arbeitsmarktintegration von migrantinnen und migranten · nicht, weil 2017 sehr viele vor relativ...

12
Christian Rauch, Vorsitzender der Geschäftsführung Regionaldirektion Baden-Württemberg Migrantinnen und Migranten – darunter auch ge- flüchtete Menschen – stellen eine wichtige Res- source am Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg dar. Im vorliegenden Bericht werden erstmals in diesem Umfang verfügbare Daten zur Arbeitslo- sigkeit, zum Leistungsbezug und zur Beschäfti- gung von Migrantinnen und Migranten dargestellt. Die Angaben geben erste Fingerzeige und Hin- weise, die aufgrund der kurzen Zeitreihen und Strukturbrüche jedoch auch nicht überinterpretiert werden dürfen. Danach sind zugewanderte Personen deutlich mehr als Deutsche in Helfertätigkeiten und in Niedriglohnbereichen beschäftigt. Angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels gilt es nun, zusammen mit Unternehmen und unterstützt vom Qualifizierungschancengesetz entsprechende Potenziale zu entdecken und zu nutzen. Die oben genannten Daten zeigen aber auch: Die Integration geflüchteter Menschen schreitet je nach Herkunftsland und Status unterschiedlich schnell voran; der gemeinsam noch zu gehende Weg sollte daher nicht unterschätzt werden. Die Zeitarbeit hat sich dabei als wichtiger Weg zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erwiesen. Es bleibt zu wünschen, dass über Zeitarbeit zunächst der Einstieg und danach über Qualifikation in noch weit höherem Maß auch der Aufstieg gelingt. „Der sicherste Weg zur Integration führt über die sprachliche und berufliche Qualifizierung.“ Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten Arbeitsmarkt Dossier 2019/02

Upload: others

Post on 04-Nov-2019

2 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten · nicht, weil 2017 sehr viele vor relativ kurzer Zeit nach Deutschland geflohene Menschen erstmals eine Arbeit aufgenommen

1 2 3 4 5 6

Christian Rauch, Vorsitzender der Geschäftsführung Regionaldirektion Baden-Württemberg

Migrantinnen und Migranten – darunter auch ge-flüchtete Menschen – stellen eine wichtige Res-source am Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg dar. Im vorliegenden Bericht werden erstmals in diesem Umfang verfügbare Daten zur Arbeitslo-sigkeit, zum Leistungsbezug und zur Beschäfti-gung von Migrantinnen und Migranten dargestellt.

Die Angaben geben erste Fingerzeige und Hin-weise, die aufgrund der kurzen Zeitreihen und Strukturbrüche jedoch auch nicht überinterpretiert werden dürfen.

Danach sind zugewanderte Personen deutlich mehr als Deutsche in Helfertätigkeiten und in Niedriglohnbereichen beschäftigt. Angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels gilt es nun, zusammen mit Unternehmen und unterstützt vom Qualifizierungschancengesetz entsprechende Potenziale zu entdecken und zu nutzen.

Die oben genannten Daten zeigen aber auch: Die Integration geflüchteter Menschen schreitet je nach Herkunftsland und Status unterschiedlich schnell voran; der gemeinsam noch zu gehende Weg sollte daher nicht unterschätzt werden.

Die Zeitarbeit hat sich dabei als wichtiger Weg zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erwiesen. Es bleibt zu wünschen, dass über Zeitarbeit zunächst der Einstieg und danach über Qualifikation in noch weit höherem Maß auch der Aufstieg gelingt.

„Der sicherste Weg zur Integration führt über die sprachliche und berufliche Qualifizierung.“

Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten

Arbeitsmarkt Dossier 2019/02

Page 2: Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten · nicht, weil 2017 sehr viele vor relativ kurzer Zeit nach Deutschland geflohene Menschen erstmals eine Arbeit aufgenommen

Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten | Arbeitsmarkt Dossier | 2019/02

2

1 Einführung

Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit hat im Feb-ruar 2019 erstmals auch für die Bundesländer ein inter-aktives Auswertungsprogramm veröffentlicht, das eine umfassende Darstellung der Integration von zugewan-derten Personen unter den Aspekten Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Grundsicherung für Arbeit- suchende bietet1. Daten stehen für die Jahre 2014 bis 2017 zur Verfügung. Die Migrantinnen und Migranten werden durch ihre Staatsangehörigkeit bzw. Gruppen von Staatsangehörigkeiten definiert. Nicht erfasst als zugewanderte Personen werden somit Deutsche mit Migrationshintergrund (z.B. Aussiedler, Eingebürgerte) und deutsche Rückkehrer/-innen aus dem Ausland.Neben Deutschen und Ausländern insgesamt werden in dieser Analyse bei den ausländischen Staatsange-hörigen auch Untergruppen aus folgenden Ländern betrachtet:

• EU 11 (EU-Osterweiterung): Polen, Ungarn, Tsche-chien, Slowakei, Slowenien, Estland, Lettland, Litauen, Bulgarien, Rumänien und Kroatien

• GIPS (EU-Staaten, aus denen in Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise eine verstärkte Zuwanderung nach Deutschland erfolgte): Griechenland, Italien, Portugal und Spanien

• Balkan (Nicht-EU-Staaten, aus denen in den letz-ten Jahren zahlreiche Zugewanderte einen Asyl-antrag stellten): Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Mazedonien und Serbien

• Osteuropäische Drittstaaten (Staaten, aus denen in Folge der zwischenstaatlichen Gebietsstreitig-keiten zahlreiche Zugewanderte einen Asylantrag stellten): Russische Föderation, Ukraine

• Nichteuropäische Asylherkunftsländer (hier „Asyl-staaten“ genannt; die acht Staaten, aus denen die größte Zahl von geflüchteten Menschen nach Deutschland zugewandert ist): Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien

Diese Ausländergruppen umfassen zusammengenom-men nur einen Teil aller ausländischen Staatsangehö-rigen.

