berufspolitik bdu

17
BDU-Journal Berufspolitik 277 Der Urologe 2 · 2014 | Faktencheck: 51% der Kranken- häuser schreiben rote Zahlen, 30% stehen vor der Insolvenz, Ak- tionäre kaufen gegenseitig priva- te Klinikketten zur Gewinnmaxi- mierung und bauen Personal ab, Krankenkassen horten 28 Mrd. Euro Versichertengelder, ange- hende Fachärzte arbeiten 51 Wo- chenstunden für 1900,- Euro pro Monat und examinierte Schwes- tern für 7,50,- Euro pro Stunde, Urologe 2014 · 53:277–293 DOI 10.1007s00120-014-3428-1 © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014 Redaktion W. Bühmann, Wenningstedt/Sylt Inhalt 277 279 280 281 281 285 286 287 288 289 290 291 292 293 293 Editorial: Kranke(n)Häuser, Kranke(n)Kassen, Kranke Politiker,  Kranke Aktionäre, Kranke Patienten… Gesundheitsversorgung:   Medizin muss Kontrolle über sich selbst zurückgewinnen Interview: BDU-Präsident Dr. Axel Schroeder macht Mut zur  Niederlassung.  „Die eigene Praxis bedeutet Berufsfreiheit und   Lebensqualität“ Workshops für Assistenzärztinnen und -ärzte auch in 2014.  BDU zeigt neue Optionen in der urologischen Niederlassung Therapie von Blasenfunktionsstörungen mit Botox® zu Lasten  gesetzlicher Krankenkassen Arbeitsplatz Krankenhaus: Was die jungen Wilden wollen Krankenhausreport 2014:   AOK plädiert für mehr Patientensicherheit Lösungen aus der Fachärzteschaft Zehn Jahre GBA:   Die (un-)heimliche Macht im Gesundheitswesen  Ärzte sind überzeugte QM-Täter AOK Bayern offenbart mangelndes Gespür   für die medizinische Versorgung. Wehret den Anfängen –   Gefahr der unkoordinierten Beratung Schwangerer  Von der Arztpraxis zur Markenpersönlichkeit.   So steigern Ärzte die Wertschöpfung ihrer Praxis  Beitrittserklärung BUND e.G. Neue Mitglieder Jubilare 8 Wolfgang Bühmann Editorial Kranke(n)Häuser, Kranke(n) Kassen, Kranke Politiker, Kranke Aktionäre, Kranke Patienten… niedergelassene Ärzte erbringen 30% ihrer Leistungen ohne Ver- gütung; Patientenzahlen steigen, Liegezeiten sinken, Politiker wol- len „Kosten begrenzen“, anderer- seits fehlen bis 2015 in Deutsch- land 175.000 Ärzte und Kranken- schwestern/-pfleger… Kohle… ist Antrieb und Motiv für die Umwandlung von Krankenhäu- sern in „Profit Center“: willkür- lich festgesetzte DRG-Erlöse füh- ren dazu, dass nicht ärztliche Be- handlung und Fürsorge vergü- tet werden, sondern die rech- nerische Cleverness von Diag- nose – Codierern. Nicht Pfle- ge und Zuwendung zum Patien- ten sind gefragt, sondern Kos- tenreduktion durch Personalab- bau und schnelle Entlassung der Kranken zur Optimierung der hochglanzbroschierten Jahres- bilanz. Gesunden die Patienten 2013 schneller und brauchen we- niger Hilfe bei der Genesung als früher? Wie irre muss man sein, Chefärzte durch finanzielle Be- teiligung an „lukrativen“ Proze- duren korrumpieren zu wollen? Krankenhäuser sind keine Produktionsbetriebe zur Maxi- mierung von „shareholder value“, sondern gesellschaftlich sinnvol- le und gemeinschaftlich gewollte Komponenten der Daseinsfür- sorge wie Kindergärten, Schu- len, Universitäten, Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen zur Er- haltung eines hohen soziokultu- rellen Werteniveaus im Zusam- menleben – nicht ein prall ge- füllter Geldspeicher macht ge- sund und klug, sondern die gegen angemessene Entschädigung ein- getauschten Dienstleistungen aus diesen Institutionen. Kohle... bildet den Anreiz für den selbst- verliebten und ebenso selbst- überschätzenden Umgang der Krankenkassen mit den ihnen treuhänderisch anvertrauten Versichertengeldern, indem sie ihre Wurzeln komplett ausblen- den. Eine „Krankenkasse“ ist entstanden als Verwaltungsein- heit zur Bezahlung der Rechnun- gen aus Krankenhäusern, Pflege- heimen, von Ärzten, Therapeu- ten, Pflegediensten und ande- ren „Gesundheitsbringern“, fi- nanziert werden diese aus den Beiträgen der Versicherten. Das konnten und können sie; für die Entscheidung über den Gesund- heitsleistungsbedarf einzelner Kranker sind sie dagegen nicht ausgebildet, dafür gibt es Fach- leute – nämlich z.B. Ärzte. Mit nahezu selbstverständlicher ar- roganter Perfidie veruntreu- en sie derzeit 28 Mrd. Euro Bei- tragsgelder, die ihnen nicht zum selbstverantwortlichen Umgang anvertraut sind, sondern unmit- telbar den Kranken zu ihrer an- gemessenen Versorgung zuste- hen, d.h. dass unter anderem zu- nächst damit die seit Jahren vor- enthaltenen Löhne und Gehäl- ter der Versorger auszugleichen sind, bis die Krankenschwester deutlich mehr verdient als eine ungelernte Reinigungskraft im Immobiliengewerbe, der junge Facharzt nach 12 Jahren Ausbil- dung nicht weniger als die Hälf- te eines VW-Bandarbeiters und der niedergelassene Arzt nicht 30% seiner durchschnittlich 57 Wochenstunden unbezahlt Pa- tienten behandelt – die Aufzäh- lung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Kohle… und selbst zugemessene Verant- wortung für „Bürgerinnen und Bürger“ treibt auch unsere politi- sche „Klasse“ um, wenn sie meint, entscheiden zu können, die Kos- ten für Gesundheitsversorgung willkürlich und unbegründet auf eine beliebige Summe zu begren- zen. Statt dass „Experten“ wie

Upload: kevin

Post on 23-Dec-2016

225 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Berufspolitik BDU

BDU-Journal Berufspolitik

277Der Urologe 2 · 2014 |

Faktencheck: 51% der Kranken-häuser schreiben rote Zahlen, 30% stehen vor der Insolvenz, Ak-tionäre kaufen gegenseitig priva-te Klinikketten zur Gewinnmaxi-mierung und bauen Personal ab, Krankenkassen horten 28 Mrd. Euro Versichertengelder, ange-hende Fachärzte arbeiten 51 Wo-chenstunden für 1900,- Euro pro Monat und examinierte Schwes-tern für 7,50,- Euro pro Stunde,

Urologe 2014 · 53:277–293DOI 10.1007s00120-014-3428-1© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2014

RedaktionW. Bühmann, Wenningstedt/Sylt

Inhalt277

279

280

281

281

285

286

287

288

289

290

291

292

293

293

Editorial: Kranke(n)Häuser, Kranke(n)Kassen, Kranke Politiker, Kranke Aktionäre, Kranke Patienten…

Gesundheitsversorgung:  Medizin muss Kontrolle über sich selbst zurückgewinnen

Interview: BDU-Präsident Dr. Axel Schroeder macht Mut zur Niederlassung.  „Die eigene Praxis bedeutet Berufsfreiheit und  Lebensqualität“

Workshops für Assistenzärztinnen und -ärzte auch in 2014. BDU zeigt neue Optionen in der urologischen Niederlassung

Therapie von Blasenfunktionsstörungen mit Botox® zu Lasten gesetzlicher Krankenkassen

Arbeitsplatz Krankenhaus: Was die jungen Wilden wollen

Krankenhausreport 2014:  AOK plädiert für mehr Patientensicherheit

Lösungen aus der Fachärzteschaft

Zehn Jahre GBA:  Die (un-)heimliche Macht im Gesundheitswesen 

Ärzte sind überzeugte QM-Täter

AOK Bayern offenbart mangelndes Gespür  für die medizinische Versorgung. Wehret den Anfängen –  Gefahr der unkoordinierten Beratung Schwangerer 

Von der Arztpraxis zur Markenpersönlichkeit.  So steigern Ärzte die Wertschöpfung ihrer Praxis 

Beitrittserklärung BUND e.G.

Neue Mitglieder

Jubilare

8 Wolfgang Bühmann

Editorial

Kranke(n)Häuser, Kranke(n) Kassen, Kranke Politiker, Kranke Aktionäre, Kranke Patienten…

niedergelassene Ärzte erbringen 30% ihrer Leistungen ohne Ver-gütung; Patientenzahlen steigen, Liegezeiten sinken, Politiker wol-len „Kosten begrenzen“, anderer-seits fehlen bis 2015 in Deutsch-land 175.000 Ärzte und Kranken-schwestern/-pfleger…

Kohle…

ist Antrieb und Motiv für die Umwandlung von Krankenhäu-sern in „Profit Center“: willkür-lich festgesetzte DRG-Erlöse füh-ren dazu, dass nicht ärztliche Be-handlung und Fürsorge vergü-tet werden, sondern die rech-nerische Cleverness von Diag-nose – Codierern. Nicht Pfle-ge und Zuwendung zum Patien-ten sind gefragt, sondern Kos-tenreduktion durch Personalab-bau und schnelle Entlassung der Kranken zur Optimierung der hochglanzbroschierten Jahres-bilanz. Gesunden die Patienten 2013 schneller und brauchen we-niger Hilfe bei der Genesung als früher? Wie irre muss man sein, Chefärzte durch finanzielle Be-teiligung an „lukrativen“ Proze-duren korrumpieren zu wollen?

Krankenhäuser sind keine Produktionsbetriebe zur Maxi-mierung von „shareholder value“, sondern gesellschaftlich sinnvol-le und gemeinschaftlich gewollte Komponenten der Daseinsfür-sorge wie Kindergärten, Schu-len, Universitäten, Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen zur Er-haltung eines hohen soziokultu-rellen Werteniveaus im Zusam-menleben – nicht ein prall ge-füllter Geldspeicher macht ge-sund und klug, sondern die gegen angemessene Entschädigung ein-getauschten Dienstleistungen aus diesen Institutionen.

Kohle...

bildet den Anreiz für den selbst-verliebten und ebenso selbst-überschätzenden Umgang der

Krankenkassen mit den ihnen treuhänderisch anvertrauten Versichertengeldern, indem sie ihre Wurzeln komplett ausblen-den. Eine „Krankenkasse“ ist entstanden als Verwaltungsein-heit zur Bezahlung der Rechnun-gen aus Krankenhäusern, Pflege-heimen, von Ärzten, Therapeu-ten, Pflegediensten und ande-ren „Gesundheitsbringern“, fi-nanziert werden diese aus den Beiträgen der Versicherten. Das konnten und können sie; für die Entscheidung über den Gesund-heitsleistungsbedarf einzelner Kranker sind sie dagegen nicht ausgebildet, dafür gibt es Fach-leute – nämlich z.B. Ärzte. Mit nahezu selbstverständlicher ar-roganter Perfidie veruntreu-en sie derzeit 28 Mrd. Euro Bei-tragsgelder, die ihnen nicht zum selbstverantwortlichen Umgang anvertraut sind, sondern unmit-telbar den Kranken zu ihrer an-gemessenen Versorgung zuste-hen, d.h. dass unter anderem zu-nächst damit die seit Jahren vor-enthaltenen Löhne und Gehäl-ter der Versorger auszugleichen sind, bis die Krankenschwester deutlich mehr verdient als eine ungelernte Reinigungskraft im Immobiliengewerbe, der junge Facharzt nach 12 Jahren Ausbil-dung nicht weniger als die Hälf-te eines VW-Bandarbeiters und der niedergelassene Arzt nicht 30% seiner durchschnittlich 57 Wochenstunden unbezahlt Pa-tienten behandelt – die Aufzäh-lung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Kohle…

und selbst zugemessene Verant-wortung für „Bürgerinnen und Bürger“ treibt auch unsere politi-sche „Klasse“ um, wenn sie meint, entscheiden zu können, die Kos-ten für Gesundheitsversorgung willkürlich und unbegründet auf eine beliebige Summe zu begren-zen. Statt dass „Experten“ wie

Page 2: Berufspolitik BDU

278 | Der Urologe 2 · 2014

BDU-Journal Berufspolitik

der gerade von der Placenta ge-löste Jens Spahn, dem die eben-so markant schwarzen wie brei-ten Brillenränder logischerweise den Blick über den selbigen Rand verstellen, und sein rotes Pen-dant „Propeller-Karl“, der Pseu-domediziner mit dem Charisma einer Anstaltspackung Barbitu-rate, gänzlich realitätsfern über Gedanken zur Verkürzung der Wartezeiten auf Facharzttermi-ne als großen Wurf einer neu-en Gesundheitsreform schwad-ronieren, wäre es vielleicht ziel-führend, zu reflektieren, die Gel-der für die militärisch ehrenvol-le Rückführung von fanatischen Irren in afghanischen Mohnfel-dern erschossener deutscher Sol-daten in die Gesundheitsfürsor-ge zuhause umzuwidmen. Wenn sie sich denn gar nicht dazu ent-schließen können: ich würde mich als Politiker basisdemokra-tisch absichern und „mein“ Volk fragen, wie viel es bereit ist, in die Gesundheitsversorgung zu inves-tieren: wer weiß, vielleicht kom-men überraschende Zahlen he-raus, 25%, 30%, 35% ? Vielleicht wird individuelle Gesundheit ja höher bewertet als z.B. die Mil-liardengräber sinnfreier Unter-haltung defekter Eurofighter und unverschämt luxuriöser Früh-pensionierung missliebiger Poli-tiker?

