cccdebatte01 neue rollen und aufgaben fuer unternehmen in der gesellschaft 2009
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7/31/2019 CCCDebatte01 Neue Rollen Und Aufgaben Fuer Unternehmen in Der Gesellschaft 2009
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herausgegeben vom
CCCDCentrum fr Corporate Citizenship Deutschland
Neue Rollen und Aufgaben fr
Unternehmen in der Gesellschaft:
auf dem Weg zur nchsten Generation
von Corporate Citizenship
Philip H. Mirvis und Bradley K. Googins
ebatte01
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ber das CCCD:
Das CCCD ist eine gemeinntzige Organisation an der Schnittstelle zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Poli-
tik. In Kooperation mit fhrenden Unternehmen, wissenschaftlichen Instituten und zivilgesellschaftlichen Organi-
sationen im In- und Ausland arbeitet das CCCD als Think Space und Kompetenzzentrum sowie als Dialogplatt-
form, Impuls- und Gastgeber fr Good Corporate Citizens und diejenigen, die es werden wollen. So organisiert
das CCCD Foren fr den fachlichen Austausch zwischen Corporate Citizens sowie zwischen Unternehmen,Wis-
senschaft,Politik und Brgergesellschaft,frdert und betreibt anwendungsorientierte Forschung,ermglicht Lern-
prozesse durch Diskussions- und Fortbildungsangebote und untersttzt die Zusammenarbeit von Unternehmen
mit Partnern aus Brgergesellschaft,Wissenschaft und/oder Politik. Mit Workshops, Publikationen und ffentlichen
Veranstaltungen gibt das CCCD darber hinaus gezielte Impulse fr den Diskurs zu Corporate Citizenship inDeutschland sowie fr die Praxis gesellschaftlich engagierter Unternehmen.
Das CCCD ist der deutsche Partner des Boston College Center fr Corporate Citizenship, USA, Teil des GERN
Global Education and Research Network und des CSR 360-Global Partner Network von Business in the Commu-
nity, UK.
Kontakt:
CCCD Centrum fr Corporate Citizenship Deutschland
Kollwitzstr. 73
D-10435 Berlin+49 (0)30 41 71 72 21
www.cccdeutschland.org
Bradley K. Googins ist der Direktor des Boston College Center for Corporate Citizenship und auerordentlicher
Professor an der Carroll School of Management des Boston College. Er ist ein weltweit renommierter Corporate
Citizenship-Experte und hat zahlreiche Studien zum Thema verffentlicht.
Philip H. Mirvis ist ein Organisationspsychologe, der sich in seiner Forschung und seiner praktischen Arbeit mit
Strukturvernderungen in Organisationen und mit der Rolle von Unternehmen in der Gesellschaft beschftigt. Er
ist ein Research Fellow am Boston College Center.
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Mirvis/Googins: Neue Rollen und Aufgaben fr Unternehmen in der Gesellschaft
Editorial
Management Summary
Einleitung
I. Das neue operative Umfeld
Globalisierung und die Macht der Wirtschaft
Soziale und kologische Fragen
Unzufriedenheit mit der Wirtschaft Mchtige neue Interessen
Die Praxis der Unternehmen
II. Beziehung zur Gesellschaft: Corporate Citizenship von auen nach innen
Themenmanagement: Von Abwehr zu Aufgeschlossenheit
Genaue Beobachtung des Umfelds
Festlegung der wichtigen Themen
Beziehungen zu Stakeholdern aus Gegnern werden Partner
Stakeholder als Partner
Transparenz und Berichterstattung:Auf dem Weg zu Offenheit und Verantwortlichkeit
ffentliche Berichterstattung
III. Reaktion auf die Gesellschaft: Corporate Citizenship von innen nach auen
Konzepte von Corporate Citizenship: nderung der Spielregeln
Integration
Ein neues Spiel
Strategische Absicht: Corporate Citizenship als Strategie
Corporate Citizenship: Das Wert-Versprechen
Die Werte zum Leben erwecken Erschlieung neuer Mrkte und sozialer Wandel
Leadership: von oben nach unten
Wegbereiter
Geteilte Fhrungsrollen
Managementstrukturen: vom Rand in die Mitte
Koordinationsmechanismen
Governance
Performance Managementsysteme
IV. Auf dem Weg zu globalem Corporate Citizenship
Inhalt
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Mit der CCCDebatte legt das CCCD Centrum fr
Corporate Citizenship Deutschland eine neue Publika-
tionsreihe vor, die im Kern eine Einladung ist: die Einla-
dung zur Diskussion ber die Rolle(n) von Unterneh-men in der Gesellschaft. Diese Diskussion ist vielleicht
eine der wichtigsten, sicher aber eine der kontrover-
sesten unserer Zeit.Die Finanzkrise hat dabei nur zuge-
spitzt, was schon zuvor in der Luft lag: die Spannung
zwischen tief sitzendem Misstrauen einerseits und
hohen Erwartungen an die Wirtschaft andererseits.Die
Erschtterung ber das Ausma und die Folgen der
Finanzkrise ist das Spiegelbild der Hoffnungen, die in
die Leistungsfhigkeit der liberalisierten Mrkte und
die Verantwortung der marktwirtschaftlichen Akteuregesetzt worden war.
Unterdessen werden die gesellschaftlichen Rollen von
Unternehmen unter vielerlei Namen und in den unter-
schiedlichsten Handlungszusammenhngen disku-
tiert: Als CSR oder Corporate Responsibility errtern
Managementexpertinnen und experten in und
auerhalb von Unternehmen, wie die Wirtschaft den
Herausforderungen einer vernderten Umwelt und
den Anforderungen der immer besser informierten
und selbstbewussten Stakeholder gerecht werden
kann. Der Terminus Corporate Citizenship prgt einen
gesellschaftspolitischen Diskurs ber die Rolle von
Unternehmen im Gemeinwesen und vernderte Kon-
stellationen in der Arbeits- und Verantwortungsteilung
zwischen Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Die
breit gefhrte Nachhaltigkeitsdebatte zielt darauf,
wirtschaftliche Prosperitt mit der Erhaltung der natr-
lichen Lebensgrundlagen zu vershnen. Das gesell-
schaftliche Engagement der Unternehmen steht in
brgergesellschaftlichen Kontexten fr die vielfltigen
Formen und Potenziale, wie Unternehmen sich
gemeinwohlorientiert engagieren Brgergesell-
schaft, Politik und Unternehmen in Deutschland ent-
decken die Mglichkeiten
Gleichwohl sprechen Wirtschaft und Brgergesell-
schaft in Deutschland noch immer eher ber- als mit-
einander. Die CCCDebatte will diesen unverbunde-
nen Diskursen einen gemeinsamen Ort geben, dabei
weniger selbst Position beziehen als vielmehr das
Gesprch miteinander ermglichen, ber die Poten-
ziale ebenso wie ber die Herausforderungen.Fr die-
jenigen, die sich aktiv an der Debatte beteiligen wol-
len, gibt es auf www.cccdeutschland.org/cccdebat-
teGelegenheit zu eigenen Kommentaren und Diskus-sionsbeitrgen.
Nicht zuletzt will die CCCDebatte internationale Dis-
kussionsbeitrge einbinden und auf diesem Wege die
deutsche und die internationale Debatte miteinander
verknpfen. Die Beitrge erscheinen auf deutsch und
auf englisch Beitrge internationaler Autoren werden
ins Deutsche bersetzt, um sie fr ffentlichkeiten in
Deutschland zugnglich zu machen.Deutschsprachige
Beitrge wiederum werden ins Englische bersetzt,umsie in die internationalen Diskussionen einzubringen.
Fr die erste Ausgabe der CCCDebatte haben wir
zwei Autoren gewonnen, die einen weltweiten Ruf als
Corporate Citizenship- bzw. Corporate (Social)
Responsibility-Experten genieen ( dem Streit um
Worte entziehen sie sich schlicht durch synonymen
Gebrauch).Brad Googins und Phil Mirvis tragen in ihrer
praktischen Arbeit mit Unternehmen ebenso wie in
ihrer Forschung die Spannung zwischen dem, was
Unternehmen knnen, und dem, was sie tun, bewusst
aus, im Vertrauen auf die Innovationskraft der Wirt-
schaft. Sie beschreiben die Entwicklung von Corpora-
te Citizenship bzw. Corporate Reponsibility als ein Stu-
fenmodell, das das bloe Befolgen von Regeln ganz
ebenso hinter sich lsst wie die Philanthropie. Firmen
aus der nchsten Generation von Corporate Citizen-
ship verknpfen ihren unternehmerischen Erfolg mit
den Bedarfen und Bedrfnissen der Gesellschaft. Mir-
vis und Googins illustrieren diese Entwicklungsprozesse
an einer Vielzahl von Beispielen aus der Unterneh-
menspraxis.
Lesen Sie selbst und teilen Sie Ihre Gedanken dazu mit
uns.See you on www.cccdeutschland.org/cccdebatte.
Ihre
geschftsfhrendes Vorstandsmitglied CCCD
5
Editorial
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Mirvis/Googins: Neue Rollen und Aufgaben fr Unternehmen in der Gesellschaft
Vernderte Erwartungen der ffentlichkeit, das
Scheinwerferlicht der Medien,Druck von Seiten der
NGOs, Resolutionen aufgebrachter Aktionre undnatrlich eigene Verfehlungen - all das rckt gesell-
schaftliche Themen in den Horizont unternehmeri-
scher Strategieentwicklung. Dabei stehen Mana-
ger heute vor einer paradoxen Situation. Einerseits
hlt die ffentlichkeit nicht viel von ihnen. Sie miss-
traut ihren uerungen und den Motiven, die ihr
Handeln leiten. Grounternehmen gelten als zu
mchtig und weit mehr an Profit interessiert denn
am Wohlergehen der Menschen oder des Plane-
ten. Andererseits hat die ffentlichkeit hohe Erwar-tungen an Unternehmen: Sie sollen Verantwortung
zeigen, ihr Handeln am Ziel kologischer Nachhal-
tigkeit ausrichten, ihre Ressourcen und Fhigkeiten
zum Wohl der Gesellschaft einsetzen und sich
sozialer Fragen annehmen.
Fhrende Unternehmen gehen in ihrem gesell-
schaftlichen Engagement weit ber das Befolgen
von Gesetzen,ber Scheckbuch-Wohlttigkeit und
Stakeholder Management hinaus. Sie reprsen-tieren eine neue Generation von Corporate Citi-
zenship, das nicht lnger an der Peripherie der
Unternehmen angesiedelt ist, sondern immer nher
an und in das Kerngeschft rckt. Mirvis und Goo-
gins beschreiben diesen Trend als ein Entwicklungs-
modell: Die Entwicklung beginnt auf einer elemen-
taren Stufe und vollzieht sich ber engagierte,inno-
vative und integrierte Stadien bis zu einem mitunter
sogar transformativen Ansatz von Corporate Citi-
zenship.
Einige Vorreiter unter den Unternehmen haben die
Verbindung zwischen Geschft und Gesellschaft in
ihre Strategien, Plne und Wertschpfungsketten
von der Materialbeschaffung bis zu den fertigen
Produkten und Dienstleistungen integriert. Das
Kernstck ihrer Vorgehensweise ist: 1) die Perspekti-
ve von auen nach innen einnehmen, um die The-
men zu identifizieren,die fr das Unternehmen und
die Gesellschaft von Bedeutung sind; 2) in der Per-spektive von innen nach auen festlegen, wie das
Unternehmen sich dieser Themen in authentischer
und klarer Form annehmen kann.