Das Arbeitsmarktdossier „Integration von Migrantin-nen und Migranten“ stellt in den Kapiteln 2 bis 4 eine Auswertung der wichtigsten Fakten zur Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und Grundsicherung für Arbeitsuchen-de aus dieser Datenbank zur Verfügung. Wegen der erheblichen Veränderungen bezüglich der Zahl zuge-wanderter Menschen der letzten Jahre beschränkt sich der Vergleich mit Vorperioden auf die Jahre 2017 und 2016. 1 Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Integrationsprofile Arbeitsmarkt (Fundstelle: https://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Statistische-Analysen/Interaktive-Visua-lisierung/Migration-Arbeitsmarkt/Migration-Arbeitsmarkt-Nav.html)

Ergänzt wird die Auswertung in Kapitel 5 durch eine kurze Beschreibung der Beschäftigungsentwicklung und -struktur sowie der Asylbewerberdaten aus ande-ren Datenquellen. In Kapitel 6 werden wichtige For-schungsergebnisse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zur Integration von zugewanderten Personen kompakt dargestellt.

2 Beschäftigung zugewanderter Menschen

In diesem Kapitel soll die Frage untersucht werden, welcher Anteil zugewanderter Personen einer sozi-alversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgeht. Dargestellt werden außerdem ausgewählte Struktur-merkmale ihrer Beschäftigung. Dabei stehen folgende Aspekte im Vordergrund:

2.1 Wie viele Menschen im erwerbsfähigen Alter gehen einer sozialversicherungspflichtigen Be-schäftigung nach?Gemessen wird der Anteil der Menschen in Beschäfti-gung mit der Beschäftigungsquote2.

Während in Baden-Württemberg knapp zwei von drei Deutschen (62,4 Prozent) im erwerbsfähigen Alter sozi-alversicherungspflichtig beschäftigt sind, gilt dies unter den Ausländern nur für knapp die Hälfte (48,5 Prozent). In Westdeutschland fällt die Beschäftigungsquote bei den Deutschen (60,5 Prozent) und insbesondere bei den Ausländern (41,4 Prozent) deutlich niedriger aus – dies ist vor allem eine Folge der unterschiedlichen Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarkts.

Unter den Ausländern in Baden-Württemberg liegt die Beschäftigungsquote für Staatsangehörige der EU 11- und der GIPS-Staaten überdurchschnittlich hoch. Dagegen ist die Bevölkerung aus den Asylstaaten derzeit noch zu einem nur geringen Anteil beschäftigt. Die Hauptgründe dafür sind insbesondere Defizite bei Deutschkenntnissen und beruflichen Qualifikationen. Aber auch die geringe Erwerbsneigung der Frauen in dieser Bevölkerungsgruppe trägt zu einer niedrigen Be-schäftigungsquote bei3. Daneben ist bei Asylbewerbern zu beachten, dass ein großer Teil zunächst Sprach- und Integrationskurse besucht, was i.d.R. die Aufnah-me einer Beschäftigung vorübergehend ausschließt4.

2 Beschäftigungsquote: Anteil der sozialversicherungspflich-tig Beschäftigten an der Bevölkerung im Alter von 15 bis unter 65 Jahren3 IAB-Kurzbericht 25/2018, S. 54 IAB-Kurzbericht 6/2019, S. 6

Page 3: Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten · nicht, weil 2017 sehr viele vor relativ kurzer Zeit nach Deutschland geflohene Menschen erstmals eine Arbeit aufgenommen

Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten | Arbeitsmarkt Dossier | 2019/02

3

Bei Differenzierung nach einzelnen Asylstaaten er-geben sich erhebliche Unterschiede in der Beschäf-tigungsquote: Während in Baden-Württemberg unter den Menschen aus dem Iran, aus Nigeria und Pakistan jeder Dritte arbeitet, gilt das bei den Syrern nur für jede zehnte Person. Die Höhe der Beschäftigungsquote korrespondiert mit der bisherigen Dauer der Beschäfti-gung: So sind Beschäftigte aus dem Iran durchschnitt-lich (Mediandauer) seit 13,1 Monaten, aus Nigeria seit 11,0 Monaten und aus Pakistan seit 10,6 Monaten beschäftigt, während Syrer im Schnitt erst seit 5,9 Mo-naten beschäftigt sind.

Im Vorjahresvergleich fällt der Anstieg der Beschäfti-gungsquote für die Zugewanderten vom Balkan und aus den Asylstaaten besonders kräftig aus.Der leichte Anstieg der Beschäftigungsquote auch bei Deutschen und bei den übrigen Ausländergruppen ist auf die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes zurück-zuführen.

2.2 Wie viele der Beschäftigten arbeiten als Helfer?Diese Frage wird mit Hilfe der Kennzahl „Helferanteil“5 beantwortet.

Unter den deutschen Beschäftigten arbeitet nur jeder Achte auf Helferniveau, unter den ausländischen weit mehr als jeder Dritte. Bei den Staatsangehörigen aus den Asylstaaten ist sogar mehr als die Hälfte auf dieser Ebene tätig. Auffallend hoch ist der Helferanteil auch unter den EU 11-Staatsangehörigen. Ausschlaggebend ist neben Qualifikationsdefiziten auch ein hoher Anteil von Qualifizierten, die unterwertig beschäftigt sind6.

5 Helferanteil: Anteil der sozialversicherungspflichtig Be-schäftigten, die eine Beschäftigung mit dem Anforderungs-niveau Helfer ausüben, an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (ohne Auszubildende)6 IAB-Kurzbericht 3/2019. S. 11

Beschäftigungsquote in ProzentBaden-Württemberg2017

62,4

48,5

58,6 56,651,5

46,6

17,6

Deu

tsch

e

Ausl

ände

r

EU 1

1

GIP

S

Balk

an

Ost

euro

p.D

ritts

taat

en

Asyl

staa

ten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

15,5 14,618,0

33,3 35,1 34,6

12,410,1

Afgh

anis

tan

Eritr

ea Irak

Iran

Nig

eria

Paki

stan

Som

alia

Syrie

n

Erhebliche Unterschiede zwischen einzelnen AsylstaatenBeschäftigungsquote in ProzentBaden-Württemberg2017

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Höchster Anstieg bei Menschen vom Balkan und aus den AsylstaatenBeschäftigungsquote; Veränderung 2017 zu 2016 in ProzentpunktenBaden-Württemberg