Aber mal ehrlich: was schon ist zu erwarten, wenn ein ge-lernter Bankkaufmann – ein Be-ruf, der immerhin völlig unver-dächtig ist, das Wort „Ethik“ in seinem Curriculum aufzuführen

– sich über das Studium der Poli-tologie zum Gesundheitsexper-ten qualifiziert, um mit einem

„Gesundheitsökonomen“ – ein Wort, das in sich so harmoniert wie Kain und Abel, der bis zum Jahre 2010 nicht einmal einen Patienten berühren durfte, weil er bis dahin nie die Approbation beantragt hatte, über das Wohl und Weh von Kranken und de-ren Helfern zu entscheiden ? We-nigstens verhandeln die beiden in gleicher Augenhöhe fachlicher Ahnungslosigkeit – und keiner hat den Ministerposten bekom-men, stattdessen ein „Seitenein-

steiger“. Da freue ich mich schon auf den wegen Rückenschmer-zen frühpensionierten Sportleh-rer als Finanzminister. Da sage noch einer, unser Land böte nicht jedem Chancengleichheit auf der Bildungsleiter – sogar Naturta-lente sind gefragt !

Selbst wenn die politische Klasse ihren abgrundtiefen So-zialneid auf Ärzte durch völlige Honorarverweigerung für deren Leistungen kompensieren wür-de und diese damit endgültig zu barmherzigen Samaritern beför-dert, würden die gesparten 30 Mrd. Euro /Jahr gerade einmal einen Monat ausreichen, die Ge-sundheitsmaschinerie am Laufen zu halten (Zitat Spahn, ARD).

Kohle…

aus dem steuerfreien Kursge-winn der gerade durch Personal-abbau und Konkurrentenüber-nahme ge“haussten“ Aktie eines privaten Klinikkonzerns freut den hochdekorierten Kapitalis-ten, der durch zukunftssiche-re Anpassung seines Unterneh-mens (sprich: Reduktion seiner Kosten durch Überführung tau-sender seiner Arbeitnehmer in die soziale Verantwortung der Gesellschaft, also der Agentur für Arbeit) über genügend Ver-mögen verfügt, bei Zigarre und Cognac vorm heimischen Kamin das Börsenspiel am Notebook zu geniessen statt zwei Euro in einer zugigen, bahnhofsnahen Spiel-halle im einarmigen Banditen zu verjubeln wie seine „freigesetzten“ Schäfchen.

Möge er nur nicht durch über-grosses Wohlgefühl und Diätfeh-ler von einem akuten Koronar-syndrom heimgesucht werden, das ihn in einer chic gestylten Kliniksuite mit Springbrunnen und Miro-Poster an der Wand landen lässt, aber ohne Schwes-tern (die putzen lieber für 15,- netto ein Appartement) und oh-ne Ärzte, die (mangels persönli-cher und finanzieller Anerken-nung) lieber Beruf und Familie mit einem herzlichen „Willkom-men“ in Norwegen vereinbaren.

Ja, die Geister, die ich rief…

Kohle…

ist dem Patienten egal – pri-vat oder Kasse, reich oder arm, wenn sich ihm eine Schwester freundlich zuwendet, ihn um-sorgt, ein Arzt sich zeitnah ver-antwortungsbewusst und ein-fühlsam um ihn bemüht: end-lich denkt einmal einer nicht zu-erst an Kohle.

Plötzlich wird ihm klar, dass er nicht dazu taugt, als willfäh-riges Tauschmittel – wenig Leis-tung und kurze Liegezeit gegen hohen DRG-Erlös – instrumen-talisiert, pardon, missbraucht zu werden – sch… auf den Ak-tienkurs. Er genießt die fürsorg-liche Atmosphäre, die Kompe-tenz ärztlicher Behandlung und den notwendigen persönlichen Raum zur Genesung, gibt sogar 200,- Euro in die Stationskas-se, deretwegen keine Schwester unter Korruptionsvorwurf ent-lassen wird. Sozialromantik ?

Nein, Wunschvorstellung al-ler Kranken und all derer, die im System arbeiten. Und: so war es schon einmal vor über 50 Jah-ren. Warum opfern wir diese be-währte Haltung gänzlich unge-zwungen dem angeblichen „Fort-schritt“?

Fazit

Die gesundheitspolitischen Ent-scheider mögen sich schämen, wie sie mit den Kranken und de-ren Helfern im zweitreichsten Land der Welt umgehen.

Aber: das zweitreichste Land der Welt darf auch seine histo-risch belegte Klugheit beweisen:F Die kranken Häuser wer-

den wieder zu Krankenhäu-sern: geführt von Ärzten und Schwestern

F Die Arbeit freiberuflich täti-ger Ärzte wird wieder kom-plett vergütet

F Die Krankenkassen werden wieder kompetente „Payer“ statt ahnungslose „Player“

F Die Politiker hören wieder auf Experten, statt alles bes-ser wissen zu wollen

Ach ja, da war noch etwas:

Kohle…

…ist doch eine fossile Ener-gie, die wir alle zur Erhaltung unserer Erde verlassen wol-len, oder? Also: Los!

Mit herzlichen Grüßen empfeh-le ich Ihnen die Lektüre des an-schließenden Beitrages zur neu-en Selbstfindung der Medizin und wünsche Ihnen für das ver-bleibende Jahr alles Gute

Wolfgang BühmannBDU-Pressesprecher

Page 3: Berufspolitik BDU

279Der Urologe 2 · 2014 |

Gesundheitsversorgung: Medizin muss Kontrolle über sich selbst zurückgewinnen

Zu lange haben Nichtmediziner in der Gesundheitsökonomie Ent-scheidungen getroffen. Es wird Zeit, dass sich dort auch die ärztli-che Profession stärker engagiert.

Verstärkt wird in den letzten Jah-ren über die zunehmende Öko-nomisierung im Gesundheits-wesen diskutiert. Weitgehende Übereinstimmung herrscht da-rin, dass eine Verdrängung me-dizinischer Ziele durch Profita-bilitätsziele der Medizin schadet. Der Patient und sein Arzt müssen bestimmen, wie zu behandeln ist, und nicht derjenige, der den Arzt

„managt“. Daraus den Schluss zu ziehen, dass man ökonomisches Wissen von den Ärzten fernhal-ten muss, wäre aber grundfalsch.

Im Gegensatz zur Medizin, die als Theorie in sich weitge-hend geschlossen ist, sind die Wirtschaftswissenschaften eher ein Konglomerat verschiedener gedanklicher Ansätze. So hat et-wa die neoklassische Preistheorie wenig mit der Steuerlehre zu tun, diese wiederum wenig mit der Managementtheorie und so wei-ter. Wenn man also untersuchen möchte, ob die Wirtschaftswis-senschaften für die Medizin nütz-lich sind oder nicht, wird man einzelne dieser Wissenschaften für sich betrachten müssen. Da-her bieten sie aber auch ein rei-ches Instrumentarium, das je nach Situation mehr oder weni-ger hilfreich ist.

Volkswirtschaftliche Zusam-menhänge erkennen

Die Mittel im Gesundheitswesen sind knapp und werden künftig noch knapper – jedenfalls neh-men die meisten Autoren das an. Daher ist eine Diskussion über die Verwendung dieser Mittel kaum zu vermeiden. Ärzte, die das entsprechende Vokabular und Instrumentarium nicht be-

herrschen, haben kaum Mög-lichkeiten, in diese Diskussion einzugreifen oder überhaupt nur gehört zu werden. Derzeit etab-lieren sich gesundheitsökonomi-sche Arbeitskreise, die die Ge-sundheitspolitik maßgeblich be-einflussen, in denen Ärzte gar nicht vertreten sind.

Preismechanismus außer Kraft gesetzt

Weil die Versorgung mit lebens-wichtigen Gütern hierzulande nicht – wie in anderen Märkten – über den Preis rationiert werden soll, wird die medizinische Ver-sorgung immer in erheblichem Umfang reguliert werden. Wenn sich jemand keinen Porsche leis-ten kann, ist das in Ordnung; aber er soll nicht aus Geldnot an einer Niereninsuffizienz sterben. Des-halb ist der Preismechanismus, der andere Märkte reguliert und rationiert, in der medizinischen Versorgung bewusst außer Kraft gesetzt und muss durch andere Verteilungsverfahren ersetzt wer-den. Daraus folgt auch, nebenbei bemerkt, dass es niemals eine

„endgültige Gesundheitsreform“ geben wird, die alle Probleme löst.

Ökonomisch vorgebilde-te Ärzte sind außerdem eher in der Lage, zu erkennen und zu bewerten, an welchen Stellen im Gesundheitswesen Ressour-cen vergeudet werden. Für bei-des ist die aktuelle Diskussion um Qualitätssicherung ein gutes Beispiel. Einerseits scheint es ein gefährlicher Trend zu sein, wenn zunehmend Nichtärzte darü-ber entscheiden, was gute Qua-lität in der Medizin ist, etwa in Form von Krankenhausrankings. Zwar funktioniert die Messung noch nicht richtig, perspektivisch könnte es aber durchaus darauf hinauslaufen, dass Nichtärzte mittels EDV-gestützter Auswer-tung großer Datenmengen die

Deutungshoheit darüber gewin-nen, was „richtige“ Medizin ist.

Andererseits könnte man durchaus auch eine Kosten-Nut-zen-Betrachtung solcher Vorha-ben einfordern, denn von außen betrachtet wirkt es, als suchten manche Qualitätssicherer mit immer größerem Aufwand, aber mit einem zum Scheitern ver-urteilten Ansatz nach umfassen-den Messinstrumenten – „All-machtsfantasien des Qualitäts-managements“ nannte dies kürz-lich ein Mitglied des Gemeinsa-men Bundesausschusses. Zwei-fellos gibt es einzelne Diagnosen und Therapien, bei denen man sich geeignete Kennzahlen aus-denken kann, aber man kann sie nicht flächendeckend erzwingen. Dabei werden Ressourcen ein-gesetzt, die in der eigentlichen medizinischen Versorgung feh-len. Bisher hat noch niemand den entsprechenden Aufwand ermittelt. Aber schon eine ganz einfache Überschlagsrechnung zeigt die Verschwendungsgefahr. Wenn etwa das Aufrufen, Ausfül-len und Weiterleiten eines Frage-bogens zur Kontrolle der Versor-gungsqualität bei 250 000 Her-nien je zehn Minuten ärztlicher Zeit beansprucht, sind jedes Jahr mehr als 20 Ärzte ausschließlich damit beschäftigt, Fragebögen auszufüllen – und zwar nur für Hernien.

Nebenbei bemerkt, ist es auch nicht wahr, dass es in der Medi-zin traditionell kein Qualitäts-management gibt. Richtig ist: Es gibt keine Qualitätssicherung wie in der Industrie. Die Interaktion von Persönlichkeit, Biologie und sozialem Umfeld des Patienten, seiner Krankheit und dem be-handelnden Arzt hat dazu ge-führt, dass die Medizin einen da-zu passenden Weg der Qualitäts-sicherung gegangen ist, nämlich den Weg über die Qualifikation der Ärzte.

Ökonomische Grundkennt-nisse sind auch in den einzel-nen medizinischen Organisa-tionseinheiten, etwa im Kran-kenhaus, für Ärzte sehr nützlich. Wer weder eine Bilanz noch eine Gewinn-und-Verlust-Rechnung

oder den Investitionsplan seiner Klinik lesen und interpretieren kann, hat es naturgemäß schwer, auf die entsprechenden Ent-scheidungsprozesse einzuwirken. Schließlich helfen solche Kennt-nisse auch, Bestrebungen zu be-urteilen, die in Form verschie-dener „-managements“ eine Art Oberhoheit über die Medizin be-anspruchen: vom bereits erwähn-ten Qualitätsmanagement über das Informations- und Change-management bis zum Gesund-heitsmanagement.

