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Zum Buch

Das neue Wissen über gesunde Ernährung, verborgenen Hunger und gesundes Übergewicht:

• Was und wie viel wir essen, ist kein Zufall. Und was das Essen mit uns macht, auch nicht. Jeder hat eine individuelle Ernährungsbiografie.

• Es gibt fertige Kapitel in unserer Ernährungsbiografie und solche, die wir bis ins hohe Alter verändern können.

• Die ersten 1000 Tage prägen: Jene Kapitel am Beginn unserer Ernährungsbiografie schreiben Mutter, Vater und zum Teil sogar unsere Großeltern.

• Doch wir essen ein Leben lang – mehr oder weniger bewusst. Nur wer seine Ernährungsbiografie kennt, kann sie gezielt beeinflussen.

• Schluss mit dem Ernährungsstress: Denn kaum etwas ist so ungesund wie die Verbindung von Essen und Stress.

Zum Autor

Hans Konrad Biesalski, 1949 in Marburg geboren, studierte zunächst Physik und absolvierte anschließend das Medizinstudium an den Universitäten Bonn und Mainz. Seit 1995 leitet er als Ernährungsmediziner das Institut für Biologische Chemie und Ernährungswissenschaft der Universität Hohenheim. Seit 2014 ist er Direktor des Food Security Center. Biesalski forscht seit 30 Jahren über die Bedeu-tung von Mikronährstoffen für die Gesundheit und hat zahlreiche Lehrbücher ver-

öffentlicht, u. a. den »Taschenatlas Ernährung«.

Weitere Informationen zu unserem Programm und Leseproben ausgewählter Titel unter www.knaus-verlag.de

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Prof. Dr. Hans Konrad Biesalski

UNSERE ERNÄHRUNGS-

BIOGRAFIEWer sie kennt, lebt gesünder

Unter Mitarbeit von Susanne Warmuth und

Oliver Domzalski

KnausWeitere Informationen zu unserem Programm und Leseproben ausgewählter Titel

unter www.knaus-verlag.de

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Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links nur bis zum Zeitpunkt der

Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des

Verlags für externe Links ist stets ausgeschlossen.

Ver lags grup pe Random House FSC® N001967

1. AuflageCopyright © der Originalausgabe 2017

beim Albrecht Knaus Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 MünchenSatz: Buch-Werk statt GmbH, Bad Aib ling

Druck und Ein band: CPI books GmbH, LeckPrinted in Germ any

ISBN 978-3-8135-0764-5

www.knaus-ver lag.de

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Inhalt | 5

Inhalt

Vor wort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7

Ka pitel 1:

Das 1000-Tage-Fenster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

Wie un ser Er näh rungs typ geprägt wird . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

Das 1000-Tage-Fenster und die »Wetter vor her sa ge« . . . . . . . . . . . . . . . . 16

Klein gebo ren und statt lich gewach sen: Die Rol le des Ge burts gewichts . . . 34

Ka pitel 2:

Nach träg liche Ver än de rung des Ge noms – wie geht das? . . . . . . . . . . . . . . . 47

Das Phä no men der Epi gene tik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47

Epi gene tik: Das Nach jus tie ren des gene ti schen Pro gramms . . . . . . . . . . 49

Was uns Väter, Mütter und Groß eltern unter der Hand ver erben . . . . . . . . 56

Ka pitel 3:

Mak ro und Mik ro: Die Nähr stof e . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

Was sind Mik ro nähr stof e? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

Wozu brau che ich Mik ro nähr stof e? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65

Wo be kom men wir un se re Mik ro nähr stof e her? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68

Wo ran er ken ne ich ei nen Man gel? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73

Ka pitel 4:

Von Hun ger, Ap pe tit und Sät ti gung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89

Von Hun ger ma chern und Ap pe tit brem sen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

Das ego is ti sche Ge hirn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94

Hor mo ne und Hun ger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

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6 | Inhalt

Zu cker brot und Salami: Un ser Be loh nungs system

als Mittel zum Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119

Wie schmeckt’s? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

Ka pitel 5:

Über gewicht – na und? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

Über gewicht – Wahr heit und My thos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140

Das Fett gewebe – ein unter schätztes Or gan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

Ab neh men im Alter? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

Was soll ich, was kann ich tun? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

Ka pitel 6:

Was tun? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173

Wenn es ein »Set« gibt, sollte es auch ein Re set geben . . . . . . . . . . . . . . 175

Was heißt gesun de Er näh rung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178

Wie soll ich mich denn nun er näh ren? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194

Noch mal: Was ist gesun de Er näh rung ? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219

Wel che Rolle spielt die Fit ness? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227

Schwan ger schaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

Schluss wort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

An hang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247

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Vorwort | 7

Vor wort

Liebe Le se rin nen und Le ser,

zu Be ginn hier ein mal vier seit Jahr zehnten fest ste hen de Wahr heiten zum The ma Er näh rung:

• Wer dick ist, be kommt ver schie de ne Stoff wech sel-/Zi vi lisa ti ons-krank heiten und stirbt frü her.

