2% zu erreichen, unter Ausblendung der mitdem Programm verbundenen wirtschaftspolitischen Aus-wirkungen missachtet daher offensichtlich den Grundsatzder Verhältnismäßigkeit.

Die Beschlüsse des EZB-Rates beschränken sich auf dieFeststellung, dass das angestrebte Inflationsziel nicht er-reicht sei und weniger belastende Mittel nicht zur Verfü-gung stünden. Sie enthalten keine Prognose zu den wirt-schaftspolitischen Auswirkungen des Programms sowie da-zu, ob sie in einem angemessenen Verhältnis zu den er-strebten währungspolitischen Vorteilen stehen. Es ist nichtersichtlich, dass der EZB-Rat die im PSPP angelegten undmit ihm unmittelbar verbundenen Folgen erfasst und abge-wogen hätte, die dieses aufgrund seines Volumens von überzwei Billionen Euro und einer Laufzeit von mittlerweilemehr als drei Jahren zwangsläufig verursacht.

Das PSPP verbessert die Refinanzierungsbedingungender Mitgliedstaaten, weil sich diese zu deutlich günstigerenKonditionen Kredite am Kapitalmarkt verschaffen können.Es wirkt sich daher erheblich auf die fiskalpolitischen Rah-menbedingungen in den Mitgliedstaaten aus. Das PSPPwirkt sich auch auf den Bankensektor aus, indem es risiko-behaftete Staatsanleihen in großem Umfang in die Bilanzendes Eurosystems übernimmt, dadurch die wirtschaftlicheSituation der Banken verbessert und ihre Bonität erhöht.Zu den Folgen des PSPP gehören zudem ökonomischeund soziale Auswirkungen auf nahezu alle Bürgerinnenund Bürger, die etwa als Aktionäre, Mieter, Eigentümervon Immobilien, Sparer und Versicherungsnehmer jeden-falls mittelbar betroffen sind. So ergeben sich etwa für Spar-vermögen deutliche Verlustrisiken. Wirtschaftlich an sichnicht mehr lebensfähige Unternehmen bleiben aufgrunddes auch durch das PSPP abgesenkten allgemeinen Zinsni-veaus weiterhin am Markt. Schließlich begibt sich das Euro-system mit zunehmender Laufzeit des Programms und stei-gendem Gesamtvolumen in eine erhöhte Abhängigkeit vonder Politik der Mitgliedstaaten, weil es das PSPP immer we-

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niger ohne Gefährdung der Stabilität der Währungsunionbeenden und rückabwickeln kann.

Diese und andere erhebliche wirtschaftspolitische Aus-wirkungen hätte die EZB gewichten, mit den prognostizier-ten Vorteilen für die Erreichung ihres währungspolitischenZiels in Beziehung setzen und nach Verhältnismäßigkeits-gesichtspunkten abwägen müssen. Eine solche Abwägungist, soweit ersichtlich, weder zu Beginn des Programmsnoch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Ohne die Doku-mentation, dass und wie diese Abwägung stattgefunden hat,lässt sich die rechtliche Einhaltung des Mandats der EZBgerichtlich nicht effektiv kontrollieren.

III. Soweit das Urteil des Gerichtshofs einen Verstoß ge-gen Art 123 Abs 1 AEUV (Verbot monetärer Staatsfinan-zierung) verneint, begegnet die Handhabung der seinemUrteil in der Rechtssache Gauweiler entwickelten „Garan-tien“ für ein Ankaufsprogramm zwar erheblichen Einwän-den, da der Gerichtshof darauf verzichtet, die im PSPP ent-haltenen Vorkehrungen gegen Umgehungen einer näherenPrüfung zu unterziehen. Der Senat sieht sich insofern aberan die Auffassung des Gerichtshofs gebunden, da angesichtsder realen Möglichkeit, dass jedenfalls die vom Gerichtshofanerkannten Garantien von der EZB eingehalten wurden,ein offensichtlicher Verstoß gegen Art 123 Abs 1 AEUVnoch nicht festgestellt werden kann.

Zwar hat der Gerichtshof einzelnen „Garantien“ wiedem Ankündigungsverbot, der Sperrfrist, dem Verbot desgrundsätzlichen Haltens der Anleihen bis zur Endfälligkeitund der Notwendigkeit eines Ausstiegsszenarios ihre Wir-kung in der Praxis weitgehend genommen. Ob ein Anlei-heankaufprogramm wie das PSPP eine offenkundige Umge-hung von Art 123 Abs 1 AEUV darstellt, entscheidet sichallerdings nicht an der Einhaltung eines einzelnen Krite-riums, sondern auf der Grundlage einer wertenden Gesamt-betrachtung. Im Ergebnis ist eine offensichtliche Umge-hung des Verbots monetärer Haushaltsfinanzierung vor al-lem deshalb nicht feststellbar, weil• das Volumen der Ankäufe im Voraus begrenzt ist,• die vom Eurosystem getätigten Käufe nur in aggregierterForm bekannt gegeben werden,

• eine Obergrenze von 33% je Internationaler Wertpapier-kennnummer eingehalten wird,

• Ankäufe nach dem Kapitalschlüssel der nationalen Zent-ralbanken getätigt werden,

• nur Anleihen von Körperschaften erworben werden, dieaufgrund eines Mindestratings Zugang zum Anleihe-markt besitzen und

• Ankäufe begrenzt oder eingestellt und erworbene Schuld-titel wieder dem Markt zugeführt werden sollen, wenneine Fortsetzung der Intervention zur Erreichung des In-flationsziels nicht mehr erforderlich ist.

IV. Bundesregierung und Deutscher Bundestag sind auf-grund der ihnen obliegenden Integrationsverantwortungverpflichtet, der bisherigen Handhabung des PSPP entge-genzutreten.

Im Falle offensichtlicher und strukturell bedeutsamerKompetenzüberschreitungen durch Organe, Einrichtungenund sonstige Stellen der Europäischen Union sind die Ver-fassungsorgane verpflichtet, im Rahmen ihrer Kompeten-zen und mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mittelnaktiv auf die Einhaltung des Integrationsprogramms unddie Aufhebung der vom Integrationsprogramm nicht ge-deckten Maßnahmen hinzuwirken sowie – solange dieMaßnahmen fortwirken – geeignete Vorkehrungen zu tref-fen, damit die innerstaatlichen Auswirkungen der Maßnah-men so weit wie möglich begrenzt bleiben.

Konkret bedeutet dies, dass die Bundesregierung undder Bundestag aufgrund ihrer Integrationsverantwortungverpflichtet sind, auf eine Verhältnismäßigkeitsprüfungdurch die EZB hinzuwirken.

Deutsche Verfassungsorgane, Behörden und Gerichtedürfen weder am Zustandekommen noch an Umsetzung,Vollziehung oder Operationalisierung von Ultra-vires-Ak-ten mitwirken. Der Bundesbank ist es daher untersagt, nacheiner für die Abstimmung im Eurosystem notwendigenÜbergangsfrist von höchstens drei Monaten an Umsetzungund Vollzug der verfahrensgegenständlichen Beschlüssemitzuwirken, wenn nicht der EZB-Rat in einem neuen Be-schluss nachvollziehbar darlegt, dass die mit dem PSPP an-gestrebten währungspolitischen Ziele nicht außer Verhält-nis zu den damit verbundenen wirtschafts- und fiskalpoliti-schen Auswirkungen stehen.

Anmerkung:Das Urteil des deutschen BVerfG ist ein Paukenschlag mitpotenziell weitreichenden Folgen für die EuropäischeWährungsunion und die Existenz des Euros, das Verhält-nis der mitgliedstaatlichen Gerichte zum Gerichtshof inLuxemburg sowie den europäischen (Des-)Integrations-prozess insgesamt. Zum ersten Mal in seiner Geschichtehat das BVerfG einen EU-Rechtsakt – und dann gleich einGerichtshof-Urteil – als unvereinbar mit dem deutschenGrundgesetz qualifiziert.Historie. Bereits seit dem Maastricht-Urteil 19931 bean-sprucht das BVerfG für sich, Kompetenzüberschreitungender europäischen Organe und Einrichtungen zu prüfenund allenfalls entsprechende europäische Rechtsakte fürin Deutschland unanwendbar zu erklären („Ultra-vires-Akte“). Das BVerfG steht dabei immer auf dem Stand-punkt, eigentlich nur das Grundgesetz auszulegen. BeiFragen der Auslegung und Gültigkeit von Handlungender Organe und Einrichtungen der Europäischen Unionist jedoch nach Art 19 EUV, Art 267 Abs 3 AEUV der Ge-richtshof die letzte Instanz. Unionsrecht versus nationalesVerfassungsrecht. Das ist der Kern des Konflikts.In der Honeywell-Entscheidung2 konkretisierte dasBVerfG, dass die Ultra-vires-Kontrolle „europarechts-

