buch "wallis leib und seele" (de)
DESCRIPTION
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LL
IS
Catherine Grive - Sophie de Paillettepréface Benoît Aymon
Corps & Âme ist eine aussergewöhnlicheBuchreihe, die sich – eine Premiere imBereich der Reiseliteratur – dieBeschreibung eines Landstrichs, einerRegion, einer Stadt oder eines Kantons
zum Ziel gemacht hat, indem sie die identitätsstiftenden Werte der betref-fenden Gegend herauszukristallisieren sucht. Wallis, Leib & Seele fügt sich wunderbar in diese Sammlung ein, welche die ver-schiedenartigsten Kenntnisse und Stellungnahmen zueinander in Beziehungsetzt. Ausgesuchte Experten, meinungstragende Persönlichkeiten undMenschen mit einer besonderen Leidenschaft für ihren Lebensraum stellenihre ganz persönliche Sicht der Dinge dar: Historiker, Fotografen, Geologen,Soziologen, Ethnologen, Architekten, Erzähler, Dichter, Schriftsteller,…Corps & Âme bietet dem Leser eine neue, eine andere Perspektive; eine poetische Reise durch das Sichtbare und das Unsichtbare – gerade so, als obman eine Region wie einen Menschen entdecken könnte. Sich für einmal ineine magische Zwischenwelt entführen lassen, ohne den geringstenVorbehalt… Eine intensive Begegnung voller Zauber und Überraschungen,wahrhaftig und einzigartig, weil ja keine Region der anderen gleicht.“
WALL IS
ISBN 978-2-9528675-3-5
W A L L I S
PREIS SCHWEIZ:39 CHF
PREIS FRANKREICH:25 v
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Sophie de PailletteText Catherine Grive
Vorwort von Benoît Aymon
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Alle Rechte vorbehalten
© Corps & Âme Éditions12, rue Antoine Bourdelle - 75015 Paris
ISBN 978-2-9528675-3-5
Buchreihe, herausgegeben von Sophie de Paillette und Joël Gayet
Wallis, Leib & Seele ist mit der Unterstützung des Vereins Marke Wallisund der Loterie Romande entstanden.
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4 VORWORT
“Und du, von wem bist du?“ Diese verblüffende Frage hat ihre
Wirkung auf den Besucher, der im Wallis gerade erst angekom-
men ist, noch nie verfehlt. Was für ein seltsames Land!
Was für eine merkwürdige Begrüssung zwischen unangemessener
Direktheit und kaum verhohlenem Spott! Als ginge es darum,
den Fremden erst zu ergründen, zu überprüfen, zu erforschen...
Gemach: Der Einheimische will hier eben gleich wissen, mit wem
er es zu tun hat. Um sofort ein für alle Mal eins klarzustellen:
Walliser ist er, und stolz darauf! So, und nun hat er alles gesagt.
Oder fast. Abgeschottet von seinen Bergen, ist der Walliser
manchmal auf sich selbst gestellt. Da kann es schon vorkommen,
dass seine kantonale Identität das nationale Zugehörigkeitsgefühl
zu überdecken vermag. Stolz darauf, ein Walliser zu sein – Punkt,
fertig, Schluss. Ein zuweilen sicher berechtigter Stolz, den man
gern bei einem Glas Wein mit seinesgleichen teilt. Mein Land,
meine Scholle, meine Berge: Der Walliser legt auf seine Wurzeln
so viel Wert wie ein junger Priesterseminarist auf sein Messbuch.
Vielleicht ein wenig kurz gegriffen?
Aus diesem Grund ist das Werk, das Sie hier in den Händen
halten, ein ehrgeiziges. Es hält Ihnen eine Fotografie der Walliser
Seele vor Augen. Die Liebhaber starker Bilder werden auf ihre
Kosten kommen. Nur... Zweifel regen sich: Kann man die Seele
eines Landes auf eine einzige Postkarte bannen? Die Seele des
Wallis muss nach meinem Gespür eine komplexe, eine vielschich-
tige sein. Allein schon wegen der Zweisprachigkeit. Und selbst
wenn sie aus einem Guss bestünde, diese viel besungene Walliser
Seele, so liesse sie sich doch niemals in ein Korsett voller Klischees
zwängen, das ihr bis in alle Zeiten anhaften würde. Wie eine
gelungene Fotoaufnahme, die den Betrachter mit ihren
Fluchtlinien, Schattenzonen und Unschärfen immer auch ein
wenig im Ungewissen lässt und ihn zu eigenen Gedanken und
Interpretationen anregt, so lässt sich auch ein so kontrastreiches
und in mancher Hinsicht so rätselhaftes Land wie das Wallis nie-
mals auf den ersten Blick zugänglich machen. Und das ist gut so.
Misstrauen wir dem Schein. In einer Mediendemokratie wie
der unseren kein leichtes Unterfangen. Da sind die wendigen
Wortführer, der Stolz und die Freude einer jeden Redaktion,
vor allem jener ausserhalb des Kantons. Sie, diese Tausendsassas,
diese Worttroubadoure sind es, die das Spektakel garantieren.
Wenn es diese Unruhestifter nicht gäbe, müsste man sie
zweifellos erfinden. Schliesslich bringen sie etwas Abwechslung
in unseren Alltag. Und haben wir nicht das Recht, ob all dem
eisgefrorenen Wasser, das sich in gewaltigen Zungen über unsere
Berge legt, und ob all den schwefelhaltigen Quellen, die unsere
Thermalzentren speisen, seichte Gewässer zu vermeiden? Aber
die naturgemäss zum Erlöschen verdammten Sternschnuppen
unserer Medienlandschaft verwischen manchmal die Spuren und
halten uns vom Wesentlichen ab.
Wurzeln und Flügel
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5VORWORT
Alles, was exzessiv ist, ist bedeutungslos – man kennt die Rede.
Tatsache ist, dass die Komplexität der Walliser Identität durch
die Karikatur nicht durchschaubarer wird. Man richte
den Scheinwerfer lieber auf den Universitätsprofessor,
den Hüttenwart, den Gletscherpiloten, die Dorfapothekerin,
den Bergbauern, die Kulturanimatorin oder jene Politiker, die ihre
Dossiers lieber in aller Stille durcharbeiten, als sich im Blitzlicht der
Fotografen zu sonnen... Zahlreich die Persönlichkeiten, die dem
Patchwork der Walliser Realität Konturen und Anima verleihen!
Nehmen wir ein wenig Abstand. Seit einem Jahrhundert hat die
Geschichte dieses Stück Land in einer Geschwindigkeit vorange-
trieben, die sich zuweilen nur noch mit Mühe messen lässt.
Man denke allein schon an den Bau der grossen Staudämme, die
bekanntlich die Seitentäler in die Modernität katapultiert haben.
Die schwindende Bedeutung der Religion und die Errichtung der
Autobahn tragen das Ihre dazu bei.
In den letzten hunderten Jahren ist viel Wasser die Rhone hinun-
tergeflossen. Der Bergkanton ist urbaner, kühner geworden,
als es scheinen mag. In der Tat gibt es eine wahrhafte Kluft
zwischen der Realität des heutigen Wallis und seinem Image. Ein
einziges Beispiel, weniger anekdotisch, als man glauben könnte:
Wider Erwarten ist das politische Schicksal der Walliser
Hauptstadt vor Kurzem in andere Hände gelegt worden.
Am Rande des traditionellen politischen Parketts repräsentiert
meiner Ansicht nach ein neuer Präsident, den man durchaus
als “Aussenstehenden“ hätte betrachten können, das mittlerweile
entschieden der Modernität zugewandte Wallis. Es zu wagen,
eine ganze Politik auf die nachhaltige Entwicklung auszurichten!
Eine sanfte, symbolische und paradoxerweise in der Tradition
verhaftete Revolution. Ich denke hierbei vor allem
an den waghalsigen Bau des Suonennetzes zur Bewässerung
unserer Talhänge und Weinterrassen, die der Schwerkraft
seit mehr als einem Jahrhundert trotzen: Unsere Urahnen
praktizierten nachhaltige Entwicklung,
ohne es zu wissen!
Auch die Informatikrevolution hat ihre Spuren hinterlassen.
Wenn die Veränderungen, die sich direkt vor unseren Augen
ereignen, auch schwerer zu erkennen sind als jene grossen,
globalen, so bleiben sie doch nicht weniger fundamental.
Von einem aber bin ich überzeugt: Dieses Land, das man einst
gern als “alt“ bezeichnet hat, begnügt sich nicht mehr damit,
seinen Boden zu kultivieren. Mit seinen mit Umsicht und
Gelassenheit gepflegten Wurzeln hat es sich inzwischen Flügel
angedeihen lassen. Wurzeln und Flügel, Vorder- oder Rückseite
der gleichen Medaille... Das Wallis betritt festen Fusses das dritte
Jahrtausend. Hatte es jemals eine andere Wahl?
Möge das vorliegende Werk das Wallis auf seinem Weg begleiten.
Benoît Aymon
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6 EINFÜHRUNG
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7EINFÜHRUNG
“L and, auf halbem Weg angehalten zwischen der Erde undden Himmeln...“ * Das Wallis im Süden der Schweiz ist in
diesem Spannungsfeld zwischen Verwurzelung und Weltoffenheit,zwischen Erdverbundenheit und Unermesslichkeit, zwischen feuri-gem Ungestüm und der Kunst der Kontemplation verankert. Eine Landschaft, die aussieht, als wäre sie der Schöpfungsgeschichteentnommen: der überbordend blaue Himmel, die Feld- undStadtszenen, all die verborgenen Winkel und Welten mit ihren sub-tilen Reizen zeugen von Glut und Substanz gleichermassen – undprägen die Identität eines “richtigen“ Landes, obwohl es sich dabeiim eigentlichen Sinne doch um eine Region handelt. Der Namedieses aparten Landstriches – so klar wie seine Luft, sein Wasser, dieSicht im Herbst – stammt von vallis (das durch den Rhonegletschererschaffene Tal) und klingt schon im Ohr wie eine Offenbarung.Ja, das Wallis ist herrlich. Hier zu leben, heisst, sich einen ganzeigentümlichen Wind um die Nase wehen zu lassen; den Ursprungder Dinge mit allen fünf Sinnen zu erfühlen, mit der Fingerkuppedie Ewigkeit zu berühren – jene davor und jene danach. Hier zuleben, heisst auch, sich mit dem Universum und seinem Schicksalbefassen zu müssen. Nun ja, über kurz oder lang kommt man haltins Schwärmen, ob man will oder nicht. Aber das Wallis ist fürSuperlative eben wie geschaffen – mit seinem Klima, das sich jeder-zeit ins Extreme steigern kann, und mit seinen Gipfeln, die denHimmel zu durchlöchern scheinen und zum Denken, zumSinnieren inspirieren... Der Eindruck von Höhe muss wohl miteinem Gefühl von Erhabenheit einhergehen.Das Wallis – geprägt von der Religion, der Erde, der Lyrik – oszilliertzwischen dem Reellen und dem Übernatürlichen, dem Tragischenund dem Wunderbaren. Und doch ist seine Landschaft gleichzeitigauch sehr markant. Im freien Raum sind ihr durch klare Linien geo-
grafische Grenzen gesetzt, geschmückt wird sie von den Alpen,gekrönt von der Geschichte. Dass das Wallis in der Vergangenheitüber bemerkenswert lange Zeit unabhängig geblieben ist, unter-scheidet es vom Rest der Schweiz und verleiht ihm eine starkeAnbindung an sein kulturelles Erbe. Dieses glühende Land zehrtvon seinen intensiven Erinnerungen.“Glühendes Land“... Die Persönlichkeit der Walliser ist ausgeprägt.Wie könnte auch das tiefste Innere eines Menschen von derSchönheit und von der Kraft dieser Landschaft unberührt bleiben?Wie sollten der Geist und die Sinne durch ihre Motive nicht beein-flusst, wie die Seele durch die charismatische Urtümlichkeit derGipfel, das friedvolle Echo der Herden, die zähe Beharrlichkeit derReben, die einsame Stille abgelegener Gebiete nicht geformt werden? Bonvivants sind sie, die Walliser, und ihre muntere, gesundeLebensart mutet fast schon mediterran an. “Südländische Bergler“,wenn man so will. Ihre Verbundenheit mit ihrem Kanton, mit ihrer“Insel im Herzen der Alpen“, einigt die Ober- und die Unterwalliserüber alle Verschiedenartigkeit hinweg wie der Schnee auf denGipfeln ihrer Berge. Ihre Vitalität und ihre Ausdauer bei der Arbeit,beim Feiern und in der Freundschaft sind – genauso wie ihr ange-borener Gemeinschaftssinn – zweifellos auf ihre Begabungzurückzuführen, sich nach den Launen des Himmels und denAnsprüchen der Erde zu richten. Wenn anderswo die Beziehungder Menschen zu den Kräften der Natur oft recht komplex ist, soist sie im Wallis lebendig, erfüllt. In der reinen, klaren Luft, in deralles wieder zu neuem Leben erblüht, wecken die Landschaftenund die mächtigen Berggipfel die Sehnsucht, fordern zu müssigerBeschaulichkeit und zu lustvoller Bewegung auf. Eine Welt, die einen den Blick erheben lässt, muss eine glücklicheWelt sein. *Rilke, Die Walliser Gedichte
Das Wallis, eine Quelle der Natur
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8 INHALTSVERZEICHNIS
GESICHTER ERBESEITE 10
Mehr als eine Landschaft: ein Tempel der Natur
Vereinigung von Kraft und Heiterkeit
Die Macht der Linie
Die Herrschaft des Unermesslichen
In ständiger Bewegung
Herrliche und verherrlichte Wasser
Klimawelten
Wandelbare Vitalität
Transzendenz des Lichtes
Eine vibrierende Welt
Mythische, betörende Gerüche
Eine bewohnte Stille
Worte einer Walliserin
Ein stolzes Erbe
Glühend und einigend
Eine offene Welt
Kostbare Begegnungen
Die Gegenwart der Vergangenheit
Dynamische Grössen
Worte eines Wallisers
SEITE 36
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9INHALTSVERZEICHNIS
WERTE TALENTE
WALLIS
“Glühendes Land“*
“Walliser par excellence“
Pa capona!
Hier und dort
Der Geist der Natur
Reichtum der Sprachen
Der hehre Wert der Zeit
Hymne ans Leben und an die Geselligkeit
Der Geschmack des Echten
Der Sinn der Spiritualität
Der Schauplatz des Sagenhaften
Die Macht der Symbolik
Worte einer Walliserin
(*Rilke, Obstgärten)
Lebendige Kultur und fruchtbares Wissen
Die Kraft der Tradition, der Geist der Innovation
Der Wohnraum, Spiegel der Lebensart
Talente am Werk
Erholung, Entspannung, Erlebnis
Die Ambitionen der Künstler. Aller Künstler.
Worte eines Wallisers
SEITE 50 SEITE 76
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10 CHAPITRE
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GESICHTER
Mehr als eine Landschaft: ein Tempel der Natur
DES WALLIS
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12 GESICHTER
Vereinigung von Kraft Von einem Gipfel, von einer Weide, von einem Pfad aus entfaltet sich das Wallis in seiner ganzen Pracht. Wie schnell,
wie trefflich es das Grosse und Weite mit dem Intimen, Persönlichen zu vereinen weiss! Die Landschaften – von unerwarte-
ter Vielfalt auf einem so kleinen Gebiet – präsentieren sich in mannigfachen Erscheinungsformen, ja bestechen durch
reizvolle Gegensätze. Rechtes und linkes Rhoneufer, Felswüsten in den Höhen und blühende Fülle in der Ebene,
der Talboden und die Schneeberge, das deutschsprachige Oberwallis und das französischsprachige Unterwallis... Im Schutz
der hohen Berge hat die Natur in ihrer besten Laune diesen von Reinheit und Sinnlichkeit erfüllten Garten Eden von
unverwechselbarem Charakter hervorgebracht. Eine vielfältige Fauna breitet sich darin aus – gibt es einen besseren Beweis
für die Qualität eines Hortes der Natur? –, genauso wie diese Gämsen, die von Weitem riesigen Ameisen gleichen
und nicht zuletzt die Luchse und Wölfe, die von weither wieder zurückgekehrt sind.
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13GESICHTER
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Aber der Raum verändert sich auch laufend, und der Mensch verleiht ihm sein ureigenes Gepräge. Hier,
ein wenig abgelegen, ein einsames Chalet; weiter weg eine Luftseilbahn, einer Heuschrecke gleich, und ganz dort
hinten dörfliche Siedlungen hoch über dem Tal. Impressionen, die umso idyllischer wirken, als man um die
unerforschten Gebiete weiter oben weiss, ganz “dort oben“, wo sich noch kein Mensch jemals niedergelassen hat.
Unten im Tal locken die Städte, die diesem einst vornehmlich von der Landwirtschaft dominierten Land zu
einer neuen, starken Identität verholfen haben. Mögen sie auch nicht zahlreich und von unterschiedlich grosser
Bedeutung sein, so bestechen sie doch durch ihre Dynamik und Vitalität. Die Berge, die einst die hiesige Lebensart
bestimmt haben, verleihen ihr heute ihren erhabenen Rahmen, und ihre Schönheit bietet sich dem Betrachter
dar wie ein lebendiges Spektakel.
und Heiterkeit
Mont Ferret
“Ich stieg langsam und zu Fuss ziemlichsteile Wege hinauf. (…) Ich wollte träumen,und ich wurde immer wieder von irgendeinemunerwarteten Spektakel davon abgehalten.Bald hingen gewaltige Felstrümmer über meinem Kopf. Dann wieder hülltenmich hohe und laute Wasserfälle in ihrendichten Nebel ein. Bald riss neben mir ein endloser Wildbach einen Abgrund auf,dessen Tiefe die Augen nicht zu ergründenwagten. Manchmal verlor ich mich in der Dunkelheit eines dichten Waldes.Manchmal, wenn ich aus einem Schlundheraustrat, erfreute plötzlich eine lieblicheWiese meinen Blick.“ Jean-Jacques Rousseau, la Nouvelle Héloïse
Plan-Cerisier über Martigny
“Von hier oben aus gesehenwar die Welt immer gleich,die Obstgärten unschuldig, die Weinberge hübsch gefaltet.Und die bleiche Rhone dehnte sich aus,um sich Inseln zu erschaffen,unglaubliche und so grosse,dass das Leben in ihnen möglich geworden ist.“ S. Corinna Bille, Le paradis perdu, La montagne déserte
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14 GESICHTER
die Macht der LiniePunkte, Winkel, Pyramiden... Die Sprache der Geometrie liegt den heroischen Gipfeln der Viertausender zugrunde, deren prominen-
tester Vertreter, ja deren Symbol schlechthin das Matterhorn – der “kosmische“ Berg – ist. Ein Band von blendend weisser Spitze
zeichnet sich gestochen scharf auf dem Blau des Himmels ab.