• Wer schlank ist, ist gesund und lebt län ger.• Di cke müs sen ab neh men.• Ab neh men (und Ge wicht halten) ist nur eine Fra ge des Wil lens.

Lei der ist al len vier Weis heiten gemein sam, dass sie sich mitt ler wei le als falsch ent puppt ha ben.

Das ist dra ma tisch, weil sich zu min dest die Be woh ner der rei-chen Na ti o nen ja seit ei ni gen Jahr zehnten erst mals in der Mensch-heits geschichte nicht mehr fra gen müs sen »Wie ver hin de re ich, dass ich ver hun gere?«, son dern »Wie er näh re ich mich rich tig?«. Aus-gerech net in dem Mo ment, in dem un se re Er näh rung erst mals kei ne existen ti el le Über le bens fra ge mehr ist, ha ben wir sie zu ei nem hoch kom plizierten Puz zle aus Ge sund heits fra gen, Halb wis sen und Life-style und re ligi ons ähn lichen Über zeu gun gen gemacht. Die Men schen be schäf ti gen sich mas sen haft mit ih rer (meist in ex istenten) Gluten- und Lak to se-Un ver träg lich keit, er näh ren sich ve gan oder kämp-fen – meist ver geb lich – gegen ver meint liches oder tat säch liches Über gewicht. Des halb ist es so wich tig, neue, teil wei se ver blüff en de Er kennt nis se der Wis sen schaft be kannt zu ma chen.

Die neu este For schung er mög licht ein ganz neu es Bild da von, was in den Zel len un se res Kör pers vor sich geht, wenn wir Nah rung auf-neh men und ver ar beiten – und was das mit un se ren Ge nen zu tun hat.

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8 | Vorwort

In den ver gan genen Jah ren sind vor al lem das Phä no men der Epi gene tik und die Er näh rungs bi o gra fie in den Fo kus gerückt. Was be deutet »Bi o gra fie« in die sem Zu sam men hang? Nun, wir sind be kannt lich geprägt durch die Um stän de, in die wir hin ein gebo ren wur den, so wie durch das, was seit der Ge burt pas siert ist. Und je bes ser wir wis sen und ver ste hen, was bis her gesche hen ist, des to eher kön nen wir be ein flus sen, wie es weiter geht. Ein Bei spiel: Nur, wer sich da rü ber be wusst ist, dass er unter sei nem do mi nanten Vater gelitten hat, ver steht auch, wa rum er bei be stimmten Aus sa-gen sei nes Chefs oder sei nes Part ners schier aus der Haut fährt. Und er kann da ran ar beiten, sich im Griff zu ha ben. Ähn lich ist es mit un se rer Er näh rungs bi o gra fie. Wir ha ben na tür lich eine gene ti sche Prä gung – wir gehö ren der Spe zi es »Homo sap iens« an, de ren gene-ti scher »Bau plan« sich al len falls un merk lich lang sam ver än dert. Un se re »Grund aus stat tung« ist seit Hun dert tau sen den von Jah-ren fast gleich – ob wohl un se re Le bens um stän de sich in den letz-ten Jahr zehnten und Jahr hunderten dra ma tisch ver än dert ha ben. Wäre un ser Ge nom, also un se re gene ti sche »Grund aus stat tung« al ler dings voll kom men un fle xi bel, wä ren wir längst aus gestor ben. Hier kommt die erst in jüngster Zeit all mäh lich ver stan de ne Epi-gene tik ins Spiel: Da mit ist das Phä no men gemeint, dass das Ge nom ei nes ent ste hen den Or ga nis mus auf Um welt einflüs se re a giert, auch wenn das Erb gut sich da durch nicht ver än dert. So »er fährt« der Fö tus im Mutter leib durch die Er näh rung der Mutter, ob er in eine Si tu a ti on des Nah rungs man gels oder des Über flus ses hin ein-gebo ren wird. Durch fle xib les »An- und Ab schalten« der ent spre-chen den Gene stellt der Or ga nis mus sich auf das zu er warten de Le ben ein und wird ent we der zu ei nem »guten Kost ver werter«, der trotz ver zwei felter Di ät an stren gun gen um je den Preis Fett spei-chert und we nig Ener gie ver braucht, oder zu ei nem eher schlan-ken »E ner gie ver schwen der« – ei nem die ser Men schen, die re gel-mä ßig drei Por ti o nen Tir amisù ver drü cken kön nen und trotz dem nicht zu nehmen.