1,1

2,3

2,7

1,0

5,8

1,5

5,0

Deutsche

Ausländer

EU 11

GIPS

Balkan

Osteurop. Drittstaaten

Asylstaaten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Gut die Hälfte der Beschäftigten aus Asylstaaten arbeitet als HelferSozialversicherungspflichtig Beschäftigte, Helferanteil in ProzentBaden-Württemberg2017

12,5

37,1

46,5

32,0

40,0

29,3

51,9

Deu

tsch

e

Ausl

ände

r

EU 1

1

GIP

S

Balk

an

Ost

euro

p.D

ritts

taat

en

Asyl

staa

ten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Page 4: Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten · nicht, weil 2017 sehr viele vor relativ kurzer Zeit nach Deutschland geflohene Menschen erstmals eine Arbeit aufgenommen

Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten | Arbeitsmarkt Dossier | 2019/02

4

Wie bei der Beschäftigungsquote ist die Streuung unter den Menschen aus den einzelnen Asylstaaten beim Helferanteil besonders groß (vgl. Ausführungen zur Beschäftigungsdauer in Kapitel 2.1). Nur gut ein Viertel der iranischen Staatsangehörigen arbeitet als Helfer; dagegen liegt der Helferanteil bei Beschäftigten aus den afrikanischen Asylstaaten bei etwa zwei Dritteln.

Anders als bei den deutschen Beschäftigten, deren Helferanteil im Vorjahresvergleich stagnierte, nahm unter den Staatsangehörigen vom Balkan und aus den Asylstaaten der Helferanteil kräftig zu. Das überrascht nicht, weil 2017 sehr viele vor relativ kurzer Zeit nach Deutschland geflohene Menschen erstmals eine Arbeit aufgenommen haben; dies gelingt meist nur auf Helfer-niveau.

2.3 Welcher Anteil der Beschäftigten ist in Zeitar-beitsunternehmen beschäftigt?Gemessen wird dies mit dem Anteil an Arbeitnehmer-

überlassung7.Der Zeitarbeitsanteil ist unter ausländischen Beschäf-tigten gut viermal so hoch wie unter deutschen. Dies korrespondiert mit dem hohen Helferanteil unter den ausländischen Beschäftigten, da in der Zeitarbeit über-proportional viele Helfer beschäftigt sind.Zwei Ausländergruppen fallen durch einen weit über-durchschnittlichen Zeitarbeitsanteil auf: Jeder zehnte sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit Staatsan-gehörigkeit aus den EU 11- oder den Asylstaaten hat einen Job in der Zeitarbeit.

Unter den Staatsangehörigen aus den Asylstaaten fallen – wie auch beim Helferanteil – die Beschäftigten aus den afrikanischen Staaten durch eine hohe Zeitar-beitsquote auf. So ist ein Viertel der Beschäftigten aus Somalia in der Zeitarbeit tätig.

7 Anteil Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ): Anteil der sozialver-sicherungspflichtig Beschäftigten, die in den Wirtschaftsord-nungen „Befristete Überlassung von Arbeitskräften“ (782) und „Sonstige Überlassung von Arbeitskräften“ (783) arbeiten, an allen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Ein hoher Anteil ANÜ birgt ein größeres Arbeitslosigkeitsrisiko.

Gut die Hälfte der Beschäftigten aus Asylstaaten arbeitet als HelferSozialversicherungspflichtig Beschäftigte, Helferanteil in ProzentBaden-Württemberg2017

56,866,2

55,4

26,8

67,4

53,1

69,0

47,7

Afgh

anis

tan

Eritr

ea Irak

Iran

Nig

eria

Paki

stan

Som

alia

Syrie

n

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Helferanteil bei Beschäftigten vom Balkan und aus den Asylstaaten kräftig angestiegenHelferanteil sozialversicherungspflicht. Beschäftigte; Veränderung 2017 zu 2016 in ProzentpunktenBaden-Württemberg

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

0,0

0,7

0,5

-0,1

1,3

-0,7

4,3

Deutsche

Ausländer

EU 11

GIPS

Balkan

Osteurop. Drittstaaten

Asylstaaten

Jeder zehnte Beschäftigte aus den EU 11- und Asylstaaten arbeitet in der ZeitarbeitAnteil Zeitarbeit in ProzentBaden-Württemberg2017

1,6

6,8

10,7

4,7 4,75,6

10,1

Deu

tsch

e

Ausl

ände

r

EU 1

1

GIP

S

Balk

an

Ost

euro

p.D

ritts

taat

en

Asyl

staa

ten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Jeder vierte Beschäftigte aus Somalia hat einen Job in der ZeitarbeitAnteil Zeitarbeit in ProzentBaden-Württemberg2017

8,5

14,911,6

4,5

18,9

6,6

25,4

8,8

Afgh

anis

tan

Eritr

ea Irak

Iran

Nig

eria

Paki

stan

Som

alia

Syrie

n

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Page 5: Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten · nicht, weil 2017 sehr viele vor relativ kurzer Zeit nach Deutschland geflohene Menschen erstmals eine Arbeit aufgenommen

Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten | Arbeitsmarkt Dossier | 2019/02

5

2.5 Welcher Anteil der Beschäftigten ist zusätzlich zum Lohneinkommen auf Arbeitslosengeld II (Alg II) angewiesen?Gemessen wird dies mit dem Anteil an Beschäftigten mit Alg II9.

Unter den deutschen Beschäftigten gibt es nur relativ wenige, die ergänzend zu ihrem Lohn auf Alg II ange-wiesen sind. Unter den Ausländern ist der Anteil deut-lich höher. Und bei Beschäftigten aus den Asylstaaten bezieht nahezu jeder Sechste ergänzend Alg II.

2.6 Wie groß ist das Risiko, seinen Arbeitsplatz zu verlieren und dadurch arbeitslos zu werden?Gemessen wird dies mit dem Zugangsrisiko in Arbeits-losigkeit10.

Das Risiko der Beschäftigten, innerhalb eines Monats arbeitslos zu werden, ist bei Ausländern fast dreimal so hoch wie bei Deutschen. Das Zugangsrisiko der Beschäftigten aus den Asylstaaten ist mehr als doppelt so hoch wie bei den Ausländern insgesamt.