Oft heißt es, die knappen Ressourcen im Gesundheitswe-sen erforderten ein besseres Ma-nagement. Richtig ist, dass Ärz-te mehr Möglichkeiten erhal-ten sollten, über den Einsatz be-grenzter Ressourcen zu entschei-den. Falsch ist, dass knappe Kas-sen eine Steuerung durch medizi-nische Laien erzwingen. Warum sollte auch ein Nichtmediziner besser geeignet sein, schwierige medizinökonomische Abwägun-gen anzustellen als ein entspre-chend geschulter Arzt? Insge-samt hat die Medizin gute Grün-de, sich mehr um medizinöko-nomische Themen zu kümmern und sich gleichzeitig Übergrif-fe von außen zu verbitten. Öko-nomisches Denken in der Medi-zin ist hilfreich und erforderlich, eine rein ökonomische Zielvor-gabe von außen meist nicht.

Medizinökonomie zu lange den anderen überlassen

Einige der Ursachen der aktuel-len Situation können Ärzte be-einflussen, andere nicht. Zu letz-teren zählen die Globalisierung mit der Aufwertung marktwirt-schaftlicher Systeme und der aus Demografie und technischem Fortschritt resultierende Kosten-druck. Eine Reihe von Ursachen für die ökonomische Beeinflus-sung der Medizin lässt sich aber durchaus abstellen.

Die Medizin hat Fragen der Medizinökonomie zu lange an-deren überlassen. Jeder kennt aus seinem Alltag schlechte Prozesse, Wettbewerb um Patienten und Zahlungsströme (wenn die Medi-

Page 4: Berufspolitik BDU

280 | Der Urologe 2 · 2014

BDU-Journal Berufspolitik

zin bei solchen Konflikten nicht selbst den Schiedsrichter stellt, tun es andere!), unnötige War-tezeiten et cetera. Fragen der Or-ganisation, der Personalführung, der Kommunikation, der Effi-zienz, der Qualitätsmessung und andere mehr wurden zu wenig in Angriff genommen. All das lockt selbstverständlich Nichtmedizi-ner an, diese Themenbereiche und auch die Kontrolle darüber zu übernehmen. Deshalb sollten Ärzte in die Lage versetzt wer-den, selbst über medizinökono-mische Fragen entscheiden und so letztendlich mehr Einfluss auf die Gesundheitspolitik nehmen zu können.

Es bedarf der Ärzte, die sich in Kenntnis der jeweiligen wirt-schaftlichen Zusammenhänge in die Organisation der medizi-nischen Versorgung einmischen. Deshalb sollte das Medizinstu-dium um medizinökonomische Inhalte ergänzt werden. Zwei-fellos ist es bereits heute über-frachtet, aber es sollte zwei Se-mesterwochenstunden wert sein, die medizinische Kontrolle über die Versorgung zu erhalten. Für die ganz überwiegende Zahl der Ärzte reichen nämlich Grund-kenntnisse der Wirtschaftswis-senschaften völlig aus. Daneben

sollte es einige Ärzte geben, die sich ebenfalls in ökonomischen Details zurechtfinden und auf Augenhöhe mit Ökonomen spre-chen können. Auch die medizi-nischen Fachgesellschaften soll-ten sich mit medizinökonomi-schen Themen befassen, wie es zum Beispiel die Deutsche Ge-sellschaft für Chirurgie bereits in ihrer Arbeitsgruppe „Medizin-ökonomie“ tut.

Es waren die professionel-len Kräfte, die Ärzte, Kranken-schwestern und die anderen Ge-sundheitsberufe, die in den ver-gangenen Jahren durch eine enorme Arbeitsverdichtung die medizinische, gesundheitliche Versorgung vor dem Kollaps be-wahrt haben. Sie sollten nicht länger schlechte Entscheidun-gen dulden; die Medizin kann und muss die medizinische Ver-sorgung inklusive medizinöko-nomischer Überlegungen selbst steuern.

Prof. Dr. med. Dr. rer. pol. Christian ThielscherFOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Essen

Dtsch Arztebl 2013; 110(47): A-2258 / B-1986 / C-1923

Interview

BDU-Präsident Dr. Axel Schroeder macht Mut zur Niederlassung

„Die eigene Praxis bedeutet Berufsfreiheit und Lebensqualität“

1. Herr Dr. Schroeder, die 60-Stunden-Woche ist für junge Mediziner tabu: Gibt es niedergelassene Urologen mit ausgeglichener Work-Li-fe-Balance?Der Urologe in der Niederlas-sung arbeitet als Vertragsarzt durchschnittlich 54 Wochen-stunden. Das ist ein realistischer Zeitaufwand. 60 Stunden und mehr sind auch in der eigenen

Praxis nicht erstrebenswert und in der Regel auch nicht erforder-lich. Pflicht für einen Vertrags-arzt sind 19 Sprechstunden pro Woche. Urologische Praxis und Familie bzw. Freizeit schließen sich nicht aus. Eine ausgegliche-ne Work-Life-Balance ist auch in der Niederlassung zu realisieren. Außerhalb der Sprechstundenzei-ten ist die Arbeitsbelastung in der Niederlassung geringer als in der Klinik, da es keine Wochenend- und Nachtdienste gibt. Wenn überhaupt, ist der Vertragsarzt in seltenen Fällen im ärztlichen Notdienst verpflichtet. Dies ge-staltet sich noch ausgeglichener in einer Gemeinschaftspraxis als in einer Einzelpraxis.

2. Bitte nennen Sie drei Grün-de, die heute für einen Le-bensweg als niedergelas-sener Facharzt für Urologie sprechen!Das sind die Berufsfreiheit, der niedergelassene Facharzt als freier Beruf, die Selbständig-keit mit Selbstbestimmung und Eigenverantwortung.

3. Welche Optionen gibt es, und wie finden Assistenzärz-tinnen und -ärzte das passen-de Niederlassungsmodell?Passende Niederlassungsmodelle hängen von den Rahmenbedin-gungen der Vertragsärzte und in-dividuellen Bedürfnissen ab. Da-zu gehören die Zulassungsbe-dingungen, der Praxisort (Stadt/Land) aber auch Strukturen wie Einzelpraxis, Gemeinschaftspra-xis/Praxisgemeinschaft örtlich und/oder überörtlich.

Die persönliche Qualifika-tion prägt den Gestaltungsrah-men nicht unerheblich z.B. in der Tätigkeit des Belegarztes. Quali-fikationen und Zulassungen z.B. zum ambulanten Operieren, zur medikamentösen Tumorthe-rapie usw. erweitern das Tätig-keitsspektrum eines Facharztes für Urologie in der Niederlas-sung. Entscheidend ist auch ob, ich eine Praxis neu gründe oder eine Praxis übernehme, was heu-te der Regelfall ist. Der Berufsver-band bietet in Kooperation mit

der GESRU und der JuniorAka-demie ein entsprechendes Forum für Urologinnen/Urologen in der Niederlassung.

4. Welche Form der Nieder-lassung können Sie speziell jungen Urologinnen mit Am-bitionen auf ein Familienle-ben empfehlen?Das hängt schon von den indi-viduellen Ansprüchen und Be-dürfnissen ab. Kooperative Pra-xisstrukturen sind eher der Ga-rant von mehr Freizeit und so-mit eine Voraussetzung für Am-bitionen auf mehr Familienle-ben. Das Vertragsarztrecht und die Zulassungsbestimmungen er-möglichen deshalb auch eine Tei-lung des Kassenarztsitzes bis auf ein Viertel.

5. Welche Hilfen leistet der BDU bei der Niederlassung?Bei der individuellen Praxisbera-tung arbeitet der Berufsverband der Deutschen Urologen mit unserer Servicegesellschaft, dem Bund der Urologen e.G., zusam-men. Dieser bietet mit entspre-chenden Kooperationspartnern Seminare und Workshops im Rahmen der Niederlassung (Pra-xisübernahme/Praxisabgabe) an.

6. Sind für 2014 bereits weite-re Niederlassungs-Seminare geplant?Wir setzen diesen Service-Be-reich für unsere Mitglieder 2014 im Rahmen des Urologischen Sommerforums im Juni auf Sylt fort und werden ebenfalls wieder auf dem DGU-Kongress im Ok-tober einen Workshop anbieten. Alle aktuellen Termine sind den BDU-Mitteilungen in „Der Uro-loge“, dem BDU-Newsletter so-wie, fortlaufend aktualisiert, der Homepage von DGU und BDU unter www.urologenportal.de zu entnehmen.

Das Interview führte die BDU-Pressestelle

8 Dr. Axel Schroeder

Page 5: Berufspolitik BDU

281Der Urologe 2 · 2014 |

Workshops für Assistenzärztin-nen und -ärzte auch in 2014:BDU zeigt neue Optionen in der urologischen Niederlassung

Einzelpraxis, Gemeinschaftspraxis, Praxisgemeinschaft, Berufs-ausübungsgemeinschaft oder doch MVZ? Passt die Niederlas-sung überhaupt in meinen Lebensplan? Wo liegen die Vorteile der freien Berufsausübung? Der Berufsverband der Deutschen Uro-logen e.V. (BDU) informiert, gemeinsam mit der GeSRU und der JuniorAkademie, in seiner Seminarreihe für Nachwuchskräfte in der Facharztausbildung auch 2014 über urologische Tätigkeitsfel-der, Lebensqualität, Arbeitszeiten und Honorare, über Koope-rationsmodelle, über Praxismanagement und Abrechnung so-wie über rechtliche und finanzielle Aspekte der Niederlassung in der Urologie.

Bei Redaktionsschluss standen Niederlassungs-Seminare im Rahmen folgender Veranstaltungen fest:

Berlin, BDU-Hauptstadtbüro21. und 22.März 2014

5. Urologisches Sommerforum Sylt 10.-13. Juni 2014

66. DGU-Kongress in Düsseldorf am 4. Oktober 2014

1. Urologisches Herbstforum in Bad Dürkheim vom 15.-18. Oktober 2014

Bitte beachten Sie die aktuellen Veranstaltungshinweise auf www.urologenportal.de

Therapie von Blasenfunktions-störungen mit Botox® zu Lasten gesetzlicher Krankenkassen

Seit ungefähr einem Jahr ist Bo-tox® (Wirkstoff: Botulinumto-xin) zur Behandlung einiger Bla-senfunktionsstörungen zugelas-sen und stellt damit insbesonde-re bei Patienten, die auf Anticho-linergika nur unzureichend an-sprechen oder diese nicht vertra-gen, eine neue Therapieoption dar (näher: Der Urologe 8, 2013, S. 1176). In der praktischen Um-setzung bei gesetzlich kranken-versicherten Patienten stellt sich aber die Frage, wie die transure-thrale Injektion des Arzneimit-tels abgerechnet werden kann. In diesem Beitrag wird die Rechtsla-ge knapp erläutert.

Im Ergebnis handelt es sich trotz der fehlenden EBM-Zif-fer nicht um eine Privatleistung („IGEL“), sondern um eine Leis-tung der Gesetzlichen Kranken-versicherung. Bis zur Schaffung einer EBM-Ziffer empfehlen wir die Stellung eines Kostenüber-nahmeantrags bei der gesetzli-chen Krankenkasse des Patienten, mit dem diese ihren Versicherten zur von den privat liquidierten ärztlichen Kosten der transure-thralen Injektion freistellt.

GKV-Leistung, keine Privat-leistung

Gesetzliche Krankenkassen schulden ihren Versicherten die Behandlung mit verschrei-bungspflichtigen Arzneimitteln, die dem allgemein anerkann-ten Stand der medizinischen Er-kenntnisse entsprechen, zweck-mäßig und wirtschaftlich sind (§§ 2, 12, 31, 34 SGB V).

Das Kriterium der Zweckmä-ßigkeit fordert einen Nachweis der Eignung zur Krankenbe-handlung, der bei Arzneimitteln durch die arzneimittelrechtliche Zulassung erbracht wird. Bo-tox® ist zugelassen zur Behand-lung folgender Blasenfunktions-störungen

F idiopathische überaktive Bla-se mit den Symptomen Harn-inkontinenz, imperativer Harndrang und Pollakisu-rie bei erwachsenen Patien-ten, die auf Anticholinergika nur unzureichend angespro-chen oder diese nicht vertra-gen haben,

F Harninkontinenz bei Erwach-senen mit neurogener Detru-sorhyperaktivität bei neuro-gener Blase infolge einer sta-bilen subzervikalen Rücken-marksverletzung oder Mul-tipler Sklerose.

Innerhalb dieses zugelassenen Anwendungsgebiets ist die Be-handlung mit Botox® mithin eine

„Kassenleistung“, wenn sie auch im konkreten Einzelfall dem medizinischen Standard und dem Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht. Letzteres fordert da-bei keine komplexe Kosten-Nut-zen-Bewertung, sondern allein, dass das Behandlungsziel nicht mit für die gesetzliche Kranken-kasse niedrigeren Kosten ebenso erreicht werden kann (BSG vom 20.10.2004 -B 6 KA 41/03).