Mit wie viel Beharrlichkeit und Ausdauer die Menschen ihre Steilhänge urbar gemacht haben, veranschaulichen die pittoresken
Landschaftsterrassen allenthalben, die über unzählige Stufen zu erklimmen sind: Es ist, “als wolle man zum Himmel empor steigen“ *…
Im Lauf der Jahrhunderte sind auf diesen einzigartig engen Landschaftsterrassen Rebstöcke herangediehen, die einen den Wallisern
ebenbürtigen Wein hervorbringen. Einen Wein von bestechender Vielfalt – und von unverkennbarem Charakter.
Was aber wären diese spektakulären Bildmotive ohne die weichen, sanften Kurven von verschneiten Landschaften? Was ohne die
glatte, liebliche Ebene und die weiten, offenen Flächen des fruchtbaren Kulturlandes? Hier geht es jedoch nicht um die schnöde
Vereinigung von Widersprüchen, sondern um die freie Entfaltung von Gegensätzen. Sobald sie ihr Gleichgewicht untereinander gefun-
den haben, zeigen sie sich in ihrer ganzen Pracht.
* C. F. Ramuz
Das Matterhorn Die Walliser Alpen ArollaDie Pyramiden von Euseigne
“Das Wallis hat das Matterhorn, um den Himmel zu messen,
und die Rhone, um die Erde zu messen.“
C. F. Ramuz
“Land, in dem alles immerzu einen Gegensatz hat,
das Süsse und das Bittere, das Alte und das Neue,
das Zarte und das Felsige. Land der Kraft und der Weichheit,
des Wassers und des Weins, des Todes und der Liebe.“
Maurice Zermatten, Les Saisons valaisannes
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15GESICHTER
Weinberg in der Nähe von Sitten
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die Herrschaft des UnermesslichenDas Wallis drängt es einem auf – das Grosse, Gewaltige, Unermessliche. Seine epische
Natur neigt zum Überfluss, zeigt einen Hang zum Exzess. Eine fantastische, ja eine
metaphysische Dimension, dominiert von der Präsenz all dieser leeren Flächen; eine
Welt für sich, in der nicht einmal mehr die Vögel singen. Schwindel erregende Höhen,
so weit das Auge reicht; gigantische Markierungen, enorme Gefälle, all diese Vertikalen,
die steil zu Boden stürzen. Diese optischen Bruchstellen, diese räumlichen Kontraste
sind es, die der Landschaft ihren einzigartigen Charakter, ihre eigentümliche
Ausstrahlung verleihen. Das Ferne gesellt sich zum Nahen, das Nahe zum Fernen.
Diese Dominanz der Vertikalität kann durchaus den drängenden Wunsch nach
Horizontalität wecken, nach einer Lücke, wo der Blick ungehindert und frei in die
Unendlichkeit abschweifen kann. Gemach: Die Enttäuschung wird nur von kurzer
Dauer sein. Denn das Wallis besitzt trotz seines Umschlossenseins eine grosse
Weitsicht “gegen innen“. Überraschend eröffnen sich die eindrucksvollsten
Panoramen allenthalben, um sich gleich darauf ebenso überraschend wieder zu
schliessen, als hätte sich ein begnadeter Regisseur die ganze Szenerie ausgedacht.
Die Walliser sind in der Tat gute Zuschauer. Zuschauen, Anschauen, Hinschauen ist
für manche von ihnen Teil ihres Alltags, Teil ihrer Lebensart.
Schlucht “Gorges du Trient“
Klettersteig in Bramois
Barrhorn-Massiv, im Hintergrund der Dom
“Über den Dörfern nehmen die Berge die Welt in Besitz. (…) Hier beginnt die “Masslosigkeit“ diesesLandes. Nackte, zerklüftete, chaotische Flächen gleitenineinander über, verbinden sich wie die Gewölberippenin Kathedralen und tragen auf ihren Säulen aus Gneisdas Gewicht eines unvergleichlichen Himmels. Sie sinddie Pforten zur Welt und lassen jeden Morgen dieSonne aufgehen, die Abend für Abend in ihren uner-gründlichen Schlünden auch wieder verschwindet.“ Maurice Zermatten, Valais
“Ich steh hinter dem Grat,geschützt vor allem Geratter im Tale drüben.Eisweite entführt mein Schauenüber den Rand des Himmels hinaus.“Raymund Wirthner, Am Aletschgletscher,Also kommt der Abend doch
“Immer diese halsbrecherische Flucht gegen den Flusszu, diese Bergstürze, diese Schluchten, diese Furchen,diese Pfeiler. Der Kopf dreht sich einem. Unten dieEbene, so vollkommen zu unseren Füssen, dass man sich nur vorlehnen müsste… Die blühende Ebene, die fruchtbare Ebene, glatt, fröhlich im Triumph des Frühlings.“ Maurice Zermatten, Les Saisons valaisannes
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18 GESICHTER
“Wir nehmen sie (die Lawinen) wahr, bevor sie unsere Augen oder Ohren in der Unruhe der Berge zu erfassen vermögen. Wir hören sie in uns. Sie gehen durch uns hindurch. Unmöglich,dieses dumpfe Donnern anders als so zu erkennen. (…) Dann beruhigt es sich langsam. So, wie die Zuckungen des Schlafendenweniger werden, wenn er in langen Atemzügen in den Schlaf versinkt. Und plötzlich weitet ein Meerestosen den Graben aus.Tief aus dem Maul des Grabens: das raue, dumpfe Geräusch, es hält uns, es geht nicht mehr weg von uns, selbst wenn wir rennen.“ Maurice Chappaz, La Haute Route
Aletschgletscher
“(…) wenn die Wasserfälle dort oben überall an den Felsen wieFäden hängen, brechen die Gletscher, stürzen die Eismassen ein,und die Schneeplatte auf ihren Rändern wird immer kleiner, als ob eine Wäschebeschliesserin mit ihrer Schere hineinschneidenwürde.“C. F. Ramuz, Muzot, Rilke en Valais
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19GESICHTER
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in ständiger Bewegung
Ah! Die vermeintliche Unbeweglichkeit
der Berge ... Spalten und Risse verschieben und
verformen sich, Gletscher ziehen sich zurück,
unterirdische Wasser bahnen sich ihren Weg,
Lawinen schwellen an, Gesteinsbrocken kommen
ins Rutschen, rollen den Hang hinunter,
donnern zu Boden. Diese oft über lange Zeit
kaum sichtbaren Naturereignisse bergen
zweifellos eine gewisse Gefahr in sich. Kühn
sind sie und unberechenbar, diese geballten
Energien, die sich jederzeit mit gewaltiger
Wucht entladen und sich tragisch auf das
menschliche Dasein auswirken können.
Ob der unermüdliche Bewegungs- und
Tätigkeitsdrang der Walliser auf ebendiesen
Umstand zurückzuführen ist? Von jeher war
das Wallis ein Land von “Alpnomaden“;
ein Land, in dem die Menschen mit ihren
Viehherden im Lauf der Jahreszeiten den
Futter- und Weideplätzen nachgewandert sind.
Ab Ende des 19. Jahrhunderts zieht die
Bevölkerung im einstigen Durchgangsland Wallis
vermehrt von den Seitentälern weg,
um sich in der Talebene und in den urbanen
Zentren anzusiedeln.
Ja, im Wallis ist alles in Bewegung.
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20 GESICHTER
Im Eis und in den Gletschern, in der reinen Schönheit der Seen, in zarten Nebelschwaden, in gischtsprühenden Wasserfällen,
in pflanzenreichen Sumpfgebieten durchtränkt das Wasser die Landschaft und nährt ihre Vielfalt, ihre Vitalität, ihre Poesie.
In Überfülle ist das kostbare Nass vorhanden und doch defizitär; Leben spendend und doch bedrohlich, und darum ist die
Beziehung zwischen dem Wallis und dem Wasser geprägt von Glück und Bitterkeit, von epischen Empfindungen und
dramatischen Vorkommnissen. All dem zugrunde liegen jedoch ein bemerkenswertes Wissen über die Materie und eine intensive
Auseinandersetzung mit derselben.
Die Rhone – “die Königin des Tals“, die über Jahrhunderte frei geflossen ist – hat die Geschichte und den Charakter des Kantons
wesentlich geprägt und in der Bevölkerung lange Zeit so widersprüchliche Empfindungen wie Anziehung, Verklärung,
Gleichgültigkeit oder gar Abneigung ausgelöst. Heute, da sie von ihren herumvagabundierenden Launen und ihren verheerenden
Ausbrüchen weitgehend befreit ist (die dritte Rhonekorrektion erfolgt gerade *), ist sie zahm und fruchtbar geworden.
Von stupender Reinheit und Klarheit ist das Wasser, das im Wallis eine Art “Urquelle“ zu haben scheint; jeder Schluck erinnert
an die Frische eines Bergbachs, an das Plätschern einer Quelle, an den Atem der Erde, des Lebens.
herrl iche und verherrl ichte Wasser
Staudamm von Emosson Louvie oberhalb von FionnaySuone von ClavauDie Rhone im Pfynwald
* Die erste Rhonekorrektion hat von 1863 bis 1897, die zweite von 1898 bis 1928 stattgefunden. Ziel dieser Regulierungen war vornehmlich der Schutz vor Hochwasser und die Erhöhung derGeschiebetransportkapazität, um das Aufschütten des Flussbettes durchMaterialablagerungen zu verhindern. Dadiese Anpassungen jedoch nicht ausreichten,hat man sich zu einer dritten, auf neuen technischen Erkenntnissen gestütztenRhonekorrektion entschlossen.
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21GESICHTER
“Bergsee, dunkler Spiegel der Unendlichkeit,von Felsen und Auen umfangen.In dir hat der Himmel die Seele verloren,baden eisige Firne zackenklare Träume.“
Hannes Taugwalder, Schwarzsee, Gespräch mit dem Schweigen
“(…) der Rotten bringt die Höhe mit sich. Als Kind der Berge führt er ihr Klima, ihre reineLuft mit sich; er ist ein Sohn der Höhen, er behält ihre Wildheit und den Schwung, den er sich auf ihren Flanken geholt hat und der ehrlich gesagt nicht nachlässt, nie; er wirdihn während seines ganzen Laufs beibehalten.“ C. F. Ramuz, Muzot, Rilke en Valais
“Da war ein See, einsam im Gebirge,und ich habe darin gebadet (…)
Ich habe gesehen, wie die Sonneaus dieser Schale Nass getrunken hatund sturzbetrunkenhinter die Felsen gekippt ist.“ S. Corinna Bille, Le lac, La montagne déserte
Unterirdischer See von Saint-Léonard See zu Füssen der Dents du MidiGenfersee
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22 GESICHTER
“Auch wenn der Winter den Schnee im Talin Massen anhäuft, glüht dieses Land vonJuli an vor Hitze. Die bis zum Platzen mitWasser gefüllten Wolken sind zu schwer,um über die Pässe steigen zu können. So haben sie sich unnützerweise überden steinigen Höhen entladen, und
der bewohnte Teil des Gebirges hat davonnichts anderes als das Echo der weitentfernten Gewitter gehabt.“ Maurice Zermatten, Valais
“Diaphner Himmel von frischenMorgenröten, bleierner Himmel von glühenden Sommern, blauer Himmel von leuchtenden Herbsten; Himmel, vom Grat der Berge gestützt, der für die Wolken oft nicht zu überwinden ist, der aber, durch einige Öffnungen gegenSüden, den Föhn passieren lässt, diesenwarmen Wind, der vom Meer herkommt.“ Claude-Henri Carruzzo, Cépages du Valais
“Ich liebe dieses Wetter. Dieses grossartige Wetter im Wallis, vom Winde ausgefegt, der den Engeln keinen Platz lässt,und der bewirkt, dass wir auf diesen Wegen gehen wie betrunkene Männer. (…)Oh, dieses Hü und Hopp! der allzu blauenBerge!“ S. Corinna Bille, Foehn, La montagne déserte
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23GESICHTER
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KlimaweltenDas Wallis, das ist zuallererst ein Himmel, ein Himmel wie gewaschen, tadellos, neu, neu wie am ersten Tag der Welt. Ein warmes,
trockenes, ausserordentlich sonniges Klima – das sonnigste der Schweiz – zeigt sich von schier verschwenderischer Grosszügigkeit.
Unter seinem Gipfelmeer hört man die Nachtigall singen, sieht man Thymian, Lavendel, Aprikosen wachsen... Sorten, die norma-
lerweise unter mediterranen Himmeln gedeihen, finden hier, in diesem einmaligen Mikroklima, zu üppiger Vielfalt in Freiheit.
Aber auch der Kontrastreichtum des hiesigen Klimas ist bemerkenswert. Die Jahreszeiten und Temperaturunterschiede sind inten-
siv. Da das Wetter von einem Moment auf den anderen umschlagen kann, entfesseln sich die Elemente wie “unter dem launischen
Atem eines Riesen“ *, und die Perioden zwischen den Jahreszeiten erzeugen in diesem Land, das die Extreme liebt, Impressionen
von flüchtiger Melancholie.
Überdies wechselt das Klima innerhalb des Kantons von Gegend zu Gegend. Innert weniger Stunden gelangt man von den üppi-
gen Erdbeer- oder Spargelfeldern in der Talebene über die malerischen Weinregionen bis hinauf zu schneebedeckten Höhen. Die
Natur jedenfalls freuts: In welchem anderen Land existieren schon alle Jahreszeiten einträchtig nebeneinander, wo alle Wetter zur
gleichen Zeit am selben Ort? Was die einzelnen Gegenden klimatisch miteinander verbindet: jene fruchtbaren Winde – nament-
lich der warme, trockene Föhn –, die spielerisch die Dunstschleier aufzulösen vermögen, welche sich wie durch Zauberhand zu
spektakulären Nebelmeeren zusammenfügen können.
* Maurice Chappaz
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24 GESICHTER
Glänzendes Karminrot, Glitzern aus Gold, die Bläue der Himmel und der Wasser: Die Palette einer virtuosen Natur verfügt – passend zu jeder Jahreszeit –
über die wundersamsten Farben, deren Leuchtkraft die Walliser Sonne aufs Vorteilhafteste hervorzuheben versteht.
Und welche Farbe dominiert? Blau, ohne Frage. Das typische “Walliser Blau“, das für den wolkenlosen Himmel, die wasserklaren Bergseen, die hell strahlenden
Augen der Bergführer steht und immer auch etwas von der Präsenz des Schnees, des blendend weissen, in sich trägt. Weiss sind auch das ewige Eis, melkfri-
sche Kuhmilch, Schäfchenwolken – und doch nicht ganz weiss, weil von mineralischen Grautönen aufgemischt. Grau ist der Schiefer, grau sind die Felsen, die in
Verbindung mit Holz an Tiefe und Wärme gewinnen. Chalets und Schindeln sind ebenfalls aus Holz, genauso wie eine schlichte, sonnenverbrannte Bank,
und in Kombination mit Rot ist Holz eine Augenweide. Rot wie das Kantonswappen und die Fahne des FC Sion, rot wie der Klatschmohn oder manch
gehaltvoller Walliser Tropfen... Die Blumen der Berge aber, weisser als der Schnee, blauer als der Himmel, röter als jede Fahne, triumphieren in stummer Pracht.
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wandelbare Vi ta l i tät “Von unserer Mauer aus sehen wir das Gewirr der blauen Dächer, die den imMondschein schillernden Wellen des grossen Wassers gleichen, das vom Berg
heruntergekommen und plötzlich aufgefangen worden ist. Der Schiefer hier wirktleicht in den Farben des Nachthimmels, und so viel stumpfes Blau gibt der Stadt
ihre Identität. Abwechslungsreicher und fröhlicher als das Braun der Ziegel – dis-kret und vibrierend im südländischen Licht –, antwortet der Schiefer zärtlich auf
das Grau der Hügel, auf das weitverbreitete Grün der Bäume.“ Maurice Zermatten, Sion, capitale aristocratique et paysanne
“(… ) In diesem Teil des Dorfes haben die Häuser auf der Vorderseite zweifarbigeMauern, unten weiss, oben braun; im anderen überragt die niedrigere Rückwand
kaum den engen Durchgang zwischen ihnen und der nächsten Häuserreihe; siesind schwarz und weiss nach vorn hin, sind nach vorn hin reinlich geordnet,
getrennt wie in einem Garten die Bienenstöcke; hinten hinaus ganz schwarz undverschwommen in dem Schatten, den sie auf den morastigen Durchgang werfen.“
C. F. Ramuz, Derborence
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PortjenhornSitten
SittenGrand Six Blanc
WeinbergLieskamm-Grat
“Was gibt es im Wallis an Unvergänglichem? Aber ja: das Licht! Jenes schöne Licht im Februar auf allen Hängen; dieses glühende Rosagegen Abend oder dieses Weiss zwischen Seide und Flamme, das am Morgen über die Schneeflecken gleitet. Und dann ist es auch in den Menschen, es ist die einzige Zukunft, an die ich glaube, ja, es ist die Schönheit der Gegenwart (…)“ Maurice Chappaz, La Haine du passé
“Die optischen Täuschungen, die unterschiedlich beleuchtetenBergspitzen, das Halbdunkel von Sonne und Schatten und all dieLichtkollisionen, die sich daraus am Morgen und am Abend ergeben.“ Gabriel Lory, Voyage pittoresque de Genève à Milan par le Simplon, 1811
“Es ist doch eigentlich Herbst, aber was hat es mit dieser absolutenTreue der Sonne, dieser Klarheit des Lichtes auf sich? Hat sich der Sommer nicht über seine üblichen Grenzen hinaus verlängert,indem er bloss seine Spitzen abgeschwächt, sein Licht vergoldet hat?Die Weinernte ist zu Ende.“ Maurice Zermatten, Les Saisons valaisannes
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Seine Anmut ist überall. In den von der Sonne verwandelten Farben. In den theatralischen Schatten
der Bergmassive. Auf den Flächen der Talebene. In den schier mystisch wirkenden Nebelteppichen.