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Vorwort | 9

Un se re in di vi du el le Er näh rungs bi o gra fie wirkt sich auf vie les aus: z. B. den Ap pe tit, die An fäl lig keit für Krank heiten, die Fi gur, das Be loh nungs system im Ge hirn und die Re ak ti on auf Stress. Und sie hängt nicht nur mit der Prä gung im wich ti gen »1000-Tage-Fens-ter«, also der Schwan ger schaft und den ersten bei den Le bens jah-ren zu sam men. Ent schei dend ist auch, wie gut wir ver sorgt wer den mit den wich ti gen Be standtei len der Nah rung. Und dazu gehö ren nicht nur die »Grund bau stei ne«, also Koh len hyd rate, Ei weiß und Fett, son dern auch die ent schei dend wich ti gen Mik ro nähr stof e wie Vi ta mi ne, Mi ne ra le etc. Die Fra ge, wie die Ver sor gung mit Mik ro-nähr stoff en si cher gestellt wer den kann, ist in der Ver gan gen heit viel-fach zu kurz gekom men. So birgt der voll stän di ge Ver zicht auf Fleisch das Ri si ko ei ner Unter ver sor gung mit le bens wich ti gen Subs tan zen – gera de bei Schwan geren und Säug lin gen.

Die ses Buch er klärt die ver blüff en den Zu sam men hän ge und Er kennt-nis se rund um un se re Er näh rungs bi o gra fie und gibt Hin wei se, wie wir klug mit un se ren An la gen um gehen und die se so gar noch nach träg lich be ein flus sen kön nen. Es be ant wortet die Fra ge, in wel chen Fäl len Über-gewicht tat säch lich ein Pro blem ist, mit wie ver gleichs wei se gerin gen An stren gun gen wir die Fit ness un se res Or ga nis mus ver bes sern kön-nen – aber auch, was sich hinter dem »ver bor genen Hun ger« ver birgt und wel che un geahnten Prob le me wir uns und un se ren Kin dern durch Di äten und Er näh rungs mo den ein han deln kön nen.

Nicht alle Ernährungsmoden können allerdings in diesem Buch behandelt werden. Vieles entbehrt jeder wissenschaftlichen Grund-lage – beispielsweise die Vorstellung einer »Übersäuerung« des Orga-nismus und die angeblich dagegen helfende Trennkost. Oder die Vor-stellung, der Körper müsse regelmäßig durch Fasten »entschlackt« und »entgiftet« werden. Oder die Idee einer »Blutgruppendiät«.

Die im Buch behandelten biochemischen Prozesse und Phänomene sind teilweise ziemlich kompliziert, und manche werden gerade erst verstanden. Wir wer den uns auf das kon zent rie ren, was für wis sen-schaft liche Lai en nach voll zieh bar und re le vant ist. Wer trotz dem mal

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10 | Vorwort

ei nen oder meh re re Ab schnitte über blättert, weil er oder sie es so genau nicht wis sen möchte, hat un ser Ver ständ nis. Und wer es noch genau er wis sen will, sei auf Fach lite ra tur ver wie sen.

Im 1. Ka pitel schau en wir uns an, was wäh rend des 1000-Tage-Fensters geschieht und un se re Er näh rungs bi o gra fie prägt.

Im 2. Ka pitel be trachten wir das fas zi nie ren de Phä no men der Epi-gene tik, das un se re seit Dar win be ste hen de Vor stel lung von Ver er-bung ent schei dend er gänzt hat.

Im 3. Ka pitel wid men wir uns den Be standtei len un se rer Nah rung und ih ren besten Quel len: den e ner gie spen den den Mak ro nähr stof-fen (Fett, Koh len hyd rate und Ei weiß) und den eben so le bens wich-ti gen Mik ro nähr stof en, also Vi ta mi nen, Mi ne ra len und sons ti gen Ver bin dun gen.

Im 4. Ka pitel gehen wir dem Hun ger und dem Sät ti gungs gefühl auf den Grund – hier hat der mo der ne, mit dau ern dem Nah rungs über-fluss »geseg nete« Mensch am meisten zu kämp fen mit sei nen gene ti-schen Wur zeln, die noch aus Zeiten der Knapp heit kom men und ihn zu ei nem meister haften Speic herer von Ener gie gemacht ha ben. Und wir ent lar ven un ser Ge hirn als aus gespro chen ego is ti schen Re gis seur un se res Ess ver haltens.

Im 5. Ka pitel wer fen wir die heik le Fra ge auf, wie es ei gent lich um das Über gewicht steht. Ist es tat säch lich der Übel täter, der uns krank macht? Oder muss man et was genau er hin schau en?

Im 6. Ka pitel schließ lich be ant worten wir die Fra ge »Was tun?«: Wie kann ich als Mensch des 21. Jahr hun derts, der nicht mehr für je den Bis sen durch den Wald oder die Sa van ne to ben muss, mich ver nünf tig er näh ren und ei nen gesun den Le bens stil pfle gen? Sie wer den mer ken: So komp liziert und ent beh rungs reich, wie man che be haupten, ist eine gesun de Er näh rung kei nes wegs.

Am Ende des 6. Ka pitels geben wir au ßer dem ein paar gezielte Hin-wei se für die Zeit der Schwan ger schaft – wäh rend der die Mutter ja nicht nur für sich selbst, son dern auch für die Ver sor gung des he ran-wach sen den neu en Le be we sens ver ant wort lich ist.