Die Informationsgewinnung zu gesellschaftlichen,
politischen, kulturellen und kologischen Fragen,
die Auswirkungen auf das Geschft haben, fiel fr-her in die Zustndigkeit der Public-Affairs-Abteilung
und bildete fr die strategische Planung das Hinter-
grundmaterial. Heute hingegen gehren die Erhe-
bung und Gewichtung dieser Informationen zu
den Aufgaben von Topmanagern, Vorstandsmit-
gliedern und Betriebsleitern. Deren geschrfte Auf-
merksamkeit fr die Themen an den Schnittstellen
zwischen Unternehmen und Gesellschaft hat zwei
Grnde: Diese Themen stellen sowohl potentielle
Risiken als auch signifikante Chancen fr das Unter-nehmen dar.
Gesellschaftliche Innovation wird zunehmend in
geteilten Fhrungsrollen vorangetrieben, wobei
Topmanager mit vielen verschiedenen Stakehol-
dern zusammenarbeiten und Fhrungskrfte auf
jeder Hierarchieebene der Organisation sich der
Herausforderung stellen. Die Untersuchung einiger
Firmen,die ihre Corporate Citizenship-Agenda wei-
terentwickelt haben, hat interessanterweise erge-ben, dass das mittlere Management der Katalysa-
tor fr Vernderungsprozesse sein kann. Durch die
Verbreitung von Informationen sowie durch die Bil-
dung von Koalitionen mit Untersttzern in Stabs-
und Linienfunktionen kann das mittlere Manage-
ment Impulse fr Vernderung setzen, die trotz
anfnglichen Desinteresses letzten Endes auch die
CEOs anerkennen mussten.
Die ffentlichkeit toleriert heute weder Firmenskan-dale noch den Versuch, sie durch PR-Kampagnen
zu vertuschen.Brgerinnen und Brger verurteilen
in ihrer Rolle als Verbraucher, als Investoren und als
Mitarbeiter - schlechtes Benehmen von Unter-
nehmen, sie sind nicht bereit, fr unverantwortliche
Unternehmen zu arbeiten oder in sie zu investieren,
sie sprechen sich im Familien- und Freundeskreis
gegen sie aus, und sie boykottieren ihre Produkte
und Dienstleistungen. Als effektivste Manahmen
fr Unternehmen, die in sensiblen Auseinanderset-zungen stehen, empfehlen sich die Erhhung der
Transparenz, die Implementierung von CSR-Strate-
gien und die Einbindung der Stakeholder.
Management Summary
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Europische Unternehmen neigen eher als ameri-
kanische dazu,Umwelt- und Sozialberichte heraus-
zugeben und extern begutachten zu lassen. Vielesehen hier eine Chance,das Beste aus beiden Wel-
ten zusammenzubringen: marktwirtschaftliche Akti-
vitten amerikanischen Stils, angereichert mit euro-
pischen Standards und Kriterien fr unternehmeri-
sches Verhalten. Gerade amerikanische Manager
uern jedoch die Besorgnis, eine starke Betonung
auf Rechenschaftspflicht und Berichterstattung
knnte zu bloem Abarbeiten von Checklisten
(box checking) fhren,verbunden mit Audits und
Revisionen. Oder das Berichtswesen laufe imErgebnis auf eine Art XL-Version des Compliance-
Modells von Corporate Citizenship hinaus.
Firmen wie Dow Chemical, IBM, Interface Carpets
oder Wal-Mart, um nur einige wenige zu nennen,
haben von ihren Strategien, Plnen und Lieferket-
ten bis zu ihren Produkten und Dienstleistungen
gesellschaftliche und kologische Fragen mit
ihrem Kerngeschft verknpft. Die operative
Herausforderung fr diese Firmen besteht darin,Marketing, Fertigung, Finanzwesen, Forschung und
Entwicklung sowie weitere betriebliche und kom-
merzielle Funktionen in einer Strategie zu integrie-
ren, die sie mit den Bedrfnissen und Anliegen derGesellschaft verknpft. Firmen wie diese geben
sich nicht damit zufrieden, die Geschfte auf ver-
antwortliche und nachhaltige Weise zu betreiben;
die strategische Absicht geht vielmehr dahin,sozia-
le und kologische Belange der Welt zu bearbeiten
und daraus ein verantwortliches und nachhaltiges
Geschft zu machen.
ber diese Entwicklungen hinaus scheint sich eine
sechste Stufe von Corporate Citizenship herauszu-bilden. Auf dieser Stufe reagieren Firmen auf glo-
bale soziale, politisch-konomische und kologi-
sche Chancen und Bedrohungen, indem sie mit
anderen Unternehmen, mit Regierungen und mit
der Zivilgesellschaft kooperieren. Diese sechste
Stufe wirft Fragen ber the business of business in
unterschiedlichen soziokonomischen Formatio-
nen auf und ldt ein zu neuem Nachdenken ber
die jeweiligen Rollen von Privatwirtschaft, Zivilge-
sellschaft und ffentlichem Sektor auf der nchs-ten Stufe von Corporate Citizenship.
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Unternehmen wenden ihre genuinen Kompetenzen
wie Forschung und Entwicklung, Risikomanagement,
Marktanalyse,Markendifferenzierung,Entwicklung von
Managementsystemen und dergleichen mehr
immer mehr auf wirtschaftliche, gesellschaftliche und
kologische Herausforderungen an, die sich auch in
Kategorien von gesellschaftlicher Verantwortung,ko-
logischer Nachhaltigkeit oder Corporate Citizenship
beschreiben lieen. Betrachten wir einige Beispiele:
Energieverteuerung und die Bedrohung durch die
globale Erwrmung waren fr General Electric
Anlass, die ecomagination-Kampagne ins Leben
zu rufen. Im Rahmen dieses Projekts investiert das
Unternehmen 20 Milliarden US-Dollar in Technolo-
gien zur Reduktion des Energieverbrauchs und der
CO2-Emissionen seiner Kunden;
Als Ausdruck ihrer Open Sourcing-Philosophie hat
die IBM hat einen elektronischen Values Jam
durchgefhrt, um die Mitarbeiter an der Neufas-
sung der Unternehmenswerte zu beteiligen. Heute
organisiert die IBM online Jams mit Kunden, Zuliefe-rern und Experten zu Themen wie Gesundheit, Ver-
kehr und Urbanitt, um Innovationspotentiale zu
identifizieren: Innovations that matter for the
company and the world.
Procter & Gamble, Nestl und Unilever haben
angesichts stagnierender Verkaufszahlen in gest-
tigten Mrkten neue Geschftsmodelle fr das
Untere Ende der Pyramide, d. h. fr die rund vier
Milliarden Menschen, die von weniger als zwei US-Dollar pro Tag leben, entwickelt. Sie bieten ihnen
sauberes Wasser, erschwingliche Hygieneprodukte
und Lebensmittel mit Vitamin- und Mineralstoffzu-
stzen an. Gleichzeitig arbeiten diese Unterneh-
men daran, ihre gesamte Produktpalette umwelt-
freundlicher und gesnder zu gestalten.
Unterdessen widmet sich Johnson & Johnson dem
verheerenden Pflegenotstand; Cisco, Dell und
andere Hightech-Firmen engagieren sich fr dieberwindung der digitalen Spaltung, und der Per-
sonaldienstleister Manpower bildet Millionen von
schwer vermittelbaren Jugendlichen aus.
Diese und andere Unternehmen gehen in ihrem gesell-
schaftlichen Engagement weit ber das Befolgen von
Gesetzen, ber Scheckbuch-Wohlttigkeit und Stake-
holder Management hinaus. Sie reprsentieren eine
neue Generation von Corporate Citizenship, das nicht
lnger an der Peripherie der Unternehmen angesiedelt
ist, sondern immer nher an und in das Kerngeschft
rckt.1
Wir haben diesen Trend als ein Entwicklungsmodell
beschrieben.2 Die Entwicklung beginnt auf einer elemen-
taren Stufe und vollzieht sich ber engagierte, innovative
und integrierte Stadien bis zu einem mitunter sogar trans-
formativen Ansatz von Corporate Citizenship. Zentral fr
das Entwicklungsmodell ist die Interaktion zwischen dem
Unternehmen und seiner Umwelt, die Lernprozesse in der
Organisation auslst. Von Entwicklungsstufe zu Entwick-
lungsstufe wird das Engagement des Unternehmens
fr gesellschaftliche Themen offener, der Umgang mit
Stakeholdern wird interaktiver und beruht strker auf
Gegenseitigkeit. Gleichzeitig entwickeln Unterneh-
men eine zunehmend komplexere Einstellung zu Cor-
porate Citizenship und Verantwortung,die Organisati-onsstrukturen, Prozesse und Systeme fr das Manage-
ment von Corporate Citizenship werden anspruchs-
voller und sind immer besser auf die Geschftsttig-
keit abgestimmt.
Unser Buch Beyond Good Company: Next Generati-
on Corporate Citizenship erklrt, wie fhrende Unter-
nehmen die Verbindung zwischen Geschft und
Gesellschaft herstellen und in ihre Strategien, Plne
und Wertschpfungsketten von der Materialbeschaf-fung bis zu den fertigen Produkten und Dienstleistun-
gen integrieren. Das Kernstck ihrer Vorgehensweise
ist: 1) die Perspektive von auen nach innen einneh-
men, um die Themen zu identifizieren, die fr das
Unternehmen und die Gesellschaft von Bedeutung
sind; 2) in der Perspektive von innen nach auen fest-
legen, wie ein Unternehmen sich dieser Themen in
authentischer und klarer Form annehmen kann.
8
Mirvis/Googins: Neue Rollen und Aufgaben fr Unternehmen in der Gesellschaft
1 Teile des verwendeten Materials sind entnommen: Bradley Googins,Philip H.Mirvis, und Steven Rochlin.Beyond Good Company: Next Gener-ation Corporate Citizenship. (New York: Praeger McMillan,2007).
2 Philip H.Mirvis und Bradley Googins,Stages of Corporate Citizenship: ADevelopmental Framework. California Management Review 48, 2 (2006):104126.
Einleitung
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Mirvis/Googins: Neue Rollen und Aufgaben fr Unternehmen in der Gesellschaft
In dem vorliegenden Essay betrachten wir aus der Ent-
wicklungsperspektive einige praktische Beispiele, wie
Unternehmen in diesen beiden Dimensionen Fort-
Stage 1Compliant
Stage 2Engaged
Stage 3Innovative
Stage 4Integrated
Stage 5Transforming
Relating toSociety:Outside In
IssuesManagement
Defensive Reactive, PoliciesResponsive,Programs
Pro-Active,Systems
Defining
StakeholderRelationships
Unilateral Interactive Mutual Influence PartnershipMulti-Organiza-tion Alliances
Transparency Flank Protection Public Relations Public Reporting Assurance Full Exposure
Responding toSociety:Inside out
CitizenshipConcept
Jobs,Profits &Taxes
Philanthropy,EnvironmentalProtection
Responsible toStakeholders
Sustainability orTriple BottomLine
Change theGame
Strategic IntentLegal Compli-ance
Reputation Business caseValue Proposi-tion
Market Creationor SocialChange
LeadershipLip Service, Outof Touch
Supporter,In the Loop
Steward,On Top of It
Champion,In Front of It
Visionary,Ahead of thePack
StructureMarginal:Staff driven
FunctionalOwnership
Cross-FunctionalCoordination
OrganizationalAlignment
Mainstream:Business Driven
Development of Citizenship: Outside In/Inside Out
schritte machen. Um die Anstze einordnen zu kn-
nen, untersuchen wir zunchst, wie sich das operative
Umfeld fr Unternehmen derzeit darstellt.