Im Glitzern, Glänzen und Gleissen von Eis und Schnee, bis es einen blendet. Im Zittern zarter
Blütenblätter. In der Form der Dinge. Im Herzen der Menschen.
Im Wallis erinnert das einzigartig intensive und klare Licht an den ungetrübten Blick eines Kindes.
Als Quelle des Wohlbefindens scheint es mehr zu enthüllen als zu erhellen: das ideale Licht
für Maler, Künstler, Philosophen. Wenn der Herbst kommt und mit ihm die ihm eigene subtile
Durchsichtigkeit, könnte man sich in einem japanischen Holzschnitt wähnen.
Da oben, hoch über den himmlischen Gipfeln, flammen die Sonnenuntergänge gegen das Zögern
des Horizontes auf, gegen die pfirsichfarbenen Weiten, gegen die sanften Schimmer. Ein solches
Licht lässt einen immer wieder von Neuem an die Existenz von Glück glauben.
Transzendenz des Lichtes Rhoneebene zwischen Agarn und Turtmann
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Bilder, die sich auf der Netzhaut einbrennen, und Empfindungen,
die unter die Haut gehen, halten die Erinnerung an ein Land lebendig.
Im Wallis geraten flüssige und feste, dynamische und statische Stoffe
aneinander, vertragen und ergänzen sich, fügen sich zusammen,
verschmelzen miteinander.
Der Fels, omnipräsent, ist gleichzeitig Gerüst, Skulptur und
Landschaftsmaterial. Der Untergrund – das geheime, unbemerkte
Reich und doch der Ursprung von allem – ist mit Granit, Erzen,
Serpentinen durchsetzt…
Der grosse Verbündete des Urgesteins ist das Wasser: Es ist überall.
Im jungfräulichen Schnee am Morgen, im plätschernden Bergbach,
im unterirdischen See, im ewigen Eis, in einer rasch vorüberziehenden
Wolke, in einer sprudelnden Quelle, in einer frischen Wasserlache...
Die Weinblätter an den Rebstöcken, die Bäume im “Frucht-
und Gemüsegarten der Schweiz“, ein Nadelteppich, das Gras
auf einer Wiese, die Blütenblätter einer Waldrebe bieten sich dar wie
paradiesische Gaben.
Zu diesen Urstoffen kommen Stein und Holz hinzu, in natürlicher oder
in verarbeiteter Form. Damals wie heute sind sie alltäglicher Bestandteil
von Chalets, Türmen, Mauern... Alltäglich und nicht minder typisch
für das Wallis sind auch jene Spezialitäten, die von der Grosszügigkeit
der Natur und von den Fertigkeiten der Menschen zeugen: Honig,
Trockenfleisch, Roggenbrot – Köstlichkeiten, die sich gegenseitig
aufs Geschmackvollste ergänzen.
Aus diesem unerschöpflichen Katalog sticht eine Materie besonders
hervor, noch erstaunlicher als alle anderen und unendlich kostbar:
die Luft, die reine, würzige Luft, die die Farben noch lebhafter, die
Linien noch klarer wirken lässt und Geist und Sinne der Menschen von
jeher zu entzücken versteht.
eine vibrierende Welt
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“Das Wallis ist nicht geistig, es ist mate-riell. Es ist schwer von seinen hundert
Viertausendern, von seinen TausendenPyramiden, eine an die andere gedrängt.
Gedräng an Gedränge, von Flüssen nur zernagt; behaart mit Bäumen,
mit Tannen- und Lärchennadeln, mit Kräutern, mit Moosen, mit Flechten
und bedeckt von Gletschern.“ Maurice Chappaz,
Portrait des Valaisans en légende et en vérité
“Mit ihren glitzernden Schneefeldern, die sich wie eine Decke aus Salz darbieten
und deren kristallene Oberfläche einem in die Finger schneidet…“
Gilberte Favre, Journal et feuille d’avis du Valais 2 nov. 1937,
Mémoire de Sion la vie quotidienne 1850-1950
“Ich sehe die gelbliche Erde wieder, fett,glitschig, auf der die Nackt- und dieWeinbergschnecken herumkriechen,
einen Silberstreifen hinter sich lassend; die grossen Beeren mit den grünen,
eng zusammengedrängten Kernen oderjene mit den weiter auseinanderliegenden
Kernen, auf der Seite zur Sonne braungefleckt und manchmal in einem Blatt
verfangen, das sie daran hinderte,zu uns zu gelangen, sobald der Stiel
abgeschnitten worden war.“ C. F. Ramuz, Vendanges
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“Die Suonen dufteten nach Margeritenund der Wald nach Lebkuchen.“ S. Corinna Bille, La besace, La montagne déserte
Safran aus MundHumagne RougeRaclette
“Es riecht stark und heiss, es riecht nach Erde, die unter der Sonnegedampft hat, nach trockenem Gras, nach Thymian, nach Minze(…) nach heissem Stein, nach Korn, das bald reifen wird, und nach dem Versprechen der Traube.“ C. F. Ramuz, Derborence
“Tausend Wohlgerüche entfalten sich in den Lichtungen, wo wir unsere kleinen Chalets hingebaut haben.“Maurice Zermatten, Les Saisons valaisannes
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mythische, betörende Gerüche Genauso kontrastreich wie die Jahreszeiten,
genauso lebhaft wie die Farben schweben tausend
Wohlgerüche im Gebirge, getragen vom Wind und
von der Aussicht auf glückliche Tage. Sie bilden eine
einzige betörende Duftwolke von ausserordentlicher
Reinheit und Authentizität. Alles, was in der Luft
mitschwingt und von ihr aufgefangen wird, wird
in diese einzigartige Komposition von unverfälschten
Düften integriert. Essenzen von Blumen,
von aromatischen Kräutern; von Harz, Pollen,
Wiesen, Gletschern; von Rebstöcken, von Wein
und von traditionellen Walliser Gerichten...
Es sind die Gerüche eines “Paradiesgartens“,
genauso mythisch und unvergänglich bis in alle Zeit.Region von Bleusy zwischen Haute-Nendaz und Siviez
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“Jede Musik berührte das reine Kristall der Himmelsbläue; wenn sie fiel, sprang sie wieder auf, traf die Berge stärker als die Felsen, verbreitete sich unermüdlich inder Ebene, die sie füllte bis zu den Rändern.(…) Vom Winter getragen, ist der Gesangeiner Amsel rund um die Welt gegangen.“ Maurice Zermatten, Les Saisons valaisannes
“Und in diesem Augenblick hörten sie um sich herum etwas wachsen, das unmenschlich war und auf die Dauernicht zu ertragen: die Stille. Die Stille desHochgebirges, die Stille dieser verlassenenZonen, wo der Mensch nur zeitweise auftaucht; da muss einer nur zufällig selbststill sein, so kann er lang hinhorchen, er hört nur, dass er nichts hört.“C. F. Ramuz, Derborence
Eringerkühe im Val d’Anniviers
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eine bewohnte Stil leEndlich Stille. Eine tiefe Stille, die einem den Atem nimmt.
Eine so grosse Stille, dass man das Schlagen des eigenen Herzens hört
– genauso wie den Wassertropfen, der zu Boden fällt. Und den Föhn
in den Ästen. Das Stakkato der Felsen. Das Knacken des Holzes.
Das Läuten der Kirchenglocken. Das Geräusch von rutschenden
Steinen am Ende des Weges. Das Bimmeln der Herden. Das Tosen
des Wasserfalls. Ah, die viel besungene “Stille“ der Berge!
Aber da entfaltet sie sich auch schon wieder neu, wickelt einen ein,
sorgsam auf ihre Vollkommenheit bedacht.
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WORTE EINER WALLISERIN
Thérèse Andenmatten Renaud Hüttenwartin
Das Leben oben, das Leben unten
Seit zweiunddreissig Jahren bin ich
Hüttenwartin – zuerst gemeinsam mit
Ambros, dann allein (auch wenn Mark und
Yannick übers Wochenende und in den Ferien
jeweils hochkommen). Ich weiss, was
Einsamkeit ist: Mahlzeiten, die man zuweilen
ohne rechten Appetit verzehrt, der sehnliche
Wunsch nach Gesellschaft und Erinnerungen,
die einen oft hinterrücks überfallen.
Auf 3030 Metern Höhe sind die Reue
und die Träume grösser als anderswo.
Aber ich weiss auch, wie wunderbar es ist,
morgens in all der Pracht zu erwachen, die
mich umgibt. Die feierlichen Gletscher, die
hochmütigen Tannen, die Steinböcke, die ich
praktisch durchgefüttert habe und die regel-
mässig herkommen, um die Reste zu fressen.
Das Gefühl von frischer Luft auf meiner Haut.
Die Natur hier oben ist die Verlängerung
meiner selbst. Mein Tagesablauf, meine
Laune, meine Ernährung, meine körperliche
Kondition, alles hängt von der Natur ab.
Und dennoch: Welche Farbe der Himmel
auch haben mag, welches Schicksal auch
immer mir beschieden sein wird, ich weiss,
dass mein Platz hier oben ist.
Meine Hütte, die “Britannia“, hat fünfzehn
Zimmer. Wenn ein Sturm tobt und kein
Mensch hier ist, höre ich sie knacken, meine
Hütte. Ich bin mir sicher, dass sie leidet und
dass sie genauso widersteht wie ich.
Ich vertreibe mir die Zeit, indem ich
Kriminalromane lese oder mich um die
Wartung kümmere; dennoch sind die Tage
manchmal lang. Aber das können sie auch
sein, wenn die Gäste aus aller Welt da sind:
Deutsch-, Französisch-, Englisch- und
Italienischkenntnisse sind unabdingbar,
um sich überhaupt verständigen zu können.
Eine Hütte ist der ideale Ort, um Menschen
kennen zu lernen. Die meisten sind sympathisch
und glücklich, hier zu sein. Man erzählt sich
gegenseitig Geschichten, wird mit anderen
Ansichten konfrontiert, und Freundschaften
werden geschlossen. Aber es gibt auch
Nörgler, Menschen, die niemals zufrieden
sind: Mal ist nicht genug Gemüse auf dem
Teller, mal sind die Preise zu hoch… Und dann
sind da die Unbekümmerten, die, ohne vorher
reserviert zu haben, einfach hereinschneien
oder die ohne Vorankündigung gar nicht erst
erscheinen, weil sie sich kurzfristig `
für eine andere Route entschieden haben.
Das Empfinden von Achtung und Respekt ist
aber gerade in dieser manchmal grausamen
Umgebung grundlegend. Die Gletscher haben
ihre “Tabuzonen“, die sie den Menschen
vorenthalten. Zu jeder Jahreszeit gibt es
tödliche Unfälle. Manchmal muss ich
die Sachen der Verunfallten aus dem
Schlafbereich holen, um sie den Rettern
zu übergeben.
Camille Bournissen, der 1968 als Erster die
Nordwand der Dent Blanche bestiegen hat,
hat einmal zu mir gesagt, dass es für den
Menschen schwer sein müsse, in einer Gegend
zu leben, in der keine Bäume wachsen.
Ich glaube das nicht. Es genügt, wenn man
um sich zu schauen und jede Jahreszeit
zu geniessen weiss. Man muss lieben können.
Und manchmal auch – ein wenig – an jene
denken, die “unten“ geblieben sind...
Thérèse errichtet hiergerade einen Cairn, einen kleinenSteinhügel, der im Gebirge als Wegweiser dient.
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Um 30 000 v. Chr. Die ersten menschlichen Spurenin der Region von Tanay.
Um 25 000 v. Chr. Höhepunkt der letzten Eiszeit.Der Rhonegletscher erreichtLyon.
Um 5000 v. Chr. Erste Hirten-Bauern im Wallis(Anfang des Neolithikums).
Um 2200 v. Chr.Erste Metallverarbeitung im Wallis (Anfang des Bronzezeitalters).
Um 16/15 v. Chr. Das Wallis wird ins RömischeReich eingebunden. Die römischeStadt Martigny (Octodurum, dann Forum Claudii Vallensium)wird einige Jahrzehnte spätergegründet (44 n. Chr.).
515Gründung der Abtei Saint-Maurice, in der Nähe des mut-masslichen Austragungsortes desMartyriums der thebäischenLegion (zwischen 286 und 305).
Ende des 6. Jahrhunderts Verlegung des Bischofssitzes vonMartigny nach Sitten.
999 Rudolf III, der letzte König von Neuburgund, schenkt dem Bischof Hugo von Sitten die Grafschaft Wallis.
Mitte des 11.Jahrhunderts Gründung des Hospizes auf dem Grossen Sankt Bernhard.
11.–15. Jahrhundert Aneignung des Walliser Ostteilsdurch das Haus von Savoyen(1352 Eroberung des Sitzes von Sitten durch savoyischeTruppen).
1349Die Pest erreicht das Wallis und stoppt die demografischeEntwicklung der vorangegangenenJahrhunderte. Überdies wirkt sie sich negativ auf die lokaleWirtschaft aus, um die es schonseit Anfang des 14.Jahrhunderts schlecht bestelltist.
1415–1420 Die Kriege von Raron. Die Gemeinden des Oberwalliskämpfen gegen den Fürstbischofvon Sitten.
1475 und 1536 Allmähliche Ausbreitung desbischöflichen Reichs bis zumGenfersee, was dem Herzogtumvon Savoyen zum Schadengereicht.
1510–1522 Konflikt zwischen MatthäusSchiner und Georges Supersaxo.Schlacht von Marignano, in der sich Schiner auszeichnet.
1569Vertrag von Thonon, der die definitive Grenze zwischen demHerzogtum von Savoyen und derGrafschaft Wallis bei der Morgevon St-Gingolph festlegt.
1603Der Landrat beschliesst, dass derKatholizismus im Wallis zur“Staatsreligion“ erklärt wird. Vonda an verzeichnet die Bewegungder Reformation einen starkenRückgang.
1634Der Bischof von Sitten – nament-lich in der Person von HildebrandJost – verzichtet endgültig auf die weltliche Macht.
Zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts
Wirtschaftlicher Aufschwung des Simplongebiets unter Kaspar Jodok von Stockalper(1609–1691).
1798 Walliser RevolutionDas Unterwallis erringtRechtsgleichheit.
1815Das Wallis wird ein SchweizerKanton.
1839Das Hotel Mont Cervin in Zermatt wird eröffnet.
1845–1848Das Wallis ergreift Partei für denSonderbund, die separate Allianzder katholischen gegen die pro-testantischen Kantone. SchweizerBürgerkrieg und Niederlage desSonderbunds.
1850–1900Viele Walliser wandern nachÜbersee aus. Entwicklung desAlpentourismus. ErsteRhonekorrektion.
1856–1878Bau der italienischenEisenbahnlinie von Bouveret nachBrig.
1890–1913Industrielle Entwicklung, vorange-trieben durch die Nutzung derWasserkraft sowie durch den Baudes Simplontunnels (1906) unddes Lötschbergtunnels (1913).
1900–1914Künstlerisches und literarischesSchaffen rund um das Thema“Vieux Pays“: Die Berge und dieBevölkerung des Kantons Walliswerden zum Sinnbild einer idealenSchweiz hochstilisiert. IntensiveFörderung der touristischenEntwicklung und Bau derBergeisenbahnen.
1900–1GrundsätTrockenleund ModLandwirtsdie ProduZunehmeMilch, W
1945–1Grosse BErrichtunim Hochkantonasowie deinternatiüber die
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1900–1950Grundsätzliche Verbesserungen,Trockenlegungen, Rodungenund Modernisierungen imLandwirtschaftssektor erhöhendie Produktivität des Kantons.Zunehmende Vermarktung vonMilch, Wein, Obst und Gemüse.
1945–1975Grosse Baustellen zurErrichtung von Staudämmenim Hochgebirge. Ausbau deskantonalen Strassennetzessowie der nationalen undinternationalen Verbindungenüber die Alpenpässe.
Ab 1970 Der Wintersport gewinntzunehmend an Popularität,vor allem Ski alpin.Bedeutende Verstädterungim Wallis und Intensivierungder Arbeitsbeschäftigungsowohl in der Rhoneebeneals auch im touristischenBerggebiet.
2007Eröffnung der NeuenEisenbahn-Alpentransversalen(NEAT) durch den Lötschberg,die das Wallis dem Rest derSchweiz näher bringt.
ERBEEin stolzes Erbe
DES WALLIS
Tourbillon und Valeria,Wahrzeichen von Sitten
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glühend und einigend
Die Turbulenzen der Geschichte hätten das Wallis aufgrund seiner
geografischen Lage weitgehend verschonen können, und dennoch
haben sie gerade diesen Landstrich heimgesucht. Das Wallis – zuerst
im Schoss des Burgundischen Königreichs, dann unter der Herrschaft
des Hauses von Savoyen, von dem es sich schliesslich loslösen
kann – konsolidiert seinen Status als Alliierter der Helvetischen
Eidgenossenschaft und wird dann zum Kanton der “Helvetischen
Republik“, die 1798 gegründet worden ist. Kurz darauf – im Jahr 1802
genau – wird das Wallis von Bonaparte zur unabhängigen Republik
erklärt und 1810 unter der Bezeichnung “Département du Simplon“
dem französischen Reich einverleibt, bevor es 1815 als zwanzigster
Kanton der Schweizerischen Eidgenossenschaft beitritt. Diese rasche
Folge von verschiedenen “Nationalitäten“ hat den Kampfgeist und den
Unabhängigkeitsdrang des Kantons noch gefördert. Mehr noch aber
hat sie die Bindung zum Lokalen gefestigt, die das nationale
Zugehörigkeitsgefühl zweifellos überwiegt.
Die Eindämmung der Rhone, die 1863 in einer ersten Phase nach
verheerenden Überschwemmungen erfolgt, verstärkt die kämpfe-
rische Haltung und den unbeugsamen Willen der Walliser noch.
Die Geschichte nimmt Einfluss auf eine Gesellschaft und ihre
Strukturen. Die Fürstbischofe zeugen von der Verstrickung von
Politik und Religion im Wallis. Walter Supersaxo ist der erste
Bischof, der um 1480 Münzen prägt: ein deutliches Zeichen von
Macht, das sich gegen Savoyen richtet. Auch die Burgergemeinden
haben im Wallis von jeher eine bedeutende Rolle gespielt. Das
“Konstitutionelle“ hat im Lauf der Zeit die Aktivitäten der
Einwohnergemeinden ergänzt und kommt in zahlreichen
Bereichen zur Anwendung.
