charakterisierung und quantifizierung von mineralstoffbindungen in lebensmitteln

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Origins| papers Charakterisierung und Quantifizierung von Mineralstoffbindungen in Lebensmitteln Andreas Schweizer i und Georg Schwedt z 1 Institut fiir Lebensmittelchemie und Analytische Chemie der Universit/it Stuttgart, Pfaffenwaldring 55, D-7000 Stuttgart 80, Bundesrepublik Deutschland 2 Institut fiir Anorganische und Analytische Chemie, TechnischeUniversit/it Clausthal, Paul-Ernst-Strasse 4, D-3392 Clausthal-Zellerfeld,Bundesrepublik Deutschland Characterization and quantification of mineral bindings in different foodstuffs Summary. Ion-exchange on Chelex-100, donnan dialysis and the method of ion-retardation are applied to characterize the bonding strengths of the minerals Ca, Mg and Zn in milk and extracts of meat and flour. Another ion-exchange procedure and direkt potentiometry with an Ca-selective electrode are applicate for the quantification of weak bind- ings. By use of the above mentioned methods it is possible to calculate element species stabilities, which represent characteristic values. Both methods give comparable results for milk, extracts of meat and spinach, grape-juice, red and white wine. Detailed examinations of binding conditions in milk proved citrate to the strength binding compound for Ca and Mg. Model-examinations with citrate, caseine and phosphate agree well with calculations and measurements in milk. Furthermore differences in the binding of Ca and Mg in raw and cream spinach are examined. The above mentioned methods are suitable to characterize and quantify the binding of elements in foodstuffs. The results give infor- mations about chemical changes due to technological pro- cesses e.g., in regard to storage life. Einleitung Die Elementspezies-Analytik, welche differenzierte Infor- mationen fiber den Gesamtgehalt hinausgehend liefert, ge- winnt zunehmend an Bedeutung. Fiir den Bereich der Le- bensmittel stehen dabei folgende Aufgaben im Vordergrund: 1. Bestimmungen der Bioverfiigbarkeit essentieller oder toxi- scher (bzw. potentiell toxisch wirkender) Elemente mit einer in-vitro-Methode, 2. Voraussagen zur Lagerstabilit/it, soweit Metalle daran beteiligt sind. Beispiele hierffir sind die Aut- oxidation von Fetten [1] oder die Ca-Tartrat-Ausf/illung in Weinen. Besondere Schwierigkeiten in der Analytik der Ele- mentbindungsformen ergeben sich ffir solche Elemente, die von ,,Natur aus" nur sehr geringe Bindungsstabilit/iten auf- weisen. Trenn- und Reinigungsschritte, die in der Element- spezies-Analytik fest gebundener Elemente Anwendung fin- den [2], k6nnen hier zu Ver/inderungen der Bindungszu- st/inde fiihren und so die Aussagekraft der Analysenergeb- nisse in Frage stellen. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt deshalb in der Entwicklung von Analysenverfahren, die eine Charakterisierung schwacher Bindungen zulassen. Diese dienen zum Nachweis von Bindungen und zur Quantifizie- Offprint requests to: G. Schwedt Fresenius Z Anal Chern (1988) 330:518-523 Springer-Verlag 1988 rung yon Bindungsst/irken, um verschiedene Lebensmittel in ihrem Bindungsverm6gen unterscheiden zu k6nnen. Die Analysenmethodik wird am Beispiel yon Ca, Mg und Zn ffir verschiedenartige Lebensmittel vorgestellt und diskutiert. Experimentelles 1 Ionenaustausch und Ionenverz6gerung (ion retardation) Material. Leere 6-ml-Einmal-Extraktionss/iulen mit Fritten (~ 1,0 cm), Baker; Mikroperpex Peristaltic Pump 2132, LKB; Chelex-100, 100-200 mesh, 0,4 meq/ml, Na-Form, Bio-Rad; Dowex Ion Retardation Resin, 50-100 mesh, Sigma; H/imoglobin vom Rind, Serva. Proben. Rindfleisch-Extrakt, Vollmilch, siehe [3]; Weizen- mehl-Extrakt: 40 g Weizen-Vollkornmehl Type 1700 (Fa. B6sen) werden mit 140 ml bidest. Wasser extrahiert. Auf- arbeitung vgl. Rindfleisch-Extrakt [3]. Arbeitsvorschrift. Der Ionenaustauscher wird mit dest. Was- ser bis zur neutralen Reaktion gewaschen. 2 ml des Harzes werden in eine leere Extraktionss/iule gefiillt. Auf diese wer- den 2 ml der Probe bzw. H/imoglobinl6sung in unterschiedli- chen Konzentrationen gegeben. Es wird mit 1 ml/min mit dest. Wasser eluiert (mittels peristaltischer Pumpe). Gesamt- volumen des Eluats: 25 ml. Die Proteinbestimmungen erfolgen nach Lowry [4]. H/i- moglobin wird photometrisch bei 406 nm, die Konzentratio- nen der Metalle mittels Flammen-AAS bestimmt. 2 Donnan-Dialyse Material. Kationenaustauschermembran fiir Elektrodialy- se-Anlage Bel 1, Berghof; Dialysezelle: Aus einer 50-ml- Polyethylen-Weithalsflasche wird eine Dialysezelle herge- stellt, indem der Boden abgeschnitten und in den Deckel ein Loch von 2,3 cm Durchmesser gebohrt wird. Zwischen Polyethylenflasche und Deckel wird die Kationenaustau- schermembran gespannt und die Dichtigkeit der Zelle fiber- prfift. Natriumsulfat-L6sung: Eine 1,2-tool/1 Na2SO4-L6- sung wird mit Chelex-100 (Na-Form) gereinigt. Dazu wer- den 2 1 der L6sung fiber eine 80-ml-lonenaustauschersfiule bei einer FluBgeschwindigkeit von 1 ml/min gegeben. Arbeitsvorschrift. Die Kationenaustauschermembran wird vor jedem Gebrauch regeneriert. Dazu wird die Membran 30 min lang mit 1,5 mol/1 HC1, dann mit 1,2 mol/1 NazSO4- L6sung und danach mit 0,6 mol/1 NazSO4-L6sung gespiilt.