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Noch vor wenigen Jahrzehnten konnten die meisten
Fhrungskrfte in Unternehmen ihren Beruf ausben
ohne das geringste Problembewusstsein fr Fragen
des Gemeinwohls, der kologie, des Gesundheitssys-
tems, der Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder der
Einhaltung von Menschenrechten in globalen Liefer-
ketten.Sie blieben auch weithin unbehelligt von NGO-
Aktivisten oder Aktionrsresolutionen, von Boykottdro-
hungen und Protesten, von Forderungen nach mehr
Transparenz und Enthllungen, wie sie das Internet
inzwischen ermglicht. Das ist heute anders. Und ironi-
scher Weise sind diese Vernderungen mindestens
zum Teil auch eine Folge dessen, dass Kraft, Reichwei-
te und Einfluss der Wirtschaft, insbesondere der Gro-
unternehmen, dramatisch angestiegen sind.
Globalisierung und die Macht der Wirtschaft
Das letzte Viertel des 20. Jahrhunderts erlebte ein
gewaltiges Anschwellen der relativen Macht des pri-
vaten Sektors, whrend die Globalisierung der Wirt-
schaft neue Marktchancen fr global agierende
Unternehmen erffnete.3
Die Zahl multinationalerUnternehmen hat sich allein in den letzten fnfzehn
Jahren verdoppelt (von etwa 36.000 in 1990 auf ber
72.000 in 2006), und die Zahl ihrer Auslandsaktivitten
und Tochtergesellschaften verdreifachte sich im sel-
ben Zeitraum (von etwa 240. 000 auf mehr als
700.000). Heute erwirtschaften zweihundert Unterneh-
men etwa 23 Prozent des Bruttoglobalprodukts;
gleichzeitig sind 51 der 100 grten Volkswirtschaften
der Welt nicht mehr Staaten,sondern Unternehmen.
Die Integration eines globalen Marktes, die Internatio-
nalisierung der Kapital- und Arbeitsmrkte sowie der
Rckzug des ffentlichen Sektors in den USA und
anderswo haben dieses beispiellose Wachstum an
wirtschaftlicher Aktivitt in Gang gesetzt. Gestiegene
Produktivitt aufgrund von Innovation und Spezialisie-
rung hat Wettbewerbsfhigkeit und Effizienz verbes-
sert; grere Marktchancen weltweit haben neue Ein-
kommensquellen und bessere geschftliche Mglich-
keiten erschlossen; Zugang zu billigeren Arbeitskrftenund Rohstoffen senkt kontinuierlich die Kosten. Diese
Chancen haben die Machtposition von Unternehmen
so weit gestrkt, dass sie oft die Macht von Staatsre-
gierungen bersteigt. Gleichzeitig hat diese Entwick-
lung allerdings unbestreitbare wirtschaftliche, gesell-
schaftliche und kologische Kosten verursacht.
Soziale und kologische Fragen
In den letzten Jahrzehnten hat sich der Abstand zwi-
schen dem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in den
zwanzig reichsten und den zwanzig rmsten Lndern
verdoppelt; mehr als vier Milliarden Menschen leben
heute von weniger als zwei US-Dollar pro Tag.4 Etwa 2,4
Milliarden Menschen leben mit vllig unzureichenden
Sanitranlagen, nicht einmal einfache Latrinen, und
1,1 Milliarden haben keinen Zugang zu sauberem
Trinkwasser. Diese Kombination hat katastrophale Fol-
gen fr die Armen dieser Welt. So haben Schtzungen
zufolge fast die Hlfte der Menschen in den Entwick-
lungslndern aufgrund von Mngeln beim Trinkwasser
und bei den Sanitreinrichtungen stndig Gesund-
heitsprobleme.Jedes Jahr sterben zwei Millionen Men-
schen an infektiser Diarrh, davon 90% Kinder. Diese
enorme Kluft zwischen Arm und Reich stellt Unterneh-
men vor Herausforderungen,die nicht allein die Vertei-lung des Wohlstands, Zugnge zu Gesundheitsversor-
gung oder zu Technologie und dergleichen betreffen,
sondern auch ihre Berechtigung, berhaupt in Ent-
wicklungs-und Schwellenlndern ttig zu sein (license
to operate).
Was die Umwelt betrifft, ist von der globalen Erwr-
mung einmal abgesehen vor allem aufgrund der
Aktivitten des Menschen jede vierte Sugetierart
gefhrdet, Fischgrnde verschwinden, ebenso wieFeuchtgebiete und Wlder; und die Ausdehnung der
Wstengebiete bedeutet fr rund 135 Millionen Men-
schen weltweit die Gefahr, ihr Land verlassen zu ms-
sen.5 UNEP, das Umweltprogramm der Vereinten Natio-
nen, prognostiziert weltweit 50 Million Umweltflchtlin-
10
Mirvis/Googins: Neue Rollen und Aufgaben fr Unternehmen in der Gesellschaft
3 Siehe Medard Gabel und Henry Bruner, Globalinc: An Atlas ofthe Multinational Corporation (New York: The New York Press,2003); und Sarah Anderson und John Cavanaugh,Top 200: TheRise of Corporate Global Power, Institute for Policy Studies,
Dezember 2000.4 Siehe World Bank PREM Economic Policy Group and Develop-ment Economics Group, Assessing Globalization (2000); WorldBank, World Development Indicators, 2007, beide unter: world-bank.org.
I. Das neue operative Umfeld
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ge bis zum Jahre 2010. All dies ruft nach grneren
Unternehmen und wirft insbesondere fr Firmen,die in
ihrer Geschftsttigkeit von Wasser, von Meereslebe-
wesen oder von Nutzholz abhngen,Fragen auf.
Die beschriebenen globalen Trends von steigender
Armut und sinkender ko-Produktivitt finden eineParallele in den USA: Dort ist ein Fnftel der Bevlke-
rung in der glcklichen Lage, dass ihre Einkommen
gestiegen sind,die Lhne der brigen vier Fnftel aber
stagnierten. Aber Gesundheitsprobleme gibt es auch
in reichen Nationen. Europer und Amerikaner
machen gemeinsam gerade 28 Prozent der Weltbe-
vlkerung aus, stellen aber 42 Prozent der Todesflle
bei Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs Krankheits-
bilder, die hufig durch Rauchen, Bewegungsarmut,
stark salzhaltige,zucker- und fettreiche Ernhrung aus-gelst werden. Nahrungsmittel- und Getrnkeherstel-
ler mssen nun sorgsam darauf achten, welche
Inhaltsstoffe sie in ihren Produkten verarbeiten und wie
sie fr diese Produkte werben.
Unzufriedenheit mit der Wirtschaft
Manager von heute stehen vor einer paradoxen Situati-
on. Einerseits hlt die ffentlichkeit nicht viel von ihnen.
Sie misstraut ihren uerungen und den Motiven, die ihr
Handeln leiten. Grounternehmen gelten als zu mchtig
und weit mehr an Profit interessiert denn am Wohlerge-
hen der Menschen oder des Planeten. Andererseits hat
die ffentlichkeit hohe Erwartungen an Unternehmen: Sie
sollen Verantwortung zeigen, ihr Handeln am Ziel kolo-
gischer Nachhaltigkeit ausrichten, ihre Ressourcen und
Fhigkeiten zum Wohl der Gesellschaft einsetzen und
sich sozialer Fragen annehmen, die so umfassend sind
wie die Kluft zwischen Arm und Reich und so speziell wie
die Bekmpfung von HIV/AIDS.6
Jngste Studien, durchgefhrt vom Boston College
Center for Corporate Citizenship, McKinsey & Co. und
anderen, machen deutlich, dass die meisten Top-
Manager den Erwartungsdruck begreifen und die
Notwendigkeit erkennen, dass Unternehmen eine
engagiertere und verantwortlichere Rolle in der
Gesellschaft spielen sollen.7 Eine Umfrage unter ame-
rikanischen Spitzenmanagern hat beispielsweise
gezeigt, dass 75 Prozent der Ansicht sind, die Allge-
meinheit erwarte von ihnen, gesetzliche Vorgaben zur
Produktsicherheit zu bertreffen, um sicherzustellen,
dass ihre Produkte auch wirklich sicher und zuverlssig
sind. 58 Prozent gaben an, von ihnen wrde erwartet,
in ihren Manahmen zum Umweltschutz ber die
gesetzlichen Bestimmungen hinauszugehen. Eine
internationale Umfrage zeigte auf, dass nur mehr 16
Prozent aller Fhrungskrfte in 116 Lndern der
Ansicht sind, Unternehmen sollten sich ausschlielich
darauf konzentrieren, die unter Einhaltung bestehen-der Vorschriften und Gesetze bestmgliche Rendite
fr die Investoren zu erwirtschaften. Die anderen 84
Prozent stimmten der Aussage zu, dass Unternehmen
den Investoren hohe Ertrge verschaffen, aber
gleichzeitig einen angemessenen Beitrag zum
Gemeinwohl leisten sollen.
Mchtige neue Interessen
Neue Akteure und Krfte tragen ihre Erwartungen mitMacht ins Geschftsleben. Eine wachsende Gruppe
von NGOs, die unterschiedliche soziale und kologi-
sche Interessen vertreten,operieren an der Schnittstel-
le von Wirtschaft und Gesellschaft.8 Weltweit sind seit
Mitte der 1980er Jahre mehr als 200.000 neue zivilge-
sellschaftliche Organisationen entstanden, und die
globalen NGOs haben an Anzahl, Reichweite und
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Mirvis/Googins: Neue Rollen und Aufgaben fr Unternehmen in der Gesellschaft
5 Siehe World Business Council for Sustainable Development,From Challenge to Opportunity: The Role of Business in Tomor-rows Society (February, 2006), online unter: wbcsd.org. UND-Penvironment
6 Eine Umfrage von GlobeScan (2005) befragte die ffentlich-keit, ob Unternehmen gar nicht etwas oder komplett ver-antwortlich sind fr verschiedene Aspekte ihres wirtschaftlichenHandelns und ihrer Wirkung auf die Gesellschaft.Die Fragestellerfanden heraus,dass in einundzwanzig Lndern eine signifikanteMehrheit der Befragten Unternehmen fr vollstndig verantwort-lich halten fr Produktsicherheit, gerechten Umgang mit Mitar-beitern, und fr den Einsatz von Rohstoffen und dafr, derUmwelt nicht zu schaden. Dies sind in der Tat operative Aspektevon Unternehmen und unterliegen als solche auch klar der Fir-menkontrolle.Aber darber hinaus hielt eine signifikante Anzahlder Befragten Unternehmen auch fr komplett verantwortlich
fr den Abbau von Menschenrechtsversten, Prvention derVerbreitung von HIV/AIDS, Reduzierung der Armutskluft. Wennman noch die Kategorie von teilweise verantwortlich hinzu-fgt, dann sind Unternehmen in den Augen der ffentlichkeitnicht nur verantwortlich fr das eigene Sppchen,sondern auchfr eine Vielzahl der bel dieser Welt.Fr besonders umfassende Lngsschnittstudien ber die ffentli-che Meinung zu Corporate Citizenship, siehe globale Umfragenvon Globescan, Corporate Social Responsibility Monitor (2001-2007), auf www.globescan.com
7 Siehe die zweijhrlichen Surveys des Boston College Center forCorporate Citizenship: The State of Corporate Citizenship in theU.S.: A View from Inside 2003-2005; The State of Corporate citi-zenship in the U.S.: Business Perspectives in 2005; The State ofCorporate Citizenship in the US: Rhetoric versus Reality in 2007(Boston: Boston College Center for Corporate Citizenship, 2004;dies. 2006; dies. 2008). The McKinsey Quarterly Global Survey(Januar,2006).
