beryl korot & steve reich three tales synergy vocals … · flames. get this, get this scotty!...
TRANSCRIPT
Beryl Korot & Steve ReichThree Tales
Synergy Vocals Ensemble Modern Brad Lubman
Montag 13. Juni 2011 20:00
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händigen Ihnen Stofftaschentücher des Hauses Franz Sauer aus.
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helfen wir Ihnen gern bei der Auswahl geeigneter Plätze, von denen
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10562_KM_03-07-10_f.indd U2 13.08.2010 13:00:58 Uhr
Beryl Korot & Steve ReichThree Tales
Synergy Vocals Ensemble Modern Brad Lubman Dirigent
Matthias Rieker LichtdesignBIG cinema, Johannes Bernstein, Patrick Strauch
VideoprojektionNorbert Ommer Klangregie Felix Dreher Toningenieur
Keine PauseEnde gegen 21:10
Montag 13. Juni 2011 20:00
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Beryl Korot & Steve ReichThree Tales (1998 – 2002)Video-Oper in drei Teilen von Beryl Korot (Video) und Steve Reich (Musik)I. HindenburgII. BikiniIII. Dolly
»Three Tales« ist ein gemeinsames Auftragswerk von Wiener Festwochen, Holland Festival, Settembre Musica/Torino City Council, BITE:02 Barbican London, Festival musica Strasbourg, Festival d’Automne à Paris/Cité de la Musique, Hebbel-Theater Berlin, Centro Cultural de Bélem Lissabon, Spoleto Festivals und Brooklyn Academy of Music/Bam Next Wave Festival
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Das Libretto
Hindenburg Hindenburg
Scene I 1. SzeneIt could not have been Es kann kein technischera technical matter Fehler gewesen sein
New York Times headline May 7, 1937 – drummed out:Hindenburg burns in Lakehurst crash, 21 known Dead, 12 missing, 64 escape.
Schlagzeile der New York Times, 7. Mai 1937 (Trommeln):Hindenburg nach Absturz in Lakehurst verbrannt, 21 Tote identifiziert, 12 Vermisste, 64 Überlebende.
3 tenors:It could not have been a technical matter
3 Tenöre:Es kann kein technischer Fehler gewesen sein
Headline:Dr. Hans Luther, the German Ambassador, said the disaster must not cause the world to loose faith in dirigibles and that it could not have been a technical matter.
Schlagzeile:Dr. Hans Luther, der deutsche Botschafter, sagte, die Welt dürfe aufgrund der Katastrophe ihren Glauben an lenkbare Luftschiffe nicht verlieren: es kann kein technischer Fehler gewesen sein. Vermutlich hat Funkenflug von den Motoren oder elektrostatische Aufladung das Gas entzündet.
Radio announcer Herb Morrison:It flashed, it flashed and it’s crashing, it’s crashing terrible. It burst, it burst into flame. Get this Scotty! Get this Scotty!
Radioreporter Herb Morrison:Sie ist explodiert und stürzt zusammen, schrecklich! Sie hat Feuer gefangen, oh diese Flammen! Nimm das auf, Scotty!
It flashed, it flashed and it’s crashing. Bursting, bursting into flame. Oh, its flames. Get this, get this Scotty!Bursting into flame, into flame. Get this Scotty! It flashed and its crashing, it flashed. It’s crashing terrible. Get this, get this Scotty.It burst, it burst into flame, into flame. It flashed, it flashed and its crashing.Oh, it flashed. It’s crashing terrible. Get this, get this Scotty
Scene II 2. SzeneNibelung Zeppelin Nibelungenzeppelin
(no text) (ohne Text)
Scene III 3. SzeneA very impressive thing to see Ein äußerst beeindruckender Anblick
Freya von Moltke:It was enormous and it was like silver
Freya von Moltke:Riesig. Es war riesig und es war silbrig.
2 sopranos, 2 tenors:enormous
2 Soprane, 2 Tenöre:Riesig.
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Freya von Moltke:and it sort of made a humming noise.
Freya von Moltke:Und es summte.
A very impressive thing to see Ein äußerst beeindruckender AnblickHave you seen pictures? Haben Sie Bilder gesehen?Why do such a thing? Wozu?
2 sopranos, 2 tenors:why?
2 Soprane, 2 Tenöre:Wozu das?
Freya von Moltke:Why have such a cigar, huge silver cigar in the sky?
Freya von Moltke:Wozu diese Zigarre, diese riesige silbrige Zigarre in der Luft?
That’s another matter Das ist eine andere Geschichte.
Scene IV 4. Szene I couldn’t understand it Ich verstehe das nicht
New York Times, May 7, 1937: drummed out & 3 tenors:Captain Ernst Lehmann gasped, »I couldn’t understand it« as he staggered out
New York Times, 7. Mai 1937 (Trommeln, 3 Tenöre):Kapitän Ernst Lehmann keuchte: »Ich verstehe das nicht« als er aus der brennenden Führergondel herauswankte.
Newsreel announcer from 1937:The Hindenburg has gone. Her tragedy will not halt the march of progress. From her ashes will arise the knowledge, from her fate, the lesson, that will lead to a greater and a better means of mastering the air. If so, her dead will not have died in vain.
Nachrichtensprecher, 1937:Die Hindenburg ist nicht mehr. Ihre Tragödie wird den Siegeszug des Fortschritts nicht aufhalten. Aus ihrer Asche wird das Wissen erwachsen und ihr Schicksal wird uns lehren, ein noch größeres und besseres Mittel zur Beherrschung der Lüfte zu entwickeln. Dann werden ihre Toten nicht umsonst gewesen sein.
The Hindenburg has gone. She was the largest thing that ever flew. She represented man’s latest attempt to conquer the Atlantic by air. Her tragedy will not halt the march of progress.
Die Hindenburg ist nicht mehr. Sie war das größte Fluggerät, das es je gab. Sie stand für den jüngsten Versuch, den Atlantik durch die Luft zu bezwingen. Ihre Tragödie wird den Siegeszug des Fortschritts nicht aufhalten.
From her ashes will arise the knowledge. Aus ihrer Asche wird das Wissen erwachsen.
Bikini Bikini
In the air (1) In der Luft (1)
New York Times headline:Atom Bomb Exploded
Schlagzeile der New York Times:Atombombe zur Explosion gebracht
Countdown:Ten
Countdown:Zehn
3 tenors (from New York Times):I watched it, I watched it climb
3 Tenöre (Text aus der New York Times):Ich hab ihn gesehen, ich hab ihn anwachsen sehen
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Genesis (drummed out):And G-d
Genesis (Trommeln):Und Gott
Headline:Atom bomb exploded over Bikini fleet
Schlagzeile:Atombombe über Bikini-Flotte zur Explosion gebracht
Countdown:Nine
Countdown:Neun
3 tenors:I watched it climb to a height of two miles
3 Tenöre:Ich hab ihn zu einer Höhe von zwei Meilen anwachsen sehen
Genesis:created man
Genesis:Schuf den Menschen
Headline:Two ships are sunk, nineteen damaged out of seventy three
Schlagzeile:Zwei Schiffe gesunken, neunzehn von dreiundsiebzig beschädigt
Countdown:Eight
Countdown:Acht
3 tenors:It never stood still
3 Tenöre:Er hat sich ständig verändert
Genesis:in His image
Genesis:nach seinem Bilde
The atoll (1) Das Atoll (1)
New York Times:July 25, 1946: King sees ›big boom‹ – Bikini Monarch has little to say
New York Times:25. Juli 1946: König Zeuge von »großem Knall« – Monarch von Bikini hat wenig zu sagen
US Navy film maker:Take one! (Slap)
Filmregisseur der US-Marine:Die Erste!
Headline:King Judah of Bikini witnessed today’s atomic bombing
Schlagzeile:König Juda von Bikini wurde Zeuge des heutigen Atombombenabwurfs
2 sopranos, 2 tenors:King Judah, of Bikini witnessed
2 Soprane, 2 Tenöre:König Juda von Bikini wurde Zeuge
US Navy officer:Now then James, Now then James, tell them please
Offizier der US-Marine:So, James, sagen Sie ihnen jetzt bitte
Headline:witnessed today’s atomic bombing of his one time home lagoon
Schlagzeile:vom obersten Deck dieses Schiffes aus
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Genesis:Male and female
Genesis:Mann und Frau
Headline:bombing of his one time home lagoon from the topmost deck of this ship
Schlagzeile:auf seine ehemalige Heimatlagune, vom obersten Deck dieses Schiffes aus
Film maker:Take two!
Regisseur:Die Zweite!
Headline:from the topmost deck of this ship – Bikini monarch has little to say
Schlagzeile:vom obersten Deck dieses Schiffes aus – Bikini-Monarch hat wenig zu sagen
2 sopranos, 2 tenors:his one time home
2 Soprane, 2 Tenöre:seine ehemalige Heimat
Officer:tell them please, that the United State Government now
Offizier:sagen Sie ihnen bitte, dass die Regierung der Vereinigten Staaten jetzt
Headline:Bikini monarch has little to say
Schlagzeile:Bikini-Monarch hat wenig zu sagen
Genesis:G-d created them
Genesis:Gott schuf sie
On the ships (1) An Bord (1)
3 tenors – from New York Times:This test is designed
3 Tenöre (Text aus der New York Times):Dieser Test soll
Genesis:and G-d blessed them
Genesis:und Gott segnete sie
3 tenors:to measure the effects
3 Tenöre:die Wirkungen messen
Genesis:and G-d said to them
Genesis:und Gott sprach zu ihnen
3 tenors:on metal, flesh, air and water
3 Tenöre:auf Metall, Fleisch, Luft und Wasser
In the air (2) In der Luft (2)
Headline:Blast biggest yet
Schlagzeile:Größte bisherige Explosion
Countdown:Seven
Countdown:Sieben
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3 tenors – from New York Times:gigantic, a gigantic shimmering mushroom
3 Tenöre (Text aus der New York Times):gigantisch, ein gigantischer schimmernder Pilz
Genesis:Be fruitful
Genesis:Seid fruchtbar
Headline:Huge spout and cloud
Schlagzeile:eine riesige Fontäne, eine Wolke
Countdown:Six
Countdown:Sechs
3 tenors:ever changing, ever changing its form and color, ever changing
3 Tenöre:sich ständig verändernd, ständig Form und Farbe wechselnd,
American radio announcer:The atom bomb plane›Dave’s Dream‹, D a v e ’ s D r e a m
US-Radiosprecher:Das Flugzeug mit der Atombombe»Dave’s Dream«
3 tenors:ever changing
3 Tenöre:sich ständig verändernd
Announcer:is starting down the runway,d o w n t h e r u n w a y ,d o w n t h e r u n w a y
Sprecher:rollt die Startbahn hinunter
Genesis:and multiply
Genesis:und mehret euch
Headline:More ships sink in mounting toll
Schlagzeile:Weitere Schiffe gesunken
Countdown:Five
Countdown:Fünf
3 tenors:difficult, for the human eye to follow
3 Tenöre:für das menschliche Auge schwierig zu verfolgen.
Announcer:Fifty miles an hour I should say, now sixty, n o w s i x t y
Sprecher:Fünfzig Meilen pro Stunde, würde ich sagen, jetzt sechzig
3 tenors:difficult
3 Tenöre:schwierig
Announcer:Now we’re up to a hundred, a hundred and twenty
Sprecher:jetzt sind es hundert, hundertzwanzig
Genesis:and fill the earth
Genesis:und erfüllet die Erde
8
Headline:Russia rejects, US Atom control plan
Schlagzeile:Russland lehnt US-Plan für Atomwaffenkontrolle ab
Countdown:Four
Countdown:Vier
3 tenors:Then it became a giant tree
3 Tenöre:Dann wurde es ein Riesenbaum
Announcer:The atom bomb is in the air
Sprecher:Die Atombombe ist jetzt in der Luft
3 tenors:a giant tree
3 Tenöre:ein Riesenbaum
Announcer:on its way to Bikini,t o B i k i n i
Sprecher:unterwegs nach Bikini
Genesis:and subdue it
Genesis:und macht sie euch untertan
The atoll (2) Das Atoll (2)
British radio announcer:Small and remote, it’s just the place, they say, for the next atom bomb
Britischer Radiosprecher:Klein und abgelegen, dem Einvernehmen nach der ideale Ort für die nächste Atombombe
Film maker:Crossroads, scene 24 take one!
Filmregisseur:Crossroads, Szene 24, die Erste!
2 sopranos, 2 tenors – from New York Times:He looked long, through his binoculars
2 Soprane, 2 Tenöre (Text aus der New York Times):Er sah lange durch das Fernglas
Navy officer:The United State Government, wants to take this great destructive power
Marineoffizier:Die Regierung der Vereinigten Staaten möchte diese große zerstörerische Kraft
Genesis:And rule over the fish of the sea
Genesis:und herrscht über die Fische des Meeres
Announcer:Small and remote, it’s just the place, they say
Sprecher:Klein und abgelegen, dem Einvernehmen nach der ideale Ort
Film maker:Crossroads, scene 24 take two!
Regisseur:Crossroads, Szene 24, die Zweite!
2 sopranos, 2 tenors:and then muttered, »big boom«.