1 BVerfG, Urteil v 12. 10. 1993, 2 BvR 2134, 2159/92.2 BVerfG, Beschluss v 6. 7. 2010, 2 BvR 2661/06.

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freundlich“ ausgeübt werden müsse. Eine Ultra-vires-Kontrolle durch das BVerfG komme nur in Betracht, wennein Kompetenzverstoß der europäischen Organe hinrei-chend qualifiziert ist. Das setze voraus, dass das kompe-tenzwidrige Handeln der Unionsgewalt offensichtlich istund der angegriffene Akt im Kompetenzgefüge zu einerstrukturell bedeutsamen Verschiebung zulasten der Mit-gliedstaaten führt. Die Auslegung und Anwendung vonZuständigkeitsnormen sei nur zu beanstanden, wenn siebei verständiger Würdigung der das Grundgesetz be-stimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erschei-nen und offensichtlich unhaltbar sind.Im OMT-Urteil3 entschied das BVerfG über Verfassungs-beschwerden gegen das „outright monetary transac-tions“-Programm der EZB. Dieses war auf den Kauf vonStaatsanleihen gerichtet und die (wenn auch faktisch nieerfolgte) Umsetzung der „whatever it takes“-Ansage vonEZB-Gouverneur Mario Draghi, der im Juli 2012 ange-kündigt hatte, alles innerhalb des Mandates der EZB zuunternehmen, um den Euro zu retten. Das BVerfG legtedie Frage dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorund akzeptierte dessen Bewertung, dass keine verbotenemonetäre Staatsfinanzierung vorliege. Trotz letztlicherAkzeptanz war die Begeisterung auf Seiten des BVerfGwohl überschaubar, denn im Vorlageantrag war noch ei-ne 6:2-Mehrheit des Senates von einem Verstoß gegendas Verbot monetärer Staatsfinanzierung ausgegangen.Im Lichte dieser Historie konnte das nunmehr vorliegen-de Urteil nicht überraschen.Kritik am BVerfG. Das BVerfG musste heftige Kritik fürdas Urteil einstecken, sodass sich Präsident Andreas Voß-kuhle und der Berichterstatter im Verfahren Peter MichaelHuber bemüßigt fühlten, ihre Position in Zeitungsinter-views öffentlich zu verteidigen – ein Vorgang, der für einGericht an sich schon sehr ungewöhnlich ist.Erstaunlich sind teils auch die Kritikpunkte, die gegen dasKarlsruher Urteil vorgebracht wurden. Das BVerfG würdemitten in einer schweren Pandemie für Instabilität sorgen.Und es würde Polen und Ungarn einen Vorwand liefern,um die Demontage des Rechtsstaats weiter voranzutrei-ben. Doch seit wann ist es Aufgabe eines Gerichts, seineEntscheidungen nicht am Gesetz, sondern an allgemeinenpolitischen Rahmenbedingungen auszurichten? Diese Ar-gumente tragen rechtlich nicht – und sie überzeugen auchinhaltlich nicht. Schließlich geht es dem BVerfG erkennbarum eine stärkere Kontrolle der Exekutive. Das ist wohl keinAnsatz, den sich Autokraten als Vorbild nehmen.Überzeugen können allerdings auch die juristischen Ar-gumente des BVerfG nur bedingt. Dieses hatte im We-sentlichen bemängelt, dass weder EZB noch Gerichtshofeine Verhältnismäßigkeitsprüfung hinsichtlich der wirt-schaftspolitischen Auswirkungen des PSPP unternom-men hätten.Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist ein allgemeinerRechtsgrundsatz, der vor allem im Grundrechtsschutz

von Bedeutung ist. Für die europäischen Grundrechte ister in Art 52 Abs 1 EU-Grundrechte-Charta festgeschrie-ben. Der im vorliegenden Fall einschlägige Verhältnis-mäßigkeitsgrundsatz des Art 5 Abs 4 EUV hingegen isteine Kompetenzausübungsschranke zugunsten der Mit-gliedstaaten. Demnach „gehen die Maßnahmen der Unioninhaltlich wie formal nicht über das zur Erreichung der Zieleder Verträge erforderliche Maß hinaus“. IS der EuGH-Rspbedeutet dies, dass die europäische Maßnahme „zur Er-reichung des angestrebten Ziels geeignet und erforderlich“4

sein muss. Der Gerichtshof räumt hier allerdings, andersals beim grundrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip,ein weites Ermessen ein.Nun mag dies dem BVerfG missfallen, das sich eine stär-kere gerichtliche Kontrolle wünscht. Von gemeinsamenRechtstraditionen getragene Rechtsgrundsätze bedeutenallerdings nicht, dass das BVerfG dem Gerichtshof seineInterpretationsmethoden aufzwingen kann. Noch frag-würdiger wird die Argumentation des BVerfG durch dieTatsache, dass in Deutschland der Grundsatz der Ver-hältnismäßigkeit für Kompetenzabgrenzungen zwischenBund und Ländern überhaupt nicht gilt. Im Kalkar II-Urteilhält das BVerfG fest: „Aus dem Rechtsstaatsprinzip abge-leitete Schranken für Einwirkungen des Staates in denRechtskreis des Einzelnen sind im kompetenzrechtlichenBund-Länder-Verhältnis nicht anwendbar. Dies gilt insbe-sondere für den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.“5 Wieaber kommt das BVerfG dazu, dem Gerichtshof eineMissachtung gemeinsamer Rechtstraditionen vorzuwer-fen, wenn es selbst in Deutschland eine Anwendung desVerhältnismäßigkeitsgrundsatzes auf Kompetenzabgren-zungen ablehnt?Auch der Wortlaut des Art 5 Abs 4 EUV stützt dieRechtsansicht des BVerfG nicht. Denn dieser nimmt aus-drücklich nur auf die Erforderlichkeit Bezug. Dass darüberhinaus eine gesamthafte wertende Abwägung zwischendem währungspolitischen Nutzen für die Union und demwirtschaftspolitischen Schaden für die Mitgliedstaaten zuerfolgen hat, die das BVerfG in der Vorabentscheidungvermisst, kann man argumentieren. Vom Wortlaut getra-gen ist eine solche Position jedoch nicht.Vor diesem Hintergrund bleibt der Vorwurf, der Ge-richtshof habe methodisch willkürlich entschieden, ohneüberzeugende Begründung.Auch hinsichtlich seiner ökonomischen Argumente stehtdie Position des BVerfG auf wackligen Beinen. Denn diebehaupteten wirtschaftspolitischen Kollateralschädensind nicht so offensichtlich, wie in den Raum gestellt.Wenn durch das niedrige Zinsniveau SparbuchvermögenVerluste erleiden, können andere Vermögenswerte wieAktien und Immobilien profitieren. Es kommt somit zu

3 BVerfG, Urteil v 21. 6. 2016, 2 BvR 2728/13, 2 BvE 13/13, 2 BvR 2731/13, 2BvR 2730/13, 2 BvR 2729/13.4 EuGH C-491/01, BAT, Slg 2002, I-11453, Rn 122.5 BVerfG, Urteil v 22. 5. 1990, 2 BvG 1/88.

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einer Verschiebung zwischen verschiedenen Vermö-gensklassen. Es liegt aber nicht auf der Hand, dass Mit-gliedstaaten oder Bürgerinnen und Bürger allgemeinschlechter gestellt wären oder auch nur bestimmte Per-sonengruppen schlechter gestellt würden. Währendmanche Personen mangels irgendwelcher Vermögens-werte gar nicht betroffen sein mögen, können anderePersonen sowohl positiv als auch negativ betroffen sein,wenn sie sowohl Sparbücher als auch Immobilien besit-zen.Zudem ist der Zusammenhang zwischen Geldpolitik undZinsniveau nicht so eindeutig, wie das BVerfG offenbarmeint. Es wird von Ökonomen ebenso plausibel vertre-ten, dass der wahre Treiber für das niedrige Zinsniveauein historisch schon sehr lange andauernder Abwärts-trend ist, der derzeit auch noch durch ein weltweitesÜberangebot von Kapital verstärkt wird. Die Maßnahmender EZB sind hier bestenfalls ein zusätzliches Element,aber nicht der alleinige Auslöser für niedrige Zinsen.Es ist somit keineswegs offensichtlich, in welchem Aus-maß wirtschaftliche Kollateralschäden bestehen, wer da-von allenfalls betroffen ist, und in welchem Ausmaß dieGeldpolitik der EZB dafür überhaupt kausal ist. Doch mitall diesen Überlegungen beschäftigt sich das BVerfG ineiner ökonomisch engen Sichtweise nicht.Und so kommt man insgesamt zum Schluss, dass dasBVerfG in seiner Kritik an der Vorabentscheidung desGerichtshofs „Auslegungsmethode“ sagt, aber in Wahr-heit „Auslegungsergebnis“ meint. Und dieses inhaltlicheAuslegungsergebnis kann durchaus kritisch gesehenwerden. Der Gerichtshof hat im Einklang mit seiner Tra-dition, wirtschaftlich komplexe Entscheidungen zurück-haltend zu prüfen, das Kontrollniveau bei den Anleihe-kaufprogrammen der EZB faktisch auf eine summarischePrüfung beschränkt. Bei tiefgehenden fiskal- und wirt-schaftspolitischen Eingriffen ist eine solche Praxis äußerstfragwürdig. Dies ist insb bei der EZB von Bedeutung,deren politische Unabhängigkeit durch Art 130 AEUVgarantiert ist. Politische Unabhängigkeit gepaart mit bloßoberflächlicher gerichtlicher Kontrolle ist demokratiepo-litisch keine gute Konstellation.Ausblick. Das BVerfG hat (noch) nicht die Frage beant-wortet, ob das PSPP verhältnismäßig ist, weil die EZBbislang keine hinreichenden Erwägungen zur Verhältnis-mäßigkeit angestellt und dokumentiert habe und damitdem BVerfG die Grundlage für eine eigene Verhältnis-mäßigkeitsprüfung fehle. Vor diesem Hintergrund sinddie rechtlichen Folgen des Urteils zunächst überschaubar,da die EZB innerhalb der gesetzten Dreimonatsfrist diegeforderte Begründung liefern könnte. Somit hält dasBVerfG eine Tür offen, die allerdings in die eigene Rich-tung weist. Ob sich die EZB darauf einlässt und damitimplizit der Sichtweise des BVerfG unterwirft, bleibt ab-zuwarten. Immerhin ist die EZB schon der mündlichenVerhandlung in Karlsruhe ferngeblieben.

