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Aufbau einer Kernk¨ uhlstufe zur Untersuchung der kondensierten Materie bei ultratiefen Temperaturen und hohen Magnetfeldern vorgelegt von Diplom-Physiker Hasan Nuzha Rammallah - Pal¨ astina Fakult¨ at II - Mathemathik und Naturwissenschaften der Technischen Universit¨ at Berlin zur Erlangung des akademischen Grades Dr.rer.nat. genehmigte Dissertation Promotionsausschuss: Vorsitzender: Prof. Dr. rer. nat. A. Hese Gutachter: Prof. Dr. rer. nat. C. Thomsen Gutachter: Prof. Dr. rer. nat. P. Strehlow Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 20.10.2005 Berlin 2005 D 83

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Page 1: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

Aufbau einer Kernkuhlstufe zur Untersuchungder kondensierten Materie bei ultratiefenTemperaturen und hohen Magnetfeldern

vorgelegt von

Diplom-Physiker

Hasan Nuzha

Rammallah - Palastina

Fakultat II - Mathemathik und Naturwissenschaften

der Technischen Universitat Berlin

zur Erlangung des akademischen Grades

Dr.rer.nat.

genehmigte Dissertation

Promotionsausschuss:

Vorsitzender: Prof. Dr. rer. nat. A. Hese

Gutachter: Prof. Dr. rer. nat. C. Thomsen

Gutachter: Prof. Dr. rer. nat. P. Strehlow

Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 20.10.2005

Berlin 2005

D 83

Page 2: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

Hasan Nuzha

Abstract

Aufbau einer Kernkuhlstufe zur Untersuchungder kondensierten Materie bei ultratiefenTemperaturen und hohen Magnetfeldern

Unter Berucksichtigung der experimentellen Voraussetzungen wurde eine neuartige Kernkuhl-

stufe entwickelt und erfolgreich getestet. Mit Hilfe dieser Kernkuhlstufe ist es moglich, kondensierte

Materie bis auf einige Mikrokelvin abzukuhlen und in starken Magnetfeldern zu untersuchen.

Die entwickelte neuartige Dreifach-Kernstufe besteht aus konzentrisch angeordneten Zylindern

aus hochreinem Kupfer und Platin. Dieser konzentrische Aufbau erlaubt durch eine effektivere Aus-

nutzung des Magnetfeldes im oberen Bereich des supraleitenden Magnetsystems die Entmagneti-

sierung der Kernmomente von 9 Tesla auf einige Millitesla und die Abkuhlung einer ”Nutzlast“ auf

Temperaturen von einigen Mikrokelvin. Im unteren Bereich des Magnetsystems mit hoher Feldho-

mogenitat kann dann das Verhalten ultrakalter Materie in Magnetfeldern bis zu 9 Tesla untersucht

werden, eine in dieser Form derzeit einzigartige Experimetierumgebung.

Neben der Pt-NMR-Thermometrie gehoren Konstruktion und Bau eines geeigneten Warme-

schalters sowie Maßnahmen zur Reduzierung des Warmelecks als wesentliche Voraussetzungen fur

den effektiven Betrieb der Mikrokelvinanlage zu den Schwerpunkten der vorliegenden Arbeit. Durch

aufwendige Maßnahmen zur Schwingungsdampfung und HF-Schirmung sowie geeigneter Material-

auswahl und massive Konstruktion der Kernstufe konnte das Warmeleck auf weniger als 1,5 nW

reduziert werden.

Die thermodynamische Feldtheorie der Kernspinkuhlung basiert auf der kinetischen Beschrei-

bung von Leitungselektronen in einem Metall und von ihrer Kontaktwechselwirkung mit den lo-

kalisierten magnetischen Momenten der Atomkerne. Losungen des Feldgleichungssystems fur die

Temperaturfelder der Metallelektronen und Kernspins sowie des Warmeflusses fur die im Expe-

riment kontrollierbaren Anfangs- und Randbedingungen wurden als thermodynamischer Prozess

bezeichnet. Auf der Grundlage numerische Berechnungen thermodynamischer Prozesse konnte die

Entmagnetisierungsfunktion zur Erzeugung tiefster Temperaturen optimiert werden.

In ersten Tests an der außeren Kupferkernstufe konnten durch thermodynamisch optimierte

Entmagnetisierung bereits Festkorpertemperaturen von unter 25 µK gemessen und fur mehre-

re Tage aufrecht erhalten werden. Eine zuverlassige Messung der Temperatur konnte erst durch

Verbesserung der Pt-NMR-Thermometrie erreicht werden.

Page 3: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

Inhaltsverzeichnis

1 Einfuhrung und Problemstellung 3

1.1 Ultratiefe Temperaturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

1.2 Kernspinkuhlung in hohen Magnetfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

2 Experimentelle Voraussetzungen 7

2.1 Elektromagnetische Raumabschirmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

2.2 Schwingungsdampfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2.3 Der 3He− 4He−Verdunnungskryostat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10

2.4 Gashandlingsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2.5 Betriebsmess- und Steuerungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2.6 Betriebsthermometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

2.7 Magnetsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

3 Konzeptionelle Grundlagen der kernmagnetischen Kuhlung 25

3.1 Zeeman-Wechselwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

3.2 Zustandsgleichungen des Kernspinsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26

3.3 Entropie und adiabatische Kernentmagnetisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28

3.4 Kernspin-Elektronen-Kopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

3.5 Der Einfluss von Warmelecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

3.6 Wahl der Kuhlsubstanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34

4 Kernkuhlstufen und Warmeschalter 37

4.1 Kernkuhlstufen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37

4.2 Warmeschalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41

5 Thermodynamik der Kernspinkuhlung 49

5.1 Transportgleichungen fur Elektronen und Nukleonen . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

5.2 Transfergleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50

5.3 Energiebilanzgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

5.3.1 Die kalorischen Zustandsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52

5.3.2 Die thermischen Zustandsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

1

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2 INHALTSVERZEICHNIS

5.3.3 Fermi-Kontaktwechselwirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54

5.3.4 Zwei - Feld - Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56

5.4 Funf-Feld-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57

5.5 Optimierter thermodynamischer Prozeß der

Kernspinkuhlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

5.5.1 Ein einfaches Variationsproblem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

5.5.2 Numerische Losungen der Feldgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

6 Messung ultratiefer Temperaturen Pt−NMR 63

6.1 Grundlagen der Pt-NMR-Thermometrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

6.1.1 Statische Magnetisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

6.1.2 Die Bloch’schen Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

6.1.3 Voraussetzungen und Begrenzungen der Pt-NMR-Thermometrie . . . . . . 69

6.2 Experimenteller Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

7 Testbetrieb der Mikrokelvinanlage 81

8 Zusammenfassung und Ausblick 85

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Kapitel 1

Einfuhrung und Problemstellung

1.1 Ultratiefe Temperaturen

Wissenschaftliche Forschung orientiert sich naturgemaß an den Grenzen des technisch Machba-

ren. In der Tieftemperaturphysik hat sich der fur die Untersuchung der kondensierten Materie

zugangliche Temperaturbereich im vergangenen Jahrhundert alle zehn Jahre nahezu um den Fak-

tor 10 in Richtung des absoluten Nullpunktes erweitert. Ein ahnliches Tempo des wissenschaftlichen

und technologischen Fortschritts kam auch in der Hochenergiephysik (Rontgenstrahlen bis TeV-

Elektronen (Protonen)) oder bei der Miniaturisierung elektronischer Bauelemente bis hinunter zu

Nanometer-Dimensionen beobachtet werden.

1908 hatte Kamerlingh Onnes Heliumgas bei 4,2 K verflussigt und durch Abpumpen des Damp-

fes uber dem siedenden Helium 1922 eine Minimaltemperatur von 0,83 K erreicht. Temperaturen

unterhalb jenen des flussigen Heliums erfordern ein magnetisches Kuhlverfahren, das 1926 von

W. Giaugue und P. Debye vorgeschlagen wurde. Durch adiabatische Entmagnetisierung parama-

gnetischer Salze kann man Temperaturen bis zu 0,001 K erzielen. Es ist jedoch moglich, zu noch

tieferen Temperaturen vorzudringen, wenn man als ”Kuhlmedium“ nicht die Elektronen, sondern

Atomkerne mit magnetischen Momenten verwendet, die um etwa drei Großenordnungen schwacher

sind als die elektronischen Momente. Um diese schwachen Kernmomente auszurichten, benotigt

man starke Magnetfelder und tiefe Starttemperaturen von etwa 0,01 K. Erst durch die Entwick-

lung supraleitender Magnete sowie der 3He−4He−Verdunnungskryostate konnte die adiabatische

Kernentmagnetisierung als geeignete Kuhlmethode eingesetzt werden, mit der man kondensierte

Materie bis auf einige Mikrokelvin und damit auf 10−8 der irdischen Umgebungstemperatur oder

10−6 der Temperatur der kosmischen Hintergrundstrahlung abkuhlen kann. Durch Laserkuhlung

konnen Alkaliatome bis auf 10−9 K gekuhlt werden. Solche tiefen Temperaturen lassen sich nur

erreichen, wenn die Atome in einer magnetischen Falle gespeichert werden, die sie vollig von der

Außenwelt isoliert. Die Kuhlung kondensierter Materie durch Kontakt mit den ultrakalten Alkalia-

tomen ist daher nicht moglich. Das Gleiche gilt fur Temperaturen von Spinsystemen in pK-Bereich,

3

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4 KAPITEL 1. EINFUHRUNG UND PROBLEMSTELLUNG

wie sie bei der adiabatischen Entmagnetisierung von Rhodiumkernen erhalten wurden [1, 2]. Die

Temperatur der Leitungselektronen und des metallischen Gitters in diesen Experimenten ist we-

sentlich hoher.

Was rechtfertigt den erheblichen Aufwand, kondensierte Materie bis in den Mikrokelvinbereich

abzukuhlen? Zunachst konnen in diesem extremen Temperaturbereich kleine Wechselwirkungen

studiert werden, deren Großenordnung nur ein hundertmillionstel der Effekte ausmacht, die wir

bei Raumtemperatur beobachten. Im Besonderen ist es das unter normalen Bedingungen im ther-

mischen Rauschen vollig untergehende quantenmechanische kollektive Verhalten der Materie, das

sich in Tieftemperaturexperimenten spektakular offenbart. Die Phanomene der Supraleitung und

Suprafluiditat haben seit ihrer Entdeckung nichts von ihrer Attraktivitat verloren. Jeder neue Vor-

stoß zu noch tieferen Temperaturen hat zu neuen Erkenntnissen gefuhrt, die die Temperaturphysik

zu einem attraktiven und modernen Forschungsgebiet machen.

Neben dem Bestreben, kondensierte Materie auf immer tiefere Temperaturen abzukuhlen, sind

in den letzten Jahren auch verstarkte Anstrengungen unternommen worden, den in Experimenten

zuganglichen Bereich des Magnetfeldes zu erweitern. Im Labor lassen sich mit kommerziellen supra-

leitenden Spulen statische Magnetfelder bis 20 Tesla erzeugen. Das entspricht dem 400 000 fachen

des Erdmagnetfeldes. Betrachtet man jedoch die Polarisation p (B, T ) = tanh (g µB B/K T ) von

Protonen mit den Lande-Faktor g = 5, 5858 in einem Magnetfeld von B = 20 T, so betragt sie

bei einer Temperatur von 1 K lediglich 4%. Die Untersuchung von Kernspinsystemen mit hoher

Polarisation p ≈ 1 erfordert die Abkuhlung der Proben in einem Magnetfeld von einigen Tesla

bis in den Mikrokelvinbereich. Dieser Zustandsbereich hoher Polarisation ist durch ein Verhaltnis

B/T > 104 T/K gekennzeichnet.

Gegenwartige Experimente im Zustandsbereich hoher Polarisation sind Untersuchungen zum

fraktionierten Quanten-Hall-Effekt [3, 4], zur transversalen Spindiffusion in hochpolarisiertem 3He

und verdunnten 3He− 4He− Mischungen [5] oder zu nichtlinearen Anregungen in Quantenspin-

systemen [6].

1.2 Kernspinkuhlung in hohen Magnetfelder

Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist die Konstruktion und technische Realisierung einer

Kernkuklstufe zur Untersuchung der kondensierten Materie bei Temperaturen unterhalb 100 µK

und in Magnetfeldern bis zu 9 Tesla. Die experimentellen Voraussetzungen, die in Kapitel 2 be-

schrieben wurden, sind durch einen 3He− 4He−Verdunnungskryostaten und ein zweistufiges Ma-

gnetsystem gegeben . Der obere supraleitende Magnet dient zur Entmagnetisierung der Kernkuhl-

stufe, wahrend im unteren Magneten mit hoher Feldhomogenitat das Verhalten ultrakalter Materie

in Magnetfeldern bis 9 Tesla untersucht werden kann.

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1.2. KERNSPINKUHLUNG IN HOHEN MAGNETFELDER 5

Um zu einer optimalen Konstruktion und Nutzung der zur Erzeugung tiefer Temperaturen

eingesetzten Kernkuhlstufe zu gelangen, ist eine thermodynamische Theorie der kernmagnetischen

Kuhlung erforderlich. Daruber hinaus ist die thermodynamische Ableitung von Messvorschriften

fur die Temperatur in Mikrokelvinbereich ein fundamentales metrologisches Problem, das nur im

Zusammenhang mit dem thermodynamischen Prozess der Tieftemperaturerzeugung betrachtet

werden kann. Ausgehend von der Boltzmann-Gleichung fur Leitungselektronen mit unterschied-

lichen Spin(± 1

2

)und der Mastergleichung lokalisierter magnetischer Kernmomente beliebiger

Spinquantenzahl wird in Kapitel 5 ein Feldgleichungssystem fur die makroskopischen Observablen

Temperatur (Energiedichte) von Elektronen, Kernspins und dem Warmefluss abgeleitet. Um das

Temperaturfeld der Kernkuhlstufe und der Bereiche außerhalb der Kuhlzone zu bestimmen, in dem

die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen

Prozesses der Kernspinkuhlung zu losen. Numerische Losungen sind Grundlage fur die optimale

Konstruktion (Kapitel 5.5) der Kernkuhlstufe.

Weitere Schwerpunkte der Arbeit betreffen die Konstruktion und den Bau des Warmeschalters

(Kapitel 4.2) und den Aufbau eines Pt-NMR-Thermometers (Kapitel 6), mit dem Temperaturen

von einigen Mikrokelvin bestimmt werden konnen.

Mit der Fertigstellung und erfolgreichen Erprobung der Mikrokelvinanlage (Kapitel 7) besteht

nun die Moglichkeit, Temperaturen von einigen Mikrokelvin zu erzeugen. Daruber hinaus kann in

diesem Temperaturbereich das Verhalten der ultrakalten Materie in Magnetfeldern bis zu 9 Tesla

untersucht werden, eine in dieser Form derzeit einzigartige Experimentierumgebung.

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6 KAPITEL 1. EINFUHRUNG UND PROBLEMSTELLUNG

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Kapitel 2

Experimentelle Voraussetzungen

Die Erreichung, Aufrechterhaltung und Messung extrem tiefer Temperaturen im Mikrokelvinbe-

reich erfordern eine zweifache Anstrengung. Dazu gehoren einerseits die fur eine Optimierung der

Kernspinkuhlung notwendigen konstruktiven Maßnahmen beim Entwurf der Kernkuhlstufen sowie

eine geeignete Materialauswahl. Andererseits sind fur die Erreichung von ultratiefen Temperaturen

sowie fur Prazisionmessungen in diesem Temperaturbereich aber auch Maßnahmen zu Reduzierung

jeglicher elektromagnetischer und mechanischer Storeinflusse, die mogliche Warmequellen darstel-

len und als Warmelecks bezeichnet werden, unumganglich. Letzteres ist weit weniger spektakular,

aber keineswegs weniger aufwendig.

Das Gesamtsystem der Mikrokelvinanlage MKA3, das in Abb. 2.1 dargestellt ist, besteht aus

mehreren Komponenten, die in ihrer Konzeption die Schaffung der technischen Voraussetzungen

fur die Untersuchung der Materie im Mikrokelvinbereich und in Magnetfeldern bis zu 9 Tesla zum

Ziel haben. Dabei stellen die HF-Kabine zur elektromagnetischen Raumabschirmung, die vibrati-

onsdampfende Kryostatenaufhangung, der 3He/4He-Verdunnungskryostat mit dem Gashandling-

system, das doppelstufige supraleitende Magnetsystem sowie die Steuerungs- und Betriebsmess-

technik den aufwendigen Systemkomplex dar, der die experimentellen Voraussetzungen fur das

eigentliche Kernstuck der Anlage liefert : die Kernkuhlstufen.

2.1 Elektromagnetische Raumabschirmung

Zur Abschirmung gegen hochfrequente Einstrahlungen befindet sich der Kryostat in einer HF-

Kabine1. Die Große der Kabine(6, 47× 5, 33× 3, 99 m3

)bestimmt sich aus den Abmessungen

des 3He/4He-Verdunnungskryostaten mit seiner schwingungsentkoppelten Aufhangung. Fur die

Schirmung werden 2 mm dicke feuerverzinkte Stahlblechmodule verwendet, die aus einem Stuck

gekantet sind. Die hochfrequenzdichte Verbindung der Module untereinander erfolgt uber ein spe-

zielles Kontaktsystem mit Kontaktschrauben. Innerhalb der Durchfuhrungen fur die Klimaanlage

befinden sich sogenannte Wabenkamine, und samtliche Rohrleitungen sind durch die Kabine galva-

1HF-geschirmte Kabine bis 35 GHz, Siemens AG, Munchen

7

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8 KAPITEL 2. EXPERIMENTELLE VORAUSSETZUNGEN

Abbildung 2.1: Gesamtsystem und Komponenten der Mikrokelvinanlage MKA3 : HF-Kabine

(1); Vibrationsdampfende Kryostatenaufhangung mit Betonkorper (2); luftgefederte Plattform

(3); Verdunnungkryostateinsatz (4); Vakuumtopf (IVC,5); Heliumdewar (6); Boosterpumpe (71);

Rootspumpe (72); Drehschieberpumpe (73); 1 K-Pumpe (74); Grobvakuumpumpe (75); Vakuum-

vorpumpe (76); Hochvakuumpumpe (77); N2-Kuhlfallen (8); Magnetsystem (9)

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2.2. SCHWINGUNGSDAMPFUNG 9

104

105

106

107

108

109

1010

1011

40

60

80

100

120

Däm

pfun

g (

dB)

f (Hz)

Abbildung 2.2: Frequenzabhangigkeit der Dampfung von HF-geschirmter Kabine ( durchgezogene

Linie ) und Netzfilter (gestrichelte Linie) an der MKA3. Dampfungen der Kabine großer 110 dB

bzw. 100 dB fur Frequenzen uber 2 GHz sind nicht messbar. Die Messgrenze der Dampfung des

Filters liegt bei 100 dB [19]

.

nisch getrennt durchgefuhrt. Die Netzspannungsversorgung wird uber ein steilflankiges Netzfilter2

in die Kabine geleitet. Der Darstellung der Dampfung von Kabine und Netzfilter in Abb. 2.2 kann

entnommen werden, dass vor allem Frequenzen uber 10 kHz effektiv abgeschirmt werden. Fur den

Betrieb von Messgeraten wurde daher zusatzlich eine Netzphase in die Kabine gelegt, die uber

eine unterbrechungsfreie Stromversorgung, eine sogenannte Online-UPS3, vom Netz getrennt ist.

Die Verbraucher werden bei diesem Typus mittels Wechselrichter aus einer Batterie gespeist, die

wiederum uber das Stromnetz aufgeladen wird. Dies gewahrleistet eine rein sinusformige Netzspan-

nung ohne Storungen.

2.2 Schwingungsdampfung

Hauptsachlich durch den Betrieb der Pumpen des Gashandlingsystems, aber auch durch auße-

re mechanische Storeinflusse werden Vibrationen erzeugt, die direkt oder uber Wirbelstromhei-

zung im Magnetfeld zum Warmeleck beitragen. Daher sind die Pumpen mit Maschinenfußen aus

2Typ B84299-G9H-E3, Siemens AG, Munchen3Typ: Xanto S 6000, Online-UPS, Nennleistung 6 kVA

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10 KAPITEL 2. EXPERIMENTELLE VORAUSSETZUNGEN

Gummi auf Wandgestellen vom Fußboden entkoppelt montiert. Weitere Maßnahmen betreffen die

Aufhangung des Kryostaten. Das Fundament besteht aus einem 25 t schweren Betonkorper, der

mit seiner Steifheit und Masse vor allem zur Reduzierung der Amplituden niederfrequenter me-

chanischer Schwingungen aus der Umgebung dient. Fur die Armierung des Betonkorpers wurde

nichtmagnetischer Stahl verwendet, um Aufmagnetisieren durch den Betrieb des Magneten zu ver-

hindern. Ein optischer Tisch mit pneumatischen Dampfern4, der sich auf dem Betonkorper befindet,

dampft hochfrequente mechanische Schwingungen auf Amplituden unter 5 nm. Mit Hilfe eines Be-

schleunigungsaufnehmers5 wurden Messungen des Schwingungsspektrums durchgefuhrt. Abb. 2.3

zeigt den Dampfungseffekt am Kryostaten durch den Betonkorper und den optischen Tisch im

Vergleich zum Boden. Die großten mechanischen Storungen gehen von der bei der Zirkulation des

Verdunnungskryostaten in Betrieb befindlichen Drehschieberpumpe und der Rootspumpe bei 890

Hz und 1002 Hz aus.

Ubertragungswege fur das entstehende Frequenzspektrum sind der Boden und zum weitaus

großeren Teil die Pumpleitungen. Infolgedessen wurden samtliche Pumpleitungen durch Federbalge6

vom Kryostaten schwingungsentkoppelt.

Weitere Schwingungen, die bei kaltem Kryostaten im Inneren des Heliumdewars angeregt wer-

den konnen (Taconis-Oszillationen [7]), wurden durch Anbringen von Behaltern mit entsprechender

Geometrie gedampft. Diese Schwingungen, die besonders bei bestimmtem Heliumfullstand auftre-

ten konnen, andern sich durch geringfugige Umbauten am Kryostaten und erfordern dann jeweils

neue Dampfungmaßnahmen.

2.3 Der 3He− 4He−Verdunnungskryostat

Der Verdunnungkryostateinsatz mit der Typenbezeichnung DRI 550 wurde von der Firma Cryo

Vac7 in Lizenz von S.H.E dilution refrigerator technology 8 gefertigt und stellt als Vorkuhlstufe

die Starttemperatur fur die Kernspinkuhlung bereit. Die Anforderungen bestehen hierbei in einer

moglichst tiefen Endtemperatur der Mischkammer sowie in einer großen Kuhlleistung im Bereich

dieser Endtemperatur. Der Verdunnungkryostateinsatz ist im Bild 2.4 schematisch dargestellt.