2 Soprane, 2 Tenöre:und murmelte dann »großer Knall«
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Officer:turn this great destructive power into something for the benefit of all mankind
Offizier:diese große zerstörerische Kraft zu etwas machen, was der gesamten Menschheit zum Nutzen gereicht
Genesis:the birds of the air
Genesis:die Vögel des Himmels
On the ships (2) An Bord (2)
3 tenors – from New York Times:Five hundred photographers, seven hundred cameras and half the world’s supply of film
3 Tenöre (Text aus der New York Times):Fünfhundert Fotografen, siebenhundert Kameras und das halbe Filmmaterial der Welt
Genesis:and every living thing
Genesis:und über alles Getier
3 tenors in canon:Five hundred photographers, seven hundred cameras and half the world’s supply of film
3 Tenöre im Kanon:Fünfhundert Fotografen, siebenhundert Kameras und das halbe Filmmaterial der Welt
Genesis:that moves upon the earth.
Genesis:das sich auf Erden regt.
In the air (3) In der Luft (3)
Headline:Flash ten times brighter than the sun
Schlagzeile:Ein Blitz, zehnmal heller als die Sonne
Countdown:Three
Countdown:Drei
3 tenors – from New York Times:Then it became a giant tree
3 Tenöre (Text aus der New York Times):Dann wurde es ein Riesenbaum
American radio announcer:Listen, you hear that rhythmic ticking noise?R h y t h m i c t i c k i n g n o i s e ?
US-Radiosprecher:Hören Sie das rhythmische Ticken?
Genesis:And G-d created man
Genesis:Und Gott schuf den Menschen
Headline:One million degrees Fahrenheit
Schlagzeile:Eine Million Grad Fahrenheit
Countdown:Two
Countdown:Zwei
3 tenors:bearing invisible fruits
3 Tenöre:der unsichtbare Früchte trägt
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Announcer:so long as you hear it, you’ll know the bomb has not gone off
Sprecher:solange Sie das hören, wissen Sie, dass die Bombe noch nicht explodiert ist
Genesis:In His image
Genesis:nach seinem Bilde
Headline:Thirty five march in protest
Schlagzeile:Protestmarsch – 35 Teilnehmer
Countdown:One
Countdown:Eins
3 tenors:fruits of the Tree of Knowledge
3 Tenöre:Früchte vom Baum der Erkenntnis
Announcer:well, you won’t be hearing that metronome much longer now
Sprecher:dieses Metronom werden Sie also gleich nicht mehr hören
Genesis:male and female
Genesis:Mann und Frau
The atoll (3) Das Atoll (3)
British radio announcer:The inhabitants have been taken away, transferred to another coral island, and given new homes.
Britischer Radiosprecher:Die Einwohner wurden weggebracht, auf eine andere Koralleninsel umgesiedelt, wo sie neue Häuser erhielten.
Film maker:Crossroads, scene 26 take one!
Regisseur:Crossroads, Szene 26, die Erste!
2 sopranos, 2 tenors – from New York Times:with absolutely no show
2 Soprane, 2 Tenöre (Text aus der New York Times):ohne auch nur das Geringste erkennen zu lassen
Officer:and that these experiments, and that these experiments here at Bikini
Offizier:und dass diese Experimente, und dass diese Experimente hier auf Bikini
Genesis:Be fruitful and multiply
Genesis:Seid fruchtbar und mehret euch
Announcer:T h e i n h a b i t a n t s h a v e b e e n t a k e n a w a y
Sprecher:Die Einwohner wurden weggebracht
Film maker:Crossroads, scene 26 take two!
Regisseur:Crossroads, Szene 26, die Zweite!
2 sopranos, 2 tenors:he turned away
2 Soprane, 2 Tenöre:wandte er sich ab
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Officer:and that these experiments here at Bikini are the first step in that direction
Offizier:und dass die Experimente hier auf Bikini der erste Schritt in diese Richtung sind
Genesis:And fill the earth and subdue it
Genesis:und erfüllet die Erde und macht sie euch untertan
On the ships (3) An Bord (3)
3 tenors:ten, nine, eight
3 Tenöre:zehn, neun, acht
Genesis:and rule over the fish of the sea
Genesis:und herrschet über die Fische des Meeres
Navy announcer:Put on goggles or turn away
Sprecher der Marine:Setzen Sie die Brille auf, oder wenden Sie sich ab!
3 tenors:seven, six, five
3 Tenöre:sieben, sechs, fünf
Genesis:the birds of the air
Genesis:die Vögel des Himmels
Announcer:turn away
Sprecher:wenden Sie sich ab!
3 tenors:four, three, two, one
3 Tenöre:vier, drei, zwei, eins
Genesis:and every living thing
Genesis:und alles Getier
Announcer:turn away
Sprecher:wenden Sie sich ab!
Coda Coda
Countdown:zero, z e r o , z e r o
Countdown:null
Genesis:And the Eternal formed the man, of dust of the ground
Genesis:Und Gott schuf den Menschen aus Staub von dem Erdboden.
Headline:Smallest bathing suit in the world
Schlagzeile:Der kleinste Badeanzug der Welt
Headline:Bikini still uninhabitable
Schlagzeile:Bikini noch immer unbewohnbar
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2 sopranos, 3 tenors – from New York Times:Said King Judah, of Bikini, »It’s all changed. It’s not the same.«
2 Soprane, 3 Tenöre (Text aus der New York Times):König Juda von Bikini sagte: »Es hat sich alles verändert. Es ist nicht mehr dasselbe.«
Genesis:And placed him in the Garden of Eden, to serve it and to keep it
Genesis:Und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaue und bewahre
Dolly Dolly
Cloning Klonen
Ruth Deech:The process is as follows
Ruth Deech:Der Vorgang ist folgender
The process is as Der Vorgang ist
Richard Dawkins:They removed the nucleus from an egg.
Richard Dawkins:Aus einem Ei wurde der Zellkern entfernt.
No genes in it at all Es enthält überhaupt keine Gene mehr.
Ruth Deech:Take out, that DNA
Ruth Deech:Man nimmt die DNS heraus
James Watson:DNA is the script – DNA is script for life.
James Watson:Die DNS ist das Drehbuch, die DNS ist das Drehbuch des Lebens.
2 Sopranos:The process is as follows
2 Soprane:Der Vorgang ist folgender
Richard Dawkins:They put in all the genes – from another cell
Richard Dawkins:Dann werden alle Gene aus einer anderen Zelle eingepflanzt
Ruth Deech:Which can come from the skin, the hair, anywhere you like.
Ruth Deech:die von der Haut, den Haaren, von überallher stammen kann.
Gina Kolata:They took a frozen, frozen udder cell. From a sheep that was dead
Gina Kolata:Man hat eine gefrorene Euterzelle genommen von einem toten Schaf.
Richard Dawkins:We, and all other animals, are machines created by our genes.
Richard Dawkins:Wir – wie alle anderen Wesen – sind Maschinen, geschaffen von unseren Genen.
machines, machines, are machines (looped)
Maschinen, Maschinen, sind Maschinen (Schleife)
Gina Kolata:f r o z e n u d d e r - c e l l
Gina Kolata:gefrorene Euterzelle
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Ruth Deech:You pop it into your enucleated egg
Ruth Deech:Man steckt sie in das vom Zellkern befreite Ei,
You then fertilize it – with a little electric shock.
Und befruchtet sie dann mit einem kleinen Elektroschock.
It starts growing. Sie beginnt zu wachsen.
2 Sopranos:It starts growing.
2 Soprane:Sie beginnt zu wachsen.
Ruth Deech:Hasn’t happened with humans, but it happened with Dolly
Ruth Deech:Bei Menschen ist das nicht geschehen, aber bei Dolly war es so
Dolly Dolly
Typing:First successful cloning of adult mammal
Tastatur:Erstes erfolgreiches Klonen eines erwachsenen Säugetiers
Typing/3 Tenors:277 udder cells, 29 embryos yield one live sheep
Tastatur/3Tenöre:277 Euterzellen, 29 Embryos ergeben ein lebendiges Schaf
Roslin Institute worker:Let me introduce, Dolly
Mitarbeiter am Roslin Institute:Darf ich Ihnen Dolly vorstellen?
Dolly:Baaaa
Dolly:Määääh
Kismet:Would you like to be cloned?
Kismet:Würden Sie gerne geklont werden?
3 Tenors, long canon on:277 udder cells, 29 embryos yield one live sheep.
3 Tenöre, langer Kanon über:277 Euterzellen, 29 Embryos ergeben ein lebendiges Schaf.
Stephen J. Gould:No, wouldn’t be me. Just a genetic copy.
Stephen J. Gould:Nein, das wäre nicht ich. Das wäre bloß eine genetische Kopie.
Richard Dawkins:It would be a truly riveting, fascinating experience.
Richard Dawkins:Das wäre eine wirklich fesselnde, faszinierende Erfahrung.
Stephen J. Gould:Identical twins are better, and closer clones than Dolly
Stephen J. Gould:Identische Zwillinge sind bessere und ähnlichere Klone als Dolly
Jaron Lanier:Cloning is only one of the new biological tricks. Not the one to be most worried about.
Jaron Lanier:Klonen ist nur einer der neuen biologischen Tricks. Und nicht der, über den man sich am meisten Sorgen machen muss.
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Kismet – from Genesis:And placed him in the garden of Eden, to serve it and to keep it.
Kismet (Text aus Genesis):Und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaue und bewahre
Human body machine Die menschliche Körpermaschine
Richard Dawkins:We, and all other animals, are machines created by our genes.
Richard Dawkins:Wir – wie alle anderen Wesen – sind Maschinen, geschaffen von unseren Genen.
Machines, machines, are machines (looped)
Maschinen, Maschinen, sind Maschinen (Schleife)
Sherry Turkle:When Marvin Minsky said, »The mind is a meat machine«, people freaked.
Sherry Turkle:Als Marvin Minsky den Menschen als »Fleischmaschine« bezeichnete, sind die Leute ausgeflippt.
Richard Dawkins:A monkey is a machine that preserves genes up trees.
Richard Dawkins:Ein Affe ist eine Maschine, die in Bäumen für den Fortbestand von Genen sorgt.
James Watson:The script for human life is three billion letters,
James Watson:Das Drehbuch für das menschliche Leben umfasst drei Milliarden Buchstaben,
Sherry Turkle:It doesn’t seem so frightening anymore.
Sherry Turkle:Das kommt einem schon nicht mehr so erschreckend vor
Richard Dawkins:a fish is a machine that preserves genes in the water.
Richard Dawkins:Ein Fisch ist eine Maschine, die im Wasser für den Fortbestand von Genen sorgt.
Sherry Turkle:preparing for a new kind of – kind of cyborg consciousness
Sherry Turkle:ebnet einer neuen Art – einer Art Cyborg-Bewusstsein den Weg.
Richard Dawkins:They’re all about preserving the code, preserving DNA.
Richard Dawkins:Es geht immer um die Bewahrung des Kodes, um die Bewahrung der DNS.
Rodney Brooks:We’ve always thought of our brains in terms of our latest technology
Rodney Brooks:Wir haben uns unser Gehirn immer der neuesten Technologie entsprechend vorgestellt
Richard Dawkins:DNA is a molecule – it carries coded information – exactly like a computer tape.
Richard Dawkins:DNS ist ein Molekül mit kodierter Information, genau wie ein Computerband.
Rodney Brooks:So at one point our brains were steam engines.
Rodney Brooks:Also waren unsere Gehirne einmal Dampfmaschinen.
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Richard Dawkins:What lies at the heart of every living thing is not a fire
Richard Dawkins:Der Kern eines jeden Lebewesens ist kein Feuer
Rodney Brooks:When I was a kid, they were telephone switching networks
Rodney Brooks:Als ich ein Kind war, waren es Telefon-Vermittlungszentralen,
Richard Dawkins:not warm breath, not a »spark of life«.
Richard Dawkins:kein warmer Atem, kein »Lebensfunke«.
Rodney Brooks:Then they became digital computers.
Rodney Brooks:Dann waren es digitale Computer.
Richard Dawkins:If you want to understand life,
Richard Dawkins:Wenn man das Leben verstehen will,
Rodney Brooks:Then, massively parallel digital computers
Rodney Brooks:Dann große digitale Parallelrechner
Richard Dawkins:think about information technology
Richard Dawkins:muss man über Informationstechnologie nachdenken
Rodney Brooks:Probably, out there now, there are kid’s books which say that our brain is the world wide web.
Rodney Brooks:Vermutlich gibt es heute irgendwo auf der Welt Kinderbücher, die behaupten, dass unser Gehirn das Internet ist.
Richard Dawkins:I don’t think there’s anything that we are, that is in principle, deeply different from what computers are.
Richard Dawkins:Ich glaube nicht, dass wir uns in irgendeiner Hinsicht prinzipiell und wesentlich von Computern unterscheiden.
Rodney Brooks:We probably haven’t got it right yet.
Rodney Brooks:Wahrscheinlich haben wir’s noch nicht ganz verstanden.