8 Siehe John Hopkins Institute for Policy Studies, Center for CivilSociety Studies, online www.jhu.edu/~ccss; NGOs
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Bettigungsfeldern zugenommen.Amnesty Internatio-
nal zum Beispiel hat nahezu zwei Millionen Mitglieder
und ist praktisch in jedem Land der Welt aktiv, in dem
multinationale Unternehmen operieren. Der World
Wildlife Fund hat mehr als fnf Millionen Mitglieder. Die-
se beiden Organisationen haben ebenso wie Oxfam,Greenpeace und Tausende andere mehr in der Vergan-
genheit als watchdogs das Verhalten von Unternehmen
berwacht und Firmen gezwungen, fr ihre Versumnisse
und ihre Verste gegenber Menschen und Umwelt
geradezustehen. Mittlerweile haben einige von ihnen
begonnen, partnerschaftlich mit der Wirtschaft zusam-
menzuarbeiten, wenn es um Menschenrechtsfragen, die
Erhaltung der natrlichen Lebensgrundlagen, Klimawan-
del, Armutsbekmpfung und dergleichen Fragen mehr
geht.Die naheliegende Frage lautet nun, wie Unternehmen mit
diesem neuen operativen Umfeld umgehen sollen. Einem
Umfeld, das komplex und vielschichtig ist, das unzhlige
Gefahren und Chancen bietet, deren Ursachen oft mehr-
deutig und deren Auswirkungen ungewiss sind. Reaktio-
nen knnen in der Folge zu Einbuen fhren, whrend
ihre Erfolgsaussichten unkalkulierbar sind. Unterdessen
potenzieren sich die Herausforderungen, wenn eine Fir-
ma, ihre Wettbewerber und andere Interessen und Akteu-
re aus dem Umfeld sich strategisch neu positionieren.Aus
der Entwicklungsperspektive betrachtet, erfordert diese
Situation eine entsprechende Komplexitt im Handlungs-
repertoire des Unternehmens, einschlielich fundierter
Analysen und eines kohrenten, koordinierten Aktions-
plans. Sind die Unternehmen diesen Anforderungen
gewachsen?
Die Praxis der Unternehmen
Viele Unternehmen handeln nicht verantwortlich; so
lautet zumindest die ffentliche Meinung.9 Eine welt-
weite mehrjhrige Untersuchung von GlobeScan
zeigt, dass gleichzeitig mit dem Anstieg der Erwartun-
gen an Unternehmen die Bewertungen ihrer ge-
sellschaftlichen Verantwortung immer schlechter aus-
gefallen sind. Laut der jngsten Daten des Reputation
Institute aus 25 untersuchten Lndern stimmen nur ein
Fnftel der Befragten der Aussage zu, dass die meis-
ten Unternehmen gesellschaftlich verantwortlich han-
deln. Andererseits stellen McKinsey & Co. 2007 in
einer Studie multinationaler Unternehmen fest,dass 90
Prozent der Unternehmensvorstnde heute mehr tun
als noch vor fnf Jahren, um soziale, kologische und
Governance-Fragen in ihre Strategie und Geschfts-
prozesse einzubinden. Allerdings gibt es deutliche
Lcken: 72 Prozent der Vorstnde sind dafr, Corporate
Responsibility in Strategie und Geschftspraxis zu veran-
kern, aber nur 50 Prozent denken, dass ihre Unternehmendies tatschlich tun. Und sechs von zehn Wirtschaftsfh-
rern erklren, Corporate Responsibility solle in die globa-
len Zulieferketten integriert werden, aber nur 27 Prozent
geben an, dies Erfordernis einzulsen.10
Innerhalb der breiten Palette von Branchen und Firmen
gibt es aber auch eine Unmenge an Aktivitten. Einige
Unternehmen berarbeiten ihren Verhaltenskodex, inte-
grieren Nachhaltigkeitsprinzipien, verndern ihre Corpo-
rate Citizenship-Programme entsprechend, etc.; andere
setzen Steuerungsgruppen fr ihr Corporate Citizenshipein, messen ihre Beitrge zu Umwelt und Gesellschaft
und verffentlichen CSR-Berichte. Wieder andere stren-
gen sich an, CSR-Themen und -Funktionen in Arbeitspro-
zesse und Geschftszweige zu integrieren. Die Vorreiter
versuchen, einen greren Markt fr Corporate Citizen-
ship zu schaffen und bieten Produkte und Dienstleistun-
gen an, die das ausdrckliche Ziel verfolgen, Gewinne zu
generieren und zugleich die Welt zu verbessern. Aus der
Entwicklungsperspektive betrachtet, knnen diese Akti-
vitten als Fortschritt von einer relativ einfachen hin zu
einer komplexeren Stufe gesehen werden; vom funktio-
nalen hin zum interdisziplinren Ansatz und von den Hilfs-
hin zu den Kernfunktionen eines Unternehmens. Wie
sehen diese Entwicklungsprozesse im Corporate Citizen-
ship-Management in der Praxis aus?
12
Mirvis/Googins: Neue Rollen und Aufgaben fr Unternehmen in der Gesellschaft
9 Globale Daten siee Globescan und the Reputation Institute,RepTrak Pulse 2006: Social Responsibility Report athttp://www.reputationinstitute.com. Zur offentlichen Meinung inden USA siehe GolinHarris, Doing Well by Doing Good: The Tra-
jector y of Corporate Citizenship in American business, at
www.golinharris.com.
10 McKinsey & Co.,Shaping the New Rules of Competition: UNGlobal Compact Participant Mirror. (July,2007).Online at McKin-sey.com.
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Wal-Mart hat sich ein Jahr lang mit Verbraucher- und
Umweltexperten beraten, bevor das Unternehmeneine neue Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen hat.
Shell plant auf der Grundlage von Szenarien, wie sich
verschiedene gesellschaftliche Entwicklungen auf die
Mrkte, Angebote und die Akzeptanz des Unter-
nehmens auswirken. IBM hlt elektronische jams ab,
bei denen breite Trends und wirtschaftsrelevante
gesellschaftspolitische Themen mit Tausenden von
Menschen und Stakeholder-Gruppen berall auf der
Welt diskutiert werden. General Electric beruft alle
zwei Jahre die Energy 2015- und Healthcare 2015-Meetings ein; die Diskussionen mit einer sektorenber-
greifend und interdisziplinr zusammengesetzten
Gruppe von Regierungsvertretern, Wirtschaftsfhrern,
wichtigen Zulieferern, NGOs und Wissenschaftlern flie-
en in die Unternehmensstrategie ein.
Worum geht es bei all dem? Um die Gewinnung von
Informationen zu gesellschaftlichen, politischen, kultu-
rellen und kologischen Fragen,die Auswirkungen auf
das Geschft haben. Frher fiel dies in die Zustndig-keit der Public-Affairs-Abteilung und bildete fr die
strategische Planung das Hintergrundmaterial. Heute
hingegen gehren die Erhebung und Gewichtung
dieser Informationen zu den Aufgaben von Topmana-
gern, Vorstandsmitgliedern und Betriebsleitern. Deren
geschrfte Aufmerksamkeit fr die Themen an den
Schnittstellen zwischen Unternehmen und Gesell-
schaft hat zwei Grnde: Diese Themen stellen sowohl
potentielle Risiken als auch signifikante Chancen dar.
Themenmanagement:
Von Abwehr zu Aufgeschlossenheit
Um Unternehmen von einer abwehrenden zu einer
aufgeschlossenen Haltung gegenber der Gesell-
schaft zu bewegen, mssen drei Bedingungen erfllt
sein:
1) eine offene, wissbegierige und von Feedbackpro-
zessen geprgte Beziehung zum Umfeld,
2) gut ausgestattete und effektive Mechanismen, umwahrzunehmen, zu analysieren und zu interpretieren,
was vor sich geht, und
3) einer internen Kultur, die empfnglich ist fr frhe
Anzeichen von Bedrohungen und Chancen und die
den Boten, der die schlechte Nachricht berbringt,nicht hinrichtet, sondern vielmehr willkommen heit.
Dies sind selbstredend Charakteristika von Menschen,
Gruppen und Organisationen, die zunehmend in eine
proaktive Beziehung mit ihrer Umgebung treten.
Unternehmen,die solche Fhigkeiten gerade erst ent-
wickeln, neigen zu reaktivem Verhalten gegenber
entstehenden sozialen und Umweltproblemen so
war es auch bei Nike (bei Menschenrechtsfragen in
ihrer Lieferkette), bei Chiquita (Arbeitsbedingungenauf Plantagen), Nestl (Babymilch) Home Depot
(Holzverkauf aus geschtzten Wldern) und Walmart
(mit Unzulnglichkeiten in vielen Bereichen). Nike
zeigt, wie ein Unternehmen sich aus dieser Phase in
eine mehr proaktive Position begibt. Simon Zadek,
Begrnder des Thinktanks AccountAbility und Berater
von Nike, gibt eine eingngige Beschreibung des Ent-
wicklungsprozesses, den Nike im Umgang mit den Pro-
blemen bei den Zulieferern durchlaufen hat: aus der
Abwehr ber die Phasen der Compliance und dergeschftsmigen Handhabung zur strategischen
Problembewltigung. 11
Zunchst wurde jede Verantwortung geleugnet (wir
stellen die Schuhe ja nicht her); dann wurden grund-
legende Arbeitnehmerrechte eingefhrt und externe
Firmen beauftragt, die Einhaltung dieser Vorschriften
zu berwachen. Im nchsten Schritt wurden die fir-
meninternen Kontrollsysteme ausgebaut, um sowohl
die gesamte Zulieferkette als auch Nikes eigeneGeschftsprozesse zu analysieren. Diese Analyse fr-
derte zutage,wiejust in time-Beschaffungsmethoden,
interne Kostenallokationsregeln und Produktionsan-
reizsysteme die Zulieferer geradezu angestiftet hatten,
ihre Mitarbeiter unter Druck zu setzen und berstun-
den anzuordnen. Nike stellte diese Praktiken ab zu
erheblichen Kosten und unter manchem Murren. In
der nchsten, strategischen Phase hat Nike eine Bran-
chenlsung angestrebt, die die entstandenen Wett-
13
Mirvis/Googins: Neue Rollen und Aufgaben fr Unternehmen in der Gesellschaft
11 Simon Zadek,The Path to Corporate Responsibility,HarvardBusiness Review (December, 2004): 12533; auch: Mark Kramerand John Kania,Changing the Game, Stanford Social Innova-tion Review (Spring, 2006), online auf www.ssireview.org.
II. BEZIEHUNG ZUR GESELLSCHAFT:CORPORATE CITIZENSHIP VON AUEN NACH INNEN
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bewerbsnachteile ausgleicht. Das Unternehmen tat
sich mit anderen Firmen aus der Schuh- und Beklei-
dungsindustrie, mit NGOs und ausgesuchten Einzel-
hndlern zusammen, darunter die Fair Labor Associa-
tion (USA) und die Ethical Trading Initiative (Vereinigtes
Knigreich), um branchenweit faire Arbeits- und Han-delsbedingungen durchzusetzen.
Genaue Beobachtung des Umfelds
Ian Davis, der Geschftsfhrer von McKinsey & Co.,
weist darauf hin, dass CSR als Agenda fr unterneh-
merisches Handeln beschrnkt bleibt, weil es nicht
gelingt,gesellschaftliche Fragen in ihrer Bedeutung fr
die Unternehmensstrategie aufzugreifen.12 Sein Unter-
nehmen befragt jedes Jahr Spitzenmanager weltweit
zur Relevanz verschiedener gesell-schaftlicher The-
men fr die Wirtschaft. Im Jahr 2007 besetzten Umwelt-
themen, darunter auch Klimawandel, die Spitzenplt-
ze der Liste. McKinsey hatte die Manager auch
befragt, ob diese Themen eher Risiken oder eher
Chancen bedeuten. Auf der Risikoseite nannten die
Manager Widerstnde gegen freien Handel, Renten,
Gefhrdungen der Privatsphre und den politischen
Einfluss von Unternehmen. Ein ausgeglichenes Verhlt-
nis von Risiken und Chancen hingegen erblickte die
groe Mehrheit der befragten Manager in Forderun-
gen nach mehr Investitionen in Entwicklungslndern,
nach ethischen Standards in Werbung und Marketing
und nach Achtung der Menschenrechte.