Festzuhalten ist: Sofern die Leistungsvoraussetzungen im konkreten Behandlungsfall er-füllt sind, ist die Behandlung der jeweiligen Blasenfunktionsstö-rung eine Kassenleistung.

„Kassenleistung“ oder neue Behandlungsmethode?

Hat ein gesetzlich krankenversi-cherter Patient einen Leistungs-anspruch gegen seine Kranken-kasse, ist es an den Vertragsärz-ten, diesen Leistungsanspruch zu erfüllen (§ 70 SGB V).

Im Hinblick auf die Versor-gung mit dem Arzneimittel ist dies unproblematisch: das Arz-neimittel wird auf „Muster 16“ verordnet.

Page 6: Berufspolitik BDU

282 | Der Urologe 2 · 2014

BDU-Journal Berufspolitik

Im Hinblick auf die transure-thrale Injektion des Arzneimit-tels durch den Arzt ist die prak-tische Umsetzung jedoch we-niger offensichtlich: eine EBM-Ziffer zur Abrechnung der trans-urethralen Injektion gibt es näm-lich nicht.

An sich bestimmt der Einheit-liche Bewertungsmaßstab gemäß § 87 Abs. 2 SGB V den Inhalt der abrechnungsfähigen Leistun-gen. Neue Leistungen, die noch nicht im EBM aufgeführt sind, sind deswegen typischerweise neue Untersuchungs-oder Be-handlungsmethoden, die nach § 135 SGB V erst dann zur Kassen-leistung werden, wenn der Ge-meinsame Bundesausschuss sie nach einer genauen Evaluation als Kassenleistung anerkannt hat. Bislang hat sich der Gemeinsame Bundesausschuss mit der trans-urethrale Injektion noch nicht befasst.

Doch ist die transurethra-le Injektion eine neue Behand-lungsmethode in diesem Sinne? In seinem Urteil vom 19.10.2004 (Az. B 1 KR 27/02 R) befasste sich das Bundessozialgericht nä-her mit der Frage, was eine neue Behandlungsmethode ist. Die höchsten Sozialrichter führten aus, dass sich eine neue Behand-lungsmethode aus einer „neuarti-gen Kombination verschiedener – für sich jeweils anerkannter oder zugelassener – Maßnahmen zu-sammensetzt“, bei der „der Hand-habung durch den Arzt […] für den Therapieerfolg ein mindestens ebenso großes Gewicht zukommt, wie dem Wirkprinzip des in den Körper eingebrachten Stoffes“, so dass „eine über die schlichte Ver-abreichung eines Arzneimittels hi-nausreichende neue Behandlungs-methode“ vorliegt. Demgegenüber liege keine neue Behandlungsme-thode vor, wenn die Therapie „sich in der Anwendung eines für die betreffende Indikation zugelasse-nen neuartigen Arzneimittels er-schöpft“, egal, „ob das Arzneimit-tel z. B. oral, intravenös oder auf andere Weise in den Körper ein-gebracht wird“.

Anders formuliert: die An-wendung eines Arzneimittels ist

keine neue Behandlungsmetho-de, wenn sich die ärztliche Leis-tung auf die fachgerechte An-wendung des Arzneimittels be-schränkt. Zwar stellt die trans-urethrale Injektion keine einfa-che Anwendung eines Arznei-mittels dar, doch konstituiert die bloße Schwierigkeit der Anwen-dung noch keine neue Methode.

Festzuhalten ist: die zulas-sungskonforme Behandlung von Blasenfunktionsstörungen mit Botox® ist eine anspruchsvol-le, aber als fachgerechte Anwen-dung eines zugelassenen Arznei-mittels keine neue Behandlungs-methode. Damit ist sie bereits heute Bestandteil des GKV-Leis-tungskatalogs.

Abrechnung der trans- urethralen Injektion

Dies wirft die Frage auf, wie die transurethrale Injektion erbracht werden kann, wenn sie (noch) nicht im EBM gelistet ist.

Zunächst ist freilich zu klären, ob die transurethrale Injektion tatsächlich nicht im EBM abge-bildet ist. Anhang 1 des EBM lis-tet eine Fülle von Leistungen, die nicht eigenständig berechnungs-fähig, sondern mit der Grund-pauschale abgegolten sind. Unter anderem sind dies die intraar-tikuläre, intrakutane, subkuta-ne, submuköse, subkonjunkti-vale oder intramuskuläre Injek-tion sowie die Injektions-und/oder Infiltrationsbehandlung der Prostata. Ob die transureth-rale Injektion als intramuskulä-re Injektion in diesem Sinne ge-wertet werden kann, ist rechtlich nicht geklärt. Die überraschende Konsequenz wäre, dass sie mit der Grundpauschale abgegolten, also nicht berechnungsfähig wä-re. Nach unserer Einschätzung unterfällt die transurethrale In-jektion wertungsmäßig keiner dieser Injektionsarten.

Dann handelt es sich bei ihr um eine Kassenleistung, zu de-ren Erbringung der Vertrags-arzt verpflichtet ist, die er aber nicht gegenüber der Kassenärzt-lichen Vereinigung abrechnen kann. Hintergrund dieser feh-

lenden Abrechnungsmöglichkeit ist dabei schlicht, dass es in der Vergangenheit keine ambulanten Behandlungen gab, die mit einer transurethralen Injektion einher-gingen. Der EBM weist insoweit eine Lücke auf.

Für diese Situation hat das Bundessozialgericht im Hinblick auf die ICSI die Lösung aufge-zeigt: Die (noch) nicht im EBM aufgenommene ärztliche Leis-tung kann mangels EBM-Ziffer privatärztlich nach GOÄ liqui-diert werden. Allerdings muss die gesetzliche Krankenkasse ihren Versicherten von der Zah-lungspflicht freistellen. Um vom Sachleistungssystem nicht ab-zuweichen, ist der Leistungsan-spruch des gesetzlich Kranken-versicherten in entsprechender Anwendung des § 13 Abs. 3 SGB V vorab durch die Erklärung der Kostenübernahme zu erfüllen (BSG, Urteil vom 3. April 2001 – B 1 KR 40/00 R).

Festzuhalten ist: Im Vorfeld der zulassungskonformen Be-handlung von Blasenfunktions-störungen mit Botox® ist vom Vertragsarzt für seinen gesetzlich versicherten Patienten die Über-nahme der ärztlichen Behand-lungskosten der transurethralen Injektion (sowie der Sachkos-ten, etwa Einmalnadeln zur int-ravesikalen Injektion) bei der ge-setzlichen Krankenkasse zu be-antragen.

Abrechnung nach GOÄ

Der Berufsverband der Deut-schen Urologen e. V. empfiehlt die Abrechnung wie auf S. 285 zusammengestellt.

Vorgehen bei Leistungsver-weigerung der gesetzlichen Krankenkasse

Durch das Patientenrechtegesetz wurde den Krankenkassen für Leistungsanträge eine Beschei-dungsfrist von drei Wochen ge-setzt, die sich auch bei Hinzuzie-hung des MDK nicht über fünf Wochen hinaus verlängert (§ 13 Abs. 3a SGB V). Da die Kosten-übernahme für die ambulant er-

brachte Leistung auch im Inter-esse der Krankenkassen liegen dürfte, weil hierdurch eine kos-tenintensive stationäre Behand-lung vermieden werden kann, ge-hen wir davon aus, dass die Kran-kenkassen diese Anträge regel-mäßig bewilligen werden.

Erfolgt keine Bescheidung binnen drei Wochen und auch keine Mitteilung eines hinrei-chenden Grundes für die Verzö-gerung, gilt die Leistung nach Ab-lauf der Frist als genehmigt. Be-schaffen sich Leistungsberech-tigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kos-ten verpflichtet (§ 13 Abs. 3a Satz 6, 7 SGB V).

Ist der Versicherte nicht in der Lage, die Behandlung vorzu-finanzieren, oder lehnt die Kran-kenkasse die Kostenübernahme ab, ist es am Versicherten, durch Rechtsmittel seine Krankenkasse zur Kostenübernahme zu brin-gen. Rechtsmittel sind im Fal-le ausbleibender Reaktion der Krankenkasse die für den Pa-tienten kostenfreie Untätigkeits-klage zum Sozialgericht, im Falle der Leistungsablehnung ein Wi-derspruch binnen Monatsfrist sowie nach dessen Ablehnung ebenfalls eine für den Patienten kostenfreie Klage beim Sozial-gericht. Besteht Eilbedarf, kann das Sozialgericht die Kranken-kasse auch im Wege einer einst-weiligen Anordnung vorläufig zur Leistung verpflichten.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Gerhard Nitz, Dierks+Bohle RAe, Berlin

Page 7: Berufspolitik BDU

283Der Urologe 2 · 2014 |

Krankenkasse

Name, Vorname des Versicherten geb. am

Kassen-Nr.

Versicherten-Nr.

Status

BetriebsstŠtten-Nr. Arzt-Nr. Datum

Bei dem/r o.g. Patienten/in ist nach der Beurteilung des behandelnden Facharztes zur Behandlung der idiopathischen Ÿberaktiven Blase mit den Symptomen Harninkontinenz, imperativer Harndrang und Pollakisurie die transurethrale Gabe des Arzneimittels Botox¨/Pulver zur Herstellung einer Injektionslšsung medizinisch notwendig. Es wurden bereits ohne hinreichenden Erfolg folgende Anticholinergika verordnet (Zeitraum in Klammern): ____________________________________________________________________ � o.g. Patient/in hat auf Anticholinergika nur unzureichend oder gar nicht angesprochen. � o.g. Patient/in hat die Anticholinergika nicht vertragen. � bei der o.g. Patient/in waren Anticholinergika kontraindiziert. � __________________________________________________ Die Behandlung erfordert besondere Šrztliche Dienstleistungen, die zwar zum Leistungsumfang der Gesetzlichen Krankenversicherung gehšren, gegenŸber der KassenŠrztlichen Vereinigung aber nicht gesondert abrechenbar sind (s. ErlŠuterndes Begleitschreiben). Das Arzneimittel wird auf Kassenrezept (ãMuster 16Ò) verordnet.

Ggf. weitere Informationen:

______________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________ Wir beantragen die KostenŸbernahme fŸr die urologische, zulassungsgemŠ§ durchgefŸhrte Therapie gemŠ§ Botox¨ Fachinformation entsprechend der GebŸhrenaufstellung auf der Grundlage der GebŸhrenordnung der €rzte (GO€):

§ das Šrztliche Honorar fŸr die transurethrale Injektion: €, (laut beigefŸgtem Kostenvoranschlag)

§ OP-Sachkosten:

o Kosten Nadel zur intravesikalen Injektion €,

o …………………………………….. €,

Ort, Datum Ort, Datum Unterschrift des/r Patienten/in Unterschrift des behandelnden Arztes

ErklŠrung der Krankenkasse Die †bernahme der o.g. Šrztlichen Behandlungskosten einer transurethralen Gabe des Arzneimittels Botox¨ fŸr die umseitig angegebene Therapie wird von unserer Krankenkasse bestŠtigt.

___________________ __________________ ______________________ Ort, Datum Stempel Unterschrift

Antrag auf KostenŸbernahme der

Therapie von Blasenfunktionsstšrungen

mit Botox¨

Page 8: Berufspolitik BDU

284 | Der Urologe 2 · 2014

BDU-Journal Berufspolitik

ErlŠuterndes Begleitschreiben 1. Botox¨ ist indiziert zur Behandlung folgender Blasenfunktionsstšrungen

Ð idiopathische Ÿberaktive Blase mit den Symptomen Harninkontinenz, imperativer Harndrang und Pollakisurie bei erwachsenen Patienten, die auf Anticholinergika nur unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben,

Ð Harninkontinenz bei Erwachsenen mit neurogener DetrusorhyperaktivitŠt bei neurogener Blase infolge einer stabilen subzervikalen RŸckenmarksverletzung oder Multipler Sklerose.