Aus seiner sowohl stürmischen als auch von Stolz und Eigensinn
geprägten Geschichte hat das Wallis einen reichen Schatz an
Traditionen und Erinnerungen davongetragen – so, wie sich das für
ein “richtiges Land“ nun mal gehört.
“Wie einer, der von der Mutter spricht, ihr ähnlicher wird, wenn er redet,
hat dieses glühende Land seinen Durst gestillt mit dem unendlichen
Wiedererinnern.“Rilke, Die Walliser Gedichte
“Von jeher hat man sich verteidigen müssen.Tal, Durchgangsland, Korridore, Pässe; all die
Abenteurer, all die Unzufriedenen, all diejenigen, die sich nach der Sonne sehnten,
versuchten, diese Grenzen zu überwinden undhaben sich in den Aufmärschen gegen dieses
Land engagiert. Hastig hat man sich aufPlatz versammeln müssen, die Waffen
ergreifen, in den Hinterhalt laufen müssen…“Maurice Zermatten, Valais
“Auf den Schlachtfeldern Europas machten dierobusten Hirten eine gute Figur. Im Dienst von
Frankreich, Spanien, Holland oder auch imDienst des Empires hielten sie ihre Liebe für das
gelebte Heldenepos hoch, diese in Blut geschriebene Dichtung. (…) Aber die Frau war da,
arbeitsam, aufmerksam darauf bedacht, dasFeuer im bescheidenen Heim nicht ausgehen
zu lassen. Während der Mann das Land mit Geschichte, mit Trophäen und manchmal
auch mit Titeln bereicherte, war sie schlicht die Beständigkeit in Person,
verkörperte Unsterblichkeit.“ Maurice Zermatten, Valais
Silbertaler, 1501 von BischofMatthäus Schiner nach dem
Bildnis von St. Theodul als Graf-Bischof vom Wallis geprägt
“La Matze”, von Raphael Ritz,1892. Die Volksaufstände
des 16. Jahrhunderts und Anfang des 17. Jahrhunderts
Die Eindämmung der Rhonevon Raphael Ritz, 1888
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Die erste Walliser Karte, 1545 in der berühmten Kosmographie des Basler Humanisten Sebastian Münster publiziert.
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“Winter wie früher, als es zwischen der Talebene und den Bergennur einen ganz kleinen Weg gab… Damals lebten sie ausserhalb der Welt, in einer Welt, die ihnen allein gehörte, und die winzigstenEreignisse nahmen ungeheure Dimensionen an.“ Maurice Zermatten, Les Saisons valaisannes
“Zwischen Bern und Mailandein Schlosstrennend vor TunnelsDu hast Italienam Fingerund Bern ein wenigganz an der Handaber das Wallis (…) “Raymund Wirthner, Brig, Also kommt der Abend doch
Rechnungsbuch von Kaspar Stockalper
Galerie von Agalby auf der Simplonstrasse, 1805 eröffnet (Auszug aus Gabriel Lorys Voyage pittoresque de Genève à Milan par le Simplon, Paris 1811)
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Eine kleine Welt, von Bergen umgeben. Aber auch eine kleine offene Welt. Sie hat einen Pass, den Grossen Sankt Bernhard, der
trotz seiner Höhe seit alters begangen wird; sie hat einen Fluss, die Rhone, die sie von einem Ende zum anderen durchquert, und sie
verfügt über eine Achse, die sich schon die Römer zwischen Italien und Nordgallien zunutze machten. Von den Ländern des
Nordens bis zu den Mittelmeerländern eröffnen sich so bedeutende Handelsstrassen. Eines Tages gibt es einen zweiten Pass, dann
einen dritten, und irgendwann einmal bohren sich kilometerlange Tunnels durch diese dicken Erd- und Gesteinsmassen hindurch.
Ob das Wallis wohl irgendwie “mit dem Verkehr beauftragt“ worden ist, wie sich das schon C. F. Ramuz gefragt hat?
Im Gegensatz zum gängigen Klischee ist das Wallis also weit davon entfernt, abgeschlossen von der grossen weiten Welt zu sein,
und neue Ideen, Moden, kollektive Hoffnungen, grosse und kleine Geistesströme setzen sich hier ebenso schnell durch wie
anderswo in Europa auch. Kühne, weitsichtige Persönlichkeiten wie Matthäus Schiner und Georges Supersaxo – um nur zwei zu
nennen – haben schon zu ihrer Zeit ein Beziehungsnetz über den ganzen Kontinent gespannt. Kaspar Jodok von Stockalper errich-
tet im 17. Jahrhundert ein Wirtschaftsimperium, indem er sich den Simplonpass zunutze macht. Auf militärischer Ebene gründet er
ein Heer von Söldnern, deren Dienste er fremden Fürsten oder Königreichen anbietet.
Die Walliser haben nie in vollständiger Autarkie gelebt. Ihre Händler und Kaufleute sind in so bedeutenden Städten wie Rotterdam,
Lyon, Mailand, Genua oder Venedig aktiv, während die Offiziere im Dienst europäischer Höfe bei ihrer Rückkehr von den
Fortschritten in Kultur und Wissenschaft berichten. Ausländische Künstler und Architekten ihrerseits gelangen ins Wallis, um hier ihr
Talent unter Beweis zu stellen.
Es gibt eben keine wahrhaften Grenzen, ausser im Bereich des Intimen. Alle anderen sind dazu da, überschritten zu werden…
eine offene WeltBonaparte, Konsul,beim Überquerendes Grossen SanktBernhard-Passesvon Jacques Louis David
Kaspar Stockalpervon Georg ChristophMannhaft
Episode aus denPunischen Kriegen(Hannibal gegen die römische Armee); italienische Schule
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Während die Rhoneebene noch nicht ganz trockengelegt und die Industrialisierung erst in ihren
Anfängen ist, erschüttern schwere politisch-religiöse Unruhen das Land. Das 19. Jahrhundert ist ein
schwieriges Jahrhundert, und viele Walliser suchen ihr Heil im Neuanfang in einer ganz anderen Welt, in
einem ganz anderen Leben, selbst wenn sie dafür in der Heimat alles aufgeben müssen. Sie wandern
nach Argentinien, nach Amerika und insbesondere nach Kanada aus... Das Phänomen der Emigration
verstärkt sich mit dem Ausbau der Eisenbahnlinien und des Strassennetzes, weil dadurch das Reisen
erheblich erleichtert wird; auch die Schweizer Städte werden für viele Walliser zur Wahlheimat. Später
macht sich ein wahres Heer von Missionaren nach Indien, Tibet, Ecuador, Algerien, Tunesien oder
Burundi auf, um dort den katholischen Glauben zu verbreiten.
Nicht, dass dieser Hang zum Ausreisen neu wäre. Schon seit dem 15. Jahrhundert haben sich die Walliser
auf militärischer Ebene in den Dienst ausländischer Staaten wie Spanien, aber auch die Niederlande,
Piemont, Savoyen, England und natürlich Frankreich gestellt. Mit der Machtergreifung von Napoleon
vergrössert sich ihre Anzahl noch.
kostbare Begegnungen“Eine tiefe Seele kommt bei den weit verstreutenDorfgemeinschaften zum Ausdruck, verbundendurch den bitteren Absinth, die Wurzeln der Enziane, die Kristalle, den Vorstoss der Gletscher, die Einsiedeleien, die am Berg kleben wie Waben.“ Maurice Chappaz, Testament du Haut-Rhône
“Dass das Land trocken ist, weiss man seitJahrhunderten. Dass es arm ist, hat man an dem Tag erkannt, an dem man die Augenaufgeschlagen hat. Was also hat sich verändert?Diejenigen, die fortgehen, sind Feiglinge! … Und im Übrigen hat man doch auch nochWaffen, um sich zu wehren.“ Maurice Zermatten, Les Saisons valaisannes
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Wenn das Wallis lange Zeit ein Auswanderungsland war, so ist es – wie andere
Regionen in der Schweiz auch – allmählich zu einem Einwanderungsland
geworden. Zuerst für die Italiener (infolge des Eisenbahnbaus Ende des 19.
Jahrhunderts), dann für die Spanier und vor allem für die Portugiesen,
schliesslich für die Einwanderer aus den Balkanstaaten. Und wieder wird das
Klischee vom Abgeschottetsein über den Haufen geworfen: Das Wallis erweist
sich als ein Land, in dem das Neben- und Miteinander von Angehörigen ver-
schiedener Völker möglich ist. Zudem ist eine grenzüberschreitende
Solidarität der Bergbewohner zu beobachten, die noch stärker als die inter-
kantonalen Beziehungen zu sein scheint.
Man kommt hierher fürs Leben, oder auch nur auf Besuch. Rousseau, der
grosse Naturfreund mit einer Begabung für die Wiedergabe von Subtilem, ist
der Erste, der die Schönheit und den Charme des patriarchalischen Lebensstils
der Walliser einzufangen weiss. Der Tourismus entwickelt sich im Wallis seit
den 1860er-Jahren. Gegen Ende jenes Jahrhunderts beginnen die intellek-
tuellen Eliten der Schweiz auf ihrer schwierigen Suche nach einer klar definier-
ten Identität ein eher vergangenheitsverklärtes Bild des Wallis zu schaffen. Sie
richten ihren Blick auf den Bergbauern, den “Homo alpinus“, der bald zum
Symbol der authentischen Schweiz wird. Das Bergdorf wird zum Urbild einer
autarken, eingeschworenen Bauerngemeinschaft, die zwar arm, dafür aber
stark und intakt ist und in vollständigem Einklang mit der Natur lebt.
So entsteht das Konzept des “Vieux Pays“, des “Alten Landes“. So zweifelhaft
und komplex dieser Begriff auch ist, so setzt er sich doch in der Bevölkerung
durch und wird schliesslich fester Bestandteil ihres Selbstverständnisses.
Entstanden als blosse Projektion der intellektuellen Eliten vor 1914, gelingt es
diesem einzigartigen Konzept, sich im Lauf der Zeit in den Köpfen von Jung
und Alt festzusetzen – so sehr, dass es heute noch zahlreiche starke Bilder und
Klischees nährt, die immer noch mit dem Kanton verbunden werden.
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Stockalperschloss von Brig
Römische Ruinen in MartignyTurm von Saillon
Festungsmauer des Schlosses von Tourbillon
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Es ist eine Geschichte voller Feuer, Blut und Eisen, die gleich-
zeitig auch von grossen Inspirationen und brillanten Einfällen
durchsetzt ist: Das architektonische Erbe prägt die schöne
Walliser Landschaft mit seiner reichen Vielfalt. Wenn auch
zuweilen die Steine der Schlösser für die Mauern der
Weinberge weiterverwendet und trutzige Türme verlassen,
malerische Alphütten im Lauf der Zeit vergessen worden
sind, widerspiegeln all diese Gebäude die lange, bewegte
Geschichte eines Alpenvolkes – und zeugen von den diver-
sen internationalen Einflüssen auf ihre Bauweise.
Die Basilika von Valeria, die in ihren Mauern die älteste noch
spielbare Orgel der Welt aus dem Jahr 1435 birgt, und
Tourbillon, eines der vielen stolzen, von den Bischöfen
erbauten Schlösser, thronen auf zwei benachbarten Hügeln
hoch über der Stadt Sitten und geben sich schon von Weitem
als markantes Wahrzeichen zu erkennen.
Unzählige Kirchen und kleine, pittoreske Kapellen – übers
ganze Land verstreut –sind erst in gotischer, dann in barocker
Architektur erbaut worden. Ein prachtvolles Exempel von
weltlicher Architektur ist das Stockalperschloss in Brig, das
mit seinen drei Zwiebeltürmen – benannt nach den drei
Königen, aber auch nach den Symbolen Sonne, Mond und
Sterne – das Andenken an den grossen Walliser Kaufmann
wahrt.
Der Anblick dieser edlen oder sinnträchtigen Gebäude mit
den damit verbundenen Geschichten und Erinnerungen ver-
mag die Walliser immer wieder aufs Neue zu bezaubern.
die Gegenwart der Vergangenheit
Orgel in der Basilika Valeria in Sitten, 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts
“Die Orgel von ValèreDie älteste Orgel der WeltTönt dröhntWie ein Wildbach unten im FjordHonig, ihre Wucht!“ Maurice Chappaz, Vocation des fleuves
“Auf den Säulen drehten sichdie goldenen Körper der Heiligen.Die Altäre waren Wälder.Was für Zweige, was für Blütenblätter! In ihrem Akanthusnestruhten sich die Engelchen aus.Die Zwiebeln der Glockentürmepflanzten sich im Himmel auf.Zwiebeln, kleine Kupferzwiebeln!“ S. Corinna Bille, Fête-Dieu dans le Haut-Rhône, La montagne déserte
“Stolze Verlassenheit dieser Türmesich dennoch erinnern- seit wann und für immer – an ihr Leben in Stürmen.“ Rilke, Les Quatrains valaisans
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dynamische Grössen
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Ernest Guglielminetti Ernest Bieler Corinna Bille
Joseph Samuel Farinet Thomas Platter Charles-Ferdinand Ramuz Rainer Maria Rilke Hermann Geiger Léonard Gianadda
Saint-Bernard de Menthon Saint-Maurice Kaspar Jodok von Stockalper Hannes Taugwalder Maurice Troillet Edouard Vallet
Edmond Bille Roger Bonvin Maurice Chappaz
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“Raron, der Adler aufrecht auf dem Felsen, und das Grab des Dichters hat seinen ungestümenBlick nicht milder gemacht. Sitten war schon immer die Hauptstadt dieser unbezähmbarenRasse, aber von hier oben sind sie heruntergekommen. Von hier, die Schiner, die Supersaxo, die Stockalper, die Riedmatten, die Kalbermatten… All diese Bischöfe, die Vertreter der Bischöfe,die Abenteurer… Auch sie, die wie der Fluss von den Bergen kamen, wurden von der Sanftheit der Landschaften weiter unten angezogen.“ Maurice Zermatten, Valais
Mit ihnen beginnen neue Zeiten, werden “grosse Dinge“
vollbracht, und etwas von ihrem Ruhm bleibt immer auch
an ihrem Heimatkanton haften. Oder sie verewigen sich
und die viel beschworene Walliser Seele in Gedichten,
die inzwischen weit über die Kantonsgrenzen hinaus
berühmt geworden sind.
Im 16. und 17. Jahrhundert haben der Kardinal Matthäus
Schiner und der Kaufmann und Bankier Kaspar Jodok
von Stockalper das Wallis nachhaltig geprägt. Im Bereich
Tourismus erweisen sich der aus dem Goms stammende
Cäsar Ritz und die Familie Seiler aus Zermatt am Anfang des
20. Jahrhunderts als Hotelpioniere von Weltformat. Später
sind Ausnahmesportler wie die Skifahrer Roland Collombin
und Pirmin Zurbriggen der ganze Stolz der Walliser.
Weltberühmte Künstler und Intellektuelle finden unter
diesen blanken Himmeln und in der strahlenden,
der Schaffenskraft ausserordentlich zuträglichen Stille ihre
Inspiration. Jean-Jacques Rousseau, Carl Zuckmayer,
Rainer Maria Rilke... Letzterer wünscht gar auf dem kleinen
Friedhof hoch über Raron begraben zu werden, “einer
der ersten Orte, an dem ich den Wind und das Licht dieses
Landes empfangen habe“.
Schliesslich besingen grosse einheimische Literaten wie
Maurice Zermatten, Maurice Chappaz oder Corinna Bille
das Land, schreiben, jeder auf seine Art, mit Leidenschaft
und Engagement über ihre Liebe zur Natur und darüber,
wie wichtig die Rückkehr zu den Quellen allen Seins
geworden ist. Sie bilden den Reigen der Persönlichkeiten,
die das Wallis massgeblich geprägt haben und umgekehrt
von ihm geprägt worden sind.
Cäsar Ritz Raphaël Ritz Matthäus Schiner
Tibor Varga Maurice Zermatten Karl Zuckmayer
Albert Chavaz Jean Daetwyler François-Isaac de Rivaz
Saint-Théodule
Pirmin Zurbriggen
Joseph Escher
“Supersaxo steigt in Grossaufnahme auf, mitseinem Bartgeviert, die Ellbogen auf goldeneTeller gestützt, seine Spucke in Näpfe zielend,darauf der Kopf seines Gegners prangte.“ Maurice Chappaz, Portrait des Valaisans en légendeet en vérité
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ERBEWORTE EINES WALLISERS
Emmanuel Reynard Geograf
Die Landschaft, das Erbe der Walliser
In meiner Tätigkeit als Geograf hatte ich dasGlück, das ausgeklügelte, weit vernetzteSuonensystem studieren zu können, diese aufBergflanken angelegten Bewässerungskanäle,welche die Bergbauern des Mittelalters errichtethaben, um die Produktivität ihres Anbaulands zuerhöhen. Diese Suonen haben sich im Lauf derZeit weiterentwickelt, sind manchmal durchTunnels ersetzt worden, um schliesslich eine neue,eher touristische Funktion anzunehmen; nichts-destotrotz sind und bleiben sie Teil der WalliserLandschaft.
Die Walliser Landschaft … Was versteht maneigentlich darunter? Und: Gibt es dieseLandschaft überhaupt noch?
Die Maler und Schriftsteller Ende des 19.Jahrhunderts haben sie unzählige Male darges-tellt: bäuerlich, in der Art eines bestellten, vomMenschen beseelten Gartens; eine Landschaft,die in ihren schönsten Farben leuchtet und in derdoch immer auch die Schwere der Landarbeitund die Härte des Kampfs gegen dieNaturelemente zum Ausdruck kommen. EineUmgebung, die in gewisser Weise auch auf denCharakter der Walliser abgefärbt haben soll;Menschen, die – dem Bild ihres Lebensrahmensentsprechend – gern als rau und leidenschaftlichbezeichnet werden und denen eine unabhängigeGeisteshaltung nachgesagt wird.
Ist diese Landschaft also nichts weiter als einBild, das von Künstlern und Autoren einer längstvergangenen Epoche auf der Suche nach einem“ausgesparten“ Landstrich erschaffen worden istzu einer Zeit, als sich grosse Teile Europas unterdem Diktat der industriellen Revolution unaufhaltsam veränderten? Und ist im Übrigennicht auch damals der Begriff des “Vieux Pays“ – des “Alten Landes“ – geprägt worden, der dem Wallis noch hundert Jahre später anhaften sollte?