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Origins| papers

Charakterisierung und Quantifizierung von Mineralstoffbindungen in Lebensmitteln Andreas Schweizer i und Georg Schwedt z

1 Institut fiir Lebensmittelchemie und Analytische Chemie der Universit/it Stuttgart, Pfaffenwaldring 55, D-7000 Stuttgart 80, Bundesrepublik Deutschland 2 Institut fiir Anorganische und Analytische Chemie, Technische Universit/it Clausthal, Paul-Ernst-Strasse 4, D-3392 Clausthal-Zellerfeld, Bundesrepublik Deutschland

Characterization and quantification of mineral bindings in different foodstuffs

Summary. Ion-exchange on Chelex-100, donnan dialysis and the method of ion-retardation are applied to characterize the bonding strengths of the minerals Ca, Mg and Zn in milk and extracts of meat and flour. Another ion-exchange procedure and direkt potentiometry with an Ca-selective electrode are applicate for the quantification of weak bind- ings. By use of the above mentioned methods it is possible to calculate element species stabilities, which represent characteristic values. Both methods give comparable results for milk, extracts of meat and spinach, grape-juice, red and white wine. Detailed examinations of binding conditions in milk proved citrate to the strength binding compound for Ca and Mg. Model-examinations with citrate, caseine and phosphate agree well with calculations and measurements in milk. Furthermore differences in the binding of Ca and Mg in raw and cream spinach are examined. The above mentioned methods are suitable to characterize and quantify the binding of elements in foodstuffs. The results give infor- mations about chemical changes due to technological pro- cesses e.g., in regard to storage life.

Einleitung

Die Elementspezies-Analytik, welche differenzierte Infor- mationen fiber den Gesamtgehalt hinausgehend liefert, ge- winnt zunehmend an Bedeutung. Fiir den Bereich der Le- bensmittel stehen dabei folgende Aufgaben im Vordergrund: 1. Bestimmungen der Bioverfiigbarkeit essentieller oder toxi- scher (bzw. potentiell toxisch wirkender) Elemente mit einer in-vitro-Methode, 2. Voraussagen zur Lagerstabilit/it, soweit Metalle daran beteiligt sind. Beispiele hierffir sind die Aut- oxidation von Fetten [1] oder die Ca-Tartrat-Ausf/illung in Weinen. Besondere Schwierigkeiten in der Analytik der Ele- mentbindungsformen ergeben sich ffir solche Elemente, die von ,,Natur aus" nur sehr geringe Bindungsstabilit/iten auf- weisen. Trenn- und Reinigungsschritte, die in der Element- spezies-Analytik fest gebundener Elemente Anwendung fin- den [2], k6nnen hier zu Ver/inderungen der Bindungszu- st/inde fiihren und so die Aussagekraft der Analysenergeb- nisse in Frage stellen. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt deshalb in der Entwicklung von Analysenverfahren, die eine Charakterisierung schwacher Bindungen zulassen. Diese dienen zum Nachweis von Bindungen und zur Quantifizie-

Offprint requests to: G. Schwedt

Fresenius Z Anal Chern (1988) 330:518-523 �9 Springer-Verlag 1988

rung yon Bindungsst/irken, um verschiedene Lebensmittel in ihrem Bindungsverm6gen unterscheiden zu k6nnen. Die Analysenmethodik wird am Beispiel yon Ca, Mg und Zn ffir verschiedenartige Lebensmittel vorgestellt und diskutiert.

Experimentelles

1 Ionenaustausch und Ionenverz6gerung (ion retardation)

Material. Leere 6-ml-Einmal-Extraktionss/iulen mit Fritten ( ~ 1,0 cm), Baker; Mikroperpex Peristaltic Pump 2132, LKB; Chelex-100, 100-200 mesh, 0,4 meq/ml, Na-Form, Bio-Rad; Dowex Ion Retardation Resin, 50-100 mesh, Sigma; H/imoglobin vom Rind, Serva.

Proben. Rindfleisch-Extrakt, Vollmilch, siehe [3]; Weizen- mehl-Extrakt: 40 g Weizen-Vollkornmehl Type 1700 (Fa. B6sen) werden mit 140 ml bidest. Wasser extrahiert. Auf- arbeitung vgl. Rindfleisch-Extrakt [3].

Arbeitsvorschrift. Der Ionenaustauscher wird mit dest. Was- ser bis zur neutralen Reaktion gewaschen. 2 ml des Harzes werden in eine leere Extraktionss/iule gefiillt. Auf diese wer- den 2 ml der Probe bzw. H/imoglobinl6sung in unterschiedli- chen Konzentrationen gegeben. Es wird mit 1 ml/min mit dest. Wasser eluiert (mittels peristaltischer Pumpe). Gesamt- volumen des Eluats: 25 ml.

Die Proteinbestimmungen erfolgen nach Lowry [4]. H/i- moglobin wird photometrisch bei 406 nm, die Konzentratio- nen der Metalle mittels Flammen-AAS bestimmt.