Offen ist auch, ob die Kommission ein Vertragsverlet-zungsverfahren gegen Deutschland einleitet. Jedenfallsist spätestens seit der Feststellung einer Vertragsverlet-zung Frankreichs wegen eines Urteils des Conseil d‘Etat6

klar, dass Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitglied-staaten auch wegen Gerichtsentscheidungen möglichsind.Zweifellos besteht die Gefahr einer Eskalation. Denn auchdas vorliegende Urteil des BVerfG ist bei näherer Be-trachtung nur ein weiterer Warnschuss. Das BVerfG hatsein Ultra-vires-Urteil auf die vorgeblich unterlasseneVerhältnismäßigkeitsprüfung gestützt, eine rechtlich we-nig überzeugende Grundlage. Der Vorteil dieses Ansatzesist jedoch, dass es noch einen Ausweg gibt, indem dieEZB eine zufriedenstellende Verhältnismäßigkeitsprüfungnachreicht. Hingegen hat es das BVerfG unterlassen, sichdem Thema mit der größten Angriffsfläche zu widmen:dem Verbot monetärer Staatsfinanzierung. Beim Verhält-nismäßigkeitsgrundsatz kritisiert das BVerfG die ober-flächliche Prüfung. Hinsichtlich der verbotenen monetä-ren Staatsfinanzierung gibt sich das BVerfG ohne kon-krete Prüfung mit der „realen Möglichkeit, dass jedenfallsdie vom Gerichtshof anerkannten Garantien von der EZBeingehalten wurden“, zufrieden. Juristisch ist diese Dis-krepanz in der Beurteilung merkwürdig inkonsistent. Er-klären lässt sie sich nur strategisch, indem das BVerfG dieEskalation (noch) nicht auf die Spitze treiben wollte. DerNachteil dieses Ansatzes wäre immerhin, dass es keinenAusweg mehr gäbe. Ist erst die verbotene monetäreStaatsfinanzierung vom BVerfG festgestellt, gibt es keineMöglichkeit der Reparatur, des Aufeinander-Zugehens.Dies zeigt allerdings auf, wo die nächsten Gefahrenlauern und wie die Lage endgültig eskalieren kann.Schließlich ist nicht von der Hand zu weisen, dass ohnedie Interventionen der EZB seit der Finanzkrise mancheMitgliedstaaten der Union in die Zahlungsunfähigkeithätten gleiten können und damit wohl zu einem unfrei-willigen Ausscheiden aus der Eurozone gezwungen wor-den wären. Das Argument, dass verbotene Staatsfinan-zierung durch die EZB nicht vorliege, weil die Staatsan-leihenkäufe im Verhältnis des Stammkapitals der EZB –und damit nicht selektiv – stattfänden, kann nicht voll-ständig überzeugen. Denn dass gleichzeitig Anleihen vonStaaten aufgekauft werden, die diese Unterstützung nichtbräuchten, ändert nichts an der fiskalischen Rettung jenerLänder, die ohne EZB schon in Schieflage geraten wären.Zudem ist die EZB im Rahmen des kürzlich angelaufenenPEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) be-reits dazu übergangen, Staatsanleihen selektiv – undzwar schwerpunktmäßig von Krisenländern – zu kaufen.Die nächsten Klagen sind somit absehbar.Das Dilemma. Trotz des juristischen Konflikts zwischenUnionsrecht und nationalem Verfassungsrecht, zwischen

6 EuGH C-416/17, Accor.

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Gerichtshof und BVerfG, ist das Grundproblem nicht ju-ristisch. Es ist politisch. Denn die Eurozone ist mit einergrundlegenden politischen Asymmetrie konfrontiert: DieWährungspolitik ist europäisch, die Finanzpolitik ist na-tional.Wurden früher unterschiedliche wirtschaftliche Aus-gangsbedingungen und Entwicklungen durch Änderun-gen im Wechselkurs der nationalen Währung oder durchZinsänderung der nationalen Geldpolitik ausgeglichen,fallen diese Instrumente in einer Währungsunion weg. Obin Schleswig-Holstein oder Sizilien, es gibt nur mehr ei-nen Wechselkurs (der gemeinsamen Währung) und eineGeldpolitik (der gemeinsamen Zentralbank). RegionaleUnterschiede müssten in einer solchen Situation durchdie Fiskalpolitik ausgeglichen werden, was nicht ge-schieht, da die Fiskalpolitik national ist. Somit ist als einzighandlungsfähige europäische Institution die EZB ge-zwungen, an die Grenzen ihres Mandats zu gehen (undsehr wahrscheinlich darüber hinaus), um die fehlendeFiskalpolitik zu kompensieren und den Euroraum vor demZerfall zu retten. Der EuGH lässt die EZB vor diesem Hin-tergrund gewähren, während das BVerfG zu Recht darauf

hinweist, dass diese Vorgehensweise demokratiepolitischnicht akzeptabel ist.Weder Gerichtshof noch BVerfG können das Problem lö-sen. Und so mag es spannend sein, über Anwendungs-vorrang, Auslegungsmonopol und Vertragsverletzungs-verfahren zu diskutieren, einer Lösung kommen wir da-durch nicht näher. Denn es kann keine europäischeGeldpolitik ohne europäische Fiskalpolitik geben. Und eskann keine europäische Fiskalpolitik ohne politischeUnion geben. So steht Europa vor der Entscheidung,entweder die Währungsunion mit einer Fiskalunion zuvervollständigen oder die Währungsunion auf ein öko-nomisch verträgliches Maß rückabzuwickeln. Die Gefahrist, dass sich mangels einer politischen Lösung Gerichts-hof und BVerfG weiter in die Haare geraten und dabei dieeuropäische Idee, Integration durch Recht, auf der Stre-cke bleibt. Die Chance ist, dass das Urteil des BVerfG einweiterer Anstoß zur Reform einer unhaltbaren Konstruk-tion der Währungsunion ist.

RAINER HABLE

Umsatzsteuerpflicht für nicht-anwaltstypischeDienstleistungen eines Rechtsanwalts alsSachwalter?GEBÜHREN- UND STEUERRECHT

§ 6 UStG 1994Ist Art 132 Abs 1 Buchstabe g der RL 2006/112/EG des Rates v 28. 11. 2006 über das gemeinsameMehrwertsteuersystem dahin auszulegen, dass Dienstleistungen eines Rechtsanwaltes, die dieserals vom Gericht bestellter Sachwalter – soweit es sich nicht um anwaltstypische Leistungen handelt– erbringt, von der Mehrwertsteuer befreit sind?VwGH 11. 12. 2019, EU 2019/0007 (Ra 2019/13/0025) = EuGH C-1/20.

Sachverhalt:Der Revisionswerber (Rw) ist Rechtsanwalt. Er macht gel-tend, er sei seit vielen Jahren im Rahmen seiner anwaltli-chen Tätigkeit fast nur mehr als von Gerichten bestellterSachwalter tätig. Auch in diesem Bereich habe er für diebetroffenen Personen typisch anwaltliche Tätigkeiten zuverrichten, jedoch nur in ganz geringem Umfang. Frei ge-wählte Mandate übernehme er nicht mehr. Seine übrige Tä-tigkeit als Sachwalter bestehe aus sozialarbeiterischer Für-sorge (Personensorge) für die ihm von den Gerichten an-vertrauten Personen. Die Bestellung erfolge für Personen,die psychisch krank oder geistig behindert und deshalb au-ßerstande seien, alle oder einzelne Angelegenheiten zu erle-

digen, und derart in Gefahr gerieten, Nachteile zu erleiden.Die Tätigkeit eines Sachwalters sei eine, die der sozialen Si-cherheit diene. Bei richtiger Umsetzung des Art 132 Abs 1Buchst g der RL 2006/112/EG müssten Umsätze des Sach-walters iZm seinen Betreuungs- und Vertretungshandlun-gen von der Umsatzsteuer ausgenommen werden.

In dem vor dem VwGH angef Erk behandelte das Bun-desfinanzgericht (BFG) – wie schon zuvor das Finanzamt –die Umsätze des Rw aus Tätigkeiten als Sachwalter alssteuerpflichtig. [Begründend führte das BFG aus,] der Rwübe den Beruf eines Rechtsanwaltes aus, sei im Rahmen sei-nes Unternehmens auch vom Gericht als Sachwalter bestelltworden und habe aus dieser Tätigkeit Entschädigungen

FRANZ PHILIPPSUTTER

Der Autor ist Richter desVerwaltungsgerichtsho-fes.

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gem § 276 Abs 1 des ABGB bezogen. Die Berufsgruppe derRechtsanwälte sei aber nicht als anerkannte Einrichtung mitsozialem Charakter anzusehen und daher nicht steuerbe-freit. Soweit ein Verstoß gegen die gebotene Gleichbehand-lung geltend gemacht werde, sei zu bemerken, dass Sach-walter-Vereine gem § 6 Abs 1 Z 25 UStG 1994 von der Um-satzsteuer befreit seien. Diese seien jedoch – anders alsRechtsanwälte – nicht auf Gewinn ausgerichtet. Somit lägenaber auch keine vergleichbaren Dienstleistungen vor, diegleich behandelt werden müssten.