Die Walliser Landschaft hat sich genauso verändertwie andere Regionen auch. Das “Vieux Pays“ existiert nicht mehr. Die Rhone und ihre Zuflüssesind korrigiert, die Ebene ist trockengelegt worden,damit – um mit den Worten des Geografen JeanLoup zu sprechen – dieser enorme Polder mit sei-nen geometrischen Formen entstehen konnte, die sich aus den Grenzen der Parzellen ergeben. Auf den Anhöhen längs der Rhone habenGetreidefelder und Obstgärten den WeinbergenPlatz gemacht, deren Gesamtfläche sich innerhalbeines Jahrhunderts mehr als verdoppelt hat. Man stelle sich die Sonnenhänge ohne diesen“Teppich“ voller Weinberge vor, die bis zu 800Meter über Meer reichen: eine vollkommen andereLandschaft! Auch die Berge haben sich verändert.Die Fläche der Gletscher hat sich um die Hälfteverringert, und die Bergbahnen haben die höchstenGipfel kolonisiert. Ferienorte sind aus dem Bodengestampft, Staudämme in zahlreichen Seitentälernerbaut worden ...
Warten wir erstmal die Windräder ab, die inBälde auf dem einen oder anderen Höhenpassinstalliert werden sollen.
Wie jedes Erbe muss auch unsere Landschaft “verwaltet“ werden, damit sie ihren Charakterbewahren kann, und so ist sie oft das Abbild von derInexistenz politischer Visionen. Was für eine kom-plexe Aufgabe aber auch, wo sich doch die aktuellenVeränderungen im Vergleich zu den grossen,schmückenden Bauwerken der vorangegangenenJahrhunderte – den Pass- und Handelswegen überdie Alpen, dem Terrassenanbau, dem Suonennetz,den grossen Staudämmen, den Berghotels, usw. – vor allem auf banale kommerzielle Zonen beschränken, die sich um jede Autobahnausfahrt im Rhonetal schnöd herumgruppieren!
Auch wenn sich die Walliser Landschaft im Lauf des letzten Jahrhunderts beträchtlich veränderthat, bleibt sie doch eine der wichtigstenVisitenkarten des Kantons; sie ist eines seiner touristischen Highlights, ein herrliches Erbe im besten Sinne dessen, was von Generation zu Generation weitergegeben werden kann. Einemriesigen Palimpsest gleich – im ständigen Wandelbegriffen – nimmt die Landschaft nach und nachdie Veränderungen an, um ein unaufhörlich sicherneuerndes Bild von sich selbst zu schaffen, ein Bild, das sich kontinuierlich weiterentwickelnwird, indem es gleichzeitig gewisse Züge aus derVergangenheit bewahrt.
Was für ein Bild wird das Wallis in hundert Jahrenbieten? Die Antwort hängt allein von uns ab …
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DES WALLISWERTE
“Glühendes Land“*
* Rilke, Obstgärten
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Es hat seinen Ursprung in diesem eigentümlichen Licht, oder vielleicht wurzelt es auch im Anblick der riesigen
Tannen, der prachtvollen Gipfel, der hölzernen Wegkreuze oder in einer anderen faszinierenden Eigenart –
dieses unvergleichliche, mit Stolz gemischte Glücksgefühl, ein Walliser zu sein. Es ist, als würde ein unsichtbares
Band den Walliser mit “Leib und Seele“ an seine wunderschöne Heimat binden, die sowohl real existierendes
Land als auch Traumland ist. Nur, dass das Wallis im eigentlichen Sinne ja gar kein Land ist – aber wie heisst
es doch so schön? “Zuerst ist man Walliser und erst dann Schweizer“…
Es handelt sich ja auch um eine besondere Welt, die sich da im Schutz ihrer majestätischen Gipfel im Süden
der Eidgenossenschaft ausbreitet. Eine heitere, vollendete Welt, die trotz ihrer Lage im Herzen der Alpen
immer wieder an eine Insel denken lässt. “Die Walliser Insel“... Trotz der Grenze seiner Zweisprachigkeit
und der Konstellation seiner Gemeinden – jede für sich eine in sich abgeschlossene Welt, ein kleines,
überschaubares Stück Heimat – bildet das Wallis ein harmonisches Ganzes, das so gar nicht den Klischees
entsprechen will, die ihm zuweilen untergeschoben werden. Im Unglück oder fern von zu Hause und über
die üblichen Kirchturmquerellen und die Sprachgrenze hinaus sind sich die Ober- und die Unterwalliser einig.
Im Übrigen scheinen “Brüderlichkeit“ und “Solidarität“ für die Walliser zu ihrer zweiten Natur zu gehören.
Die Familie, die Sippschaft, das Dorf und allein schon der Name haben hier ihre ungebrochene Bedeutung:
“Und wo genau, sagst du, hast du deine Reben?“…
“Walliser parexcellence”…
“Hier wird das Leben gesungen, das kürzlich bestand,doch nicht in dem Sinne, ein Morgen zu kränken. (…)
Die Erde ist es, die mit ihrem Bild zufrieden scheintund die sich wie am ersten Tag gefällt.“ Rilke, Die Walliser Gedichte
“(…) der Walliser (…) ist an seine Erde gebunden wie an ein rechtes Stück vom Paradies, vertrauend auf seine Bäume, seine Stierkräfte, seine Freunde.“ Maurice Chappaz, Portrait des Valaisans en légende et en vérité
Ahn
Der Russe Gennady Khryachkov amXtreme von Verbier 2008 in Aktion
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Ahnenbaum der Familie de Preux, gegen 1790. Öl auf Leinwand
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Pa capona !“Als er gesagt hat, dass er Walliser ist, hat er alles gesagt“, notierte einst ein versierter
Beobachter.
Alles über seinen ausgeprägten Charakter im perfekten Gleichgewicht zwischen
Heiterkeit und Vitalität.
Alles über seine Verbundenheit mit der heimatlichen Scholle, in der er eine “erquik-
kende“ Ruhe findet, aufbauend und besänftigend zugleich.
Alles über seine Geduld und seine Hartnäckigkeit, die ihn die Berge von Kindsbeinen
an gelehrt haben.
Alles über seine Fähigkeit, Herausforderungen anzunehmen, sich anzupassen und
sich zu engagieren.
Alles über seine respektvolle Haltung gegenüber traditionellen Werten; gegenüber
der Treue, dem gegebenen Wort, der unumgänglichen Pflicht.
Aber auch
alles über sein südländisches Temperament, seinen kritischen, unabhängigen Geist.
Alles über seine Brüderlichkeit und Grosszügigkeit.
Alles über sein aufrichtiges Bergler-Gemüt, seine Unverfälschtheit und Offenheit, die
sich hinter seiner Zurückhaltung verbergen.
Alles über seine extravertierte Lebhaftigkeit, seine Freude an kleinen Dingen, fern
von jedem Überschwang.
Alles über seine Devise Pa capona (“pas question de capituler“ – Aufgeben kommt
nicht infrage), die alles besagt.
Die alles besagt? Eine Seele lässt sich nicht in Worte fassen wie die Form eines Berges.
Auch wenn sie diesem durchaus ähneln kann. In ihrer Grösse und in ihrer
Erhabenheit.
“Ein dramatisches Dekor, bevölkert mit zähen undunabhängigen Menschen.“ Ernst Mühlemann, zitiert von Henri Maître, Mosaïque du pays valaisan
“Wir haben einen religiösen Kopf, die Augen von Christenund das Gebiss von Wölfen. Wir beissen auf Käse.“ Maurice Chappaz, Portrait des Valaisans en légende et en vérité
Tschäggättä bezeichnen mit Holzmasken,Tierfellen und Treicheln (Glocken) verkleidete
Personen von furchterregendem Aussehen, die während der Fasnacht in den Dörfern
des Lötschentals ihr Unwesen treiben.
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Hier und dortDer Unabhängigkeitsdrang und das Solidaritätsempfinden der Walliser wurzeln zweifellos in
der gleichzeitig schützenden wie isolierenden Topografie des Kantons und in der Tatsache,
dass die Menschen in den Bergen einst auf sich selbst angewiesen waren –
was sie durchaus dazu hätte verleiten können, sich auf sich selbst zurückzubesinnen.
Aber der Umstand, dass die prachtvolle Bergarena über einen Korridor, über ein Portal zum
Süden verfügt, hat die Walliser empfänglich für den Austausch werden lassen. Sie haben ihre
Strassen und Berge für Menschen aus aller Herren Länder und für den Handel mit Gütern
und Waren zugänglich gemacht. Abgeschlossenheit und Öffnung befinden sich im Wallis
nicht im Widerspruch, sondern widerspiegeln vielmehr ein ausgewogenes Existenzmodell
von doppelter Dynamik, das die Grundlage für eine hohe Lebensqualität schafft.
“Wie merkwürdig! Hier ist man weit weg von allem und doch gleichzeitig allem so nah.(…) Alles ist abgeschlossen und doch ist allesoffen; es ist immer so gewesen und wirdimmer mehr so sein: wegen der zwei oder drei Pässe, die der Mensch ohne allzu vielMühe überwinden kann, und wegen des Laufseines Flusses, dem der Mensch stromaufwärtszu folgen vermag.“ C. F. Ramuz, Vues sur le Valais
“In Martigny zögert man zum ersten Mal: Es ist das Zentrum des Kontinents. Folgen Sieder Dranse stromaufwärts: Hinter demGrossen Sankt Bernhard eröffnet sich Italien.Überqueren Sie die Forclaz: Hier liegen IhnenSavoyen, die Provence, Spanien zu Füssen.Hinter Ihnen haben sich die Türen zumNorden geschlossen – und vor Ihnen führenSie die Schienen der Eisenbahn den Schönheiten des Ostens zu.“Maurice Zermatten, Valais
Heute ermöglichen die Eindämmung und die Umleitung der Rhone, der Bau der Eisenbahn und des Strassennetzes, der Durchstich der Tunnels sowie die Verlängerung der Autobahn A9 – jedes Mal Abenteuerkolossalen Ausmasses –noch schnellere und direktere Verbindungenzum Rest der Welt.
rechts: Galerie im Inneren des Staudamms der Grande Dixence
Ganterbrücke Rhonetal Lötschbergtunnel
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der Geist der Natur “Glühendes Land, über vornehme Stufen steigt es hinauf zum grossen, vornehm verstehenden Himmel:Die harte Vergangenheit fordert, für immer kraftvoll und wachsam zu sein.“ Rilke, Die Walliser Gedichte
“Wie trefflich der Mensch hier doch die Natur zu nutzen versteht! Die Natur schenkte ihm diesenimposanten Sockel mit einem Fluss in seiner Mitte.Der Mensch hat die doppelte Symbolik von Kraftund Sanftheit damit zu vereinen gewusst. “ Maurice Zermatten, Valais
Naturschutzgebiet Puta Funtana
Luchse, deren Anwesenheit den Wäldern etwas Wildes, Ursprüngliches verleiht
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Die kraftvolle Vielfalt der Landschaft und ihre wilde, unverfälschte Schönheit gehören zu den Wallisern wie eine
vertraute Sprache, wie eine Familienlegende, wie ein lang bewohntes Haus. Ihre Hoffnungen und Empfindungen
werden von der ewigen Ursprünglichkeit der Gipfel, von saftigen Alpweiden und von der schweren Traubenlast am
Rebstock geprägt.
Aber sie wissen auch, dass der Mensch nicht alle Macht über die Natur hat.
Die unvorhersehbare, möglicherweise bedrohliche Umwelt zwingt zur Vorsicht, zur Demut, zum Überschreiten der
eigenen Grenzen, aber auch und vor allem zum Respekt. Wie kann man dieses Naturerbe und seine unvergleich-
liche ökologische Schönheit schützen, ohne sich selbst aussichtsreicher wirtschaftlicher Perspektiven zu berauben?
Eine grosse und schwierige Aufgabe zweifellos, in der die Walliser die Chance zur nachhaltigen Stärkung ihrer
Identität erkennen.
Schwarznasenschafe Steinbock Bartgeier
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Vallée où le Rhône a son cours,
Noble pays de mes amours,
C’est toi, c'est toi, mon beau Valais !
Reste à jamais, Reste à jamais,
reste mes amours !
Das ist das Land am Rhonestrand,
ist Wallis, unser Heimatland.
Das ist das Land am Rhonestrand,
ist Wallis, ist Wallis, unser Heimatland.Quel est ce pays merveilleux,Que je chéris, où je suis né?Où l'Alpe blanche jusqu'aux cieuxÉlève son front couronné !
Pays si souvent arroséPar le sang des preux, des héros,Qui pour leurs neveux ont poséLe fondement des jours nouveaux.
Pays qui voit sur les grands montsbondir le timide chamoix,lorsqu'en bas brillent les moissons,le doux raisins, les fruits de choix.
Pays qu'habite un peuple heureux,Ami de la simplicité,Intrépide et laborieux,Gardant sa foi, sa liberté.*
Nennt mir das Land, so wunderschön,das Land wo ich geboren bin,wo himmelhoch die Berge stehnund Mannskraft wohnt bei schlichtem Sinn.
Nennt mir das Land, von Gott gemacht,wo frisch die Alpenrosen blühenund in der Abendsonne Prachtdie Gletscherfirnen hoch erglühn.
Nennt mir das Land, das Heldenblutgetränkt in mancher heissen Schlacht,wo freier Väter Asche ruhtvon freien Söhnen treu bewacht.
Nennt mir das Land, so heimisch traut,wo auf den Höhen die Gemse schweiftund in dem Tal vom Fleiss bebautdie süsse Frucht des Südens reift.
REFRAIN
REFRAIN
REFRAIN
REFRAIN
REFRAIN
REFRAIN
*Leo Luzian von Roten (1824-1898),Staatsrat und Verfasser der Walliser Hymne
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Zwei offizielle Sprachen werden im Wallis gesprochen, im Unterwallis Französisch, im Oberwallis
Deutsch. Und das ist über alle Klischees und Vorurteile hinaus auch schon einer der wenigen real
existierenden Unterschiede in diesem schönen Land. Die französische Sprache überwiegt heute zu zwei
Dritteln, was nicht immer so war. Im Verlauf der Zeit jedoch hat Deutsch zugunsten von Französisch
an Bedeutung verloren, und Sitten (Sion) und Siders (Sierre) sind französischsprachig geworden.
Das so genannte “Patois“, das vom Französisch-Provenzalischen oder vom Arpitanischen abstammt,
wird immer noch in gewissen Dörfern im Unterwallis gesprochen, vor allem in der Region von Evolène.
Der Oberwalliser Dialekt hingegen, der die mündliche, im Alltag gebräuchliche Sprache des Oberwallis
ist, bleibt authentische Muttersprache.
Über diese hauptsächlichen Sprachen hinaus ist das Wallis die einzige Region, das einzige “Land“,
wo sich alle europäischen Sprachen der Alpen treffen: Deutsch, Französisch und Italienisch, das von
den zahlreichen Einwanderern aus dem südlichen Nachbarland eingeführt worden ist.
Ungeachtet ihrer Herkunft haben diese Sprachen – ob sie nun aus den tiefsten Tälern oder von
den höchsten Alpen stammen – eine gemeinsame Prägung, die ihnen vom gleichen Himmel,
vom gleichen Boden, von der gleichen Nahrung, vom gleichen Glauben und von der gleichen
Leidenschaft verliehen worden ist.
Reichtum der Sprachen
“Brüder, wir sind Brüder: eine Sprache, der Wein. Das alemannische Wallis trinkt und misst mit der Trommelden Takt, wenn die Kannen vorüberziehen. Das provenzalische Wallis kostet und schweigt.“ Maurice Chappaz, Portrait des Valaisans en légende et en vérité
“(…) Doch bei dem halben Dutzend Sprachen, die du hörst, am helllichten Tag; bei dem Dutzend Idiomen, die du einziehst,im Büro, in der Fabrik, auf der Strasse, in der Wirtschaft – bei diesem Sinnenfimmel, Ohrenschmaus, scheint mir, also ein Kaff, ein richtiges, wie es im Buch steht, kann das schwerlich sein.”Pierre Imhasly, Rhone Saga
*“Frères, nous sommes frères : une langue, le vin. Le Valais tütsch boit et rythme avec le tambour le passage des channes, le Valais provençal se tait et déguste.”
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Dort oben auf den Gletschern wähnt man sich in prähistorischen
Zeiten, in jener Ur- oder Ewigzeit, die lange vor der Geschichte war
und die diese zweifellos auch überdauern wird. Weiter unten im
Gebirge, das den Berggänger sowohl bedrohen als auch ganz für sich
vereinnahmen kann, ist man der Zeit immer einen Schritt voraus.
Und noch weiter unten, auf den kräftigen Wiesen und Weiden, ist
man schliesslich ganz in der Gegenwart angekommen. Diese viel-
schichtigen Empfindungen verleihen der Zeit eine besondere
Prägung, die die Walliser zu schätzen wissen.
Ihre gleichzeitig direkte wie genussfreudige Wesensart spricht dafür, dass
die Walliser am liebsten unbeschwert in den Tag hinein leben würden.
Die tiefe Bindung an ihre Geschichte, an ihre Sitten und Traditionen hält
sie jedoch davon ab. Das gefühlsbetonte Verhältnis zu ihrer
Vergangenheit, zu ihrem Erbe und zu ihrer Überlieferung – vor allem, was
die heimatliche Scholle und den Weinbau betrifft – ist nicht frei von einem
gewissen Hang zur Nostalgie, der sie jedoch keineswegs daran hindert,
zuversichtlich und innovationsfreudig der Zukunft entgegenzugehen.
Wenn die Walliser unbeschwert zwischen dem Gestern und dem Heute,
zwischen lieb gewordenen Erinnerungen und zukunftsweisenden
Projekten balancieren, ist das vielleicht auf die einzige Dimension
zurückzuführen, die in ihren Augen wirklich zählt und die zweifellos
untrennbar mit dem Bild der Berge verbunden ist: jene der Ewigkeit.