2 Donnan-Dialyse

Material. Kationenaustauschermembran fiir Elektrodialy- se-Anlage Bel 1, Berghof; Dialysezelle: Aus einer 50-ml- Polyethylen-Weithalsflasche wird eine Dialysezelle herge- stellt, indem der Boden abgeschnitten und in den Deckel ein Loch von 2,3 cm Durchmesser gebohrt wird. Zwischen Polyethylenflasche und Deckel wird die Kationenaustau- schermembran gespannt und die Dichtigkeit der Zelle fiber- prfift. Natriumsulfat-L6sung: Eine 1,2-tool/1 Na2SO4-L6- sung wird mit Chelex-100 (Na-Form) gereinigt. Dazu wer- den 2 1 der L6sung fiber eine 80-ml-lonenaustauschersfiule bei einer FluBgeschwindigkeit von 1 ml/min gegeben.

Arbeitsvorschrift. Die Kationenaustauschermembran wird vor jedem Gebrauch regeneriert. Dazu wird die Membran 30 min lang mit 1,5 mol/1 HC1, dann mit 1,2 mol/1 NazSO4- L6sung und danach mit 0,6 mol/1 NazSO4-L6sung gespiilt.

Dialyse. In die Dialysezelle werden 5 ml 0,6 mol/1 Na2SO~- L6sung pipettiert. Die Zelle wird in 500 ml Standardl6sung bzw. Probe getaucht. Das Flfissigkeitsniveau des Rezipien- ten und der Probe soll etwa gleich hoch sein. Unter schwa- chem Rfihren (Probe- und Standardl6sung gleich) wird 45 rain lang bei konstanter Temperatur (Thermostat) dialy- siert. Dann wird der Rezipient quantitativ in einen Mel3kol- ben fiberffihrt und auf 10 ml aufgeffillt. Ca, Mg und Zn werden mittels Flammen-AAS analysiert. Die Blind- und Standardl6sungen enthalten 0,3 mol/1 bzw. der Probenver- dfinnung entsprechende Konzentrationen an Na2SO4.

3 Direkt-Potentiometrie

Das Experimentelle wurde von uns bereits beschrieben [3]. Ffir die Bestimmung von Ca-St-Werten in Wein wurde an- start der Ca-selektiven Elektrode von Orion diejenige von Metrohm (EA 301 CA mit auswechselbarem Sensorelement EA 302 CA) verwendet. Sie zeichnet sich durch kurze An- sprechzeiten und einen grogen pH-Arbeitsbereich aus.

ISA-Methode. I ml ISA-L6sung (4 mol/1 KC1) werden zu 50 ml der Probe gegeben. Der pH-Wert muB kontrolliert und eventuell dem der Originalprobe angeglichen werden. Die Eichung erfolgt mit CaC12-Standardl6sungen mit der gleichen ISA-Konzentration.

Proben. Spinat, tiefgefroren, Rahmspinat, tiefgefroren (Dr. Oetker), roter Traubensaft (Hardtop), Rotwein, WeiBwein.

Or gina|a 'br162

Spinat-Extrakt. 30 g im Mixer homogenisierte Probe werden zum ZellaufschluB mit 2 g Seesand (mittels HNO3 gereinigt) versetzt und im M6rser zerrieben. Das Material wird mit 150 ml dest. Wasser 1 h extrahiert (Schfittelmaschine), 1 h bei 11000 U/min zentrifugiert und fiber einen 0,45-gm-Filter membranfiltriert.

Analysenmethodik und Diskussion der Ergebnisse

1 Klassifizierung von Elementbindungsstdrken

1.1 Ionenaustausch und Ionenverz6gerung (Ion retardation)

In einer frfiheren Arbeit [5] wurde fiber den Einsatz von Ionenaustauschern zur Charakterisierung von Metall-Bin- dungsformen berichtet. Von dieser Arbeit ausgehend wurde zun~ichst die Austauschbarkeit von Mineralstoffen in Le- bensmitteln mit Hilfe eines chelatisierenden Ionenaustau- schers untersucht. Bei diesen Untersuchungen ist generell zu beachten, dab keine Adsorption organischer Bestandteile des Lebensmittels, an welche Mineralstoffe gebunden sein k6nnen, erfolgt. Ein chelatisierender Ionenaustauscher er- ffillt diese Voraussetzung relativ gut, da er nach eigenen Untersuchungen (vgl. Tabelle 1 b) nur wenig organisches Material bindet. Die Austauschversuche wurden im S/iulen- verfahren durchgef/Jhrt, die Ergebnisse ffir drei verschiedene Lebensmittel sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Aufgrund der Austauschbarkeit sind die Bindungsstfirken von Ca und Mg in den untersuchten Proben nicht unterscheidbar. Dies

Tabelle 1

a) Bindung von Mineralstoffen aus Lebensmitteln an Chelex-100 und an ein Ionenverz6gerungsharz

Probe Chelex-100 Ionenverz6gerungsharz

Mg Ca Zn Fe Mg Ca Zn

Fleisch-Extrakt 100% > 90% 53% 12% 94% 70% 54% (36,3 mg/1) (5,6 mg/1) (3,7 mg/1) (3,7 rag/l) (36,3 nag/l) (5,6 mg/1) (3,7 nag/l)

Weizenmehl-Extrakt 100% 100% 80% 27% 76% 87% 24% (137 rag/l) (25,8 mg/1) (1,4 mg/1) (0,77 rag/l) (137 rag/l) (25,8 mg/1) (1,4 mg/1)

Vollmilch 100% 100% 90% 16% 43% 20% 6% (113 mg/1) (1,27 g/l) (4,2 mg/1) (0,46 rag/l) (113 mg/1) (1,27 g/l) (4,2 mg/1)

b) Adsorption organischen Materials an Ionenverz6gerungsharz, Chelex-100 und Sephadex CM 50