In der Revision legt der Rw näher dar, er habe, um denAnforderungen als Sachwalter gerecht zu werden, Sozialar-beiterinnen angestellt und sein Personal sozialarbeiterischgeschult. Er verfüge auch über ein großes außerbetrieblichesNetz, so über mehrere Personen, die Besuchsdienste erbrin-gen. Seine Leistungen beschreibt er damit, dass es sich umTätigkeiten handle, mit denen man üblicherweise keinenAnwalt beauftrage, auch wenn einzelne Tätigkeiten einenjuristischen Bezug hätten. Dabei handle es sich etwa umdas Stellen von Anträgen auf die Gewährung von diversenBeihilfen oder Befreiungen; um die „Organisation“ von so-zialen Diensten, Arztterminen, Begleitung zu diesen Termi-nen; auch um die (Organisation der) Durchführung vonGroßreinigungen von „vermüllten“ Wohnungen, Beschaf-fung von Ersatzquartieren, Besorgung von Handwerkernund Ähnlichem.

Spruch:Beschluss eines Vorabentscheidungsersuchens an denEuGH.

Aus den Gründen:19 Im Verfahren ist nicht strittig, dass Leistungen, die derRw als Anwalt erbringt, und auch jene Leistungen, die er alsvom Gericht für behinderte Personen (§ 268 Abs 1 ABGB)bestellter Sachwalter unter Nutzung seiner besonderen be-ruflichen Kenntnisse erbringt und hiefür Anspruch auf Ent-gelt nach § 276 Abs 2 ABGB hat, der Umsatzsteuer unter-liegen.

20 Der Rwmacht aber – abweichend von der Ansicht desFA und des BFG – geltend, jene Leistungen, die er als vomGericht bestellter Sachwalter erbringe und für die eine „Ent-schädigung“ iSd § 276 Abs 1 ABGB zustehe, seien steuerfreizu behandeln. Insoweit ist aber ebenfalls unbestritten, dassdiese Leistungen ausgehend nur vom nationalen (österrei-chischen) Recht steuerpflichtig sind, da das nationale Rechtfür diese Leistungen keine Befreiungsbestimmung vorsieht.Insb § 6 Abs 1 Z 7 und 18 UStG 1994 erstrecken sich imVerfahren unbestritten nicht (auch) auf die Leistungen ei-nes Rechtsanwalts als Sachwalter. [. . .]

21 Der Rw stützt sich darauf, dass diese Leistungen auf-grund der unmittelbar anwendbaren Bestimmung desArt 132 Abs 1 Buchst g der RL 2006/112/EG steuerfreiseien. Die Entscheidung des VwGH hängt daher davonab, ob das Unionsrecht für diese Leistungen eine Befreiungvon der Steuer normiert. [. . .]

23 Nach der Rsp des EuGH müssen für die Inanspruch-nahme der Steuerbefreiung des (damals) Art 13 Teil AAbs 1 Buchst g der Sechsten Richtlinie zwei Voraussetzun-gen vorliegen: Es muss sich zum einen um Leistungen han-deln, die entweder mit der Fürsorge oder der sozialen Si-cherheit verbunden sind; zum anderen müssen diese Leis-tungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder an-deren Einrichtungen, die von dem betreffendenMitgliedstaat als Einrichtungen mit im Wesentlichen sozia-lem Charakter anerkannt worden sind, erbracht werden (vglEuGH 26. 5. 2005, C-498/03, Kingscrest Associates undMontecello, Rn 34). Diese beiden Voraussetzungen geltenauch für die hier zu beurteilende Regelung des Art 132Abs 1 Buchst g der RL 2006/112/EG.

24a) Leistungen, die mit der Fürsorge oder der sozialenSicherheit verbunden sind:

25 Die Bestellung eines Sachwalters setzt voraus, dass ei-ne volljährige Person an einer psychischen Krankheit leidetoder geistig behindert ist und ihre Angelegenheiten nichtohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen ver-mag. Personen, die ihre Angelegenheiten nicht selbst gehö-rig zu besorgen vermögen, stehen nach § 21 Abs 1 ABGB„unter dem besonderen Schutz der Gesetze“. Der Sachwal-ter ist im Allgemeinen auch zur Personensorge verpflichtetund hat sich etwa darum zu bemühen, dass der behindertenPerson die gebotene ärztliche und soziale Betreuung ge-währt wird. Im Allgemeinen soll mindestens einmal imMo-nat ein Kontakt stattfinden. Die vom Gericht festzusetzendeEntlohnung ist insb abhängig von den Einkünften und vomVermögen der behinderten Person. Der Sachwalter unter-liegt einer Überprüfung durch das Gericht.

26 Nach der Rsp des (österreichischen) VfGH (VfSlg19.532) handelt es sich bei der Verpflichtung zur Übernah-me der Tätigkeit eines Sachwalters durch Rechtsanwälte umeine aus der sozialen Verantwortung der Gesellschaft fürbesonders schutzbedürftige Personen abgeleitete Bürger-pflicht iSd Art 4 Abs 3 lit d der EMRK.

27 Der Sachwalter hat neben rechtsgeschäftlichen Tätig-keiten insb organisatorische Tätigkeiten zu erbringen, etwaeinen geeigneten Betreuungs- und Pflegedienst zu suchen.Soweit die Tätigkeiten des Sachwalters in diesem Zusam-menhang iS einer (bloßen) Vermittlung von Leistungender Fürsorge oder der sozialen Sicherheit zu beurteilen wä-ren, scheint dies der Steuerfreiheit dieser Leistungen nichtentgegenzustehen.

28 Die Befreiung zielt dadurch, dass sie für bestimmte imsozialen Sektor erbrachte Leistungen, die dem Gemeinwohldienen, eine günstigere Mehrwertsteuerbehandlung ge-währt, darauf ab, die Kosten dieser Leistungen zu senkenund dadurch diese Leistungen dem Einzelnen, der sie inAnspruch nehmen könnte, zugänglicher zu machen. ImHinblick auf die Rsp der österreichischen Zivilgerichte, wo-nach die Umsatzsteuer nicht zusätzlich zu der Entlohnungdes Sachwalters zugesprochen (und damit auf die behinder-te Person überwälzt) werden kann, ist freilich eine Befrei-

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ung zur Erreichung dieses Ziels nach der hier noch vorlie-genden Rechtslage nicht erforderlich (die allfällige Umsatz-steuer vermindert vielmehr die dem Rechtsanwalt als be-stelltem Sachwalter verbleibende Entlohnung).

29b) Einrichtung, die vom Mitgliedstaat als Einrichtungmit imWesentlichen sozialem Charakter anerkannt wordenist:

30 Der EuGH hat – zur Vorgängerbestimmung desArt 13 Teil A Abs 1 Buchst g der Sechsten RL 77/388/EWG des Rates v 17. 5. 1977 – entschieden, dass diese Be-freiungsbestimmung im Hinblick auf die Verwendung desBegriffes „Einrichtung“ allein von juristischen Personen inAnspruch genommen werden kann. Natürliche Personenfielen nicht in den persönlichen Anwendungsbereich dieserBefreiungsbestimmung (vgl EuGH 11. 8. 1995, C- 453/93,Bulthuis-Griffioen, Rn 20f). Mit Urteil v 7. 9. 1999, C-216/97, Gregg, ging der EuGH von dieser Ansicht aber aus-drücklich ab und führte aus, der Begriff der Einrichtungsei grundsätzlich weit genug, um auch natürliche Personenzu erfassen. Der Begriff der Einrichtung lege zwar die Exis-tenz einer abgegrenzten Einheit nahe, die eine bestimmteFunktion erfülle. Dieses Merkmal treffe aber nicht nur aufjuristische Personen zu, sondern auch auf eine oder mehre-re natürliche Personen, die ein Unternehmen betrieben(Rn 15ff).

31 Dieser Begriff umfasst auch private Einheiten mit Ge-winnerzielungsabsicht. Die Mitgliedstaaten sind insoweitermächtigt, aber nicht verpflichtet, die Inanspruchnahmedieser Steuerbefreiung Einrichtungen (die keine Einrich-tungen der öffentlichen Hand sind) vorzubehalten, die kei-ne systematische Gewinnerzielung anstreben (vgl EuGH26. 5. 2005, C-498/03, Kingscrest Associates und Montecello,Rn 35 und 38).

32 Nach der Rsp des EuGH ist es Sache der nationalenBehörden, nach dem Unionsrecht und unter Kontrolle dernationalen Gerichte zu bestimmen, welche Einrichtungenals Einrichtungen mit sozialem Charakter anzuerkennensind. Zu den dabei zu berücksichtigenden Gesichtspunktenkönnen das Bestehen spezifischer Vorschriften, das mit denTätigkeiten verbundene Gemeinwohlinteresse, die Tatsa-che, dass andere Steuerpflichtige mit den gleichen Tätigkei-ten bereits in den Genuss einer ähnlichen Steuerbefreiungkommen, und der Gesichtspunkt zählen, dass die Kostender erbrachten Leistungen von Krankenkassen oder ande-ren Einrichtungen der sozialen Sicherheit übernommenwerden (vgl EuGH 15. 11. 2012, C-174/11, Zimmermann,Rn 31; 21. 1. 2016, C-335/14, Les Jardins de Jouvence,Rn 35).