9 Anteil Beschäftigte mit Arbeitslosengeld II: Anteil der sozial-versicherungspflichtig Beschäftigten im Alter von 15 bis unter 65 Jahren, die Arbeitslosengeld II erhalten, an allen sozial-versicherungspflichtigen Beschäftigten im gleichen Alter10 Zugangsrisiko in Arbeitslosigkeit: Monatsdurchschnittlicher Zugang in Arbeitslosigkeit aus dem 1. Arbeitsmarkt (ein-schließlich betrieblicher/außerbetrieblicher Ausbildung) bezo-gen auf den monatsdurchschnittlichen Vormonatsbestand der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten

Gegenüber dem Vorjahr gab es nur bei den Staatsan-gehörigen aus den Asylstaaten einen nennenswerten Anstieg des Zeitarbeitsanteils.

2.4 Welcher Anteil der Beschäftigten arbeitet im Niedriglohnbereich?Gemessen wird dies mit dem Anteil der Vollzeitbe-schäftigten im unteren Entgeltbereich8.

Gut jeder zehnte deutsche Vollzeitbeschäftigte arbeitet im Niedriglohnbereich; bei den Ausländern ist der Anteil fast dreimal so hoch. Besonders große Bedeutung hat der Niedriglohn für die Beschäftigten aus den Asyl-staaten: Hier erhalten sechs von zehn Beschäftigten einen Niedriglohn. Niedrige Löhne korrespondieren mit hohen Helferanteilen.

8 Anteil der Vollzeitbeschäftigten im unteren Entgeltbereich: Anteil der sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten (der Kerngruppe) mit einem Arbeitsentgelt, das weniger als 2/3 des Medianwertes beträgt, an allen sozialversicherungs-pflichtigen Vollzeitbeschäftigten (der Kerngruppe). Ein hoher Anteil von Beschäftigten mit Arbeitsentgelten unterhalb der unteren Entgeltschwelle birgt ein größeres Risiko, auf ergän-zende Grundsicherungsleistungen angewiesen zu sein.

Bei Beschäftigten aus den Asylstaaten ist der Zeitarbeitsanteil kräftig gestiegenZeitarbeitsanteil sozialversicherungspflicht. Beschäftigte; Veränderung 2017 zu 2016 in ProzentpunktenBaden-Württemberg

-0,1

0,2

0,2

0,1

0,0

-0,3

1,9

Deutsche

Ausländer

EU 11

GIPS

Balkan

Osteurop. Drittstaaten

Asylstaaten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Fast zwei Drittel der Beschäftigten aus den Asyl-staaten erzielen einen NiedriglohnAnteil Niedriglohn in ProzentBaden-Württemberg2017

10,9

30,8

45,0

23,028,9

23,1

61,6

Deu

tsch

e

Ausl

ände

r

EU 1

1

GIP

S

Balk

an

Ost

euro

p.D

ritts

taat

en

Asyl

staa

ten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Viele Beschäftigte aus den Asylstaaten erhalten Alg IIAnteil Beschäftigte mit ergänzendem Alg II in Prozent Baden-Württemberg2017

0,6

2,92,1 2,5 2,5

3,6

15,1

Deu

tsch

e

Ausl

ände

r

EU 1

1

GIP

S

Balk

an

Ost

euro

p.D

ritts

taat

en

Asyl

staa

ten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Page 6: Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten · nicht, weil 2017 sehr viele vor relativ kurzer Zeit nach Deutschland geflohene Menschen erstmals eine Arbeit aufgenommen

Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten | Arbeitsmarkt Dossier | 2019/02

6

Unter den Staatsangehörigen aus den einzelnen Asyl-staaten haben Beschäftigte aus dem Irak, aus Somalia und insbesondere aus Syrien ein besonders hohes Zugangsrisiko.

Gegenüber dem Vorjahr hat sich das Zugangsrisiko bei allen Nationalitätengruppen nur minimal verändert.

3 Arbeitslosigkeit zugewanderter Menschen

Hier soll die Frage untersucht werden, welcher Anteil der zugewanderten Menschen arbeitslos ist und wie groß deren Chancen sind, eine Arbeit aufzunehmen.Dabei stehen folgende Aspekte im Vordergrund:

3.1 Wie viele der Menschen, die ihre Arbeitsleis-tung anbieten, sind arbeitslos gemeldet?Gemessen wird der Anteil der Arbeitslosen mit der Arbeitslosenquote11.

Die Arbeitslosenquote der Deutschen in Baden-Würt-temberg fällt verhältnismäßig niedrig aus. Dagegen ist jeder zwölfte arbeitsbereite Ausländer ohne Arbeit. Extrem hoch ist der Anteil bei den Men-schen aus den Asylstaaten: Hier ist weit mehr als jeder Dritte an Arbeit Interessierte arbeitslos.

In Westdeutschland liegt die Arbeitslosenquote bei allen Nationalitätengruppen deutlich über dem Niveau von Baden-Württemberg.

Unter den Asylstaatsangehörigen ist die Arbeitslosen-quote der Syrer extrem hoch; mehr als jeder zweite Arbeitsbereite hat keinen Job. Allerdings lag ihre Arbeitslosenquote ein Jahr zuvor sogar noch bei gut 70 Prozent.

11 Arbeitslosenquote: Anteil der Arbeitslosen an den Erwerbs-personen, die sich aus den Arbeitslosen, den sozialversiche-rungspflichtig und ausschließlich geringfügig Beschäftigten zusammensetzen. Wegen eingeschränkter, aber perio-dengleicher Bezugsgröße Abweichungen zur Standardar-beitslosenquote.