Ionenverz6gerungsharz Chelex-100 Sephadex CM 50

Adsorption von Hfimoglobin 0,87 mg/ml Harz 1,0 rng/ml Harz 215 mg/ml Harz

Adsorption von Protein aus Rindfleisch-Extrakt 5% ~ 0,22 mg/ml Harz 7% ~_ 0,30 mg/ml Harz nicht bestimmt

c) Metallbindung aus Rindfleisch-Extrakt an Ionenverz6gerungsharz bei variierenden Versuchsbedingungen

Volumenverh/iltnis Flul3geschwindigkeit an Harz gebundenes (%) von Probe zu Harz (ml/min)

Mg Zn

1:1 0,5 92 43 1:1 1,0 88 44 5:1 0,5 64 36 1:10 1,0 98 56

Angabe der gebundenen Anteile (%); ( ) Gesamtgehalte

519

Or~gina~ papers

kann am starken Bindungsverm6gen des Ionenaustauschers ffir zweifach geladene Ionen infolge des Chelateffekts liegen. Ein schwach saurer Kationenaustauscher weist zwar keine so starken Bindungskrafte auf, hat abet den Nachteil, dab er relativ viel organisches Material, insbesondere Proteine, bindet (Tabelle I b - Sephadex CM 50). Um dennoch Aus- tauschversuche an Carboxylgruppen durchffihren zu k6n- nen, wird in einem 2. Schritt ein Ionenverz6gerungsharz (engl. ion retardation resin) eingesetzt [6]. Ein Anwendungs- beispiel ffir dieses Harz ist die Entsalzung organiseher Pro- ben wie Proteinl6sungen [7] oder Blut [8]. Das Tragermate- rial besteht aus einem synthetischen Polymer, an das sowohl schwach saure kationenaustauschende Gruppen als auch anionenaustauschende (quaternare Ammonium-) Gruppen gebunden sind. Die Bindung eines Salzes ist reversibel, da die Austauschergruppen sich selbst durch Ionenpaarbildung regenerieren k6nnen. Die Bindung und anschlieBende De- sorption eines Salzes bewirkt eine verz6gerte Elution der Ionen und somit einen Ionenverz6gerungseffekt. Die Ab- sorption organischer Stoffe an das Harz wurde dadurch kontrolliert, dab das Bindungsverm6gen ffir Hamoglobin und Proteine aus einem Rindfleischextrakt bestimmt wurde. Aus Tabelle 1 b wird ersichtlich, dab das Ionenverz6gerungs- harz mit Chelex-100 vergleichbar wenig organisches Mate- rial absorbiert, wahrend der schwach saure Kationenaustau- scher Sephadex CM 50 ein um Gr613enordnungen h6heres Adsorptionsverm6gen besitzt.

Anhand von Mg und Zn wurden die Bindungseigen- schaften des Harzes fiir Metalle bzw. Metallionen aus dem Fleischextrakt untersucht. Dazu wurden im Saulenverfahren sowohl die DurchfluBgeschwindigkeit des Eluenten als auch das Mengenverhaltnis Extrakt zu Harz variiert. In Tabelle I c sind die Ergebnisse zusammengefal3t. Diese bele- gen, dal3 eine Variation der Versuchsbedingungen die Bin- dung der beiden Metalle an das Harz beeinflugt: Dabei spielt nicht nur das Volumenverhaltnis von Probe zu Harz eine Rolle. Auch die .~nderung der Durchflul3geschwindigkeit kann, wie am Beispiel des Mg erkennbar, den gebundenen Anteil wenn auch relativ gering beeinflussen. Eine geringe Abhangigkeit der Austauschbarkeit eines Metalls vom Volu- menverhaltnis Probe zu Austauscher wurde ebenfalls bei den Versuchen mit Chelex-100 festgestellt. Eine Erklarung daffir ist, dab durch die Bindnng von MetaUionen an das Austauscherharz Verbindungen des Metallions infolge von Gleichgewichtsverschiebungen dissoziieren k6nnen.

Um mit der Ionenverz6gerungstechnik reproduzierbare und vergleichbare Ergebnisse erzieten zu k6nnen, mfissen die Versuchsbedingungen festgelegt werden. Die Volumina von Probe und Harz sollen gleich sein (1 + 1). Die Durch- flul3geschwindigkeit wird auf I ml/min eingestellt. In Tabelle I a sind die Ergebnisse der unter diesen Bedingungen durch- gefiihrten Versuche dargestellt. Bei Vollmilch wird prozen- tual betrachtet auffallend wenig von den Mineralstoffen an das Harz gebunden. Dabei ist jedoch zu berficksichtigen, dab die Mineralstoff-Gesamtgehalte in dieser Probe beson- ders hoch sind (siehe Tabelle 1 a). Da wahrscheinlich Gleich- gewichtsreaktionen bei der Adsorption an das Harz eine wesentliche Rolle spielen, wird der hohe Mineralstoffgehalt der Vollmilch die Ursache ffir die relativ geringe an das Harz gebundene Menge sein. Wird namlich das Volmnen der Probe im Verhaltnis zum Harz verkleinert (0,5 ml Vollmilch + 2 ml Harz = 1 + 4), so werden Ca und Mg eben- falls nahezu vollstandig (zu 96 bzw. 98%) aus der Probe entfernt.