Der Vakuumflansch mit dem daran montierten Isoliervakuumbehalter (IVC) befindet sich im

Heliumdewar. Im 1 K-Topf wird durch Abpumpen von flussigem 4He bis auf einem Druck von

≈ 10 mbar eine Temperatur von ≈ 1, 5 K erreicht. Der 1 K-Topf wird durch eine Kapillare

mit Sinterfilter aus dem 4He-Bad kontinuierlich nachgefullt. Abpumpen von 3He bis auf einen

Druck von ≈ 0, 01 mbar kuhlt den Verdampfer auf ca. 700 mK. Da bei weiterer Absenkung der

Temperatur am Verdampfer die 3He-Zirkulationsrate und damit die Kuhlleistung reduziert werden,

heizt man den Verdampfer. Mittels eines kontinuierlichen und eines funfstufigen Warmetauschern

4Type XL-B von Newport Corp., Fountain Valley, California, USA5Accelerometer Type 8306, Bruel & Kjaer, Denmark6COMVAT von VAT, Grasbrunn, http://www.comvat.de7Gesellschaft fur Tieftemperaturtechnik mbH & Co KG, Troisdorf8Biomagnetic Technologies, Inc. of San Diego, California, USA

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2.3. DER 3HE− 4HE−VERDUNNUNGSKRYOSTAT 11

Abbildung 2.3: Schwingungsspektrum am Boden (unten) und am Kryostaten (oben). Die Span-

nungsempfindlichkeit des Sensors betragt 0, 99 V/ms−2.

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12 KAPITEL 2. EXPERIMENTELLE VORAUSSETZUNGEN

Abbildung 2.4: Verdunnungskryostateinsatz DRI 550 der Mikrokelvinanlage MKA 3 inkl. 1K-Topf

und Vakuum-Flansch mit Vorkuhler (nach Cryo [20])

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2.4. GASHANDLINGSYSTEM 13

wird das in die Mischkammer stromende 3He vorgekuhlt. Zwischen den beiden Warmetauschern

ist eine Zwischenplatte zur thermischen Kontaktierung angebracht. Mischkammer, Zwischenplatte

und Verdampfer sind durch vier bzw. sechs Stabe aus dem schlecht warmeleitenden Material Vespel

mechanisch miteinander verbunden. Die Mischkammer besteht aus zwei mit Silbersinter gefullten

Halbschalen aus vergoldetem Kupfer, die indiumgedichtet verschraubt sind. Zwischen der oberen

und unteren Halfte befindet sich ein Spalt von 19 mm. Hier sollte sich bei optimal eingestelltem

Mischungverhaltnis der Heliumisotope die Phasengrenze zwischen konzentrierter und verdunnter

Phase befinden.

Das bereits vom Vorkuhler auf die 4He-Badtemperatur von 4,2 K vorgekuhlte 3He wird im Kon-

densor bei einem typischen Einkondensierdruck von 100 mbar verflussigt. Zur weiteren Vorkuhlung

ist die Einfullkapillare am 1 K-Topf und am Verdampfer thermisch angekoppelt.

Zur Reduzierung von Warmelecks sind die elektrischen Leitungen aus Manganin oder supralei-

tendem Nb/Ti an jeder Stufe thermisch abgefangen.

Neben Warmeleitung tragt auch die thermische Strahlung zum Warmeleck am Kryostat bei.

Dieses Warmeleck wird durch Strahlungschilde aus Messing Ms58 (CuZn39Pb3) am Verdampfer

und an der Mischkammer reduziert. Fur den Vakuumtopf kam der unmagnetische Edelstahl 1.4429

zum Einsatz.

Da ein ausreichender Abstand zwischen Vakuumtopf, Verdampfer-Strahlungschild und

Mischkammer-Strahlungsschild uber eine Lange von 2 m nur durch eine korrekte Justage am

Flansch nicht gewahrleistet werden kann, werden zusatzlich Abstandhalter montiert. Beim

Verdampfer-Strahlungsschild ist am Boden eine sternformige Platte aus Teflon befestigt, durch de-

ren Spitzen der Strahlungsschild im Vakuumtopf zentriert ist. Der Mischkammer-Strahlungsschild

besitzt am Boden einen Dorn aus Edelstahl, der in eine Teflon-Aufnahme im Inneren des Verdampfer-

Strahlungsschildes fasst.

Die bei einer Zirkulationsrate des 3He-Gasanteils n3 von 400 µmol/s gemessene Endtemperatur

des Verdunnungskryostaten betragt 4,5 mK. Bei dieser Zirkulationsrate wurde eine Kuhlleistung

von 200 µW bei 100 mK ermittelt.

2.4 Gashandlingsystem

Mit Hilfe des Gashandlingsystem (GHS) werden die fur den Betrieb des 3He− 4He−Verdunnungs-

kryostaten benotigten Gasstrome gesteuert, reguliert und das Isoliervakuum bereitgestellt. Das

GHS der MKA3 ist fur sehr hohe Zirkulationsraten von bis zu 3 mmol 3He/s ausgelegt, um die

fur die Vorkuhlung der Kernentmagnetisierungsstufen notwendige Kuhlleistung des Verdunnungs-

kryostaten zu gewahrleisten. Das erfordert große Querschnitte der Pumpleitungen ( bis zu 250

mm lichte Weite ) und eine hohe Saugleistung bis zu 4000 l/s im Gemischkreislauf. Tab. 2.1 gibt

eine Auflistung der Module des GHS mit einer kurzem Erlauterung zu deren Spezifikation und

Funktion.

Im Detail besteht das GHS aus uber 100 pneumatischen und einigen handbetriebenen Ventilen,

Page 16: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

14 KAPITEL 2. EXPERIMENTELLE VORAUSSETZUNGEN

Tabelle

2.1:B

augruppendes

Gashandlingsystem

sder

MK

A3

Modul

Bezeichnung

Modell

SpezifikationFunktion

MK

EV

erdunnungseinsatzC

ryoVac

DR

I550

Vorkuhlung

derK

ernentmagnetisierungsstufen

BO

PB

oosterpumpe

Edw

ards18B

4ASaugverm

.:4000

l/sA

bpumpen

des3H

e−G

asesam

Verdam

pfer

RV

PR

ootsvorpumpe

Alcatel

RSV

350Saugverm

.:350m

3/h2.V

orpumpe

DV

PD

rehschiebervorpumpe

Alcatel

2063HSaugverm

.:63m

3/h1.

Vorpum

pe

NK

FLN

2 -Kuhlfallen

Oxford

Fullung:

Aktivkohle

Reinigung

3He−

4He−

Gas

HK

FL

4He-K

uhlfallenE

igenbauFullung:

Cu-Spane

Reinigung

3He−

4He−

Gas

US

Universalsystem

Eigenbau

Verbindungssystem

verschiedenerM

odule

DFM

Durchflußm

esserH

FM

-200(Fa.

Hastings

Instruments)

Genauigkeit

±1%

Messung

derZirkulationsrate

CP

Coldplate

CryoV

acN

adelventilkontinuierliche

Befullung

EK

P1K

Pum

peA

lcatel2063

Saugverm.:

63m

3/hA

bpumpen

von3H

ein

derC

oldplate

IVC

IsolationV

acuumC

anE

igenbauV

ol.:40

lIsoliervakuum

zwischen

Dew

ar

undV

erdunnungskryosateinsatz

HV

PH

ochvakuumpum

peA

lcatel-Diffusionpum

peC

rystal100

Saugverm.:

63m

3/hA

bpumpen

desV

akuumtopfes

Drehschieberpum

pe2012A

Saugverm.:

12m

3/hV

orpumpe

BK

SB

adkryostatsystemK

adelE

ng.D

ewar

Vol.:

300l

superisolierend

VB

MV

orratsbehalterM

ischungA

luminium

-B

ierfasserG

esamtvol.:

500l

Vorratbehalter

fur3H

e−4H

e−G

as

RG

VR

einstgasversorgung4H

e-

u.Stickstoff-D

ruckflaschen50

l(a

200bar)

Schutzgasund

zurR

einigungvon

Dew

aroder

Pum

pleitungen3H

eA

luminium

-B

ierfass50

lu.a.

alsK

ontaktgasim

IVC

GSZ

Gaszahler

testo491

Flugelradanem

ometer

Messen

des4H

e-Gasdurchsatzes

GV

PG

robvakuumpum

peA

lcatel-Drehschieber-P

umpe

2012ASaugverm

.:12

m3/h

flexiblerE

insatz:E

vakuierenvon

Kuhlfallen,

u.a.

Page 17: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

2.5. BETRIEBSMESS- UND STEUERUNGSTECHNIK 15

40 Druckaufnehmern sowie diversen Vakuummeßgeraten. Abb. 2.5 zeigt das gesamte GHS, wie es

am Steuerpult der MKA3 angezeigt wird.

2.5 Betriebsmess- und Steuerungstechnik

Die Grundfunktionen der Betriebsmess- und Steuerungstechnik bestehen in der Uberwachung

der Betriebsparameter des Verdunnungskryostaten und des Gashandlingsystems. sowohl die Be-

triebsdaten als auch die Daten der Experimente werden uber verschiedene Systeme erfasst (siehe

Abb. 2.6).

Der Steuerrechner des GHS nimmt Daten außerhalb der Kabine uber ein SCXI-System der

Firma National Instruments auf. Dabei handelt es sich um eine Busarchitektur, mit der uber

verschiedene Einschubkarten Analog- und Digitaldaten erfaßt und Relais geschaltet werden konnen.

Die Steuerung erfolgt uber eine ISA-Karte im PC.

Betriebsdaten, die innerhalb der HF-Kabine anfallen, werden in der Kabine in Digitaldaten

umgewandelt. Dazu dient ein Bussystem des Typs Fieldpoint der Firma National Instruments

zur modularen verteilten Datenerfassung. Die Daten werden mittels einer RS 232-Schnittstelle

uber Optostrecken aus der Kabine gefuhrt und auf dem Steuerrechner des GHS gesammelt und

angezeigt. Der Steuerrechner stellt zudem die wichtigsten Betriebsdaten (3He− Zirkulation, Ver-

dampferdruck, Heliumstand im Dewar u.a.) per TCP/IP-Protokoll anderen Rechnern im Netz-

werk zur Verfugung. Weiterhin werden die wichtigsten Betriebsdaten an eine ORACLE-Datenbank

ubermittelt, auf die uber WAP und Web-Browser zugegriffen werden kann. Das Programm zur

Steuerung des GHS wurde in LabView9 erstellt. Neben der Anzeige aller Betriebsdaten und der

Steuerungsmoglichkeit der Pneumatikventile und Pumpen sind auch mehrere Sicherheitsroutinen

integriert:

• Bei Verstopfung der aktiven Stickstoffkuhlfalle (NKF) des 3He-Kreislaufes wird automatisch

auf eine zweite Kuhlfalle umgeschaltet.

• Bei Kuhlwasserausfall werden die entsprechenden Pumpen ausgeschaltet.

• Bei Uberdruck am Verdampfer werden die Pumpen ausgeschaltet und die Ventile vor den

Pumpen geschlossen.

• Bei Ausfall einer Vorpumpe wird die entsprechende Hauptpumpe ausgeschaltet und die Ven-

tile zum Rezipienten geschlossen.

• Bei Bruch der Kuhlwasserleitung wird das Kuhlwasserventil geschlossen.

Die Messdaten der Experimente fallen in der HF-geschirmten Kabine an, die zur Datenerfas-

sung eingesetzten Rechner mussen jedoch außerhalb der Kabine stehen. Deshalb werden die Daten

9LabView 5.01, von National Instruments, Austin, Texas, USA, http://www.ni.com

Page 18: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

16 KAPITEL 2. EXPERIMENTELLE VORAUSSETZUNGEN

Abbildung 2.5: Gashandlingsystem

Page 19: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

2.6. BETRIEBSTHERMOMETRIE 17

Abbildung 2.6: Schema der Datenerfassung an der MKA3

auf optischem Weg aus der Kabine ubertragen. Dies verhindert einerseits hochfrequente Einstrah-

lung uber Kabel, andererseits vermindert man somit wirkungsvoll Masseprobleme. Ein Teil der

Messgerate verfugt uber GPIB-Schnittstellen; diese werden per Bus verbunden und mit Hilfe eines

GPIB-Optowandlers auf Lichtwellenleiter gegeben. Außerhalb der Kabine werden die optischen

Signale wieder ruckgewandelt und von einem Rechner mit GPIB-Karte erfaßt.

Messgerate, die nicht uber GPIB-Anschluß verfugen, werden mittels serieller Schnittstelle aus-

gelesen oder ihre Messwerte uber einen Analogausgang auf einem Digitalvoltmeter zugefuhrt. Die

seriellen Verbindungen werden einzeln mittels Optoleitungen durch die Kabinenwand zu Mikrokon-

trollern geleitet, welche sowohl die Daten entgegennehmen als auch die Messgerate steuern konnen.

Die Mikrokontroller wiederum werden uber einen Rechner mit achtfacher serieller Schnittstelle aus-

gelesen.

Auf beiden Messrechner werden die Messdaten unter LabView zeitsynchron erfasst, uber einen

Zeitraum von einer Minute gemittelt und in Dateien geschrieben.

2.6 Betriebsthermometrie

Die Betriebsthermometrie von der Raumtemperatur bis hinunter in den Millikelvinbereich basiert

vorwiegend auf der Messung des temperaturabhangigen elektrischen Widerstandes eines Metalls

Page 20: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

18 KAPITEL 2. EXPERIMENTELLE VORAUSSETZUNGEN

oder Halbleiters. Die an der MKA3 verwendeten Widerstandsthermometer sind in Tab. 2.2 darge-

stellt.

Tabelle 2.2: Widerstandsthermometer an der MKA3 mit Nennwiderstand und Montageort im Kryo-

staten

Typ Hersteller Nennwiderstan [Ω] Montageort

Kohle Allen-Bradley 110 1 K-Topf

Kohle Allen-Bradley 10 Verdampfer

Kohle Speer 100 Zwischenplatte

Kohle Speer 100 kaltester Warmetauscher

Kohle Speer 100 Mischkammer

Kohle Matsushita, geschliffen 1000 Mischkammer

Germanium Lakeshore 4 Mischkammer

RuO2 Oxford 2000 Mischkammer

RuO2 1000 kaltester Warmetauscher

Pt 100 100 Mischkammer

Der elektrische Widerstand reiner Metalle nimmt mit sinkender Temperatur stetig ab. Platin

weist eine naherungsweise lineare R-T-Charakteristik auf, die unterhalb einer Temperatur von

50 K deutlich abflacht. Die verwendeten Standard-Pt-100-Widerstande weisen bei 0 0C einen

Widerstand von 100 Ω auf und sind bis zu Temperaturen unter 20 K einsetzbar.

Im Gegensatz zu Metallen steigt der elektrische Widerstand dotierter Halbleiter mit sinken-

der Temperatur. Ihre elektrische Leitfahigkeit beruht im Tieftemperaturbereich auf dem quan-

tenmechanischen Tunneln der Elektronen im Storstellenband ( variable range hopping ). Durch

geeignete Dotierung werden Halbleiterwiderstande bis weit hinunter in den Millikelvinbereich als

Sekundarthermometer eingesetzt. Der an der Mischkammer der MKA3 von der Firma Lake Shore10

kalibrierte Germaniumwiderstand wird in einem Temperatur 40 mK < T < 8 K eingesetzt.

Der negative Widerstands-Temperatur-Koeffizient des Kohlewiderstands ist keine Materialei-

genschaft, sondern eine Folge des Herstellungsprozesses. Die Widerstandscharakteristik wird

hauptsachlich durch den Kontaktwiderstand zwischen den Kohlepartikeln hervorgerufen. Das hat

allerdings auch zur Folge, dass sich die Kalibrierung durch thermische Spannungen beim Zykeln

zwischen Raumtemperatur und Tieftemperatur andern kann. Der durch Abschleifen eines kommer-

ziellen Matsushita-Widerstandes hergestellte Dickfilmwiderstand wird zur Messung und Regelung

der Temperatur der Mischkammer bis unterhalb 10 mK eingesetzt. Das ist nur durch den Betrieb

in der HF-Kabine und den Einsatz von selbstgebauten Widerstandsmeßbrucken mit geringer Er-

regung moglich.

10Lake Shore Cryotronics Inc., Westerville, Ohio, USA

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2.7. MAGNETSYSTEM 19

Kommerziell erhaltliche Dickfilmwiderstande bestehen aus den leitenden Verbindungen

RuO2, Bi2RuO2 und Bleisilikatglas, aufgebracht auf ein Al2O3-Keramiksubstrat oder Saphir-

substrat. Die Steigung ihrer negativen R-T-Kennlinie kann durch Veranderung des Metall/Glas-

Verhaltnisses angepasst werden. Die Vorteile der RuO2-Dickfilmsensoren bestehen in ihrer guten

Reproduzierbarkeit und ihrem kleinen Magnetowiderstand. Das kommerzielle RuO2-Thermometer

der Firma Oxford ist im Bereich von 19 mK und 9 K kalibriert.

Zur Kalibration der Thermometrie unterhalb einer Temperatur von 30 mK ist an der MKA3 ein

Wolfram-Fixpoint-Device eingebaut. Die Wolframprobe ist ein hochreiner (99,99%), zylindrischer

Einkristall11 mit einem Durchmesser von 6 mm und eine Lange von 25 mm, dessen supraleitender

Sprungpunkt bei 15,4 mK liegt. Der Wolfram-Einkristall wird durch einen speziellen Probenhalter

aus Kupfer thermisch kontaktiert [21]. Um eine ”Unterkuhlung“ des Supraleiters zu verhindern,

sind auf der Stirnflache des Kristalls Metallpunkte aus Alumium (Tc = 1, 18 K) aufgeschweißt.

Auf die Primarspule aus Nb/Ti-Multifilamentdraht in Cu/Ni-Matrix ist die Sekundarspule aus

50 µm dicken Kupferdraht gewickelt. Da die Sprungtemperatur von Wolfram extrem magnet-

feldabhangig ist, besitzt das Fixpunkt-Device eine zylinderformige, einseitig geschlossene Abschir-

mung aus Mumetall 12. Dieses Material bietet bei einer Temperatur von 4 K Permeabilitaten bis

70000 und Schirmfaktoren uber 1000. Allerdings laßt sich die Schirmwirkung bei großeren Feldern

schnell nach, da das Material zunehmend in die Sattigung gerat. Zur Abschirmung großerer Fel-

der befindet sich daher eine supraleitende Schirmung aus Niobfolie (Tc = 9, 3 K) innerhalb der

Mumetall-Abschirmung.

Die Messung der Gegeninduktivitat wurde mit einer Messbrucke vom Typ Linear Research LR

700 vorgenommen. Dabei handelt es sich um eine automatische Wechselstrom-

Widerstandsmessbrucke, die auch im Gegeninduktivitatsmodus betrieben werden kann. Das Signal

kann per Analogausgang auf eine PID-Regelung gegeben werden, die den Heizstrom des Misch-

kammerheizers regelt.

2.7 Magnetsystem

Ein zweistufiges Magnetsystem der Firma Oxford Instruments13 stellt die magnetische Induktion

fur die Kernspinkuhlung bereit und gestattet Experimente im Hochfeldbereich der zweiten Magnet-

stufe bei ultratiefen Temperaturen. Die wichtigsten Parameter des Magnetsystems sind in Tab. 2.3

aufgelistet.

Das Magnetsystem besteht aus 23 supraleitenden Spulen (Tabelle 2.4). Die maximale magne-

tische Induktion des oberen und unteren Spulensystems betragt jeweils 9 T. Der Innendurchmesser11Goodfellow GmbH, Bad Nauheim12Cryoperm, Vacuumschmelze GmbH, Hanau13Oxford Instrumemts, Scientific Research Division, Witney, England

Page 22: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

20 KAPITEL 2. EXPERIMENTELLE VORAUSSETZUNGEN

Tabelle 2.3: Parameter des zweistufigen Magnetsystems an der MKA3

Magnet oberer unterer

maximales Magnetfeld bei 4,2 K (T) 9,0 9,0

benotigter Strom fur das Maximalfeld (A) 91,3 89,1

Homogenitat des Feldes (ppm) < 1000 7,3

(in einem 10 mm Kugelvolumen)

Durchmesser der Bohrung (mm) 160 84

Abstand des Feldzentrums vom Montageflansch (mm) 575 1200

des oberen Magneten ist mit 160 mm extrem groß gewahlt, um mit einer großen und kompakten

Kernstufe eine hohe Kuhlleistung unter Vermeidung großer thermischer Gradienten zu realisieren.

Der untere Magnet besitzt bei einem Innendurchmesser von 84 mm eine hohere Feldhomogenitat(1× 10−5 in cm DSV

).

Oberhalb beider Spulensysteme existiert jeweils ein Experimentiervolumen, in dem die magne-

tische Induktion auf unter 2 mT kompensiert wird.

Voraussetzung fur eine effektive Auslegung der Kernstufe ist die Kenntnis des Feldes der magne-

tischen Induktion B (x) im Magneten. Die Berechnung des magnetischen Feldes einer Stromvertei-

lung j(x

′)

ergibt sich als Grundproblem der Magnetostatik aus der Losung der Poisson-Gleichung

fur das Vektorpotential A (x) zu

A (x) =µ0

∫ j(x′)

|x− x′ |

d3x′, (2.1)

worin µ0 = 4π × 10−7 VsAm die magnetische Permeabilitatskonstante bezeichnet. Fur die ϑ −

Komponente des Vektorpotentials einer Zylinderspule der Lange −L < l < L und Radius a1 <

a < a2 folgt dann

Aϑ =µ0

∫ L

−L

dl∫ a2

a1

a j (a) da∫ 2π

0

cosϑ dϑ√(z − l)2 + a2 + r2 − 2 a arccosϑ

, (2.2)

mit dem Linienelement dl = (−a sinϑ dϑ, a cosϑ dϑ, 0) und seinem Abstand√(z − l)2 + a2 + r2 − 2 a arccosϑ zum Aufpunkt, in dem das Feld zu bestimmen ist.