Zwar gibt es unzhlige Modelle und Formate; im Prin-
zip aber prfen Unternehmen ihr Umfeld aus wenigs-
tens zwei Blickwinkeln: Was sind die Chancen und Risi-
ken fr unser Geschft? Und was sind die Chancenund Risiken fr die Gesellschaft? Daraus entsteht eine
Vier-Felder-Matrix, wie sie in der Wirtschaft bekannt ist.
Im Quadrant oben links sieht man sowohl Wirtschaft
als auch Gesellschaft im Risikobereich. Gesellschaftli-
che Themen wie die Defizite des Bildungssystems, die
digitale Spaltung, die Geiel HIV/AIDS und andere
Infektionskrankheiten gehren alle in diese Rubrik. Sie
bedrohen nicht nur das Wohlergehen und die wirt-
schaftliche Zukunft von Vlkern und Gesellschaften,
sie beschrnken auch das Wachstumspotenzial von
Unternehmen, die geschulte Arbeitskrfte,wirtschaftli-
che Infrastruktur und zahlungskrftige Kunden brau-
chen. Auch die stark verbreitete Jugendarbeitslosig-
keit, die Massenmigration in die Mega-Cities und Kor-
ruption gehren zu diesen Risiken. Abgesehen von
den offensichtlichen Kosten, die der Gesellschaft
daraus entstehen, fhren diese Faktoren zu einem
instabilen Geschftsklima. IBMs weltweites Engage-
14
Mirvis/Googins: Neue Rollen und Aufgaben fr Unternehmen in der Gesellschaft
KlimawandelDigitale Spaltung
JugendarbeitslosigkeitKorruption
VerstaatlichungZugang zu
MedikamentenZugang zu Krediten
Piraterie
Billige Arbeitskrfte/Beschaffung,
Umweltschden,Bestechung
Boden der Pyramide,Mikro-Kredite,
ko-EffektivittCSR-Partnerschaften
GESELLSCHAFT
Risiko Chance
Risiko
Chance
WIRTSCHAFT
Wirtschaft und Gesellschaft: Risiken und Chancen
12 Ian Davis, The Biggest Contract, The Economist (May 16,2005); siehe auch Sheila M. J. Bonini, Lenny T. Mendonca, undJeremy M. Oppenheim,When Social Issues Become Strategic,McKinsey Quarterly 2 (2006), beide online einsehbar unter:www.mckinseyquarterly.com.
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ment zur Verbesserung der Bildungssysteme (reinven-
ting education), die Anstrengungen von High Tech-
Unternehmen wie AMD, HP, Cisco, Intel, Nokia und
anderen, die digitale Spaltung zu berwinden, das
breite Engagement von Unternehmen gegen die
Aids-Pandemie all das illustriert, wie Wirtschaft undGesellschaft profitieren knnen, wenn sie zusammen-
arbeiten, um die gemeinsamen Risiken zu minimieren.
Der Quadrant unten links richtet das Augenmerk
darauf, wie die Wirtschaft Risiken fr die Gesellschaft
kreiert. Die stndige Suche nach billigen Arbeitskrf-
ten, die Produktion von Umweltverschmutzung und
Mll, der Verkauf von ungesunden Nahrungsmitteln
(junk food) und minderwertigen Produkten: Das ist die
Hinterlassenschaft, wenn Unternehmen zu Lasten desGemeinwohls aus Chancen Kapital schlagen. Es liegt
auf der Hand,warum Unternehmen, deren Geschfte
in diesem Quadranten angesiedelt sind, mehr Trans-
parenz zeigen sollen: der Zugang zu Information ber
ihre Aktivitten wirkt abschreckend auf Fehlverhalten.
Aber es ist fr Firmen auch eine Chance, sich auf die
Interessen betroffener Stakeholder und das Wohl der
Allgemeinheit einzulassen. Ein Beispiel sind die Refor-
men der Zulieferketten von Nike und Reebok bei Schu-
hen, von Levi Strauss & Co. und GAP bei Bekleidungund von vielen Hochtechnologieunternehmen bei
der Mikroelektronik. Ein weiteres Beispiel betrifft Schrit-
te zu gesnderer Ernhrung durch die Nahrungsmittel-
und Getrnkeindustrie. Ein drittes Beispiel ist das breit
gefcherte Interesse von Unternehmen aus allen
Branchen an kologischer Nachhaltigkeit.
Im oberen rechten Quadrant nutzt die Gesellschaft in
ihren verschiedenen Erscheinungsformen selbst die
Chance, die eigenen Interessen zu verteidigen; aller-
dings auf Kosten der Wirtschaft. Die Verstaatlichung
von Wirtschaftszweigen, die Errichtung von Handels-
hemmnissen und die Abschaffung von Agrarsubven-
tionen, Patentschutz oder Urheberrecht sind einige
der Bedrohungen, denen die Wirtschaft hier ausge-
setzt ist. Unternehmen antworteten darauf traditionell
in Form von Lobbyarbeit, Parteispenden etc. Aber Fir-
men, die stndig gegen den Strom der gemeinsamen
Werte einer Gesellschaft und der legitimen politischen
Vorgaben schwimmen,werden letztendlich sich selbst
erhebliche Kosten aufbrden und ihre Geschfts-
grundlage gefhrden. Bemhungen der pharmazeu-
tischen Industrie, Behandlungen erschwinglicher zu
machen,und Anstrengungen der Energieverbraucher
und Banken,einen Markt fr Emissionshandel zu schaf-
fen, sind als Mittel zu verstehen, drohender Regulie-
rung zuvorzukommen und Risiken beherrsch-bar zu
machen.
Im Quadrant unten rechts ist eine Chance fr die Wirt-
schaft zugleich eine Chance fr die Gesellschaft. Das
zeigen Unternehmen, die mit Mikrofinanzierung, ko-Effi-
zienz oder der Erschlieung von Mrkten am unteren
Ende der Einkommenspyramide (bottom oft he pyra-
mid) neue Geschftsmodelle entwickeln. Dieser Qua-
drant ist, mehr als alle anderen, ein Bereich, wo Unter-
nehmen statt der Defensive die Offensive ergreifen und
den bergang von einer philantropischen Antwort aufgesellschaftliche Herausforderungen zu sozio-unterneh-
merischen Unterfangen wagen. In diesem Quadranten
tummeln sich auch zunehmend NGOs und sogar Regie-
rungsstellen, die die eigene Rolle neu definieren und
partnerschaftlich mit Unternehmen zusammenarbeiten.
Festlegung der wichtigen Themen
Wie entscheidet ein Unternehmen, welche Themen
besonders relevant sind, und wie setzt es seine Priorit-ten? Ein Kriterium - gewhlt,weil es aus den Bereichen
Rechnungswesen und Risikomanagement bekannt ist
- betrifft die Materialitt der Themen. Das Konzept
der Materialitt bedeutet, dass Unternehmen smtli-
che Informationen, die von materieller Bedeutung fr
die Investoren sind, bercksichtigen und offenlegen
mssen. Viele Unternehmen haben mit Steve Rochlin
und seinen Kollegen bei AccountAbility zusammenge-
arbeitet, um die Interessen von Unter-nehmen und
Gesellschaft in ihre operative Agenda aufzunehmen.
Ein funktionsbergreifendes Team bei dem Chipher-
steller AMD hat die klassische SWOT-Analyse durch-
gemacht, d.h. in jedem Bereich Strken, Schwchen,
Chancen und Bedrohungen betrachtet so Teamlei-
ter Phil Trowbridge. Aber wir haben auch grundstzli-
che Fragen gestellt: Haben wir ein Programm,das die-
ses Thema behandelt? Und wenn nicht, brauchen wir
eins? Als wie wichtig fr AMD wrde es eingestuft wer-
den? Schnell waren Lcken identifiziert: AMD hatte
Aussagen zu den Menschenrechten z.B. in die Werte
des Unternehmens und auch in Vertrge aufgenom-
15
Mirvis/Googins: Neue Rollen und Aufgaben fr Unternehmen in der Gesellschaft
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men, aber bei Audits der Zulieferer oder bei der Fort-
bildung von Managern und anderen Mitarbeitern
spielten sie keine Rolle. Die Untersuchung enthllte
auch eine Riesenchance fr eine Fhrungsrolle fr
AMD beim berwinden der digitalen Spaltung zwi-
schen denen, die Zugang zur neuesten Technologiehaben, und denen, die ausgeschlossen sind. Das war
ein wesentlicher Anreiz fr das 50x15 Programm des
Unternehmens, dessen Ziel es ist, bis 2015 fnfzig Pro-
zent der Welt ans Internet anzuschlieen.
Beziehungen zu Stakeholdern
aus Gegnern werden Partner
Die Anfangsstadien der Entwicklung von Stakeholder-
Beziehungen verlaufen analog zur Entwicklung beimThemenmanagement: Typischerweise beginnen Fir-
men mit einem unilateralen Ansatz, werden Schritt fr
Schritt interaktiver und kommen schlielich zu einer
Beziehung auf Gegenseitigkeit. Nehmen wir das Bei-
spiel Pfizer, ein Unternehmen, das von vielen Interes-
sensgruppen weltweit so wahrgenommen wird, dass
es seine Gewinne auf Kosten der Verbraucher erhht.
In den letzten Jahren hat das Unternehmen die Mei-
nungen einer breiten Gruppe von Stakeholdern ein-
geholt, darunter Patientengruppen, rzte, Apotheker,Vertreter der Regulierungsbehrden, Geschftspart-
ner und verschiedene NGOs. Auch 250 Gesundheits-
experten aus aller Welt wurden um ihre Meinung
gebeten.
Dieses Feedback von Wissenschaftlern und anderen
Stakeholdern nutzte Pfizer als Grundlage, um globale
Regeln fr den eigenen Umgang mit ffentlichkeit
und Fachleuten aus dem Gesundheitssektor aufzustel-
len. Diese Regeln legen fest, dass Treffen mit rzten
und Kundenveranstaltungen ausschlielich Fortbil-
dungszwecken dienen sollen, dass die medizinische
Kommunikation genau und wissenschaftlich solide zu
sein hat und dass das Marketingmaterial auch voll-
stndige Informationen zu mglichen Nebenwirkun-
gen enthlt. Pharmareferenten drfen rzten keine
Anreize zur Verschreibung von Medikamenten oder fr
eine Beeinflussung von klinischen Tests bieten. Diese
Leitlinien werden durch einen ganzen Satz von Ma-
nahmen zur Durchsetzung der Regeln untersttzt es
gibt einen leitenden Compliance-Beauftragten,der in
jedem Land Verbindungsstellen hat; es gibt regelm-
ige berprfungen,Hotlines,Strafen und dergleichen
mehr sowie ein sehr hohes Transparenzniveau. Pfizer
verffentlicht jetzt, von anderen Themen abgesehen,
auch Informationen ber Kundenbeschwerden oder
ber politische Spenden des Unternehmens.