Alan Turing came up with this idea Alan Turing schlug Folgendes vor:
2 sopranos, 2 tenors:Alan Turing
2 Soprane, 2 Tenöre:Alan Turing
Genesis, drummed out:And the Eternal
Genesis (Trommeln):Und Gott der Herr
Rodney Brooks:if you talked to a computer over instant messaging,
Rodney Brooks:wenn man sich via Instant Messaging mit einem Computer unterhält
2 sopranos, 2 tenors:talked to a computer
2 Soprane, 2 Tenöre:mit einem Computer unterhält
Genesis:commanded the man,
Genesis:gebot dem Menschen:
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Rodney Brooks:and you couldn’t tell the difference
Rodney Brooks:und nicht unterscheiden kann,
2 sopranos, 2 tenors:couldn’t tell the difference
2 Soprane, 2 Tenöre:und nicht unterscheiden kann
Genesis:of every tree of the Garden
Genesis:Von allen Bäumen des Gartens
Rodney Brooks:between whether it was a computer answering you or a person answering you.
Rodney Brooks:ob einem ein Computer oder ein Mensch antwortet,
2 sopranos, 2 tenors:a computer or a person
2 Soprane, 2 Tenöre:ein Computer oder ein Mensch
Genesis:you may freely eat.
Genesis:darfst du essen.
Rodney Brooks:Then the computer must be intelligent
Rodney Brooks:dann muss der Computer intelligent sein.
2 sopranos, 2 tenors:must be intelligent
2 Soprane, 2 Tenöre:intelligent sein
Genesis:But of the tree of knowledge
Genesis:Aber vom Baum der Erkenntnis
Rodney Brooks:That leaves out a whole lot of stuff that we do with one another
Rodney Brooks:Auf der Strecke bleiben eine ganze Menge Dinge, die wir miteinander tun.
2 sopranos, 2 tenors:leaves out a whole lot
2 Soprane, 2 Tenöre:auf der Strecke bleiben eine ganze Menge Dinge
Genesis:of good and evil
Genesis:des Guten und Bösen
Rodney Brooks:We look each other in the eye,
Rodney Brooks:Wir sehen einander in die Augen,
2 sopranos, 2 tenors:we look
2 Soprane, 2 Tenöre:wir sehen
Genesis:you must not eat
Genesis:darfst du nicht essen.
Rodney Brooks:we smile
Rodney Brooks:wir lächeln einander zu
2 sopranos, 2 tenors:we smile
2 Soprane, 2 Tenöre:wir lächeln
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Genesis:for on the day you eat it,
Genesis:Denn am Tage, da du davon issest,
Rodney Brooks:we nod at each other.
Rodney Brooks:wir nicken einander zu.
2 sopranos, 2 tenors:we nod
2 Soprane, 2 Tenöre:wir nicken
Genesis:you will surely die.
Genesis:musst du sicher sterben.
Steven Pinker:I might be fooled by a good silk flower. It doesn’t mean that it’s a real flower. It may just mean that I don’t know enough about flowers.
Steven Pinker:Auf eine gute Seidenblume falle ich unter Umständen herein. Das heißt nicht, dass eine Seidenblume eine wirkliche Blume ist. Das heißt vielleicht nur, dass ich nicht genug von Blumen verstehe.
Richard Dawkins:We, and all other animals, are machines created by our genes.
Richard Dawkins:Wir sind – wie alle anderen Wesen – Maschinen, von unseren Genen geschaffen.
Robert Pollack:I have no sense of guilt pulling the plug on any machine.
Robert Pollack:Ich habe keinerlei Schuldgefühle, wenn ich einer Maschine den Stecker herausziehe.
Adin Steinsaltz:It’s a machine or not a machine. The real question would be: Are you responsible or not responsible for anything?
Adin Steinsaltz:Entweder ist es eine Maschine, oder es ist keine Maschine. Die wirkliche Frage wäre: Sind wir für etwas verantwortlich oder nicht.
Sherry Turkle:Not what the computer does, but what the computer does to us.
Sherry Turkle:Nicht was der Computer tut, sondern was er uns antut.
Kevin Warwick:The human body is extremely limited. I would love to upgrade myself.
Kevin Warwick:Der menschliche Körper ist äußerst beschränkt. Ich wäre gerne in der Lage, mich selbst aufzurüsten.
Darwin Darwin
Richard Dawkins:Darwinian natural selection is the key to understanding the whole of the existence of life.
Richard Dawkins:Die natürliche Auslese Darwins ist der Schlüssel zum Verständnis der Gesamtheit der Existenz des Lebens.
A self-replicating molecule really began the origin of life.
Ein sich selbst replizierendes Molekül be-gründete eigentlich den Ursprung des Lebens.
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It replicates, it produces copies and copies and copies and copies. If it’s successful, there are going to be thousands of copies in the future.
Es repliziert und produziert Kopien und Kopien und Kopien und Kopien. Ist es erfolgreich, wird es Tausende von Kopien geben.
copies, copies and copies (looped) Kopien, Kopien und Kopien (Schleife)
these things competed in the primeval soup
Diese Dinge kämpften in der Ursuppe gegeneinander.
They started to build – cells around themselves – colonies of cells – which are what we are.
Sie begannen, Zellen um sich herum zu bilden, Zellkolonien, die das sind, was wir sind.
The ones that were good at it, stayed, the ones that were bad, didn’t stay.
Die das gut konnten, überlebten, die das nicht gut konnten, überlebten nicht.
Natural selection. the blind, unconscious, automatic, process – has no purpose – in mind.
Natürliche Auslese, der blinde, bewusstlose, automatische Prozess, verfolgt keinen bestimmten Zweck.
Joshua Getzler:Evolution is – in a sense, the emergence of a new religion.
Joshua Getzler:Evolution ist gewissermaßen die Entstehung einer neuen Religion.
2 sopranos, 2 tenors:A new religion
2 Soprane, 2 Tenöre:einer neuen Religion
Richard Dawkins:Consider the idea of God.
Richard Dawkins:Berücksichtigen Sie den Gottesgedanken.
2 sopranos, 2 tenors:Consider
2 Soprane, 2 Tenöre:Berücksichtigen Sie
Jaron Lanier:It’s a terrible mistake, to think of the spiritual impulse, as arising from cognitive weakness.
Jaron Lanier:Es ist ein schrecklicher Fehler zu glauben, dass der Hang zum Spirituellen aus einer kognitiven Schwäche entspringt.
2 sopranos, 2 tenors:Terrible mistake
2 Soprane, 2 Tenöre:schrecklicher Fehler
Joshua Getzler:Well, it’s a religious war – it’s a war between religions.
Joshua Getzler:Es ist ein religiöser Krieg – ein Krieg zwischen Religionen.
2 sopranos, 2 tenors:Religious war
2 Soprane, 2 Tenöre:religiöser Krieg
Richard Dawkins:God exists, if only in the form of a meme with high survival value, or infective power
Richard Dawkins:Gott existiert, wenn auch nur in Form eines »Memes« mit hohem Überlebenswert, oder Ansteckungskraft.
2 sopranos, 2 tenors:Survival value
2 Soprane, 2 Tenöre:Überlebenswert
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Joshua Getzler:The 20th century, where religious thinking was abandoned for secular and Darwinian ideology
Joshua Getzler:Das 20. Jahrhundert, in dem das religiöse Denken aufgegeben wurde zugunsten weltlicher und darwinistischer Ideologien
2 sopranos, 2 tenors:Abandoned
2 Soprane, 2 Tenöre:aufgegeben
Richard Dawkins:If we all demanded evidence before we would believe something, religions would get nowhere.
Richard Dawkins:Wenn wir alle Beweise verlangen würden, bevor wir etwas glauben, hätten Religionen keine Chance.
2 sopranos, 2 tenors:Demanded evidence
2 Soprane, 2 Tenöre:Beweise verlangen
Joshua Getzler:The 20th century was the worst graveyard in human history … and that should give us pause …
Joshua Getzler:Das 20. Jahrhundert war der schlimmste Friedhof der menschlichen Geschichte … was uns innehalten lassen sollte …
2 sopranos, 2 tenors:Worst graveyard
2 Soprane, 2 Tenöre:der schlimmste Friedhof
Interlude Interlude
Adin Steinsaltz:Every creature has a song. – The song of the dogs – and the song of the doves – the song of the fly – the song of the fox. – What do they say?
Adin Steinsaltz:Jede Kreatur hat ihr Lied. – Das Lied der Hunde – das Lied der Tauben – das Lied der Fliege – das Lied des Fuchses. – Was erzählen sie?
Robots/Cyborgs/Immortality Roboter/Cyborgs/Unsterblickeit
Ray Kurzweil:Technology is a continuation of evolution we can create things far faster than biological evolution can create something more intelligent than ourselvesintelligent machines.machines, machines, intelligent, ’telligent machines (looped)
Ray Kurzweil:Technologie ist eine Fortsetzung der EvolutionWir können Dinge schaffenweitaus schneller als die biologische Entwicklungkönnen etwas schaffen, das intelligenter ist als wir selbstintelligente Maschinen.Maschinen, Maschinen, intelligente Maschinen (Schleife)
Cynthia Breazeal:Kismet is my babyBuilding a baby the hard wayHow do you play the role of evolution?
Cynthia Breazeal:Kismet ist mein BabyEine schwere GeburtWie spielt man den Part der Evolution?
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Sherry Turkle:One ten year old said to meThe robots are like Pinnochionot like real boysThey’re sort of alive
Sherry Turkle:Ein Zehnjähriger hat zu mir gesagtDie Roboter sind wie Pinocchionicht wie wirkliche JungenSie sind irgendwie lebendig
Cynthia Breazeal:sort of alive
Cynthia Breazeal:irgendwie lebendig
doesn’t have a mother hat keine Mutter
Sherry Turkle:doesn’t have siblings
Sherry Turkle:hat keine Geschwister
doesn’t know it’s gonna die. weiß nicht, dass er sterben wird.
Ray Kurzweil:We’re going to be thrown from our perch of evolutionary superiority
Ray Kurzweil:Wir werden vom Thron der evolutionären Überlegenheit gestoßen werden.
Bill Joy:If we create a species smarter than ourselves our prospects are dim
Bill Joy:Wenn wir eine schlauere Gattung schaffen als uns, sind unsere Aussichten düster
Marvin Minsky:intelligent robots – will be ah, our replacement.
Marvin Minsky:intelligente Roboter werden uns ersetzen.
Bill Joy:If we’re gonna create a robot species we oughta take a vote first
Bill Joy:Wenn wir eine Robotergattung schaffen wollen, sollten wir zuerst eine Abstimmung machen
Henri Atlan:The Prophet Jeremiah
Henri Atlan:Der Prophet Jeremia beschloss, einen künstlichen Menschen zu machen. Er war vollkommen, er konnte sprechen. Er sprach Jeremia sofort an und fragte ihn: »Was hast du getan?« »Nun, schau, es ist mir gelungen.« »Sag: Nein, nein, das ist nicht gut.« »Von nun an, wenn Leute auf der Straße andere Leute treffen, werden sie nicht wissen ob du sie gemacht hast oder Gott sie gemacht hat« »Mach mich – rückgängig.« Das also hat Jeremia getan.
decidedto build an artificial manhe was perfectwas able to talkimmediately he talked to Jeremiahand he ask him»What did you do?«»Well, look, I have succeeded«Say, »No, no no, is not good.«»From now on when people will meet other people in the streetthey will not knowwhether you made themor G-d made them«»Undo – me«So that’s what Jeremiah did.
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Rob Brooks:I don’t think robots are going to take over from us
Rob Brooks:Ich glaube nicht, dass Roboter uns ablösen warden
because there isn’t going to be an ‘us’ weil es kein »uns« mehr geben wird.Because we are starting to bring technology into our bodies.
Weil wir uns Technologie in unsere Körper einzupflanzen beginnen.
Cynthia Breazeal:This gives me pause (looped)
Cynthia Breazeal:Das lässt mich innehalten (Schleife)
Marvin Minsky:You go and buy this module
Marvin Minsky:Man geht und besorgt sich dieses Modul
in the Mind Store im Mind Storeand have it connected to your brain und lässt es sich ans Gehirn anschließenand then you do four or five part counterpoint
und komponiert dann einen vier- oder fünfstimmigen Kontrapunkt
Ray Kurzweil:If I scan your brain
Ray Kurzweil:Wenn ich Ihr Gehirn scanne,
download that information diese Information herunterlade,
I’ll have a little you werde ich Sie im Kleinenright here in my personal computer. hier auf meinem PC haben.
Marvin Minsky:No reason people should put up with death
Marvin Minsky:Es gibt keinen Grund, warum die Menschen sich mit dem Tod abfinden sollten,
start redesigning ourselves wir werden uns selbst neu entwerfen.I think we’ll turn into Ich glaube, wir werden something quite different. zu etwas ganz anderem werden.
Richard Dawkins:Once upon a time there was
Richard Dawkins:Es war einmal eine Zeit, da gab es Leben,
carbon based life, das auf Kohlenstoff beruhte,and it gave over to, und an seine Stelle trat Leben, silicon based life. das auf Silizium beruhte.I don’t view the prospect, with equanimity
Ich stehe diesen Aussichten nicht gleich mütig gegenüber
maybe I’m just sentimental vielleicht bin ich nur sentimental.