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Mein be son de rer Dank gilt dem Knaus Ver lag, der sich vom The ma »1000-Tage-Fenster« hat an ste cken las sen. Die fach liche Be treu ung durch das Lek to rat von Frau Dr. Su san ne War muth hat vie le Stol-per stei ne be sei tigt und in an re gen den Dis kus si o nen zum Ver ständ-nis komp le xer In halte bei getra gen. Nicht zu letzt ist es dem Lek to rat von Dr. O liver Dom zal ski zu ver dan ken, dass man ches Fra gezei chen in ein Aus ru fe zei chen gewan delt wer den konnte und der Le ser so we ni ger ins Grü beln kom men muss.

Ich wün sche Ih nen eine an re gen de Lek tü re – und als Er geb nis ein mög lichst ent spanntes Ver hält nis zum Es sen. Denn Stress und Er näh-rung sind kei ne gesun de Kom bi na ti on.

Hans Konrad Bie sal skiStutt gart, im Feb ru ar 2017

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Wie un ser Er näh rungs typ geprägt wird | 13

Ka pitel 1: Das 1000-Tage-Fenster

Wie un ser Er näh rungs typ geprägt wird

Wenn wir auf die Welt kom men, sind wir zwar klein und un schul-dig, aber kei nes wegs un be schrie be ne Blätter: Zum ei nen ha ben wir in der Re gel be reits neun Mo nate im Kör per ei nes an de ren Le be wesens zu gebracht, das wir schon bald »Mama« nen nen wer den und das uns via Na bel schnur be reits erste Vor ga ben mit auf den Le bens weg gegeben hat. Zum an de ren ist in je der un se rer Kör per zel len das Erbe von sechs Mil lio nen Jah ren Mensch heits geschichte hinter legt (genau genom men sind es so gar vier Mil liar den Jah re Ge schichte des Le bens auf der Erde, denn man che ele men ta ren Le bens pro zes se tei len wir mit al len an de ren Or ga nis men die ses Pla neten). Un ser gene ti sches Pro gramm hat sich im Lau fe der Evo lu ti on ent wi ckelt (und ent wi ckelt sich im mer weiter), um das Über le ben un se rer Art zu gewähr leisten. Die Gene, die Re pro duk-ti on und Über le ben si chern, ha ben sich da bei in ei ner sich im mer wie-der ver än dern den Um welt durch gesetzt. Dies gilt auch für die Er näh-rung, die ja ein Teil der Um welt ist. Wir wis sen heute, dass unter den frü hen Men schen so wohl rei ne Pflan zen fres ser als auch Al les fres ser (Om niv ore) wa ren. Die rei nen Pflan zen fres ser aus der Rei he der Ho min-ini sind je doch vor etwa 1,5 Mil lio nen Jah ren aus gestor ben, wäh rend die Omn ivo ren über lebt ha ben. Was wir in uns tra gen, ist das Erbe der über le ben den Spe zi es: der omnivo ren Früh men schen.

Mit hil fe der Ge ne tik konnte man fest stel len, dass der mensch liche Stoff wech sel und auch der der meisten Tie re da rauf ein gestellt ist, län gere Hun ger pe ri o den zu über ste hen. In ei ner Zeit, in der man von dem le ben musste, was die Na tur ak tu ell im An gebot hatte, war das ein un schätz ba rer Vorteil. In un si che ren Zeiten gilt be kannt lich

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14 | Ka pitel 1: Das 1000-Tage-Fenster

die Ma xi me: Hamstern, Bun kern, Spa ren. Und über den al ler größten Teil der mensch lichen Evo lu ti on wa ren die Zeiten vor wie gend un si-cher. Un ser Or ga nis mus ist da her eher auf wie der keh ren de E ner gie-knapp heit als auf dau er haften Über fluss ein gestellt. Da mit die Stoff-wech sel ma schi ne rie aber trotz dem im mer ei ni ger ma ßen gleich mä ßig ar beitet, muss der Kör per mit Schwan kun gen in der Ener gie ver sor-gung zu recht kom men und den vor han de nen Brenn stoff so »ver-walten«, dass stets die rich ti ge Men ge für den ak tu el len Be darf in Um lauf ist. Die se »Ver wal tung« (= Re gu la ti on) der Ener gie ver sor-gung er folgt im We sent lichen über drei He bel:

• Nah rungs auf nah me: er hö hen oder ver min dern• Fett spei cher: an le gen oder an zap fen• Ener gie ver brauch: er hö hen oder sen ken

Heute ver kehrt sich der Vorteil des in un se ren Ge nen ver an kerten Um gangs mit Nah rungs man gel für vie le Men schen je doch in ei nen Nachteil, da Nah rung – zu min dest in den In dust rie na ti o nen – im mer und über all mehr als aus rei chend ver füg bar ist und wir uns da für nicht ein mal groß an stren gen müs sen. Da ran sind wir noch nicht an gepasst, denn die Müh len der Evo lu ti on mah len lang sam. Dass un ser Erb gut noch auf Stein zeit op ti miert ist, wäh rend sich un ser Kör per im di gi ta len Zeit alter be fin det, gilt als ein Grund für die Zu nah me be stimmter gesund heit licher Prob le me. (Al ler dings hilft die so genannte Stein zeit- oder Pa leo di ät we nig da bei, die ses Pro blem zu be he ben, wie ich im Ka pitel 6 er läutern wer de.)