Der vorliegende Antrag bezieht sich auf die Behandlung der idiopathischen Ÿberaktiven Blase. 2. Ausweislich der Fachinformation zu Botox¨ erfordert eine zulassungsgerechte Anwendung des Arzneimittels

besondere Šrztliche Dienstleistungen. Das Arzneimittel ist nur pulverisiert in einer Durchstechflasche erhŠltlich. Daher muss der pulverisierte Flascheninhalt vor dem Gebrauch mit einem natriumchloridhaltigen Lšsungsmittel zu einer Injektionslšsung rekonstituiert werden. Ferner muss die Injektionsnadel zur EntlŸftung mit ungefŠhr 1ml der rekonstituierten Injektionslšsung befŸllt werden. Vor Beginn der Injektion kann die Gabe eines LokalanŠsthetikums in die Harnblase oder eine Vollnarkose verabreicht werden. Nach der Gabe eines LokalanŠsthetikums ist die Blase vor der Injektion zu entleeren und mit steriler Kochsalzlšsung auszuspŸlen. Generell wird die Blase mit ausreichend Kochsalzlšsung gefŸllt, um eine adŠquate Visualisierung fŸr die Injektionen zu gewŠhrleisten. Das BefŸllen erfolgt vorsichtig, um eine †berdehnung der Harnblase zu vermeiden. Die rekonstitutierte Injektionslšsung wird mithilfe eines flexiblen oder starren Zystoskops in den Musculus detrusor vesicae (Austreibermuskel der Harnblase) injiziert. Im Rahmen der Injektion wird die Nadel ca. 2mm in den Musculus detrusor vesicae eingefŸhrt. Es erfolgen insgesamt 20 Injektionen (Ÿberaktive Blase) im Abstand von ca. 1 cm. FŸr die letzte Injektion wird ca. 1ml sterile physiologische Kochsalzlšsung injiziert, um die volle Dosis zu verabreichen. Nachdem die Injektionen verabreicht wurden und bevor der Patient die Versorgungseinrichtung verlŠsst, zeigt er seine FŠhigkeit zur Blasenentleerung durch Ausscheiden der zur Blasenwandvisualisierung verwendeten Kochsalzlšsung. Der Patient wird mindestens 30 Minuten im Anschluss an die Injektionen und bis eine spontane Blasenentleerung erfolgt ist, beobachtet.

3. Diese Šrztlichen Dienstleistungen sind gegenwŠrtig nicht im Einheitlichen Bewertungsma§stab (EBM) abgebildet und dementsprechend nicht gesondert gegenŸber der KassenŠrztlichen Vereinigung abrechnungsfŠhig. Im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung wird der Inhalt der abrechnungsfŠhigen Leistungen durch den EBM bestimmt. Der EBM ist als abschlie§endes Regelwerk zu verstehen (BSG v. 15.08.2012 - B 6 KA 34/11 R). Deshalb sind solche Leistungen nicht abrechnungsfŠhig, die nicht den Leistungsbeschreibungen des EBM entsprechen oder die im EBM als nicht gesondert abrechenbar ausgewiesen sind. Innerhalb der von Urologen abrechenbaren EBM-Ziffern gibt es keine eigenstŠndige Abrechnungsziffer fŸr transurethrale Injektionen der Harnblasenmuskulatur. Stattdessen unterfallen die aufwŠndigen Injektionen als intramuskulŠre Injektionen dem Anhang 1 zum EBM. Dort sind all jene Šrztlichen Leistungen aufgefŸhrt, die nicht gesondert berechnungsfŠhig sind.

4. Gleichwohl besteht eine Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung fŸr diese Leistungen. Die Leistungspflicht ist durch die hier beantragte KostenŸbernahmeerklŠrung zu erfŸllen.

Bei der Behandlung von Blasenfunktionsstšrungen mit Botox¨ handelt es sich nicht um eine neue Behandlungsmethode im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2004 Ð B 1 KR 27/02 R). Damit gehšren die Dienstleistungen zur vertragsŠrztlichen Versorgung und besteht eine Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung fŸr die urologische Botox¨-Therapie. Die (noch) nicht im EBM aufgenommene Šrztliche Leistung muss daher privatŠrztlich liquidiert werden. Ist die Behandlung noch nicht erfolgt, so ist der Leistungsanspruch des gesetzlich Krankenversicherten in entsprechender Anwendung des ¤ 13 Abs. 3 SGB V vorab durch die ErklŠrung der KostenŸbernahme zu erfŸllen (BSG, Urteil vom 3. April 2001 Ð B 1 KR 40/00 R).

5. Wir verweisen auf die durch das Patientenrechtegesetz neu aufgenommene Bescheidungsfrist von 3 Wochen (¤ 13 Abs. 3a SGB V) und gehen davon aus, dass die KostenŸbernahme fŸr die ambulant erbrachte Leistung auch im Interesse Ihres Hauses liegt, da hierdurch eine kostenintensive stationŠre Behandlung vermieden werden kann.

Page 9: Berufspolitik BDU

285Der Urologe 2 · 2014 |

 

Vorschlag zur Abrechnung mit GO€-Ziffern

GO€-Ziffer

Leistungsbezeichnung ggf. Zeitdauer

besondere Hinweise

488 LokalanŠsthesie der Harnršhre und/oder Harnblase

1708 (Mann)/ 1709 (Frau)

Kalibrierung der mŠnnlichen Harnršhre/ Kalibrierung der weiblichen Harnršhre

1802 Transurethrale Eingriffe in der Harnblase (z.B. Koagulation kleiner GeschwŸlste und/oder Blutungsherde und/oder Fremdkšrperentfernung) unter endoskopischer Kontrolle - auch einschlie§lich Probeexzision Ð

Steigerung: Besonders schwieriger Operationssitus; mehrfache Injektion im Abstand von ca. 1. cm in den Austreibermuskel der Harnblase besonders schwierig

443 Zuschlag bei ambulanter DurchfŸhrung von operativen Leistungen, die mit Punktzahlen von 500 bis 799 Punkten bewertet sind

-­‐ Der Zuschlag nach Nummer 443 ist je Behandlungstag nur einmal berechnungsfŠhig

448 Beobachtung und Betreuung eines Kranken Ÿber mehr als zwei Stunden wŠhrend der Aufwach- und/ oder Erholungszeit bis zum Eintritt der TransportfŠhigkeit nach zuschlagsberechtigten ambulanten operativen Leistungen bei DurchfŸhrung unter zuschlagsberechtigten ambulanten AnŠsthesien bzw. Narkosen

-­‐ Der Zuschlag nach Nummer 448 ist je Behandlungstag nur einmal berechnungsfŠhig.

Arbeitsplatz Krankenhaus: Was die jungen Wilden wollenDie Legende lautet so: Eine jun-ge Assistenzärztin, wenig bis kei-ne Berufserfahrung, bewirbt sich um eine Stelle an einer gro-ßen Klinik. Es folgt ein Gespräch mit dem Chefarzt, an dessen En-de man sich die Hände mit den Worten schüttelt: „Was Sie ge-sagt haben, hat mir sehr gefal-len. Damit stehen Sie auf meiner Liste ganz oben.“ Doch kam dies nicht aus dem Mund des Chef-

arztes. Es waren die Worte der Bewerberin. Sicherlich mehr Le-gende als Wahrheit, trifft diese Szene doch im Kern die Realität. Die jungen Wilden, also Assis-tenzärztinnen und -ärzte, die ge-rade ins Berufsleben starten und mit dem fast schon wieder abge-nutzten Begriff der Generation Y umschrieben werden, halten Ein-zug und wirbeln dabei ordentlich Staub auf.

Dabei könnte alles so einfach sein. Arbeit von sieben bis 17 Uhr, bis zu sechs Dienste pro Monat, Promotion, Veröffentlichungen, ein Vortrag auf einer Konferenz. Im Gegenzug ein ordentliches Gehalt und das höchste Ansehen aller Berufsgruppen. Der Arzt als Forscher, Heiler und Lehren-der. Doch den Jungen passt die-ses Modell nicht so richtig. Vir-chows Ideal als Auslaufmodell?

Wer die Ypsiloner verstehen will, muss wissen, wer sie sind. Zwei Drittel sind weiblich, knapp die Hälfte aller Assistenzärzte ist

in der Familienplanung, bei cir-ca einem Viertel ist dies bereits geschehen. Spätestens, wenn der Nachwuchs da ist, wollen mehr als die Hälfte in Teilzeit arbei-ten. Dass Professoren, Chefärz-te und Oberärzte, die allesamt aus Generationen stammen, in denen der Dienst nach 24 Stun-den nicht zu Ende war, darüber die Nase rümpfen, ist irgendwie verständlich.

Jede Generation baut sich ihre Welt aus den eigenen Nachteilen und Vorteilen. Der größte Vor-teil der Ypsiloner? Die Demo-

Page 10: Berufspolitik BDU

286 | Der Urologe 2 · 2014

BDU-Journal Berufspolitik

grafie. Hinzu kommen ein Ärz-temangel, immer mehr Ältere mit chronischen Krankheiten, gestie-gene Ansprüche an die Kommu-nikationsfähigkeit, Internationa-lisierung und Flexibilität. Gehen die Babyboomer in den nächs-ten zehn Jahren in Rente, gibt es nicht nur mehr Patienten. Es gibt im Verhältnis auch weniger Ärz-te. Schon jetzt stehen viele Klini-ken in Konkurrenz miteinander – um Patienten, Mitarbeiter, Geld. Wer mitspielen will, braucht die Generation Y. Doch was will sie?

F Aufmerksamkeit. Etwa 25 Prozent der zwischen 1980 und 2000 Geborenen sind Einzelkinder, knapp die Hälf-te wuchs mit einem Geschwis-terkind auf. Das garantiert volle Ressourcenausschöp-fung der gut gebildeten, gut si-tuierten Eltern. Auslandsjahr, Auslandssemester, das erste Auto zum Abitur, spätestens zum Physikum. Smartphone, WhatsApp, Facebook. War-ten ist nicht ihre Stärke. Un-sichtbarkeit wird als Beleidi-gung empfunden. Jeder ist et-was Besonderes im sozialen Netzwerk. So erwartet die-se Generation sofortige Ein-bindung in die Klinikstruktu-ren, individuelles Coaching, Verantwortung unter enger Supervision. Das heißt nicht, den Laden nach drei Wochen führen zu wollen. Aber im OP nur Haken halten und zunä-hen? Da wird schon mal die Kündigung getippt.

Für Kliniken besteht die He-rausforderung darin, in einer sich schnell verändernden Welt diesen Aufmerksamkeitsappe-tit zu nutzen. Wissensnetzwerke, DRG-Ökonomie, Roboterchir-urgie – die neuen Wilden wollen lernen, wollen leisten. Nur Still-stand, das wollen sie nicht.

F Individuelle Entwicklung. Die einen wollen voll durch-starten. Volles Gehalt, volle Karriere. Neben der 50-Stun-den-Woche noch forschen

und veröffentlichen. Nächster Stopp Oberarzt.

Die anderen wollen Zeit. Für Fa-milie, Freunde, ein gutes Buch. Der Arzt als Beruf, nicht als Be-rufung. Doch wie soll das gehen? Wie will man nötige Erfahrung und Fertigkeiten sammeln, wenn man seine Zeit mit Freunden und Familie verbringt, anstatt auf Sta-tion oder im OP? Kritik wird laut, dass Wissen und Fähigkeiten als Grundlage für das gesamte beruf-liche Leben nicht in Teilzeit ge-wonnen werden können. Dabei ist der Ruf nach Teilzeitmodel-len und Kindergartenplätzen nur Symptom, nicht Ursache. Die Jungen sind gar nicht so Schmal-spur, wie man ihnen vorwirft. Die Generation Y will vor allem Flexibilität. Mal Vollzeit, mal Teilzeit, je nach Lebenssituation und Anspruch. Das Berufsleben wird schließlich im Krankenhaus geplant. Wenn man noch 45 Jahre Stationsarbeit vor sich hat, müs-sen die Strukturen anpassbar sein.

F Sinn. Bäume retten, den Welthunger bekämpfen, aus einem großen Haus heraus mit einem weißen Zaun, zwei Kindern, ein Junge, ein Mäd-chen und einem Golden Ret-riever, der die Zeitung bringt. Dieser Generation wurde von ihren Workaholic-Eltern ein sinnerfülltes Leben verspro-chen, von ihren Xer-Vorgän-gern ein materiell zwang-loses Leben vorgelebt. Wen wundert es, dass sie jetzt bei-des einfordern. Arbeiten nur, um Geld zu verdienen, war gestern. Heute stellt sich die Frage des „Warum?“ und des

„Wozu?“.

Die Generation Internet spricht zwar mehrere Fremdsprachen, ist aber der eigenen Region und den konservativen Werten eng verbunden. Krankenhäuser kön-nen durch eigene Projekte be-geistern. Die Arbeit des Arztes am Patienten auf der einen Seite, der Beitrag des Krankenhauses als Unternehmen zur Region auf der anderen. Die Ypsiloner sind voller Ansprüche und Wider-

sprüche. „Leben, um zu arbeiten“ und „Arbeiten, um zu leben“, das waren andere. „Beim Arbeiten le-ben“ ist das neue Ideal, und es ist nur folgerichtig. Y kommt be-kanntlich nach X, und der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Aber eben auch nicht direkt daneben.

Die Generation Y verändert die Krankenhäuser und das Arzt-sein gleich mit. Ihre Ideale und Il-

lusionen werden zur selbsterfül-lenden Prophezeiung. Denn des-illusionieren kann man sie nicht. Hollywood sei Dank.