Ruth Deech:Here we are
Ruth Deech:Hier stehen wir
2 sopranos, 3 tenors:Here we are
2 Soprane, 3 Tenöre:Hier stehen wir
Ruth Deech:under the Tree
Ruth Deech:wieder unter dem Baum
2 soprano, 3 tenors:under the Tree again
2 Soprane, 3 Tenöre:wieder unter dem Baum
at the end of the day am Ende des Tages
Adin Steinsaltz:The sin of Adam – in eating
Adin Steinsaltz:Adams Sünde war – beim Essen
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he was too hasty. war er zu hastig.
Kismet:Every creature has a song, what do they say?
Kismet:Jede Kreatur hat ihr Lied – was erzählen diese Lieder?
Cynthia Breazeal: (To Kismet as her robot baby)So how’s your day goin’?
Cynthia Breazeal: (zu Kismet, ihrem Roboterbaby) Wie geht’s heute?
Yeah? Na?You got it all planned out? Hast du alles durchgeplant?You do? Wie steht’s?You got it all planned out? Hast du alles durchgeplant?Maybe you’ll play with your yellow toy? Vielleicht willst du mit deinem gelben
Spielzeug spielen?
Ende
Biographical note on interviewee in Scene III:
Biographische Anmerkung zur 3. Szene:
Freya von Moltke is the widow of Helmuth James von Moltke, the German aristocrat who served in the Abwehr or German Intelligence Service in World War II where he worked to undermine Hitler. He was found out and hung in 1944. Freya lived in Germany during World War I, through Hindenburg’s presidency and Hitler’s rise to power. She died on January 1st 2011 in Norwich, Vermont.
Freya von Moltke ist die Witwe Helmuth James von Moltkes, des deutschen Adeligen, der im Zweiten Weltkrieg als Sachverständiger für Kriegs- und Völkerrecht im Amt Ausland/Abwehr des Oberkommandos der Wehrmacht (OKW) in Berlin tätig war, wo er seine Stellung dazu benutzte, gegen das NS-Regime zu arbeiten. Man kam ihm auf die Schliche, und er wurde 1945 gehängt. Freya von Moltke, die den Ersten Weltkrieg, die Präsidentschaft Hindenburgs und den Aufstieg Hitlers erlebte, verstarb am 01.01.2011 in Norwich, Vermont.
Übersetzung des Librettos: Wolfgang AstelbauerVerlagsrechte: Boosey & Hawkes Music Publishers
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Die Dolly-Interviewpartner (in der Reihenfolge ihres Auftretens)
[die nachfolgenden Biografien der Interviewpartner entsprechen dem Stand von 2002, dem Zeitpunkt der Fertigstellung von Three Tales]
Ruth Deech ist Leiterin der britischen Human Fertilization and Embryology Authority, einer Behörde, die Embryonenforschung und künstliche Befruchtungen überwacht und die Regie-rung u. a. in der Frage des Klonens berät. Sie ist Prorektorin der Oxford University, Kuratoriums-mitglied des Rhodes Scholarship Trust und Fellow der Royal Society of Medicine.
Richard Dawkins ist erster Inhaber der Charles-Simonyi-Professur für Wissenschaftliches Verständnis der Öffentlichkeit an der Oxford University. Zu seinen Bestsellern zählen Und es entsprang ein Fluss in Eden, Das egoistische Gen und Der blinde Uhrmacher. 1987 erhielt er den Literaturpreis und 1990 den Michael-Faraday-Preis der Royal Society, 1994 den Nakayama-Preis für Humanwissenschaften und 1997 den International Cosmos Prize.
James D. Watson erhielt 1962 zusammen mit Francis Crick und Maurice Wilkins den Medizin-Nobelpreis für seine Arbeit an der Entschlüsselung der DNS-Struktur. Er ist Autor von Die Doppel-Helix und des bahnbrechenden Lehrbuchs The Molecular Biology of the Gene. Zurzeit ist Watson Präsident des Cold Spring Harbor Laboratory, New York; er war der erste Direktor des National Center for Human Genome Research.
Gina Kolata verfasst seit über zehn Jahren Wissenschaftsbeiträge für die New York Times. Sie berichtete in Amerika als Erste über das geklonte Schaf Dolly und schrieb Das geklonte Leben: Ein Jahrhundert-Experiment verändert die Zukunft des Menschen. Nach dem Studien-abschluss in Mikrobiologie belegte Kolata ein Graduiertenstudium in Molekularbiologie am Massa chusetts Institute of Technology (MIT); sie hält Autorenschreibkurse an der Princeton University.
Kismet ist ein von Cynthia Breazeal am MIT entwickelter Roboter, der sozial mit Menschen interagieren soll. Laut Breazeal »geben eine Reihe neuer Anwendungen (in Haushalt, Unter-haltung, Medizin etc.) neue Impulse zur Entwicklung von Robotern, die mit Menschen inter-agieren, zusammenarbeiten und eine Rolle in ihrem Alltagsleben spielen können«. Kismet hat weltweites Medieninteresse erregt.
Stephen Jay Gould hatte die Alexander-Agassiz-Professur für Zoologie in Harvard inne und war Kurator für Paläontologie der Invertebraten am Harvard Museum of Comparative Zoology. Er war außerdem Vincent-Astor-Gastprofessor für Biologie an der New York Uni-versity. Zu seinen Bestsellern zählen Zufall Mensch, Der falsch vermessene Mensch und Der Jahrtausend-Zahlenzauber.
Jaron Lanier hat den Begriff »Virtual Reality« geprägt. Er entwickelte den ersten Datenhand-schuh für Interaktionen in virtuellen Welten und die ersten Virtual-Reality-Anwendungen für chirurgische Simulationen. Lanier ist Gastkünstler im Rahmen des Interactive Telecommu-nications Program an der Tisch School of the Arts der New York University und Gastwissen-schaftler am Informatikfachbereich der Columbia University.
Sherry Turkle ist Professorin für Wissenschaftssoziologie am MIT und klinische Psychologin. Sie ist Autorin von Leben im Netz: Identität in Zeiten des Internet und Die Wunschmaschine: Der Computer als zweites Ich. Zurzeit erforscht sie die psychologischen Auswirkungen von Computerobjekten – von »emotionsadaptiven Computern« bis hin zu Roboterpuppen und -haustieren.
Rodney Brooks ist Direktor des Labors für künstliche Intelligenz am MIT und hat die Fujitsu-Professur für Informatik inne. Er erforscht die Konstruktion intelligenter Roboter und unter-sucht menschliche Intelligenz, indem er humanoide Roboter entwickelt. Er verfasste unter anderem Cambrian Intelligence (1999) und Menschmaschinen: Wie uns die Zukunftstechnolo-gien neu erschaffen (2002).
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Steven Pinker ist Professor für Psychologie und Direktor des Zentrums für kognitive Neuro-wissenschaft am MIT. Er ist Autor der Bestseller Der Sprachinstinkt: Wie der Geist die Sprache bildet und Wie das Denken im Kopf entsteht. Für seine Forschungen zur visuellen Wahrneh-mung und Sprachpsychologie erhielt er den Troland-Preis der National Academy of Sciences und zwei Auszeichnungen der American Psychological Association.
Robert Pollack ist Professor für Biowissenschaften an der Columbia University und Leiter des dortigen Zentrums für Wissenschafts- und Religionsforschung. Er verfasste unter anderem The Missing Moment und Signs of Life: The Language and Meaning of DNA, ein Buch, das den Lionel-Trilling-Preis erhielt und in sechs Sprachen übersetzt wurde.
Adin Steinsaltz gilt weltweit als einer der herausragendsten Rabbiner des 20. Jahrhunderts. Das Time Magazin bezeichnete Steinsaltz als »Jahrtausendgelehrten«. Er hat fast den gesam-ten Babylonischen Talmud ins Neuhebräische, Englische, Französische und Russische über-setzt und war Resident Scholar in Yale und am Institute for Advanced Study in Princeton. In einzigartiger Weise vermittelt Steinsaltz zwischen religiösen und nichtreligiösen Menschen.
Kevin Warwick ist Professor für Kybernetik an der britischen University of Reading. Beträcht-liches Aufsehen in den Medien erregte er unlängst, als er sich ein kleines Computerimplantat operativ in den Arm einsetzen ließ; weitere Implantate sind geplant. Einer der engagiertes-ten Verfechter der Verschmelzung von Technik und Mensch, will Warwick einer der ersten Cyborgs werden.
Joshua Getzler ist Senior Fellow der Rechtswissenschaft am St. Hugh’s College und Rechts-dozent der Oxford University. Zunächst studierte er Chemie und Physik, machte seine Studien abschlüsse jedoch in Recht und Geschichte. Getzlers weitere Interessen gelten vor allem Darwins Theorie als intellektueller Ausgangsbasis für ein Verständnis von Ökonomie und anderen Zivilisationsaspekten.
Ray Kurzweil entwickelte u. a. Lesemaschinen für Blinde, Synthesizer für Stevie Wonder und andere Musiker und Spracherkennungstechnologien und ist Autor des Bestsellers Homo sapiens: Leben im 21. Jahrhundert – was bleibt vom Menschen? 1998 wurde er vom MIT zum Erfinder des Jahres gekürt, 1994 erhielt er den Dickson Prize der Carnegie Mellon University.
Cynthia Breazeal ist Postdoc-Fellow für Robotik am Labor für künstliche Intelligenz des MIT. Ihr Spezialgebiet sind sozial intelligente, humanoide Roboter wie der zuletzt von ihr entwi-ckelte »Kismet«. Wie sie schreibt, »soll Kismet solche sozialen und kommunikativen Fähigkei-ten erlernen, wie sie Kleinkinder innerhalb ihres ersten Lebensjahres zeigen.«
Bill Joy ist Mitgründer und wissenschaftlicher Leiter von Sun Microsystems. Er ist Koautor von Java: Die Sprachspezifikation und war federführend bei der Entwicklung von Berkeley Unix (BSD), dem ersten »Open-Source«-Betriebssystem. 1997 ernannte US-Präsident Clinton ihn zum Mitvorsitzenden des Informationstechnologischen Beirats des Präsidenten. Mit seinem Artikel Why the Future Doesn’t Need Us im Wired Magazine erregte er viel Aufsehen; zurzeit arbeitet er an einem Buch, das sich eingehender mit dem Thema befasst.
Marvin Minsky hat die Toshiba-Professur für Medienkunst und -wissenschaft am MIT inne und ist dort auch als Professor für Elektrotechnik und Informatik tätig. Mit seiner Forschungs-arbeit trug er zum theoretischen und praktischen Fortschritt im Bereich der künstlichen Intel-ligenz bei und prägte das gesamte Forschungsfeld. Er verfasste auch das Buch Mentopolis. Seit den frühen 1950er-Jahren sucht er mit computerbezogenen Konzepten psychische Pro-zesse beim Menschen nachzuzeichnen und Maschinen mit Intelligenz auszustatten.
Henri Atlan MD ist emeritierter Professor für Biophysik der Universitäten Paris und Jerusa-lem. Er ist Forschungsleiter für Biophilosophie am Pariser EHESS und Mitglied des franzö-sischen Bioethik-Beirats. Atlan hat zahlreiche Publikationen zu Zellbiologie, Immunologie, künstlicher Intelligenz und Biophilosophie verfasst und wurde für seine Verdienste zum Chevalier de la Legion d’Honneur erhoben.
Übersetzung: Sebastian Viebahn
25
Steve Reich und die Minimal Music
»Es ist ein Prinzip von Musik, das Thema zu wiederholen. Wiederholen
und wieder wiederholen …« Eine zutreffende Bemerkung, zugleich eine
Provokation, eine unbeabsichtigte. Denn der amerikanische Schriftstel-
ler William Carlos Williams (1883 – 1963) nimmt mit seinem Gedicht The
Orchestra nicht die Liga derjenigen Komponisten ins Visier, die seit gut
einhundert Jahren Neuer Musik am Wiederholungsverbot von irgend-
welchen Klanggebilden feilen. Im Visier hat Williams auch nicht denjeni-
gen Komponisten, der die Äußerung schließlich als ästhetisches Konzept
begreift: Steve Reich. Anfang der sechziger Jahre begegnet Reich seinem
zukunftsweisenden Satz, dem er – samt anderen Williams-Texten – in
seinem Stück The Desert Music ein klingendes Denkmal setzt. Allerdings
ist das erst 1984, als er bereits zu den bekanntesten Komponisten der
Gegenwart gehört und als Mitbegründer der Minimal Music in den Sech-
zigern an der jüngeren Musikgeschichte mitgeschrieben hat.
Zuvor absolviert der 1936 in New York geborene Steve Reich ein
normales Musikstudium, jedoch mit geistesgeschichtlichem Quer-
einstieg. Er studiert vier Jahre an der Cornell University in Ithaca (N.Y.)
Philosophie, vor allem die Werke Ludwig Wittgensteins, und besucht
Musikkurse. Mit Studienabschluss zieht er dann nach New York, nimmt
privaten Kompositionsunterricht bei dem Jazzmusiker Hall Overton, der
auch Arrangements für Thelonious Monk schreibt, und studiert anschlie-
ßend Komposition an der renommierten Juilliard School of Music. Dann
packen ihn Unruhe und Neugierde. »Ich wollte von meinem eigenen
Background wegkommen, es war die Zeit der Beat Generation, und ich
wollte nach San Francisco.« Reich immatrikuliert sich am Mills College
in Oakland, in der San Francisco Bay gelegen. Seine Kompositionslehrer
sind nun Luciano Berio und Darius Milhaud, doch hinterlassen sie bei
dem Mitte Zwanzigjährigen kaum Spuren: »Während ich tagsüber Berio,
Webern und Maderna studierte, nachts aber Coltrane oder Junior Wal-
ker hörte, schien mir – obwohl ich Berios und Madernas Denken damals
wie heute respektiere – ihre musikalische Gebärde vollständig falsch
für meine Zeit und meinen Ort.« So hört Reich fasziniert die Musik des
Saxofonisten John Coltrane, ohne selbst Jazzmusiker werden zu wollen,
interessiert sich für Pop und afrikanische Musik und experimentiert bis
1965 im San Francisco Tape Center mit Tonbandschleifen.