Jede Blume, jeder Stein, jeder Bergbach ist Teil dieser Symphonie des
Unwandelbaren. “Erhabene Landschaft. Man betrachtet sie, um hier zu
bleiben oder um sie zu verewigen.“*
* Rilke, Obstgärten
der hehre Wert der Zeit
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Turmuhr von Sitten Käse aus dem Val de Bagnes
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“Die Menschen haben ihre Häuser auf Graszungen festgemacht, die das Gewaltige lecken. Eine Flottille von unbeweglichem Holz, wo alle hundert Jahre einmal (das Walliser Mass der Zeit) ein Dach kalfatertwird, indem die Keller, manchmal auch die Küchen zerkeilt werden (…).“Maurice Chappaz, La Haute Route
“Erdgebundener Schrei aus Granit.Urwesen in Jahrmillionen gemeisselt,mit Wind und Wettern und Göttern verwandt.Ewigkeitsgedanken in die Sterne geworfen.Matterhorn, du herznaher, einsamer Mahner.“Hannes Taugwalder, Gespräch mit dem Schweigen
“Und wenn am Abend die Kirchenglocken melancholisch in die Flammen des Sonnenuntergangs hineinläuten, überkommt einen im tiefsten Inneren das Gefühl, sich in einem anderen Zeitalter zu befinden, das da auf so wundersame Weise hervorgerufen wird.“ Charles Allet, Trésors de mon pays, Sion
“Stilles Land, in dem die Propheten schweigen, Land, das den eigenen Wein bereitet; wo Hügel noch an die Schöpfung erinnern und das Ende nicht fürchten!“ Rilke, Die Walliser Gedichte
Chalet in Morgins
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“Man bringe mir eine Kiste voller Leuchter. –Wie meinst du das: Leuchter? – Das sind die Flaschen goldenen Walliser Weins. Die Begierde nach Wein steigt von denBergen herunter, von den Schattenkegeln.Mich dünkt, es finde ein Gespräch statt,nachts, in der Gipfelkonferenz des Schnees.Sogar die Steine sagen: “Wir wollen mitmachen, uns gegenseitig besuchen, uns treffen.“Maurice Chappaz, Portrait des Valaisans en légende et en vérité
“Der Rebberg und der Wein verleihen der Landschaft und den Menschen Geist. (…)
Ob dieser Gegensatz von übermässig genutzten und wilden Talhügeln seineEntsprechung bei den Menschen findet? Sie sind so heftig und so sanft wie ihre Weine,als ob beide von der gleichen Kraft zehren und ihre Glut von der Sonne beziehen würden.“ Maurice Zermatten, Sion, capitale aristocratique et paysanne
Fabienne Cotagnoux, Kellerei “Cave des Tilleuls“
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Hymne ans Leben und an die Geselligkeit Was wäre schon das Vergnügen, wenn man es nicht mit anderen teilen könnte? Obwohl der Walliser lange den
Verboten christlicher Moral und dem lustfeindlichen Begriff der Sünde unterworfen war, geniesst er das Leben gern
in vollen Zügen. Insbesondere schätzt er die Freuden der Tafel und des Wortes; eine Dimension von “gemeinschaft-
lichem Vergnügen“, eine lustvolle Komposition von Leckerbissen aller Art. Nicht weiter verwunderlich im Übrigen,
wenn man bedenkt, dass die Kultur des Weins und des Weinbaus – die Kunst der Spontaneität und der
Grosszügigkeit schlechthin – nicht nur ein dynamisches Landschaftselement, sondern auch eine Lebensart,
ja eine Form von Liturgie ist.
Die Jagd und die Fischerei – einfache, aber freudvolle Freizeitbeschäftigungen, die viel Geduld erfordern und
hierzulande auf die Stufe der Kultur erhoben werden – lassen von schlichten und schmackhaften oder von geradezu
lukullischen Schlemmereien im Freundeskreis träumen.
Vom Anblick der imposanten Gipfel, von der Reinheit der Luft und von der Überfülle der Obstgärten getragen,
lässt sich hier die Freude am Genuss durchaus auch zu kraftvolleren Manifestationen hinreissen. Von Kindsbeinen
an üben sich die Walliser mit Leidenschaft und Mühelosigkeit in allen möglichen sportlichen Disziplinen.
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Guggenmusik-Parade an der Fasnacht in Sitten
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der Geschmack des Echten
Die Wege des Herzens gehen durch den Magen, wie jeder Geniesser aus eigener Erfahrung weiss. Und was für
Gourmandisen die Natur im Wallis heranreifen lässt! Mannigfach sind die Gelegenheiten, bei denen man sich
am Duft einer Aprikose, am Geschmack einer Spargel erfreuen kann… Unter dem heiteren Himmel, unter der
strahlenden Sonne entsteht ein wahrhaft geschmack- und aromareiches “Schlaraffenland“. Untrennbar mit
der Walliser Identität verbunden, überbieten sich diese authentischen Produkte gegenseitig an Üppigkeit und
an Geschmacksreichtum, verkörpern den Bio-Gedanken vortrefflich und “von Natur aus“. Eine wohltuende
und gesunde, ungekünstelte und traditionsbewusste Küche belebt Körper und Geist gleichermassen.
Raclette – die Walliser Spezialität schlechthin, genauso berühmt wie althergebracht – eignet sich vorzüglich
für gesellschaftliche Anlässe und enttäuscht nie. Gesegnete Momente…
Die Weine bestechen durch ihre einzigartigen Aromen, die Roggen- und Weizenbrote durch ihren ursprünglichen
Geschmack. Gebrannte Wasser wie Abricotine, Williamsschnaps und Genepi sind das vollendete
Geschmackkonzentrat all jener Produkte, die im Rhonetal in prachtvoller Fülle gedeihen.
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“In Bezug auf Finesse und Geschmack ist unser Land ein Produzent erster Güte.“ Maurice Chappaz, Testament du Haut-Rhône
“Sie rauchten Zigaretten, Zigarren. Der Herr des Hauses nimmt ein kleines Glas, das er unter den Hahnen der Presse hält, die gerade beladen wird, und er kostet; er kostet zuerst mit dem Mund, dann mit den Lippen und mit dem Gaumen, dann mit den Spitzen der Finger, die er gegeneinander drückt.“ C. F. Ramuz, Vendanges
“Wir würden uns über die Sonne beklagen, wenn wir nicht wüssten, dass es für uns nichts Wichtigeres gibt als sie. Nur schon die Aprikosen, wie sie am Ende der gebogenen Äste immer schwerer werden und wieLetztere, in vollem Tageslicht in Flammen stehend, statt zu seufzen auchnoch zu murmeln scheinen: mehr! Mehr, damit in uns diesePflanzenalchimie wirken kann, die unsere Säfte in Honig, unsere Blässe in Zinnober verwandelt… Wir werden nie genug Sonne bekommen, wederwir noch die Trauben auf den Anhöhen oder die Äpfel in den Obstgärten.Nie genug von dieser guten Wärme, die uns durchdringt, die uns zusam-menhält, die uns erfüllt. Sie fliesst in die Säfte des Baumes hinein, sie istFlut, Fluss, Strom in den unterirdischen Kanälen, die die Rinden schützen.Sie steigt in die mysteriöse Welt der Wurzeln hinunter, sie saugt aus denSchatten der Erde die Nahrungsmittel heraus, die sie bis zu unserem Mundheranführt; sie ist mütterlich, sie verhätschelt uns, sie liebkost uns, wir sind ihr Kind auf ewig.“ Maurice Zermatten, Les Saisons valaisannes
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der Sinn der SpiritualitätIst es die Höhe der Berge? Sind es die Naturkatastrophen? Ist es die kosmische Dimension der Natur?
Wie dem auch sei: Das Wallis besitzt eine Prädisposition zum Spirituellen, ungeachtet der Strömungen der Zeit
und des Ausmasses menschlichen Leids.
Die Walliser lebten lange unter dem Joch der Politik und der katholischen Religion. Die Bischöfe waren
das Sinnbild der Macht schlechthin. Im 17. Jahrhundert nannten sich diese Kirchenmänner Grafen und Präfekten
vom Wallis, und ihr Siegel zeigte ein aufgerichtetes Schwert, verziert mit einer Krone und einem Stern,
was die doppelte politische und religiöse Macht symbolisierte.
Heute versinnbildlichen schneeweisse Kapellen und unzählige Kreuze am Wegrand das Licht der Hoffnung
und das Vertrauen in die Zukunft. Auch die Traube und der Rebstock in der Landschaft und in den Traditionen
symbolisieren auf ihre Weise die Bedeutung des Glaubens und der Natur.
“Den ganzen Weg entlang werden wir die Holzkreuze, die weissen Kapellen, die Pfarrkirchen grüssen. Hier ist dieMutterkirche, die altehrwürdige Wiege des katholischen Wallis.“ Maurice Zermatten, Valais
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“Das Heilige ist hier auf gleicherEbene mit dem Leben, so, wie der Fels auf gleicher Ebene mit der Erde ist.“ Henri Maître, Mosaïque du pays valaisan
“Inmitten der Felder, am Saum der Lärchenwälder erheben sichdie Kapellen, zierlichen Edelsteinengleich. Kompakt oder beinahedurchscheinend sind sie, je nach Tageslicht, und ihre Weisseerinnert an Margeriten oder an Tropfen klaren Wassers. Die Propheten haben sich hier mit den Feen vermählt, und ihrefeinsinnigen Worte vermischen sichwie ein Haar aus Gold mit dem heiligen Sprechgesang.“Maurice Chappaz, Testament du Haut-Rhône
“Eine katholische Republik in einer Welt von Wildbächen.“Chateaubriand, zitiert von Maurice Zermatten, Sion,capitale aristocratique et paysanne
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der Schauplatz des SagenhaftenDer Teufel ist ins Gebirge verbannt worden. Bei jedem ungewohnten Geräusch – beim Einstürzen eines Felsens, beim Schrei
eines Tieres, beim leisesten Knacken im Gebälk – schrecken die einsamen Hirten hoch. Wenn ein Kind die Brust seiner Mutter
verweigert, ein Esel partout nicht mehr weitergehen will, eine Scheune in Flammen aufgeht, dann sind das die bösen, strafenden
Geister. Nicht vergeblich tragen im Wallis Landschaften heute noch Namen wie “Tête d’Enfer“ (Höllenkopf) oder “Quille du
Diable“ (Teufelskegel)...
Im Wallis, mehr als anderswo, sind die Sagen und Legenden zweifellos erfunden worden, um die Angst vor den reellen Gefahren
zu bannen. Sie bildeten den nachvollziehbaren Teil der schier mystischen Allianz zwischen den Wallisern und den Mächten
der Natur. Populär im besten Sinn des Wortes, widerspiegelten sie den Alltag eines Bauernvolkes, nicht ohne jedoch eine Tür
ins Reich der Fantasie aufzustossen – imaginäre Reisen für all jene, die in der heimatlichen Erde fest verwurzelt waren.
Das Talent, Geschichten zu erzählen und ihnen zuhören zu können, ist auch einer Persönlichkeit in die Wiege gelegt worden,
die mittlerweile zum Mythos geworden ist: Farinet – Schmuggler, Falschmünzer und Verteidiger der kleinen Leute. Als Denkmal
hat ihm Saillon einen Weinberg gebaut; es ist der kleinste katastrierte Weinberg der Welt. Seine drei Rebstöcke gehörten einst
dem Abbé Pierre, der sie seinerseits dem Dalai Lama weitervererbt hat. Das Schicksal geht manchmal gar wunderliche Wege…
“Das Vorstellungsvermögen der Natur ist in uns.“ Maurice Chappaz, Testament du Haut-Rhône
“Über Jahrhunderte hat die Einsamkeit dortoben den Raum mit ihren rätselhaften Flügelnerfüllt; eine unzugängliche, weit entfernteEinsamkeit, die die Menschen als Zeichen vonFeindlichkeit oder von Wohlbefinden deuteten.“ Henri Maître, Mosaïque du pays valaisan
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die Macht der SymbolikDas Wallis liebt die Macht der Embleme, die Macht vertrauter Botschaften,
die im kollektiven Bewusstsein verankert sind. Bereits der Name des Kantons ist
kurz, klar und deutlich; gleichzeitig hat er aber auch eine konkrete Bedeutung,
die vom lateinischen Wort vallis abstammt, was – sinnigerweise – nichts anderes
als “das Tal“ heisst.
Dazu passt ein Wappen von kraftvoller Vitalität. Rot – die Farbe des Feuers,
des Bluts und der Revolution – fordert zum Handeln, zum Kampf, zur Liebe auf.
Weiss wirkt wie eine beschwingte Stille, ist Symbol von Reinheit, Weisheit,
Stille und Wiedergeburt. Schliesslich der Stern – Quelle des Lichts –
in dreizehnfacher Ausführung, was der Anzahl der Kantonsdistrikte entspricht.
All diese Symbole, gleichzeitig Wächter über die Vergangenheit und
Träger der Zukunft, vermögen die Seele zu leiten und haben im Herzen
der Walliser einen Ehrenplatz.
“Die Geschichte dieses Landes ist ein langes Epos, blutig, glühend, rot von vergossenem Blut,rot von gelegten Bränden, rot vom Zorn der Menschen. Es ist kein Zufall, dass es in den Wappenschildern des Landes so viel Rot gibt.“ Maurice Zermatten, Valais
Fans des FC Sitten
Wappen der dreizehn Kantonsdistrikte
Brig Conthey Entremont Goms Hérens Leuk Raron Monthey Martigny Sierre Sion Saint-Maurice Visp
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TEWORTE DES WALLISERS
Beat Anthamatten Hotelier
Das wallis meines herzens
Wallis, meine heimat, land der gegensätze -sonne und eis, erde und luft.Und ab und zu auch viel rauch!Heimat, immer wieder widergespiegelt vom wechselspiel der vier jahreszeiten in urgewalten.Hier spüre ich die gewaltigen mächte derschöpfung, und deren schönheit lässt meineseele im wahrsten sinne auf den gipfeln, den gletschern, den alpwiesen, in den rebbergen, in den dörfern und städtchen tanzen.Oft wird der tanz auch im grossen reigengetanzt, aber es ist der hochzeitstanz zwischentradition und moderne, die sich im wallis in so vielen facetten auch und vor allem im alltäglichen leben die hand reichen.Und dann diese starke anziehungskraft aufmenschen aus allen ländern, die uns besuchenund die wir aufnehmen und mit dem bestenaus unseren weinbergen und unserer landwirtschaft bewirten.
Ich bin in dritter generation gastgeber, und immer wieder freut sich mein Herz, wennich gäste für unsere alpine landschaft und die kultur – auch jene der walser, die unseretäler vor 300 jahren verlassen mussten –,begeistern kann.
Dies ist sicher auch die basis für unsere grundsätzlich offenen türen und herzen fürarbeiter und emigranten aus allen Ecken der Erde.Leider verlassen uns heute auch viele jungewalliser, und die einheimischen gastgeberseelensterben aus.Stolz bin ich aber auch auf all die positivenentwicklungen, die unsere generation miterle-ben darf, weil unter unseren vorfahren vorden-ker und pioniere von ihren visionen überzeugtwaren und hartnäckig an diesen festhielten,genauso wie am erhalt von wertvollem kul-turgut, gepaart mit in unserem tal gelenktemwachstum.
Dieses gelenkte wachstum ist für mich d e r goldene schlüssel zu einem nachhaltigenwallis.Hier in diesem land der vielfalt an interessanteneinwohnern und unternehmungen kann man getrost in die zukunft blicken.Es lebe das wallis und seine menschen!
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TALENTE
lebendige Kultur und fruchtbares Wissen
AUS DEM WALLIS
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die Kraft der Tradition, der Geist der InnovationSeine lange Bauern- und Hirtentradition hat das Wallis gelehrt, der Zeit
zu trotzen – und ihm gleichzeitig den Mut zur Innovation verliehen. Seit
seiner industriellen und wirtschaftlichen Revolution weiss der Kanton
um die Gefahr des Fortschritts, der bewährte Werte erschüttern, aber
auch den Grundstein für eine neue Gesellschaft legen kann. Die grossen
hydroelektrischen Bauwerke – das Wasser ist im Wallis ein bedeutender
Rohstoff – und der Tourismus waren die ersten Bereiche, die vom allge-
meinen Fortschritt profitierten. International herausragende Leistungen
der pharmazeutischen und biotechnischen Industrie sowie der
Spitzentechnologie zeugen nicht nur von der Fähigkeit der Walliser, sich
immer wieder neu zu erfinden, sondern auch von einer gewissen techni-
schen Kühnheit. Hat die erste schnurlose telegrafische Verbindung nicht
zwischen Salvan und Les Marécottes (1,5 km) im Jahr 1895 stattgefun-
den, und wurde der Verbrennungsmotor nicht von einem Walliser –
namentlich von Isaac de Rivaz – erfunden, genauso wie der Asphalt von
Ernest Guglielminetti, dem berühmten “Doktor Goudron“?
Seit mehr als einem Jahrhundert ist der Tourismus, der die Bergregionen
nachhaltig stärkt und belebt, das Herzstück der kantonalen Wirtschaft.
Das Wallis gilt auf nationaler Ebene als die Ferienregion schlechthin, und
die Namen seiner Ferienorte bringen auch Menschen aus dem übrigen
Teil der Welt zum Träumen.
Seine hochwertige Landwirtschaft hat sich zu modernisieren und zu
diversifizieren gewusst, was zum Weiterbestand zahlreicher
Bauernbetriebe beigetragen hat. Eine Leistung, die umso beachtenswer-
ter ist, als dass die landwirtschaftliche Tradition für die Walliser von
wesentlicher Bedeutung ist.