33 Nach den bisherigen Verfahrensergebnissen ist davonauszugehen, dass betreffend die Sachwalterschaft in Öster-reich spezifische Vorschriften bestehen. Dass mit der Sach-waltertätigkeit Gemeinwohlinteresse verbunden ist, ist evi-dent und unstrittig. Andere Steuerpflichtige, nämlich Ver-eine, die zu Sachwaltern bestellt werden, sind in der Regelnicht auf Gewinn ausgerichtet; das BFG schließt daraus im

angef Erk, dass (vergleichbare) Leistungen der Vereinedemnach als steuerfrei behandelt werden (in einem anderenVerfahren kam das BFG aber zu dem Ergebnis, dass dieLeistungen im Hinblick auf die Gemeinnützigkeit mit ei-nem reduzierten Steuersatz zu besteuern wären). EineÜbernahme von Kosten durch Krankenkassen oder Ein-richtungen der sozialen Sicherheit liegt im Allgemeinennicht vor. Gem § 8 des Erwachsenenschutzvereinsgesetzes,BGBl 1990/156 (in der Fassung BGBl I 2006/92), hatte aller-dings die BMJ den Vereinen den Aufwand, der mit dendurch ihre Mitarbeiter erbrachten Vertretungs- und Bera-tungsleistungen im Zusammenhang steht, im Rahmen derjeweils im Bundesfinanzgesetz für diese Zwecke verfügba-ren Geldmittel zu ersetzen. Damit wird jedenfalls ein Teildes Aufwandes dieser Vereine für (vergleichbare) Tätigkei-ten aus öffentlichen Mitteln abgedeckt.

34 Insgesamt könnte eine Gesamtabwägung dieser Um-stände zum Ergebnis führen, dass Rechtsanwälte, die vomGericht als Sachwalter bestellt werden, Einrichtungen sind,die vom Mitgliedstaat als Einrichtungen mit im Wesentli-chen sozialem Charakter anerkannt worden sind.

35 Der EuGH hat aber ausgesprochen, dass die Berufs-gruppe der Rechtsanwälte als solche im Hinblick auf ihr Ge-samtziel und die fehlende Dauerhaftigkeit eines etwaigensozialen Engagements nicht als gemeinnützig angesehenwerden könne (EuGH 28. 7. 2016, C-543/14, Ordre des bar-reaux francophones et germanophone ua, Rn 62, unter Ver-weis auf EuGH 17. 6. 2010, C-492/08, Kommission/Frank-reich, Rn 45 und 46). Dienstleistungen, die Rechtsanwälteim Rahmen des dort zu beurteilenden nationalen Systemsder Gerichtskostenhilfe erbringen, sind daher nicht gemArt 132 Abs 1 Buchst g der RL 2006/112/EG von der Mehr-wertsteuer befreit (EuGH 28. 7. 2016, Rn 65).

36 Fraglich erscheint, ob damit ganz generell sämtlicheTätigkeiten aller Rechtsanwälte von dieser Befreiungsbe-stimmung ausgeschlossen sind.

37 Zunächst ist zu bemerken, dass nach § 279 Abs 4ABGB ein Rechtsanwalt oder Notar vor allem dann zumSachwalter zu bestellen ist, wenn die Besorgung der Angele-genheiten vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert. Darausist aber nur ableitbar, dass in derartigen Fällen von vornhe-rein ein Rechtsanwalt oder Notar zum Sachwalter zu bestel-len ist. Diese Bestimmung steht aber der Bestellung einesRechtsanwalts oder Notars zum Sachwalter nicht entgegen,wenn die Besorgung der Angelegenheiten nicht vorwiegendRechtskenntnisse erfordert (vgl etwa OGH 9. 6. 2009, 5 Ob92/09d). Rechtsanwälte oder Notare sind insb auch dann alsSachwalter zu bestellen, wenn andere Personen (Naheste-hende oder ein Sachwalterverein, der nur mit dessen Zu-stimmung – vgl § 279 Abs 3 ABGB – bestellt werden kann)nicht verfügbar sind.

38 Die in § 279 Abs 5 ABGB – in Form einer widerleg-lichen Vermutung – geregelte Höchstzahl an zu überneh-menden Sachwalterschaften (im Allgemeinen bis zu fünf;bei Rechtsanwälten oder Notaren bis zu 25) beruht nach

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der Absicht des Gesetzgebers darauf, dass die Sachwalter-schaft – abgesehen von Angehörigen der freien Rechtsberu-fe und den Mitarbeitern von Sachwaltervereinen – nicht ge-werbsmäßig ausgeübt werden soll (vgl die ErläutRV zumSachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006, BGBl I 2006/92,1420 BlgNR 22. GP 5). Spezialisierte Vertreter der Rechts-berufe führen aber auch zum Teil Hunderte von Sachwal-terschaften (vgl Stabentheiner in Rummel/Lukas, ABGB4

§ 279 Rz 7).39 Vor allem aber ist darauf zu verweisen, dass es sich

bei der Tätigkeit als Sachwalter – auch wenn ein Rechtsan-walt zum Sachwalter bestellt wurde – im vorliegenden Fallzum weit überwiegenden Teil um keine anwaltstypische Tä-tigkeit handelt. Wie oben ausgeführt, betrifft dies Tätigkei-ten, mit denen üblicherweise kein Anwalt beauftragt wird,auch wenn einzelne Tätigkeiten einen juristischen Bezughaben, wie etwa die Stellung von Anträgen auf die Gewäh-rung von Beihilfen. Im Übrigen handelt es sich aber vorallem um organisatorische Tätigkeiten zur Sicherung der(tatsächlichen) Betreuung und Pflege. Diese Tätigkeit ist –anders als die Prozesskostenhilfe im Falle der EntscheidungEuGH C-543/14 – auch als dauerhaft anzusehen: Die Bestel-lung zum Sachwalter erfolgt nach § 278 ABGB an sich un-befristet; das Gericht hat in fünf Jahre nicht überschreiten-den Zeitabständen zu überprüfen, ob eine Beendigung oderÄnderung der Sachwalterschaft vorzunehmen ist.

40 Soweit es sich hingegen um anwaltstypische Leistun-gen handelt (etwa Erstellung eines Vertrages betreffendVermögen der behinderten Person mit einer dritten Per-son), wofür Anspruch auf angemessenes Entgelt zusteht(§ 276 Abs 2 ABGB), besteht – wie oben bereits ausgeführt– unbestritten Steuerpflicht.

41 Bei der gebotenen einheitlichen Auslegung der Be-freiungsbestimmungen (vgl etwa EuGH 10. 6. 2010, C-262/08, CopyGene, Rn 24) ist, auch wenn den Mitgliedstaa-ten betreffend die „Anerkennung“ von Einrichtungen Er-messen zusteht (vgl neuerlich EuGH CopyGene, Rn 66),schließlich auch darauf zu verweisen, dass der deutscheBundesfinanzhof zu der im deutschen Recht vergleichbarenTätigkeit eines Berufsbetreuers iSd § 1896 deutsches BGBzum Ergebnis gelangte, dass sich dieser Berufsbetreuer aufdie Steuerfreiheit des Art 132 Abs 1 Buchst g der RL 2006/112/EG stützen könne, es sei denn, es handle sich um Leis-tungen, die etwa einem als Betreuer tätigen Rechtsanwaltfür eine anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der Betreuungvergütet werden (dBFH 25. 4. 2013, V R 7/11).

Anmerkung:1. Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen desVwGH betrifft alle nicht-anwaltstypischen Dienstleis-tungen eines RA als Sachwalter und hinterfragt, ob fürdiese Dienstleistungen – wie von der Finanzverwaltungvertreten – grundsätzlich Umsatzsteuerpflicht bestehtoder ob für sie unmittelbar aufgrund des Unionsrechtseine Umsatzsteuerbefreiung zur Anwendung kommt.

2. Unionsrechtlicher Hintergrund sind die Bestimmun-gen der RL 2006/112/EG des Rates v 28. 11. 2006 über dasgemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSysRL), dieden Spielraum des nationalen Rechts in der Gestaltungdes Umsatzsteuerrechts abstecken. Gem Art 132 Abs 1lit g MwStSysRL befreien die Mitgliedstaaten von derSteuer: „[. . .] eng mit der Sozialfürsorge und der so-zialen Sicherheit verbundene Dienstleistungen undLieferungen von Gegenständen, einschließlich derjeni-gen, die durch Altenheime, Einrichtungen des öffentli-chen Rechts oder andere von dem betreffenden Mit-gliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter an-erkannte Einrichtungen bewirkt werden; [. . .]“. GemArt 133 können die Mitgliedstaaten die Gewährung derBefreiungen für Einrichtungen, die keine Einrichtungendes öffentlichen Rechts sind, jedoch ua davon abhängigmachen, dass die „betreffenden Einrichtungen keinesystematische Gewinnerzielung anstreben [dürfen]; et-waige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht ver-teilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserungder erbrachten Leistungen verwendet werden“ (lit a).3. Damit räumt das Unionsrecht dem nationalen Recht –wie dies gerade der Gestaltung des Verhältnisses vonUnionsrecht und nationalem Recht durch Richtlinien im-manent ist – grundsätzlich einen gewissen Umset-zungsspielraum ein. Insofern spricht auch der EuGHdavon, dass es „deshalb grundsätzlich Sache des inner-staatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats [ist], die Regelnaufzustellen, nach denen eine solche Anerkennung denEinrichtungen gewährt werden kann, die sie beantragen“(vgl EuGH 10. 6. 2010, C-262/08, CopyGene, Rn 63 sowie6. 11. 2003, C-45/01, Dornier, Rn 64 und 81). Diese Regelnkönnen damit naturgemäß auch von Mitgliedstaat zuMitgliedstaat unterschiedlich sein (EuGH CopyGene,Rn 66).4. Der österreichische Steuergesetzgeber hat fürDienstleistungen von Sachwaltern (nunmehr Erwach-senenvertreter_innen) keine generelle Umsatzsteuer-befreiung vorgesehen. § 6 Abs 1 UStG 1994 befreit le-diglich die Umsätze der Träger der Sozialversicherungund des öffentlichen Fürsorgewesens (Z 7) und die Um-sätze der Kranken- und Pflegeanstalten bei unmittelba-rem Zusammenhang mit der Kranken- oder Kurbehand-lung oder mit der Betreuung der Pfleglinge (Z 18) von derUmsatzsteuer. Hat der österreichische Gesetzgeber voneiner möglichen Umsatzsteuerbefreiung keinen Ge-brauch gemacht, hat die Gerichtsbarkeit diese Wer-tungsentscheidung – soweit sie nicht gegen zwingendeGrenzen des Anwendungsvorrangs verstößt – grund-sätzlich zu akzeptieren (Grundsatz der minimal-invasivenUmsetzung des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs,vgl VwGH 25. 10. 2011, 2011/15/0070, AnwBl 2012/8310).5. Allerdings sieht der EuGH – und das ist für die Auslo-tung des Verhältnisses von Unionsrecht und nationalemRichtlinienrecht durchaus allgemein von Interesse –