Die radialen und die axialen Komponenten der magnetischen Induktion ergeben sich aus Gl. 2.2

entsprechend

Br = −∂Aϑ

∂zund Bz =

1r

∂ (r Aϑ)∂r

. (2.3)

Werden alle Langen auf den inneren Spulenradius a1 bezogen, konnen die Komponenten der ma-

gnetischen Induktion fur eine konstante Stromdichte j (a) = j auf die folgende Form gebracht

Page 23: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

2.7. MAGNETSYSTEM 21

Tabelle 2.4: Spulensystem des zweistufigen Magnetsystems, a1−Innenradius, a2−Außenradius, j−Stromdichte, zo(u)− Abstand des oberen (unteren) Magnetzentrums von der Oberkante des Ma-

gnetsystems

a1 (cm) a2 (cm) j(A/cm2

)zo (cm) zu (cm)

Spulen des oberen Magneten ( Reihenschaltung )

8.020 8.708 8499 45.5 69.5

8.748 9.092 12337 45.5 69.5

9.156 10.068 15087 45.5 69.5

10.112 10.980 23300 45.5 69.5

11.051 12.819 31985 45.5 69.5

8.650 11.359 -46047 75.5 77.5

10.000 10.43 -45161 82.9 84.1

10.000 10.43 -45161 90.9 92.1

12.000 12.172 -45161 112.8 114

12.000 12.172 -45161 126.4 127

8.650 11.359 -46047 37.5 39.5

12.000 12.65 -43567 12 13

12.000 12.65 -43890 27 29.3

Spulen des unteren Magneten ( Reihenschaltung )

4.290 4.634 11843 108 132

4.6740 5.130 15020 108 132

5.170 5.418 22758 108 132

5.464 7.232 31861 108 132

7.272 7.896 31898 108 115.5

7.272 7.896 31861 124.5 132

7.000 7.430 -46895 95 97

7.000 7.129 -44006 84.3 85.4

7.000 7.129 -44006 89.6 90.7

7.000 7.430 -46895 143 145

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22 KAPITEL 2. EXPERIMENTELLE VORAUSSETZUNGEN

Abbildung 2.7: Axiale (oben) und radiale (Mitte) Komponenten der magnetischen Induktion sowie

der Betrag (unten) der magnetischen Induktion des oberen Magnetes als Funktion des Abstandes

von der Oberkante des Magnetsystems

Page 25: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

2.7. MAGNETSYSTEM 23

werden14:

Bz = −µ0 j a1

2 π

∫ π

0

ln[(γ − ρ cosϑ) +

√δ2 + γ2 + ρ2 − 2 ρ γ cosϑ

]dϑ

−∫ π

0

δ γ ρ2 sin2 ϑ dϑ

(γ2 + ρ2 − 2 ρ γ cosϑ)√δ2 + γ2 + ρ2 − 2 ρ γ cosϑ

−∫ π

0

δ

|ρ|ρ sinϑ arctan

[(γ − ρ− cosϑ) |δ|

ρ sinϑ√δ2 + γ2 + ρ2 − 2 ρ γ cosϑ

]dϑ] ∣∣∣∣δ2

δ1

∣∣∣∣α1

,

(2.4)

Br = −µ0 j a1

[ ∫ π

0

cosϑ√δ2 + γ2 + ρ2 − 2 ρ γ cosϑ dϑ

+∫ π

0

ρ cos2 ϑ ln[(γ − ρ cosϑ) +

√δ2 + γ2 + ρ2 − 2 ρ γ cosϑ

]dϑ] ∣∣∣∣δ2

δ1

∣∣∣∣α1

.

(2.5)

Die eingefuhrten dimensionslosen Großen sind definiert entsprechend

α = a2/a1, β = L/a1, γ = a/a1, δ = (z − l) /a1 und ρ = r/a1.

Die in Gl. 2.4 und Gl. 2.5 verbleibende Integration uber den Winkel ϑ wurde mit Mathematica15

numerisch ausgefuhrt.

In Abb. 2.7 sind die Komponenten Bz (z, r) und Br (z, r) sowie der Betrag B (z, r) der ma-

gnetischen Induktion fur das Spulensystem des oberen Magneten mit den in Tab. 2.4 angegebenen

Spulenparameter dargestellt. Da das Verhaltnis β = La1

der Hauptspulen des oberen Magneten zwi-

schen 1,1 und 1,5 liegt, ergeben sich signifikante Unterschiede zum Feld der magnetischen Induktion

gegenuber einer langen Zylinderspule mit β >> 1.

14Nasa Technical Report TR R-170, NASA, Washington D. C.,196315Stephen Wolfram, Mathematica 4.1

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24 KAPITEL 2. EXPERIMENTELLE VORAUSSETZUNGEN

Page 27: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

Kapitel 3

Konzeptionelle Grundlagen der

kernmagnetischen Kuhlung

3.1 Zeeman-Wechselwirkung

Eine bewegte Ladung besitzt ein magnetisches Bahndipolmoment µL , das proportional zu seinem

Bahndrehimpuls L ist:

µL =q

2mL . (3.1)

q2m wird als gyromagnetisches Verhaltnis bezeichnet, das sich aus der Ladung q und der Masse m

des Teilchens ergibt. Im Fall von Protonen ist die Ladung q = e und daher µL = e2mp

L .

Neben dem mit ihrer Bewegung im Kern verknupften Bahndrehimpuls besitzen Protonen einen

Spin S, der zu einem zusatzlichen magnetischen Spindipolmoment fuhrt:

µs = gse

2mpS , (3.2)

wobei gs den Spin-g-Faktor bezeichnet. Das resultierende magnetische Dipolmoment eines Atom-

kerns, das sich durch Kombination der magnetischen Momente aller Nukleonen ergibt, ist mit dem

Kerndrehimpuls I, der aus historischen Grunden als Kernspin bezeichnet wird, verknupft. Die

entsprechende Beziehung, die eine Erweiterung von Gl. 3.2 darstellt, ist

µ = gIe

2mpI . (3.3)

Die Komponente des resultierenden magnetischen Dipolmomentes eines Kerns parallel zu einer

bestimmten Richtung kann man durch µz = gIe

2mpIz ausdrucken oder, da die z -Komponente des

Spins nur die Werte Iz = mI~ mit mI = −I,−I + 1,−I + 2, . . . , I annehmen kann, ergibt sich

µz =~e

2mpgImI = µNgImI . (3.4)

µN = ~e2mp

= 5, 051× 10−27J/T wird als Kernmagneton bezeichnet.

In einem außeren Magnetfeld B ist die potentielle Energie eines magnetischen Kernmomentes

gegeben durch ε = −µ ·B , oder, wenn wir die z -Achse in Richtung von B = (0, 0,B) wahlen,

ε = −mIgIµNB . (3.5)

25

Page 28: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

26KAPITEL 3. KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN DER KERNMAGNETISCHEN KUHLUNG

Der Energiezustand eines magnetischen Kernmomentes wird in einem außeren Magnetfeld in 2I+1

Niveaus aufgespalten (Zeeman-Aufspaltung).

Die Zustandssumme fur ein System von N lokalisierten, nicht wechselwirkenden magnetischen

Momenten ist mit Gl.3.5 gegeben durch

Z =

[I∑

mI=−I

exp(mIgIµNB

kTN

)]N

. (3.6)

Uber die Zustandssumme lassen sich die Zustandsgleichungen fur das paramagnetische Verhalten

des Kernspinsystems berechnen. TN bezeichnet die Temperatur des Systems der Kernmomente.

3.2 Zustandsgleichungen des Kernspinsystems

Aus Gl.3.6 folgt mit β = 1kTN

lnZ = N lnI∑

mI=−I

exp (βmIgIµNB)

= N

[ln sinh

(x

(1 +

12I

))− ln sinh

( x2I

)], (3.7)

wobei

x =IgIµNB

kTN. (3.8)

Fur das mittlere magnetische Moment µ = (0, 0, µ) (pro Kern) ergibt sich dann

µ =kT

N

∂ lnZ∂B

=1N

∑ImI=−I mI gI µN exp (β mI gI µN B)∑I

mI=−I exp (β mI gI µNB)

= I gI µNBI (x) , (3.9)

mit der Brillouin-Funktion

BI (x) =(

1 +12I

)coth

(x(

1 +12I

))− 1

2Icoth

( x2I

). (3.10)

Die thermische Zustandgleichung fur das paramagnetische Verhalten eines Kernspinsystems

erhalt man aus Gl. 3.9 fur die Magnetisierung M = (0, 0,M)

M =N

Vµ =

N

VIgIµNBI

(IgIµNB

kTN

), (3.11)

wobei V das Volumen des Kernspinsystems bezeichnet.

In der Hochtemperaturnaherung,

x =IgIµNB

kTN 1 (3.12)

Page 29: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

3.2. ZUSTANDSGLEICHUNGEN DES KERNSPINSYSTEMS 27

ergibt sich mit BI (x 1) = I+13I x fur die Magnetisierung

M (x 1) =Ng2

Iµ2NI (I + 1)3kV

B

TN. (3.13)

Die differentielle Suszeptibilitat des Kernspinsystems folgt dann entsprechend zu

χN = µ0∂M (x 1)

∂B=Nµ0g

2Iµ

2NI (I + 1)

3kV1TN

=ΛN

TN, (3.14)

mit der magnetischen Feldkonstante µ0 = 1, 2566× 10−6N/A2 .

Die Temperaturabhangigkeit der Suszeptibilitat des Kernspinsystems χN ∝ 1TN

entsprechend Gl.

3.14 fur kleine Polarisation wird als Curie-Gesetz bezeichnet und eignet sich fur die Thermometrie

(Kapitel 6).

Die molare Curie-Konstante

λN =NAV

NΛN =

µ0g2Iµ

2NI (I + 1)R3k2

, (3.15)

wobei R = NAk die Gaskonstante bezeichnet, ist in Tabelle 1 fur verschiedene Isotope angegeben.

Fur die innere Energie ergibt sich

Tabelle 3.1 a: Eigenschaften von einigen Metallen, die fur die kernmagnetische Kuhlung wichtig

sind [8, 9]

Isotope I naturliche Haufigkeit gI Q λN/Vm ρ Vm

[%] [barn] [µK][g/cm3

] [cm3/mol

]63Cu 3/2 69,1 1,4804 -0,211 0,5634 8,93 7,1165Cu 3/2 30,9 1,5861 -0,195 0,5634 8,93 7,1127Al 5/2 100,00 1,45536 0,15 0,866 2,70 9,97

107Ag 1/2 51,839 -0,2260 — 0,002 10,50 10,30109Ag 1/2 48,161 -0,2599 — 0,002 10,50 10,30195Pt 1/2 33,8 1,1930 — 0,0184 21,47 9,1093Nb 9/2 100,00 1,3652 -0,22 1,972 8,58 10,90197Au 3/2 100,00 0,0953 0,58 0,00156 19,28 10,20

UN = −∂ lnZ∂β

= N

∑ImI=−I −mIgIµNB exp (βmIgIµNB)∑I

mI=−I exp (βmIgIµNB), (3.16)

und damit folgt die kalorische Zustandsgleichung des Kernspinsystems zu

UN = −NIgIµNBBI (x) . (3.17)

Die Warmekapazitat

CN =(∂UN

∂T

)B

= Nk

[( x2I

)2

csch2( x

2I

)−(

x(

1 +12I

))2

csch2

(x(

1 +12I

))], (3.18)

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28KAPITEL 3. KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN DER KERNMAGNETISCHEN KUHLUNG

Tabelle 3.1 b: Eigenschaften von einigen Metallen, die fur die kernmagnetische Kuhlung wichtig

sind [8, 9]

Isotope Struktur Tc Bc ΘD TF τ2 κ Td TRKKY

[K] [mT] [K][104K

][ms] [Ks] [µK] [µK]

63Cu fcc - - 315 8,16 0,15 1,27 0,659 0,3365Cu fcc - - 315 8,16 0,15 1,09 0,758 0,3327Al fcc 1,2 9,9 428 13,5 0,03 1,8 1,250 0,70

107Ag fcc - - 215 6,38 10,0 12,9 0,0012 0,007109Ag fcc - - 215 6,38 10,0 12,9 0,0015 0,007195Pt fcc - - 230 10,3 1,0 0,030 0,0125 0,9593Nb bcc 9,3 198 277 6,18 0,02 0,4 2,390 4,95197Au fcc - - 170 6,42 2,0 4,6 0,0019 0,10

ist in Abb. 3.1 fur einige Metalle in einem magnetischen Feld von B = 9 T als Funktion der

Temperatur dargestellt.

In der Hochtemperaturnaherung gilt

CN (x 1) =NI (I + 1) g2

Iµ2N

3k

(B

TN

)2

=ΛNV

µ0

(B

TN

)2

. (3.19)

Ein Vergleich der molaren Warmekapazitaten unterschiedlicher Kernspinsysteme in Abb.1 zeigt,

dass sich das Maximum der Funktion CN (TN, B = const.) mit großerem kernmagnetischen Moment

gIIµN zu hoheren Temperaturen verschiebt, wahrend der Maximalwert selbst mit dem Spin I

ansteigt (der im Vergleich geringe Maximalwert der molaren Warmekapazitat von Platin ist auf

die naturliche Haufigkeit des Isotops 195Pt von 33, 8% zuruckzufuhren). Da das Kernmoment von

Silber sehr klein ist, erreicht die Warmekapazitat erst bei sehr tiefen Temperaturen hohere Werte.

Damit eignet sich Silber besonders fur den Einsatz in elektrischen Komponenten (Spulenmaterial)

oder thermischen Verbindungen, deren Warmekapazitat bei ultratiefen Temperaturen minimal sein

soll.

3.3 Entropie und adiabatische Kernentmagnetisierung

Im folgenden betrachten wir homogene und langsame (quasistatische) Prozesse. Der erste und

zweite Hauptsatz der Thermodynamik lauten dann

dUdt

= Q + W unddSdt

=QT, (3.20)

worin U die innere Energie und S die Entropie bezeichnen. Die Arbeitsleistung W ist fur ein

Kernspinsystem im Magnetfeld gegeben durch

W = −VMdB

dt. (3.21)

Page 31: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

3.3. ENTROPIE UND ADIABATISCHE KERNENTMAGNETISIERUNG 29

1E-4 1E-3 0,01 0,10,1

1

10

Ag

Pt

CuAu Nb

Al

CN

(JK

-1)

T (K)

Abbildung 3.1: Theoretischer Verlauf der Warmekapazitat der Kernspins fur ein Mol verschiedener

Metalle (Gl. 3.18) in einem Magnetfeld von 9 T.

Fur quasistatische oder reversible Prozesse enthalt der erste Hauptsatz Gl. 3.201 keine kinetische

Energie und der zweite Hauptsatz Gl. 3.202 ist eine Gleichung fur die zeitliche Anderung der

Entropie (die fur beliebige Prozesse gegeben ist durch dS/dt > Q/T ).

Eliminierung der Warmeleistung Q in Gl. 3.201 und Gl. 3.202 fuhrt auf die Gibbssche Gleichung

TdS = dU + VMdB . (3.22)

Die kalorische Zustandsgleichung Gl. 3.17 und die thermische Zustandsgleichung Gl. 3.11 sind nicht

unabhangig voneinander und uber die Entropie verknupft. Die Entropie eines Kernspinsystems ist

dann mit Gl. 3.7 und Gl. 3.17 gegeben durch

SN =UN

TN+ k lnZ

= Nk

[ln sinh

(x

(1 +

12I

))− ln sinh

( x2I

)− xBI (x)

]. (3.23)

In der Hochtemperaturnaherung erhalt man mit ln sinh a = ln a+ a2/6 + . . .

SN (x 1) = Nk

[ln (2I + 1)− x2

6I(I + 1)

]= Nk ln (2I + 1)− ΛNV

2µ0

(B

TN

)2

. (3.24)

Das Prinzip der Kuhlung durch adiabatische Kernentmagnetisierung lasst sich anhand eines Entro-

piediagrammes darstellen. In Abb. 3.2 ist die Entropie des Kernspinsystems von Kupfer fur 8,5 T

Page 32: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

30KAPITEL 3. KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN DER KERNMAGNETISCHEN KUHLUNG

Abbildung 3.2: Entropieverlauf der Kernspins fur ein Mol Kupfer in Magnetfeldern von 8, 5 T und

85 mT . Die gestrichelten Kurven gelten fur die Hochtemperaturnaherung entsprechend Gl. 3.24.

und 85 mT entsprechend Gl. 3.23 und in der Hochtemperaturnaherung Gl. 3.24 dargestellt. Der

Prozess der adiabatischen Kernentmagnetisierung kann durch folgende Prozessschritte realisiert

werden:

Aufmagnetisierung

Das Kernspinsystem wird durch einen 3He−4 He-Entmischungskryostaten auf eine Temperatur von

T1 = 8mK vorgekuhlt. Dann wird das Magnetfeld auf den Startwert B1 = 8, 5 T erhoht. Die da-

bei frei werdende Magnetisierungswarme Q01 wird durch den 3He−4 He-Entmischungskryostaten

abgefuhrt. Sie betragt fur einen reversiblen isothermen Prozess mit Gl. 3.202

Q01 = TN1

∫ 1

0

dS = TN1 [S (TN1, B1)− S (TN1, 0)] . (3.25)

In der Hochtemperaturnaherung folgt mit Gl. 3.24

Q01 = −ΛNV

2µ0

B21

TN1. (3.26)

Da die Kuhlleistung des Entmischungskryostaten bei der Starttemperatur TN1 sehr gering ist

und der Prozess der Aufmagnetisierung (0 → 1) daher sehr lange dauern wurde, erhoht man das

Magnetfeld schon bei hoheren Temperaturen auf B1 = 8, 5 T und kuhlt dann bei konstantem

Feld bis auf die Startbedingungen (TN1, B1) vor. Die abzufuhrende Warme ist fur diesen Prozess(0′ → 1

)gegeben durch

Q0′1 =∫ TN1

∞TNdS = −ΛNV

µ0

B21

TN1. (3.27)

Ein Vergleich von Gl. 3.26 und Gl. 3.27 zeigt, dass | Q0′1 |= 2 | Q01 | .

Page 33: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

3.4. KERNSPIN-ELEKTRONEN-KOPPLUNG 31

Adiabatische Entmagnetisierung

In diesem Prozessschritt wird das Kernspinsystem durch einen supraleitenden Warmeschalter

(Kapitel 4) thermisch vom Entmischungskryostaten entkoppelt. Anschließend wird das Magnetfeld

auf einen Wert B2 (in Abb. 3.2 ist B2 = 85 mT ) reduziert. Fur einen adiabatischen und reversiblen

Prozess folgt dann aus Gl. 3.202

S (B1, TN1) = S (B2, TN2) (3.28)

und damit gilt entsprechend Gl. 3.23 :

B1

TN1=

B2

TN2. (3.29)

Fur den in Abb. 3.2 betrachteten Prozess der Kernentmagnetisierung von Kupfer ergibt sich eine

Endtemperatur von TN2 = 80µK .

Erwarmung

Nach der Entmagnetisierung warmt sich das Kernspinsystem infolge Warmezufuhr langs der Entro-

piekurve S (B2, T ) wieder auf. Die Warmemenge, die zu Kuhlzwecken genutzt werden kann, be-

stimmt sich zu

Q (B2) =∫ ∞

TN2

TNdS =∫ ∞

TN2

CN (B2, TN) dT . (3.30)

Da die Kernspins lokalisiert sind, ist eine gute Kopplung an die Warme transportierenden Lei-

tungselektronen erforderlich. In Metallen gewahrleistet die Hyperfeinkopplung eine Einstellung des

thermischen Gleichgewichts zwischen dem ”entmagnetisierten“ Kernspinsystem und den Leitungs-

elektronen.

3.4 Kernspin-Elektronen-Kopplung

Die Anderung der Magnetisierung M des Kernspinsystems im Warmebad der Leitungselektronen

des Metallgitters wird durch eine Ratengleichung beschrieben

dM

dt= − 1

τ1(M −ME) , (3.31)

worin ME die Gleichgewichtsmagnetisierung und τ1 die Kernspin-Gitter-Relaxationszeit bezeich-

nen. Aus dem Curie-Gesetz Gl. 3.14 folgt damit in der Hochtemperaturnaherung

ddt

(1TN

)= − 1

τ1

(1TN

− 1Te

). (3.32)

Die Einstellung des thermischen Gleichgewichtes innerhalb des Kernspinsystems erfolgt mit einer

Spin-Spin-Relaxationszeit τ2 τ1. Damit kann fur die schwach wechselwirkenden Systeme von

Kernspins und Leitungselektronen eine Kernspintemperatur TN und eine elektronische Tempera-

tur Te eingefuhrt werden, die im Gleichgewicht bei der Magnetisierung ME den gleichen Wert

annehmen. Durch die geringe spezifische Warme der Phononen CPh ∝ T 3 erfolgt eine schnelle

Page 34: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

32KAPITEL 3. KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN DER KERNMAGNETISCHEN KUHLUNG

Thermalisierung des Gitters mit dem System der Leitungselektronen.

Da an der magnetischen Wechselwirkung der Kernspins mit den Leitungselektronen nur diejeni-

gen Elektronen teilnehmen, die in einem Energiebereich kT um die Fermienergie liegen, ist die Re-

laxationsrate proportional der elektronischen Temperatur Te. Fur die Kernspin-Gitter-Relaxation

gilt daher

τ1Te = κ , (3.33)

worin die Korringa-Konstante κ eine fur ein Metall charakteristische Große ist (Tabelle 1b). Fur

Kupfer gilt κ ≈ 1 Ks, womit die Kernspin-Gitter-Relaxationszeit τ1 (1 K) ≈ 1 s und bei einer

Temperatur von 10 µK schon 105 s betragt. Relaxationszeiten dieser Großenordnung sind fur

die Kernentmagnetisierungskuhlung jedoch nicht relevant, da die elektronische Temperatur Te in

Gl. 3.32 nicht konstant ist.

Fur einen homogenen Prozess im Magnetfeld B = (0, 0,B) lautet die Bilanz fur die innere

Energie eines Systems von Kernspins und die Leitungelektronen entsprechend Gl. 3.20 und Gl. 3.21

CNTN + CeTe +

[(∂UN

∂B

)TN

+(∂Ue

∂B

)Te

]B = Q− V (MN +Me) B . (3.34)

Mit Ue = Ue (T )− VMeB und UN = −VMNB folgt damit

CNTN + CeTe = Q+ V

[(∂MN

∂B

)TN

+(∂Me

∂B

)Te

]BB . (3.35)

Die Bilanz der inneren Energie der Kernspins ist mit Gl. 3.32 und Gl. 3.33 gegeben zu

CNTN = V

(∂MN

∂B

)TN

BB +CNTN

κ(Te − TN) .

oder mit der thermischen und kalorischen Zustandsgleichung des Kernspinsystems Gl. 3.11 und

Gl. 3.17

TN =TN

BB +

TN

κ(Te − TN) . (3.36)

Fur einen adiabatischen Prozess(Q = 0

)folgt mit B = 0 aus Gl. 3.35 und Gl. 3.36 eine Gleichung

fur die Anderung der elektronischen Temperatur

Te = −CNTN

Ceκ(Te − TN) . (3.37)

Die Anderung der Differenz von Kernspintemperatur und elektronischer Temperatur ist dann ge-

geben durch

TN − Te = −TN

κ

(1 +

CN

Ce

)(TN − Te) , (3.38)

Page 35: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

3.5. DER EINFLUSS VON WARMELECKS 33

d.h, die Elektronen kommen beim Kernentmagnetisierungsprozess mit den kalten Kernen mit der

effektiven Relaxationszeit

τ eff1 =

τ1Ce

Ce + CN≈ τ1

Ce

CN(3.39)

ins thermische Gleichgewicht. Die effektive Zeitkonstante τ eff1 ist somit wesentlich kleiner als die

Spin-Gitter-Relaxationszeit, da Ce CN .