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Wenn die Bindungsstarken eines Mineralstoffes in ver- schiedenen Matrices miteinander verglichen werden sollen, reicht im allgemeinen ein Vergleich der Adsorption am Io- nenverz6gerungsharz - auch unter definierten Versuehsbe- dingungen und bei vergleichbaren Gesamtgehalten - nicht aus. Werden nur geringe Unterschiede festgestellt, mfissen samtliche Faktoren, welche die Bindung an das Harz beein- flussen k6nnen, beriicksichtigt werden (z.B. pH-Wert, Kon- zentration und Bindungsverm6gen anderer in der Probe ent- haltener Metalle). Es muB schon eine stark unterschiedliche Adsorption festgestellt werden, um sicher aussagen zu k6n- hen, welche Matrix (Lebensmittel) das Metall schwacher bzw. starker bindet. Deshalb ist mit der hier beschriebenen Methode nut eine Einteilung der Bindungen in schwach, mittet oder stark m6glich.

Die Versuchsergebnisse lassen folgende Aussagen zu: Im Rindfleisch-Extrakt sind Ca und Mg nur schwach an ihre Bindungspartner gebunden, da sie unter definierten Bedin- gungen mit dem Ionenverz6gerungsharz zum gr6Bten Teil aus dem Extrakt entfernt werden k6nnen. Zn dagegen ist starker gebunden, da es trotz des h6heren Selektivitatskoef- fizienten nur zu etwa 50% an das Harz adsorbiert wird. Ffir Weizenmehl-Extrakt und Vollmilch gilt die gleiche Abstu- fung der Bindungsstarken. Bei Vollmilch ist zu berficksichti- gen, dab die Ergebnisse in TabeUe 1 a unter den zuvor deft- nierten und diskutierten Bedingungen erzielt wurden. Auch aus Vollmilch sind Ca und Mg vollstandig bei einem 4fachen Volumenfiberschul3 des Austauscherharzes adsor- bierbar.

1.2 Donnan-Dialyse

Nach der Methode von Cox et al. [9] werden Metalle aus einer wal3rigen L6sung dutch eine Kationenaustauscher- membran in einen Rezipienten (eine konzentrierte Elektro- lytl6sung) dialysiert. Die Dialysegeschwindigkeit ist propor- tional der Summe der freien und labil komplexierten Spezies. Anwendung findet diese Methode in der Elementspezies- Analytik yon Pb, Zn, Cu und Cd im Meerwasser. Praktisch wird so vorgegangen, dab man ein Standardgemisch der zu untersuchenden Metallionen dialysiert (die zugeh6rigen Anionen diirfen dabei nicht komplexierend wirken) und deren Anreicherungsfaktor (engl. enrichment factor) EF0 = Cg/CL (cg: Konzentration im Rezipienten, eL: Kon- zentration in der Probe) bestimmt. Dann wird der Anreiche- rungsfaktor der Probe selbst bestimmmt (EF1). Der prozen- tuale Anteil des Metalls in gebundener Form lal3t sich nach folgender Gleichung berechnen: gebundener Anteil (%) = 100 x (EFo-EFI)/EFo. Bei der Anwendung dieser Methode mug berficksichtigt werden, dab keine Proben mit einer ho- hen Salzkonzentration eingesetzt werden k6nnen, da ffir solche Matrices die Anreicherungsfaktoren sehr klein wer- den. Die EFo-Werte ffir Ca, Mg und Zn sind im Konzentra- tionsbereich der Proben konstant. Die EF-Werte der Proben werden bei verschiedenen Verdfinnungen gemessen. Kon- zentrierte Proben werden nicht analysiert, da St6rungen dutch zu hohe Salzkonzentrationen zu erwarten sind. Eine Ubersicht fiber die Ergebnisse gibt die Tabelle 2. Es ist fest- zustellen, dab in den untersuchten Proben Ca und Mg in geringerem Mal3 gebunden sind als Zn. Diese Aussage korre- liert mit Ergebnissen von Ionenaustausch- und Ionenverz6- gerungsversuchen (s.o.). Mg ist in allen Proben etwa gleich dialysierbar. Die Bindungen in den Proben weisen keine signifikanten Unterschiede auf. Beim Ca ist eine Differenzie-

@ ina arbe er Tabelle 2 Donnan-dialysierbare Anteile von Ca-, Mg- und Zn-Spezies in Lebensmittelproben und daraus be- rechnete E-St-Werte

" EFo-Werte: Ca 2,18 • 0,10; Mg: 2,25 • 0,10; Zn: 2,37 __. 0,15 b Dialysierbarer Anteil (%) = 100- (1-(EFo-EF1)/EFo); vgl. G1. in Abschnitt 1.2

Probe Element Gesamtgehalt Verdfinnung EF1" Dialysierbar E-St (mg/1) (+ Vol.T. H20) (%) b

Fleisch-Extrakt Mg 0.704 1 + 49 1,98 • 0,07 88 _ 3 3,7 Mg 3,52 1+ 9 1,91• 85_6 3,2 Ca 0,09 1 + 49 1,73 79 5,2 Ca 0,23 1 + 19 1,58 • 0,10 73 _• 5 4,9 Zn 0,30 1 + 9 0,14 • 0,03 6 _ 2 7,8

Weizenmehl- Mg 0,114 1 + 99 2.02 90 4,4 Extrakt Ca 0,258 1 + 99 1,81 • 0,08 83 _ 4 4,6

Ca 2,58 1+ 9 2,04+0,04 94+_2 3,0 Zn 0,14 1+ 9 0,61_+0,07 27• 6,7

Vollmilch Mg 0,229 1 + 499 1,86 • 0,06 83 _ 3 4,4 Ca 2,68 1 + 499 1,48 • 0,06 68 • 3 4,0 Ca 67,0 1 + 19 1,20 • 0,05 55 _ 2 2,9 Zn 0,21 1 + 19 0,43 • 0,04 19 • 2 6,8

rung mit dieser Methode in den verschiedenen Matrices m6glich. Dieses Element • aus Milch deutlich weniger dia- lysierbar als aus Weizenmehl- bzw. Rindfleischextrakt. In diesem Zusammenhang • auch yon Bedeutung, dab mit Ausnahme yon Ca im Weizenmehlextrakt die Dialysierbar- keit der Mineralstoffe be• h6herer Probenverdiinnung zu- nimmt (siehe auch Ca in Vollmilch). Diese Beobachtungen k6nnen so interpretiert werden, daB die h6here Dialysierbar- keit be• Verdfinnung aufdie Dissoziation von Metallbindun- gen zurfickzuffihren •