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zahlreiche Einschränkungen und Vorgaben für dieAusübung des vom Richtliniensetzer in Art 132MwStSysRL eingeräumten Umsetzungsspielraumsvor, die von den nationalen Gerichten zu kontrollierenseien. In den Blick nimmt der EuGH dabei nicht nur diesteuerlichen Regelungen eines bestimmten Dienstleis-tungsangebots in der nationalen Rechtsordnung, son-dern auch dessen Regelung in anderer, insbesondereordnungspolitischer Hinsicht. Ein steuerliches Wahlrechtkann so vom nationalen Gesetzgeber also auch unbe-wusst durch andere nichtsteuerliche Bestimmungen vor-determiniert werden. Dabei hat der EuGH zahlreiche zuberücksichtigende „Gesichtspunkte“ genannt (EuGH15. 11. 2012, C-174/11, Zimmermann, Rn 31). Zu ihnenzählen das mit den Tätigkeiten des betreffenden Steuer-pflichtigen verbundene Gemeinwohlinteresse, – ausGründen der wettbewerblichen Neutralität der Umsatz-steuer – die Tatsache, dass andere Steuerpflichtige mitden gleichen Tätigkeiten bereits in den Genuss einerähnlichen Anerkennung kommen, und der Umstand, dassdie Kosten der fraglichen Leistungen unter Umständenzum großen Teil von Krankenkassen oder anderen Ein-richtungen der sozialen Sicherheit übernommen werden.Gegebenenfalls ist eine vom Steuergesetzgeber „verwei-gerte Anerkennung“ daher von den Gerichten unmittel-bar aufgrund des unionsrechtlichen Anwendungsvor-rangs zu gewähren, wobei dessen Auslösung aber wie-derum von einer Analyse der innerstaatlichen Rechts-ordnung abhängt – ein dogmatisch interessantesWechselspiel, womit insbesondere verhindert werdensoll, dass gleichartige und deshalb miteinander in Wett-bewerb stehende Waren oder Dienstleistungen hinsicht-lich der Mehrwertsteuer unterschiedlich behandelt wer-den (EuGH Zimmermann, Rn 48f).6. Der VwGH verweist in seinem Vorlagebeschluss dazuauf ein Urteil des deutschen Bundesfinanzhofes. Die-ser gelangte zu der im deutschen Recht vergleichbarenTätigkeit eines Berufsbetreuers iSd § 1896 dBGB zumErgebnis, dass sich dieser Berufsbetreuer auf die Steuer-freiheit des Art 132 Abs 1 Buchst g der RL 2006/112/EGstützen könne, es sei denn, es handle sich um Leistungen,die etwa einem als Betreuer tätigen Rechtsanwalt für eineanwaltliche Tätigkeit im Rahmen der Betreuung vergütetwerden (dBFH 25. 4. 2013, V R 7/11). Die für die Steuer-freiheit erforderliche Anerkennung als steuerfreier Leis-tungserbringer (sog „anerkannte Einrichtung“) folgte fürden BFH dabei „insbesondere aus dem Bestehen spezifi-scher Vorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit“(aaO Rz 22ff). Im Einzelnen führte der BFH dazu die „ge-richtliche Bestellung und Überwachung“, den Umstand,dass gleichartige Leistungen, die durch Betreuungsverei-ne und sog Vereinsbetreuer erbracht würden, gleichfallssteuerfrei seien, sowie das „erhebliche Gemeinwohlinte-resse“ an der Leistung an. Seien die Leistungen von Be-treuungsvereinen nach der Rsp steuerfrei und dürften die

Mitgliedstaaten keine unterschiedlichen Bedingungen fürEinheiten mit Gewinnerzielungsabsicht einerseits und diezB unter § 4 Nr 18 UStG fallenden juristischen Personenohne Gewinnerzielungsabsicht andererseits vorsehen(Hinweis auf das EuGH-Urteil Zimmermann, Rn 53), seienauch Berufsbetreuer aufgrund einer nach erfolgten Be-stellung als anerkannte Einrichtung anzusehen. Hierfürspreche neben der Identität des Rechtsrahmens bei derLeistungserbringung durch Betreuungsvereine und Be-rufsbetreuer auch die Identität der Vergütungsregelun-gen. Dass im Regelfall der Betreute die Kosten der Be-treuungstätigkeit zu tragen habe, spreche hingegen nichtgegen die „Anerkennung“, da nicht alle für sie in Betrachtkommenden Gesichtspunkte aus der EuGH-Rsp kumula-tiv erfüllt sein müssten.7. Das BFH-Urteil wurde vom deutschen Gesetzgeberzwischenzeitlich auch zum Anlass genommen, für diebetroffenen Umsätze eine gesonderte Befreiungsbe-stimmung vorzusehen (§ 4 Z 16 lit k dUStG: „Von denunter § 1 Abs 1 Nr 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:[. . .] die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuungoder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürf-tiger Personen eng verbundenen Leistungen, die von [. . .]Einrichtungen, die als Betreuer nach § 1896 Absatz 1 desBürgerlichen Gesetzbuchs bestellt worden sind, sofern essich nicht um Leistungen handelt, die nach § 1908i Ab-satz 1 in Verbindung mit § 1835 Absatz 3 des Bürgerli-chen Gesetzbuchs vergütet werden, [. . .] erbracht wer-den“).8. Ungeachtet des BFH-Urteils bleiben jedoch Zweifelan einer zwingenden unionsrechtlichen Freistellungvon der Umsatzsteuerpflicht, die für die Einholungeines Vorabentscheidungsersuchens sprechen. So gibtes im österreichischen Umsatzsteuerrecht keinerleispezifische Umsatzsteuerbefreiung von Sachwalter-Vereinen (vgl auch EuGH CopyGene Rn 66 zu einer dä-nischen Stammzellenbank). In Betracht kommen ledig-lich die allgemeinen Umsatzsteuervorschriften für Ge-meinnützigkeitsträger, insb die Befreiung gem § 6 Abs 1Z 25 UStG 1994, die allerdings in ihrer Reichweite auchEinschränkungen enthält, sowie die Steuersatzermäßi-gung nach § 10 Abs 2 Z 4 UStG 1994. Aus diesen all-gemeinen Gemeinnützigkeitsbestimmungen bereits einspezifisches Befreiungsgebot für Sachwalterdienstleis-tungen abzuleiten, nimmt dem Gesetzgeber in einemausgesprochen weiten Ausmaß seine Bestimmungsho-heit über die Ausfüllung unionsrechtlicher Freiräu-me der MwStSysRL. Zum anderen hat der VwGH inseinem Vorlagebeschluss offen gelassen, wie die Tätig-keit von Sachwalter-Vereinen in Österreich tatsächlichsteuerlich zu erfassen ist, und dazu lediglich zwei di-vergente BFG-Entscheidungen zitiert (einmal Befreiung,einmal reduzierter Steuersatz). Damit sind aber bereitsdie in der Rs Zimmermann zentralen umsatzsteuerlichenVergleichspunkte nicht abschließend ausgelotet. Auch

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kann die Frage gestellt werden, ob der Grundsatz derumsatzsteuerlichen Neutralität eine allgemeine Freistel-lung von Sachwalter-Dienstleistungen bei der vorlie-genden nationalen Rechtslage wirklich zwingend erfor-dert. In der Rs Zimmermann stand die umsatzsteuer-rechtliche Gleichstellung einer Krankenschwester imambulanten Pflegedienst, die in sozialrechtlicher Hin-sicht ausdrücklich als Einrichtung mit sozialem Charak-ter anerkannt worden sei, mit gesetzlich speziell be-freiten Leistungen „der amtlich anerkannten Verbändeder freien Wohlfahrtspflege“ im Vordergrund, die denWettbewerb beeinflusst haben. Eine solche unmittelba-re Wettbewerbsrelevanz muss – bei einer gerichtlichenBestellung von Sachwaltern und einer gesetzlichen De-ckelung der Vergütungssätze – nicht in demselben Maßgegeben sein. Zudem verweist der VwGH auf das Urteildes EuGH vom 28. 7. 2016, C-543/14, Ordre des barreauxfrancophones et germanophone ua, wonach die Berufs-gruppe der Rechtsanwälte ungeachtet ihrer Tätigkeit imRahmen der Gerichtskostenhilfe nicht als anerkannteEinrichtung mit sozialem Charakter iSd Art 132 Abs 1lit g MwStSysRL anzusehen sei (Rn 64), weil die Erbrin-gung von Dienstleistungen im Rahmen dieser Regelungnur eines (von mehreren) der Ziele des Anwaltsberufsdarstelle.