Bei der Ge burt sind wir also zwei fach vor geprägt: in di vi du ell durch un se re Eltern, ins be son de re un se re Mutter, und all gemein durch un se re Zu gehö rig keit zur Spe zi es »Mensch«. Aber wo her wis-sen wir ei gent lich, was genau un se re Er näh rungs bi o gra fie prägt? Schließ lich kön nen we der un se re Vor fah ren noch Neu gebo re ne uns di rekt Aus kunft geben.

For scher sehr unter schied licher Dis zip linen ha ben in den letzten Jah ren un glaub lich vie le neue, span nen de Er kennt nis se gewon nen

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Wie un ser Er näh rungs typ geprägt wird | 15

und zu sam men getra gen. Mit der fer nen Ver gan gen heit be schäf ti-gen sich E vo lu ti ons bi o lo gen und Anth ro po lo gen. Sie er for schen die Er näh rung un se rer Ah nen und be trachten da bei mit den unter schied-lichsten Me tho den den Zeit raum von vor sie ben Mil lio nen Jah ren bis zur An kunft der mo der nen Men schen im heu ti gen Eu ro pa. Als wich-tigstes Be weis mate ri al die nen ih nen Zäh ne die ser ent fernten Vor fah-ren. Kno chen und Zäh ne blei ben selbst nach so lan ger Zeit er halten – und sie tra gen die »Sig na tur« der Nah rung in sich. Wie ist das zu ver ste hen? In der Na tur gibt es von al len che mi schen Ele menten ver-schie de ne Va ri anten, die so genannten Iso to pe – so auch für Koh len-stoff und Stick stoff, zwei der wich tigsten Bau stei ne für al les Le ben-di ge. Die Men gen ver hält nis se die ser vom Kör per auf genom me nen und in die Zäh ne und Kno chen ein gebauten Iso to pe ver raten uns auch Mil lio nen Jah re später, wel che Art Nah rung ein Le be we sen be vor zugt hat. Auf die se Wei se lässt sich bei spiels wei se eine grobe Unter schei dung zwi schen Lieb ha bern ei ner pflanz lichen oder ei ner tie ri schen Kost treff en. Auch aus dem Auf bau des Kie fers und aus der Form und den Ab rieb spu ren der Zäh ne kön nen Rück schlüs se gezo-gen wer den, was ihr frü he rer Be sit zer da mit ein mal gekaut hat. Breite Mahl flä chen etwa spre chen für pflanz liche, aus geprägte Reiß zäh ne für fleisch liche Nah rung.

Mo le ku lar bi o lo gen kön nen dank mo der ner Me tho den aus den Ge nen vie les über die be son de ren An la gen ei nes Le be we sens he raus-le sen – etwa, ob es in der Lage ist, Milch oder Frucht zu cker zu ver-dau en. Und die se Me tho den er mög lichen es auch, weit in die Ver-gan gen heit zu b licken: Durch DNA-Ana ly sen und den Ver gleich des Erb mate ri als ver schie de ner Arten konnte man bei spiels wei se fest stel-len, dass un se re sehr frü hen Vor fah ren vor etwa 40 Mil lio nen Jah ren die Fä hig keit zur Vi ta min-C-Syn the se ver lo ren ha ben, also die Mög-lich keit, die sen über le bens wich ti gen Mik ro nähr stoff selbst aus Glu-ko se (Trau ben zu cker) zu er zeu gen.

Die Zu sam men hän ge zwi schen den Le bens um stän den von Müttern (aber auch Vätern und so gar Groß vätern) und der späte ren Ge sund heit

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der Kin der schließ lich unter suchen Epi de mi o lo gen, also Wis sen-schaft ler, die sich mit der Häu fig keit und der Ver brei tung von Krank-heiten be schäf ti gen. Sie er fas sen zu nächst ein mal rein sta tis tisch, ob z. B. Kin der, de ren Väter rau chen, häu fi ger an Asth ma er kran ken als Kin der von Nicht rau chern, oder ob Kin der von adipösen, also stark über gewich ti gen Müttern später im Le ben häu fi ger Di a betes be kom men als die Kin der nor mal gewich ti ger Mütter. Aus sol chen Er hebun gen und dem Ver gleich ver schie de ner Um stän de und Be völ-ke rungs grup pen zeich net sich im mer deut licher ab, dass nicht nur die Er näh rung der Mutter vor und wäh rend der Schwan ger schaft, son dern auch die Er näh rung des Kin des selbst wäh rend sei ner ersten bei den Le bens jah re ent schei den den Ein fluss auf sei ne Ge sund heit im Er wach se nen alter hat. Be kannt wur de die ses Phä no men unter dem Schlag wort »1000-Tage-Fenster«. In die ser Zeit wird ganz ohne un ser Zu tun das erste Ka pitel un se rer Er näh rungs bi o gra fie geschrie ben.