3.5 Der Einfluss von Warmelecks

Die Beschreibung der Kernentmagnetisierungskuhlung als adiabatischen Prozess stellt eine Nahe-

rung dar, die nur solange gerechtfertigt ist, als Warmelecks gegenuber der Kuhlleistung des Kern-

spinsystems vernachlassigt werden konnen. Nach Entmagnetisierung auf das konstante Feld

B2 = (0, 0,B2) gilt fur den Prozess der Erwarmung entsprechend Gl. 3.35

Q = CNTN + CeTe . (3.40)

Unter der Annahme, dass die Warmeleistung der Elektronen vernachlassigt werden kann, ergibt

sich in der Hochtemperaturnaherung mit Gl. 3.19 die Aufwarmrate fur das Kernspinsystem zu

ddt

(1TN

)= − µ0Q

ΛNV B22

. (3.41)

Ein konstantes Warmeleck Q lasst sich damit aus der Aufwarmzeit t bestimmen, da das Produkt

TNt konstant ist. Aus Gl. 3.41 und Gl. 3.36 erhalt man fur die elektronische Temperatur

Te

TN= 1 +

µ0κQ

ΛNV B22

. (3.42)

Eine optimale Kuhlung der Leitungselektronen und damit des Metallgitters wird erreicht, wenn die

Große µ0κQ/ΛNV B22 minimal ist. Das bedeutet, dass beste Materialien fur die Kernentmagneti-

sierungskuhlung eine große Curie-Konstante und eine kleine Korringa-Konstante aufweisen sollten.

Wird die Endtemperatur des Kernspinsystems TN,2 durch Gl. 3.29 bestimmt, folgt aus Gl. 3.42

fur die elektronische Temperatur Te,2

Te,2 =

(B2 +

µ0κQ

ΛNV B2

)TN,1

B1. (3.43)

Die minimale elektronische Endtemperatur (dTe,2/dB2 = 0) wird dann erreicht, wenn auf das op-

timale Magnetfeld dTe,2/dB2 = 0

B2,opt =

√µ0κQ

ΛNV(3.44)

entmagnetisiert wird. Es gilt dann Te,2 = 2 TN,2 . Fur 10 mol Kupfer ergibt sich mit einem Warme-

leck von 1 nW ein optimales Endfeld von B2,opt = 6, 3 mT .

Page 36: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

34KAPITEL 3. KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN DER KERNMAGNETISCHEN KUHLUNG

3.6 Wahl der Kuhlsubstanz

Um Auswahlkriterien fur eine effektive Kuhlsubstanz zu erhalten, muss das einfache paramagneti-

sche Modell der kernmagnetischen Kuhlung erweitert werden. Diese Erweiterung hat die Wechsel-

wirkung der magnetischen Dipole des Kernspinsystems zu berucksichtigen. Die Wechselwirkungs-

energie fur ein System von N lokalisierten magnetischen Dipole ist gegeben durch

Ed =µ0

N∑i=1

N∑j=1

[µiµj

r3ij

−3 (µi · rij)

(µj · rij

)r5

ij

], (3.45)

worin rij den Verbindungsvektor zwischen den Momenten µi und µj darstellt. Liegt die Energie

der Dipol-Dipol-Wechselwirkung Ed ∝ µ2/r3 in der Großenordnung der thermischen Energie,

treten kollektive magnetische Ordnungsphanomene auf. Die Ordnungstemperatur Td eines Systems

aufgrund der direkten Dipol-Dipol-Wechselwirkung, lasst sich dann abschatzen zu

Td =µ0

4πkZµ2

r3. (3.46)

Dabei werden die Anzahl Z der nachsten Nachbarn eines Spins und deren Abstand r beruck-

sichtigt. Die nach Gl. 3.46 abgeschatzten Ordnungstemperaturen sind fur die in dieser Arbeit

untersuchten Kernspinsysteme in Tabelle 1b dargestellt. Durch Berucksichtigung der Beitrage wei-

terer Nachbarschalen zur Dipol-Dipol-Wechselwirkung sollte die Genauigkeit fur die Abschatzung

der Ordnungstemperatur Td verbessert werden. Ordnungsphanomene von Kernspinsystemen auf-

grund der Dipol-Dipol-Wechselwirkung wurden schon von Abragam und Goldman [10] untersucht.

Es wurde fur die 19F-Kernmomente in CaF2 eine Ordnungstemperatur von 0, 34µK gemessen.

Eine Abschatzung der Ordnungstemperatur nach Gl. 3.46 ergibt Td = 0, 38µK. Fur CaF2 stimmt

damit die Abschatzung bei Berucksichtigung der ersten Nachbarschale sehr gut mit der gemesse-

nen Kernspinordnungstemperatur uberein, wahrend die berechneten Ordnungstemperaturen bei

Berucksichtigung weiterer Nachbarschalen deutlich zu hoch liegen.

Neben der direkten Dipol-Dipol-Wechselwirkung ist in Metallen die indirekte Austauschwech-

selwirkung von Bedeutung. Bei der Fermi-Kontakt-Wechselwirkung wird die Kopplung zwischen

den Kernmomenten durch die delokalisierten s-Leitungselektronen, die am Kernort in Metallen

mit kleiner Korringakonstante wie Platin eine große Aufenthaltswahrscheinlichkeit besitzen, ver-

mittelt. Die indirekten Austauschwechselwirkungen werden durch den Ruderman-Kittel-Kasuya-

Yosida-Hamiltonoperator beschrieben:

HRKKY = −∑i,j

JRKKYij IiIj . (3.47)

In Gl. 3.47 ist JRKKYij die Kopplungskonstante zweier lokalisierten Kernmomente mit Spin Ii und

Ij . Fur diese Konstante gilt [11, 12]

JRKKYij =

A2g2I µ

2N

π2meff · k4

F f (2kF rij) , (3.48)

wobei A die Amplitude der Hyperfeinkopplung, kF der Fermiwellenvektor und meff die effektive

Masse der Leitungselektronen bezeichnen. Der oszillatorische Charakter der Funktion

Page 37: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

3.6. WAHL DER KUHLSUBSTANZ 35

f (x) =(sinx− x cosx/x4

)ermoglicht sowohl ferromagnetische Ordnung

(JRKKY

ij > 0)

als auch

antiferromagnetische Ordnung(JRKKY

ij < 0). Eine Abschatzung der Ordnungstemperatur TRKKY,

bei der die Austauschbeitrage J der Z nachsten Nachbarn mit Spin I berucksichtigt werden, ist

gegeben durch [13]

TRKKY =2 · Z · J · I (I + 1)

3k. (3.49)

Die indirekte Austauschkonstante J ist um so großer je besser das Kernspinsystem an die Lei-

tungselektronen gekoppelt ist, d.h je kleiner die Korringakonstante κ ist. Da die Amplitude der

Hyperfeinkopplung A proportional zur Knight-Verschiebung K ist und K ∝ 1/√κ ergibt sich aus

Gl. 3.48 fur die indirekte Austauschkonstante

J ∝ 1κ. (3.50)

Dieser Zusammenhang wurde fur einige Metalle experimetell bestatigt [14] und gestattet da-

mit eine Abschatzung der Austauschkonstanten und der Ordnungstemperatur TRKKY. Die mit

J ·κ/k ≈ 0, 015µK [15] nach Gl. 3.49 abgeschatzten Ordnungstemperaturen fur die indirekte Aus-

tauschwechselwirkung sind in Tabelle 3.1 b dargestellt.

Vergleicht man die Werte von TRKKY mit den Td′s , die man aus der direkten Dipol-Dipol-

Wechselwirkung erhalt, so wird deutlich, dass die Kernspinsysteme von Platin, Gold und Silber

durch die indirekte Austauschwechselwirkung dominiert werden. Im Fall der anderen Metalle ist

die Dipol-Dipol-Wechselwirkung und die indirekte Austauschwechselwirkung von gleicher Großen-

ordnung. Kupfer ordnet unterhalb 60 nK in mehrere antiferromagnetische Phasen [16], wahrend

in Silber die indirekte Austauschwechselwirkung dominiert und eine antiferromagnetische Ord-

nung erst bei Temperaturen T < 1 nK auftritt [17]. Die abgeschatzten Ordnungstemperaturen

Td und TRKKY stellen damit eher eine obere Grenze fur die Kernordnungstemperaturen der Me-

talle dar. Der Effekt der Wechselwirkung der Kernspins bei der Beschreibung der Kernentma-

gnetisierungskuhlung kann durch ein effektives Feld b berucksichtigt werden, das vektoriell zum

außeren Feld B hinzu addiert wird. Im einfachen paramagnetischen Modell der Kernentmagneti-

sierungskuhlung ist dann B durch√B2 + b2 zu ersetzen. Eine untere Grenze der Kernentmagne-

tisierungskuhlung ergibt sich dann aus Gl. 3.29 zu T2 = T1 (b/B1). Fur Kupfer ist b = 0, 34 mT

[18].

Auf der Grundlage des einfachen paramagnetischen Modells der Kernentmagnetisierung und

der Abschatzung der Ordnungstemperaturen lassen sich Auswahlkriterien fur eine effektive Kuhl-

substanz gewinnen. Die wesentlichen Anforderungen an ein Kernstufenmaterial sind [12, 18]:

i) Das Material sollte ein Metall mit kleiner Korringakonstante κ sein, um eine Einstellung des

thermischen Gleichgewichts zwischen dem Kernspinsystem und den Leitungselektronen zu

gewahrleisten.

ii) Eine optimale Kuhlung der Leitungselektronen durch das Kernspinsystem ist nach Gl. 3.43

fur ein Material mit großer Curie-Konstante und kleiner Korringakonstante gegeben.

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36KAPITEL 3. KONZEPTIONELLE GRUNDLAGEN DER KERNMAGNETISCHEN KUHLUNG

iii) Um Temperaturgradienten in der Kernstufe zu minimieren, sollte das Material eine hohe

Warmeleitfahigkeit besitzen.

iv) Das Material sollte weder elektronische noch magnetische Ordnungsubergange aufweisen, die

zu einer Ausrichtung der Kernmomente fuhren.

v) Das die Wechselwirkung der magnetischen Dipole charakterisierende innere effektive Feld b

und die magnetische Kernordnungstemperatur sollten klein sein, da diese Großen die minimal

erreichbare Temperatur begrenzen.

vi) Um eine Ausrichtung der Kernmomente durch Quadrupol-Wechselwirkung zu verhindern,

sollte die Gitterstruktur kubische Symmetrie aufweisen ( keine elektrische Feldgradienten )

oder der Kernspin I = 1/2 sein (keine Kern-Quadrupolmoment).

vii) Das Material sollte keinen supraleitenden Ubergang im Bereich der fur die Kernentmagneti-

sierung relevanten Magnetfelder und Temperaturen aufweisen.

Die unter i) bis vii) aufgefuhrten Anforderungen sind so restriktiv, dass es kein ideales Kernstufen-

material gibt. Fur eine optimale Kuhlung der Leitungselektronen sollten die Kerne entsprechend

ii) sowohl einen großen Spin I als auch einen großen g−Faktor gI besitzen.

Es eignen sich jedoch von den Metallen mit I > 1/2 nur solche als Kernstufenmaterial, deren

Gitterstruktur kubisch ist oder die ein vernachlassigbares Quadrupolmoment besitzen. Um ande-

rerseits eine kurze Kernspin-Gitter-Relaxationszeit zu gewahrleisten, sollte das Metall eine kleine

Korringa-Konstante κ aufweisen. Diese Metalle sind durch eine hohe elektronische Zustandsdichte

an der Fermikante gekennzeichnet und neigen damit eher zu elektronischem Magnetismus und Su-

praleitung.

Als ein guter Kompromiss fur die Verwendung als Kernstufenmaterial hat sich Kupfer erwiesen,

welches ein verhaltnismaßig hohes Kernmoment besitzt und bis zu niedrigsten Feldern entmagne-

tisiert werden kann.

Page 39: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

Kapitel 4

Kernkuhlstufen und

Warmeschalter

Kernstufen und Warmeschalter gehoren zu den wesentlichsten Komponenten einer Mikrokelvinan-

lage. Die Kriterien fur die Konstruktion, Ausfuhrung und Materialauswahl beider Komponenten

werden durch die spezifischen Anforderungen an die Experimentierbedingungen, die im Kapitel 2

dargestellten experimentellen Voraussetzungen der kernmagnetischen Kuhlung und die Folgerun-

gen aus deren konzeptionellen Grundlagen (Kapitel 3) bestimmt.

Das Ziel der Experimente an der Mikrokelvinanlage besteht in der Untersuchung des Verhal-

tens der kondensierten Materie bei ultratiefen Temperaturen in hohen Magnetfelder. In diesem

Zustandsbereich (T < 100 µK, B ≤ 9 T) extremer Polarisation B/T ≥ 100 000 T/K sind neue

makroskopische Quanteneffekte zu erwarten. Die Realisierung dieser Experimentierbedingungen

wird durch die spezielle Ausfuhrung der Kernkuhlstufen erreicht.

4.1 Kernkuhlstufen

Seit den 70er Jahren hat sich die adiabate Entmagnetisierung der Kernmomente zu einer eingefuhr-

ten Kuhlmethode entwickelt. Hauptsachlich verwendet man 3He− 4He−Verdunnungskryostate, um

eine Kernkuhlstufe vorzukuhlen, welche zumeist aus Kupfer besteht [18, 44, 23, 12, 24]. Obwohl

mehrere Materialien getestet wurden, hat sich Kupfer als das beste Material fur den Bau einer

Kernkuhlstufe erwiesen. Neben den in Kapitel 3.6 diskutierten Auswahlkriterien fur eine effektive

Kuhlsubstanz sind es vor allem auch die mechanische Stabilitat und gute Bearbeitbarkeit die Kup-

fer auszeichnen. Es gibt zwar Metalle (wie z.B Aluminium), mit denen man eine grossere Kuhlkraft

erreichen kann, oder Metalle (wie z.B. Platin), mit denen man bei geeigneten Startbedingungen

tiefere Temperaturen erreichen kann, jedoch bietet Kupfer den besten Kompromiss uber alle Aus-

wahlkriterien eines Kernstufenmaterials.

37

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38 KAPITEL 4. KERNKUHLSTUFEN UND WARMESCHALTER

Die Ausfuhrung der Kupferkernstufen wird wesenlich durch die beabsichtigten Experimente be-

stimmt. Geschlitzte Kupferstufen [25, 26, 27] wurden zur Untersuchung der Tieftemperatureigen-

schaften von Metallen und des Kernmagnetismus verwendet. Der sogenannte Lancaster-Typ [28,

29], der hauptsachlich fur die Untersuchung von Quantenflussigkeiten(3He, 3He− 4He−Mischungen

)verwendet wird, besteht aus Kupferplatten und Silbersinter.

Ein anderes Design wurde von der Tieftemperaturgruppe in Florida verwendet [30, 31]. Dabei wer-

den Kupferplatten im kompensierten Feldbereich an Flansche mittels Elektronenstrahl verschweißt,

wodurch der Fullfaktor erhoht und eine hohe mechanische Stabilitat und Warmeleitfahigkeit der

Stufe erreicht wird.

Diffusionsschweißen wurde bei der Herstellung der Kernstufen fur die Kryostate in Grenoble [32],

Kosice [33] und Moskau [34] angewendet. Ein Kryostat fur optische Beobachtungen an 3He bei

Temperaturen unter 1 mK und in starken Magnetfeldern wurde in Leiden entwickelt [35]. Hier

befinden sich die zylindrische Kupferkernstufe und der Magnet im Inneren eines zylinderformigen

Warmetauschers des Verdunnungskryostaten.

Fur die in der vorliegenden Arbeit konzipierten Kernkuhlstufen wurde ein neues Konzept ent-

wickelt. Dabei befinden sich die konzentrisch angeordneten Kuhlstufen im oberen Magneten des

supraleitenden Magnetsystems. Dieses Konzept eroffnet die Moglichkeit, den unteren Magneten fur

Hochfeldexperimente oder fur eine weitere Kernstufe zu verwenden, bei der durch die verbesserten

Startbedingungen Metalle mit kleinerem Kernspinmoment wie Gold, Silber oder Platin getestet

werden konnen.

Der Durchmesser der außeren Kernkuhlstufe ist durch den Innendurchmesser (φ 126 mm) des

Mischkammerstrahlungsschildes bestimmt, und die Lange der Kernstufe ergibt sich aus dem Ma-

gnetfeldprofil (Abb. 2.7). Aus Abb. 2.7 ersieht man, dass sich das effektive Feld fur eine zylindrische

Kuhlstufe mit wachsendem Radius (bis zu 10 %) erhoht. Die außere Kupfer-Kernkuhlstufe wurde

daher mit einem großtmoglichen Außendurchmesser von 116 mm konzipiert.

Als Ausgangsmaterial fur die außere Kuhlstufe wurde ein gegossener OF-Cu-Bolzen1 (Reinheit

4N bezuglich metallischer Verunreinigung) mit einem Durchmesser von 203 mm und einer Lange

von 580 mm verwendet. Der Bolzen wurde gesagt und auf die endgultige zylindrische Form mit

einer Lange von 350 mm, einem Außendurchmesser von 116 mm und einem Innendurchmesser von

110 mm abgedreht. Zur Reduzierung von Wirbelstromverlusten wahrend der Entmagnetisierung

wurden auf einer Lange von 309 mm Langsschlitze eingefrast. Dabei sind 8 Schlitze im Abstand

von jeweils 45 mit einer Schlitzbreite von 1 mm durchgehend ausgefuhrt. Um eine großere me-

chanische Stabilitat zu gewahrleisten, sind weitere 72 Langsschlitze mit einer Breite von 1,5 mm

im Abstand von 4 nur 7 mm (bis auf 1 mm uber den Innenradius) radial eingefrasst. Bei einer

1Wieland-K10, Wieland-Werk AG Metallwerke, Graf-Arco-Str., 89079 Ulm

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4.1. KERNKUHLSTUFEN 39

Position von n × 90 ± 5, n = 0, 1, 2, 3, befinden sich 1 mm breite Schlitze mit einer Tiefe von 3

mm. Zwischen diesen Langsschlitzen sind 90 versetzt jeweils bei einer Lange von 10 mm, 127 mm,

177 mm und 227 mm Bohrungen (M6 und M10) fur die Befestigung der inneren Kernstufe ange-

ordnet. Bohrungen am oberen ungeschlitzen Teil der außeren Kernstufe dienen der Aufhangung,

der Befestigung des Warmeschalters und des Pt-NMR-Thermometers.

Die außere Kernkuhlstufe hat eine Masse von 6,67 kg (105 mol), wobei sich aus der festgelegten

Position der Stufe eine effektive Stoffmenge von 65,3 mol Kupfer im Magnetfeld von 9 Tesla er-

gibt. Abb. 4.1 zeigt die Position der außeren Kernkuhlstufe innerhalb der Mikrokelvinanlage. Die

spezielle Schlitzung der Kernstufe basiert auf der Berechnung der Wirbelstromverluste und stellt

einen Kompromiss zu deren Reduzierung einerseits und der mechanischen Stabilitat der Stufe an-

dererseits dar. Die berechneten Wirbelstromverluste Qw/V der außeren Kupfer-Kernkuhlstufe bei

einer Anderungsrate B(in V/m2

)der magnetischen Flußdichte ergeben sich fur einen spezifischen

Widerstand von ρCu = 2 × 10−11 Ωm zu 0, 2 B2 Wmol−1, d.h bei einer Entmagnetisierungsrate

von B = 0, 4 T/h betragen die Wirbelstromverluste 2, 47 nW/mol.

Obwohl die Wirbelstromverluste durch Erhohung des spezifischen Widerstandes reduziert wer-

den konnen, erfordert eine hohe Warmeleitfahigkeit (vgl. Anforderungen iii an ein Kernstufenma-

terial in Kapitel 3.6 ) einen geringen spezifischen Widerstand. Werte von ρCu = 2 × 10−11 Ωm,

die einem Restwiderstandsverhaltnis RRR ≈ 103 entsprechen, konnen nur durch Tempern der

Kupfer-Kernkuhlstufe erreicht werden, bei dem Gitterfehler ausgeheilt und Eisenverunreinigungen

oxidiert werden. Deshalb wurde die Kernstufe nach dem Schlitzen in verdunnter Salpetersaure ge-

reinigt und in einem Quarzglasrohr (φ 130 mm) getempert. Der Ablauf der Warmebehandlung ist

in Tab. 4.1 zusammengefasst.

Tabelle 4.1: Warmebehandlung der Kupfer-Kernkuhlstufe

Temperatur [C] Anderungsrate[Kh−1

]Vakuum [mbar]

(bzw. Haltezeit [h])

20 - 950 77,5 Kh−1 1, 2.10−5

950 20 h 1, 2.10−5

950 8 h O2, 1, 2.10−5

950 70 h 1, 2.10−5

950 - 20 70 Kh−1 1, 2.10−5

Das durch Tempern erreichte Restwiderstandsverhaltnis variiert uber die gesamte Lange der

Kernstufe zwischen RRR = 900 und RRR = 1200.

Zur Messung nach dem Wirbelstromverfahren [36] wurden von unterschiedlichen Stellen des Kup-

ferbolzens Proben der gleichen Warmebehandlung unterzogen wie die Kernstufe.

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40 KAPITEL 4. KERNKUHLSTUFEN UND WARMESCHALTER

Dewar

3He-Pumprohr

Strahlungsschilde

1K-TopfVerdampferkontinuierlicher Wärmetauscher

Stufen-Wärmetauscher

Mischkammer

Mischkammer-Probenhalter

Mischkammer-Strahlungsschild

Wärmeschalter

Vespelstäbe

Isoliervakuumtopf

1K-Strahlungsschild

äußere Kupferkernstufe

oberer supraleitender Magnet

unterer supraleitender Magnet

Abbildung 4.1: Position der Kernkuhlstufen innerhalb der Mikrokelvinanlage

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4.2. WARMESCHALTER 41

Nach dem Tempern wurde die gesamte Kernkuhlstufe mit einer 24-karatigen hochduktilen Gold-

schicht (Reinheit 99, 9%) galvanisiert2, um zu verhindern, dass die thermische Ankopplung der

Experimente durch die sich mit der Zeit bildende Kupferoxidschicht beeintrachtigt wird.