Hohes Arbeitslosigkeitsrisiko für Beschäftigte aus den AsylstaatenZugangsrisiko in Arbeitslosigkeit in Prozent Baden-Württemberg2017

0,4

1,1 1,1 1,1 1,10,9

2,4

Deu

tsch

e

Ausl

ände

r

EU 1

1

GIP

S

Balk

an

Ost

euro

p.D

ritts

taat

en

Asyl

staa

ten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Beschäftigte Syrer haben das höchste Zugangs-risikoZugangsrisiko in Arbeitslosigkeit in Prozent Baden-Württemberg2017

1,82,2

2,7

1,6

2,2

1,6

3,0

3,6

Afgh

anis

tan

Eritr

ea Irak

Iran

Nig

eria

Paki

stan

Som

alia

Syrie

n

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Das Zugangsrisiko hat sich im letzten Jahr kaum verändertZugangsrisiko in Arbeitslosigkeit; Veränderung 2017 zu 2016 in Prozentpunkten Baden-Württemberg

-0,1

0,0

0,0

-0,1

-0,2

-0,1

0,1

Deutsche

Ausländer

EU 11

GIPS

Balkan

Osteurop. Drittstaaten

Asylstaaten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Über ein Drittel der an Arbeit interessierten Menschen aus den Asylstaaten ist arbeitslosArbeitslosenquote in Prozent Baden-Württemberg2017

3,2

8,34,7 6,4 7,7 8,6

37,4

Deu

tsch

e

Ausl

ände

r

EU 1

1

GIP

S

Balk

an

Ost

euro

p.D

ritts

taat

en

Asyl

staa

ten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Page 7: Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten · nicht, weil 2017 sehr viele vor relativ kurzer Zeit nach Deutschland geflohene Menschen erstmals eine Arbeit aufgenommen

Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten | Arbeitsmarkt Dossier | 2019/02

7

Bei den Staatsangehörigen aus den Asylstaaten insge-samt fällt der Rückgang der Arbeitslosenquote gegen-über 2016 am stärksten aus, allerdings ausgehend von einem sehr hohen Niveau.

3.2 Welcher Anteil der Arbeitslosen sucht eine Be-schäftigung auf Helferniveau?Gemessen wird dies mit dem Anteil an Helfern12.

Der Helferanteil unter den Arbeitslosen ist recht hoch. Mehr als ein Drittel der deutschen Arbeitslosen kommt nur für eine Helfertätigkeit in Betracht, bei ausländi-schen Arbeitslosen sogar mehr als die Hälfte. Da die deutsche Wirtschaft in erster Linie qualifizierte Arbeits-kräfte sucht, können arbeitslose Helfer nicht ohne Weiteres integriert werden.

12 Anteil Helfer: Anteil der Arbeitslosen, die einen Zielberuf anstreben, dessen Anforderungsniveau dem des Helfers entspricht, an allen Arbeitslosen. Ein hoher Helferanteil birgt ein größeres Arbeitslosigkeitsrisiko.

3.3 Wie viele der Arbeitslosen sind langzeitarbeits-los?Gemessen wird dies mit dem Anteil an Langzeitarbeits-losen13.

Die Anteile Langzeitarbeitsloser lassen sich zwischen den Nationalitätengruppen kaum vergleichen. Viele Ausländerinnen und Ausländer, insbesondere aus den Asylstaaten, stehen dem deutschen Arbeitsmarkt erst so kurz zur Verfügung, dass bei ihnen schon aus zeitlichen Gründen noch keine Langzeitarbeitslosigkeit eintreten konnte. Zum anderen finden viele auslän-dische Staatsangehörige Jobs in Berufen mit hoher Fluktuationsrate, so dass die Arbeitslosigkeit häufig (aber meist nur kurz) unterbrochen wird und dadurch Langzeitarbeitslosigkeit seltener eintritt.

13 Anteil Langzeitarbeitslose: Anteil der Arbeitslosen, deren bisherige Dauer der Arbeitslosigkeit 12 Monate und länger beträgt, an allen Arbeitslosen.

Arbeitslosenquote der Syrer bei weit über 50 ProzentArbeitslosenquote in Prozent Baden-Württemberg2017

30,1

42,137,6

19,012,8 13,9

32,3

54,9

Afgh

anis

tan

Eritr

ea Irak

Iran

Nig

eria

Paki

stan

Som

alia

Syrie

n

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Stärkster Rückgang der Arbeitslosigkeit bei Menschen aus den AsylstaatenArbeitslosenquote; Veränderung 2017 zu 2016 in Prozentpunkten Baden-Württemberg

-0,3

-0,5

-0,4

-0,7

-1,3

-1,2

-4,3

Deutsche

Ausländer

EU 11

GIPS

Balkan

Osteurop. Drittstaaten

Asylstaaten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Mehr als jeder zweite ausländische Arbeits- lose ist nur als Helfer einsetzbarArbeitslose, Helferanteil in Prozent Baden-Württemberg2017

35,2

55,058,7

52,956,7

50,8 53,1

Deu

tsch

e

Ausl

ände

r

EU 1

1

GIP

S

Balk

an

Ost

euro

p.D

ritts

taat

en

Asyl

staa

ten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Nur wenige Langzeitarbeitslose bei AsylstaatenAnteil Langzeitarbeitslose in Prozent Baden-Württemberg2017

32,4

26,0

19,3

30,134,3 37,4

13,0

Deu

tsch

e

Ausl

ände

r

EU 1

1

GIP

S

Balk

an

Ost

euro

p.D

ritts

taat

en

Asyl

staa

ten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Page 8: Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten · nicht, weil 2017 sehr viele vor relativ kurzer Zeit nach Deutschland geflohene Menschen erstmals eine Arbeit aufgenommen

Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten | Arbeitsmarkt Dossier | 2019/02

8

3.4 Wie groß ist die Chance der Arbeitslosen, wie-der eine Arbeit zu finden?Gemessen wird dies mit der Abgangschance in Arbeit14.

Etwa zehn Prozent der deutschen Arbeitslosen fin-den innerhalb eines Monats eine Arbeitsstelle. Noch höhere Abgangschancen haben Arbeitslose aus den EU 11-Staaten; das liegt vor allem daran, dass sie in Tätigkeiten mit hoher Fluktuation beschäftigt werden, so dass im Vergleich zu den Deutschen Phasen der Beschäftigung und der Arbeitslosigkeit häufiger wech-seln. Staatsangehörige der Asylstaaten haben dage-gen geringe Abgangschancen.

Unter den Arbeitslosen aus den Asylstaaten heben sich die Nigerianer durch eine besonders hohe Abgangs- chance hervor; sie liegt um die Hälfte höher als bei den Deutschen.