Das 1000-Tage-Fenster und die »Wetter vor her sa ge«

Wa rum sol len aus gerech net die ersten 1000 Tage im Le ben so wich tig sein? Die se grif ge, gerun dete Zahl er gibt sich aus 266 Ta gen Schwan-ger schaft (durch schnitt licher Zeit raum zwi schen Zeu gung und Ge burt) plus 365 Tage im 1. Le bens jahr plus 365 Tage im 2. Le bens-jahr.

Auf die Spur kam man dem prä gen den Ein fluss die ses Zeit raums be reits in den 1960er Jah ren durch Unter suchun gen an man gel er-nährten und häu fig klein wüchsi gen Kin dern in Mittel a me ri ka und in Af ri ka. Pro gram me, mit de nen die Kin der gesün der er nährt wer den sollten, wirkten sich nur dann po si tiv auf die Ent wick lung und das Län gen wachs tum der Kin der aus, wenn sie gleich nach der Ge burt (über die Ver sor gung der stil len den Mutter) oder spätestens vor dem Ende des zweiten Le bens jah res ein setzten. Noch bes ser für die Ent wick lung des Kin des war es, wenn be reits die Mutter wäh rend der Schwan ger schaft gesun de, das heißt für den be son de ren Be darf

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aus rei chen de Er näh rung be kam. Be gann die bes se re Er näh rung des Kin des erst nach dem Ende des zweiten Le bens jahrs, lie ßen sich die Ent wick lungs stö run gen nicht mehr voll stän dig rück gängig ma chen (ob wohl gewis se Kor rek tu ren auch später noch mög lich sind).

Wie genau sich die Er näh rung wäh rend der Schwan ger schaft und der Still zeit auf die Ent wick lung des Kin des aus wirkt und wa rum sich Fehl ent wick lun gen nur in ner halb ei nes be grenzten Zeit raums, bis zum Ende des zweiten Le bens jah res, rück gän gig ma chen las sen, war al ler dings bis vor Kur zem völ lig rät sel haft. Erst in den letzten Jah ren konnten mehr und mehr Fra gen be ant wortet wer den – auch wenn weiter hin vie le off en sind.

Ge ne rell kennt der im Mutter leib he ran wach sen de Or ga nis mus zwei Mög lich keiten, auf Nah rungs man gel zu re a gie ren: Zum ei nen gibt es die so for ti ge Ant wort, die in ei ner kri ti schen Si tu a ti on zu nächst ein-mal das schie re Über le ben von Mutter und Kind si chert. So wird der Fö tus bei plötz licher Nah rungs knapp heit vor ran gig Ge hirn und Herz ver sor gen – not falls auch auf Kosten des Län gen wachs tums und der Ent wick lung an de rer Or ga ne. Wenn die Nah rungs knapp heit gra vie-rend ist und län ger an hält, kann sie also die Ge sund heit des Kin-des dau er haft gefähr den. Zum an de ren gibt es die vo raus schau en de (»adap ti ve«) Ant wort mit ent spre chen der An pas sung des ent ste hen-den Or ga nis mus an die zu er warten de Man gel si tu a ti on. Hier bei ent-steht der schein bar pa ra do xe Zu sam men hang zwi schen der Er näh-rungs si tu a ti on der wer den den Mutter (und da mit der Ver sor gung des Fö tus) und des sen späte rer Kons ti tu ti on, der so vie len Men schen in Form von Über gewicht zu schaff en macht: Kin der, de ren Mütter gehun gert ha ben, nei gen später eher zum »Bun kern« des Ener gie-trä gers Fett – und unter be stimmten Um stän den auch zu »Zi vi lisa-tions krank heiten« wie Fett lei big keit (Adi pos itas), Blut hoch druck und Di a betes.

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Hun ger und Über fluss – den Zi vi lisa ti ons krank heiten auf der SpurMehr oder we ni ger lan ge Man gel pe ri o den oder echte Hun gers nöte wa ren bis vor hun dert Jah ren auch in der west lichen Welt an der Ta ges ord nung. Ne ben Wetter kap ri o len und Krie gen brachten Ar mut und Miss wirt schaft die Men schen im mer wie der in Not. Erst die bei-den Er fin dun gen Kühl schrank und Kunst dün ger so wie der wach-sen de Wohl stand der In dust rie gesell schaften ha ben die re gel mä ßi ge und si che re Ver sor gung mit aus rei chen den Ka lo ri en men gen weit-gehend si cher gestellt. Als Wis sen schaft ler die lang fris ti gen gesund-heit lichen Aus wir kun gen von Hun ger ka tast ro phen unter suchten, ka men sie hoch inte res santen Me cha nis men auf die Spur, die auch und gera de für un se re – heute – über sät tigten Wohl stands gesell-schaften re le vant sind.