Literatur im Internetwww.aerzteblatt.de/lit0114

Sören Kopf,Dtsch Arztebl 2014; 111(1-2): [2] 

Krankenhausreport 2014: AOK plädiert für mehr Patienten-sicherheit

Anlässlich der Veröffentlichung des diesjährigen Krankenhaus-reports fordert der AOK-Bun-desverband „eine intelligentere Krankenhausplanung, die sich am Bedarf der Patienten orien-tiert“. Die Investitionsentschei-dungen der Länder und die Ka-pazitäten der Kliniken müssten stärker an die Qualität des ein-zelnen Krankenhauses und an den tatsächlichen Bedarf in einer Region gekoppelt werden, sagte Uwe Deh, Geschäfts¬führender Vorstand des AOK-Bundesver-bandes, bei der Vorstellung des Reports in Berlin.

Damit bekräftigte er zu Be-ginn der neuen Legislaturperiode erneut eine bekannte Forderung der Kassen nach einer stärke-ren Spezialisierung der Kliniken. Wie gut eine Krankenhausbe-handlung sei, hänge mit der Häu-figkeit der Eingriffe zusammen, argumentierte Deh. So weist bei-spielsweise laut Krankenhausre-port bei planbaren Hüftgelenk-Operationen das Fünftel der Kli-niken mit den wenigsten Eingrif-fen im Vergleich zum Fünftel mit den meisten Behandlungen eine um 37 Prozent höhere Rate an Wiederholungsoperationen auf.

„Vieles spricht dafür, dass mit steigender Erfahrung und Rou-

tine bessere Ergebnisse erzielt werden“, ergänzte Jürgen Klau-ber, Geschäftsführer des Wissen-schaftlichen Instituts der AOK (WIdO) und Mitherausgeber des Krankenhausreports. Das belege auch eine aktuelle Auswertung von AOK-Daten zur Versorgung von Frühchen mit weniger als 1.250 Gramm Geburtsgewicht: Hier liege die Wahrscheinlich-keit, dass diese Babys sterben, bei Kliniken mit weniger als 15 Fäl-len pro Jahr um 87 Prozent hö-her als bei Kliniken, die mehr als 45 Frühchen pro Jahr versorgen, sagte Klauber. „Viele Kranken-häuser versuchen, sich zu ‚klei-nen Universitätskliniken‘ zu ent-wickeln, die alles anbieten“, be-klagte Deh. „Für eine hochwer-tige medizinische Versorgung ist jedoch Spezialisierung das Gebot der Stunde.“

Die im Koalitionsvertrag vor-gesehene Gründung eines Quali-tätsinstituts wertete der Vorstand als einen Schritt in die richtige Richtung. Wer tatsächlich Ver-sorgungsprobleme beseitigen wolle, müsse aber einen Schritt weiter gehen und die Kranken-hauslandschaft modernisieren.

Als einen Beleg für diesen Mo-dernisierungsbedarf führt der AOK-Bundesverband Analysen

Page 11: Berufspolitik BDU

287Der Urologe 2 · 2014 |

des Aktionsbündnisses Patien-tensicherheit und des Sachver-ständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesund-heitswesen von 2007 an. „Wir müssen wir nach wie vor davon ausgehen, dass bei fünf bis zehn Prozent aller Krankenhausbe-handlungen ein unerwünsch-tes Ereignis stattfindet“, erklärte Max Geraedts, Leiter des Instituts für Gesundheitssystemforschung der Universität Witten/Herdecke und Mitherausgeber des Reports.

Knapp die Hälfte dieser un-erwünschten Ereignisse gilt dem Gesundheitssystemforscher zu-folge als vermeidbar. Fehler kä-men den Hochrechnungen ent-sprechend mit einer Häufigkeit von rund einem Prozent aller Krankenhausfälle vor; tödliche Fehler mit einer Häufigkeit von rund einem Promille. „Ein Fall von 1.000 bedeutet auf dem heu-tigen Versorgungsniveau rund 19.000 Todesfälle in deutschen Krankenhäusern pro Jahr auf der Basis von Fehlern – das sind fünfmal so viele Todesfälle wie im Straßenverkehr“, sagte Gera-edts. Für Krankenhäuser lohne es sich also, zum Wohle der Pa-tienten in die Patientensicherheit und Vermeidung von Fehlern zu investieren.

Die Autoren des Kranken-hausreportes 2014 nennen als Ursachen für Gefährdungen der Patientensicherheit unerwünsch-te Arzneimittelereignisse, Hygie-nemängel und eine zu wenig ge-regelte Einführung medizini-scher Innovationen. Denn un-erwünschte Arzneimittelereig-nisse seien mit elektronischen Verschreibungssystemen ver-meidbar. Trainingskonzepte könnten helfen, Abläufe zu opti-mieren und im Krisenfall Fehler zu verhindern. Auch die Einfüh-rung des Deutschen Aortenklap-penregisters und des Deutschen Endoprothesenregister seien zu begrüßen.

„Am wichtigsten scheint aber, dass die Krankenhäuser noch stärker für das Thema sensibi-lisiert werden, eine Fehlerkultur zu etablieren und die bereits ein-geführten Fehlerberichtssysteme

stärker zu nutzen, um besser aus eigenen Fehlern und den Feh-lern anderer Krankenhäuser zu lernen“, betonte Geraedts.

Ärzteschaft ist das Thema Patientensicherheit früh an-gegangen

Gegen den Vorwurf einer man-gelnden Fehlerkultur innerhalb der Ärzteschaft wehrte sich der Präsident der Bundesärztekam-mer, Frank Ulrich Montgomery:

„Die deutsche Ärzteschaft ist das Problem frühzeitig und offensiv angegangen. Auf vielen Ärzteta-gen haben wir uns intensiv mit der Patientensicherheit ausein-andergesetzt. Wir waren Initiato-ren und sind Protagonisten die-ses Themas“, betonte er.

Gleichzeitig räumte Montgo-mery ein, dass Fehler in der Me-dizin passierten. „Wir kehren diese Fehler aber nicht unter den Tisch, sondern wir lernen aus ih-nen und wir setzen uns dafür ein, dass den betroffenen Patienten schnellstmöglich geholfen wird“, sagte er und verwies auf das Ver-hältnis der Zahl der festgestellten schwerwiegenden Behandlungs-fehler zur Gesamtzahl der rund 18 Millionen Behandlungsfälle in den Krankenhäusern und den mehr als 540 Millionen Fällen im vertragsärztlichen Bereich. „Jeder Fehler ist ein Fehler zu viel. Den-noch müssen wir sehen, dass sich die Zahl dieser Behandlungsfeh-ler im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Behandlungsfälle im Pro-millebereich bewegt.“

Die Bundesärztekammer er-innerte auch an die seit Jahren akzeptierte Arbeit der Gutach-terkommissionen und Schlich-tungsstellen der Ärztekammern. Aus der Behandlungsfehlerstatis-tik der Bundesärztekammer gehe hervor, dass die Gutachterkom-missionen und Schlichtungsstel-len der Ärztekammern im Jahr 2012 insgesamt 7.578 Anträge zu mutmaßlichen Behandlungsfeh-lern bearbeitet haben. Dabei ha-be in 2.280 Fällen ein Behand-lungsfehler vorgelegen.

Krankenhausgesellschaft warnt vor Verunsicherung der Patienten

Auch die Deutsche Kranken-hausgesellschaft (DKG) warnte angesichts des AOK-Reports vor einer Verunsicherung der Pa-tienten. „Nie hatten wir höhere Sicherheitsstandards in den Kli-niken“, erklärte Hauptgeschäfts-führer Georg Baum. Die Kassen dürften nicht Maximales fordern und es gleichzeitig ablehnen, für die Mehrkosten zur Erhöhung von Qualität und Patientensi-cherheit aufzukommen. Denn Qualität und Sicherheit erfor-derten Ressourcen für mehr und permanent fortgebildetes Perso-nal und moderne Ausstattungen.

Baum wies darauf hin, dass die Krankenhäuser Vorgaben zu Hygienepersonal zu erfüllen hät-ten. Zudem bestimmten Richtli-nien des Gemeinsamen Bundes-

ausschusses (G-BA) Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der stationären Patientenversor-gung in hochsensiblen Bereichen, zum Beispiel auf Frühgeborenen-Intensivstationen.

Als weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Patientensicher-heit nannte Baum unter ande-rem Morbiditäts- und Mortali-tätskonferenzen, Qualitätszir-kel, die Einführung von CIRS-Systemen zur Meldung kriti-scher Vorfälle, spezielle Bespre-chungen kritischer Fälle und die Einbindung von Risikomanage-ment-Aspekten in ärztliche und pflegerische Aus-, Fort- und Wei-terbildung, Checklisten in sicher-heitsrelevanten Bereichen oder die Teilnahme am Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (KISS).

© ER/aerzteblatt.de

Lösungen aus der Fachärzte-schaftEinen verstärkten Einstieg der Krankenhäuser in die ambulan-te Versorgung lehnen die nieder-gelassenen Fachärzte ab. Der Plan, Krankenhäuser einzusetzen, um die Terminwartezeiten bei Fach-ärzten abzubauen, ist auf Sand ge-baut: „Das Wartezeitenproblem verdankt seine Existenz dem Mot-to: ‚Wir haben kein Problem, also machen wir uns eines‘. Schwierig-keiten in der Terminvergabe exis-tiert nicht in dieser Dimension, wie es öffentlich behauptet wird“, kritisiert Dr. med. Andreas Gas-sen, Vorsitzender des SpiFa, die Stoßrichtung der aktuellen Dis-kussion zu Lasten der niederge-lassenen Fachärzte. Über 75 Pro-zent der Patienten bekommen in-nerhalb von drei Tagen einen Ter-

min. „Die Fachärzte arbeiten da-ran, das Patientenmanagement, das auch die Terminvergabe ein-schließt, weiter zu verbessern. Es wird hier Lösungen aus der Fach-ärzteschaft heraus geben“, er-läutert Lars Lindemann, SpiFa Hauptgeschäftsführer, die Pläne der niedergelassenen Fachärzte-schaft, die hier eine der zukünf-tigen Herausforderungen sieht.

Mit Blick auf den Vorstoß der Deutschen Krankenhausgesell-schaft (DKG) ist der SpiFa der Auffassung, dass Kliniken sich auf die Dinge konzentrieren soll-ten, die Ihnen vom Gesetzgeber bereits aufgegeben wurden, be-vor man auf neue Tätigkeitsfelder drängt. „Ein unter anderem nicht

Page 12: Berufspolitik BDU

288 | Der Urologe 2 · 2014

BDU-Journal Berufspolitik

optimal funktionierendes Entlas-sungsmanagement von Kliniken nimmt den Fachärzten Zeit für ihre Patienten. Hier könnte der Krankenhausbereich Entlastung für den ambulant versorgenden Bereich schaffen. Eine nahtlose Weiterbehandlung in der fach-ärztlichen Praxis wird erschwert, wenn der Facharzt nicht schnell und ‚schwarz auf weiß‘ alle Infor-mationen über den Patienten er-hält“, erklärt Lars Lindemann.

Es besteht daher kein Anlass, über den Hebel „Wartezeiten“ in der ambulanten Versorgung eine Parallelstruktur durch Kli-niken aufzubauen. Denn die von der Politik gewünschte 4-Wo-chen-Termingarantie wird vor-aussichtlich zu mehr Arztbesu-chen führen, weil daraus ein An-spruch auf einen Termin abgelei-tet werden könnte. Dies bedeutet, dass Kliniken nur einen künstlich erzeugten Mehrbedarf abarbei-ten würden. Nichts ist damit ge-wonnen: Das wird nur teuer und die Unzufriedenheit der nieder-gelassenen Fachärzte steigt, weil sie sich bestraft fühlen – denn aus ihrem Topf soll das Einspringen der Kliniken im Falle von Ter-minproblemen bezahlt werden. Dies ist geeignet, die Atmosphä-re zu vergiften. „In der Weiter-entwicklung einer Sektor über-greifenden Versorgung brauchen wir auf allen Ebenen Vertrauen – doch statt dessen werden Zünder eingebaut“, kritisiert SpiFa Vor-sitzender Andreas Gassen.

Der SpiFa warnt vor einem unkontrollierten Fall der Sekto-rengrenzen ambulant – stationär.

„Wenn es sich der Patient am En-de aussuchen kann, ob er in die Klinikambulanz oder zum nie-dergelassenen Facharzt geht, ist die Kontrolle über Menge und Kosten verloren. Eine solch un-sinnige Ausweitung der ambu-lanten Versorgung lehnen die Fachärzte ab“, erklärt Dr. And-reas Gassen. Der Fall der Sekto-rengrenzen darf nicht nach dem Motto ‚jeder, der glaubt zu kön-nen, darf ‘ erfolgen. „Die ambu-lante Versorgung taugt nicht als Topf, der alle satt macht. Dies weiß niemand besser als die nie-dergelassenen Fachärzte und die Hausärzte. Eine ambulante ‚Kur‘ für die Kliniken bedeutet keines-wegs deren Gesundung. Daran könnte das ganze Gesundheits-wesen krank werden“, kritisiert Andreas Gassen.

