archäologie am computer?

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Archäologie am Computer? Methodische Aspekte beim Einsatz Geographischer Informationssysteme in der archäologischen Forschung am Beispiel der Untersuchungen zu keltischen "Fürstensitzen" Axel Posluschny Römisch-Germanische Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts Palmengartenstr. 10–12 D-60325 Frankfurt [email protected]

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Axel G. Posluschny: Archäologie am Computer? Methodische Aspekte beim Einsatz Geographischer Informationssysteme in der archäologischen Forschung am Beispiel der Untersuchungen zu keltischen "Fürstensitzen" Vortrag an der Universität Tübingen, 12/7/2011

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Page 1: Archäologie am Computer?

Archäologie am Computer?

Methodische Aspekte beim EinsatzGeographischer Informationssysteme in der archäologischen

Forschung am Beispiel der Untersuchungen zu kelt ischen "Fürstensitzen"

• Axel Posluschny• Römisch-Germanische Kommission des• Deutschen Archäologischen Instituts• Palmengartenstr. 10–12• D-60325 Frankfurt• [email protected]

Page 2: Archäologie am Computer?

Gliederung

• Die Definition eines „frühkeltischen Fürstensitzes“• Beispiele für einige der untersuchten Anlagen• Kernthesen des SPP 1171• Datenbasis• Beispiele für den Naturraumbezug• Modelle für früheisenzeitliche Siedlungsstrukturen• Zentralorte und ihre zentralörtlichen Funktionen• Beispiele für Umlanduntersuchungen• Fazit – Ausblick auf eine Synthese?

Tübingen, 12.07.2011

Page 3: Archäologie am Computer?

„Fürstensitze“ – ein archäologisches Konstrukt?

“Fürstensitz”

Untersuchungs-gebiet

Tübingen, 12.07.2011

Page 4: Archäologie am Computer?

„Fürstensitze“ – Kriterien nach Kimmig 1969

Tübingen, 12.07.2011

-Befestigte Siedlung in prominenter Lage, möglichst an einem Verkehrsweg

-„Südimport“ - mediterrane Funde wie Amphoren, attisches Trinkgeschirr, Bronzegefä ße

-Unterteilung in Oberstadt („Akropolis“) und Unterstadt („Suburbium“)

-Vorhandensein zugehöriger „Fürstengrä ber“

Page 5: Archäologie am Computer?

„Fürstensitze“ & „Herrenhöfe“• „Fürstensitz“

• „Herrenhof“

Tübingen, 12.07.2011

Page 6: Archäologie am Computer?

Der „Fürstensitz“ Heuneburg

Tübingen, 12.07.2011

Page 7: Archäologie am Computer?

Sichtfeld Bussen ( )

Sichtfeld Heuneburg ( )

Prominenz und Sichtfelder

Tübingen, 12.07.2011

Page 8: Archäologie am Computer?

Der „Fürstensitz“ auf dem Glauberg

Tübingen, 12.07.2011

Page 9: Archäologie am Computer?

Der „Fürstensitz“ auf dem Glauberg• Plateau:

8 ha• „Annex“:

12 ha• Gesamtaus-

dehnung:> 200 ha (?)

„Fürstengrab“

Siedlungsplateau„Annex“

Wall-/Grabensystem(z.T. rekonstruiert)

„Prozessionsstrasse“

Quelle/Teich

Tübingen, 12.07.2011

Page 10: Archäologie am Computer?

Tübingen, 12.07.2011

Page 11: Archäologie am Computer?

Tübingen, 12.07.2011

Page 12: Archäologie am Computer?

Der Glauberg – Ein Kalenderbauwerk

Tübingen, 12.07.2011

Page 13: Archäologie am Computer?

Der Glauberg – Ein Kalenderbauwerk

Tübingen, 12.07.2011

Page 14: Archäologie am Computer?

Der Glauberg – Ein Kalenderbauwerk

Tübingen, 12.07.2011

Page 15: Archäologie am Computer?

Mathematik & Astronomie

© B. Deiss

Tübingen, 12.07.2011

Page 16: Archäologie am Computer?

Kernfragen des SPP 1171

-Konzentration der Macht?-Konzentration ökonomischen Reichtums?-Integration von lokalen und kleinregionalen Gemeinschaften in überregionale Verbände?

•Dazu:-Analyse der Siedlungsgefüge

• (Quelle: http://www.fuerstensitze.de/1149)

Tübingen, 12.07.2011

Page 17: Archäologie am Computer?