“Jene, die ich liebe, jene unter uns,die von den Weinbergen kommen,
von den Hügeln und Hängen, auf denen die Reben gedeihen;
jene, denen der junge Frühling sagt:„Pflanze die Rebstöcke!“,
der Sommer: “Entferne die Blätter!“und dann: “Schwefle!“, der Herbst:
“Ernte und presse!“ und der Winter:“Jetzt geh und mach die Mauern
neu!“ Und jede Jahreszeit sagt zu ihnen: “Arbeite!“ Und weil die
Jahreszeiten regelmässig wiederkehren,arbeiten sie regelmässig; sie müssen
nichts anderes als gehorchen.“ C. F. Ramuz, Chant de notre Rhône
“Sie sagen: “Wir errichten eine Mauer erster Güte, die höchste
der Welt, einen Weltmeister. Sieben Jahre haben wir gebraucht,
um damit an die Sonne zu kommen.Sieben Jahre, Tag und Nacht –
die Sonntage dazu.“ “Unsere unehrerbietige Freude: die Arbeit.“
Maurice Chappaz, Portrait des Valaisansen légende et en vérité
Links:baustelle der
Grande-Dixenceum 1955
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uns,men,gen, hen; agt:
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“Alle Dörfer sind auf Anmut gebautworden; Zwetschgen voller Saft,Feigen voller Milch.“ Maurice Chappaz, Le chant de la Grande Dixence
“Die Bauern, nicht dass sie, wie jene in Savoyen, beim Vieh wohnten, wo es warm ist, sozusagen in dem einen, gemeinsamen Verschlag. Weil aber zum Siedeln die Lawinennur ausgesuchte Räume zuliessen, lebten im Walliser Bergdorf Menschenund Vieh beieinander, ein Haus, ein Stall, ein Stadel, der Brunnen, ein Haus usw., das schon.“ Pierre Imhasly, Rhone Saga
“Man sah diese Fassaden aus altenBalken, die rot waren oder braunoder schwarz, auf Sockeln, die kalkig geworden waren. Man sah, dass die Dächer nah beieinanderstanden, sie hatten sich zusammengetan, weil sie zusammensein wollten.“ C. F. Ramuz, La Grande Peur de la montagne
Stadel
Altstadt von Sitten
Rebhäuschen
Villa "Esprit du Soleil", Öko-Bau
Dorfhaus in Lannaz
Dorfhaus in Grimentz
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TALE
NTE
Die Menschen und das Vieh haben die Verschiedenartigkeit der Walliser
Landschaft seit je für sich zu nutzen gewusst und verbrachten einst den Winter
in ihren Dörfern in der Ebene oder in den Seitentälern. Im Frühling stiegen sie
dann zu den Maiensässen auf, wo sie einige Wochen blieben, bevor sie auf die
Alpweiden weiterzogen. All diese Wanderungen “hinauf und hinunter“ sowie
der Bau der Staudämme, welche die Geografie und die Lebensweise stark beein-
flusst haben, haben eine wenig markante Wohnkultur hervorgebracht, die für
das Wallis dennoch typisch ist. Da sind die malerischen Weiler über der Ebene,
die weit verstreuten Dörfer in der Höhe, die einsamen Chalets, die von einem
einst schwierigen und kargen Leben erzählen, das jedoch von der Gemeinschaft
mitgetragen wurde. So viele Andenken, so viele liebgewordene Kostbarkeiten …
Die heutige Architektur, weltoffen und zeitgemäss, die zum Teil unter der stark
präsenten Vergangenheit und der zuweilen etwas brüsken Modernität gelitten
hat – mit einem Fuss in der Scholle, mit dem anderen in der Stadt –, scheint seit
einigen Jahren die umsichtige Entwicklung eines harmonischen Gleichgewichts
anzustreben.
Alphütten, Chalets, “Spycher“ (Walliser Vorratsspeicher) und Rebhäuschen aus
Stein und Holz prägen die Landschaft landauf und landab und zeugen vom
überlieferten Wissen der Bergbauern. Sich am Hang unter dem Aspekt des best-
möglichen Schutzes auszurichten, ist hier eine vollendete Kunst. Es scheint, dass
die Walliser eine gleichermassen sinnenfrohe wie pragmatische Konzeption
vom Wohnen haben – genauso wie vom Leben im Allgemeinen.
der Wohnraum, Spiegel der Lebensart
Rebhäuschen inmitten der Weinberge Dorf am Steilhang von Creteaux Martigny
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“Und auf einmal habe ich die Dixence gesehen. Sie ist so verblüffend wie die Berge. (…) Ich war ganzergriffen davon und ich sagte mir, mit meinen Blumen in der Hand: Freue dich! Geh und sieh dir diesesWerk an, die Basis und der Eckpfeiler des neuen Landes, der Stein, an dem sich die Geister scheiden.Der Bauchnabel des Wallis ist da, und der Stein beginnt seinen Roman: zerstossen, zerbröckelt, mit
Hochdruck auf andere Installationen hinuntergeschleudert, bis er schliesslich zu einer grossen Betonmauerwird. Ich bin am Ende eines mit Krokussen übersäten und von Lawinen heimgesuchten Tals in den Berghineingegangen und aus einem anderen, weit davon entfernten wieder herausgekommen.“Maurice Chappaz, Journal intime d’un pays, “Treize étoiles”, September 1960
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83TALENTE
TALE
NTETalente am Werk
“Fliess, Suone, fliess. (…) Fliess, Wasserder einsamen Höhen! Wir warten
auf dich. Die Wiesen, die Felder, die Reben, die Gärten sind ausgelaugt,
bevor du den Durst ihrer Gewächselöschest, die den ganzen langen Sommer
von der Hungersnot bedroht waren.Fliess, Suone, fliess; führe dein Wasser
zu den nährenden Böden hin! (…)
Du bist das Versprechen des Brotes, der Milch und des Weins in den
Häusern der Berge.“ Maurice Zermatten
“Es ist ein Wahn, und schön, finde ich. In unserem Dorf hast du einen,
bei dem sind totgeglaubte alte Weine wiedererstanden: die holundrige
Lafnetscha, der felsige, blassgelbe Gwäss,die strohgelbe Himbertscha,
der sagenhafte Heida Gletscherwein (…),der Hibou oder Eyholzer Rote, purpurrot,Veilchen und Himbeere, ab den Pergolas
der Weingrenze, an welcher der bierigeNorden beginnt.“
Pierre Imhasly, Rhone Saga
Das Wissen um den Weinberg und das Wasser wird im Wallis von Generation zu Generation weitervererbt.
Mehr als 22 000 Besitzer teilen sich das Weinanbaugebiet, das sich von der Rhoneebene über die Talflanken bis in erstaunliche Höhen
hinauf erstreckt. Diese Rebstöcke, die vom Föhn liebkost, von der Sonne gewärmt und von der Bevölkerung gesegnet werden, bringen
Weine in verschiedenen Geschmacksrichtungen hervor, die jedoch alle vom selben Fachwissen, von der gleichen Lebensfreude zeugen.
Pa capona! Mit dieser Devise im Mund – die in Etwa bedeutet: Aufgeben kommt nicht infrage! – haben die Dorfbewohner von
Savièse vor rund fünfhundert Jahren die schwindelerregenden Hänge vom Prabé in Angriff genommen, um die sich, wen wunderts,
zahlreiche Feen- und Teufellegenden ranken. Mit gesundem Menschenverstand, praktischem Wissen und einfachen Arbeitsmitteln,
vor allem aber mit viel Ausdauer und Mut haben sie hier in diesem unwegsamen Gelände auf zuweilen äusserst waghalsige Weise
Suonen gebaut, wahre Meisterwerke, die heute noch vom Erfindungsgeist und vom vitalen Gemeinschaftsleben der Dorfbewohner
zeugen. Später schreibt der Bau der grossen Staudämme Geschichte – namentlich jener der Grande Dixence –, wo das Alte und das
Neue aufeinanderprallen und wo “ein starkes, klares Gemisch von Leiden und Freuden“ * entsteht.
Heute legen immer mehr weitsichtige Walliser bei ihrem Wirken und Schaffen Wert auf Begriffe wie Qualität, Anspruch, Ehrlichkeit.
Dieser Haltung zugrunde liegt das Konzept Valais Excellence, das all jene Unternehmen anspricht, die die Philosophie der nach-
haltigen Entwicklung teilen. Valais Excellence vereinigt all diese vitalen Energien miteinander, damit man zuversichtlich einer gemein-
samen, tragfähigen Zukunft entgegenschreiten kann. *Maurice Chappaz
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84 TALENTE
Erholung,Entspannung,
Erlebnis
Golf in Crans-Montana Gleitschirm
Leuk
Fondation Pierre Gianadda (Martigny),Ausstellung “Chagall zwischen Himmel und Erde“, 2007
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1838 eröffnet Josef Lauber das erste Hotel in Zermatt; es hat nur drei Betten.
Damit beginnt die Entwicklung des Alpintourismus im Wallis, der sich zuerst
auf die von majestätischen und symbolträchtigen Gipfeln umgebenen
Bergdörfer beschränkt, sich dann aber mit dem unerwarteten Aufkommen
des Wintersports in alle Regionen ausbreitet. Die Städter kommen hierher, um
die frische Luft, die Sonne, die Natur und die Gastfreundschaft der Walliser zu
geniessen.
Das kulturelle Leben im Wallis, das den höchsten Ansprüchen genügt, zeich-
net sich durch seine Dynamik aus, die sowohl im Engagement zahlreicher
Verbände und Vereine als auch in der Anziehungskraft von kulturellen Stätten
wie der Fondation Gianadda und einer breiten Palette von Museen wurzelt.
Darüber hinaus finden jedes Jahr im ganzen Wallis viele populäre Festivals mit
so unterschiedlichen Schwerpunkten wie Wein- und Speisedegustationen,
Musik oder Brauchtum statt. Und jedes Mal ist die Freude an der Begegnung
mindestens genauso gross wie jene an der Entdeckung.
Sport, der integrierter Bestandteil der hiesigen Lebensart ist, wird mit grosser
Passion betrieben, was sich in der hochmodernen Infrastruktur und in der
Fülle der angebotenen Aktivitäten widerspiegelt. Mehrmals im Jahr werden
prestigeträchtige Sportanlässe von internationalem Renommee durchgeführt.
Die Patrouille des Glaciers, einer der grössten Wettkämpfe im Bereich
Ski-Alpinismus, verdeutlicht wie kaum ein zweiter Anlass die Liebe der Walliser
zu ihren Bergen und zu ihren Spitzensportlern.
Ungebrochener Beliebtheit erfreuen sich auch die Ringkuhkämpfe, die von
Eringerkühen ausgefochten werden. Mehrere tausend Zuschauer sind jedes
Jahr am kantonalen Finale zugegen. Eine willkommene Gelegenheit zum
Austausch und zur Begegnung – so, wie es der Walliser Lebensart entspricht.
Patrouille des Glaciers Ringkuhkampf
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Weit von den zuweilen etwas oberflächlichen Künstlerkreisen und ihren
Querellen entfernt, hat das Wallis zur Kunst ein eher konkretes, pragma-
tisches, “ortsverbundenes“ Verhältnis, das auf die lange Tradition des
gemeinschaftlichen Wirkens und Schaffens in den Dörfern zurückzu-
führen ist. Für alle Kunstrichtungen gibt es kleinere Zentren und
Treffpunkte, wo Kreativität in einer offenen und anregenden
Atmosphäre “gelebt“ wird.
Die Musik – von der traditionellen Volksmusik bis zur zeitgenössischen
– ist hierzulande zweifellos die beliebteste Kunstform. Die lange
Tradition der Blasmusik ist in der Gesellschaft immer noch lebendig und
wird nach wie vor auch im Rahmen von politischen Anlässen gepflegt.
Gleichzeitig Muse und Modell, hat die lyrische Walliser Landschaft die
Künstler von jeher zu inspirieren vermocht. Die Maler – namentlich jene
der renommierten Savièser Schule – haben die Farben, die Stimmungen
und die ganze charismatische Kraft der Landschaft auf Leinwand zu ban-
nen gewusst.
Auch in der Literatur haben sich zahlreiche Künstlerpersönlichkeiten
von der natürlichen Schönheit der Walliser Landschaft, der
Authentizität der hiesigen Lebensart oder von dieser ganz besonderen
Stille inspirieren lassen, die der Kreativität so zuträglich ist. Zermatten
und Chappaz – im Herzen der Walliser fest verankert – haben mit viel
dichterischem Geschick ihre Liebe zum heimatlichen Kanton beschrie-
ben; Chappaz hat zuweilen auch seiner Wut Ausdruck verliehen. Ramuz
hingegen hat das Wallis in seinem Elementaren und in seinem Überdi-
mensionalen, in seinem Besonderen und in seinem Umfassenden, in sei-
ner Wirklichkeit und in seiner Spiritualität begriffen. Und Rainer Maria
Rilke hat im Wallis eine kosmische Dimension erkannt, “eine Spannung
(…) zwischen den Sternen einer Konstellation“.
die Ambitionen der Künstler. Aller Künstler
“Das unbekannte Wallis wird jenen Malern Wurzeln verleihen, die sich gesucht haben.“Maurice Chappaz
Ernest Bieler, La chapelle de Drône
Albert Chavaz, Albertine au fourreau
Edouard Vallet, La Terre, 1917
Edmond Bille, La prière des humbles, 1902,
Marguerite Burnat-Provins, Jeune fille de Savièse, 1900Oska
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Oskar Kokoschka, Weinberg bei Sitten, 1947
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TALE
NTEWORTE DER WALLISERIN
Anne-Claude Luisier Schöpferin sensorischer Welten
Sinn der Wurzeln, Essenz der Schaffenskraft
Das Wallis hat mir meine Wurzeln gegeben. Geboren und aufgewachsenbin ich auf einer Anhöhe am rechtenRhoneufer, in einem Dorf zwischen derTalebene und den Bergen. Hier habe ichmich inmitten eines Universums vollerfaszinierender Sinneseindrücke bewegt:der Geruch der Reben in der Sonne und jener der Weinpressen im Herbst,die Geräusche in der Molkerei, die Herbheit der Erde beimKartoffelpflanzen, die schneidende Kälteauf den Skipisten, der gleichermassenvielfältige wie einzigartige Geschmackvon Raclette und Roggenbrot, der cha-rakteristische Duft von Lärchenpech…Ja, ich bin in der naturnahen Welt des Wallis verwurzelt. Diese in ihrerUrsprünglichkeit bestechende Welt hatmeine Sinne geschärft und geformt –und mich zu neuen Horizonten hingelockt.
Also bin ich aufgebrochen...Ich habe andere Regionen entdeckt,habe mit anderen Lebensweisen experimentiert. Nicht, dass es besser
oder schlechter gewesen wäre; es wareinfach nur anders. Meine Herkunft hat mir das Rüstzeug gegeben, damitich mich in anderen Welten bewegenkonnte. Und ich wollte einer Welt angehören, die voranschreitet, einerinnovativen, einer zukunftsorientiertenWelt.
Damals habe ich zum allerersten Maldas Gewicht der Traditionen gespürt,die im Wallis so stark, so ausgeprägtsind. Oft verspürte ich das Bedürfnis,mehr zu leisten als andere – als wollteich mich für meine Herkunft aus einerRegion entschuldigen, die manchmalmehr Wert auf die Vergangenheit als auf die Zukunft legte, einer Region,deren tiefe Bindung an die Traditionenin meinen Augen oft dem Neuen im Weg zu stehen schien. Auch dieser eigentümliche Stolz derWalliser auf ihre Herkunft, der, wie ichfand, manchmal an Arroganz grenzte,flösste mir Unbehagen ein. Ich hatte denEindruck, dass mit dieser Haltung einegewisse Blindheit einherging für alles,was anderswo gut war, und dass dieserUmstand die geografische Isolation noch verstärkte.
Dann bin ich zurückgekommen …Und ja, ich bin bei meiner Rückkehr aufdie Schwierigkeit gestossen, eine beruflichengagierte Frau zu sein, und ich habe michan den althergebrachten Modellen gerieben. Modelle, die hierarchisieren undkategorisieren und die für jede und jedeneinen unabänderlichen Platz in der Gesellschaft vorsehen; Modelle, die Ansehen mit Wert, Herkunft mitKompetenz verwechseln. Vor allem aberbin ich Frauen und Männern begegnet,die nichts sehnlicher wollen, als mit der Welt verbunden zu sein, und die vomgemeinsamen Wunsch beseelt sind, das Wissen und Können von hier und vonanderswo zusammenzubringen, um eine tragfähige Zukunft zu formen.In jenen Tagen habe ich mich an meineKindheit erinnert und mich wieder aufmeine Wurzeln besonnen, indem ichihnen ihren angemessenen Platz zuge-wiesen habe. Das Wallis meiner Jugendhat meinen Wunsch und Willen geprägt,und aus dem sinnenreichen, identitäts -stiftenden Universum von einst ist eineLeidenschaft entstanden, eine Lust amErschaffen, ein Motor der Kreativität.Ich habe daraus meinen Beruf gemacht,mein Unternehmen, mein Leben …
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Sitten
Siders
Martigny
Brig
Lötschenta
l
ZermattMatterhorn / Cervin
SimplonpassMonthey
Crans-Montana
Aletschgletscher
Val d’Hérens
Verbier
Col du Grand St-Bernard
Dents du Midi
Barrage de la Grande-dixence
Visp
Saas-Fee
Goms
Leukerbad
Val d
’Illiez Val d’Anniviers
Ma
tter
tal
Saastal
Val de Bagnes
Binntal
Val d’Entremont
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“Man könnte glauben, wir hätten sie erfunden, die Augen. Was für eine vollkommene, herrliche Klarheit, sei es, dass der Blicksich in etwas verkralle, sei es, dass er einen düsteren Vorbehalt auferlege. Der Blick der Führer nach einer Tour: die Klarheit von brennendem Wasser und von Eis; das reine Öl auch jener, die sich opfern und heiligen. Ich verehre die Höhe, die Durchsichtigkeit des Wallis in allen diesen Augen.“ Maurice Chappaz, Portrait des Valaisans en légende et en vérité
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92 BIBLIOGRAFIE
Charles Allet, Trésors de mon pays, Sion
(Éditions du Griffon - Neuchatel, 1947)
Corinna Bille, La Montagne déserte, Poèmes
(Éliane Vernay – Genève, 1978)
Claude-Henri Carruzzo, Les Cépages du Valais
(Éditions Ketty & Alexandre - Chapelle-sur- Moudon, 1991)
Maurice Chappaz, Chant de la Grande Dixence
(Actes Sud, Babel – Paris, 1995)
Maurice Chappaz, La Haute Route (Hoëbeke – Paris, 2007)
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(Fata Morgana – Paris, 2003)
Maurice Chappaz, Le Match Valais-Judée
(Cahiers de la Renaissance vaudoise – Lausanne, 1968)
Maurice Chappaz, Die Walliser. Dichtung und Wahrheit
(Kandelaber Verlag - Bern, 1968)
Maurice Chappaz, Portraits des Valaisans en légende et en vérité
(Cahiers de la Renaissance vaudoise – Lausanne, 1965)
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(Fata Morgana – Paris, 2003)
Gilberte Favre, Journal et feuille d’avis du Valais 2 nov. 1937,
Mémoire de Sion la vie quotidienne 1850-1950
Pierre Imhasly, Rhone Saga
(Stroemfeld Verlag – Basel ; Frankfurt am Main, 1996)
Lucien Lathion, Jean-Jacques Rousseau et le Valais
(Éditions Rencontre – Lausanne, 1953)
Gabriel Lory, Voyage pittoresque de Genève à Milan par le Simplon,
1811 (Slatkine - Genève, 1980)
Henri Maître, Mosaïque du pays valaisan
(Éditions Monographic - Sierre, 2003)
Maurice Métral, L'Aveu (Mon village – Vulliens, 1979)
C. F. Ramuz, Vues sur le Valais
(Éditions Urs Graf Bâle et Olten – Bâle, 1994)
C. F. Ramuz, La Grande Peur de la montagne
(Le Livre de Poche – Paris, 1975)
C. F. Ramuz, Chant de notre Rhône
(Éditions Georg – Genève, 1920)
C. F. Ramuz, Derborence
(Limmat Verlag – Zürich, 2003)
François Perraudin, Sentiers valaisans
(Slatkine – Genève, 2007)
Rilke, Die Walliser Gedichte
(ars vivendi verlag – Cadolzburg, 2007)
Rilke, Obstgärten
(ars vivendi verlag – Cadolzburg, 2007)
Horace-Bénédict de Saussure, Voyages dans les Alpes
(Slatkine – Genève, 2004)
Hannes Taugwalder, Gespräch mit dem Schweigen
(Glendyn Verlag – Aarau, 1995)
Raymund Wirthner, Also kommt der Abend doch
(Rotten Verlag – Brig, 1989)
Maurice Zermatten, Les Saisons valaisannes
(Victor Attinger – Corcelles, 1947)
Maurice Zermatten, Valais
(Éditions Jean Marguerat – Lausanne, 1947)
Trotz aller Sorgfalt, die bei der Verfassung der Texte aufgewendet worden ist,
können sich Fehler eingeschlichen haben, für welche jedoch weder der Verein
Marke Wallis noch die Autorin belangt werden können..