Herausgeber (V.i.S.d.P.) Dr. med. Andreas Gassen, Dr. med. Dirk Heinrich, Dr. med. Axel Schroeder – Hauptgeschäftsführer: RA Lars Lindemann Straße des 17. Juni 106-108,   10623 Berlin

Pressekontakt Joachim Stier – SpiFa Pressesprecher E-Mail: [email protected]  

Zehn Jahre GBA: Die (un-)heimli-che Macht im Gesundheitswesen Vor zehn Jahren wurde der Ge-meinsame Bundesausschuss grundlegend reformiert. Seit-dem ist sein Einfluss auf die reale Kassenmedizin stets gewachsen. Doch auch heute noch wird die Macht des GBA vielfach unter-schätzt. Wir blicken zurück.

Was in der Kassenmedizin zweckmäßig, ausreichend und wirtschaftlich ist, Kassenpatien-ten folglich beanspruchen dürf-ten, wird seit den 1920er Jahren zwischen Ärzteorganisationen und Krankenkassen ausgeheckt: Bereits vor 90 Jahren bestimm-te der Reichsausschuss der Ärz-te und Krankenkassen, ob und zu welchem Zweck Kassenärz-te Wein zu Heilzwecken verord-nen dürfen.

Wie die Entscheidungen des Reichs- und des späteren Bun-desausschusses der Ärzte und Krankenkassen zustande kamen, blieb im Verborgenen. Bis zum 4. August 1998. An jenem Tag ent-schied der Bundesausschuss über die Verordnungsfähigkeit des ge-rade neu auf den Markt gekom-menen Sildenafil (Viagra®). Das hochpotente Medikament gegen erektile Dysfunktion war kurz zuvor zugelassen worden, be-gleitet von Schlagzeilen. Die KBV prognostizierte Horrorkos-ten: Bei 7,5 Millionen Männern mit ED und zweimaligem Koha-bitationsbedarf pro Woche käme auf die Kassen eine Kostenwelle von 23,4 Milliarden DM zu – zwei Drittel des damaligen Arzneimit-telbudgets. Für Überschreitun-gen müssten die Ärzte haften.

Der Bundesausschuss ent-schied: nicht verordnungsfähig zu Lasten der GKV. „Das ist die bedeutsamste Entscheidung, die der Bundesausschuss je zu treffen gehabt hat“, bekannte der dama-lige Vorsitzende Karl Jung, ehe-mals Staatssekretär bei Norbert Blüm, bei der ersten Pressekon-ferenz in der Geschichte des Bun-desausschusses. Erstmals war der Öffentlichkeit die Macht dieses

klandestinen Gremiums offen-bar geworden – und seine prak-tische Bedeutung für 70 Millio-nen GKV-Versicherte.

Professionalisierung und Transparenz seit 2004

Angesichts der in den 1990er Jah-ren gewachsenen Aufgaben des Bundesausschusses war es aller-dings ein Anachronismus, dass diese gemeinsame Selbstver-waltung in der Praxis ein virtu-elles Gremium war, besetzt aus meist unbekannten Funktionä-ren der KBV und der Kassen, die im Nebenjob und unter Vorsitz eines pensionierten Ministerial-beamten oder Sozialrichters die Regeln für die Kassenmedizin be-stimmten. Das änderte sich erst maßgeblich mit der Gesundheits-reform 2003, die den Bundesaus-schuss professionalisierte.

Eines der maßgeblichen Re-formelemente, das die Arbeits-weise des Bundesausschusses verändern sollte, war die Beteili-gung von Selbsthilfe- und Patien-tenorganisationen mit einem An-trags- und Mitberatungsrecht, je-doch ohne die Befugnis, an den Entscheidungen des Bundesaus-schusses beteiligt zu sein.

Dieses Mitberatungsrecht konnte wirksam nur ausgeübt werden, wenn transparent ge-macht wurde, in welcher Weise Patientenorganisationen ihren argumentativen Einfluss auf Entscheidungen des Bundesaus-schusses ausgeübt hatten. Der Nachfolger Karl Jungs, der ehe-malige KBV-Hauptgeschäftsfüh-rer Rainer Hess, zog daraus die Konsequenz, die Arbeitsweise des Bundesausschusses transpa-rent zu machen. Pressekonferen-zen nach Plenumssitzungen wur-den jetzt zur eisernen Regel, und dabei hatten, bei divergierenden Interessen, die einzelnen „Bänke“ im Gemeinsamen Bundesaus-schuss – Ärzte, Krankenhäuser, Krankenkassen und Patienten-

Page 13: Berufspolitik BDU

289Der Urologe 2 · 2014 |

vertreter – ihre jeweiligen Posi-tionen vorzutragen Gelegenheit.

Heute sind sogar die Plenums-sitzungen des GBA öffentlich – jedermann kann sie nach Voran-meldung besuchen. Das freilich hat die Transparenz nur formal verbessert, denn in Plenumssit-zungen wird nur noch selten in-haltlich gestritten, weil die Ent-scheidungen durch nach wie vor vertraulich tagende Arbeitsaus-schüsse durchweg bis ins Letz-te vorbereitet sind. So sind Ple-numsbeschlüsse meist nur For-malien.

Umfassende regulatorische Kompetenz

Worin besteht die Macht des GBA? Es gibt keine (neue) ver-tragsärztliche Leistung ohne GBA-Plazet. Mit dem Festbe-tragssystem und der frühen Nut-zenbewertung hat der GBA fast die gesamte Arzneiversorgung regulatorisch im Griff. Was künf-tig als ambulante spezialfachärzt-liche Versorgung extrabudgetär geleistet werden darf, bestimmt der GBA. Jede Innovation läuft eine Genehmigungsschleife über den GBA oder zumindest kann der GBA jedes neue Verfahren zur Evaluation aufrufen. Über

ihn laufen fast alle Verfahren zur Qualitätssicherung. Wissen-schaftliche Expertise kann er sich von seinem eigenen Institut, dem IQWiG, holen. Die wichtigste Ex-pertise stammt freilich aus dem GKV-Spitzenverband, der seit seiner Gründung 2009 kräftig aufgerüstet hat. Vor allem aber: Was der GBA entscheidet, bin-det alle Beteiligten. Das Prinzip

„gemeinsam und einheitlich“ vol-lendet ein Monopol, das keine Al-ternativen mehr kennt.

Die neue Große Koalition will die Befugnisse des GBA wei-ter ausbauen. Das gilt vor allem für den Ausbau der Qualitäts-sicherung und der Qualitäts-transparenz. Dafür soll der GBA ein weiteres Institut erhalten. In Wirklichkeit bedeutet das noch mehr Macht für die wenigen Or-ganisationen, die den GBA tra-gen: GKV-Spitzenverband, KBV und Deutsche Krankenhaus-gesellschaft. Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob die der-zeit rein formale Rechtsaufsicht des Bundesgesundheitsministe-riums eine hinlängliche Kontrol-le garantieren kann.

Helmut Laschet Ärzte Zeitung 

Ärzte sind überzeugte QM-TäterGutes Zeugnis für Vertragsärzte: Das QM läuft in mehr als drei Vier-teln der Praxen rund. Aber auch in Sachen DMP und Qualitätszir-kel legen Ärzte nach. Für die KBV ist das Grund genug, überborden-de Bürokratie in Frage zu stellen.

Ob bei der Fortbildungs- oder QM-Pflicht, Nachzügler in Sa-chen Qualitätsanforderungen und -umsetzung sind im ambu-lanten Bereich nur noch eine sel-tene Gattung.

Über zwei Drittel der Ver-tragsärzte befanden sich 2012 bei ihrem praxisinternen Qua-litätsmanagement (QM) im Soll. Acht Prozent hatten ihr Soll so-gar übererfüllt. Gerade einmal 23 Prozent der Ärzte hinkten den Vorgaben für ihr QM noch hin-terher - so das Ergebnis des ak-tuellen und zehnten Qualitätsbe-richts der KBV.

Ein Blick in die KBV-Statistik zum Stand des QM in den Ver-tragsarztpraxen verrät aber noch

mehr: In nur 17 Praxen wurde 2012 eine Pflichtberatung in Sa-chen QM vorgenommen. Fast 68 Prozent der Praxen hatten 2012 mit der Weiterentwicklung ihres QM begonnen.

Knapp über ein Prozent hat-ten sich noch gar nicht mit dem Qualitätsmanagement beschäf-tigt. Die Hausärzte lagen dabei genau im Schnitt: 66 Prozent hat-ten die Weiterentwicklungsphase erreicht.

Spitzenreiter beim QM sind Rheinland-Pfalz und Hessen

Dabei sind jene 1,2 Prozent oder auch die 17,4 Prozent, die sich in der QM-Umsetzungsphase be-fanden, nicht unbedingt QM-Nachzügler. Denn in die QM-Stichprobe der einzelnen KVen, auf der die Daten beruhen, wur-den schließlich auch die Ver-tragsärzte einbezogen, die sich erst nach dem Start der QM-Pflicht - also nach dem 1. Janu-ar 2006 - niedergelassen haben.

Für sie begann die QM-Uhr erst mit dem Zeitpunkt ihrer Nie-derlassung zu ticken. In den Zah-len des KBV-Qualitätsberichts wurde dies berücksichtigt.

Spitzenreiter in Sachen Pra-xis-QM ist wie auch im Jahr zu-vor die KV Rheinland-Pfalz. Dort beschäftigten sich 2012 über 74 Prozent der Praxen mit der Wei-terentwicklung ihres QM. Aller-dings teilt sich die KV RLP die-sen Platz mit der KV Hessen, die denselben Wert ausweist.Bei der Fortbildungspflicht kratzen die Ärzte an der 100-Prozent-Marke

Noch ein bisschen besser se-hen die Zahlen bei der ärztlichen Fortbildungspflicht aus. Diese gilt seit Juli 2004, damit endete die erste Fünf-Jahres-Nachweis-pflicht am 30. Juni 2009. Damals erfüllten prompt 94,3 Prozent der Ärzte ihre Fortbildungspflicht und konnten die geforderten 250 Fortbildungspunkte nachweisen.

Zusammen mit der zweijäh-rigen Nachreichfrist erreichten sogar über 99 Prozent der Ärz-te die 250 Punkte. 2012 stieg die Zahl derer, die ohne Nachreich-

frist ihre Punkte erzielten auf 96,5 Prozent.

Ein Grund sind die härteren Sanktionen

Allerdings treffen Ärzte bei Nichterfüllung der Fortbildungs-pflicht auch harte Sanktionen. Ih-nen wird das Honorar gekürzt: Im ersten Jahr werden zehn Pro-zent abgezogen, im zweiten Jahr 25 Prozent.

Erbringen Ärzte nach der zweijährigen Nachreichfrist noch immer nicht die nötige Zahl an Fortbildungspunkten, kann ih-nen sogar die Zulassung entzo-gen werden. Laut dem KBV-Qua-litätsbericht wurden nach der ers-ten Nachreichrunde (2011) 85 Zu-lassungen, Anstellungsgenehmi-gungen bzw. Ermächtigungen entzogen.

25 Verfahren seien derzeit noch anhängig.Bei der QM-Pflicht werden gegen Nachzügler bisher hingegen keinerlei Sank-tionen verhängt. Es droht ledig-lich eine Beratung durch die KV.

Dass sich Ärzte zunehmend für mehr Qualität in der Ver-sorgung einsetzen, zeigt aber auch die Entwicklung der Di-sease-Management-Programme (DMP). Ende 2012 waren über sechs Millionen Patienten in das DMP Diabetes mellitus Typ 1, Diabetes mellitus Typ 2, Korona-re Herzkrankheit (KHK), Asth-ma bronchiale, Chronisch obst-ruktive Lungenerkrankung und Brustkrebs eingeschrieben.

Mit 3,7 Millionen Patienten waren mehr als die Hälfte da-von ins DMP Diabetes Typ 2 ein-geschrieben. Dabei hat sich die Zahl der eingeschriebenen Pa-tienten im Vergleich zu 2009 (1,9 Millionen Patienten) um über 92 Prozent erhöht.

Beim DMP KHK betrug die Steigerung sogar rund 168 Pro-zent, hier erhöhten sich die Ein-schreibungen von 635.000 in 2009 auf 1.703.116 in 2012. Da Pa-tienten nicht selten in mehrere DMP gleichzeitig eingeschrieben sind, lag die Gesamtzahl der Ein-schreibungen im Jahr 2012 sogar bei 7,2 Millionen Patienten.