Fhrende Unternehmen beobachten heute typischerwei-se ihr Umfeld sehr genau, um die Interessen und Akteure
zu identifizieren, die Einfluss auf ihr Schicksal haben
knnten. Dazu wird eine Stakeholder-Landkarte erstellt,
mittels derer die Anspruchsgruppen identifiziert werden,
die ein Interesse am Unternehmen und seinen Geschf-
ten haben: innerhalb des Unternehmens, entlang der
Wertschpfungskette und an den Rndern des Unterneh-
mens, einschlielich der Medien, NGOs, und Gemein-
den. Diese Art des Stakeholder-Mapping stimuliert wei-
tere Analyse: Erfassung der Anliegen von Stakeholdern,Bewertung des Grades, in dem sie fr oder gegen die
Interessen des Unternehmens Position beziehen, ihre Ein-
flussmglichkeit auf den Gang von Ereignissen usw. Der
Nachhaltigkeitsexperte Andrew Savitz beschreibt, wie
solche Methoden Firmen helfen knnen, Chancen und
Risiken in ihrem Umfeld zu identifizieren und auf etwas
abzuzielen, was er die Schokoladenseite (the sweet
spot) der Nachhaltigkeit nennt.13
Whrend Unternehmen ihre eigene Dialogfhigkeitweiterentwickeln, verlagern sich die Stakeholder-Dia-
loge hufig vom bilateralen Gesprch zu multilatera-
len Untersuchungen der Anliegen,die allen Beteiligten
wichtig sind. Mehrere zwingende Beispiele dessen
kommen aus dem Bereich der natrlichen Ressour-
cen. Ann Svendsen und Myriam Laberge haben ber
einen Zeitraum von mehr als acht Jahren einen Pro-
zess des Gesamtsystemischen Engagementsermg-
licht - unter Einbeziehung des Frsters Macmillan Bloe-
del, von Umweltgruppen, indigenen Gruppen und
Kommunen an der Westkste von British Columbia,
Kanada.Es gab hier erhebliche Konflikte zwischen und
sogar innerhalb der verschiedenen Gruppen; die
Regierung von British Columbia versuchte,Kompromis-
se, die niemandem passten, in Gesetzesform zu gie-
en; der Widerstand umfasste lokale Protestmrsche
ebenso wie einen von Greenpeace organisierten
internationalen Boykott, und es gab wiederholt den
16
Mirvis/Googins: Neue Rollen und Aufgaben fr Unternehmen in der Gesellschaft
13 Andrew W. Savitz,The Triple Bottom Line: How Todays Best RunCompanies are Achieving Economic, Social, and EnvironmentalSuccessand How You Can Too (San Francisco: John Wiley &Sons, Inc., 2006).
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Zusammenbruch jeglicher Kommunikation.Mit der Zeit
aber gelang es, gemeinsame Interessen zu identifizie-
ren und am Ende eine bereinkunft ber die Landnut-
zung zu erzielen. Was fhrte diesen Prozess zum Erfolg?
Eines der Unternehmen, die an dem Dialog teilnah-
men,sagte, das Geheimnis sei, ber die herkmmlichenVerhandlungen hinauszugehen zu einem Modell der
nchsten Generation. Dieses fragt: Wie knnen wir
gemeinsam lernen? Wie knnen wir gemeinsam innova-
tive Lsungen entwickeln, obwohl wir uns ab und zu has-
sen und nicht miteinander auskommen?
Stakeholder als Partner
Im globalen Mastab genieen NGOs deutlich mehr
Vertrauen als globale Unternehmen, was sowohl aufdie nrdliche Halbkugel (68 Prozent gegenber 38
Prozent) als auch auf die sdliche Hemisphre (63 Pro-
zent gegenber 56 Prozent) zutrifft. Und im Norden wie
im Sden genieen NGOs mehr Vertrauen als nationa-
le Regierungen, inlndische Firmen, Gewerkschaften
und die Medien.14 Was bedeutet das fr die Wirt-
schaft? Eine Meinungsumfrage von GlobeScan stellte
fest, dass 85 Prozent der Befragten angaben, ihr Respekt
fr Unternehmen wachse, wenn diese eine Partnerschaft
mit einer Wohlttigkeitsorganisation oder einer NGO ein-
gehen. Auerdem uert ein wachsender Teil der ffent-
lichkeit, ein wesentlicher Indikator, dass ein Unternehmen
gesellschaftlich verantwortlich handle, sei die direkte
Zusammenarbeit mit einer gemeinntzigen Organisation
oder einer NGO.15
Dies ist ein Grund, warum fhrende Unternehmen heute
Partnerschaften mit NGOs eingehen. Hier sind einige
Beispiele fr solche Partnerschaften zwischen Wirt-
schaft,NGOs und mitunter auch ffentlichen Institutio-
nen, die eine neue Generation von Partnerschaft fr
gesellschaftliche Aufgaben darstellen:
Gemeinntziges Engagement in der Kommune
Home Depot und KaBOOM! arbeiten als Partner
beim Bau von Spielpltzen in einkommens-schwa-
chen und von Katastrophen heimgesuchten Stadt-
vierteln.
Bildung Dell arbeitet mit Schulverwaltungen in
den USA zusammen, um benachteiligten Schlern
Hardware und Software-Kenntnisse zu vermitteln.
Soziale Gerechtigkeit das Versicherungsunter-
nehmen State Farm hat sich mit einer Wohnungs-
gesellschaft (Neighborhood Housing Service) in
Chicago zusammengetan, um in einkommens-
schwachen Stadtvierteln Versicherungsdienste
bereitzustellen.
Digitale Spaltung Nokia ist mit der Grameen
Foundation eine Partnerschaft eingegangen, um
arme Drfer in Entwicklungslndern mit bezahl-
baren Telekommunikationsdiensten zu versorgen.
Umwelt Chiquita weist in einer Partnerschaft mit
der Rainforest Alliance durch Zertifizierung nach,
dass die Chiquita-Plantagen sozial und kologisch
nachhaltig betrieben werden.
Es entstehen auch immer mehr Koalitionen zwischen
Unternehmen, die sich meist in Partnerschaft mit
NGOs und Regierungen fr soziale Fragen en-
gagieren,so wie die Business Roundtables Partnership
for Disaster Relief und die Global Business Coalition
against HIV/AIDS, Tuberculosis and Malaria. Diese Pro-
gramme haben, wenn sie richtig aufgestellt sind, das
Potential, signifikante gesellschaftliche Herausforderun-
gen anzugehen, bei deren Bewltigung Unternehmen
einen Beitrag fr die Gesellschaft leisten knnen, der
wiederum, jedenfalls langfristig, auch direkt oder indirekt
den Unternehmen zugute kommt.
Transparenz und Berichterstattung:
Auf dem Weg zu Offenheit und Verantwortlichkeit
Vernderte Erwartungen der ffentlichkeit, das Schein-
werferlicht der Medien, Druck von Seiten der NGOs,
Resolutionen aufgebrachter Aktionre und natrlich
eigene Verfehlungen - all das rckt gesellschaftliche The-
men in den Horizont strategischer berlegungen von
Unternehmen. McKinsey & Co. fragten Manager:
Wenn Grofirmen ihrer Branche versuchen, gesell-
schaftspolitische Fragen zu bearbeiten: welche drei
17
Mirvis/Googins: Neue Rollen und Aufgaben fr Unternehmen in der Gesellschaft
14 Siehe The 21st Century NGO: In the Market for Change (Lon-don: Sustainability, 2003); Zu Vertrauen, siehe Richard Edelman,
Rebuilding Trust through Accountability and Responsibility(Eth-ical Corporation Conference, 2002); GlobeScan, CorporateSocial Responsibility Monitor (2006).
15 GlobeScan,Report on Issues and Reputation(2005).
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Taktiken werden am hufigsten eingesetzt? Die drei
meistgenannten Vorgehensweisen waren:
1) Nutzung von Medien und ffentlichkeitsarbeit;
2) Lobbyarbeit bei Behrden und Regierungen; und
3) Reden und ffentliche Aktionen des Vorstandsvorsit-
zenden.
Eine darauffolgende Frage indes zielte auf die Effekti-
vitt dieser Methoden. Gerade 35 Prozent nannten
Medien- und ffentlichkeitsarbeit als erfolgreiche Vor-
gehensweise, fr 25 Prozent war es die Lobbyarbeit,
und nur 14 Prozent hielten Reden und Aktionen des
CEO fr ein effektives Mittel.16
Kein Zweifel: Die ffentlichkeit toleriert heute weder Fir-
menskandale noch den Versuch, sie durch PR-Kampa-gnen zu vertuschen. Umfragen belegen, dass die Brge-
rinnen und Brger in ihrer Rolle als Verbraucher, als
Investoren und als Mitarbeiter - schlechtes Benehmen
von Unternehmen verurteilen die Menschen sind nicht
bereit, fr unverantwortliche Unternehmen zu arbeiten
oder in sie zu investieren, sie sprechen sich im Familien-
und Freundeskreis gegen sie aus, und sie boykottieren
ihre Produkte und Dienstleistungen.17 Im Lichte der
McKinsey-Studie empfiehlt sich fr Firmen, die in sol-
chen Auseinandersetzungen stehen, eine Strategieder Offenheit und Verantwortlichkeit: Als effektivste
Manahmen werden Erhhung der Transparenz (von
36% genannt), Implementierung interner CSR-Strate-
gien (35%) und Einbindung der Stakeholder (33%)
erachtet.
ffentliche Berichterstattung
Ein Modell, um Transparenz zu schaffen, ist die Verf-
fentlichung von Sozial- und Umweltberichten. Das
bedeutet: Unternehmen ermitteln die Auswirkungen
ihrer Geschftsttigkeit auf Gesellschaft und Umwelt
anhand von Indikatoren und Kriterien, die etwa von
der Global Reporting Initiative (GRI) oder der Interna-
tional Standardization Organization (ISO 14000) bereit-
gestellt werden, und verffentlichen einen Bericht
ber die Befunde. Derzeit gibt es Grund zu der Annah-
me, dass in Europa ansssige Unternehmen in Sachen
Berichterstattung den amerikanischen voraus sind: Euro-
pische Firmen geben deutlich eher als amerikanische
Umwelt-und Sozialberichte heraus, die sie dann auch in
externen Audits verifizieren lassen.
Viele sehen darin eine Chance, das Beste aus beiden
Welten zusammenzubringen: marktwirtschaftliche Aktivi-
tten amerikanischen Stils, angereichert mit europi-
schen Standards und Kriterien fr unternehmerisches Ver-
halten. Es ist kein Wunder, dass viele amerikanische
Manager die Vorstellung von externen Leitlinien rundhe-raus ablehnen und sich gegen strkere Reglementierung
von Unternehmen wehren (etwa im Stil der Sarbanes-
Oxley Vorschriften, die den Unternehmen in der Folge des
Enron-Skandals verbesserte Governance und Finanz-
berichterstattung abverlangen). Andere uern in Ge-
sprchen mit uns die Besorgnis, eine starke Betonung auf
Rechenschaftspflicht und Berichterstattung knnte zu
bloem Abarbeiten von Checklisten (box checking)
fhren, verbunden mit Audits und Revisionen. Oder das
Berichtswesen laufe im Ergebnis auf eine Art XL-Versiondes Compliance-Modells von Corporate Citizenship
hinaus. Der alternative Ansatz beinhaltet vllige Offenle-
gung der Firmenaktivitten, integriert die Unternehmens-
verantwortung durch den Aufbau eines Corporate Citi-
zenship-Managementsystems.
18
Mirvis/Googins: Neue Rollen und Aufgaben fr Unternehmen in der Gesellschaft
16 Siehe Global Survey of Business Executives, The McKinseyQuarterly(January, 2006), online unter www.mckinseyquarterly.
17 siehe Cone,Inc.,2004 Corporate Citizenship Study (Decem-ber,2004), online auf Coneinc.com.
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Dialoge mit Stakeholdern,Beobachtung gesell-schaft-
lich relevanter Themen, Analysen komplexer Interak-tionen, Bewertungen von Prioritten All dies liefert
zwar Informationen fr die Entscheidungsfindung,
aber letztlich mssen die Manager entscheiden, was
zu tun ist. Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass
die Gestaltung der Beziehungen eines Unternehmens zur
Gesellschaft davon abhngt, auf welchem Entwicklungs-
stand von Corporate Citizenship das Unternehmen steht.