2 Nachweis und Quantifizierung schwacher Bindungen

Mit der Ionenaustausch- bzw. Ionenverz6gerungsmethode 1/iBt sich ermitteln, daB Ca und Mg in den untersuchten Proben nur schwach gebunden oder ionisch vorliegen. Der Nachweis, dab die Erdalkalimetalle gebunden sind, 1/iBt sich mit diesen Methoden nicht ffihren. Erste Hinweise ergeben sich aus den Ergebnissen der Donnan-Dialyse. Es • auBer- dem mit den oben genannten Methoden nicht m6glich, die Bindungsst/irken eines bestimmten Mineralstoffs in ver- schiedenen Lebensmitteln zu vergleichen. Deshalb wurden weiterhin Methoden bzw. Verfahren entwickelt, mit denen schwache Bindungen nachweisbar sind und dutch die eine Quantifizierung yon Bindungsst/irken m6glich wird. Fiir de- finierte Komplexe sind bereits Methoden zur Bestimmung der Stab• beschrieben worden [10, 11]. Ffir die Element- spezies-Analytik in biologischen Matrices dagegen miissen noch Analysenverfahren entwickelt werden. Hierzu wurden yon uns bereits die Direkt-Potentiometrie mit einer Ca-selek- tiven Elektrode und ein Ionenaustauschverfahren vorgestellt [3]. Als MaB f/Jr die bindende Kraft einer Matrix ffir ein best• Element bzw. ffir die Stab• von Elementspe- zies wurde die Elementspezies-Stabilit/it E-St definiert.

2.1 Direkt-Potentiometrie

Wie berichtet [3], muB be• dieser Methode aus der met3baren Ca2+-Ionen-Aktivit/it die Ca2+-Ionen-Konzentration be- rechnet werden. Zur Berechnung des Aktivit/itskoeffizienten muB die Ionenst/irke der Probe bekannt sein. Man kann diese entweder absch/itzen oder durch Einstellen hoher Salz- konzentration mit einer ISA-L6sung (Ionic Strength Adju- stor) in der Probe nivellieren. Zur Absch~itzung der Ionen- st/irke wird angenommen, daB Na und K und ihre zugeh6ri- gen Anionen ionisch vorliegen. Dies gilt auch fiir einen Teil

des Ca bzw. Mg. Es wird davon ausgegangen, daB dieser Anteil etwa 25 % der Gesamtkonzentration des Erdalkalime- talls mit der h6heren Konzentration • Der Beitrag anderer Metalle und organischer Inhaltstoffe wird vernachl/issigt. Die Ionenst/irke berechnet sich nach [2]: IS = Xc~. z~/2 (ci: Konzentration des jeweiligen Ions mit der Ladung zi)

In der Probe werden die Na-, K-, Ca- und Mg-Konzen- trationen best• und deren Gehalte zur Berechnung des kationischen Beitrags der Ionenstfirke eingesetzt. Ffir die dazugeh6rigen Anionen wird der kationische Beitrag noch einmal aufsummiert. Aus den ermittelten Ionenstfirken las- sen sich die Aktivit/itskoeffizienten ffir die Ca 2 +-Ionen be- stimmen (vgl. Bedienungsanleitungen zu den Ca-selektiven Elektroden). Diese pauschale Berechnung erlaubt zwar nur eine grobe Absch/itzung der Ionenst/irke in einer Probe. Da jedoch die Abh/ingigkeit der Aktivit/itskoeffizienten von der Ionenst~irke nicht allzu groB • kann der Fehler im Rahmen dieser Bestimmungen vernachl/issigt werden.

Ffir Ca in Rot- und WeiBwein wurde diese Methode mit derjenigen der ISA-Methode verglichen. Die Ubereinstim- mung • be• einer maximalen Abweichung von 3% gut. In Tabelle 3 sind direkt-potentiometrisch bestimmte Ca- Stabilit/its-Werte aufgeffihrt, die fiber abgesch/itzte lonen- st/irken ermittelt wurden.

2.2 Bestimmung von E-St-Werten fiber Ionenaustausch-Gleichgewichte

Diese Multielement-Methode (im Unterschied zur Anwen- dung elementselektiver Elektroden) wurde von uns bereits beschrieben [31. Den Analysenergebnissen in Tabelle 3 • zu entnehmen, dab fiber Elementspezies-Stabilit/iten (E-St) Verfinderungen der Bindungsformen in einem Lebensmittel durch die Zubereitung erkennbar werden. So • Ca im Spi- nat-Extrakt deutlich st/irker gebunden als im Rahmspinat- Extrakt. Auch der Einflul3 des pH-Wertes auf die Bindung der Mineralstoffe wird am Be• des roten Traubensaftes deutlich. Im Originalzustand (pH 3,2) • fiir Ca und Mg keine Bindung mehr nachweisbar, w/ihrend im neutralisier- ten Saft die E-St-Werte beachtlich hoch sin& Diese Tatsache • wahrscheinlich auf die Protonisierung und damit Aus- schaltung yon Bindungspartner im sauren Bereich zurfickzu- ffihren.