In diese Zeit fällt die Geburtsstunde der Minimal Music. Als der Pia-
nist und Komponist Terry Riley nach mehrjährigem Europaaufenthalt
26
1964 nach San Francisco zurückkehrt, werden er und Reich Freunde.
Riley arbeitet damals an einem Stück namens In C, das aus einem
Katalog von dreiundfünfzig verschiedenen melodisch-rhythmischen
Modellen besteht. Diese können von beliebig vielen Melodieinst-
rumenten beliebig oft gespielt werden – über einen gemeinsamen
Grundpuls des Klaviers. Wenige Monate später wird In C – der Erstling
des musikalischen Minimalismus – uraufgeführt, und Steve Reich ist
einer der Mitwirkenden. »Das Stück beeindruckte mich stark und war
auch ein gewaltiger Einfluss. Ich denke nach wie vor, dass In C ein
Meisterwerk ist und den eigentlichen Beginn der Minimal Music dar-
stellt. La Monte Young entwickelte zwar die Grundideen, aber Rileys
Komposition war die erste überzeugende Realisation.«
Besagte Basis ist La Monte Youngs Trio for Strings (1958), das aus
extrem lang gehaltenen Quarten und Quinten besteht. Rhythmisch-
melodische Muster (»pattern«) und lange Klangbänder sind die beiden
Quellen, aus denen sich die Minimal Music speist. In Reichs Œuvre
finden sich beide Ansätze, auch wenn er die Klänge nie in die Ewigkeit
dehnt, wie es Young in seinen »Eternal Music«-Konzepten macht. Reich
operiert vorrangig mit Repetitionsfiguren, die er bei Wiederholun-
gen graduell verändert, die phasenverschoben übereinanderliegen.
Deshalb ist seine Musik (wie auch die anderer) besser als »repetitive
Musik« denn als »minimale« zu kennzeichnen, da das hiermit gemeint
»Wenige« meist doch mehr ist, als der Begriff nahelegt. Aber fehler-
hafte, missverständliche Etiketten gehören zum Kunstbetrieb wie fal-
sche Auszeichnungen im Kaufhaus.
1965 zieht Reich wieder nach New York, wo er seither lebt, gründet
ein Tonbandstudio und ein eigenes Ensemble. Zudem setzt er seine in
San Francisco begonnenen Bandschleifenarbeiten fort. It‘s gonna rain
ist ein Resultat dieser Phase. Das Stück basiert auf Originalaufnahmen
des afroamerikanischen Predigers Brother Walter. Zwei Tonbänder
mit identischen Sprachaufnahmen beginnen gleichzeitig und driften
allmählich wegen des beabsichtigt nicht identischen Gleichlaufs der
Maschinen auseinander. Mit Piano Phase (1967) für zwei Klaviere über-
trägt Reich dieses Prinzip dann auf Instrumente, denen er sich nun
hauptsächlich zuwendet. Doch benutzt er die analoge (später auch
digitale) Technik aus aufführungspraktischen Gründen weiterhin. Kon-
zerte hat Reich in diesen Jahren nahezu nur in New Yorker Galerien,
27
die oft auch Kunstwerke der Minimal Art ausstellen, z. B. von Sol LeWitt
und Donald Judd. So zeigt sich den Kritikern eine programmatische
Parallele und die ersehnte Etikette, z u der Reich meint: »Ich überlasse
das Verfrachten in Kästen den Spediteuren.«
Bei einem der Galeriekonzerte erscheint plötzlich Philip Glass, der
alsbald vierte Titan der Minimal Music, zurückgekehrt von seinem Pari-
ser Studienaufenthalt. Er ist begeistert von Reichs Musik, komponiert
fortan ebenfalls mit Patterns, u. a. Two Pages for Steve Reich. Die Wid-
mung nimmt der spätere Publikumsliebling Glass wieder zurück, und
bastelt an einer privaten Minimalismus-Geschichte. Überhaupt ist die
Minimal Music keine Musiker-Gruppe mit einem allgemein gültigen
programmatischen Manifest. Es hat gemeinsame Aufführungen und
wechselseitige Anregungen gegeben. Doch seit den Siebzigern geht
jeder seinen Weg. Riley und Young einen meditativen, Glass einen
atmosphärischen, eher schon einlullenden, aber bei Publikum und
Filmbranche überaus beliebten, Reich indes einen weiterhin aufklären-
den. Von Anfang an haben ihn Prozesse interessiert, die wahrnehmbar,
dechiffrierbar sind. Kompositorische Strukturgeheimnisse lehnt er ab;
denn selbst, wenn alles offenliegt, bleiben noch genügend Geheim-
nisse übrig. Damit meint Reich unbeabsichtigte psycho-akustische
Effekte: Nebenmelodien, Sub- und Obertöne. Geheimnis bleibt aber
auch die Faszination seiner Musik. Sie hängt sicher damit zusammen,
dass Reich einmal beschrittene Wege nicht durch biografische und
ästhetische Wiederholungen immer wieder aufs Neue beschreitet, die
eigenen Spuren austritt.
So lernt er im Vorfeld seines fast 90-minütigen Perkussionsstück
Drumming (1971) mehrere Monate lang in Ghana afrikanische Trom-
meltechniken und überträgt sie auf die westlichen Schlaginstrumente.
Das auf einem einzigen Grundrhythmus basierende Stück verzichtet
im Gegensatz zu vielen anderen außereuropäisch inspirierten Kompo-
sitionen ganz auf garnierende Exotismen. Danach beschäftigt er sich
intensiv mit der Gamelan-Musik Balis. Das Ergebnis Music for Eighteen
Musicians (1974/76) macht ihn einem großen Publikum bekannt. Mitte
der siebziger Jahre wird Reich neugierig auf seinen eigenen Hinter-
grund: die jüdische Tradition. Er lernt hebräisch, beginnt, die Thora und
den Talmud zu lesen, und vertieft seine Studien in Jerusalem, wo er
sich auch mit den altjüdischen Gesangstechniken beschäftigt. Melodie
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und Rhythmik der traditionellen Kantilationen inspirieren ihn zu der
1981 fertiggestellten Komposition Tehillim (»Lobpreisung«) für Stim-
men und Ensemble. Zugleich orientiert er sich hier an traditionellen
Satztechniken europäischer Kunstmusik, »ein sehr bewusster Bezug
auf die westliche Musik zwischen Haydn und Schönberg, den ich bisher
immer vermieden habe«. In dem Streichquartett Different Trains (1988)
beschäftigt ihn ebenfalls sein biografischer Hintergrund. Als Kind ist
Reich lange Strecken mit dem Zug gefahren, um seine getrennt leben-
den Eltern zu besuchen; zur selben Zeit haben Züge hunderttausende
Juden durch Europa in die Konzentrationslager gebracht. Mit klangdo-
kumentarischem Geräusch- und Interview-Material bringt Reich diese
historisch gleichzeitigen Ungleichzeitigkeiten zusammen und kompo-
niert ein Mahnmal wider das Vergessen. Auch das multimediale Stück
The Cave (1993) thematisiert ein zeitgeschichtliches, brisantes Thema:
der Konflikt zwischen Juden, Christen und Moslems. Reich und seine
Frau, die Videokünstlerin Beryl Korot, haben dafür unzählige Interviews
geführt mit Fragen nach Herkunft und Heimat der allerersten Men-
schen. Elektronisch hat Reich die Antworten der befragten Moslems,
Juden und Christen transformiert, Korot die Video bilder gestaltet. Die
konträren Positionen blieben unkommentiert. So akut dieses Thema,
so aktuell ist auch das Sujet, mit dem sich Reich für seine Video-Oper
Three Tales auseinandergesetzt hat.
Den »Drei Märchen«, zwischen 1998 und 2002 entstanden, liegen
dokumentarische Film- und Textmaterialien zugrunde. Es geht um drei
bedeutende Ereignisse des frühen, mittleren und späten 20. Jahrhun-
derts: 1. die Explosion des Zeppelins »Hindenburg« in Lakehurst (New
Jersey) 1937, ein damals inhumanes Medienspektakel, das live gefilmt
worden ist; 2. die Atomtests im Bikini-Atoll 1946; 3. das Klonen des aus-
gewachsenen Schafes »Dolly« 1997 in Schottland. Alle drei Ereignisse
stehen beispielhaft für die rasanten technologischen Entwicklungen
der letzten einhundert Jahre und ihre bleibenden Folgen, um nicht
zu sagen Schäden für die Menschheit, die uns und unsere Erben auch
künftig noch sehr beschäftigen werden. Hier ist dringend Wiederho-
lungsverbot geboten, und akustische Repetitionen, die das fordern,
kann es nicht genug geben.
Stefan Fricke
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Ein Theater der Ideen – Steve Reich und Beryl Korot über Three Talesim Gespräch mit David Allenby, 2002
Wie entstand die Idee zu Three Tales?
Steve Reich: Nach der Premiere von The Cave im Jahr 1993 fragte
mich der Hauptauftraggeber des Stücks, Dr. Klaus-Peter Kehr von den
Wiener Festwochen, ob wir je daran gedacht hätten, ein Stück über
das 20. Jahrhundert zu machen. Für uns kristallisierte sich sehr bald
heraus, dass das 20. Jahrhundert wohl mehr von technischen Bemü-
hungen bestimmt ist als von irgendetwas anderem. Daraus ergab
sich freilich noch kein Stück für das Musiktheater. Wir brauchten eine
Reihe von Ereignissen, einige Meilensteine des frühen, mittleren und
späten Jahrhunderts, die ein Sinnbild der Zeit und ihrer Technologie
darstellten.
Auf die Hindenburg kam ich relativ schnell. Die Explosion und
der Absturz des Luftschiffes in New Jersey 1937 markierten das Ende
einer technischen Entwicklung, die gescheitert war. Außerdem war es
die erste größere Katastrophe, die man auf Film festgehalten hatte.
Der Mann, der dem Luftschiff den Namen gab, war ein deutscher Held
des Ersten Weltkrieges, der Hitler 1933 zum Reichskanzler ernannte.
Hinter der Atombombe stand eine für das 20. Jahrhundert in ver-
schiedenster Hinsicht symbolische Technik. Der Mensch hatte damit
zum ersten Mal eine Technologie entwickelt, mit der er den Plane-
ten zerstören konnte. Wir entschlossen uns, mit den Atombomben-
versuchen auf dem Bikiniatoll zwischen 1946 und 1952 zu arbeiten.
Diese Versuche markierten das Ende des Zweiten Weltkrieges und den
Beginn des Kalten Krieges. Hier trafen die damals höchstentwickelte
und komplizierteste Technik und ein Stück eines im Vergleich zur übri-
gen Welt so gut wie kaum technisierten Lebens zusammen: das der
Bewohner der Marshallinseln im Pazifik.
Für die dritte Geschichte wollten wir ursprünglich die Explosion
des Challenger-Raumschiffs verwenden, hatten aber bald das Gefühl,
dass wir für das Stück nicht noch eine Katastrophe nehmen sollten.
1997 wurde dann das Schaf Dolly geklont, und wir sahen einander
an und wussten, dass es das war. Dabei geht es um eine völlig andere
Technologie, die aus der Medizin und Biologie entstanden ist und die
uns einen Hinweis darauf gibt, wie sich das Leben im Lauf des 21. Jahr-
hunderts entwickeln könnte.
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Beryl Korot: Im Unterschied zu den ersten beiden Akten richtet sich
Dolly nach innen, wendet sich dem Menschen zu, beschäftigt sich
mit dem Einfluss der Technologie auf den Körper. Dolly steht für die
gesamte Bandbreite mit technischen Entwicklungen verbundener Fra-
gen der Einflussnahme auf unseren Körper – und zwar nicht nur die
Manipulation des genetischen Bauplans, sondern auch tatsächliche
Implantate betreffend.
Welche Auswirkungen hatten Ihre persönlichen Erfahrungen aus
dem Umgang mit Technik auf Ihre schöpferische Arbeit?
Beryl Korot: Selbst in den frühen siebziger Jahren, als ich im Mehr-
kanalbereich zu arbeiten begann, beschäftigte ich mich mit alten
Handwebstuhltechniken, um daraus zu lernen, wie man Mehrkanal-
programmierungen vornimmt. Schließlich war der Webstuhl ja gewis-
sermaßen das älteste Mittel der Programmierung und brachte mich
diesbezüglich auf viele Gedanken. Mich hat die Spannung zwischen
der Arbeit mit einer modernen Technik und dem Nachdenken über
ältere Geräte immer fasziniert. Ich lerne gern daraus. Ich habe mich
auch immer für die positiven und die negativen Aspekte der unser
Leben betreffenden Technologien interessiert. Der Einfluss der Medien
auf unsere soziale und kulturelle Umwelt war das Schwerpunktthema
einer Zeitschrift mit dem Namen Radical Software, die ich 1970 mit
herausgab. Um das zweischneidige Schwert der neuen Technologien,
die wir zu einem Teil unseres Lebens machen, geht es sozusagen in
einem der Subtexte von Three Tales.