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93FOTO- UND ILLUSTRATIONSNACHWEIS
TITELFOTOSamuel Bitton, www.samuelbitton.com
VORSATZBLATTwww.sondereggerfotos.ch
SEITE 6Vincent Bourrut,www.bourrut.ch
SEITE 8von links nach rechtsPascal Bossanne
Jean-Marc Biner, Bramois
SEITE 9von links nach rechtsAlle Rechte vorbehalten
Christophe Barnédes, www.instant-magique.ch
SEITE 10Samuel Bitton, www.samuelbitton.com
SEITE 12François Perraudin, www.frperraudin.ch
SEITE 13Samuel Bitton, www.samuelbitton.com
SEITE 14von links nach rechtsFavre - Jamonet
Photo-genic.ch
Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch
Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch
SEITE 15Régis Colombo,www.diapo.ch
SEITE 16von links nach rechtsSamuel Fournier,www.samuelfournier.com
Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch
SEITE 17www.sondereggerfotos.ch
SEITE 18Samuel Bitton, www.samuelbitton.com
SEITE 19
a. www.sondereggerfotos.ch
b. Nicolas Amherd, alias Nicou von Mund
c. Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch
d/e. Nicolas Amherd, alias Nicou von Mund
f. Photo-genic.ch
SEITE 20von links nach rechtsPhoto-genic.ch
Alle Rechte vorbehalten
Franco Lorenzetti, Savièse
Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch
SEITE 21von links nach rechtsPhoto-genic.ch
www.sondereggerfotos.ch
Samuel Bitton, www.samuelbitton.com
SEITE 22von oben nach untenClaude Mansiot
Samuel Bitton, www.samuelbitton.com
SEITE 23www.sondereggerfotos.ch
SEITE 24
a. François Perraudin, www.frperraudin.ch
b. Markus Furrer, Bürcher
c. Jean-Blaise Pont
d. Isabelle Favre
e. François Perraudin, www.frperraudin.ch
f. Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch
g/h. Photo-genic.ch
i. François Perraudin, www.frperraudin.ch
SEITE 25
a. Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch
b/c. Photo-genic.ch
d. Le Nouvelliste
e. Thomas Andenmatten, Brig
f. Photo-genic.ch
g. Thomas Andenmatten, Brig
h. JF Hagenmuller
i. Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch
j. Favre-Jamonet
k. Thomas Andenmatten, Brig
l/m. François Perraudin, www.frperraudin.ch
SEITE 26
a. Samuel Bitton, www.samuelbitton.com
b. Nicolas Amherd, alias Nicou von Mund
c. Régis Colombo,www.diapo.ch
d. Robin Crettaz, 1969 St-Martin
e. Samuel Bitton, www.samuelbitton.com
f. JF Hagenmuller
SEITE 27Patrick Zufferey, Sierre
SEITE 28von oben nach untenFavre - Jamonet
Nicolas Amherd, alias Nicou von Mund
Nicolas Amherd, alias Nicou von Mund
Pascal Moret
SEITE 291. Zeile von links nach rechtsFavre - Jamonet
Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch
www.picswiss.ch/Roland Zumbühl
Carole und Denis Favre-Bonvin
2. Zeile von links nach rechtsFavre - Jamonet
Patrick Zufferey, Sierre
www.sondereggerfotos.ch
Carole und Denis Favre-Bonvin
3. Zeile von links nach rechtsNicolas Amherd, alias Nicou von Mund
Pascal Moret
Carole und Denis Favre-Bonvin
JF Hagenmuller
4. Zeile von links nach rechtsSamuel Bitton, www.samuelbitton.com
Patrick Zufferey, Sierre
François Perraudin, www.frperraudin.ch
Samuel Bitton, www.samuelbitton.com
SEITE 30von links nach rechtsThomas Andenmatten, BrigThomas Andenmatten, BrigFux Naters
SEITE 31Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch
SEITE 32von oben nach untenPhoto-genic.ch Le NouvellistePhoto-genic.ch
SEITE 33Javier Sanchis
SEITE 34Isabelle Favre
SEITE 36Photo-genic.ch
SEITE 38Kantonsmuseen, Sitten/Jean-Yves Glassey
Kantonsmuseen, Sitten/Heinz Preisig
Kantonsmuseen, Sitten/Heinz Preisig
SEITE 39Mediathek Wallis - SittenSpezialsammlungErste Walliser Karte von Johan Schalbetter(westlicher Teil)/ Foto: Dominique Quendoz
SEITE 40von links nach rechtsThomas Andenmatten, Brig
Mediathek Wallis - SittenSpezialsammlungLory, Gabriel, VaterVoyage pittoresque de Genève àMilan par le Simplon / [GabrielLory Vater und Sohn] Paris :Druck von P. Didot dem Älte-ren, 1811, “Collation“ 1 vol.(nicht paginiert); ill. ; 42 cm
SEITE 41© BPK, Berlin, Dist RMN/
Jörg P. Anders
Thomas Andenmatten, Brig
© RMN/ Thierry de Girval
SEITE 42Giovanni Ruggeri, MediathekWallis - Martigny
SEITE 43Mediathek Wallis-SittenSpezialsammlungPlakat Simplon, Leopoldo Melticovitz, 1906Plakat Pays du soleil, Herbert Libiszewski, 1949Plakat Zermatt, Eric de Coulon, 1928
SEITE 44
a. Vincent Bourrut,www.bourrut.ch
b. Jean-Marc Biner, Bramoisc. Rechte vorbehaltend. Jean-Marc Biner, Bramois
SEITE 45Kantonsmuseen, Sitten/Robert Barradi
SEITE 461. Zeile von links nach rechtsThomas Andenmatten, Brig
© Musée cantonal des Beaux-Arts de Lausanne, Ernest Bieler,Selbstporträt des Künstlers,1911, Aquarell und Guasch auf Papier, 30,3 x 27,1 cm Foto : J-C Ducret
Treize Etoiles, Mediathek Wallis- Martigny
B. Chappaz
Treize Etoiles, Mediathek Wallis- Martigny
Oswald Ruppen, Diolly
2. Zeile von links nach rechts
Farinet-Archiv
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94 FOTO- UND ILLUSTRATIONSNACHWEIS
Favre, Treize Etoiles, MediathekWallis - Martigny
Fondation Pierre Gianadda,Martigny
Hans Bock d.Ä., Bildnis desRektors Thomas Platter, 1581(inv.nO. 83), Leinwand60 x 44,5 cm - Sammlung :Kunstmuseum Basel - Foto : Martin P. Bühler
© Gaston Paris / Roger-Viollet
Wiedergabe durch die Rilke-Stiftung genehmigt –Schweizerisches Literaturarchiv,Bern
3. Zeile von links nach rechtsReliquenbüste des heiligenBernhard von Aosta, 18. Jahrhundert, Schatz desHospizes vom Grossen SanktBernhard /Foto: Jean-MarcBiner, Bramois
Der heilige Mauritius trägt ein Wappenschild der Walliser Republik, Atelier von Jean-Etienne Koller,Ende 18. Jahrhundert. WalliserGeschichtsmuseum, Sitten.Kantonsmuseen, Sitten; Robert Barradi
Thomas Andenmatten, Brig
Alle Rechte vorbehalten
Oswald Ruppen, Diolly
Selbstporträt, 1916, Öl auf Leinwand, 65x55cm,Privatsammlung, © Jacques DominiqueRouiller/Hoirie Edouard Vallet
SEITE 471. Zeile von links nach rechtsJoseph Couchepin, MediathekWallis - Martigny
© Fondation Jean Daetwyler,Foto : Jean Mayerat
Zeichnung von Pol Duchoud,im Besitz des Musée desTraditions et des Barques de Saint-Gingolph
Polenghi, Treize Etoiles,Mediathek Wallis - Martigny
Ritz Paris
Porträt von Raphael Ritz, aus dem Buch Raphael Ritz1829-1894, erschienen 1999 im Rotten Verlag, Visp
Porträt von Matthäus Schiner,Walliser Geschichtsmuseum,Sitten/ WalliserKantonsmuseen, Sitten /Robert Barradi
Museum für Kunst undGeschichte Freiburg / Primula Bosshard
René Ritler, Treize Etoiles,Mediathek Wallis - Martigny
Treize Etoiles, Mediathek Wallis- Martigny
Treize Etoiles, Mediathek Wallis- Martigny
Alle Rechte vorbehalten
SEITE 48Isabelle Favre
SEITE 50François Perraudin, www.frperraudin.ch
SEITE 52von links nach rechtsPhoto-genic.ch légende : Der Russe GennadyKhryachkov am Xtreme von Verbier 2008 in AktionOlivier Maire freerideworldtour.com
Régis Colombo, www.diapo.ch
SEITE 53Kantonales Amt fürKulturgüterschutz, Sitten
SEITE 54von links nach rechtsFrançois Perraudin, www.frperraudin.ch
Photo-genic.ch
SEITE 55Thomas Andenmatten, Brig
SEITE 56von links nach rechtsIsabelle Favrewww.sondereggerfotos.chKeystone/Olivier Maire
SEITE 57Photo-genic.ch
SEITE 58Claude Naef
kleine Foto:Michel Strobino, MediathekWallis - Martigny
SEITE 59von links nach rechtswww.sondereggerfotos.ch
Igor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch
Carole et Denis Favre-Bonvin
SEITE 62von links nach rechtsFrançois Perraudin, www.frperraudin.ch
Claude Naef
SEITE 63Samuel Bitton, www.samuelbitton.com
SEITE 64von oben nach untenIsabelle FavreAlle Rechte vorbehalten
SEITE 65Keystone/Olivier Maire
SEITE 66von links nach rechtswww.sondereggerfotos.ch
Keystone/Jean-Christophe Bott
Régis Colombo, www.diapo.ch
SEITE 67Photo-genic.ch
Thomas Andenmatten, Brig
Photo-genic.ch
SEITE 68Christophe Barnédes, www.instant-magique.ch
SEITE 69von oben nach untenCarole und Denis Favre-Bonvin
Alle Rechte vorbehalten
François Perraudin, www.frperraudin.ch
SEITE 70Samuel Bitton, www.samuelbitton.com
SEITE 71François Perraudin, www.frperraudin.ch
SEITE 72Keystone/Olivier Maire
Nummerierte Wappen von Paul Laffay, CH - 1873Troistorrents Valais, gebürtigvon FR St Etienne 42000 Loire.
SEITE 73Carole und Denis Favre-Bonvin
SEITE 74Isabelle Favre
SEITE 76Jean-Blaise Pont
SEITE 78Grande-Dixence, MediathekWallis - Martigny
SEITE 79von links nach rechtsIgor Délèze, www.chasseurdelumieres.ch
Lonza - Thomas Andenmatten,Brig
SEITE 801. Zeile von links nach rechtswww.Picswiss.ch/
Roland Zumbühl
Jean-Blaise Pont
Max Zermatten
2. Zeile von links nach rechtsJean-Marc Biner, Bramois
Familie Leaney – Minergie-Öko-Haus – www.energie-renouvelable.ch
www.sondereggerfotos.ch
SEITE 81von links nach rechtsJean-Blaise Pont
Igor Delezewww.chasseurdelumieres.ch
Samuel Bitton, www.samuelbitton.com
SEITE 82Christophe Barnédes, www.instant-magique.ch
SEITE 83von links nach rechtsBranchenverband für Rebbauund Wein / alle Rechte vorbehalten
www.sondereggerfotos.ch
SEITE 84obenvon links nach rechtswww.crans-montana.chLaurent Borella
untenvon links nach rechtsIgor Delezewww.chasseurdelumieres.ch
Fondation Pierre Gianadda,Martigny / Foto : Michel Darbellay
SEITE 85von links nach rechtsFrançois Perraudin, www.frperraudin.ch
Photo-genic.ch
SEITE 86
a. Gemeinde Savièseb. Gemeinde Savièsec. Kantonsmuseen, Sitten/
Heinz Preisigd. Kantonsmuseen, Sitten/
Heinz Preisige. Kantonsmuseen, Sitten/
Michel Martinez
SEITE 87Kantonsmuseen, Sitten/Heinz Preisig
SEITE 88Isabelle Favre
KARTENatalie Bessard
RÜCKSEITE DES UMSCHLAGSKeystone/LAIF/Iris Kuerschner
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Danke
Unser Dank gilt folgenden Persönlichkeiten, die die Liebe zum Wallis miteinander teilen:
Thérèse Andenmatten Renaud, Beat Anthamatten, Benoît Aymon, Alexandra Berguerand, Laurent Borella, Pascal Bossanne, Blaise
Chappaz, Benoit Coppey, Robin Crettaz, Delphine Debons, Cornelia Heynen, Gabriel Imboden, Armin Imstepf, Anne-Claude Luisier,
Frédéric Moix, Claude Naef, Yvonne Parlier, Denis Reynard, Emmanuel Reynard, Simon Roth, Jérémie Robyr, François Seppey, Pirmin
Zurbriggen, l’Association des amis de Farinet, Gemeinde Savièse, Crans-Montana Tourisme, Familie Ritz, Fondation Edmond Bille,
Fondation Jean Daetwyler, Fondation Pierre Gianadda, Fondation Rainer Maria Rilke, Ritz-Hotels, Mediathek Martigny, Mediathek Sitten,
Walliser Kantonsmuseen, Rotten Verlag, Wallis Tourismus.
Dank auch an alle Personen, die im Rahmen der diesem Werk vorangegangen Studie zu diesem vielschichtigen Porträt des Kantons Wallis
beigetragen haben.
Dank an das passionierte Team von Comanaging:
Joël Gayet, ohne den dieses Projekt nicht zustande gekommen wäre
May Begin für die effiziente und energische Projektleitung
Catherine Grive für die Magie der Texte
Natalie Bessard für die einnehmende Grafik
Besonders danken möchte der Herausgeber Yvan Aymon, der die Entstehung dieses Buches ermöglicht hat, sowie dem gesamten Verein
Marke Wallis für das begeisterte Engagement und die wertvolle Zusammenarbeit.
Die Buchreihe Corps & Âme steht unter der Patenschaft der Cité de la Culture et du Tourisme Durable.Wallis, Leib & Seele ist mit der Unterstützung des Vereins Marke Wallis und der Loterie Romande entstanden.
WALLIS DANKSAGUNGEN
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Herausgabe und künstlerische Leitung: Sophie de PailletteTexte, Legenden, Zusammenstellung der französischen literarischen Zitate: Catherine Grive
Übersetzung der Texte und Legenden sowie Zusammenstellung der deutschen literarischen Zitate: Cornelia HeynenGrafik und Illustration: Natalie Bessard
Herstellung und Koordination: May Begin, assistiert von Aurore Vasseur, Emmanuelle Déon und Mathilde MignonFotomechanische Druckformherstellung: Point 4
Druck: Gessler SA
Copyright:
Corps & Ame Éditions - Comanaging 12, rue Antoine Bourdelle - 75015 Paris
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WA
LL
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Catherine Grive - Sophie de Paillettepréface Benoît Aymon
Corps & Âme ist eine aussergewöhnlicheBuchreihe, die sich – eine Premiere imBereich der Reiseliteratur – dieBeschreibung eines Landstrichs, einerRegion, einer Stadt oder eines Kantons
zum Ziel gemacht hat, indem sie die identitätsstiftenden Werte der betref-fenden Gegend herauszukristallisieren sucht. Wallis, Leib & Seele fügt sich wunderbar in diese Sammlung ein, welche die ver-schiedenartigsten Kenntnisse und Stellungnahmen zueinander in Beziehungsetzt. Ausgesuchte Experten, meinungstragende Persönlichkeiten undMenschen mit einer besonderen Leidenschaft für ihren Lebensraum stellenihre ganz persönliche Sicht der Dinge dar: Historiker, Fotografen, Geologen,Soziologen, Ethnologen, Architekten, Erzähler, Dichter, Schriftsteller,…Corps & Âme bietet dem Leser eine neue, eine andere Perspektive; eine poetische Reise durch das Sichtbare und das Unsichtbare – gerade so, als obman eine Region wie einen Menschen entdecken könnte. Sich für einmal ineine magische Zwischenwelt entführen lassen, ohne den geringstenVorbehalt… Eine intensive Begegnung voller Zauber und Überraschungen,wahrhaftig und einzigartig, weil ja keine Region der anderen gleicht.“
WALL IS
ISBN 978-2-9528675-3-5
W A L L I S
PREIS SCHWEIZ:39 CHF
PREIS FRANKREICH:25 v
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