9. Vor diesem Hintergrund bleibt das EuGH-Urteil mitSpannung abzuwarten und das laufende Vorabentschei-dungsverfahren bei umsatzsteuerlichen Verfahrenshand-lungen zu bedenken. Im Übrigen hat sich die wirt-schaftliche Relevanz der Umsatzsteuerthematik vonSachwalter-Dienstleistungen – worauf der VwGH imVorlagebeschluss hinweist – zwischenzeitlich verscho-ben: Nach der bisherigen Rsp der Zivilgerichte (zurRechtslage vor dem BGBl I 2017/59) waren die in § 276Abs 1 ABGB normierten Prozentsätze als Obergrenzen iSvon Belastungshöchstgrenzen zu sehen, die nicht durchdie zusätzliche Verrechnung einer Umsatzsteuer über-schritten werden durften, weshalb ein Zuspruch derUmsatzsteuer zusätzlich zur Entschädigung ausgeschlos-sen war und die Umsatzsteuer daher letztlich den Ver-gütungsanspruch des Sachwalters schmälerte (s ErläutRVzum 2. Erwachsenenschutz-Gesetz, BGBl I 2017/59, 1461BlgNR 25. GP 45). Demgegenüber soll künftig (nach dermit BGBl I 2017/59 neu gestalteten Rechtslage) die Ent-schädigung ausdrücklich „zuzüglich“ einer allenfalls zuentrichtenden Umsatzsteuer gebühren, womit eine all-fällige Umsatzsteuerpflicht künftig unmittelbar dieDienstleistung für die betreuten Personen verteuert.

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Substitutionen aller Art (auch in Straf- und Exe-

kutionssachen) in Wien und Umgebung (in Wien

auch kurzfristig) übernehmen die Rechtsanwäl-

te Mag. Wolfgang Reiffenstuhl & Mag. Günther

Reiffenstuhl, Franz-Josefs-Kai 41/9, 1010 Wien

(nächst Justizzentrum Wien-Mitte). Telefon

(01) 218 25 70, Telefax (01) 218 84 60.

RA Dr. Claudia Stoitzner übernimmt – auch kurz-

fristig – Substitutionen aller Art in Wien und

Umgebung, auch Verfahrenshilfe in Straf-, Zivil-

und Verwaltungssachen sowie Ausarbeitung

von Rechtsmittel und gänzliche Übernahme

von Verfahrenshilfesachen. Dr. Claudia Stoitz-

ner, Rechtsanwältin, Mariahilfer Straße 45/5/36,

1060 Wien, Tel.: (01) 585 33 00,

Fax: (01) 585 33 05, Mobil: (0664) 345 94 66,

E-Mail: [email protected]

Dr. Steiner und Mag. Isbetcherian übernehmen –

auch kurzfristig – Substitutionen aller Art (auch

in Strafsachen), auch Verfahrenshilfe in Strafsa-

chen und Ausarbeitung von Rechtsmitteln, dies

in Wien und Umgebung. 1030 Wien, Hintzerstra-

ße 11/4, Telefon (01) 712 63 14, (01) 713 23 20,

Telefax (01) 713 07 96,

E-Mail: [email protected]

Substitutionen aller Art (auch Verfahrenshilfe

und Ausarbeitung von Rechtsmitteln) in ganz

Wien übernimmt RA Mag. Christian Bammer,

1070 Wien, Kaiserstraße 57–59/1/14B. Telefon

(01) 522 65 19, Telefax (01) 522 65 97, E-Mail:

[email protected], www.ra-bammer.at

Substitutionen aller Art in Wien und Wien-Um-

gebung. RA Mag. Sebastian Krumpel übernimmt

gerne Substitutionen in Zivil-, Straf- und Verwal-

tungssachen (auch Verfahrenshilfe, auch Rechts-

mittel). Telefon (01) 595 49 92 (Telefax -99), Mobil

(0680) 442 48 04, E-Mail: [email protected], Lo-

quaiplatz 13/19, 1060 Wien, www.krumpel.net

Erfahrener Prozessanwalt übernimmt Substi-

tutionen aller Art in ganz Wien. RA Dr. Stephan

Messner, 1130 Wien, Hietzinger Hauptstraße

22/D/B10A, Telefon: 01/876 30 96,

Telefax: 01/876 30 96-4.

E-Mail: [email protected],

homepage: www.ra-messner.at

RA Martin Fürthaler, LL.M. MSc., Baumannstraße

9/11, 1030 Wien, Nähe Wien Mitte), übernimmt –

auch kurzfristig – Substitutionen von Verhand-

lungen (insb. in Zivil- und Strafsachen) in Wien

und Umgebung zu den üblichen kollegialen

Konditionen. Erreichbarkeit: 0664 155 0702 oder

während der Kanzleiöffnungszeiten

unter 01/712 84 79 bzw. an:

[email protected]

KÄRNTEN

Substitutionen aller Art (auch Strafsachen und

Verfahrenshilfen), insbesondere für die Bezirks-

gerichte Villach, Spittal/Drau, Klagenfurt,

Feldkirchen, Hermagor, auch kurzfristig – über-

nimmt Rechtsanwalt Mag. Markus Steinacher,

Italienerstraße 10b, 9500 Villach,

Telefon (04242) 23203 bzw.

E-Mail: [email protected]

STEIERMARK

Graz: RA Mag. Eva Holzer-Waisocher, 8010 Graz,

Kreuzgasse 2c, übernimmt für Sie gerne – auch

kurzfristig – Substitutionen in Zivil- und

Strafsachen in Graz und Umgebung. Telefon

(0316) 82 65 54, Telefax DW 30,

E-Mail: [email protected], Mobil erreichbar:

(0676) 310 48 52.

SALZBURG

RA Dr. Christian Adam, 5020 Salzburg, Sigmund-

Haffner-Gasse 3, übernimmt Substitutionen aller

Art in der Stadt Salzburg. Telefon (0662)

84 12 22-0, Telefax DW -6, [email protected]

RA Dr. Klaus Estl, Schanzlgasse 4a, 5020 Salzburg,

mit Kanzleisitz unmittelbar neben Bezirks- und

Landesgericht Salzburg, übernimmt auch kurz-

fristigst Substitutionen in Zivil-, Straf- und Ver-

waltungssachen.

Telefon-Nr.: 0662/843164, Telefax: 0662/844443,

E-Mail: [email protected]

VORARLBERG UND TIROL

RA Mag. Martin Reichegger übernimmt als er-

fahrener Prozessanwalt Substitutionen aller Art

im Raum Vorarlberg und Tirol. Beauftragungen

unter: E-Mail: [email protected];

Tel.: +43 (0)5522/22830,

Fax: +43 (0)5522/22830–11.

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legen für Mandatsübernahmen/grenzüberschrei-

tende Angelegenheiten und Substitutionen/

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07-08_2020 österreichisches anwaltsblatt

462

Inserate

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Griechenland: RA Dr. Eleni Diamanti, in Öster-

reich und Griechenland zugelassen, vertritt vor

griechischen Gerichten und Behörden und steht

österreichischen Kollegen für Fragen zum

griechischen Recht zur Verfügung. Weyrgasse 6,

1030 Wien, und Ypsilantou 6, 10675 Athen,

Telefon (01) 713 14 25, Telefax DW 17,

E-Mail: [email protected]

Italien: RA Avv. Ulrike Christine Walter (Partner von

del Torre & partners), in Österreich und Italien zuge-

lassene Rechtsanwältin, Kärntner Straße 35, 1010

Wien, und corso Verdi 90, 34170 Goerz, und 33100

Udine, Via Cussignacco 5, Italien, steht österreichi-

schen Kollegen für Mandatsübernahmen und staa-

tenübergreifende Substitutionen aller Art zur Verfü-

gung. Tel. 0039 (0432) 60 38 62, Telefax 0039 (0432)

52 62 37, Mobil 0039 334 162 68 13, E-Mail:

[email protected], Internet: www.euroius.it

Niederlande: Rechtsanwaltskanzlei Schmdt Ad-

vocatuur aus Leiden mit Zweigstelle in Österreich

steht österreichischen Kollegen für Mandats-

übernahmen und bei grenzüberschreitenden

Angelegenheiten gerne zur Verfügung. Bei Fra-

gen zum Niederländischen Wirtschaftsrecht, Ur-

heberrecht und Allgemeinen Zivilrecht kontak-

tieren Sie RA Mag. J. Menno Schmidt

(M: +43 [0]680 118 1515). Leiden, Kanaalpark

140, NL-2321 JV, Telefon +31 (0)20 3200 360,

E-Mail: [email protected]; www.schmdt.nl

Schweiz: Rechtsanwalt Mag. Ernst Michael Lang,

Goethestraße 1, A-6845 Hohenems, niedergelas-

sener EU/EFTA-RA in der Schweiz, Zinggenstrasse

3, CH-9443 Widnau, steht für Mandatsübernah-

men Fiskalvertretungen, Geschäftsführungen

und Firmengründungen zur Verfügung.

Telefon Hohenems: +43 (0) 5576/755 05,

E-Mail: [email protected], www.ra-lang.at

Telefon Schweiz: +41 (0) 717535 07 04,

E-Mail: [email protected], www.ra-lang.ch

Slowenien – Kroatien – Bosnien und Herzego-

wina – Serbien – Montenegro – Mazedonien –

Kosovo: Rechtsanwaltskanzlei Mag. Dr. Mirko

Silvo Tischler d.o.o. (GmbH), Trdinova ulica 5,

SI-1000 Ljubljana, Vertrauensanwalt, Senat der

Wirtschaft, steht sämtlichen Kolleginnen und

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in diversen Rechtssachen zur Verfügung.