Den Stein ins Rol len brachten 1986 Da vid Bar ker und Clive Os mond, zwei bri ti sche Epi de mi o lo gen. Ih nen war bei ei ner Stu die über Men schen, die zwi schen 1921 und 1925 gebo ren wor den wa ren, auf gefal len, dass in ar men Land stri chen von Eng land und Wales die ko ron are Herz krank heit, also eine Ver kal kung der Herz kranz-gefä ße, häu fi ger als To des ur sa che auf trat als in be güterten Re gi o-nen – ob wohl an de re Unter suchun gen doch ei nen di rekten Zu sam-men hang zwi schen zu neh men dem Wohl stand und der stei gen den Zahl von Herz-Kreis lauf-Er kran kun gen zu zei gen schie nen. Gleich-zei tig stellten sie fest, dass die Kin der sterb lich keit in den 1920er Jah ren in ar men Fa mi lien hö her gewe sen war als in rei che ren. Die For scher zo gen da raus den Schluss, dass ar muts be dingte Man gel er-näh rung in der Schwan ger schaft ei ner seits für die da mals hohe Kin-der sterb lich keit, an de rer seits aber für die späte ren Herz prob le me der über le ben den Kin der, also für eine ver meint liche »Wohl stands-krank heit« ver ant wort lich war.

Ein Ver gleich der Ge burts gewichte mit den späte ren To des ursachen be stä tigte die Be fun de: Ein nied ri ges Ge burts gewicht führte spä-ter zu mehr To des fäl len in fol ge von Herz-Kreis lauf-Er kran kun-gen (Män ner) und Di a betes (Frau en) als ein nor ma les oder ho hes

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Ge burts gewicht. (Grund la ge die ser Hert fords hire-Stu die wa ren üb ri-gens Daten, die auf Ini ti a ti ve von Et hel Marga ret Burn side, der ersten bri ti schen »Ge sund heits be ob achte rin und Ins pek to rin von Heb am-men«, er ho ben wor den wa ren: Ab 1911 wur den die Fa mi lien Neu-gebo re ner re gel mä ßig ein mal im Mo nat be sucht, wo bei man ne ben dem Ge burts gewicht und dem Ge wicht im ersten Le bens jahr auch die Er näh rung und den Ent wick lungs zu stand er fasste.)

Nach dem über ra schen den Be fund, dass Men schen, die aus ar men Ver hält nis sen stammten, später häu fi ger an »Wohl stands krank heiten« litten, unter suchten vie le For scher ei ni ge der gro ßen Hun ger ka tastro-phen im 20. Jahr hun dert, so z. B. den hol län di schen Hun ger winter 1944/45 und die Blo cka de von Le nin grad (1941–1944).

Als »Ver gel tung« für Streiks und Sa bo ta geakte der nie der län di-schen Ei sen bah ner be grenzten die deut schen Be sat zer im Septem-ber 1944 die Nah rungs lie fe run gen in den west lichen Teil der Nie der-lan de. Dazu kam ei ner der längsten und kältesten Winter, die Eu ro pa je er lebt hatte. Von De zem ber 1944 bis Mai 1945, also sechs Mo nate lang, hatten Nie der län der al ler so zi a len Klas sen nicht mehr als 400–800 Ka lo ri en pro Tag zu es sen; erst nach der Be frei ung im Mai 1945 stan den ih nen dann wie der min destens 2000 Ka lo ri en zur Ver fü gung. Die Unter suchung von Men schen, de ren Mütter in die sem Hun ger-winter schwan ger gewe sen wa ren, zeigte, dass sie als Er wach se ne häu fi ger an Herz-Kreis lauf-Er kran kun gen litten als Per so nen, die meh re re Mo nate vor oder gegen Ende der Hun gers not gezeugt wur-den. Be mer kens wert war da bei, dass das hö he re Krank heits ri si ko vor al lem Kin der von Müttern be traf, die in den ersten drei Mo naten der Schwan ger schaft hun gern mussten, und we ni ger sol che, bei de nen der Hun ger zu ei nem späte ren Zeit punkt der Schwan ger schaft auf-trat. Off en bar wer den die Wei chen für die er höhte Nei gung zu Herz-Kreis lauf-Er kran kun gen also in den ersten zwölf Wo chen der Schwan-ger schaft gestellt.