Die Verbindung zwischen der Kernkuhlstufe und dem Mischkammer-Probenhalter ist durch den

Warmeschalter (Kapitel 4.2) und die Aufhangung gegeben. Diese besteht aus drei jeweils in 120

Abstand angebrachten Vespel-Rohren3 von 9,5 mm Durchmesser und 2,25 mm Wandstarke.

Die innere Kupfer-Kernkuhlstufe mit einer Masse von 4,93 kg hat einen Außendurchmesser

von 87 mm und einen Innendurchmesser von 70 mm. Auf einer Lange von 305 mm sind 8 durch-

gehende 1 mm Breite und 56 Langsschlitze von 1,5 mm Breite und 7 mm Lange eingefrast. Die

entsprechenden 16 Gewindebohrungen zur Verbindung mit der außeren Kernkuhlstufe uber Reinst-

Aluminium-Gewindestifte wurden in Endposition durchgehend gebohrt. In gleicher Weise wie die

außere Kernkuhlstufe wurde die innere Stufe getempert und vergoldet. In Abb. 4.2 ist die Positi-

on beider konzentrisch angeordenter Kernkuhlstufen innerhalb des supraleitenden Magnetsystems

dargestellt.

Erreicht die magnetische Flussdichte bei der Entmagnetisierung Werte unterhalb des kriti-

schen Feldes von Aluminium Bc = 10, 5 mT, koppeln die Kernstufen thermisch voneinander ab.

Dann sollten die erreichbaren Temperaturen in den innen liegenden Stufen unterhalb der außeren

Kernkuhlstufen liegen. Aus diesem Grund wurde noch eine dritte Kernstufe aus Platin mit einer

Masse von 456,2 g uber intrinsische Warmeschalter (Al-Gewindestifte) im Magnetfeldzentrum an-

geordnet (Abb. 4.3). Die Untersuchung der inneren Kernkuhlstufen ist jedoch Gegenstand spaterer

Experimente. Zunachst ist die Funktion der außeren Kernkuhlstufe und des Warmeschalters zu

testen.

4.2 Warmeschalter

Zur thermischen Isolation der Kernkuhlstufe nach der Magnetisierung ist ein Warmeschalter er-

forderlich. In heutigen Kernentmagnetisierungsanlagen werden ublicherweise Aluminiumschalter

verwendet, die durch Anlegen eines moderaten magnetischen Feldes zwischen normal- und supralei-

tendem Zustand hin- und hergeschaltet werden konnen. Die Gute eines Warmeschalters wird durch

sein Schaltverhaltnis κn/κs bestimmt. Dabei ist die Warmeleitfahigkeit eines Metalls im normal-

leitenden Zustand proportional der Temperatur, κn ∝ T, wahrend durch die mit der Temperatur

exponentiell abnehmende Zahl der Elektronen im supraleitenden Zustand die Warmeleitfahigkeit

2Hartglanzgoldbad IMABRITE 24, Schlotter Galvanotechink, Talgraben 30, D-73312 Geislingen3Du Pont, Vespel SP-1, Du Pont de Nemours, International S. A. VESPEL Group, P. O. Box, Ch-1211 Geneva

24, Switzerland

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42 KAPITEL 4. KERNKUHLSTUFEN UND WARMESCHALTER

196.0

14.0

150.0

229.0

121.0

109.0

¯ 86.0

¯ 126.0

Oberkante Magnet

Magnetfeldzentrumoberer Magnet

Abbildung 4.2: Position der Kernkuhlstufen innerhalb des supraleitenden Magnetsystems

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4.2. WARMESCHALTER 43

äußere Kupferkernstufe

innere Kupferkernstufe

Platinkernstufe

intrinsische Wärmeschalter

Wärmeschalter

Vespelstäbe

Mischkammer-Probenhalter

Abbildung 4.3: Dreifach-Kernkuhlstufe und thermische Ankopplung an den Mischkammerproben-

halter uber Warmeschalter und Vespelstabe.

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44 KAPITEL 4. KERNKUHLSTUFEN UND WARMESCHALTER

fur 0, 1 Tc < T < Tc entsprechend κs ∝ T exp(−∆E/kT ) abnimmt. Bei Temperaturen weit

unterhalb des supraleitenden Sprungpunktes, T < 0, 1 Tc, wird die Warmeleitfahigkeit nur noch

durch Phononen bestimmt, und es gilt κs ∝ (T/ΘD)3. Fur das Schaltverhaltnis ergibt sich dann

in diesem Temperaturbereich

κn

κs= a

(ΘD

T

)2

fur T < 0, 1 Tc, (4.1)

wobei a eine materialspezifische Konstante ist.

Die Verwendung von hochreinen Metallen in Form von dunnen Folien oder Drahten garantiert

eine hohe Warmeleitung im normalleitenden Zustand und eine durch die auf die Geometrie re-

duzierte mittlere freie Weglange der Phononen geringe Warmeleitfahigkeit κs im supraleitenden

Zustand. Fur hochreine dunne Aluminiumfolien betragt die materialspezifische Konstante in Gl. 4.1

a ≈ 0, 05 [18, 37]. Die Debye-Temperatur hat fur Aluminium mit ΘD = 428 K einen relativ

hohen Wert (siehe Tabelle 3.1 b ), so dass bei einer Temperatur von 10 mK das Schaltverhaltnis

einen hohen Wert von κn/κs ≈ 9× 107 ergibt.

Fur den Warmeschalter wurden hochreine Aluminiumfolien (99,9999 %) mit einer Dicke von

0,1 mm verwendet. Die mittels GDMS (Glow Discharge Mass Spectroscopy) bestimmten Verun-

reinigungen des Al 6N der Firma VAW4 sind in Tabelle 4.2 zusammengefaßt.

Tabelle 4.2: GDMS - Analyse des Al 6N, Angaben als Massenanteile in µg/g (ppm)

Ag < 0,005 Co < 0,005 La < 0,005 Pd < 0,100

As < 0,005 Cr : 0,11 Li < 0,005 Pt < 0,100

Au < 0,010 Cs < 0,010 Mg : 0,225 S < 0,100

B < 0,005 Cu < 0,200 Mn : 0,005 Sb < 0,005

Ba < 0,005 F < 0,100 Mo < 0,005 Si : 0,192

Be < 0,005 Fe : 0,039 Na < 0,005 Sn < 0,050

Bi < 0,005 Ga < 0,005 Ni < 0,005 Ti : 0,052

C < 0,200 Ge < 0,040 O < 1 V : 0,016

Ca < 0,020 In < 0,005 P < 0,035 W < 0,025

Cd < 0,050 K < 0,100 Pb < 0,005 Zn < 0,050

Ce < 0,005 Cl < 0,100 - Zr < 0,012

Aluminium ist ein kubisch flachenzentriertes Metall, dessen Feingefuge aus zwillingsfreien Po-

lyedern besteht. Gase, wie z.B. Wasserstoff, der durch die Ortho-Para-Konversion ein großes, wenn

auch zeitlich abklingendes Warmeleck bildet, sind im Aluminium erst oberhalb des Schmelzpunktes

4VAW Aluminium AG, Georg-von-Boselager-Straße 25, D-53117 Bonn

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4.2. WARMESCHALTER 45

loslich. Die Analyse des Materials ergab einen Restgehalt an H2 kleiner als 0,3 ppm. Eingeschlosse-

ne Restgase (z.B. durch Photometrie ermittelter N-Gehalt < 1 ppm) konnen durch entsprechendes

Tempern partiell beseitigt werden. Die Aluminiumfolien werden daher bei 600 C fur 4 Stunden

im Vakuum(P ≈ 1× 10−5 mbar

)getempert. Das Restwiderstandsverhaltnis konnte so von RRR

= 600 im ungetemperten Zustand auf RRR = 4100 erhoht werden. Die Verbesserung der kri-

stallinen Struktur durch das Tempern ist bereits optisch am Anwachsen der Kristallitgroße zu

erkennen. So vorteilhaft eine moglichst ungestorte Struktur des Aluminiums fur eine hohe thermi-

sche Leitfahigkeit auch ist, es ergeben sich dennoch auch Probleme durch die damit verbundene

erhohte Wirbelstromheizung. Fur den Warmeschalter wurden daher 30 Aluminiumfolien mit einer

Lange von 40 mm und einem Querschnitt von 12, 5 × 0, 5 mm2 verwendet.

Um die durch die Oxidschicht des Aluminiums bedingten thermischen Kontaktprobleme zu

vermeiden, mussen die Kontaktflachen an den Enden der Folien vergoldet werden. Dazu ist folgende

Prozedur erforderlich:

i) Waschen in alkalischer Losung (22 g/l Na3PO4 · 12 H2O und 22 g/l Na2CO3) bei 85 C fur

60 s.

ii) Atzen in verdunnter HNO3 (HNO3 (65 %ig) + H2O zu gleichen Teilen) fur 20 s.

iii) Vordeckbeizbad (Zinkatbeize,

1 g/l FeCl3 · 6 H2O, 100 g/l ZnO, 525 g/l NaOH, 10 g/l C4H4KNaO6 · 4 H2O)

bei 25 C fur 60 s.

iv) Atzen entsprechend 2) fur 30 s.

v) Vordeckbeizbad und Atzen entsprechend 3) und 4) bis die Aluminiumfolie leicht angeatzt ist.

vi) Cyanid-Kupferbad (Cuprum 10, Bad-Nr. 03015 der Fa. Schlotter) bei 45 C fur 30 s.

vii) Elektrolytische Beschichtung mit Kupfer entsprechend Cu-Anode mit 26 mA/cm2 fur 120 s

und mit 13 mA/cm2 fur 120 s

(41, 3 g/l CuCN, 50, 8 g/l NaCN, 30 g/l Na2CO3 60 g/l C4H4KNaO6 · 4 H2O).

viii) Hartglanzbad (Imabrite 24), Schichtdicke 2 µm.

Die teilvergoldeten Aluminiumfolien werden in die Schlitze der getemperten und vergoldeten

Kupferklemmsockel eingefuhrt und uber lastverteilte Druckplatten in einer Spannvorrichtung mit

jeweils 4 Messingschrauben auf beiden Seiten verschraubt. Die Druckplatten(12, 5 × 12, 5 × 2, 5 mm3

)sind wegen der geringen Kalteschrumpfung aus Wolfram

(W 99,95 % gewalzt5) gefertigt.

5Goodfellow, PF1343, D61213 Bad Nauheim

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46 KAPITEL 4. KERNKUHLSTUFEN UND WARMESCHALTER

Abbildung 4.4: Warmeschalter bestehend aus oberem und unterem Kupferklemmsockel, teilvergol-

deten Aluminiumfolien, Wolfram-Druckplatte und Spule zur Erzeugung des Magnetfeldes

Der gesamte Warmeschalter besteht wie in Abb. 4.4 dargestellt aus dem oberen und unteren

Kupferklemmsockel, den teilvergoldeten hochreinen Aluminiumfolien, den Wolfram-Druckplatten

und einer Spule zu Erzeugung des Magnetfeldes.

Die Warmeschalterspule ist auf einem Messingnickelkorper mit supraleitendem Cu-ummantelten

NbTi-Draht (T48B, Supercon6, 0,21 mm Durchmesser) gewickelt. Die Lange der Spule betragt 64,4

mm , der Innendurchmesser 28 mm und der Außendurchmesser 34 mm. Bei einer Windungszahl

von 4286 ergibt sich die Spulenkonstante zu 75,5 mT/A. Mit dem Maximalstrom des speziell fur

den Warmeschalter entwickelten Netzgerates von 200 mA folgt damit eine Maximalfeldstarke von

15,1 mT, die damit 44 % uber der kritischen Feldstarke von Aluminium, Bc0 = 10, 5 mT , liegt.

Die Feldhomogenitat uber die Aluminiumschalterlange von 1,6 cm betragt ca. 2 %.

Um ein Einfrieren von magnetischem Fluss zu vermeiden und damit einer Verschlechterung des

Schaltverhaltnisses zu begegnen, wird der Schalter durch eine oszillatorisch langsam abnehmende

(τ = 60 s, 0, 2 Hz) Verringerung der Stromstarke geoffnet.

In Abb. 4.5 ist der Warmeschalter im eingebauten Zustand zwischen Mischkammer-Probenhalter

6Supercon, Inc., 830 Bosten Turnpike Schrewsburg, MA01545, USA

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4.2. WARMESCHALTER 47

Abbildung 4.5: Eingebauter Warmeschalter zwischen Mischkammer-Probenhalter (oben) und Kup-

ferkernstufe (unten)

und Kernstufe dargestellt.

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48 KAPITEL 4. KERNKUHLSTUFEN UND WARMESCHALTER

Page 51: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

Kapitel 5

Thermodynamik der

KernspinkuhlungDie Thermodynamik der Kernspinkuhlung ist eine Feldtheorie mit dem primaren Ziel, die Fel-

der der elektronischen Temperatur Te (x, t) und der Kernspintemperatur TN (x, t) in einem Me-

tall zu bestimmen. Dabei ergeben sich die Temperaturfelder als Losungen von Feldgleichungen

fur Anfangs- und Randwerte von thermodynamischen Observablen, die im Experiment der Kern-

spinkuhlung kontrolliert werden konnen. Ausgangspunkt fur die Formulierung der Feldgleichungen

ist die kinetische Theorie der Metallelektronen und der Nukleonen.

5.1 Transportgleichungen fur Elektronen und Nukleonen

Es bezeichnet f (x, p,ms, t) d3x d3p die Zahl der freien Elektronen im Phasenraumelement d3x d3p

mit z-Spinms ∈[− 1

2 ,12

]. Die zeitliche Anderung der Phasendichte fe (x, p,ms, t) d3x d3p ist durch

die Boltzmanngleichung gegeben:

∂f

∂t+

pi

me

∂f

∂xi+ pi

∂f

∂pi= SeN, (5.1)

worin SeN den Stoßterm bezeichnet, der durch die Fermi-Kontaktwechselwirkung der Leitungselek-

tronen mit den Nukleonen bestimmt wird. Die Kraft p auf die Elektronen setzt sich aus außeren

Volumenkraften F , der Lorentzkraft −e(E + 1

mep×B

)und den Inertialkrafte zusammen. Die

Aufspaltung in einen vom Impuls unabhangigen Anteil und einen in p linearen Anteil ergibt

pi = Ei + Lij pj (5.2)

mit

Ei = Fi − e Ei − 2me Wik bk −me W2ik (xk − bk) +me Wik (xk − bk) +mebi,

Lij = 2Wij −e

meεijkBk.

(5.3)

W bezeichnet die Matrix der Winkelgeschwindigkeit des Nichtinertialsystems bezuglich eines In-

ertialsystems und b ist der Abstandsvektor beider euklidischer Systeme.

49

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50 KAPITEL 5. THERMODYNAMIK DER KERNSPINKUHLUNG

Der Zustand der lokalisierten Atomkerne (Nukleonen) des Metalls wird durch die Wahrschein-

lichkeitsdichte w (x,mI , t) beschrieben, wobei w (x,mI , t) d3x die Wahrscheinlichkeit bezeichnet,

ein Nukleon mit z-Spin mI ∈ [−I,−I + 1, . . . , I] im Volumenelement d3x zu finden. Die zeitliche

Entwicklung der Wahrscheinlichkeitsdichte genugt einer Mastergleichung:

∂w (x,mI , t)∂t

= SNe (x,mI , t) . (5.4)

Der Produktionsterm SNe (x,mI , t) ergibt sich aus den Ubergangswahrscheinlichkeiten der Kern-

spinzustande fur die Kontaktwechselwirkung mit den Leitungelektronen.

Die Transportgleichungen fur die Phasendichte der Elektronen Gl. 5.1 und die Wahrscheinlich-

keitsdichte der Nukleonen Gl. 5.4 stellen im allgemeinen nichtlineare Integro-Differentialgleichungen

dar, deren Losungen nicht nur schwierig ist, sondern auch die Vorgabe von Anfangs- und Randbe-

dingungen erfordert. Da die Anfangs- und Randwerte der Phasendichte f (x, p,ms, t) und Wahr-

scheinlichkeitsdichte w (x,mI , t) nicht kontrolliert werden konnen, werden wir aus den Transport-

gleichungen der kinetischen Theorie Bilanzgleichungen fur makroskopische Observable ableiten.

5.2 Transfergleichungen

Multiplikation der Boltzmann-Gleichung 5.1 mit einer generischen den physikalischen Zustand des

Elektrons beschreibenden Große ψA (x, p,ms, t), Integration uber den Impulsraum und Summation

uber die Orientierungsquantenzahl ms ergibt

∂t

12∑

ms=− 12

∫ +∞

−∞ψA f d3 p +

∂xi

12∑

ms=− 12

∫ +∞

−∞ψA

pi

mef d3 p =

12∑

ms=− 12

∫ +∞

−∞

(∂ψA

∂t+

pi

me

∂ψA

∂xi+ (Ei + Lij pj)

∂ψA

∂pi

)f d3 p+

12∑

ms=− 12

∫ +∞

−∞ψA SeN d3 p .

(5.5)

Bei der Ableitung von Gl. 5.5 wurde angenommen, dass die Phasendichte fur große Werte des

Impulses (p→∞) hinreichend stark gegen Null strebt. Die erhaltene Transfergleichung

∂ψA

∂t+

∂FAk

∂xk= SA + ZA (5.6)

kann als Bilanzgleichung fur die makroskopische Observable

ψA =

12∑

ms=− 12

∫ +∞

−∞ψA f d3 p (5.7)

interpretiert werden, die sich als Moment der Phasendichte ergibt. In dieser Interpretation ist

FAk =

12∑

ms=− 12

∫ +∞

−∞ψA

pk

mef d3 p (5.8)

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5.3. ENERGIEBILANZGLEICHUNGEN 51

der Fluß von ψA,

SA =

12∑

ms=− 12

∫ +∞

−∞

[(∂ψA

∂t+

pi

me

∂ψA

∂xi

)f + ψA SeN

]d3 p (5.9)

die Eigenproduktion und die Stoßproduktion, sowie

ZA =

12∑

ms=− 12

∫ +∞

−∞

((Ei + Lij pj)

∂ψA

∂pi

)f d3 p (5.10)

die Zufuhr von ψA durch außere Krafte und Inertialkrafte.

Entsprechend ergibt sich durch Multiplikation der Mastergleichung 5.4 mit einer den physikali-

schen Zustand der Nukleonen beschreibenden Große ψB (x,mI , t) und anschließender Summation

uber die Orientierungsquantenzahl mI ∈ [−I,−I + 1, . . . , I] die Transfergleichung

∂ψB

∂t= SB , (5.11)

fur die makroskopische Observable

ψB =I∑

mI=−I

ψB w, (5.12)

mit Eigenproduktion und Stoßproduktion von ψB

SB =I∑

mI=−I

(∂ψB

∂tw + SNe ψB

). (5.13)

Da das Kernspinsystem als lokalisiert betrachtet wird, enthalt die Transfergleichung 5.11 fur die

Nukleonen keinen Fluß (FBk = 0) und keine Zufuhr (ZB = 0).

Um konkrete Transfergleichungen fur makroskopische Observable zu gewinnen, ist es erforder-

lich, die generischen Großen ψA bzw. ψB zu spezifizieren. Dabei liegt es nahe, mit der Energie der

Elektronen und Nukleonen zu beginnen, wenn wir an der Bestimmung der Felder von elektronischer

Temperatur und Kernspintemperatur interessiert sind.

5.3 Energiebilanzgleichungen

Wir wahlen fur ψA die Energie eines Elektrons,

ψA =p2

2me+ ms gs µB B , (5.14)

worin µB = ~e2me

= 9, 274.10−24J/T das Bohrsche Magneton und gs = 2 den elektronischen

Lande− Faktor bezeichnen. Aus Gl. 5.5 ergibt sich dann die Energiebilanz der Elektronen im

Inertialsystem mit F = 0 zu

∂ee∂t

+∂Qi

∂xi= −ne µe B + Ji Ei − PeN , (5.15)

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52 KAPITEL 5. THERMODYNAMIK DER KERNSPINKUHLUNG

mit der Energieproduktion

PeN = −12∑

ms=− 12

(p2

2me+ ms gs µB B

)SeN d3p . (5.16)

Es bezeichnen Q den Energiefluß der Elektronen entsprechend Gl. 5.8 , ne die Zahldichte der

Leitungselektronen im Metall, Ji = −ene vi die elektrische Stromdichte und µe die z-Komponente

des mittleren magnetischen Moments der Elektronen, definiert durch

neµe = −12∑

ms=− 12

∫ +∞

−∞ms gs µB f d3p. (5.17)

Um die Energiebilanz der Nukleonen zu erhalten, wahlen wir entsprechend Gl. 3.5

ψB = −mI gI µN B, (5.18)

und erhalten aus Gl. 5.11 und Gl. 5.13

∂eN∂t

= −nN µN∂B

∂t+ PNe, (5.19)

worin µN die z-Komponente des mittleren magnetischen Moments der Nukleonen,

nN µN =I∑

mI=−I

mI gI µN w (5.20)

und PNe die Produktionsdichte

PNe = −PeN = −I∑

mI=−I

mI gI µN B SNe (5.21)

bezechnen.

Die Energiebilanzgleichungen in ihrer Form Gl. 5.15 und Gl. 5.19 stellen noch keine Feldglei-

chungen zur Bestimmung der Felder Te (x, t) und Tn (x, t) dar, da der Energiefluß Q und die

Produktionsdichten PNe = −PeN unbekannte Großen darstellen. Außerdem treten die Temperatu-

ren der Elektronen und der Nukleonen in den Energiebilanzgleichungen nicht explizit auf. In dieser

Situation machen wir von der Tatsache Gebrauch, dass die makroskopischen Observablen Momente

der Phasendichte f bzw. der Wahrscheinlichkeitsdichte w sind. Zumindest im Gleichgewicht sind

die Phasendichte der Elektronen und die Wahrscheinlichkeitsdichte der Nukleonen bekannt, so dass

die Energiedichten der Elektronen und Nukleonen als Funktion von Temperatur und Magnetfeld

berechnet werden konnen.