Steve Reich: Als ich in den sechziger Jahren mit Tonbändern zu arbei-
ten begann, konnte ich mir nichts Interessanteres vorstellen, als zwei
gleiche Tonbandschleifen versetzt abzuspielen und den Abstand
immer weiter zu verändern. Das führte zu It’s Gonna Rain und Come
Out. Ich hatte sehr bald das Gefühl, dass es sich nicht lohnte, die-
sen Ansatz zu verfolgen, wenn er sich nur für Maschinen eignete.
Zu meiner Überraschung entdeckte ich, dass ich diese allmähliche
Versetzung zusammen mit einem anderen Musiker an zwei Klavieren
erzeugen konnte – so entstand Piano Phase. Das so genannte Phasing
ist eigentlich nichts anderes als eine Art Kanontechnik, bei welcher der
31
rhythmische Abstand zwischen zwei oder mehr Stimmen veränderlich
ist. Die Elektronik brachte mich zwar auf Ideen, aber es war die Verbin-
dung zur lebendigen Tradition der Musik, die aus diesen Ideen etwas
Fruchtbares und Wertvolles werden ließ. Im Augenblick begeistert es
mich offensichtlich, für eine Videooper mit Digitalsamplern zu Play-
backaufnahmen von Wort und Ton Musik zu machen und gleichzeitig
habe ich nicht das geringste Interesse daran, statt traditioneller Ins-
trumente Synthesizer zu verwenden. Außerdem habe ich feststellen
müssen, dass ich ein, zwei oder mehr Stücke für nur akustische Instru-
mente und Stimmen komponieren muss, nachdem ich, wie bei Three
Tales, längere Zeit hindurch mit technischen Mitteln gearbeitet habe.
Sehen Sie einen Widerspruch darin, sich hoch entwickelter Audio-
und Videotechniken zu bedienen, um die Rolle der Technik zu hin-
terfragen? Rät uns Three Tales, der Technik den Rücken zu kehren?
Steve Reich: Da kann ich nur zweimal mit Nein antworten. Wenn man
über ein bestimmtes Auto oder einen bestimmten medizinischen Vor-
gang etwas erfahren will, sucht man jemanden auf, der über Vorteile
und Nachteile Bescheid weiß. Man lässt sich nicht von jemandem
beraten, der nichts darüber weiß und keine Erfahrungen damit hat.
Dieses Stück brauchte Künstler, die eine gewisse technische Erfahrung
haben, damit sie darüber reflektieren können und sich ein inneres
Echo ergibt. Wir denken über unsere Erfahrungen und unsere religiöse
Haltung nach, stellen tragische oder mehrdeutige Ereignisse vor und
lassen dann in Dolly das Publikum in einem ungewöhnlichen Musik-
theaterkontext wichtige Wissenschaftler sehen und hören. Das Pub-
likum macht sich seinen eigenen Reim auf Charakter und Absichten
dieser Wissenschaftler und einer religiösen Person.
Beryl Korot: Es hat einmal Hunderte Jahre gedauert, bis sich eine Tech-
nologie entwickeln und einflussreich werden konnte. Heute dauert
das nur mehr Jahrzehnte oder nicht einmal mehr so lange – ich denke
etwa an das Internet. Wenn sich bestimmte Instrumente dermaßen
schnell entwickeln und verbessert werden und so zugänglich sind,
bewirken sie materielle und soziale Veränderungen unseres Lebens,
auf die wir nur wenig Einfluss haben. Gehört das zur Evolution des
32
Menschen? Haben wir die Kontrolle? Können wir das überhaupt? War
das je der Fall? Bill Joy meint, dass wir die Entwicklung nicht bremsen
können. Und Rabbiner Adin Steinsaltz sagt: »Adams Sünde war, dass
er es beim Essen zu eilig hatte.«
»Zu eilig hatte …« – Was heißt das?
Steve Reich: Die Vorstellung, dass Adam es beim Essen zu eilig hatte,
stammt aus dem Zohar, dem Schlüsselwerk des jüdischen Mystizis-
mus. In der Thora wird nicht erwähnt, von welcher Frucht Adam und
Eva gegessen haben. In der gesamten Tradition ist an keiner einzigen
Stelle von einem Apfel die Rede. Der Talmud legt drei Möglichkeiten
nahe: eine Feige, eine Traube oder Weizen. Während die Feige eine
eindeutig sexuelle Konnotation hat, verweist die Traube auf Wein,
und Wein kann das Bewusstsein verändern; Weizen wiederum ist eine
Säule der Landwirtschaft, welche die Entstehung von Städten und
letzten Endes aller Technologien ermöglicht hat. Adam und Eva wur-
den am sechsten Tag geschaffen, und dem Zohar zufolge aßen sie die
Frucht zwei Stunden vor dem Sonnenuntergang, mit dem der Sabbat
beginnt. Hätten sie gewartet, hätten sie den Sabbat mit Wein und Brot
segnen und eheliche Beziehungen genießen können, die am Sabbat
besonders gern gesehen werden. Die verbotene Frucht wäre im rich-
tigen Zusammenhang erlaubt gewesen.
Worin unterscheiden sich die in The Cave und die in Three Tales zum
Einsatz gelangenden Techniken?
Beryl Korot: Die Unterschiede sind gewaltig. Zwei, drei Jahre nach
Abschluss von The Cave konnte man sich einen Computer kaufen und
mit Programmen arbeiten, die es einem erlaubten, innerhalb eines
einzigen Bildes Fotografie, Film, Video und Zeichnung zu kombinieren.
Three Tales spielt sich auf einer Projektionsfläche ab, während sich
die Komplexität von The Cave aus den Beziehungen zwischen den
Bildern und dem Timing der Bilder auf fünf verschiedenen Projekti-
onsflächen ergab. Mich macht die Vorstellung noch immer schwindlig,
dass ein Künstler sich an einen Computer setzen, das Rohmaterial
für die Arbeit importieren und dann das fertige Werk auf ein neben
33
seinem Computer stehendes Tapedeck übertragen und es jemandem
zur Aufführung übergeben kann. Wenn man hinreichend leistungs-
starke Instrumente zur Verfügung hat, kann man ein Werk zu Hause
im Alleingang fertig stellen.
Im Lauf der Arbeit habe ich auch gewisse Techniken entwickelt,
um eine Distanz zum dokumentarischen Ausgangsmaterial herzustel-
len. In Bikini zum Beispiel habe ich aus dem Originalfilmmaterial über
die Inselbewohner Standbilder gemacht, diesen Standbildern etwas
Malerisches gegeben und dann dafür eine andere Bildfrequenz als
die übliche von 30 Bildern pro Sekunde gewählt. Das lässt ein ganz
anderes Gefühl als sonst bei Zeitlupe entstehen und rückt das Doku-
mentarmaterial in einen neuen Zusammenhang – eine Absicht, die
sich durch die ganze Arbeit zieht.
Steve Reich: Sowohl bei The Cave als auch bei Different Trains habe
ich mich beim Schreiben genau an das Gesprochene gehalten. Da es
viele ganz kurze Passagen gibt, führte das zu einem ständigen Ton-
und Tempowechsel. Vor allem The Cave ist deshalb schwer zu spielen
und lässt oft rhythmischen Schwung vermissen. Bei Three Tales sollte
die Musik Vorrang haben, sollten die Aufnahmen geändert und der
Musik angepasst werden. Dadurch haben die Musiker länger als in
meinen meisten anderen Stücken Zeit, innerhalb eines Tempos einen
gewissen Schwung zu entwickeln. Das erlaubt es mir auch, die har-
monische Bewegung der Musik insgesamt besser zu kontrollieren und
die Beispiele darauf abzustimmen. Das ist besonders bei diesem Stück
– vor allem bei Dolly – erforderlich, das sich damit beschäftigt, wie
sich unser Körper durch die Verwendung bestimmter Technologien
zu verändern beginnt. Ich verwende auch zwei neue Techniken, die
mir schon in den sechziger Jahren durch den Kopf gingen, aber erst in
letzter Zeit möglich geworden sind. Die eine Technik nenne ich Zeit-
lupensound: Sie erlaubt es, etwas Gesprochenes oder einen anderen
Ton langsamer zu bringen, ohne dass sich Tonhöhe oder Klangfarbe
ändern. Die andere Technik entspricht dem Standbild im Film. Wäh-
rend einer der Interviewpartner auf dem Video spricht, wird ein ein-
zelner Vokal so lange gehalten, bis er zu einer Art hörbaren Dampfspur
und letzten Endes Teil der Harmonie wird. Gemeinsam mit dem Vokal
erfährt auch das, worüber der Interviewpartner spricht, der Gedanke
34
selbst, eine Verlängerung in das Folgende hinein, was natürlich eine
Intensivierung dessen bedeutet, was in unserem Leben mit Worten
und Gedanken geschieht.
Ich würde jetzt gern auf Bikini zu sprechen kommen: Wie verbinden
Sie die Atombombenversuche und die Schöpfungsgeschichte und
Geschichte des Gartens Eden?
Steve Reich: Der während der Tests auf Bikini stationierte Chefreporter
der New York Times schrieb von einem riesigen Baum, einem Baum der
Erkenntnis, mit Alpha- und Betateilchenfrüchten. Die Atombombe war
die Erfindung, die uns erstmals bewusst machte, dass die Mensch-
heit nun über die Macht verfügte, die Welt zu zerstören. Die Bombe
erzeugte aufgrund des Ausmaßes ihrer Wirkung eine gleichsam religi-
öse Ehrfurcht. Wir entschlossen uns, Teile der beiden Geschichten aus
der Genesis zu nehmen, die die Erschaffung des Menschen behandeln,
um dadurch die Situation besser in den Blick zu bekommen. Die eine
Geschichte, die vielen Menschen bekannt ist, beschreibt, wie Gott
gleichzeitig Mann und Frau schuf und ihnen Gewalt über die Vögel
und Tiere und alle anderen Kreaturen auf der Erde gab. Wenn man
heute gewisse gesellschaftskritische Schriften liest, wird man feststel-
len, dass Autoren diese Geschichte verwenden, um ihren westlichen
Lesern eins zu verpassen – nach dem Strickmuster: wir vergewaltigen
Szenenfoto aus der Generalprobe zu Three Tales
35
die Erde, weil die Genesis davon spricht, dass wir über alles Gewalt
eingeräumt bekamen. Leider wissen diese Gesellschaftskritiker nicht,
dass der Text weitergeht und die Geschichte noch einmal erzählt wird.
Beryl Korot: Diese beiden Schöpfungsgeschichten in der Genesis
beschreiben zwei Arten von Menschen, die gewissermaßen für
bestimmte Anteile in jedem von uns stehen. In der ersten Geschichte
werden Mann und Frau gemeinsam erschaffen und bekommen die
Herrschaft über die Erde und ihre Kreaturen. In der zweiten wird der
Mann aus Staub geschaffen und die Frau aus seiner Rippe. Sie wer-
den in den Garten Eden »gesetzt«, um diesen »zu bebauen und zu
behüten« – eine bescheidenere Art von Mensch. Im Fall der Ereignisse,
deren Zusammenwirken zu den Vorkommnissen auf Bikini im Jahr 1946
führte, traf der herrschende Mensch auf den bescheidenen Menschen
und bat oder – besser – befahl ihm, um der gesamten Menschheit
willen seine Heimat zu opfern. Die Bewohner Bikinis sind ein Beispiel
für die Not vertriebener Menschen, die sich danach sehnen, in ihre
geliebte Heimat zurückzukehren. Die beiden Aspekte der Menschheit
umreißen einen immer währenden Kampf, einen Kampf in jedem Men-
schen und einen Kampf zwischen den verschiedenen Nationen.
Steve Reich: Wir haben es mit Herrschaft und daher mit Verantwor-
tung zu tun, ob uns das gefällt oder nicht, und doch werden wir auch
krank, sterben wir, zweifeln wir an uns, verstehen wir unseren Platz in
der Welt nicht und werden das wahrscheinlich auch nie – und das liegt
nicht an mangelnden wissenschaftlichen Kenntnissen.
Beryl Korot: Im Stück unterbrechen die Texte aus dem Buch Genesis – in
Form weißer Buchstaben auf schwarzem Grund – die unablässige Flut
der Bilder, während andere Texte als Teil von Bilder-Collagen erschei-
nen und oft die Gestalt von Schlagzeilen haben. Die Bombe bekommt
man nie zu Gesicht, doch als sie explodiert, sieht man eine Gruppe von
in der beschriebenen Weise animierten und bemalten Palmen, bevor
das letzte Bild mit älteren Einwohnern von Bikini kommt, die auf einem
ihrer kurzen Besuche der Insel einen Strand entlang gehen.
Mit Dolly, dem geklonten Schaf, wendet sich das Werk dem Ende
des 20. Jahrhunderts zu.