An de re Fol gen für die Über le ben den hatte der grau sa me Ver such der deut schen Wehr macht, die Be völ ke rung des ein geschlos se nen

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Le nin grad von Septem ber 1941 bis Ja nu ar 1944 aus zu hun gern. Im ers-ten Jahr der Blo cka de hatte ein Be woh ner durch schnitt lich 300 Ka lo-ri en pro Tag zur Ver fü gung. Über eine Mil lion Le nin gra der fie len die sem Mas sen mord zum Op fer. Was aber geschah mit den Über le-ben den? Lan ge nach dem Krieg unter suchte man drei Grup pen von Er wach se nen: erstens die, de ren Mütter wäh rend der Schwan ger-schaft an Man gel er näh rung gelitten hatten; zweitens die je ni gen, die vor Be ginn der Blo cka de gebo ren wor den wa ren; und drittens die, die au ßer halb von Le nin grad zur Welt gekom men wa ren. Über ra-schen der wei se zeigten sich kaum Unter schie de bei Di a betes häu fig-keit und Über gewicht. Die Er klä rung hier für war, dass es so wohl vor als auch nach den prä gen den 1000 Ta gen (zu) we nig zu es sen gegeben hatte. Wer den Man gel wäh rend der Schwan ger schaft und frü hen Kind heit über stan den hatte, hatte off en sicht lich we ni ger Prob le me mit ko ronarer Herz krank heit, Di a betes und Über gewicht als die Kin-der des hol län di schen Hun ger winters. Letzte re hatten als Neu gebo-re ne plötz lich wie der genug zu es sen, die Neu gebo re nen in Le nin grad da gegen wa ren weiter mit Man gel er näh rung kon fron tiert. Wie die ser Me cha nis mus funk ti o niert, le sen Sie weiter unten in den Ab schnitten über die »Wetter vor her sa ge«. Zu vor müs sen wir uns aber mit der Fra-ge be fas sen, wie die Prä gung des un gebo re nen Kinds und sei nes späte-ren Er näh rungs ver haltens ei gent lich funk ti o niert.

Die ersten neun Mo nate: Ent wick lung im Mutter leibDas 1000-Tage-Fenster öff net sich mit der Emp fäng nis (die Me di zi-ner sa gen »Kon zep ti on«), also der Be fruch tung der weib lichen Ei zel le durch eine männ liche Sa men zel le. In den fol gen den 56 Ta gen, also der ersten bis achten Wo che, pas siert un glaub lich viel: Qua si aus dem Nichts ent ste hen alle Struk tu ren, die ei nen Men schen aus ma-chen. Da mit am Ende alle Syste me des Kör pers funk ti o nie ren, müs-sen Mo le kül bau stei ne auf gebaut und in der rich ti gen Wei se zu sam-men gefügt wer den. Das klappt nur, wenn die gene ti schen Bau plä ne in den Zell ker nen kor rekt ab gele sen und um gesetzt wer den – und

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wenn das be nö tigte Bau mate ri al zur rechten Zeit und in der rich ti-gen Men ge gelie fert wird.

Das »Bau mate ri al« sind die Nähr stoff e, aus de nen un se re Nah rung sich zu sam men setzt. Ohne die se Nähr stoff e kann es we der Wachs-tum noch Ent wick lung geben. Und da das wer den de Le ben von al len Seiten vom mütter lichen Or ga nis mus um geben ist, kann es sei-ne Nähr stoff e nur von die sem be zie hen – es ist also auf Ge deih und Ver derb da rauf an gewie sen, dass die ser al les »be schafft« und zur Ver fü gung stellt, was für das Wachs tum und die Ent wick lung des neu en Le be we sens be nö tigt wird. Die Mutter ist der ein zi ge Zu lie-fe rer auf die ser klei nen Groß bau stel le, und ent spre chend wich tig ist ihre ei gene Er näh rung. Das Kind kann nur be kom men, was auch im Kör per der Mutter vor han den ist – sei es in gespei cherter Form oder als Be standteil von Spei sen und Ge trän ken, die die Mutter mit dem Fö tus »teilt«. Da eine Schwan ger schaft al ler dings in den ers-ten vier Wo chen – und manch mal noch län ger – gar nicht be merkt wird, kommt es nicht nur auf die be wusste Er näh rung der wer den-den Mutter an. Auch ihre all gemei nen Le bens um stän de wie z. B. ihre Er näh rungs gewohn heiten (Di äten oder an de re be son de re Er näh-rungs wei sen) oder Er kran kun gen (Di a betes oder In fek ti ons krank-heiten, be son ders des Ma gen-Darm-Traktes) so wie die Zu fuhr von Ner ven giften wie Al ko hol, Ni ko tin und Koff e in spie len eine we sent -liche Rol le. Je viel sei ti ger die Mutter sich er nährt, des to grö ßer sind die Chan cen, dass das Kind al les be kommt, was es für eine gesun de Ent wick lung braucht. Ohne sich da rü ber be wusst zu sein, schreibt die wer den de Mutter mit ih rer ei genen Er näh rung wäh rend der Schwan ger schaft be reits ein frü hes Ka pitel der Er näh rungs bi o gra fie ih res Spröss lings.

Die ser be nö tigt, wäh rend er im Mutter leib he ran wächst (und auch noch da nach), jede Men ge unter schied lichster Nähr stoff e. Die so genannten Mak ro nähr stof e – Koh len hyd rate, Fett und Ei weiß (Protei ne) – lie fern die Struk tur kom po nenten (»Bau stei ne«), die Kör per und Ge hirn wach sen las sen, und die Ener gie, die die

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