Im folgenden werden einige Beispiele zur Anwendung der Gr6Be Elementspezies-Stabilitfit (E-St) in der Element- bindungsform-Analytik beschrieben:

521

O ig na| papers

Tabelle 3 Ca- und Mg-Spezies-Stabilit/it in Lebensmittelproben (siehe [3])

a Mit Ca-selektiver Elektrode (Orion) nicht bestimmbar b Mit Natronlauge aufpH 6,1 eingestellt ~ Bestimmung mit Orion-, Weine mit Metrohm-Elektrode

Probe

Vollmilch Rindfleisch-Extrakt Spinat-Extrakt Rahmspinat-Extrakt Traubensaft pH 3,2 Traubensaft pH 6,1b Rotwein Weil3wein

Ca- Ca-St Ca-St Mg- Mg-St Gesamtgehalt (Potentio- (Ionen- Gesamtgehalt (Ionen- (mg/1) metrisch) ~ austausch) ( r a g / l ) austausch)

1270 3,8 3,6 113 4,3 5,87 4,8 4,2 26,2 3,1 1,33 5,8 6,4 30,0 4,4 5,77 5,0 5,3 . 40,5 4,1

134 --" < 2,4 83,2 > 2,0 134 4,5 4,6 83,2 4,5 58 3,7 3,7 85,0 2,8

117 3,2 3,1 90,0 3,0

Tabelle 4. E-St-Werte von Modell-L6sungen zur Charakterisierung der Bindungsverh/iltnisse in Vollmilch

Probe Ca-St 10 Ca'st Mg-St 10 ug'st

0,3%ige Casein-L6sung 2,9 794 4,0 10000 0,025%ige Citrat-L6sung 3,7 5012 4,4 25119 Summe 10 l~-st Casein

+ Citrat 5806 (A) 35119 (m L6sung aus Casein

+ Citrat + Phosphat" 3,7 log(A) 4,7 log(B) = 3,75 = 4,55

Phosphat tr/igt wegen seiner niedrigen Komplex-Stabilit/itskon- stante (log/~ (CaHPO4) = 1,8 nach [15]) nur in sehr geringem Mag zu den E-St-Werten bei

Tabelle 5. E-St-Werte zur Extraktion mit Kochsalz-L6sungen (Spi- nat-Proben)

Probe Cages Ca-St Mgges Mg-St (mg/1) (mg/1)

Ca-Mg-Citrat Standard- L6sung pH 7,0 15 4,6 15 4,5

gleiche L6sung + 2% NaC1 15 3,0 15 3.0 Spinat-Extrakt (dest. Wasser) 1,33 6,4 30,0 4,4 Spinat-Extrakt (2%ige

NaC1-L6sung) 3,28 3,7 41,5 2,5 Rahmspinat-Extrakt

(dest. Wasser) 5,77 5,3 40,5 4,1 Extraktionsrfickstand

extrahiert mit 2% NaC1- L6sung 16,5 < 2 8,08 < 2

a Untersuchungen zu Ca- und Mg-Bindungen in Vollmilch

Aus der Vielzahl der Inhaltsstoffe von Vollmilch [12] werden als potentielle Bindungspartner ffir Ca und Mg Casein (3%), Citronensfiure (0,25%) und Phosphat (0,34% als KzHPO4) ausgew/ihlt. Der Phosphatgehalt wird als nicht organisch- gebundener Phosphor (Gesamt-Phosphor minus Casein-P und P aus Phosphatiden) berechnet. Es werden Metall- L6sungen mit Na (480 rag/l), K (1,57 g/l), Ca (1,27 g/l) und Mg (113 mg/1) und den potentiellen Bindungspartnern in den angegebenen Konzentrations-Verh/iltnissen hergestellt. Zum Ionenaustausch-Verfahren werden 1/10 verdfinnte L6- sungen eingesetzt. Der pH-Wert betr~igt in allen F/illen 7,7. In dieser Modell-Untersuchung muBte bei pH 7,7 gearbeitet werden, da das zur Verfiigung stehende Casein in der erfor- derlichen Konzentration bei pH-Werten kleiner als 7 nicht in L6sung gebracht werden konnte. Um trotzdem die Ergeb- nisse mit den realen Bedingungen (pH 6,3 - 6 , 6 in der Milch) vergleichen zu k6nnen, wurden zus/itzlich in einer mit NaOH auf pH 7,7 eingestellten Vollmilchprobe die Elementspezies- Stabilit/iten bestimmt und keine mel3baren Unterschiede zur unbehandelten Milch festgestellt. Die Ergebnisse der Analy- sen sind in Tabelle 4 zusammengestellt.

Es ist erkennbar, dab fiir Ca das Citrat mit einem E-St- Weft yon 3,7 der st/irkste Bindungspartner ist. Die Spezies- Stabilit/it erh6ht sich auch dann nicht, wenn zus/itzlich Ca- sein und Phosphat als Bindungspartner angeboten werden. Zudem ist sie identisch mit dern in Vollmilch bestimmten Wert (vgl. Tabelle 3). Dennoch mul3 ein groger Teil des Ca an Casein gebunden sein, da die in Milch enthaltene Menge an Citrat (10 mmol/1) zur vollst/indigen Bindung des Ca (32 mmol/1) nicht ausreicht. Unter der Annahme, dab ein erheblicher Teil des Mg (4,6 mmol/1 Gesamtgehalt) ebenfalls