Denen, die erst krzlich bekehrt wurden, mangelt es oft
an Verstndnis fr die vielen verschiedenen Verbindungs-
linien zur Gesellschaft, und sie haben weder die Fach-kenntnis noch die Techniken, den vielfltigen Interessen
und Forderungen, die auf sie einstrmen, zu begegnen.
Fr sie besteht die entscheidende Herausforderung darin,
Corporate Citizenship auf der Agenda des Unterneh-
mens zu verankern, sich bessere Informationen ber die
Anliegen der Stakeholder zu verschaffen und einige sinn-
volle erste Schritte zu tun. Das andere Extrem dieses Ent-
wicklungsprozesses bilden Unternehmen, die sich bereits
erheblich engagiert haben. Unsere Gesprche mit ihnen
machen deutlich, dass einige Unternehmen ihre Bezie-hungen zur Gesellschaft in moralische Kategorien fassen,
andere unter dem Aspekt des Risikomanagements, und
wieder andere sehen sie als Chance, Gutes zu tun und
dadurch auch fr das eigene Wohlergehen zu sorgen
doing well by doing good. Die Spitzenreiter betrachten
ihre Rolle in der Gesellschaft ganzheitlich, was auf grund-
legende Vernderungen in Unternehmenskultur, Ge
schftspraxis und Strategie hindeutet.
Konzepte von Corporate Citizenship:nderung der Spielregeln
Was bedeutet Corporate Citizenship fr Unternehmen?
Die einfachste Formel betrifft Arbeitspltze, Gewinne
und Steuern.Bei Unternehmen,deren Vision dort Halt
macht, ist das Interesse an Corporate Citizenship spo-
radisch; auch die Umweltprogramme und das gesell-
schaftliche Engagement eines solchen Unternehmens
sind unterentwickelt. Die Grnde liegen auf der Hand:
rudimentres Verstndnis dessen, worum es eigentlichgeht, Gleichgltigkeit seitens der Unternehmenslei-
tung und eingeschrnkte Interaktion mit externen Sta-
keholdern, vor allem in Sozial- und Umweltfragen.
Viele Unternehmen engagieren sich heute am Unter-
nehmensstandort oder durch philanthropische Aktivi-tten fr gesellschaftliche Belange, achten auf
Umweltschutz und gehen im brigen ihren Geschf-
ten nach.Ein Unternehmen,das auf eine innovativere
Stufe von Corporate Citizenship vorgestoen ist, ist der
Arzneimittelhersteller Baxter. Das Unternehmen war
unter den Vorreitern einer Praxis, die sich Anfang der
1990er Jahre zur Global Reporting Initiative entwickeln
sollte,und begann,die eigene wirtschaftliche,kologi-
sche und soziale Leistung zu messen und darber zu
berichten. 1997 war Baxter eine der ersten Firmen, diedie CERES-Prinzipien annahmen, entsprechende
Umweltberichte erstellten und Verbesserungen einlei-
teten. Im Zuge dieser Entwicklung akzeptierte das
Unternehmen die nach wie vor umstrittene Vorstel-
lung, sowohl den Aktionren als auch anderen Stake-
holdern gegenber verantwortlich zu sein und von
diesen wie von jenen zur Rechenschaft gezogen wer-
den zu knnen. Interessanterweise wurde diese freiwil-
lige Selbstverpflichtung 2001 in Spanien auf den Prf-
stand gestellt, als sechs Patienten whrend einer Dia-lysebehandlung starben mglicherweise aufgrund
von Problemen mit Filtern,die von einem Tochterunter-
nehmen hergestellt wurden. Baxter reagierte mit
einem Rckruf der Filter und einer ffentlichen Ent-
schuldigung, nahm einen Verlust von $189 Millionen
hin und krzte auf Wunsch des Vorstandsvorsitzenden
dessen Bonuszahlung.
Die Geschichte von Baxter verdeutlicht zwei Wege,
die ein Unternehmen in diesem Stadium nach vornbringen: 1) die Erweiterung der Agenda durch ein
umfassenderes Konzept von Corporate Citizenship
und 2) die Intensivierung des Engagements, indem die
Unternehmensleitung mehr Verantwortung bernimmt
und als Vertrauensbildner agiert. Die meisten Unter-
nehmen scheinen beim Durchlaufen dieses Stadiums
ein tiefergehendes Verstndnis zu entwickeln, was
Corporate Citizenship erfordert. Corporate Citizens
der nchsten Generation gehen noch einen oder
auch zwei Schritte weiter.
19
Mirvis/Googins: Neue Rollen und Aufgaben fr Unternehmen in der Gesellschaft
III. REAKTION AUF DIE GESELLSCHAFT:CORPORATE CITIZENSHIP VON INNEN NACH AUSSEN
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7/31/2019 CCCDebatte01 Neue Rollen Und Aufgaben Fuer Unternehmen in Der Gesellschaft 2009
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Integration
In den letzen Jahrzehnten gab es einige Modelle, die
einen integrierenden Bezugsrahmen und Leitfaden fr
dieses ansonsten noch unbekannte Terrain anboten.
So wurde die Vorstellung entwickelt,Unternehmen sei-en fr die gesellschaftlichen,wirtschaftlichen und ko-
logischen Auswirkungen ihres Betriebs verantwortlich
und rechenschaftspflichtig John Elkington, UK, hat
dafr den Begriff der Triple Bottom Line (d.h. die tradi-
tionelle, konomische Bilanzierung wird erweitert um
soziale und kologische Bilanzen).18 Gleichzeitig stieg
das Interesse an einem Konzept von Nachhaltigkeit,
das die Aufmerksamkeit darauf lenkt, wie Natur und
Gesellschaft von der Macht der Wirtschaft betroffen
sind. Die wichtigsten Nachhaltigkeitskonzepte undmodelle stammen aus Umweltstudien,aber das Kon-
zept ist ausgeweitet worden auf soziale Nachhaltig-
keit oder das Wohlergehen von Mensch und Gesell-
schaft.
Diese Konzepte von Corporate Citizenship reflektieren
eine inklusivere Sicht von unternehmerischer Verant-
wortung, bei deren Annahme Unternehmen eine
ganzheitlichere Sicht ihrer Rolle in der Gesellschaft
entwickeln, begleitet von grerer Verantwortung frdie Auswirkungen ihrer Ttigkeit auf Wirtschaft,Gesell-
schaft und Umwelt. Das wiederum untersttzt regel-
mige Beziehungen mit Stakeholdern, und es befr-
dert genauere Messung und besseres Management
der triple bottom line. Die operative Herausforde-
rung besteht in der Integration der unterschiedlichen
Ansatzpunkte und der Beitrge unterschiedlicher
Abteilungen im Unternehmen, die zustndig sind fr
Personalfragen, Kontakte zu Regierungen, Public
Affairs, Arbeitsschutz, Umwelt- und Rechtsfragen; es
gilt,dafr zu sorgen, dass in Sachen Corporate Citizen-
ship alle an einem Strang ziehen.
Ein neues Spiel
Einige Unternehmen gehen einen Schritt weiter in Rich-
tung auf die nchste Generation von Corporate Citizen-
ship und knpfen dieses an den eigentlichen Zweck und
die Strategie des Unternehmens. Die strategische Absicht
dieser Firmen besteht nicht nur darin, ihre Geschfte auf
verantwortliche und nachhaltige Weise zu betreiben; sie
zielen vielmehr darauf, soziale und kologische Belange
der Welt zu bearbeiten und daraus ein verantwortliches
und nachhaltiges Geschft zu machen.
Firmen wie Dow Chemical, IBM, Interface Carpets oder
Wal-Mart, um nur einige wenige zu nennen, haben von
ihren Strategien, Plnen und Lieferketten bis zu ihren Pro-
dukten und Dienstleistungen gesellschaftliche und ko-logische Fragen mit ihrem Kerngeschft verknpft. Die
operative Herausforderung fr diese Firmen besteht
darin, Marketing, Fertigung, Finanzwesen, Forschung und
Entwicklung sowie weitere betriebliche und kommerziel-
le Funktionen in einer Strategie zu integrieren, die sie mit
den Bedrfnissen und Anliegen der Gesellschaft ver-
knpft. Dies schliet die gesamte Wertschpfungskette
des Unternehmens ein, setzt Corporate Citizenship auf
die Agenda der Fhrungskrfte und verbindet es mit dem
Unternehmenszweck.
Laut einer GlobeScan-Befragung jngeren Datums
halten nur 30 Prozent der befragten 300 Corporate
Citizenship-Experten die strategische Philanthropie fr
ein wirksames Mittel,um die Millenniums-Entwicklungs-
ziele (Millennium Development Goals, MDGs) der Ver-
einten Nationen zu erreichen.Demgegenber bewer-
ten fast 75 Prozent neue Geschftsmodelle und Inno-
vationen als etwas oder sehr wirksam.19
Wir erleben,wie eine Reihe von Corporate Citizens der
nchsten Generation neue Geschftsmodelle ent-
wickeln, die darauf zielen, Wertschpfung sowohl fr
den Markt als auch fr die Gesellschaft zu erarbeiten.
Was bedeutet das? Wirtschaftlich gesehen, erkunden
diese Unternehmen unerschlossene Mrkte. Gesell-
schaftlich betrachtet, bewegen sie sich auf unterver-
sorgte Gemeinschaften zu. Neue Geschftsmodelle
und Innovationen einer sozialen konomie nehmen
vielerlei Formen an, und sie setzen auf unterschiedli-
che Chancen und Bedrfnisse. Betrachten wir etwa
die folgenden Ansatzpunkte:
Das untere Ende der Pyramide
Die niedrigste Einkommensgruppe umfasst nahezu
vier Milliarden Menschen. Unternehmen brauchen
neue Geschftsmodelle, damit auch die Armen zu
Konsumenten werden knnen.Diese Modelle bein-
20
Mirvis/Googins: Neue Rollen und Aufgaben fr Unternehmen in der Gesellschaft
18 John Elkington, Cannibals with Forks: The Triple-Bottom Line of21st Century Business (London: Capstone/John Wiley, 1997).
19 Globescan 2007.
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halten Mikrokredite, lokale Angebots- und Absatz-
systeme sowie Schulungen fr Sozialunternehmer
(social entrepreneurs);
Entwicklung von Arbeitskrften
Angesichts von Bevlkerungsexplosion und altern-den Belegschaften in Japan und im Westen ergrei-
fen einige fhrende Unternehmen innovative Ma-
nahmen bei der Anwerbung, Ausbildung und
Beschftigung von benachteiligten Jugendlichen
und Minderheiten und bei der Entwicklung neuer
Einsatzmglichkeiten fr ltere Mitarbeiter;
Entwicklung der Zulieferer
Immer mehr Unternehmen verschreiben sich dem
Wert der Vielfalt (diversity); gleichzeitig wchstdas gesellschaftliche Bedrfnis nach einer inklusi-
ven konomie, die alle Menschen einbindet. Fh-
rende Unternehmen arbeiten deshalb mit Zuliefe-
rern, die Minderheiten angehren, benachteiligt
und unerfahren sind, um dieses zugleich konomi-
sche und gesellschaftliche Bedrfnis nach Vielfalt
und Inklusion zu stillen;
Entwicklung und Forschung zum Nutzen der Gesell-
schaft
Das Engagement in unerschlossenen Mrkten
ganz gleich, ob fr neue Kundengruppen, fr neue
Arbeitsmrkte oder fr neue Zulieferer - erfordert
das berdenken hergebrachter Praktiken und das
Experimentieren mit neuen. Einige dieser neuen
Ideen gewinnen Modellcharakter oder finden
Anwendung auf andere Produkte und Prozesse;
Ko-Produktion von Werten
Unternehmen arbeiten zusammen mit Kunden,
Geschftspartnern und Stakeholdern wie Regie-
rungen und NGOs zusammen,um gemeinsam wirt-
schaftlichen und gesellschaftlichen Wert zu schaf-
fen. Nutzen erwchst nicht allein aus Produkten
und Prozessen, sondern auch aus engeren,vertrau-
ensvolleren Beziehungen ber Sektorengrenzen
hinweg.20
Strategische Absicht:
Corporate Citizenship als Strategie
Seien wir ehrlich: Nur wenige Unternehmen whlen
einen wirklich strategischen Ansatz fr Corporate Citi-
zenship. Die vom Boston College Center for Corpora-te Citizenship im Jahr 2007 in den USA durchgefhrte
Unternehmensbefragung stellte fest, dass sechs von
zehn Unternehmen ihr Corporate Citizenship auf die
Strategie abstimmten, weniger als vierzig Prozent
machen es zu einem Teil ihrer Business-Plne. Beson-
ders traditionelle Firmen beschrnken sich oft auf die
enge Perspektive der Einhaltung von Gesetzen und Bran-
chenstandards. Es gibt eine Reihe von Anzeichen, die
den bergang eines Unternehmens zur Stufe des enga-
gierten Corporate Citizenship markieren. Simon Zadekmacht darauf aufmerksam, dass sich Unternehmen
auf dieser Stufe oft einen regelgeleiteten Ansatz zu
eigen machen, um das Risiko eventueller Rechtsstrei-
tigkeiten und Reputationsverluste zu minimieren.