5.3.1 Die kalorischen Zustandsgleichungen

Die Energiedichte der Leitungselektronen ergibt sich entsprechend Gl. 5.7 und Gl. 5.14 zu

ee =

12∑

ms=− 12

∫ +∞

−∞

(p2

2me+ ms gs µB B

)fequ d3p, (5.22)

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5.3. ENERGIEBILANZGLEICHUNGEN 53

mit der Phasendichte der Elektronen im Gleichgewicht

fequ =1/h3

exp (α + p2/2me k Te + ms gs µB B/k Te) + 1. (5.23)

Der Lagrange-Parameter α wird durch die Temperatur Te und die Zahldichte ne der Elektronen

bestimmt. Es gilt

ne =

12∑

ms=− 12

∫ +∞

0

fequ d3p

ne = 4π(2me k Te/h

3)3/2

[ ∫ ∞

0

x2dxexp (α− µB B/k Te + x2) + 1

+

+∫ ∞

0

x2dxexp (α+ µB B/k Te + x2) + 1

](5.24)

Fur die Energiedichte der Elektronen folgt dann

ee = −neµeB +4πh3

(2me)3/2 (kT )5/2

[ ∫ ∞

0

x4dxexp (α− µB B/k Te + x2) + 1

+

+∫ ∞

0

x4dxexp (α+ µB B/k Te + x2) + 1

] (5.25)

mit dem mittleren magnetischen Moment der Elektronen

µe = − 1ne

12∑

ms=− 12

∫ +∞

−∞ms gs µB fequ d3p. (5.26)

Bei starker Entartung gilt fur die Integrale in Gl. 5.24 und Gl. 5.25

In (α) =∫ ∞

0

xndxexpα + x2 +1

=1

n+ 1|α|

n+12

[1 +

n+ 12

n− 12

π2

6 |α|2+ · · ·

], (5.27)

wobei |α| = |α ± µB B/k Te| 1.

Aus Gl. 5.24 ergibt sich dann

ne =8π3(2me k Te/h

2)3/2 |α|3/2

(1 +

π2

8 |α|2

), (5.28)

da fur vollstandige Entartung

ne =8π3(2me k Te/h

2)3/2 |α0|3/2

=8π3(2me k Te/h

2)3/2

E3/2F (5.29)

gilt.

Mit der Fermi-Energie EF = |α0| k Te folgt fur starke Entartung

|α| = |α0|

(1 − π2

12 |α0|2

). (5.30)

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54 KAPITEL 5. THERMODYNAMIK DER KERNSPINKUHLUNG

Mit Gl. 5.25 und Gl. 5.27 ergibt sich fur die Energiedichte der Elektronen bei starker Entartung

zunachst

ee = −neµeB +8π5(2me/h

2)3/2

(k Te)5/2 |α|5/2

(1 +

5π2

8 |α|2

)(5.31)

und mit Gl. 5.30 schließlich die kalorische Zustandgleichung der Elektronen

ee = ne

[35EF

(1 +

5 π2

12

(k Te

EF

)2)− µe B

]. (5.32)

Die kalorische Zustandsgleichung der Nukleonen ist entsprechend Gl. 5.12 und Gl. 5.18 gegeben

durch

eN =I∑

mI=−I

−mI gI µN B wequ (5.33)

mit

wequ = exp(mI gI µN B

k T

). (5.34)

Damit folgt in Ubereinstimmung mit Gl. 3.17 die kalorische Zustandsgleichung der Nukleonen zu

eN = − nN I gI µN B BI (x) (5.35)

mit

x =I gI µN B

k TN.

5.3.2 Die thermischen Zustandsgleichungen

Das mittlere magnetische Moment der Elektronen Gl. 5.26 ergibt sch fur starke Entartung mit

Gl. 5.30 zu

µe =32µ2

B B

EF

(1 − π2

12

(k Te

EF

)2). (5.36)

Fur die Magnetisierung des Systems der Leitungselektronen erhalt man dann

Me = ne µe. (5.37)

Die thermische Zustandsgleichung des Kernspinsystems folgt entsprechend Gl. 5.20 zu

µN = gI µNmI = gI µN I BI (x) . (5.38)

5.3.3 Fermi-Kontaktwechselwirkung

Die Energieproduktionsdichten PNe = −PeN ergeben sich aus der Streuung von Leitungselektronen

am Spin der Atomkerne. Bei diesem Prozeß wird gleichzeitig der Spin des Elektrons ms ∈[− 1

2 ,12

]

Page 57: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

5.3. ENERGIEBILANZGLEICHUNGEN 55

und der Spin des Atomkerns mI ∈ [−I,−I + 1, . . . , I] umgeklappt. Es erfolgt ein Spinaustausch

∆ms,∆mI = ±1. Die dafur entscheidende Wechselwirkungsenergie ist gegeben durch

EHF = −23µ0µeµN |ϕ (0)|2 , (5.39)

worin ϕ (0) die Wellenfunktion des Elektrons am Kernort bezeichnet, und die z-Komponenten der

magnetischen Momente gegeben sind durch

µez = −gsµBms und µNz = gIµNmI . (5.40)

Der Hamiltonian, der diese Kontaktwechselwirkung beschreibt, kann dann ausgedruckt werden

durch

HHF = −23µ0γeγN~2I • Sδ (r) , (5.41)

wo r die Position des Elektrons relativ zum Atomkern angibt.

Der Produktionsterm SNe in der Mastergleichung (5.4) fur die Wahrscheinlichkeitsdichte

w (x,mI , t) := wm,

∂wn

∂t=∑

n

(Wnmwn −Wnmwm) , (5.42)

wird durch die Ubergangswahrscheinlichkeiten Wnm(mn) bestimmt. Diese lassen sich mit Gl. 5.41

nach Fermi´s goldener Regel berechnen [51]. Fur die Produktion SNe folgt

SNe =12κnNTe

[1−

(µBB

EF

)2] [A+I+ exp

(gIµNB

κTe

)+A−I−

]w (x,mI , t) (5.43)

mit

A± = exp[±(

1kTN

− 1kTe

)gIµNB

]− 1 (5.44)

und

I± = I (I + 1)−mI (mI ± 1) . (5.45)

κ bezeichnet die Korringa-Konstante.

Fur die Produktionsdichte PNe = −PeN ergibt sich dann mit Gl. 5.21, 5.43, 5.44 und 5.45

PNe = − 12κnNgIµNBTe

[1−

(µBB

EF

)2] [A+mII+ exp

(gIµNB

κTe

)+A−mII−

], (5.46)

wobei

mII± = I (I + 1)mI −m3I ±m2

I (5.47)

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56 KAPITEL 5. THERMODYNAMIK DER KERNSPINKUHLUNG

und

mI =I∑

mI=−I

mIw (mI) = IBI (x) ,

m2I =

I∑mI=−I

m2Iw (mI) = I2

(B2

I (x) +dBI (x)

dx

), (5.48)

m3I =

I∑mI=−I

m3Iw (mI) = I3

(B3

I (x) + 3BI (x)dBI (x)

dx+

d2BI (x)dx2

)sind.

Aus den Gleichungen (5.43) und (5.46) geht hervor, dass die Relaxationsrate 1/τ1 fur die Wechsel-

wirkung des Kernspinsystems mit den Leitungselektronen (Spin-Gitter-Relaxation) naherungsweise

der elektronischen Temperatur Te proportional ist. Diese Proportionalitat hangt damit zusammen,

dass mit zunehmender Temperatur wegen der Aufweichung der Fermi-Kante mehr Elektronen am

Streuprozess teilnehmen.

5.3.4 Zwei - Feld - Theorie

Wird in einem homogenen Prozess der Kernspinkuhlung der thermodynamische Zustand eines Me-

talls durch die thermischen und kalorischen Zustandsgleichungen der Elektronen und Kernspins

beschrieben, ergibt sich aus den Energiebilanzgleichungen (5.15) und (5.19) ein Feldgleichungssy-

stem fur die Temperaturen der Kernspins TN und der Elektronen Te :(∂eN∂TN

)B

TN +(∂eN∂B

)TN

B + nNµNB = PNe

(∂ee∂Te

)B

Te +(∂ee∂B

)Te

B + neµeB = −PNe +Q

V.

(5.49)

Q bezeichnet das Warmeleck, das sich aus dem außeren Warmeleck und Wirbelstromverlusten

(JiEi) zusammensetzt.

Mit den spezifischen Warmen

cN =(∂eN∂TN

)B

= −nN

(∂µN

∂TN

)B

B

= − (gIµNI)2

k

B

T 2N

dBI (x)dx

(5.50)

und

ce =(∂ee∂Te

)B

= −ne

(∂µe

∂Te

)B

B + neπ2

2k

(kTe

Ee

)

= neπ2

2k2Te

Ee

[1 +

12

(µBB

EF

)2] (5.51)

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5.4. FUNF-FELD-THEORIE 57

folgt aus Gl. 5.49

cNTN = PNe + nN

(∂µN

∂B

)TN

BB

ceTe = −PNe +Q

V+ ne

(∂µe

∂B

)T e

BB.

(5.52)

Es gilt (∂µN

∂B

)TN

=(gIµNI)

2

k

1TN

dBI (x)dx

(5.53)

und (∂µe

∂B

)T e

=32µ2

B

EF

[1− π2

12

(kTe

EF

)2]. (5.54)

Mit

1cNnN

(∂µN

∂B

)TN

BB =TN

BB

kann Gl. 5.521 umgeschrieben werden zu

TN =PNe

cN+B

BTN (5.55)

In der Hochtemperaturnaherung (x 1) folgt PNe/cN = TN (Te − TN) /κ und damit Gl. 3.36. Es

ist allerdings zu beachten, dass fur eine magnetische Flussdichte von B1 = 9 T und eine Starttem-

peratur von TN1 = 8mT die magnetische Energie der Cu-Kernspins im Feld und ihre kinetische

Energie annahernd gleich sind (x ≈ 1) und damit die Hochtemperaturnaherung bei der adiabaten

Entmagnetisierung (B/TN = const.) nicht mehr anwendbar ist.

Die Losungen der Feldgleichungen (5.52), (5.53), (5.54) und (5.46) fur die Temperaturen des

Kernspinsystems TN (t) und der Elektronen Te (t) werden als thermodynamischer Prozess bezeich-

net.

Im allgemeinen ist der Prozess der Kernspinkuhlung nicht homogen und die Felder der Tem-

peraturen TN (x, t) und Te (x, t) sowie die magnetische Flussdichte B (x, t) sind auch durch eine

raumliche Verteilung gekennzeichnet. Es ist dann moglich, den Prozeß der Kernspinkuhlung in ei-

nem inhomogenen Entmagnetisierungsfeld numerisch mittels finiter Elemente zu beschreiben [52].

Eine andere Moglichkeit besteht in der Erweiterung der Feldgleichungen (z.B. Funf-Feld-Theorie).

5.4 Funf-Feld-Theorie

Wird der Zustand des Systems von Kernspins und Leitungselektronen in einem Metall durch die

Temperaturen TN (x, t), Te (x, t) und der Warmefluß Q (x, t) bestimmt, folgt aus den Transfer-

Page 60: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

58 KAPITEL 5. THERMODYNAMIK DER KERNSPINKUHLUNG

gleichungen (5.6) mit B = (0, 0, B)

∂eN∂t

= −nNµN∂B

∂t+ PNe

∂ee∂t

+∂Qi

∂xi= −neµe

∂B

∂t− PNe +

Q

V∂Qi

∂t+∂Nij

∂xj= Si + Zi

(5.56)

Warmefluss Qi und der Fluss des Energieflusses Nij sind definiert gemaß

Qi =

12∑

ms=− 12

∫ +∞

−∞

(p2

2m2e

pi +msgsµBBpi

me

)fd3p (5.57)

und

Nij =

12∑

ms=− 12

∫ +∞

−∞

(p2

2m3e

pipj +msgsµBBpipj

m2e

)fd3p . (5.58)

Eigenproduktion und Stoßproduktion Si fur den Warmefluss sind durch Gl. 5.56 bestimmt. In

der Relaxationszeitnaherung ist die Stoßproduktion proportional zum Warmefluss und der Fluß

des Energieflusses Nij verschwindet. Die Bilanzgleichung fur den Warmefluss Gl. 5.563 reduziert

sich dann fur langsame Prozesse mit Q → 0 auf das Fouriersche Gesetz.

Bei der Beschreibung des Prozesses der Kernspinkuhlung stellt die Verwendung des Fourierschen

Gesetzes eine ausreichende Naherung dar, und die Funf-Feld-Theorie reduziert sich auf die Zwei-

Feld-Theorie mit der Energiebilanz fur die Leitungselektronen

ceTe −∂

∂xi

(κ∂Te

∂xi

)= −neµeB − PNe +

Q

V. (5.59)

Die Losungen der Feldgleichungen fur die Temperaturen der Kernspins TN (x, t) und die Lei-

tungselektronen Te (x, t) bilden die Grundlage fur die Beschreibung der Kernspinkuhlung in einem

Metall [53] und fur eine Optimierung des Prozesses der Entmagnetisierung.

5.5 Optimierter thermodynamischer Prozeß der

Kernspinkuhlung

5.5.1 Ein einfaches Variationsproblem

Durch Anwendung des ersten Hauptsatzes der Thermodynamik auf das System der Kernspins

Q =dUdt

+MVdBdt

= CNTN

dt+ TNV

(∂M

∂T

)B

dBdt

(5.60)

folgt in der Hochtemperaturnaherung mit

CN =ΛNV

µ0

(B

TN

)2

und(∂M

∂T

)B

= −ΛN

µ0

B

dt(5.61)

Page 61: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

5.5. OPTIMIERTER THERMODYNAMISCHER PROZESS DER KERNSPINKUHLUNG 59

fur die Warmeleistung

Q =ΛNV

µ0

B

TN

[B

TN

dTN

dt− dB

dt

]. (5.62)

Aus Gl. 5.62 ergibt sich

Qµ0

ΛNV B (t)=

ddt

[B

TN

](5.63)

und nach Integration von t1 = 0 bis t2

B1

TN1− B2

TN2=: ∆

(B

TN

)=∫ t2

0

QdtλB (t)

(5.64)

mit

λ =ΛNV

µ0. (5.65)

Aus Gl. 5.64 ist ersichtlich, dass fur vorgegebene Werte von B1, B1 und TN1 die tiefste Temperatur

TN2 erreicht wird, wenn das Maß der Nichtadiabatizitat ∆ (B/TN) minimal ist:∫ t2

0

Q (t) dtλB (t)

−→ Min ! (5.66)

Setzt sich das Warmeleck Q (t) aus einem konstanten außeren Warmeleck Qs und einem Wirbel-

stromanteil zusammen,

Q (t) = Qs + γB (t)2 , (5.67)

ergibt sich die Eulersche Differentialgleichung

2B (t) B (t)− B2 (t) + α = 0 , α :=Qs

γ, (5.68)

fur das Variationsproblem Gl. 5.66 mit den Anfangsbedingungen B (0) = B1 und B (t2) = B2.

Die Losung von Gl. 5.68 lautet

B (t) = B1 − 2t

t2(B1 − ξ) +

(t

t2

)2

(B1 +B2 − 2ξ) , fur 0 ≤ t ≤ t2 , (5.69)

mit

ξ =12

√αt22 + 4B1B2 . (5.70)

Kernspinentmagnetisierung entsprechend Gl. 5.69 fuhrt bei vorgegebener Entmagnetisierungszeit

t2 zu einer minimal erreichbaren Temperatur TN2.

Einsetzen der optimalen Entmagnetisierungsfunktion Gl. 5.69 in Gl. 5.64 und Integration ergibt

fur das optimale Maß der Nichtadiabatizitat

∆(B

TN

)opt.

=4γλ

[B1 +B2 −

√αt22 + 4B1B2

t2+√α Arth

√αt22

αt22 + 4B1B2

]. (5.71)

Page 62: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

60 KAPITEL 5. THERMODYNAMIK DER KERNSPINKUHLUNG

Aus Gl. 5.71 lasst sich eine optimale Entmagnetisierungszeit t2,opt. bestimmen(d∆ (B/TN)opt. /dt2 = 0

)t2,opt. =

B1 −B2√α

. (5.72)

Daraus erhalt man fur die optimale Entmagnetisierungsfunktion

Bopt. (t) = B1 −√α t (5.73)

und das minimale Maß der Nichtadiabatizitat

∆(B

TN

)min

=2γλ

√α ln

(B1

B2

). (5.74)

5.5.2 Numerische Losungen der Feldgleichungen

Fur einen homogenen Prozess der Entmagnetisierung der außeren Kupferkernstufe mit einer effekti-

ven Stoffmenge von 65,13 mol von B1 = 8, 425 T auf B2 = 0, 02 T in 44 h wurden die nichtlinearen

Feldgleichungen (5.52) der Zwei-Feld-Theorie mittels eines Mathematica-Programms numerisch

gelost. Die Starttemperatur betragt Te1 = TN1 = 8, 3 mK. Die Entmagetisierungfunktionen B (t/s)

a : B (t) = 8, 425− 5, 3061869× 10−5 × t

b : B (t) = 8, 425− 1, 00816× 10−4 × t+ 3, 01478× 10−10 × t2

c : B (t) = 3, 349865447× 10−10 (t− 158400)2 + 0, 02

d : B (t) = 8, 425 exp (−t/26211, 16)

e : B (t) = 0, 02 cosh(

158400− t

23514, 14

)(5.75)

sind in 5.1 darstellt.

Die Entmagnetisierungsfunktion b entspricht der Losung (5.69) des in Kap. 5.5.1 formulierten

einfachen Variationsproblems mit γ = 370 Ws2T−2, α = 1, 5× 10−9 W/γ = 4, 054× 10−12 T2s−2,

und ξ = 0, 440374 T. Die optimale Entmagnetisierungszeit entsprechend Gl. 5.72 ergibt

t2,opt. = 1160 h. Eine numerische Berechnung der optimalen Entmagnetisierungsfunktion in der

Zwei-Feld-Theorie fur eine Entmagnetisierungszeit von 44 h fuhrt auf die Funktion c in Gl. 5.75.

Die in der Zwei-Feld-Theorie berechnete optimale Entmagnetisierungsfunktion c fuhrt zu ei-

ner im Vergleich zu den anderen Entmagnetisierungsfunktionen deutlich tieferen elektronischen

Endtemperatur (Te,min ≈ 25 µK), wie in Abb. 5.2 ersichtlich. Im Feld B2 = 0, 02 T betragt

die Erwarmungsrate bei dem Warmeleck von 1,5 nW nur 0, 05 µKh−1. Die bei der Berechnung

der optimalen Entmagnetisierungsfunktion im einfachen Variationsproblem gemachten Annahmen

(Hochtemperaturnaherung) machen sich, wie in Abb. 5.3 zu erkennen ist, besonders deutlich in

der Entwicklung der Temperaturdifferenz Te − TN bemerkbar.

Bevor wir die theoretischen Ergebnisse in Kap. 7 experimentell uberprufen konnen, mussen wir

uns mit der Messung der Temperatur beschaftigen.

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5.5. OPTIMIERTER THERMODYNAMISCHER PROZESS DER KERNSPINKUHLUNG 61

0 10 20 30 40 5010-2

10-1

100

101

e

dc

b

aB

(T)

t (h)

Abbildung 5.1: Entmagnetisierungsfunktionen B (t) entsprechend Gl. 5.75 fur eine Entmagnetisie-

rung von B1 = 8, 425 T auf B2 = 0, 02 T in 44 h

0 10 20 30 40 5010-5

10-4

10-3

10-2

e

dcba

T e (K

)

t (h)

Abbildung 5.2: Elektronische Temperatur Te (t) fur die Entmagnetisierungsfunktionen (5.75) bei

einer Starttemperatur Te1 = 8, 3 mK.

Page 64: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

62 KAPITEL 5. THERMODYNAMIK DER KERNSPINKUHLUNG

Abbildung 5.3: Differenz von elektronischer und Kernspintemperatur Te (t) − TN (t) fur die Ent-

magnetisierungsfunktionen (5.75)

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Kapitel 6

Messung ultratiefer Temperaturen

Pt−NMR

Thermometrie mit Hilfe von gepulster Kernspinresonanz ist gegenwartig die Standardmethode zur

Bestimmung von Temperaturen unterhalb 1 mK. Das Prinzip der magnetischen Kernspinresonanz

(NMR) [42, 43, 44] basiert auf der Ausrichtung der magnetischen Dipolmomente von Kernen durch

Anlegen eines Magnetfeldes und der Beeinflussung der resultierenden Magnetisierung durch Ein-

strahlung resonanter Wechselfelder senkrecht zum statischen Magnetfeld. Gegenuber der Messung

der statischen Magnetisierung von Kernen hat diese Methode den Vorteil, wesentlich empfindlicher

und gleichzeitig selektiv auf das resonante Kernspinsystem zu sein.

Ublicherweise wird in der Pt-NMR-Thermometrie das Platin wegen des Skin-Effekts in Form

eines Bundels moglichst dunner Drahte benutzt. Dadurch wird zum einen die Zahl der zum Signal

beitragenden Kerne erhoht bei gleichzeitig geringer Aufheizung der Probe durch Wirbelstrome. Die

Notwendigkeit, die Drahte wegen der erforderlichen guten Warmeleitung mit einem Trager zu ver-

schweißen, setzt erfahrungsgemaß dem minimalen Drahtdurchmesser sowie Qualitat der Isolierung

der Drahte gegeneinander eine praktische untere Grenze, was die Homogenitat der Probe wesentlich

beeintrachtigt. Die Inhomogenitat des angelegten Wechselfeldes, als auch die lokal unterschiedli-

chen effektiven Durchmesser der Drahte und der daraus folgende ungleichmaßige Warmeeintrag

verhindern eine Berechnung des NMR-Signals und des thermischen Verhaltens der Probe nach ei-

nem Puls. Belasst man dagegen die Probe als massiven Zylinder, so erhalt man eine wohl definierte

Probenform, fur welche das NMR-Signal wie auch thermischen Ausgleichsvorgange nach dem Puls

berechenbar sind.

Zur Messung ultra-tiefer Temperaturen wurde auf der Kernstufe erstmalig ein Pt-NMR-

Thermometer in Form eines massiven Stabes an Stelle des ublichen Bundels aus Platindrahten

eingesetzt und erfolgreich getestet.

63

Page 66: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

64 KAPITEL 6. MESSUNG ULTRATIEFER TEMPERATUREN PT −NMR

6.1 Grundlagen der Pt-NMR-Thermometrie

Der erste Nachweis der magnetischen Kernresonanz gelang fast gleichzeitig Bloch, Hansen und

Packard in Stanford [38] sowie Purcell, Torrey und Pound am MIT [39] im Jahre 1946. Grundlage

der magnetischen Kernresonanz bildet die Erscheinung des Kernparamagnetismus (siehe Kap. 3.2).

Aus einem Vergleich der in der Tabelle 3.1 dargestellten Eigenschaften verschiedener Metallisotope

geht hervor, dass Platin am besten als Probenmaterial fur NMR-Thermometrie bei ultra-tiefen

Temperaturen geeignet ist. Nur das Isotop 195Pt besitzt ein magnetisches Dipolmoment und mit

einer Kernspinquantenzahl I = 1/2 kein Quadrupolmoment. Die Kernspin-Gitter-Relaxationszeit

τ1 ist sehr klein, wodurch sich das thermische Gleichgewicht zwischen dem Kernspinsystem und

den Leitungselektronen schnell einstellt. Durch die relativ große Spin-Spin-Relaxationszeit τ2 kann

der Zerfall des Signals leicht beobachtet werden.