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an Citrat gebunden ist und ein geringer Teil des Citrats auBerdem ffir die Bindung anderer Metalle bzw. Metallionen (z.B. yon Zn - siehe [13]) abgezogen werden mfissen, kann abgeschfitzt werden, dab etwa 20 bis 25% des Ca an Citrat gebunden sind. Diese Absch~itzung steht mit Ultrafiltra- tionsversuchen im Einklang (siehe [14]), die etwa 25% nie- dermolekular gebundenes Ca ergeben haben. Das iibrige Ca ist vermutlich im wesentlichen an Casein schwach gebunden. Bei Mg ist ein stfirkerer Einflul3 des Caseins erkennbar, da der Mg-St-Wert deutlich h6her wird, wenn neben Citrat auch noch Casein und Phosphat als Bindungspartner ange- boten werden. Aufgrund der gemessenen E-St-Werte in den Modell-L6sungen kann vermutet werden, dab sich die 10E-st-Werte der einzelnen Bindungspartner addieren. Die Berechnung dafiir ist in Tabelle 4 zu finden.

b Versuche zur Extraktion yon Lebensmitteln mit NaCl-L6sungen

Da die Bindung von Metallen an einen Ionenaustauscher bei Zugabe yon Alkalisalzen schw/icher wird, liegt die Ver- mutung nahe, dab dieser Effekt auch fiir Bindungspartner in Lebensmitteln gilt. Ein Versuch mit Ca- und Mg-Citrat- Komplexen sollte diese Annahme belegen (siehe Tabelle 5). Als Lebensmittel dienten Spinat-Extrakte. Tabelle 5 zeigt einen Vergleich zur Extraktion mit dest. Wasser und mit einer 2%igen NaC1-L6sung. Es ist festzustellen, dab bei Verwendung der NaC1-L6sung die Extrahierbarkeit von Ca und Mg zunimmt, wfihrend die E-St-Werte deutlich kleiner werden. Die bessere Extrahierbarkeit kann auf eine Verdr/in- gung der Metallionen aus unl6slichen Verbindungen durch Na-Ionen zuriickzuffihren sein. Dieser Verdr/ingungseffekt wird am Beispiel des Rahmspinats untersucht. Dazu wird

Rahmspinat dreimal mit dest. Wasser und anschlieBend mit einer 2%igen NaC1-Lrsung extrahiert. Die Versuchsergeb- nisse zeigen, dab bei der Extraktion mit dest. Wasser relativ fest gebundenes Ca bzw. Mg in Lrsung geht (siehe Tabelle 5). Bei anschliel3ender Extraktion mit der NaC1-Lr- sung ist weiteres Ca und Mg in Lrsung zu bringen. Eine Bindung kann jedoch nicht nachgewiesen werden. Dadurch wird die Vermutung best/itigt, dab es sich bei der Extraktion mit einer NaC1-Lrsung um einen Verdr/ingungseffekt han- delt.

2.3 Interpretation des mit Donnan-Dialyse dialysierbaren Anteils zur Quantifizierung von Bindungsstfirken

Wenn Elementspezies-Stabilit/iten berechnet werden, mils- sen freie und gebundene Anteile eines Metalls in einer Matrix bekannt sein. Der Nachteil der oben unter J.2 beschriebenen Donnan-Dialyse besteht darin, dab nicht nur freie Ionen, sondern auch schwach gebundene Metalle dialysiert werden. Wenn trotz dieser Tatsache angenommen wird, dal3 die dia- lysierbaren Anteile einer Probe (siehe Tabelle 2) ionisch vor- liegende Mineralstoffe sind, lassen sich nach der filr die Direkt-Potentiometrie beschriebenen Gleichung [3] E-St- Werte berechnen. In Tabelle 2 sind diese Werte zusfitzlich aufgeffihrt. Es ist eine Konzentrationsabh/ingigkeit festzu- stellen, wobei in hrher konzentrierten Proben die ermittelten E-St-Werte kleiner als in verdfinnten Proben sind. Sie liegen dennoch im Mittel in derselben Grrl3enordnung wie die mit der Ionenaustausch-Methode bestimmten Werte (siehe Tabelle 3). Zn ist in allen Proben erheblich st/irker gebunden als Ca und Mg.

3 Zusammenfassende Diskussion

In den meisten Publikationen zur Elementspezies-Analytik wird eine Klassifizierung nach direkt bestimmbaren Anteilen (meist photometrisch) und Gesamtgehalten vorgenommen [16], oder bei definierten stabilen Verbindungen nach Mole- killgr613e bzw. anderen Molekilleigenschaften getrennt bzw. gereinigt und identifiziert. In dieser Arbeit wird bei den im allgemeinen schwach gebundenen Mineralstoffen Ca und Mg vorausgesetzt, dal3 sich ilx der Probe ein dynamisches Gleichgewicht zwischen gebundener und freier Form des Metalls bzw. der Metallionen einstellt. Der Dissoziations-

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grad hfingt von der Bindungsst/irke ab und 1/iBt sich fiber die Elementspezies-Stabilit/it bei jeder Verdilnnung der Probe berechnen - siehe auch [17]. Dabei wird angenommen, dab die Gleichgewichtseinstellung nicht kinetisch gehemmt wird. Zur Bestimmung von E-St-Werten eignet sich die Direkt- Potentiometrie mit ionenselektiver Elektrode (filr Ca) ebenso wie die Bestimmung fiber Ionenaustausch-Gleichge- wichte (universell filr viele Metallionen anwendbar) [3]. Ist nur Ca yon Interesse, so ist die Messung mit Hilfe der ionenselektiven Elektrode besser geeignet, da diese Methode einfacher und schneller durchffihrbar ist. Eine Beispiel aus der lebensmitteltechnologischen Praxis sind Untersuchun- gen zur Lagerstabilit/it von Weinen im Hinblick auf die Ausf/illung von Ca-Tartrat und anderen Ca-Salzen, fiber die yon uns in Kiirze berichtet wird [18].

Literatur

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Eingegangen am 1. Oktober 1987

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