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österreichisches anwaltsblatt 07-08_2020

463

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Indexzahlen 2020 März April

Berechnet von Statistik Austria

Index der Verbraucherpreise 2015 (Ø 2015 = 100) 108,1 108,1*)

Großhandelsindex 2015 (Ø 2015 = 100) 101,8 100,1*)

Verkettete Vergleichsziffern

Index der Verbraucherpreise 2010 (Ø 2010 = 100) 119,7 119,7*)

Index der Verbraucherpreise 2005 (Ø 2005 = 100) 131,0 131,0*)

Index der Verbraucherpreise 2000 (Ø 2000 = 100) 144,9 144,9*)

Index der Verbraucherpreise 96 (Ø 1996 = 100) 152,4 152,4*)

Index der Verbraucherpreise 86 (Ø 1986 = 100) 199,3 199,3*)

Index der Verbraucherpreise 76 (Ø 1976 = 100) 309,8 309,8*)

Index der Verbraucherpreise 66 (Ø 1966 = 100) 543,7 543,7*)

Verbraucherpreisindex I (Ø 1958 = 100) 692,8 692,8*)

Verbraucherpreisindex II (Ø 1958 = 100) 695,1 695,1*)

Lebenshaltungskostenindex (April 1945 = 100) 6087,4 6087,4*)

Kleinhandelsindex (März 1938 = 100) 5246,4 5246,4*)

Großhandelsindex (Ø 2010 = 100) 105,5 103,7*)

Großhandelsindex (Ø 2005 = 100) 116,9 114,9*)

Großhandelsindex (Ø 2000 = 100) 128,7 126,5*)

Großhandelsindex (Ø 1996 = 100) 132,5 130,3*)

Großhandelsindex (Ø 1986 = 100) 138,2 135,9*)

Großhandelsindex (Ø 1976 = 100) 184,1 181,0*)

Großhandelsindex (Ø 1964 = 100) 306,4 301,3*)

Großhandelsindex (März 1938 = 100) ohne MWSt 2988,8 2938,9*)

*) vorläufige Werte Zahlenangaben ohne Gewähr

ÖSTERREICHISCHER RECHTSANWALTSKAMMERTAG · WOLLZEILE 1–3 · 1010 WIENTEL.: +43 1 535 12 75-0 · FAX: +43 1 535 12 75-13 · [email protected] · WWW.RECHTSANWAELTE.AT

DATENSCHUTZ Informationspflicht gemäß Art 13 DSGVO:Das Österreichische Anwaltsblatt ist das Kundmachungsorgan des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages (ÖRAK). Im Rahmen des Österreichischen Anwaltsblatts informiert derÖsterreichische Rechtsanwaltskammertag Rechtsanwälte, emeritierte Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter über die Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Art 13 DSGVOwie folgt:Name und Kontaktdaten des Verantwortlichen: Österreichischer Rechtsanwaltskammertag, Wollzeile 1–3, 1010 Wien, +43 1 535 12 75-0, [email protected],https://www.rechtsanwaelte.at/. Den Datenschutzbeauftragten erreichen Sie unter an der Anschrift des Verantwortlichen sowie unter der E-Mail-Adresse [email protected] ÖRAK verarbeitet personenbezogene Daten der Rechtsanwälte, emeritierten Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter lediglich zur formalen Abwicklung der vom ÖRAK zubesorgenden, gesetzlich vorgeschriebenen Geschäftsfälle, sowie personenbezogene Daten von Veranstaltungsteilnehmern zum Zwecke der Abwicklung der Veranstaltung auf Grundlagederen Einwilligung sowie zur Erfüllung eines Vertragsverhältnisses. Der von der Verarbeitung Betroffene hat das Recht auf Auskunft über die gespeicherten Daten gemäß Art 15 DSGVO,auf Berichtigung unzutreffender Daten gemäß Art 16 DSGVO, auf Löschung von Daten gemäß Art 17 DSGVO, auf Einschränkung der Verarbeitung von Daten gemäß Art 18 DSGVO,auf Widerspruch gegen die unzumutbare Datenverarbeitung gemäß Art 21 DSGVO sowie auf Datenübertragbarkeit gemäß Art 20 DSGVO. Sofern die Verarbeitung aufgrund einerEinwilligungserklärung erfolgt, hat die betroffene Person die Möglichkeit, diese jederzeit zu widerrufen, ohne dass die Rechtmäßigkeit der aufgrund der Einwilligung bis zum Widerruferfolgten Verarbeitung berührt wird. Der Betroffene hat das Recht, sich bei der Aufsichtsbehörde zu beschweren – zuständig ist in Österreich die Datenschutzbehörde.Informationen zum Datenschutz finden Sie unter https://www.rechtsanwaelte.at/impressumdatenschutz/

IMPRESSUM gem. § 24 MedienGOffenlegung gem. § 25 MedienG und Angaben zu § 5 ECG abrufbar unter https://www.manz.at/impressumMedieninhaber: MANZ’sche Verlags- und Universitätsbuchhandlung GmbH. Anschrift: Kohlmarkt 16, 1010 Wien. Verlagsadresse: Johannesgasse 23, 1015 Wien ([email protected]).Herausgeber: RA Dr. Rupert Wolff, Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages, Wollzeile 1–3, 1010 Wien, Tel: (01) 535 12 75, Fax: (01) 535 12 75-13, E-Mail: [email protected], www.rechtsanwaelte.at Redaktionsbeirat: em. RA Dr. Gerhard Benn-Ibler, RA Univ.-Prof. Dr. Michael Enzinger, RA Dr. Georg Fialka, em. RA Dr. Klaus Hoffmann,RA Dr. Wolfgang Kleibel, RA Hon.-Prof. Dr. Elisabeth Scheuba, RA Dr. Rupert Wolff. Redakteure: Bernhard Hruschka Bakk., Generalsekretär des Österreichischen Rechtsanwaltskam-mertages und Mag. Christian Moser, Juristischer Dienst. Redaktion: Generalsekretariat des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages, Wollzeile 1–3, 1010 Wien, Tel: (01) 535 12 75,Fax: (01) 535 12 75-13, E-Mail: [email protected] Hersteller: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H., 3580 Horn. Herstellungsort: Horn, Österreich. Verlagsort: Wien, Österreich.Zitiervorschlag: AnwBl 2020/Nummer; AnwBl 2020, Seite. Anzeigenkontakt: Stefan Dallinger, Tel: (01) 531 61-114, Fax: (01) 531 61-596, E-Mail: [email protected] Bezugs-bedingungen: Das AnwBl erscheint 11x jährlich (1 Doppelheft). Der Bezugspreis 2020 (82. Jahrgang) beträgt € 315,– (inkl Versand in Österreich). Einzelheft € 34,40. Auslandspreise aufAnfrage. Nicht rechtzeitig vor ihrem Ablauf abbestellte Abonnements gelten für ein weiteres Jahr als erneuert. Abbestellungen müssen schriftlich bis spätestens 18. November vorJahresende beim Verlag einlangen. AZR: Die Abkürzungen entsprechen den „Abkürzungs- und Zitierregeln der österreichischen Rechtssprache und europarechtlicher Rechtsquellen(AZR)“, 8. Aufl (Verlag MANZ, 2019). Urheberrechte: Sämtliche Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, sind vorbehalten. KeinTeil der Zeitschrift darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendungelektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Haftungsausschluss: Sämtliche Angaben in dieser Zeitschrift erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitungohne Gewähr. Eine Haftung der Autoren, der Herausgeber sowie des Verlags ist ausgeschlossen. Fotocredits: Aufmacher Schwerpunkt/Abhandlungen: istockphoto/baona; AufmacherService: istockphoto/Bim; Aufmacher Rechtsprechung: istockphoto/tomloel; Umschlag: Titelbild Dr. Heinz Fischer (c) Lea Fabienne Photography; Editorial: Foto Rupert Wolff: JuliaHammerle, Europa aktuell Foto Jessica König: privat, Abhandlungen Foto Mathis Fister: Gös, Heidelberg; Foto Günther Leissler: Kanzlei Schönherr Rechtsanwälte GmbH, Foto MichaelSchuszter: RA Mag. Michael Schuszter, Foto Patrick Petschinka: Patrick Petschinka, Foto Christina Toth Maria Noisternig; Foto Antonia Bittermann & Stefanie Liebenwein: WILkE,Rechtsprechung Foto Michael Buresch: privat, Foto Rainer Hable: Fotostudio Fischerlehner, Foto Franz Philipp Sutter: Mike Ranz. Grafisches Konzept: WERTHER - Marketing- undKommunikationsberatung, Türkenschanzstraße 46, 1180 Wien. Wird an Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter unentgeltlich abgegeben. Nachdruck, auch auszugsweise, ist mitZustimmung der Redaktion unter Angabe der Quelle gestattet. Namentlich gezeichnete Beiträge geben ausschließlich die Meinung der Autoren wieder.

07-08_2020 österreichisches anwaltsblatt

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Indexzahlen

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Rechtsakademie

JUDIKATURUpdate

Wohnrecht

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5. NOVEMBER 2020Hotel de FranceSchottenring 3, 1010 Wien

Ein Überblick der Entscheidungen aus denJahren 2019 und 2020 zu ABGB, MRG und WEG

VortragendeMag. Julia Kainc

Rechtsakademie

JAHRESTAGUNGWGG 2020Das Rundumpaket für das WGG

TagungsleitungMag. Christian Zenz, LL.M.

SORGLOS BUCHEN!*

manz.at/rechtsakademie*Sollten die Corona-Maßnahmen eine Teilnahme verbieten oder Sie kurzfristig verhindert sein, können Sie selbstverständlich jederzeit kostenfrei stornieren!

10. November 2020Radisson Blu Park Royal PalaceSchlossallee 8, 1140 Wien

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Foto

: A.B

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