36
Steve Reich: Klonen steht für die vielen biologischen Verfahren und
digitalen Vorrichtungen, mit denen man nun beginnt, am Körper des
Menschen Veränderungen vorzunehmen. Das Spektrum der Möglich-
keiten ist unendlich, und es stellt sich die Frage, ob wir dafür die Rich-
tigen sind. Mit dem Beginn der Neukonstruktion der Gattung Mensch
haben wir eine noch nie überschrittene Grenze hinter uns gelassen
und stehen jetzt völlig unbekannten Möglichkeiten und Gefahren
gegenüber. Damit und mit unserem religiösen Hintergrund setzt sich
Dolly auseinander.
In Dolly haben wir es überwiegend mit sprechenden Köpfen zu tun
und scheinen der Welt des Theaters mit ihren Figuren näher. Doch
um welche Art des Theaters handelt es sich?
Beryl Korot: Unser persönlicher Untertitel für das Stück lautet Two
Tales and a Talk. Es ist ein Ideenstück. Wie bei The Cave haben wir
nur einen winzigen Bruchteil der gesamten Aufnahmen verwendet.
Wir haben wirklich tolles Interviewmaterial nicht in die Endversion
aufgenommen. Manchmal lag es an der Darstellung der Ideen, die
wir uns anders vorgestellt hatten, dann wieder passten die Aussa-
gen nicht zu den anderen Antworten, die wir bearbeiteten. Manchmal
waren die Antworten, die uns jemand gab, einfach phantastisch, aber
wenn der- oder diejenige nicht auf eine gewisse Weise antwortete
oder überzeugend wirkte, wenn er sprach, haben wir es nicht verwen-
det. Die Interviewpartner sind also gewissermaßen wie Schauspieler
behandelt. Das Video liefert sowohl die sichtbare Handlung als auch
den Schauplatz, was bei der Aufführung durch Bühnenbild, Kostüme
und Licht unterstrichen oder behutsam herausgearbeitet wird. Die
Darsteller sind ziemlich statisch und ikonographisch, geben dem Gan-
zen aber eine lebendige Präsenz, die sowohl im Raum spürbar wird,
als auch die Projektionen unterstützt. Es ist kein Theater […] im Sinn
einer klassischen Opern- oder Dramenform. Das Theater ist in erster
Linie zur Unterstützung des Videos und der Musik da.
Steve Reich: Die eigentliche theatralische Handlung spielt sich auf
der Projektionsfläche ab. Die Sänger fungieren als eine Art Chor, der
die Handlung auf der Projektionsfläche reflektiert. Jeder der drei Akte
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wirkt nicht nur optisch und akustisch wie die historische Zeit, um die
es darin geht, sondern hat auch eine eigene Form, die zu der betref-
fenden Epoche Stellung nimmt. Hindenburg umfasst vier Szenen mit
kurzen Pausen dazwischen und entspricht mehr oder weniger der
konventionellen Form der Zeit. Bikini ist, wie Beryl schon erwähnt hat,
in drei Bild-/Musikblöcke angelegt, von denen jeder als eine Art Medi-
tation dreimal wiederholt wird und weist eine Koda auf; Pausen gibt
es keine. Dolly ist formell viel schwieriger zu beschreiben. Es handelt
sich um ein durchgängiges Stück, bei dem bestimmte Materialien in
einem nicht eindeutig bestimmbaren Muster wiederkehren. Musika-
lisch könnte man diesen Teil vielleicht als freies Rondo bezeichnen.
Die Form jedes Akts spiegelt jedenfalls die jeweils beschriebene his-
torische Epoche wider.
Was die sprechenden Köpfe in Dolly angeht, haben wir uns für
Interviews mit bedeutenden Wissenschaftlern an Instituten wie MIT
oder Oxford entschieden. Es handelt sich um Experten in ihrem
Bereich, um Macher, die über das reden, was sie tun und denken.
Von Beginn an steht fest, dass es sich um ganz verschiedene Persön-
lichkeiten handelt, und ihr Charakter tritt im Lauf des Stücks immer
deutlicher zutage. Die Sprachmelodien sind ungemein aufschluss-
reich. Durch die Art der Darstellung und – was wahrscheinlich noch
wichtiger ist – durch das Ausmaß der Fähigkeit zur Bescheidenheit
lassen sich unterschiedliche Haltungen innerhalb der Wissenschaft-
lergemeinde erkennen.
Sie haben Three Tales jetzt abgeschlossen. Wird die Arbeit Einfluss
auf ihre künftigen Projekte haben?
Beryl Korot: In den achtziger Jahren habe ich aufgehört, mit Video
zu arbeiten und zu malen begonnen. Wie erwähnt, ist es mir nach
The Cave 1996 zum ersten Mal möglich gewesen, viele verschiedene
Elemente zu verbinden, innerhalb eines Bildes Film, Fotografie, Video
und Text zu verwenden und nicht mehr mit mehreren Kanälen zu ope-
rieren, wie ich das seit den frühen siebziger Jahren getan hatte. Bei
der Arbeit an Three Tales, bei der sich jedes Einzelbild aus vielen ver-
schiedenen Quellen zusammensetzt, kamen mir, wenn auch manch-
mal nur ganz flüchtig, viele Ideen in den Sinn, denen ich aufgrund der
38
spezifischen Anforderungen des Werks nicht nachgehen konnte. Ich
freue mich darauf, das nun tun zu können und werde mich viel kürze-
ren, bildlich intensiveren Arbeiten widmen, die ich als Videogemälde
bezeichnen würde.
Steve Reich: Ich muss jetzt zuerst einmal ein paar rein musikalische
Stücke komponieren, wie ich das auch nach The Cave und nach der
Fertigstellung von Hindenburg tat. Das ist eine Art Arbeitsrhythmus,
den ich in letzter Zeit entwickelt habe und der mir zu entsprechen
scheint und meine Kräfte erhält. Musiktheater, reine Musik, dann wie-
der Musiktheater. Wir werden sehen. Ich glaube, dass man in der Welt
der Oper und des Musik theaters zusehends mehr mit Sampler und
Video arbeiten wird. Das ist ein ehrlicher Ausdruck unseres heutigen
Lebens. »Zeitloses« Musiktheater hat eigentlich immer die Zeit und
den Ort seiner Entstehung reflektiert.
39
Beryl Korot
Beryl Korot hat sich vor allem durch ihre frühen Pionierarbeiten
im Bereich der Videokunst und durch ihre Mehrkanalwerke einen
Namen gemacht. Sie war Mitbegründerin und Mitherausgeberin
von Radical Software (1970), der ersten künstlerische Arbeiten und
Positionen im Videobereich dokumentierenden Veröffentlichung,
und brachte 1976 gemeinsam mit Ira Schneider das Buch Video Art
heraus. Beryl Korots frühe Mehrkanalinstallationen, darunter die
Vierkanalarbeit Dachau 1974 sowie Text and Commentary (1977),
haben einer nichtverbalen Form des Erzählens den Weg geebnet.
Gezeigt wurden die Arbeiten im Whitney Museum (1980, 2002),
am Massachusetts College of Art (1999), im Kölnischen Kunstverein (1989), im Neuen
Berliner Kunstverein (1989), im Kunsthaus Zürich (1989), im Carnegie Museum of Art,
Pittsburgh, Pennsylvania (1990), im Jewish Museum of Art, New York (1988), im Long
Beach Museum of Art, Kalifornien (1988), im Musee des Beaux Arts, Montreal (1980), am
San Francisco Art Institute (1981), bei der documenta VI in Kassel (1977), in The Kitchen
(1974) sowie im Everson Museum of Art, Syracuse, New York (1975 und 1979). Zwischen
1980 und 1988 widmete sich Beryl Korot ganz der Ölmalerei. Einige der Werke waren im
Carnegie Museum (1990) und in einer Einzelausstellung im Project Room der John Weber
Gallery in New York City (1986) zu sehen. Von 1989 bis 1993 arbeitete sie ausschließlich an
der Mehrkanalperformance The Cave, die sie gemeinsam mit Steve Reich konzipierte und
entwickelte. The Cave wurde in Wien, Berlin, Amsterdam, New York, London, Paris, Brüssel,
Turin und Tokio aufgeführt. Die Installation von The Cave wurde am Whitney Museum of
American Art in New York und 1994/1995 in verschiedenen europäischen Museen (in
Düsseldorf, Madrid und Lille) sowie im Carnegie Museum in Pittsburgh, Pennsylvania,
gezeigt und war zuletzt in der ICC Gallery in Tokio zu sehen. Die Video-Oper Three Tales
ging nach der Premiere bei den Wiener Festwochen 2002 auf Tournee durch ganz Europa,
Amerika, Australien und Hong Kong. Beryl Korots jüngste Arbeiten waren von Juni 2010 bis
Januar 2011 im Aldrich Museum zu sehen. Beryl Korot hat zahlreiche Stipendien erhalten,
so vom National Endowment for the Arts (1975,1977,1979), vom New York State Council on
the Arts (1973 – 1974, 1978), vom Creative Artists Public Service Fund (1972, 1975, 1978),
von der Rockefeller Foundation, der Andy Warhol Foundation, der Nathan Cummings Foun-
dation und zuletzt den Anonymous Was a Woman Award. 1994 wurde ihr ein Stipendium
der Guggenheim Foundation zugesprochen. Three Tales wurde vom National Endowment
for the Arts und von der Rockefeller Foundation gefördert.
40
Steve Reich
Steve Reich wuchs in New York, wo er geboren wurde, und in
Kalifornien auf. 1957 schloss er sein Studium der Philosophie
an der Cornell University mit Auszeichnung ab. Anschließend
studierte er für zwei Jahre Komposition bei Hall Overton, bevor
er seine Studien von 1958 bis 1961 an der Juilliard School of Music
bei William Bergsma und Vincent Persichetti fortsetzte. Seinen
M.A. in Musik erhielt er 1963 am Mills College, wo er mit Luciano
Berio und Darius Milhaud arbeitete. Ein Stipendium des Institute
for International Education ermöglichte ihm im Sommer 1970
einen Aufenthalt am Institut für Afrikastudien an der University of
Ghana in Accra. In den Jahren 1973 und 1974 widmete er sich dem balinesischen Gamelan
Semar Pegulingan und Gamelan Gambang an der American Society for Eastern Arts in
Seattle und Berkeley/Kalifornien. Von 1976 bis 1977 schlossen sich Studien des traditi-
onellen Gesangs der hebräischen Schriften in New York und Jerusalem an. Bereits 1966
gründete Steve Reich sein eigenes Ensemble mit drei Musikern, das rasch auf 18 oder mehr
Mitglieder anwuchs. Seit 1971 führen Tourneen Steve Reich and Musicians durch die ganze
Welt. Über die Jahre hat Steve Reich zahlreiche Auftragswerke geschrieben, u. a. für das
Londoner Barbican Centre, das Holland Festival, das San Francisco Symphony Orchestra,
die Wiener Festwochen, den Gitarristen Pat Metheny (im Auftrag der Brooklyn Academy
of Music), das Spoleto-Festival in den USA, den WDR, den Turiner Settembre Musica, den
Klarinettisten Richard Stoltzman (im Auftrag der Fromm Music Foundation), das Saint
Louis Symphony Orchestra, das Kronos Quartet (im Auftrag von Betty Freeman) und das
Festival d’Automne à Paris. Bedeutende Klangkörper haben Steve Reichs Musik aufgeführt,
etwa das London Symphony Orchestra, das New York Philharmonic, das Ensemble Modern,
das Ensemble intercontemporain, London Sinfonietta, das Theater of Voices, das Schönberg
Ensemble, das Los Angeles Philharmonic, das BBC Symphony Orchestra und das Boston
Symphony Orchestra. Zudem wurde Steve Reichs Musik von einigen namhaften Choreo-
graphen verwendet, so u. a. von Anne Teresa de Keersmaeker, Jirí Kylían, Jerome Robbins
und Laura Dean, die Sextet in Auftrag gab. Das daraus entstandene Ballettstück Impact
wurde beim Next Wave Festival der Brooklyn Academy of Music uraufgeführt und brachte
Steve Reich und Laura Dean 1986 einen Bessie Award ein. In Zusammenarbeit mit Beryl
Korot entstand 1990 – 93 das Video-Musiktheaterstück The Cave. Auch Three Tales ging aus
der Zusammenarbeit von Steve Reich mit Beryl Korot hervor. Nach der Premiere bei den
Wiener Festwochen 2002 ging Three Tales auf Tournee durch Europa, Amerika, Australien
und Hong Kong. Zu Reichs jüngsten Werken gehören die Variations for Vibes, Pianos and
Strings (2005), die Daniel Variations (2006), das Double Sextet (2007), 2x5 (2008) für Rock-
Band, das Mallet Quartet (2009) und WTC 9/11 (2010). Steve Reich erhielt zahlreiche Preise
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und Auszeichnungen. Für die Aufnahme des Kronos Quartet von Different Trains (1988)
wurde Reich 1990 mit einem Grammy für die Beste Zeitgenössische Komposition ausge-
zeichnet. Einen weiteren Grammy erhielt er 1999 für Music for 18 Musicians. 1994 wurde
er in die American Academy of Arts and Letters aufgenommen; 1995 folgte die Aufnahme
in die Bayerische Akademie der Schönen Künste und 1999 wurde er zum Commandeur
de l’ordre des Arts et Lettres ernannt. 2000 erhielt er den Schuman Prize der Columbia
University, das Montgomery Fellowship vom Dartmouth College, die Regent’s Lectureship
an der University of California in Berkeley, die Ehrendoktorwürde des California Institute
of the Arts sowie die Wahl zum Composer of the Year von Musical America. 2007 wurde
ihm der Polar Music Prize verliehen. 2009 wurde Steve Reich mit dem Pulitzer Prize (für
Double Sextet) ausgezeichnet.