14 Abgangschance in Arbeit: Monatsdurchschnittlicher Abgang von Arbeitslosen in Beschäftigung am 1. Arbeits-markt, in betriebliche/außerbetriebliche Ausbildung oder in Selbständigkeit bezogen auf den monatsdurchschnittlichen Vormonatsbestand

Im Vorjahresvergleich hat die Abgangschance für alle Nationalitätengruppen zugenommen. Den höchsten Zuwachs verzeichnen Arbeitslose aus den Asylstaaten.

4 Grundsicherung für arbeitsuchende Migrantinnen und Migranten

Hier soll die Frage untersucht werden, wie viele zuge-wanderte Personen auf existenzsichernde Leistungen aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende ange-wiesen sind und wie hoch ihre Chancen stehen, den Leistungsbezug zu beenden.Dabei stehen folgende Aspekte im Vordergrund:

4.1 Wie hoch ist der Anteil der Menschen, die zur Existenzsicherung auf Leistungen aus der Grundsi-cherung für Arbeitsuchende angewiesen sind?Gemessen wird dies mit der SGB II-Hilfequote15.

Unter der deutschen Wohnbevölkerung in Baden-Würt-temberg ist nur ein geringer Teil auf Leistungen der Grundsicherung angewiesen. Bei der ausländischen Bevölkerung liegt der Anteil auf 3,5-fachem Niveau.

Hier fallen ganz besonders Staatsangehörige aus den Asylstaaten auf: Mehr als jeder zweite Einwohner aus diesen Ländern erhält Leistungen der Grundsicherung.In Westdeutschland liegt die SGB II-Hilfequote bei allen Nationengruppen auf deutlich höherem Niveau.

15 SGB II-Hilfequote: Anteil der Leistungsberechtigten aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende an der Bevölkerung im Alter bis 65 Jahre

Geringe Abgangschance für Arbeitslose aus Asyl-staatenAbgangschance in Prozent Baden-Württemberg2017

10,0

8,2

12,4

10,4

8,36,9

4,4

Deu

tsch

e

Ausl

ände

r

EU 1

1

GIP

S

Balk

an

Ost

euro

p.D

ritts

taat

en

Asyl

staa

ten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Hohe Abgangschance bei Arbeitslosen aus NigeriaAbgangschance in Prozent Baden-Württemberg2017

6,65,6

4,1

6,5

15,0

7,38,4

3,2

Afgh

anis

tan

Eritr

ea Irak

Iran

Nig

eria

Paki

stan

Som

alia

Syrie

n

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Chancen für Arbeitslose aus Asylstaaten am stärksten gestiegen – bei niedrigem AusgangsniveauAbgangschance; Veränderung 2017 zu 2016 in Prozentpunkten Baden-Württemberg

0,6

0,6

0,8

1,0

0,8

0,5

1,2

Deutsche

Ausländer

EU 11

GIPS

Balkan

Osteurop. Drittstaaten

Asylstaaten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Page 9: Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten · nicht, weil 2017 sehr viele vor relativ kurzer Zeit nach Deutschland geflohene Menschen erstmals eine Arbeit aufgenommen

Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten | Arbeitsmarkt Dossier | 2019/02

9

Unter den Menschen aus den Asylstaaten nehmen die syrischen Staatsangehörigen eine Sonderrolle ein: Fünf von sechs Syrern sind auf Grundsicherungsleis-tungen angewiesen.

Die Hilfequote bei Staatsangehörigen aus den Asyl-staaten hat im Vorjahresvergleich (31,1 Prozent) um knapp ein Viertel auf 55,2 Prozent zugenommen. Der starke Anstieg rührt daher, dass die geflüchteten Men-schen zunächst Leistungen nach dem Asylbewerber-leistungsgesetz erhalten und somit nicht der Grundsi-cherung für Arbeitsuchende zugeordnet sind; erst nach Anerkennung als Asylberechtigter oder Erteilung eines vergleichbaren Aufenthaltstitels werden Leistungen aus der Grundsicherung gezahlt. 2017 fand in vielen Fällen der Übergang in die Grundsicherung statt, was den starken Zuwachs bewirkt hat.

4.2 Wie groß sind die Chancen, den Bezug von Grundsicherungsleistungen zu beenden?Gemessen wird der Umfang mit der Abgangschance aus dem Leistungsbezug16.

Die Wahrscheinlichkeit, den Leistungsbezug zu been-den, ist bei Ausländern in Baden-Württemberg deutlich niedriger als bei Deutschen. Dennoch gibt es Gruppen von Ausländern mit gleichen oder sogar besseren Abgangschancen. Die Ursachen hierfür dürften im Wesentlichen mit dem häufigen Wechsel von Be-schäftigungs- und Arbeitslosigkeitsphasen bei diesen Ausländergruppen zusammenhängen. Die Chancen von Staatsangehörigen aus den Asylstaa-ten, ihren Leistungsbezug zu beenden, sind erwar-tungsgemäß aktuell noch deutlich geringer.

16 Abgangschance aus dem Leistungsbezug: Monatsdurch-schnittlicher Abgang aus dem Leistungsbezug der Grund-sicherung ohne Abgänge, die innerhalb von drei Monaten erneut Leistungen erhalten, bezogen auf den monatsdurch-schnittlichen Vormonatsbestand

Mehr als jeder zweite Einwohner aus den Asyl-staaten bezieht GrundsicherungsleistungenSGB II-Hilfequote in Prozent Baden-Württemberg2017

3,7

13,2

6,3 8,6 9,7 11,3

55,2

Deu

tsch

e

Ausl

ände

r

EU 1

1

GIP

S

Balk

an

Ost

euro

p.D

ritts

taat

en

Asyl

staa

ten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Fünf von sechs Menschen aus Syrien im LeistungsbezugSGB II-Hilfequote in Prozent Baden-Württemberg2017

27,4

53,848,2

26,9

10,317,6

27,4

83,8

Afgh

anis

tan

Eritr

ea Irak

Iran

Nig

eria

Paki

stan

Som

alia

Syrie

n

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Starke Zunahme des Leistungsbezugs bei Menschen aus AsylstaatenSGB II-Hilfequote; Veränderung 2017 zu 2016 in Prozentpunkten Baden-Württemberg