Wenn Unternehmen sich in diesem Bereich weiterentwi-
ckeln, setzen sie sich typischerweise auch mit der Frage
des business case fr ihre Corporate Citizenship-Pro-
gramme auseinander. Unsere Forschung legt allerdings
die Vermutung nahe, dass in diesem Stadium Kriterienund Indikatoren funktionalisiert werden. Diejenigen,
die fr das gesellschaftliche Engagement des Unter-
nehmens zustndig sind, sttzen sich auf besondere
Vorteile fr Mitarbeiterfindung und bindung und frs
Firmenimage; die Umweltbeauftragten beschftigen
sich mit Einflssen auf Risiko- und Lebenszykluskosten;
und die Finanzverantwortlichen betonen Offenlegung
und Zugang zu Kapital. Topmanager, die das ganze
Unternehmen im Blick haben, verweisen unterdessen
auf die Strkung und den Wert der Marke.
Corporate Citizenship: das Wert-Versprechen
Interessanterweise knnen wir feststellen, dass viele der
Unternehmen, die die integrative Stufe betreten, ihr
gesellschaftliches Engagement weniger auf einem spezi-
fischen business case als vielmehr auf ihre Unterneh-
21
Mirvis/Googins: Neue Rollen und Aufgaben fr Unternehmen in der Gesellschaft
20 Siehe John Weiser,Michele Kahane, Steve Rochlin, und Jessi-ca Landis, Untapped: Creating Value in Underserved Markets(San Francisco: Berrett-Koehler, 2006).
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menswerte aufbauen.Ein typisches Beispiel dieser innen
nach auen Logik ist die Danone Gruppe, das fran-
zsische multinationale Unternehmen; es hat seinen
Verhaltenskodex in ein Werte-Versprechen eingebet-
tet, das als der Danone Weg bekannt geworden ist.
Sein Ursprung geht auf die Protestbewegungen derspten 1960er Jahre zurck, als Antoine Riboud, der
damalige Vorstandsvorsitzende des Vorgngerunter-
nehmens, versprach, die neuen Erwartungen von Mit-
arbeitern und Gesellschaft zu erfllen. Dieses Verspre-
chen fand 1974 seinen formellen Ausdruck in einer
Erklrung,die eine duale Verpflichtung zu wirtschaft-
lichem Erfolg und gesellschaftlicher Verantwortung
formulierte. Heute schlgt sich diese duale Verpflich-
tung in einer Vielzahl von Kriterien nieder, die die
Unternehmen der Gruppe fr Selbstbewertungenihres Corporate Citizenship nutzen, die wiederum von
einem konzernweiten Lenkungsausschuss berprft
werden.Eine andere Version kommt von Levi Strauss &
Co., das bereits seit der Zeit, als Firmengrnder Levi-
Strauss 1853 in San Francisco sein Textilgeschft erff-
nete, ein wertgeleitetes Unternehmen ist. Obwohl das
Unternehmen ein Corporate Citizenship-Pionier ist,hat
ein Geschftsrckgang,der 1997 anhob, seinen sozia-
len Schwung gedmpft.Um die Kraft dieser Werte neu
zu beleben, hat das Unternehmen ein Pilotprogrammaufgelegt,das sein Werte-Versprechen in das operati-
ve Geschft in Nordamerika - in Bereiche wie Perso-
nalwesen, gesellschaftlichem Engagement oder
Beschaffung ebenso wie in Marketing und Vertrieb
integrieren sollte. Der Nordamerika-Chef Robert Han-
son sagt ber die wertebasierte Wende: Wir schaffen
es. Genau wie im Markt, mssen wir auch bei Corpo-
rate Citizenship innovativ sein,wenn wir fr unsere Sta-
keholder bedeutsam bleiben wollen. Deshalb arbei-
ten wir daran, die Integration von Corporate Citizen-
ship in unser Geschft auf jeder Ebene unserer Orga-
nisation weiter voranzutreiben.
Die Werte zum Leben erwecken
Das Wert-Versprechen von Corporate Citizenship findet
seinen deutlichsten Ausdruck, wenn es vollstndig mit
der Vision und den Werten eines Unternehmens vermittelt
ist. Vor einigen Jahren hat das Boston College Center
for Corporate Citizenship mit Unilever zusammengear-
beitet, um das Umfeld des Unternehmens zu analysie-
ren und seine gesellschaftliche Rolle zu berdenken.
Mehr als zweihundert Manager des globalen Unter-
nehmens, das bekannt ist fr Haushalts- und Krper-
pflegemarken wie Dove, Lifebuoy und Vaseline sowie
fr Nahrungsmittel- und Getrnkemarken wie Lipton
Tee, Knorr und Ben & Jerrys Eiskrem, diskutierten und
analysierten den Fair Trade-Trend, das Problem vonFettleibigkeit und Fehlernhrung, den Umgang des
Unternehmens mit Luft und Wasser und dergleichen
mehr. Daraus entspann sich eine hitzige Debatte ber
die ethischen Pflichten von Unternehmen einerseits,
die moralische Gefahr, Gelder von Aktionren fr die
Probleme der Welt auszugeben, andererseits. Dann
machte ein Manager die Bemerkung ber Pflichten
und Verantwortung von Unilever, die den Durchbruch
bedeutete: Es geht darum, wer wir sind. Und wie wir
Geschfte machen. Es ist in unseren Genen.
Unilevers historisches Bekenntnis zu seiner Verantwor-
tung fr die Gesellschaft lsst sich bis auf den Firmen-
grnder,William Hesketh Lever, zurckverfolgen,der im
ausgehenden 19. Jahrhundert eine Firmensiedlung
gegrndet hatte, in der die Arbeiter zu gnstigen Mie-
ten wohnen konnten, und der den seinerzeit unvor-
stellbaren Acht-Stunden-Tag eingefhrt hatte, ebenso
wie Krankengeld, Urlaubsgeld und Renten fr mnnli-
che und auch weibliche Angestellte.Die Herausforde-rung von heute lautet, in den Worten eines Managers,
das Erbe von Lever anzunehmen und es in die Welt
von heute zu bertragen.
Unilever war einer der Ersten der Branche,der mit fh-
renden NGOs und ausgewhlten Firmen zusammen-
arbeitete, um sich Themen wie Wasser, Fischfang und
nachhaltiger Landwirtschaft anzunehmen.Nach dem
Projekt mit dem Boston Colllege Center for Corporate
Citizenship gab das Unternehmen sich eine Vitalitts-
mission, die darauf zielt, alle Austauschprozesse mit
der Gesellschaft mit Leben zu erfllen. In der Folge
reduzierte das Unternehmen seine Umwelteintrge
drastisch, wandte sich nachhaltiger Beschaffung und
fair gehandeltem Tee zu, eliminierte Transfette und
setzte seinen Produkten gesndere Inhaltstoffe zu.
Damit hat das Unternehmen nicht nur bei geschftli-
chen Entscheidungen gesellschaftliche Anliegen
bercksichtigt, sondern vielmehr seine Geschftsstra-
tegien darauf ausgerichtet, sich der schwierigen und
oft auch besorgniserregenden Probleme anzunehmen,
vor denen das Unternehmen und die Welt stehen.
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Erschlieung neuer Mrkte und sozialer Wandel
Nehmen wir beispielsweise das Problem der Fettleibig-
keit, das in den USA und Europa weit verbreitet ist und
inzwischen auch Indien, China und andere Teilen der
Welt erreicht hat. Hochrechnungen zufolge wird Typ IIDiabetes pandemische Ausmae erreichen von
heute etwa 180 Millionen zu 370 Millionen Fllen im
Jahre 2030. Gleichzeitig haben sich auch die Ansich-
ten ber die Ursachen von Fettleibigkeit deutlich
gendert. Eine Analyse von Artikeln ber Fettleibigkeit
in der New York Times zeigte, dass 1990 etwa 84 Pro-
zent der Artikel Fettleibigkeit auf individuelle Gewohn-
heiten zurckfhrten, nur 14 Prozent nannten uere
Faktoren als Ursache.Dreizehn Jahre spter hingegen
hoben nur noch 54 Prozent der Artikel die Bedeutungdes individuellen Verhaltens hervor, whrend nun 46
Prozent externe Ursachen anfhren ein Anstieg auf
das Dreifache.21 Natrlich ist dies eine Bedrohung fr
Fastfood-Franchisegeber und Getrn-kehersteller.
Gleichzeitig lsst es den Markt fr gesndere Lebens-
mittel expandieren. Unilever hat, ebenso wie etwa
Nestl, Pepsico und Kraft, eifrig daran gearbeitet,
ungesunde Inhaltsstoffe zu ersetzen und in ihren Sorti-
menten gesndere Alternativen anzubieten.
Unilever hat auch sein bottom of the pyramid-Geschftsmodell in den Entwicklungslndern ausge-
weitet und die Dove-Initiative fr wahre Schnheit
ins Leben gerufen.22 CEO Patrick Cescau hat die
Handlungslogik fr Unilever pointiert zusammenge-
fasst: Erfolgreiche Firmen werden die gesamte Pyra-
mide abdecken fr Verbraucher auf jedem Einkom-
mensniveau ... Bei gesellschaftlicher Verantwortung
von Unternehmen geht es nicht nur um nachhaltige
Entwicklung und Reputationsgewinn. Es geht auch
darum,Mrkte zu entwickeln und Innovationen voran-
zutreiben.
Leadership: von oben nach unten
In der Entwicklung von Corporate Citizenship gibt es
noch immer Topmanager, die im Anfangsstadium stehen
und berwiegend Lippenbekenntnisse abgeben, aber
eine wachsende Anzahl wandelt sich vom wohlmeinen-
den Untersttzer zu einem Sachwalter fr Corporate Citi-
zenship im gesamten Unternehmen. Dieser Vernde-
rungsprozess hat verschiedene Grnde. Zum einen
steht ein CEO heutzutage ungleich mehr im Licht der
ffentlichkeit als vor 25 Jahren.Auerdem ist mit dem
ber Jahrzehnte gewachsenen Misstrauen gegen-
ber der Wirtschaft zugleich der Ruf nach Verantwor-
tung von Wirtschaftsfhrern fr das gesellschaftliche
und kologische Handeln ihrer Unternehmen lauter
geworden. Das zwingt die CEOs, selbst die Aufsichtber Corporate Citizenship