42
Ensemble Modern
Das Ensemble Modern, 1980 gegründet und seit 1985 in Frankfurt am Main beheimatet,
ist eines der weltweit führenden Ensembles für Neue Musik. Derzeit vereint das Ensemble
19 Solisten verschiedenster Herkunft: Argentinien, Bulgarien, Deutschland, Indien, Israel,
Japan, Polen und die Schweiz bilden den kulturellen Hintergrund dieser Formation. Das
Ensemble Modern ist bekannt für seine besondere Arbeits- und Organisationsweise: Es gibt
keinen künstlerischen Leiter; Projekte, Koproduktionen und finanzielle Belange werden
gemeinsam entschieden und getragen. Seine unverwechselbare programmatische Band-
breite umfasst Musiktheater, Tanz- und Videoprojekte, Kammermusik sowie Ensemble- und
Orchesterkonzerte. Tourneen führten das Ensemble Modern bereits nach Afrika, Australien,
China, Indien, Japan, Korea, Südamerika, Taiwan, Russland und in die USA. Regelmäßig
tritt es bei renommierten Festivals und an herausragenden Spielstätten auf, darunter
die Salzburger Festspiele, die Klangspuren Schwaz, die Wiener Festwochen, das Musik-
fest Berlin, die MusikTriennale Köln, das Lincoln Center Festival in New York, settembre
musica in Turin, das Festival d’Automne à Paris, das Festival Ars Musica in Brüssel, das
Holland Festival in Amsterdam und das Lucerne Festival, die Alte Oper Frankfurt, die Oper
Frankfurt, die Kölner Philharmonie, das Konzerthaus Berlin, die Philharmonie Essen und
das Festspielhaus Baden-Baden. Jährlich gibt das Ensemble Modern rund 100 Konzerte.
In enger Zusammenarbeit mit Komponisten, verbunden mit dem Ziel größtmöglicher
Authentizität, erarbeiten die Musiker jedes Jahr durchschnittlich 70 Werke neu, darunter
etwa 20 Uraufführungen.
43
Das Ensemble Modern wurde 2003 von der Kulturstiftung des Bundes zu einem »Leucht-
turm« zeitgenössischer Kultur in Deutschland erklärt und damit in die Spitzenförderung
aufgenommen. Seit 2004 erhält es eine Drei-Säulen-Förderung für das Ensemble Modern
Orchestra, die Internationale Ensemble Modern Akademie sowie ausgewählte Projekte
des Ensemble Modern. Bei uns war das Ensemble Modern zuletzt im Mai 2010 im Rahmen
der MusikTriennale Köln zu Gast.
Das Ensemble Modern wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes, die Stadt Frank-
furt sowie über die Deutsche Ensemble Akademie e.V. durch das Land Hessen, die GEMA-
Stiftung und die GVL.
Die Musikerinnen und Musiker des Ensemble Modern danken der Aventis Foundation für
die Finanzierung eines Sitzes in ihrem Ensemble.
hr2-kultur – Kulturpartner des Ensemble Modern
Die Besetzung des Ensemble Modern
Hermann Kretzschmar Klavier
Ueli Wiget Klavier
Rumi Ogawa Schlagzeug
Rainer Römer Schlagzeug
David Haller Vibraphon
Boris Müller Vibraphon
Jagdish Mistry Violine
Rafał Zambrzycki-Payne Violine
Megumi Kasakawa Viola
Michael M. Kasper Violoncello
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Synergy Vocals
Das Vokalensemble Synergy Vocals ist bekannt für sein breites Spektrum musikalischer
Genres und Stile sowie für seinen homogenen Klang und seine rhythmische Präzision. Die
Mitglieder arbeiten – unter der Leiterin Micaela Haslam – regelmäßig mit dem Ensemble
Modern, mit Steve Reich und seinen Musikern, mit dem Ensemble Asko-Schönberg sowie
mit dem Ictus Ensemble und der London Sinfonietta zusammen. Darüber hinaus trat
Synergy Vocals mit zahlreichen weiteren international renommierten Orchestern und
Ensembles auf, darunter das BBC Symphony Orchestra, die Orchester von Boston, Chicago
und Los Angeles, das Ensemble Bash, das Ensemble intercontemporain, das London
Symphony Orchestra, das Ensemble Les Percussion, Claviers de Lyon und das Smith Quartet.
Konzerte führten das Ensemble in international bedeutende Konzerthäuser und zu renom-
mierten Festivals (u. a. zu den BBC Proms). Mit mehreren zeitgenössischen Komponisten
pflegt Synergy Vocals eine enge Zusammenarbeit. Neben Steve Reich, Steve Mackey und
Louis Andriessen zählte u. a. bis zu seinem Tod auch Luciano Berio dazu. Zudem wirkte das
Ensemble bei zahlreichen pädagogischen und »Outreach«-Projekten u. a. am Konservato-
rium in Den Haag, an der Princeton University, am Eastman College, am Oberlin College
sowie beim Chicago Symphony Orchestra mit. In der Kölner Philharmonie war Synergy
Vocals zuletzt im Januar 2009 zu Gast.
Die Besetzung von Synergy Vocals
Amanda Morrison Sopran
Micaela Haslam Sopran
Andrew Busher Tenor
Gerard O’Beirne Tenor
Alastair Putt Tenor
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Brad Lubman
Der amerikanische Dirigent und Komponist Brad Lubman ist seit
seiner Zeit als Assistent von Oliver Knussen am Tanglewood Music
Center von 1989 bis 1994 als ungewöhnlich vielseitiger Dirigent
von Orchestern und Ensembles auf der ganzen Welt hervorge-
treten. Er hat bereits mit so unterschiedlichen musikalischen
Persönlichkeiten wie Pierre Boulez, Luciano Berio, Steve Reich,
Michael Tilson Thomas und John Zorn zusammengearbeitet. Mit
seinem umfangreichen Repertoire von der Klassik bis zur neuesten
Orchestermusik trat Brad Lubman unter anderem mit dem Finnish
Radio Symphony Orchestra, dem Swedish Radio Symphony
Orchestra, dem Netherlands Chamber Orchestra, dem Orchestre Philharmonique de Radio
France, dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR, der Dresdner Philharmonie,
dem hr-Sinfonieorchester, dem Chicago Symphony Orchestra, dem American Compo-
sers Orchestra, der New World Symphony, dem Ojai Festival Orchestra und dem St Paul
Chamber Orchestra auf. Außerdem arbeitete er mit einigen der wichtigsten europäischen
und amerikanischen Ensembles für Neue Musik, darunter das Ensemble Modern, das
ASKO Ensemble, die London Sinfonietta, die musikFabrik, die Los Angeles Philharmonic
New Music Group, die Boston Symphony Chamber Players und Steve Reich and Musicians.
In der Saison 2010/11 setzt Brad Lubman seine Zusammenarbeit mit dem Deutschen
Symphonie-Orchester Berlin fort und arbeitet erneut mit dem Ensemble Modern und der
Radio Kamer Filharmonie. Zudem stehen mehrere Debüts an: Mit dem Klangforum Wien ist
er beim Festival in Wien zu Gast, in Porto dirigiert er das Remix Ensemble und in München
das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks. Brad Lubmans eigenes Ensemble für
zeitgenössische Musik, Signal, hatte im Mai 2008 sein offizielles Debüt beim Ojai Music
Festival. Das in New York beheimatete Ensemble widmet sich mit Energie, Leidenschaft
und Virtuosität der Aufführung eines breiten Spektrums Neuer Musik. Seit 1997 ist Brad
Lubman Professor für Dirigieren an der Eastman School of Music in Rochester (New York),
wo er auch das Musica Nova Ensemble leitet. Außerdem ist er Dozent beim Summer Insti-
tute von Bang on a Can. Seine eigenen Kompositionen wurden in den USA und in Europa
von verschiedenen Ensembles aufgeführt. Eine Porträt-CD von Brad Lubman ist auf John
Zorns Label Tzadik veröffentlicht worden. Weitere CDs erschienen bei verschiedenen Labels.
In der Kölner Philharmonie dirigierte Brad Lubman zuletzt im November 2010 das WDR
Sinfonieorchester Köln.
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14.06.2011 Dienstag 20:00 Die Kunst des Liedes 6
Christopher Maltman BaritonMalcolm Martineau Klavier
Franz SchubertDie schöne Müllerin op. 25 D 795
16.06.2011 Donnerstag 12:30 PhilharmonieLunch
Gürzenich-Orchester KölnSir Mark Elder Dirigent
KölnMusik gemeinsam mit dem Gürzenich-Orchester Köln
Eintritt frei
23.06.2011 Donnerstag 20:00 c/o pop
Apparat & BandOwen Pallett
Owen Pallett sprengt die Grenzen zwischen Electro-Pop und klassischer Musik. Sascha Ring aka Apparat verbindet in seinem aktuellen Album hervorstechende Vocals und epischen Sound.
KölnMusik gemeinsam mit c/o pop
24.06.2011 Freitag 20:00 Grigory Sokolov Klavier
Johann Sebastian BachKonzert für Klavier F-Dur BWV 971»Italienisches Konzert«
Französische Ouvertüre BWV 831
Robert SchumannHumoreske B-Dur op. 20
4 Klavierstücke op. 32
26.06.2011 Sonntag 11:00 JUGEND MUSIZIERTKonzert der Bundespreisträger aus Nordrhein-Westfalen
KölnMusik gemeinsam mit dem Landesmusikrat NRW
KölnMusik-Vorschau
DERGEBURTSTAGSTISCHzum 25sten der Kölner Philharmonie.
Zeichnen Sie Ihren Gruß!
Machen Sie mit und gratulieren der Kölner Philharmonie zum 25. Geburtstag an unserem Geburtstagstafeltisch im Foyer.
Ihre persönlichen 60 Sekunden für die Philharmonie: Stäbchen nehmen, auf den Tisch legen, Kreide greifen, loslegen! Zeichnen oder texten Sie Ihren Gruß an die Kölner Philharmonie!
Unsere Mitarbeiter machen ein Foto Ihres Grußes. In einer Ausstellung ab September 2011 werden die schönsten Ergebnisse im Foyer präsentiert.
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26.06.2011 Sonntag 16:00 Sonntags um vier 5
Maurice Steger BlockflöteHille Perl Viola da Gamba
Elbipolis – Barockorchester Hamburg
Georg Philipp TelemannOuvertürensuite für Streicher e-Moll TWV 55:e8»L‘Omphale«
Ouvertürensuite für Viola da gamba und Streicher D-Dur TWV 55:D6Konzert für Blockflöte, Viola da gamba, Streicher und Basso continuo a-Moll TWV 52:a1
Johann Christoph GraupnerKonzert für Blockflöte, 2 Violinen, Viola und Basso continuo F-Dur GWV 323
Ouverture C-Dur GWV 405
30.06.2011 Donnerstag 12:30 PhilharmonieLunch
Gürzenich-Orchester KölnMarkus Stenz Dirigent
KölnMusik gemeinsam mit dem Gürzenich-Orchester Köln
Eintritt frei
03.07.2011 Sonntag 18:00 Kölner Sonntagskonzerte 5
Mojca Erdmann SopranRobin Blaze Countertenor
Münchener KammerorchesterAlexander Liebreich Dirigent
Giovanni Battista PergolesiOrfeo, Kantate g-Moll für Sopran und Orchester
Márton IllésRajzok (Zeichnungen)
Giovanni Battista PergolesiStabat Mater
Redaktion: Sebastian LoelgenCorporate Design: Rottke WerbungFotonachweis: Wonge Bergmann S. 34, 39 und 40; Manu Theobald S. 42; Erich Camping S. 45Umschlaggestaltung: Hida- Hadra BiçerUmschlagsabbildung: Torsten Hemke
Gesamtherstellung: adHOC Printproduktion GmbH
Kulturpartner der Kölner Philharmonie
Philharmonie Hotline +49.221.280280 koelner- philharmonie.deInformationen & Tickets zu allen Konzerten in der Kölner Philharmonie!
Herausgeber: KölnMusik GmbHLouwrens LangevoortIntendant der Kölner Philharmonie undGeschäftsführer der KölnMusik GmbHPostfach 102163, 50461 Köln koelner- philharmonie.de
Roncalliplatz50667 Köln
PhilharmonieHotline
0221.280 280
in der Mayerschen Buchhandlung
Neumarkt-Galerie50667 Köln
koelner-philharmonie.de
Foto
: Hyo
u Vi
elz
Grigory Sokolov KlavierJohann Sebastian BachKonzert für Klavier F-Dur BWV 971 Französische Ouvertüre BWV 831
Robert SchumannHumoreske B-Dur op. 20 4 Klavierstücke op. 32
€ 25,- | zzgl. VVK-Gebühr