-0,1

2,2

-0,4

-0,5

-0,3

-1,0

24,1

Deutsche

Ausländer

EU 11

GIPS

Balkan

Osteurop. Drittstaaten

Asylstaaten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Leistungsbezieher aus den Asylstaaten mit den niedrigsten AbgangschancenAbgangschance aus dem Leistungsbezug in Prozent Baden-Württemberg2017

3,3

2,5

4,63,8

3,32,7

1,2

Deu

tsch

e

Ausl

ände

r

EU 1

1

GIP

S

Balk

an

Ost

euro

p.D

ritts

taat

en

Asyl

staa

ten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Page 10: Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten · nicht, weil 2017 sehr viele vor relativ kurzer Zeit nach Deutschland geflohene Menschen erstmals eine Arbeit aufgenommen

Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten | Arbeitsmarkt Dossier | 2019/02

10

Unter den Leistungsbeziehern aus den Asylstaaten gibt es erhebliche Unterschiede. So können Menschen aus Nigeria nahezu dreimal so leicht den Leistungsbezug beenden wie Menschen aus Afghanistan oder Syrien.

4.3 Welcher Anteil der Alg II-Bezieher erzielt Ein-kommen aus Erwerbstätigkeit?Gemessen wird der Umfang am Anteil der Erwerbstä-tigen unter den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (ELB)17.

Ein hoher bzw. niedriger Anteil kann nicht eindeutig als positiv oder negativ bewertet werden. So könnte man einen hohen Anteil negativ einstufen, weil die Erwerbs-tätigkeit keinen bedarfsgerechten Lebensunterhalt sicherstellt. Gleichzeitig kann eine Erwerbstätigkeit während des Leistungsbezugs einen ersten Schritt zurück in den Arbeitsmarkt bedeuten, was wiederum positiv zu werten wäre.

Unter deutschen und ausländischen Leistungsbezie-hern ist etwa ein Viertel erwerbstätig. Nur jeder achte Leistungsbezieher aus den Asylstaaten geht einer Erwerbstätigkeit nach.

17 Anteil erwerbstätige ELB: Anteil der erwerbsfähigen Leis-tungsberechtigten aus der Grundsicherung für Arbeitsuchen-de, die Einkommen aus Erwerbstätigkeit beziehen, an allen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten

Unter den Staatsangehörigen aus den Asylstaaten variiert der Anteil Erwerbstätiger erheblich.

5 Hintergrundinformationen zur Beschäf- tigungsentwicklung und -struktur von Migrantinnen und Migranten sowie zur Entwicklung der Asylanträge

Beschäftigungsentwicklung:Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen.

Dabei fiel der Anstieg für die ausländischen Beschäf-tigten wesentlich höher aus als für die Deutschen. Am stärksten ist der Anstieg bei den Beschäftigten aus den Asylstaaten (Anstieg 2017 zu 2016 um fast die Hälfte; bei den syrischen Beschäftigten gab es sogar eine Verdoppelung).

Leistungsbezieher aus Nigeria und Pakistan mit relativ hohen Abgangschacen Abgangschance aus dem Leistungsbezug in Prozent Baden-Württemberg2017

1,0

1,41,6

2,0

2,82,5

1,6

1,0

Afgh

anis

tan

Eritr

ea Irak

Iran

Nig

eria

Paki

stan

Som

alia

Syrie

n

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Jeder achte Leistungsbezieher aus den Asylstaaten ist erwerbstätig Anteil erwerbstätige ELB in Prozent Baden-Württemberg2017

27,2 25,4

39,836,5

29,0

36,6

12,6

Deu

tsch

e

Ausl

ände

r

EU 1

1

GIP

S

Balk

an

Ost

euro

p.D

ritts

taat

en

Asyl

staa

ten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Anteil erwerbstätiger Leistungsbezieher aus Asyl-staaten streut sehr stark Anteil erwerbstätige ELB in Prozent Baden-Württemberg2017

14,510,8

15,7

24,427,7 28,9

9,8 10,5

Afgh

anis

tan

Eritr

ea Irak

Iran

Nig

eria

Paki

stan

Som

alia

Syrie

nDatenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Page 11: Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten · nicht, weil 2017 sehr viele vor relativ kurzer Zeit nach Deutschland geflohene Menschen erstmals eine Arbeit aufgenommen

Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten | Arbeitsmarkt Dossier | 2019/02

11

Beschäftigtenstruktur nach Branchen:Die Beschäftigtenanteile nach Branchen fielen für deutsche und ausländische Beschäftigte im Jahr 2017 recht unterschiedlich aus. Im Verarbeitenden Gewerbe arbeiteten nur GIPS-Staatsangehörige zu einem mit den Deutschen vergleichbaren Anteil. Alle anderen Ausländergruppen waren deutlich unterrepräsentiert. Im Baugewerbe dagegen wiesen ausländische Arbeits-kräfte mit Ausnahme der Angehörigen der osteuropäi-schen Drittstaaten überdurchschnittlich hohe Beschäf-tigtenanteile auf. Beschäftigte aus den Balkanstaaten arbeiteten sogar mehr als doppelt so häufig wie die Ausländer insgesamt in dieser Branche. Auch im Wirtschaftszweig Verkehr und Lagerei waren Ausländer überrepräsentiert. Hier fielen insbesondere Staatsan-gehörige der EU 11-Staaten durch einen hohen Anteil auf. Im Gastgewerbe war der Beschäftigtenanteil der Ausländer fast viermal so hoch wie bei den Deutschen. Diese Branche war ein Beschäftigungsschwerpunkt für die Angehörigen aus den Asylstaaten, deren Anteil doppelt so hoch lag wie bei den Ausländern insgesamt. Den höchsten Beschäftigtenanteil wiesen Beschäftigte aus Pakistan auf, von denen mehr als jeder Dritte im Gastgewerbe arbeitete. Auch in der Zeitarbeit war der Beschäftigtenanteil der Ausländer viermal so hoch wie bei den Deutschen. Spitzenreiter waren hier Beschäf-tigte aus den EU 11-und den Asylstaaten. In den übrigen Dienstleistungsbranchen waren ausländische Staatsangehörige deutlich unterrepräsentiert.