6.1.1 Statische Magnetisierung

Platinkerne 195Pt besitzen ein magnetisches Moment

µ = γII , γI = gIe

2mp, (6.1)

mit einem gyromagnetischen Verhaltnis γI/2π = 9, 093 MHz/T. Im metallischen Platin ergibt sich

eine Verschiebung der Resonanzfrequenz der Kerne auf γI/2π = 8, 781MHz/T, die durch Wech-

selwirkung der magnetischen Momente der Leitungselektronen mit den Kernen verursacht wird.

Diese Verschiebung wird als Knight-Shift bezeichnet.

Die potentielle Energie eines Kernmoments in einem konstanten und homogenen Feld der magne-

tischen Induktion B = (0, 0, B0), die Zeeman-Energie, betragt entsprechend Gl. 3.5

ε = ± 12γ ~ B0 . (6.2)

Bezeichnen N+ undN− die Zahl der magnetischen Momente mit der Komponente µz parallel

und antiparallel zu B, so gilt im Gleichgewicht

N+

N=

exp (x)exp (x) + exp (−x)

undN−N

=exp (−x)

exp (x) + exp (−x)(6.3)

mit x = γ ~ B0/2 k TN und der Temperatur des Kernspinsystems TN.

Die statische Magnetisierung M = (0, 0,M0) folgt dann durch Multiplikation von µz mit der

Besetzungszahldifferenz (N+ −N−) /N und der Zahldichte N/V der Kernmomente zu

M0 =N

V

~ γ2

tanh(

~ γ B0

2 k TN

). (6.4)

Die thermische Zustandsgleichung 6.4 fur das paramagnetische Verhalten von 195Pt-Kernen bildet

die Grundlage der Pt-NMR-Thermometrie.

Page 67: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

6.1. GRUNDLAGEN DER PT-NMR-THERMOMETRIE 65

In der Hochtemperaturnaherung (x 1) ergibt sich aus Gl. 6.4

M0 =N

V

~2 γ2

4 kB0

TNund

~ γ B0

2 k TN 1 . (6.5)

Durch Einfuhrung der Suszeptibilitat χ = µ0 M0/B0, erhalt man das Curie-Gesetz in der Form

χ = µ0N

V

~2 γ2

4 k1TN

=:ΛTN

, (6.6)

Mit einer Curie-Konstante Λ = 17, 25 nK fur Platin. Diese Curie-Konstante ist ungefahr 6

Großenordnungen kleiner als die des schwachsten elektrischen Paramagneten CMN (ΛCMN = 11 mK).

Es ist nicht zu erwarten, dass derartig kleine Werte der Suszeptibilitat mit den ublichen stati-

schen Methoden nachgewiesen werden konnen, zumal der immer vorhandene Diamagnetismus der

Elektronenhullen bereits zu Suszeptibilitaten von der Großenordnung 10−5 bis 10−6 fuhrt. Es ist

jedoch relativ einfach, den Kernmagnetismus durch das Phanomen der paramagnetischen Kernre-

sonanz zu beobachten. Eine theoretische Beschreibung des Resonanzeffekts liefern die Bloch’schen

Gleichungen.

6.1.2 Die Bloch’schen Gleichungen

Die Dynamik der Kernmagnetisierung wird phanomenologisch durch die Bloch’schen Gleichungen

beschrieben:

dMi

dt= Eijk Mj γ Bk −

(Mz − M0) e3iτ1

− Mx e1i + My e

2i

τ2, (6.7)

worin e1, e2 und e3 die Einheitsvektoren der kartesischen Koordinaten (x, y, z) bezeichnen und

(Mx,My,Mz) die Komponenten der Magnetisierung M sind. M0 ist die Gleichgewichtsmagneti-

sierung durch das konstante homogene Feld der magnetischen Flußdichte B = B0 e3. Die Spin-

Gitter-Relaxationszeit τ1 ( longitudinale Relaxation ) ist ein Maß fur die Zeit, die das System der

magnetischen Kernmomente ( Spinsystem ) benotigt, um nach einer Storung die vorher bestehende

Boltzmann-Verteilung das Gleichgewicht Gl. 6.3 wiederherzustellen. Aber nicht nur zwischen dem

Kernspinsystem und dem Gitter bestehen Wechselwirkungen, sondern auch innerhalb des Kern-

spinsystems. Die Spin-Spin-Relaxationszeit τ2 ( transversale Relaxationszeit ) ist ein Maß fur die

Zeit, wahrend der die Kernspinmomente , die zu den transversalen Komponenten Mx und My der

Magnetisierung beitragen, in Phase bleiben. Das Vektorprodukt M × γB in Gl. 6.7 entspricht der

Summe der einzelnen Drehmomente, die die Kernmomente µ im Feld der magnetischen Flußdichte

B erfahren.

Die Integration von Gleichung Gl. 6.7 fur den Fall eines konstanten Magnetfeldes B = B0 e3

und bei Vernachlassigung von Relaxationseffekten ergibt

Page 68: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

66 KAPITEL 6. MESSUNG ULTRATIEFER TEMPERATUREN PT −NMR

Mx (t) = Mx (0) cos (ω0 t) + My (0) sin (ω0 t) ,

My (t) = My (0) cos (ω0 t) − Mx (0) sin (ω0t) ,

Mz (t) = Mz (0)

(6.8)

worin ω0 = γ B0 die Larmorfrequenz bezeichnet. Die Gleichungen 6.8 , die in der Form

Mi (t) = Oij (ω0 t) Mj (0) (6.9)

mit der orthogonalen Matrix

O (ω0 t) =

cosω0 t sinω0 t 0

− sinω0 t cosω0 t 0

0 0 1

, (6.10)

geschrieben werden konnen, beschreiben eine Prazession der Magnetisierung um die z-Achse.

Der makroskopische Effekt des Feldes der magnetischen Flussdichte B0 e3 besteht in einer Ma-

gnetisierung M ‖ B0 e3 . Die transversalen Komponenten von M verschwinden, da die einzelnen

Kernmomente unterschiedliche Phasen besitzen.

Die Realisierung einer Phasenkoharenz der prazedierenden Spins wird als Resonanz bezeichnet.

Sie kann durch Einstrahlung eines hochfrequenten Wechselfeldes

B1 (t) = 2B1 cos (ωFR t) e1, (6.11)

senkrecht zur Richtung des Feldes der konstanten magnetischen Flussdichte B0 e3 erreicht werden.

Im Resonanzfall gilt

ωFR = ω0 = γ B0, (6.12)

und es konnen Ubergange zwischen den beiden Energiezustanden Gl. 6.2 der 195Pt − Kerne im

Magnetfeld induziert werden.

Das linear polarisierte Feld B1 laßt sich als Superposition von zwei zirkular polarisierten Feldern

gleicher Amplitude und unterschiedlicher Drehrichtung darstellen,

B1 (t) = B1

(cos (ωFR t) e1 + sin (ωFR t) e2

)+ B1

(cos (ωFR t) e1 − sin (ωFR t) e2

). (6.13)

Der erste Summand in Gl. 6.13 beschreibt ein links drehendes, zirkular polarisiertes Feld, wahrend

der zweite Summand ein rechts drehendes Feld darstellt.

Da das links drehende Feld B1

(cos (ωFR t) e1 + sin (ωFR t) e2

)entgegen den prazedierenden

Spins rotiert, kann sein Effekt auf das Spinsystem fur Frequenzen ωFR ≈ ω0 vernachlassigt werden.

Dann kann das hochfrequente Wechselfeld Gl. 6.11 durch ein rechts drehendes zirkular polarisiertes

Feld dargestellt werden, und das Feld der magnetischen Induktion ist gegeben durch

B (t) = B0 e3 + B1

(cos (ωFR t) e1 − sin (ωFR t) e2

). (6.14)

Page 69: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

6.1. GRUNDLAGEN DER PT-NMR-THERMOMETRIE 67

Um den Einfluß des zeitlich veranderlichen Feldes der magnetischen Flußdichte Gl. 6.14 auf die

Magnetisierung des Kernspinsystems zu untersuchen, ist es vorteilhaft, die Bloch’schen Gleichun-

gen fur ein Nichtinertialsystem aufzuschreiben. Dazu betrachten wir euklidische Transformationen

zwischen einem Inertialsystem mit den Koodrdinaten xi und einem Nichtinertialsystem mit den

Koorinaten x∗i :

x∗i (t) = O∗ij (t) xj + b∗i (t) , (6.15)

worin O∗ (t) eine orthogonale Matrix darstellt und b (t) die relative Bewegung der beiden karte-

sischen Koordinatensysteme gegeneinander bestimmt. Bezuglich euklidischer Transformation sind

die Magnetisierung und die magnetische Flussdichte axiale objektive Vektoren,

M∗i = det O∗ O∗ij Mj ,

B∗i = det O∗ O∗ij Bj .(6.16)

Fur das totale zeitliche Differential der Magnetisierung im Nichtinertialsystem folgt dann mit

det O = +1

M∗i = O∗ij Mj + O∗ij Mj ,

O∗ik M∗i = Mk − W ∗

kj Mj ,(6.17)

mit der antisymmetrischen Matrix der Winkelgeschwindigkeit W ∗kj = Oke O

∗je = − E∗kje ω

∗e

Im Nichtinertialsystem lauten die Bloch’schen Gleichungen dann

M∗x = γ (M∗ × B∗

eff)x −1τ2M∗

x

M∗y = γ (M∗ × B∗

eff)y −1τ2M∗

y

M∗z = γ (M∗ × B∗

eff)z −1τ1

(M∗z − M0) ,

(6.18)

wobei

B∗eff = B∗ +

ω∗ (6.19)

die effektive magnetische Flussdichte bezeichnet, die auf die magnetischen Momente im Nichti-

nertialsystem wirkt.

Mit dem Feld der magnetischen Flussdichte Gl. 6.14 ergibt sich fur das effektive Feld B∗eff in

einem Nichtinertialsystem, das mit der Winkelgeschwindigkeit ω∗ = − γ B1e∗3 rotiert, mit

B∗x

B∗y

B∗z

=

cosωRF t − sinωRF t 0

sinωRF t cosωRF t 0

0 0 1

B1 cosωRF t

−B1 sinωRF t

B0

,

B∗ = B1 e∗1 + B0 e∗3 (6.20)

Page 70: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

68 KAPITEL 6. MESSUNG ULTRATIEFER TEMPERATUREN PT −NMR

entsprechend Gl. 6.19

B∗eff = B1 e∗1 +

(B0 −

ωRF

γ

)e∗3. (6.21)

Durch die Transformation in das mit der Winkelgeschwindigkeit ω∗ = − γ B1 e∗3 rotierende

Nichtinertialsystem wurde die Zeitabhangigkeit der magnetischen Flussdichte B1 (t) eliminiert.

Die Veranderung der z-Komponente der Magnetisierung ist unter Resonanzbedingungen am effek-

tivsten, d.h. bei Hochfrequenzeinstrahlung mit der Larmorfrequenz (ωRF = ω0).

Unter Resonanzbedingungen ergibt sich bei Vernachlassigung von Relaxationseffekten aus den

Bloch’schen Gl. 6.18

M∗x = 0

M∗y = γ B1 M

∗z

M∗z = − γ B1 M

∗y .

(6.22)

Die Losung von Gl. 6.22 mit den Anfangsbedingungen M∗x (0) = M∗

y (0) = 0 und M∗z = M0

lautet

M∗x = 0

M∗y = M0 sin (γ B1 t)

M∗z = M0 cos (γ B1 t) .

(6.23)

Die Magnetisierung M∗ prazediert mit der Winkelgeschwindigkeit γ B1 e∗1 ( forced precession ).

Ergebnis der forced precession ist eine Auslenkung der Magnetisierung M∗ aus der z∗−Achse um

den Winkel ϑ,

ϑ =∫ τp

0

γ B1 dt = γ B1 τp , (6.24)

wenn τp die Lange des eingestrahlten Hochfrequenzpulses bezeichnet.

Ausgehend von einer Magnetisierung M∗ (0) = (0, 0,M0) ergibt sich zum Zeitpunkt t = τp

mit Gl. 6.23 eine Magnetisierung

M∗ (t = τp) = (0,M0 sin (γ B1 τp) ,M0 cos (γ B1 τp)) . (6.25)

Diese Magnetisierung ist im Inertialsystem ( Laborsystem ) nicht konstant, sondern gegeben durch

M = (M0 sin (γ B1 τp) sin (ω0 t) ,M0 sin (γ B1 τp) cos (ω0 t) ,M0 cos (γ B1 τp)) , (6.26)

und induziert damit in einer ortfesten Empfangerspule eine Wechselspannung, die nachgewiesen

werden kann und proportional M0 sin (γ B1 τp) ist.

Fur einen 90 − Puls gilt γ B1 τp = π/2 und es folgt fur die Magnetisierung

M = (M0 sin (ω0 t) ,M0 cos (ω0 t) , 0). Nach der Storung durch die Hochfrequenzeinstrahlung

Page 71: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

6.1. GRUNDLAGEN DER PT-NMR-THERMOMETRIE 69

kehrt das magnetisierte Spinsystem wieder in seinem thermischen Gleichgewichtszustand zuruck.

Dieser Prozess wird durch eine Prazession der Magnetisierung um die z-Achse mit der Winkel-

geschwindigkeit γ B0 e∗3 (free precession), den Verlust der Phasenkoharenz (transverse relaxation)

und eine Erhohung der longitudinalen Magnetisierung Mz (longitudinal relaxation) bestimmt. Bei-

de Relaxationsprozesse sind auf mikroskopische Magnetfelder in der Umgebung der Kerne zuruck-

zufuhren, deren Frequenzspektrum die Lamorfrequenz enthalt. Phanomenologisch werden die trans-

versale und longitudinale Relaxation in den Bloch’schen Gleichungen(6.7) durch Ratengleichungen

beschreiben.

Unter der Annahme, dass fur Zeiten t ≤ τp Relaxationseffekte vernachlassigt werden konnen,

ergibt sich fur die zeitliche Entwicklung der Magnetisierung mit M (t = τp) entsprechend Gl. 6.26

Mx (t) = M0 sin (γ B1 τp) sin (ω0 t) exp (−t/τ2) ,

My (t) = M0 sin (γ B1 τp) cos (ω0 t) exp (−t/τ2) , (6.27)

Mz (t) = M0 cos (γ B1 τp) [1− exp (−t/τ1)] .

Die vollstandige numerische Losung der Blocheschen Gl. 6.7 im Feld der magnetischen Flussdichte

B (t) =

B0 e3 + 2B1 cos (ω0 t) e1 fur t ≤ τp

B0 e3 fur t > τp

(6.28)

ist in Abb. 6.1 und Abb. 6.2 dargestellt

Die induzierte Spannung U (t) ∝ dMx/dt, die in der Hochfrequenzspule wahrend des freien

Induktionszerfalls (FID) von 195Pt− Kernspins induziert wird, kann dann mit Gl. 6.28 beschrieben

werden durch

U (t) ∝ M0 sin (ϑ) ω0 sin (ω0 t) exp (−t/τ2) , (6.29)

wobei ω0 τ2 1.

Aus der temperaturabhangigen Anfangsamplitude M0 (bzw. der integralen Signalflache des gleich-

gerichteten FID) ergibt sich ein Signal S ∝ M0, das entsprechend der thermischen Zustandsglei-

chung (6.4) die Grundlage der Pt-NMR-Thermometrie darstellt. Es gibt jedoch einige Voraus-

setzungen, damit die Methode der gepulsten Pt-NMR-Thermometrie zur prazisen Messung der

Kernspintemperatur TN eingesetzt werden kann.

6.1.3 Voraussetzungen und Begrenzungen der Pt-NMR-Thermometrie

Es gibt mehrere Voraussetzungen fur die prazise Temperaturmessung mittels gepulster Pt-NMR.

Die erste notwendige Voraussetzung betrifft das Vorliegen eines thermischen Gleichgewichts zwi-

schen dem 195Pt−Kernspinsystem und dem System der Metallelektronen sowie die Gultigkeit der

Page 72: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

70 KAPITEL 6. MESSUNG ULTRATIEFER TEMPERATUREN PT −NMR

- 0.1

0

0.1

- 0.1

0

0.1

0

0.1

0.2

0.3

- 0.1

0

0.1

- 0.1

0

0.1

M (A/m)x

M (A/m)z

M (A/m)y

M(t=0)

M(t=t )p

- 0.1

0

0.1

- 0.1

0

0.1

0

0.1

0.2

0.3

- 0.1

0

0.1

- 0.1

0

0.1

M (A/m)x

M (A/m)z

M (A/m)y

M(t=t )p

Abbildung 6.1: Bewegung des Magnetisierungsvektors M in Platin unter dem Einfluss eines hoch-

frequenten Drehfeldes bei Resonanz fur Zeiten 0 < t ≤ τp (oben) und τp ≤ t < 5000 τp (unten)

mit ω0 = 2π 250 kHz, TN = 1 mK, τp = 40 ω−10 und ϑ = 22, 92

.

Page 73: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

6.1. GRUNDLAGEN DER PT-NMR-THERMOMETRIE 71

- 0.005

0

0.005

- 0.005

0

0.005

0.361059

0.36106

0.361061

- 0.005

0

0.005

- 0.005

0

0.005

500 1000 1500 2000 2500

- 0.15

- 0.1

- 0.05

0.05

0.1

0.15

M sin(gB t )exp(-t/t )0 1 p 2

M (A/m)x

-1t (w )0

M (A/m)z

M (A/m)x

M (A/m)y

Abbildung 6.2: Bewegung des Magnetisierungsvektors M in Platin fur Zeiten 5000 τp ≤ t ≤10000 τp (oben) und Free Induction Decay (unten) entsprechend Abb. 6.1

Page 74: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

72 KAPITEL 6. MESSUNG ULTRATIEFER TEMPERATUREN PT −NMR

Abbildung 6.3: Fehler der Hochtemperaturnaherung fur die Magnetisierung von Platin als Funktion

der Temperatur TN fur Messfrequenzen von 67,5 kHz und 250 kHz

thermischen Zustandsgleichung (6.4).

Eine weitere Voraussetzung stellt die Unabhangigkeit der transversalen Relaxationszeit τ2 von der

Temperatur dar, da ansonsten die Proportionalitat zwischen dem Signal S und der Magnetisierung

M0 nicht mehr gegeben ist. Daruber hinaus wird angenommen, dass zusatzliche Beitrage zum Si-

gnal wie Rauschen vernachlassigt werden konnen, oder vom FID entsprechend Gl. 6.29 separierbar

sind. Die letzte Voraussetzung betrifft die Anforderungen an den Messaufbau in Bezug auf die Ho-

mogenitat und Stabilitat des Magnetfeldes sowie die Zeitstabilitat und Amplitudenlinearitat von

Signaldetektor und Verstarker.

Die Hochtemperaturnaherung der thermischen Zustandsgleichung (6.4) fuhrt auf das Curie-

Gesetz (6.6), dessen Gultigkeit sich auf Temperaturen TN ~ γ B0/2 k beschrankt. Der Fehler

durch Verwendung der Hochtemperaturnaherung folgt durch Vergleich von tan (x) und x und

ist fur die Standardmessfrequenz von 250 kHz und eine Frequenz von 67,5 kHz in Abb. 6.3 als

Funktion der Temperatur dargestellt. Bei einer Frequenz von 67,5 kHz kann das Curie-Gesetz bis

zu tiefsten Temperaturen von 10 µK mit einem Fehler < 1% angewendet werden.

Die kritischen Temperaturen fur magnetische Ordnung in Platin, die sich entsprechend

Tab. 3.1 b fur die dipolare Wechselwirkung zu Td = 12, 5 nK und fur die indirekte Austauschwech-

selwirkung zu TRKKY = 0, 95 µK ergeben, stellen eine naturliche untere Grenze fur die Gultigkeit

der thermischen Zustandgleichung (6.4) und ihrer Hochtemperaturnaherung (6.5) dar.

Page 75: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

6.1. GRUNDLAGEN DER PT-NMR-THERMOMETRIE 73

Da sich aus der Kombination von Fermiwellenvektor kF und Abstand zweier lokalisierter Momente

rij in der RKKY-Funktion f (2KF rij) durch Summation uber mehrere Schalen eine sehr kleine

Austauschkonstante ergibt, verschiebt sich die Ordnungstemperatur fur Platin zum deutlich tiefe-

ren Wert Tc ≈ 200 nK < TRKKY [41].

Die Suszeptibilitat in Gl. 6.6 ergab sich nach Division der Magnetisierung M0 durch das innere

Feld Hint = B0/µ0. Dieses innere Feld wird durch das molekulare Feld der entfernten Momente um

NM0 erhoht, wobei der Lorentz-Faktor fur kubische Metalle N = 1/3 betragt. Das Entmagnetie-

rungsfeld schwacht das innere Feld um den Betrag −DM0, wobei der Entmagnetisierungsfaktor D

von der Form des Korpers und Verteilung der Magnetisierung in ihm abhangt. Nur bei Korpern

von der Gestalt eines Ellipsoids entsteht in einem homogenen außeren Feld H0 eine homogene

Magnetisierung und ein homogenes entmagnetisierendes Feld mit Dx +Dy +Dz = 1.

Fur eine lange zylindrische Probe mit einer Ausrichtung senkrecht zum außeren Feld H0 ergibt sich

fur den Entmagnetisierungsfaktor D ≈ 1/2. Behandelt man schließlich die indirekte Austausch-

wechselwirkung entsprechend einer Erhohung des inneren Feldes um AM0 mit der Austauschkon-

stanten A [47], folgt fur das innere Feld

Hint = H0 +NM0 −DM0 +AM0, (6.30)

und damit fur die Magnetisierung in der Hochtemperaturnaherung Gl. 6.5

M0 =ΛH0

[TN − Λ (N −D +A)]=

ΛH0

TN −Θ. (6.31)

Die thermische Zustandsgleichung in der Hochtemperaturapproximation als Funktion des auße-

ren Feldes H0 fuhrt damit auf ein Curie-Weiss-Gesetz mit der Weisskonstante Θ = Λ (N −D +A).

Fur Platin bestimmt die Austauschkonstante A > 0 (ferromagnetischer Austausch) die Weiss-

Konstante und es gilt naherungsweise Θ ≈ Tc ≈ 200 nK. Damit ergibt sich fur die relative Abwei-

chung der Suszeptibilitat von Curie-Gesetz Gl. 6.6 bei TN = 1 mK in Platin ∆χ/χ = 2.10−4 und

bei TN = 20 µK bereits ∆χ/χ = 1.10−2.

Eine weitere Voraussetzung fur die Anwendbarkeit des Curie-Gesetzes und Konstanz der trans-

versalen Relaxationszeit τ2 in der Pt-NMR-Thermometrie betrifft die Vernachlassigung des Ein-

flusses von Verunreinigungen . Eisen(Fe3+, J = 5/2

)ist die wichtigste 3d−Verunreinigung in

Platin [46, 45].