Projektregionen1: Marienberg (Würzburg)

2: Glauberg (Wetterau)

3: Heuneburg (Obere Donau)

4: Ipf (Ries)

5: Ehrenbürg (Oberfranken)

6: Münsterberg (Breisach)

7: Straubinger Donautal

8: Hohenasperg (Neckar)

9: Vlada ř(Böhmen)

10: Zavist (Böhmen, nicht erfasst)

11: Altmühltal

12: Bad Dürkheim (Pfalz, nicht erfasst)

Tübingen, 12.07.2011

Page 18: Archäologie am Computer?

Archäologische Daten• Aufgenommen werden:•alle Siedlungen•alle Gräber(felder)•3 Epochen:

- Urnenfelderzeit (ca. 1200–750 v. Chr.)- Hallstattzeit (ca. 750–450 v. Chr.)- Frühlatènezeit (ca. 450–250 v. Chr.)

Siedlungen (ca. 5800)^ Gräber/Gräberfelder (ca. 7700, davon ca.

5000 undatierte Grabhügel)• Sonstiges (Einzelfunde, Höhlen,

Straßenbefunde, ...; ca. 1400)

Tübingen, 12.07.2011

Page 19: Archäologie am Computer?

Naturraumdaten• Höhenbezug• Hangneigung• Hangausrichtung• Reliefenergie• Gewässerbezug• Bodengeologie (Entfernung zum Löß), Bodenart, Bodenschwere,

Bodenzustandsstufe• Klima (Jahresniederschlag, Vollfrühlingsbeginn [Blühbeginn des

Apfels], Spätsommerbeginn [Gelbreife des Winterweizens])• Naturraumzugehörigkeit• ...

Tübingen, 12.07.2011

Page 20: Archäologie am Computer?

16.09.2006

aus: V. Gaffney/Z. Stan i , GIS approaches to regional analysis: A case study of the island of Hvarč č 2 (Ljubljana 1996)

Tübingen, 12.07.2011

Page 21: Archäologie am Computer?

Fundstellen und Naturraum

Tübingen, 12.07.2011

Page 22: Archäologie am Computer?

Umfelduntersuchungen

Fundstelle Bodenarten-verteilung

Umfeld um dieFundstelle

Bodenarten-verteilung

im Umfeld umdie Fundstelle

Tübingen, 12.07.2011

Page 23: Archäologie am Computer?

„Kostenbasierte“ SiedlungsumfelderJeder Punkt innerhalb der Flä che istvon der Siedlung (rotes Quadrat) mitdem gleichen maximalen Aufwandzu erreichen(Grundlage: Hangneigung,breite Gewä sser)

Tübingen, 12.07.2011

Page 24: Archäologie am Computer?

Zentralisierung

•Archäologie:•„Konzentration der Macht“•(http://www.fuerstensitze.de/1149)

•Lexikon: •„in der Politik das Streben, alle Kompetenzen im Staat bei einer zentralen obersten Instanz zu konzentrieren“

•(http://de.wikipedia.org/wiki/Zentralisierung)

Tübingen, 12.07.2011

Page 25: Archäologie am Computer?

Zentralisierung

•Archäologie:•„Ökonomischer Reichtum“•(http://www.fuerstensitze.de/1149)

•Lexikon: •„in der Betriebswirtschaft die Zusammenfassung von gleichartigen oder ähnlichen Prozessen“

•(http://de.wikipedia.org/wiki/Zentralisierung)

Tübingen, 12.07.2011

Page 26: Archäologie am Computer?

Zentralisierung

•„mit ersten Schritten einer Urbanisierung einhergehenden Zentralisierungsprozesse“

•„Eine methodische Herausforderung ist das formulierte Ziel, die mit der Zentralisierung erwartungsgemäß einhergehende kulturelle und politische Integration von Lokalgruppen in überregionale Verbände archäologisch nachzuweisen.“

• (Quelle: http://www.fuerstensitze.de/1149)

Tübingen, 12.07.2011

Page 27: Archäologie am Computer?

Zentralor te – zentralör t l iche Funktionen

(nach Gringmuth-Dallmer 1999)

Tübingen, 12.07.2011

Page 28: Archäologie am Computer?

Zentralör t l iche Funktionen der „Fürstensitze“

Marienberg Glauberg Heuneburg Ipf (Ehrenbürg) Brei-sach Hohenasperg (Vlada )ř

Herrschaft ? ? ? ? ? ? ? ?