Dauer der Beschäftigungsverhältnisse:Beschäftigungsverhältnisse von Deutschen dauern län-ger an als die von Ausländern. Die Mediandauer18 der bisherigen Beschäftigung beträgt bei Deutschen sechs Jahre, bei Ausländern dagegen nur zwei Jahre. 18 Mediandauer ist die Dauer, bei der die Hälfte der Be-schäftigungsverhältnisse länger und die andere Hälfte kürzer dauert.

Dies resultiert zum einen aus den höheren Fluktua-tionsraten der Beschäftigung in den von Ausländern stark besetzten Branchen. Zum anderen konnten durch die in vielen Fällen erst kürzlich erfolgte Zuwanderung noch keine längerfristigen Beschäftigungen aufgebaut werden. So betrug die Mediandauer bei Staatsangehö-rigen aus den Asylstaaten nur acht Monate; 40 Prozent sind unter sechs Monate beschäftigt.

Zugang an Asylerstanträgen19:Im Jahr 2015 wurde mit knapp 98.000 Asylerstanträ-gen ein Spitzenwert erreicht. In den Folgejahren sank die Zahl der Erstanträge stark. Im Jahr 2017 wurde nur noch ein Sechstel des Niveaus von 2015 erreicht. Besonders stark fiel der Rückgang aus den Balkanlän-dern aus (hauptsächlich verursacht durch die West-balkanregelung und die Schließung der Balkanroute). Aber auch der Zustrom aus Syrien, dem Land mit den bei Weitem stärksten Migrationsbewegungen, sank erheblich von knapp 36.000 Anträgen im Jahr 2015 auf knapp 2.700 im Jahr 2017. Die Anträge von Staats-angehörigen anderer Asylländer wie z.B. Nigeria (gut zehn Prozent Rückgang) oder Somalia (Rückgang um etwa ein Drittel) dagegen sanken weniger stark.

6 Ausgewählte Forschungsergebnisse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zu Integration von Migrantinnen und Migranten in Deutschland

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat mehrere Untersuchungen zum Thema Integration von zugewanderten Personen durchgeführt; im Fokus stand, welche Faktoren die Integration begünstigen oder erschweren. Die Untersuchungsergebnisse bezie-hen sich auf Deutschland.

Auswirkungen von Merkmalen auf die Integration von Migranten (Ergebnisse einer Befragung iraki-scher und syrischer Haushalte)20:• Gute Sprachkenntnisse sind der wichtigste Erfolgs-

faktor für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Der Anteil geflüchteter Menschen mit mindestens zufriedenstellenden Deutschkenntnissen, die eine Erwerbstätigkeit aufgenommen haben, liegt um 14 Prozentpunkte über dem Anteil bei Menschen mit schlechteren Sprachkenntnissen.

• Auch das Geschlecht hat großen Einfluss auf die Integrationsfähigkeit. Der Anteil von Frauen, die eine Erwerbstätigkeit aufnehmen, liegt um 15 Prozentpunkte unter dem Anteil der Männer.

19 Fundstelle: https://im.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-im/intern/dateien/pdf/20190306_Zugang_2019_Hauptherkunftslaender.pdf20 IAB-Kurzbericht 5/2019, S. 3, 6 und 7

Beschäftigung von Menschen aus den Asylstaaten hat um die Hälfte zugenommenSozialversicherungspflichtig Beschäftigte (Arbeitsort); Veränderung zum Vorjahr in Prozent Baden-Württemberg

1,5

8,1

11,9

2,5

15,2

6,0

49,9

Deutsche

Ausländer

dar. EU-11

GIPS

Balkan

Ost-Drittstaaten

Asylstaaten

Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

Page 12: Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten · nicht, weil 2017 sehr viele vor relativ kurzer Zeit nach Deutschland geflohene Menschen erstmals eine Arbeit aufgenommen

Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten | Arbeitsmarkt Dossier | 2019/02

12

• Das Bildungsniveau, der Familienstand, die An-erkennung ausländischer Berufsabschlüsse und frühere Erwerbserfahrung hatten bei der unter-suchten Gruppe keinen signifikanten Einfluss auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit.

Weitere Forschungsergebnisse zur Integration von geflüchteten Menschen:• Die Erwerbstätigenquote steigt mit der Aufenthalts-

dauer21.• Die mittleren Bruttomonatsverdienste geflüchteter

Vollzeitbeschäftigter liegen bei etwa 55 Prozent der Verdienste aller Vollzeitbeschäftigter.

• 31 Prozent der geflüchteten Beschäftigten arbeiten unter ihrem Qualifikationsniveau (insbes. Perso-nen mit Spezialisten- und Expertenqualifikatio-nen). Über ihrem Qualifikationsniveau arbeiten 25 Prozent; und 44 Prozent sind qualifikationsadäquat angesetzt. Die Hälfte der formal nicht Qualifizierten arbeitet auf Fachkraftniveau.

• Die Dauer des Asylverfahrens hat großen Einfluss auf die erste Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und den Sprachkurseintritt22. Eine lange Verfahrens-dauer kann das mitgebrachte Humankapital ent-werten. Unsichere Bleibeperspektiven verringern den Anreiz für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und für das Sprachlernen. Zudem können sie Einfluss auf den psychischen Gesundheitszustand haben.

• Die meisten Asylberechtigten beginnen die erste Erwerbstätigkeit nach ihrer Anerkennung. Dagegen nimmt die Mehrheit der Geduldeten bereits wäh-rend des Verfahrens die erste Erwerbstätigkeit auf.

21 Zum Folgenden vgl. IAB-Kurzbericht 3/2019, S. 9 ff22 Zum Folgenden vgl. IAB-Kurzbericht 6/2019. S. 5 ff

Impressum:Arbeitsmarkt-Dossier 2019/02April 2019Herausgeber: Bundesagentur für Arbeit Regionaldirektion Baden-WürttembergPresse und MarketingHölderlinstr. 36, 70174 [email protected] www.arbeitsagentur.de

Redaktion: Christian Rauch, Ines Stricker, Silke Hamann (IAB), Dr. Rüdiger Wapler (IAB), Ulrich HäfeleLayout und Satz: Ulrich Häfele