Zunachst verandern magnetische Verunreinigungen die Relation zwischen innerem und außerem

Feld. Durch die Magnetisierung des Eisens MFe0 ergibt sich entsprechend Gl. 6.30 fur das innere

Feld

Hint = H0 + (N −D +A)MPt0 + (N −D)MFe

0 , (6.32)

wenn die Austauschwechselwirkung der Fe-Momente wegen ihrer hohen Verdunnung

Page 76: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

74 KAPITEL 6. MESSUNG ULTRATIEFER TEMPERATUREN PT −NMR

(〈dFe〉 ≈ 20 nm fur CFe = 2 ppm) vernachlassigt wird. Damit folgt mit (N −D) ≈ −1/6

MPt0 =

Λ(H0 −MFe

0 /6)

TN −Θ, (6.33)

wobei

MFe0 =

NFe

Vgeff µB J Bj (x) = MFe

0,sat Bj (x) . (6.34)

Die Sattigungsmagnetisierung berechnet sich mit CFe = 2 ppm und geff µB J = 6, 5 µB [46]

zu MFe0,sat = 8 A/m. BJ (x = geff µB J B0/k Te) ist die Brillouin-Funktion mit einem effektiven

elektronischen g-Faktor, dem Bohr’schen Magneton µB und der Temperatur Te der Elektronen.

Mit einem außeren Feld H0 = 22600 A/m bei einer NMR-Frequenz von 250 kHz ergibt sich dann

fur die Suszeptibilitat

χ =Λ(1− 6.10−5 BJ (x)

)TN −Θ

. (6.35)

Formal wird die Bestimmung der Temperatur auf der Grundlage des Curie-Weiss-Gesetzes Gl. 6.35

erheblich erschwert, da die Suszeptibilitat nun von den magnetischen Momenten der Verunreini-

gungen und der unbekannten Temperatur Te des elektrischen Systems nach dem Hochfrequenzpuls

abhangt.

Da sich jedoch die Magnetisierung MFe0 bei Temperaturen Te < 15 mK um weniger als 3% andert,

reduziert sich der Effekt von magnetischen Verunreinigungen auf die Curie-Konstante auf einen

vernachlassigbaren Wert von ≈ 2.10−6 [40].

Ein Einfluss von magnetischen Verunreinigungen ware auch durch eine Frequenzverschiebung im

FID beobachtbar.

Magnetische Verunreinigungen konnen weiterhin zu einer temperaturabhangigen Verkurzung

der transversalen Relaxationszeit τ2 und mit steigender Verunreinigungskonzentration zum ”wipe-

out effect“ fuhren [48]. Die in dieser Arbeit verwendeten hochreinen Platinproben zeigten jedoch

keine Anzeichen fur eine Frequenzverschiebung oder eine Formanderung des FID.

Ein Effekt, der sich auf die Form des FID in jedem Fall auswirkt, ist die Strahlungsdamp-

fung. Die durch die prazedierende Magnetisierung induzierte Spannung Uind fuhrt in der HF-Spule

zu einem Strom und damit zu einer Energiedissipation in Form von Joule’scher Warme . Diese

Warmeleistung kann nur von der magnetischen Energie −η V M0 B0 des Kernspinsystems der

Platinprobe aufgebracht werden und muss zu einer Neigung des Magnetisierungsvektors in seine

Gleichgewichtsposition M = (0, 0,M0) fuhren, in der die magnetische Energie minimal wird. Die

Anderung der magnetische Energie ist gegeben durch

W = −η V M0 B0 cosϑ+ η V M0 B0 = η V M0 B0 (1− cosϑ) , (6.36)

wenn V das Volumen der HF-Spule und η den Fullfaktor bezeichnen. Daraus folgt mit der

Joule’schen Warmeleistung U2ind/R

dWdt

= η V M0 B0 sinϑdϑdt

= −U2ind

R. (6.37)

Page 77: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

6.1. GRUNDLAGEN DER PT-NMR-THERMOMETRIE 75

Fur die in einer HF-Spule mit der Windungszahl N und dem Querschnitt A induzierte Spannung

gilt mit Gl. 6.26

Uind = −N A η µ0dMx

dt= −N A η µ0

(M0 cosϑ

dϑdt

sinω0t+M0 sinϑω0 cosω0t

). (6.38)

Die mittlere Joule’sche Warmeleistung ergibt sich dann durch Mittlung uber eine Larmorperiode

2π/ω0 in linearer Naherung zu

U2ind

R=

12R

(N A η µ0 M0 sinϑω0)2. (6.39)

Aus Gl. 6.37 und 6.39 folgt dann mit dem Gutefaktor Q = ω0 L/R des Resonanzkreises und der

Induktivitat L = µ0 AN2/l der Spule eine Bewegungsgleichung fur den Winkel ϑ:

dϑdt

= −12Q η µ0 γ M0 sinϑ = −1

2Q η χ ω0 sinϑ. (6.40)

Integration von Gl. 6.40 ergibt

tan(

12ϑ (t)

)= tan

(12ϑ (0)

)exp

(−1

2Q η χ ω0 t

). (6.41)

Die Relaxationszeit

τRD =1

12 Q η µ0 γ M0

=1

12 Q η χ ω0

(6.42)

definiert dann eine Dampfungszeitkonstante fur die Reaktion des induzierten Feldes auf die

Magnetisierung. Fur einen π/2-Puls zerfallt die induzierte Spannung Gl. 6.29 dann proportio-

nal zu sech (t/τRD).

Die Strahlungsdampfungsrate τ−1RD kann in Pt-NMR-Experimenten in die Großenordnung der

Relaxationsrate τ−12 kommen und so zu einer Verkurzung des FID fuhren. Da fur die transversale

Relaxationszeit τ2 ∝ r3/~ γ2 gilt, wobei r den Abstand benachbarter Spins bezeichnet, ergibt

sich fur das Verhaltnis der Relaxationszeiten von Strahlungsdampfung und Phasenkoharenz mit

Gl. 6.42 und 6.5

τRD

τ2∝ k TN

~ ω0 Q η. (6.43)

Damit folgt, dass außer fur Schwingkreise sehr hoher Gute die Bedingung hoher Magnetisierung,

~ω0 > kTN, die Voraussetzung fur einen wesentlichen Einfluss der Strahlungsdampfung (τRD ≤ τ2)

darstellt.

Fur ϑ π/2 kann die Verkurzung der transversalen Relaxation durch Strahlungsdampfung

mit sinϑ ≈ ϑ in (6.40) durch eine Relaxationsrate τ∗ −12 beschrieben wedern:

1τ∗2

=1τ2

+1τRD

. (6.44)

Da χ ∝ 1/TN sollte 1/τ∗2 fur kleine Winkel ϑ eine lineare Funktion von 1/TN sein. Diese Abhangig-

keit laßt sich experimentell verifizieren [40].

Page 78: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

76 KAPITEL 6. MESSUNG ULTRATIEFER TEMPERATUREN PT −NMR

Der Einfluss der Strahlungsdampfung fur τRD > τ2 wird fur Auslenkungswinkel ϑ = π/2

minimal [50]. π/2-Pulse sind daher in der Pt-NMR-Thermometrie bei ultra-tiefen Temperaturen

Voraussetzung, die Signalkorrektur zu minimieren.

6.2 Experimenteller Aufbau

Als Platinprobe wurde ein massiver Rundstab mit einem Durchmesser von 3 mm an Stelle des

ublichen Bundels aus Platindrahten verwendet. Die Reinheit der Probe btragt 99,999% (5N) mit

den spezifizierten Verunreinigung:

Tabelle 6.1: Verunreinigungen in der Platinprobe

Elemente Konzentration [µg/g]

Ir < 5

Rh = 0,2

Pd = 0,8

Ru = 0,2

Au < 0,08

Ag = 0,2

Cu = 1,7

Co = 0,04

Ni = 0,2

Fe < 3

Der Rundstab wurde rechtwinklig gebogen und am unteren Ende zur Befestigung an der Kern-

stufe ein M3 - Gewinde aufgeschnitten. Die kurzere Seite der hakenformigen Probe mit einer Lange

von 7 mm dient zur Aufnahme der Transmitter - Empfangerspule. Nach dem Tempern der Pla-

tinprobe wurde ein Restwiderstandsverhaltnis nach der Wirbelstrommethode von RRR = 1200

bestimmt. Damit ergibt sich die Eindringtiefe δ des Hochfrequenz - NMR - Pulses aufgrund des

Skineffektes zu

δ =

√ρ (300 K)RRR π µ0 f

= 9, 46 µm, (6.45)

bei einem Widerstand von ρ (300 K) = 10, 6 µΩcm und einer Frequenz von f = 250 kHz.

Die Transmitter - Empfangerspule zur Anregung der Pt - Kerne und zur Aufzeichnung des FID

- Signals besteht aus Cu - Draht von Durchmesser 20µm. Die Windungszahl wird so gewahlt, dass

der Schwingkreis, in dem sich die Spule befindet, bei einer Resonanzfrequenz betrieben werden

kann. Fur die vorliegende Kabelkapazitaten ergab sich fur eine Frequenz von 250 kHz (entspricht

einer magnetischen Flussdichte von 28,47 mT) eine Windungszahl von N = 1440. Die Spulenlange

Page 79: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

6.2. EXPERIMENTELLER AUFBAU 77

0

20

40

60

-20

-40

-60

1,0 0,5

Feldverlauf B /B (0)z z

mm

M

ag

ne

tsp

ule

mit

Wic

kel u

nd

Sch

irm

Kernstufe

Platinprobe

Niobwickel

Niobschirm

Magnetspule

HF-Spule

Halterung zur Befestigungan der Mischkammer

Abbildung 6.4: Aufbau des 195Pt-NMR-Thermometers, das thermisch mit der außeren Cu-

Kernstufe verbunden ist.

betragt l = 6 mm. Bei Raumtemperatur hat die HF-Spule einen Widerstand von 823 Ω und eine

Induktivitat von L ≈ 2, 9 mH. Die typische Heizleistung pro Anregungspuls betragt etwa 300 nJ

bei den tiefsten Temperaturen. Die Pulsdauer τp liegt um 10 µs.

Der gesamte Aufbau ist, wie in Abb. 6.4 dargestellt, von einer supraleitenden Feldspule um-

geben, die thermisch mit der Mischkammer verbunden ist, wohingegen die Platinprobe auf die

Kernstufe aufgeschraubt ist.

Die wesentliche Anforderung an die Magnetspule besteht in der Forderung einer hohen Feldho-

mogenitat. Damit die Verkurzung der Spin-Spin-Relaxationszeit aufgrund von Feldgradienten ∆B

entsprechend

τ∗−12 = τ−1

2 + γ ∆B (6.46)

unter 5% bleibt, ist eine Feldhomogenitat uber das Probenvolumen von ∆B/B ≤ 3.10−5 er-

fordelich. Diese Feldhomogenitat wird durch Verwendung eines offenen diemagnetischen Zylin-

ders erreicht [49], der das Feld innerhalb der Magnetspule von dem außeren Feld entkoppelt.

Auf einen Neusilberzylinder mit einem Innendurchmesser von 15,0 mm wurde eine Niobfolie von

Page 80: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

78 KAPITEL 6. MESSUNG ULTRATIEFER TEMPERATUREN PT −NMR

Abbildung 6.5: Schematischer Aufbau der NMR-Elektronik

50 µm Dicke und einer Breite von 90 mm mit einer dazwischen liegenden 25 µm dicken Mylarfolie

umwickelt (3 Lagen). Die daruber liegende Magnetspule besteht aus 1553 Windungen eines 0,2

mm dicken Multifilament-NbTi-Drahtes mit Cu-Matrix (VAC Vacryflux 5001, F60) in 4 Lagen auf

einer Lage von 80 mm. Der außere supraleitende Schirm besteht aus einem Niobrohr mit einem

Innendurchmesser von 25 mm, einer Wandstarke von 1 mm und einer Lange von 100 mm, und ist

an den Enden durch 4 mm dicke Niobdeckel verschlossen. Die ca. 5 m langen Drahtenden der Ma-

gnetspule sind durch den Vakuumtopf des Kryostaten gefuhrt, dort eingelotet und auf den Stufen

des 3He/4He−Verdunnungskryostaten thermisch abgefangen.

Die Elektronik fur die Pt-NMR-Thermometrie besteht aus einem Pulsgenerator, einem Breit-

bandverstarker und einem wave-form recorder als Detektor. Abb. 6.5 zeigt den schematischen

Aufbau der Messelektronik.

Der Breitbandverstarker ist dreistufig mit RC-Filtern von 100 kHz bis 300 kHz zwischen den

Stufen. Die erste Stufe hat einen rauscharmen (5 nVHz1/2) FET-Eingang. Mittels einer negativen

Ruckkopplung wird eine Linearitat von < 10−4/K erreicht. Der waveform recorder (Hp5183 A)

hat eine Auflosung von 12 bits und eine sampling rate von 4 MHz.

In Abb. 6.6a ist der bei 250 kHz mit einer Sampling rate von 4 MHz aufgenommene FID der

Platinprobe bei einer Temperatur von 52 µK darstellt. Die Langen der Transmitterpulse betragen

τp = 8 µs.

Abb. 6.6b zeigt die Fourier-Transformierte des Signals (Lorenzkurve), woraus sich eine Fre-

quenzabweichung von ∆f = 20 Hz und eine Relaxationsrate von τ−12 = 1, 214/ms ergibt.

Page 81: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

6.2. EXPERIMENTELLER AUFBAU 79

0,0000 0,0005 0,0010 0,0015 0,0020 0,0025-400

-300

-200

-100

0

100

200

300

400

Abbildung 6.6a: Bild eines FID der kompakten Platinprobe bei 250 kHz mit einer Abtastrate von

4 MHz. Die gemessene Temperatur betragt 52 µK.

2,3x105 2,4x105 2,5x105 2,6x105 2,7x1050

20

40

60

80

100

Abbildung 6.6b: Fourier-Transformiete des in Abb. 6.6a dargestellten FID

.

Page 82: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

80 KAPITEL 6. MESSUNG ULTRATIEFER TEMPERATUREN PT −NMR

Page 83: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

Kapitel 7

Testbetrieb der Mikrokelvinanlage

Erste Tests zur Uberprufung der Leistungsfahigkeit sowohl die Kernkuhlstufe als auch der Pt-

NMR-Thermometrie konnten erfolgreich abgeschlossen werden. Fur diese Testmessungen an der

105 mol Kupferstufe befanden sich nur das Pt-NMR-Thermometer und ein Fixpunktdevice auf der

oberen Stirnflache der Kernstufe im feldkompensierten Bereich (Abb. 4.5).

Zum Vorkuhlen der Kernstufe wurde das Magnetfeld in einer Zeit von 10 Stunden auf einen

Wert von B1 = 8, 425T erhoht, wobei die Temperatur auf 70 mK anstieg. Um die 105 mol Kupfer-

kernstufe im B1- Feld auf die Starttemperatur von Te1 = 8, 3mK abzukuhlen, wurden 70 Stunden

benotigt. Fur die Verringerung der Starttemperatur Te1 (t) wurde eine funktionelle Zeitabhangig-

keit Te1 (t) ∝ t−1/3 ermittelt. Diese erwartete Zeitabhangigkeit ergibt sich unter der Annahme,

daß die Kuhlkraft des Verdunnungskuhlers proportional zu T 2e und die spezifische Warme der

Kernkuhlstufe proportional zu T−2e sind, und daß zwischen beiden eine metallische Verbindung

besteht.

Nach Erreichen der Starttemperatur von 8, 3 mK wird die thermische Verbindung zwischen

der Mischkammer des Verdunnungskryostaten und der Kernkuhlstufe uber den Warmeschalter

getrennt. Das Magnetfeld wird anschließend gesteuert nach der berechneten optimalen Entma-

gnetisierungsfunktion Gl. 5.75c in 44 h auf den Endwert von 0,02 T reduziert. Die mit dem

Pt-NMR-Thermometer gemessenen Temperaturen sind in Abb. 7.1 dargestellt und entsprechen

den in der Zwei-Feld-Theorie berechneten elektronischen Temperaturen mit einer Unsicherheit von

∆T/T < 5%. Die minimale gemessene Temperatur betragt Te,min = 23, 4 µK. Nach einer Zeit

von 48 h hatte sich die Temperatur im Feld von 20 mT nur um 2, 4 µK erhoht.

Eine weitere Reduzierung des Endfeldes unter 0,02 T, die zweifellos zu einer tieferen Endtem-

peratur fuhrt, war nicht moglich, da das verwendete Magnetstromnetzgerat auf einen minimalen

Strom von 150 mA begrenzt ist. Unter diesem Gesichtspunkt und in Anbetracht der Tatsache, dass

zur Entmagnetisierung vorerst nur die außere Kupferkernstufe verwendet wurde, ist der Funktions-

81

Page 84: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

82 KAPITEL 7. TESTBETRIEB DER MIKROKELVINANLAGE

0 10 20 30 40 500

2

4

6

8

mK

h

T

t

Abbildung 7.1: Mittels Pt-NMR-Thermometrie gemessene Temperatur (Kreise) fur eine Entma-

gnetisierung von B1 = 8, 425 T auf B1 = 0, 02 T in 44 h nach der optimalen Entmagnetisierungs-

funktion c in Gl. 5.75 . Die gezeichnete Kurve stellt den in der Zwei-Feld-Theorie berechneten

Verlauf (Abb. 5.2c) dar

Page 85: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

83

test der Mikrokelvinanlage (einschließlich Kernstufe, Warmeschalter und Pt-NMR-Thermometrie)

sowie die Uberprufung der thermodynamischen Beschreib ung des Prozesses der Kernspinkuhlung

erfolgreich abgeschlossen worden. Die mittels Pt-NMR-Thermometrie im feldkompensierten Be-

reich ermittelten Festkorpertemperaturen entsprechen den berechneten elektronischen Temperatu-

ren der thermodynamischen Feldtheorie.

Page 86: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

84 KAPITEL 7. TESTBETRIEB DER MIKROKELVINANLAGE

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Kapitel 8

Zusammenfassung und Ausblick

In dieser Arbeit wurde eine neuartige Kernkuhlstufe entwickelt und erfolgreich getestet. Mit ihrer

Hilfe ist es moglich, dass kondensierte Materie bis auf einige Mikrokelvin abgekuhlt und in starken

Magnetfeldern untersucht werden kann.

Die thermodynamische Feldtheorie der Kernspinkuhlung basiert auf einer kinetischen Beschrei-

bung von Leitungselektronen in einem Metall und ihrer Kontaktwechselwirkung mit den lokalisier-

ten magnetischen Momenten der Atomkerne. Die Berechnung der thermodynamischen Prozesse,

die sich als Losung der Feldgleichungen fur die Temperaturen der Elektronen und der Kernspins

sowie des Warmeflusses ergeben, bilden die effektive Gestaltung der Kernkuhlstufe und fur die

Beschreibung einer optimierten Entmagnetisierungsfunktion zur Erzeugung tiefster Temperaturen.

Die entwickelte neuartige Dreifach-Kernstufe besteht aus konzentrisch angeordneten Zylindern

aus hochreinen Kupfer und Platin. Dieser konzentrische Aufbau erlaubt durch eine effektive Aus-

nutzung des Magnetfeldes im oberen Bereich des supraleitenden Magnetsystems die Entmagneti-

sierung der Kernmomente von 9 Tesla auf einige Millitesla und die Abkuhlung von Experimenten

auf einigen Mikrokelvin. Im unteren Bereich des Magnetsystems mit hoher Feldhomogenitat kann

dann das Verhalten ultrakalter Materie in Magnetfeldern bis zu 9 Tesla untersucht werden.

In ersten Tests an der außeren Kupferkernstufe konnten durch thermodynamisch optimierte

Entmagnetisierung bereits Festkorpertemperaturen von unter 25 µK gemessen und fur mehrere

Tage aufrecht erhalten werden. Die mit einem Pt-NMR-Thermometer bestimmten Temperatu-

ren im feldkompensierten Bereich sind in Ubereinstimmung mit den berechneten elektronischen

Temperaturen. Eine zuverlassige Messung der Temperatur konnte erst durch Verbesserung der Pt-

NMR-Thermometrie erreicht werden.

Die Konstruktion eines geeigneten Warmeschalters sowie Maßnahmen zu Reduzierung des

Warmelecks haben sich als wesentliche Voraussetzungen fur den effektiven Betrieb der Mikro-

85

Page 88: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

86 KAPITEL 8. ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

kelvinanlage herausgestellt. Durch aufwendige Maßnahmen zur Schwingungsdampfung und HF-

Schirmung sowie geeignete Materialauswahl und massive Konstruktion der Kernstufe konnte das

Warmeleck auf weniger als 1,5 nW reduziert werden.

Magnetfeldinduzierte makroskopische Quanteneffekte und grundlegende metrologische Fragen

zur Definition und Messung der Basisgroße Temperatur sowie ihrer quantenmechanischen Grenzen

stehen im Fokus zukunftiger Untersuchungen an der Mikrokelvinanlage. Der nachste Schritt besteht

jedoch im Einbau einer Platinkernstufe im unteren Bereich des Magnetsystems, um noch tiefere

Festkorpertemperaturen zu erreichen.

Page 89: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

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Page 93: Aufbau einer Kernk¨uhlstufe zur Untersuchung der ... · die Thermometer angebracht sind, ist das Anfang- und Randwertproblem des thermodynamischen Prozesses der Kernspink¨uhlung

Danksagung:

Fur die Unterstutzung beim Verfassen meiner Dissertation gilt mein besonderer Dank

• Herrn Prof. Dr. Christian Thomsen fur die Betreuung und Begutachtung meiner Doktorarbeit

• Herrn Prof. Dr. Peter Strehlow fur die Betreuung und Begutachtung meiner Doktorarbeit

sowie fur die Bereitstellung dieses interessanten Themas und fur die sehr guten Diskussionen

• Herrn Prof. Dr. Achim Hese, dass er sich als Vorsitzender zur Verfugung gestellt hat und mir

die Gelegenheit gab, als Tutor in seinen Vorlesungen tatig sein zu konnen

• Herrn Prof. Dr. Peter Fulde, Direktor des Max-Planck-Instituts, ohne dessen finanzielle Un-

terstutzung diese Arbeit nicht moglich gewesen ware, sowie der Physikalisch-Technischen

Bundesanstalt / Institut Berlin fur die Moglichkeit, die dort vorhandenen Anlagen und Ar-

beitsmittel nutzen zu konnen

• meinen Kollegen in der Arbeitsgruppe 7.52 der PTB/IB fur die gute und vertrauensvolle

Zusammenarbeit

• in besonderem Maße meiner Ehefrau fur ihre Geduld und seelische Unterstutzung

• meiner Mutter und meinen Geschwistern fur die Ermoglichung meines Studienaufenthaltes

in Deutschland