Schutz X X1 X X X X X X

Han-del ? ? X ?2 ?2 X 0 ?3

Handwerk 0 ?4 X 0 X X 0 ?

Kult 0 X5 0 ?6 0 0 0 01. Außenwall zur Reprä sentation? 4. Im Annexbereich?

2. „Südimport“ 5. Kalenderbauwerk

3. Nordital./Ostalpenraum – Bronzefigürchen 6. Grabenwerk Bugfeld?

Tübingen, 12.07.2011

Page 29: Archäologie am Computer?

Klassif izierung der „Fürstensitze“Marienberg Glauberg Heuneburg Ipf (Ehrenbürg) Breisach Hohenasperg (Vlada )ř

Komplexes Zentrum 0 0 0 0 0 0 0 0

Siedlung mit mehreren zentral-

örtl. Funktionen 0 X X 0 X X 0 0

Siedlung mit einer zentralörtl.

Funktion X 0 0 X 0 0 X X

Tübingen, 12.07.2011

Page 30: Archäologie am Computer?

Zentralor te – zentralör t l iche Funktionen

Tübingen, 12.07.2011

Page 31: Archäologie am Computer?

Besiedlungshierarchien

nach Gringmuth-Dallmer 1996, Abb. 5

Prinzipiell gleichrangige Siedlungen, von denen einzelne

mit zentralen Funktionen ausgestattet sind

Prinzipiell gleichrangige Siedlungen mit einem heraus-

gehobenen Platz, von dem sie abhä ngig sind

Tübingen, 12.07.2011

Page 32: Archäologie am Computer?

Komplexe Siedlungssysteme

nach Gringmuth-Dallmer 1996, Abb. 7

Beispiel MA/fNZ

Kultplatz

Ringwall

Fernhandelsplatz

„Fürstensitz“

regionaler Markt

Agrarsiedlung

Agrarsiedlungmit Gewerbe

Tübingen, 12.07.2011

Page 33: Archäologie am Computer?

„Urbanität“, Bedeutung und Größe•Die Größe als Faktor für die Bedeutung der Siedlung:

•Größenmaß – Einwohnerzahl vs. Siedlungsfläche•Belastbare Grenzwerte für die Klassifizierung von Siedlungstypen?

Stadtbegriff nach Hä nsel 1996:

•Größe (Grenzwert?)•Geschlossenheit•Bauliche Differenzierung•Ökonomische Differenzierung•Fernbeziehung (gelegentlich? regelmäßig?)•Zentrumsfunktionen (welche?)•Nutzungsdauer (Grenzwert?)

(B. Hänsel, Bronzezeitliche Siedlungssysteme und Gesellschaftsformen in Südosteuropa: vorstädtische Entwicklungen und Ansätze zur

Stadtwerdung (Forlì 1996) 241 – 251)

Fallbeispiel Bourges:

•„Hier stellt sich erneut die Frage, ob es bereits Stä dte vor den spä tkeltischen oppida gab. Zumindest für Bourges wird man diese Frage bejahen wollen, denn für eine Siedlung, die eine Flä che von wenigstens vier Quadratkilometern einnimmt, erscheint die Bezeichnung „Fürstensitz“ wenig angemessen“

(D. Krausse, Auf der Schwelle zur Hochkultur. Damals 7-2009, 21)

Tübingen, 12.07.2011

Page 34: Archäologie am Computer?

Interne GrößenentwicklungenGlaubergHeuneburg

sHa

fLt

Per. IVb/a

fLt

Per. III-I

Tübingen, 12.07.2011

Page 35: Archäologie am Computer?

Siedlungen und Hinterland

Tübingen, 12.07.2011

Page 36: Archäologie am Computer?

Erreichbarkeit und Gelände

Tübingen, 12.07.2011

Page 37: Archäologie am Computer?

V. Gaffney/Z. Stan i , GIS approaches to regional analysis: A case study of the island of Hvarč č 2 (Ljubljana 1996)

Tübingen, 12.07.2011

Page 38: Archäologie am Computer?

Hinterlandgrößen

Tübingen, 12.07.2011

Page 39: Archäologie am Computer?

Hinterlandgrößen

Ipf

Goldberg„Bugfeld“

„Zaunä cker“

Tübingen, 12.07.2011

Page 40: Archäologie am Computer?

Zentrale Bedeutung vs. zentrale Lage

Tübingen, 12.07.2011

Page 41: Archäologie am Computer?