Page 14: Berufspolitik BDU

290 | Der Urologe 2 · 2014

BDU-Journal Berufspolitik

AOK Bayern offenbart mangelndes Gespür für die medizinische Versorgung

Wehret den Anfängen – Gefahr der unkoordinierten Beratung Schwangerer

Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands (SpiFa) kritisiert den Kooperationsvertrag zwischen dem Bayerischen Apothekerver-band (BAV) und der AOK Bayern und unterstützt den Berufsver-band der Frauenärzte in seinem Protest dagegen. Der Vertrag sieht vor, dass Apotheker 33 Euro pro Schwangerschaft bekommen sol-len, wenn sie sich einen Überblick über die gesamte Medikation ver-schaffen, um sie auf mögliche Ri-siken hin zu bewerten. Die Kasse ignoriert, dass der Apotheker die Krankheitsgeschichte, ihre Diag-nosen und Befunde, nicht kennt. Ein solcher Vertrag belegt, dass die AOK Bayern als gesetzliche Krankenkasse nicht wirklich weiß, wie die medizinische Versorgung effektiv gestaltet werden soll. Sol-che Vorstöße fördern nicht die Gesundheit, sondern gefährden die Gesundheit der Schwange-ren. „Den Beteiligten scheint nicht klar zu sein, dass für diese Kaffee-satzleserei letztendlich der Frau-enarzt die Verantwortung trägt“, kritisiert Dr. med. Andreas Gassen, Vorsitzender des SpiFa, den Ver-trag als ‚Blindflug-Beratung‘ scharf.

Überdies soll die Schwangere die Medikamentenliste selbst zusam-menstellen: Was ist, wenn etwas fehlt, was geschieht mit den Er-gebnissen, fragen sich die Fach-ärzte. „Die Ergebnisse, deren Gü-te aufgrund des Zustandekom-mens anzuzweifeln sind, wer-den das Vertrauensverhältnis zum Arzt belasten“, beschreibt Dr. Gassen: „Der Vertrag gau-kelt Sicherheit vor, wo keine ist.“ Statt zu bündeln, ebnet die Kasse dem Verzetteln den Weg, statt zu verbessern, werden Schwange-re zum Versuchsobjekt der Ver-tragsabteilung der AOK.

Der SpiFa sieht den Vertrag als abschreckendes Beispiel für die Substitution ärztlicher Leis-tungen, d.h., die Übertragung ärztlicher Aufgaben an Nicht-ärzte, in diesem Fall an Apothe-ker. Da wird mit einer Berufs-gruppe ein Vertrag gemacht, oh-ne im ärztlichen Zusammenhang zu denken – der Vertrag der AOK Bayern würde einer unkoordi-nierten Versorgung Tür und Tor öffnen. Höhlt man die ärztliche Patientenführung durch solche Verträge aus, weiß am Ende die linke Hand nicht, was die rech-te tut: „Der Daseinszweck einer Schwangerschaft ist es nicht, Tummelplatz für fragwürdi-ge Vertragsexperimente zu sein, sondern gesunden Nachwuchs auf die Welt zu bringen. Da-für trägt der Frauenarzt die vol-le Verantwortung und bestimmt, was zu tun ist.“ Der SpiFa unter-streicht: „Die im Vertrag vorgese-hene Vergütung für eine sehr sin-guläre Leistung, für die aber der Frauenarzt die Verantwortung trägt, zeigt, welche Wertschät-zung die Krankenkassen der ärzt-lichen Leistung entgegen bringen. Man kann dies nur als Provoka-tion auffassen“, so Lars Linde-mann, der Hauptgeschäftsführer des SpiFa. Ein solcher Vertrag darf nicht Schule machen: Der Vertrag, so der SpiFa, darf daher nicht umgesetzt werden.

Herausgeber (V.i.S.d.P.) Dr. med. Andreas Gassen, Dr. med. Dirk Heinrich, Dr. med. Axel Schroeder (Vor-stände SpiFa)

Pressesprecher Joachim Stier M: 0170/2900 88 3, T: 206 46 717, E-Mail: [email protected]  

Mehr Qualitätszirkel als noch 2011

Für das DMP KHK weist der diesjährige Qualitätsbericht zu-dem detailliertere Daten aus 13 KVen aus - allerdings zu den Jah-ren 2008 bis 2011. In diesem Zeit-raum legte die Quote der Über-weisungen bzw. Einweisungen bei neu aufgetretener Herzinsuf-fizienz an einen Facharzt oder in die Klinik von 19 auf 28,1 Pro-zent zu. Der Anteil der Patienten, denen ein Statin verordnet wur-de, erhöhte sich von 68,1 auf 72,3 Prozent.

Ebenfalls zugelegt hat die Zahl der ärztlichen Qualitäts-zirkel: Mehr als 9500 zertifizier-te Qualitätszirkel, neun Prozent mehr als 2011, zählte die KBV für das Jahr 2012. Insgesamt 68.000 Ärzte nahmen an den Zirkeln teil.

7700 der Zirkel erfüllten zu-dem die Standards der Qualitäts-

sicherungs-Richtlinien der KBV. 1937 der Qualitätszirkel stamm-ten aus dem hausärztlichen, 2863 aus dem fachärztlichen Bereich.Allerdings sind alle Bestrebun-gen und Pflichten bei der Qua-litätssicherung immer auch mit einem bürokratischen Aufwand in den Praxen verbunden.

Das hat auch die KBV erkannt. „Aufgrund der immer besseren Ergebnisse“ will sie sich laut einer Mitteilung gegenüber den Kran-kenkassen dafür einsetzen, die-sen bürokratischen Aufwand zu überprüfen.

„Unnötige Verwaltungs- und Informationspflichten müssen bei einer gleichbleibend hohen Qualität der Patientenversorgung auch wieder abgeschafft werden“, so KBV-Vorstandsvorsitzender Dr. Andreas Köhler.

Rebekka Höhl ÄrzteZeitung

Page 15: Berufspolitik BDU

291Der Urologe 2 · 2014 |

Von der Arztpraxis zur Marken-persönlichkeitSo steigern Ärzte die Wertschöpfung ihrer Praxis

Quelle: Bund der Urologen e.G.

Viele etablierte Ärzte kennen die-se Situation: Die Jahre des Pra-xisaufbaus sind vorüber. Der Pa-tientenstamm ist solide, das Pra-xisteam eingespielt, die Einrich-tung noch in Ordnung, wenn auch etwas in die Jahre gekom-men. Investitionen wären not-wendig, aber sind sie auch sinn-voll? Es liegen noch 10, 15 Jahre Praxistätigkeit vor ihnen. Eigent-lich sollte eine entspannte, zu-friedene Konsolidierungsphase kommen. Doch die Aussichten als niedergelassener Arzt sind mit-unter alles andere als erfreulich.

Zeitdruck statt Zuhören

Der zunehmende Einfluss der Politik und der Krankenkassen bringt fatale Folgen für niederge-lassene Ärzte und deren Patien-ten mit sich. Während bei den einen, trotz enormer beruflicher, finanzieller und persönlicher Be-lastung der monetäre Erfolg im-mer öfter ausbleibt, klagen die anderen über zu wenig Zuwen-dung vom Arzt. Oft fehlen die Vi-sion und der Mut, in dieser Phase der Praxis noch einmal eine neue, positivere Ausrichtung zu geben.

Das Institut für wirtschaft-liche Praxisführung Dr. Rinner und Partner beschäftigt sich seit 25 Jahren mit der Entwicklung von Arztpraxen über ihren ge-samten Lebenszyklus hinweg. Ihr Erfolgskonzept für Ärzte: der Aufbau einer unverwechselbaren Mar-kenpersönlichkeit – basie-rend auf Wissen, Kompetenz, Zu-wendung und Service. Der Bera-tungsansatz des Teams rund um Geschäftsführer Johann Schaffer erscheint dabei ebenso einfach wie bestechend logisch.

Wofür steht Ihre Praxis?

Es geht vor allem um eine zentra-le Frage: Wofür steht Ihre Praxis? Nicht jeder niedergelassene Arzt kann diese Frage, selbst nach Jah-ren, kurz und knackig beantwor-ten. Die teuersten Marken der Welt können dies sehr wohl, denn sie haben alle eines gemeinsam. Sie stehen für ein klares Marken-versprechen, eine Botschaft, die Konsumenten in der ganzen Welt anzieht. Sie geben ihren Kunden – oft Fans – das Gefühl, dazugehö-ren zu wollen. Unbedingt. Kos-te es, was es wolle. Das mag für eine Arztpraxis etwas überhöht

klingen. Doch auch in der me-dizinischen Welt ist es die Macht der Marke, welche den Wert einer Arztpraxis steigert.

Das Kapital steckt im Ideal

Es geht darum, einen Ort zu schaffen, an dem sich Patienten bereits wohl fühlen, bevor sie überhaupt den Arzt zu Gesicht bekommen haben. Ein Emp-fang wie in einem gut geführten 4-Sterne Hotel, das ist der Maß-stab den Schaffer für seine Ärz-te ansetzt. Die Zeit, die das alles kostet muss sich der Arzt natür-lich erst einmal leisten können. Und das geht mit Privatpatien-ten und Selbstzahlern deutlich leichter. Wenn das Konzept über-zeugt, so ist laut der Erfahrung von Dr. Rinner und Partner ein Mix aus Privatpatienten und bis zu 40 Prozent Selbstzahler leicht machbar. Gesundheit wird hier zu Lande durchaus als Wert be-trachtet, für den viele Menschen bereit sind, aus der eigenen Ta-sche zu bezahlen. Sofern die Leis-tung stimmt.

Jetzt den Wandel anpacken

Wer sich also wieder mit viel Zeit, Freude und Zuwendung um sei-ne Patienten kümmern möch-te und dafür anständig entlohnt sein will, der muss umdenken und umstrukturieren. Die Be-rater von Dr. Rinner & Part-ner unterstützen Arztpraxen auf ihrem Weg zur Markenpraxis.

„Wir haben im Laufe von über zwei Jahrzehnten valide Ana-lysetools entwickelt, die uns sehr schnell und sehr genau sa-gen lassen, wo eine Praxis aktu-ell steht und wie viel Potenzial in ihr steckt: hinsichtlich ihrer Fi-nanzen, ihres Managements, in der Wahrnehmung der Patien-ten und im Sinne eines Praxis-marketings. Den ermittelten Ist-Zustand stellen wir einem erstre-benswerten Marken-Sollzustand gegenüber. Den Weg dazwischen packen wir tatkräftig gemeinsam mit dem Arzt und seinem Team an“, beschreibt Schaffer die Vor-gehensweise.

Unverwechselbares Praxis-profil

Kommunikationsspezialisten verhelfen der Praxis zu einem unverwechselbaren Profil. Cor-porate Identity, Webseite, Bro-schüren, Flyer, Praxis-TV – alles trägt dazu bei ein nachdrücklich positives Image der Praxis aufzu-bauen. Der Aufwand lohnt sich in jeder Hinsicht.

ESF-geförderte Beratungs-leistungen

„Wir schnüren für Ärzte ein um-fassendes Paket, um die Praxis zu einer erhöhten Wertschöpfung zu führen und das unter deutlich positiveren Arbeitsbedingungen“, meint dazu Johann Schaffer. Dass diese Beratungsleistun¬gen auch noch vom Europäischen Sozial-fonds (ESF) mit bis zu 50 % und einem Maximalbetrag von 1.500 Euro gefördert werden, ist ein weiterer positiver Aspekt. So hält sich auch der finanzielle Auf-wand im Rahmen.

Fazit

Ärzte sollten sich den geistigen Freiraum nehmen, um noch ein-mal richtig durchzustarten und ihre Praxis zur größtmöglichen Wertschöpfung zu führen – für den Arzt, sein Team und nicht zuletzt für die Patienten. Denn Umdenken bedeutet in diesem Fall, eine dreifache Gewinnsitu-ation.

Daniela Wiessner,www.dr-rinner.de

Page 16: Berufspolitik BDU

292 | Der Urologe 2 · 2014

BDU-Journal Berufspolitik

Page 17: Berufspolitik BDU

293Der Urologe 2 · 2014 |

80 Jahre alt wird02.03.1934 Dr. med. Johannes Seeliger

75 Jahre alt werden23.03.1939 Dr. med. Joachim Lais 28.03.1939 Dr. med. Günter Strack 

70 Jahre alt werden08.03.1944 Dr. med.WolfgangBraun 14.03.1944 Priv.Doz.Dr.med.Udo Dunzendorfer 24.03.1944 Dr. med. Karl-Heinz Schürholz 

65 Jahre alt werden04.03.1949 Dr. med. Sönke Greggersen 16.03.1949 Dr. med. Christian Pochhammer 27.03.1949 Dr. med. Heinrich Riedl 

F Bayern-SüdJochen SeitherKlinikum MemmingenAssistenzarzt in der urologischen Ab-teilungBismarckstraße 2387700 Memmingen

F Schleswig-HolsteinDr. med. Bernhard MohrGemeinschaftspraxis Dres Gamar-ra, MohrDelbrückstraße 225541 Brunsbüttel

Neue Mitglieder

JubilareDer Berufsverband gratuliert seinen Mitgliedern

Sehr geehrter Jubilar,falls Sie eine Bekanntgabe Ihres Jubiläums auf diesen Seiten nicht  wünschen, teilen Sie dies bitte rechtzeitig dem BDU  ([email protected] oder Tel. 0211/95 13 729) mit.