Der Glauberg in seinem Umfeld

Ha Ha/Lt fLt

• Sichtbarkeit des Glaubergs von gleichzeitigen Siedlungen der Wetterau aus (maximale Sichtentfernung 10 km [oben] und 20 km [unten])

Ha Ha/Lt fLt

Tübingen, 12.07.2011

Page 42: Archäologie am Computer?

Tübingen, 12.07.2011

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Roman-Germanic Commission

Koordinator/Projektleitung: 1. Roman-Germanic Commission, German Archaeological Institut (DE)

Co-organisers:1. In Flanders Fields Museum, Belgium (BE)2. Cyprus Research and Education Foundation (STARC), Cyprus (CY)3. Holstebro Museum, Denmark (DK)4. State Heritage Service Baden-Württemberg, Germany (DE)5. Institute for Mediterranean Studies (FORTH), Greece (GR)6. Baranya County Museum Authority, Hungary (HU)7. Institute of Archaeology, Iceland (IS)8. Discovery Programme, Ireland (IE)9. University College Dublin, Ireland (IE)10. University of Foggia, Italy (IT)11. University of Salento (LabTAF), Lecce, Italy (IT)12. University of Siena (LAP&T), Italy (IT)13. University of Klaipeda, Lithuania (LT) 14. University of Leiden, Netherlands (NL)15. Norwegian Institute for Cultural Heritage Research (NIKU), Norway

(NO)16. Adam Mickiewicz University, Pozna , Poland (PL)ń17. Institute for Cultural Memory (CIMEC), Romania (RO) 18. Institute of Archaeology, Serbia (RS)19. Slovak Academy of Sciences (SK)20. Slovenian Academy of Sciences and Arts (ZRC SAZU) (SI) 21. University of Ljubljana, Slovenia (SI)

23. Instituto de Estudos Galeos Padre Sarmiento, Spain (ES) 24. English Heritage, United Kingdom (UK)25. University of Exeter, United Kingdom (UK) 26. University of Glasgow, United Kingdom (UK)27. Royal Commission on the Ancient and Historical Monuments of

Scotland (UK)

Associated Partners (Partner ohne finanzielle Beteiligung):28.University of Vienna, Austria (AT)29.University of West Bohemia, Czech Republic (CZ)30.Estonian Heritage Society, Estonia (EE)31.Aalto University School of Science and Technology, Finland (FI)32.Aerial Archaeology Research Group, International33.Latvian Academy of Sciences, Latvia (LV)34.University of Granada, Spain (ES)35.University of Frankfurt, Germany (DE)36.University of Besanç on, France (F)37.Dutch Expertise Centre for Archaeological Remote Sensing,

Netherlands/Belgium (NL/B)38.University of Bamberg, Germany (DE)39.Culture Lab, Belgium (BE)40.i3mainz - University of Applied Sciences, Germany (DE)41.University of Uppsala, Sweden (SE)42.University of Ulster, United Kingdom (UK)

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Agreement Number: 2010-1486• Start: 15. September 2010• Ende: 14. September 2015• EU-Förderung: 2,5 Mio €• Gesamtbudget: 5 Mio €• Beteiligte Partner: 42 (zur Zeit)• Projektleitung: Römisch-Germanische Kommission des

Deutschen Archä ologischen Instituts

ArchaeoLandscape Europe is supported by the EU within the framework of the Culture

2007-2013 programme

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Ziele des Projekts

"To increase public appreciation, understanding and conservation .....

of the landscape and archaeological heritage of Europe ....

through the application and international sharing of skills and experience ....

in airborne and other forms of remote sensing"

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Aktivitä ten

• 6 Technical Workshops for Students• mind. 4 Aerial Archaeology Training Schools

(für diese Aktivitäten werden - genauso wie für Austauschaufenthalte von Studenten und Wissenschaftlern - Stipendien vergeben)

• 2 Internationale Tagungen• Mehrere Symposien, Tagungssektionen, ...• Wanderausstellung (Start: 2013 in Dublin)• Publikationen (2 Monographien bzw. Sammelbä nde; Flyer,

Tagungsbeiträ ge, ...)• Internetauftritt http://www.archaeolandscapes.eu

(die Seite wird im Laufe des Projektzeitraums immer weiter mit Informationen, Fallstudien, Forschungsberichten, Anleitungen, ... gefüllt; dort finden Sie auch Informationen zu den Veranstaltungen und den Stipendien)

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