click! 13sÜdkurier nr. 156 | mpmontag, 9. juli 2012 click ...€¦ · krankheiten, meinte ulrich...

1
SMARTPHONES Viele nutzen ihr Gerät nicht täglich Nicht einmal jeder zweite Smartphone-Besitzer geht mit seinem internetfähigen Gerät täglich ins Internet. Wie eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Branchenver- bandes Bitkom ergab, tun dies nur 43 Prozent der Smartpho- ne-Besitzer. Tägliches Telefo- nieren steht demnach mit 42 Prozent an zweiter Stelle, der Versand von Kurznachrichten (SMS) folgt mit 41 Prozent. Jeweils 34 Prozent der 2000 befragten Smartphone-Besitzer greifen über ihr Handy auf soziale Netzwerke im Internet oder ihren Terminplaner zu, so die Umfrage. (AFP) MELDEDATEN Bürger können Widerspruch einlegen Meldeämter dürfen personen- bezogene Daten zu Werbe- zwecken Unternehmen wei- tergeben. Doch Verbraucher können Widerspruch einlegen. „Bei den meisten Ämtern gibt es Vordrucke auf der Websei- te“, erklärt Florian Glatzner, Referent für Datenschutz und Netzpolitik beim Verbraucher- zentrale Bundesverband. Zu- sätzliche Informationen gibt es auch im Meldegesetz des jeweiligen Bundeslandes unter „Rechte des Betroffenen“. Wer wissen möchte, welches Unter- nehmen personenbezogene Daten besitzt, kann beim Amt Auskunft verlangen. Damit kann der Verbraucher gezielt bei den Unternehmen die Verwendung der Daten unter- sagen. Der Bundestag hat im Juni ein neues Meldegesetz beschlossen, das 2014 in Kraft treten soll. (dpa/tmn) REISESOUVENIRS App informiert Urlauber über Zollbestimmungen Um sich Überraschungen bei der Zollkontrolle zu ersparen, können sich Reisende via Smartphone über Einfuhr- regeln informieren. Bundes- finanzministerium und Zoll legten dazu die Smartphone- App „Zoll und Reise“ auf, wie das Ministerium mitteilte. „Die neue App hilft Urlaubern, schnell herauszufinden, wel- che Waren bei der Einreise nach Deutschland erlaubt sind und von welchen sie lieber die Finger lassen sollten“, erklärte Finanz-Staatssekretär Werner Gatzer. Ein sogenannter Frei- mengen-Rechner zeige zudem, was abgabenfrei mitgebracht werden dürfe. Die App kann den Angaben zufolge kostenlos für iPhones im AppStore von Apple sowie für Telefone mit dem Betriebssystem Android bei Google Play herunter- geladen werden. (AFP) MOBILFUNK Amazon will in Handymarkt einsteigen Der weltgrößte Online-Händler arbeite mit dem chinesischen Auftragsfertiger Foxconn an einem Gerät, das mit dem iPhone von Apple konkurrieren soll. Das berichtet die Nach- richtenagentur Bloomberg unter Berufung auf zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Als Betriebssystem setze Amazon auf Googles Android. Zudem erwerbe das Unternehmen derzeit Patente für drahtlose Technologien, um mögliche Klagen von vorn- herein abzuwehren. Ein Ama- zon-Sprecher wollte die Infor- mationen aber nicht kom- mentieren. Mit dem Handy wollen sich die Amerikaner jetzt einen Teil vom derzeit stark wachsenden Markt für Smartphones sichern, der derzeit von Apple und Sam- sung dominiert wird. (dpa) INteraktiv konzentrieren. Für die meisten Jugend- lichen aber steht die innere Uhr von Na- tur aus morgens um 6 Uhr noch auf Tief- schlaf. Ihr wacher Morgen beginnt erst gegen etwa 9 Uhr; entsprechend spät werden sie abends müde. Der Abi- turschnitt solcher Spätschläfer ist eine halbe Note schlechter als bei Frühauf- stehern. Seit Jahren fordern deutsche Schlafmediziner deshalb einen Schul- beginn gegen 9 Uhr wie in anderen Län- dern Europas auch. Die meisten Sprichwörter sind mehrere Jahrhunderte alt, viele stammen aus der Bibel. Gibt es auch „moderne Klassiker“? Einige Spontisprüche aus der 68er-Zeit haben ihren Weg in den Sprachschatz gefunden, etwa „Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche.“ Wenn solche Sprüche oft genug von Meinungsführern verwendet werden, benutzt sie irgendwann auch der Volks- mund. Ob sie das Zeug zum Sprichwort haben, zeigt sich aber erst Jahrzehnte später. Sind Sprichwörter so etwas wie PR-Slogans für Moral und Ordnung, entstanden in einer Zeit, in der es noch gar keine Werbung gab? Das ist ein interessanter Gedanke. Sprichwörter sind in der Tat verdichtete Lebenserfahrungen einer Gemein- schaft, eine Art Moralkodex also, der in kurzen, einprägsamen Sätzen von Ge- neration zu Generation weitergegeben wird. Das klingt doch ganz vernünftig. Oder hat diese Tradition auch negative Seiten? Bei Kindern, die ja leicht zu beeindru- cken sind, können sich Sprichwörter re- gelrecht im Hirn festsetzen. Wenn die Oma den Enkel immer wieder warnt, man solle den Tag nicht vor dem Abend loben, kann das die Lebensfreude eines Kindes nachhaltig einbremsen. Würden Sie Menschen, die in Sprichwörtern schwelgen, als einfältig bezeichnen? Nicht als einfältig, aber als denkfaul. Es spricht nichts dagegen, Sprichwörter zu verwenden, aber auch hier gilt: Ver- trauen ist gut, Kontrolle ist besser. Man sollte immer überprüfen, ob ein Sprich- wort nicht längst zum Alteisen gehört. Wann ist ein Sprichwort vom Aussterben bedroht? Wenn sich die Kultur immer mehr von seinem Entstehungszusammenhang entfernt. Zum Beispiel „Spinnen am Morgen bringt Kummer und Sorgen“: Viele Kinder wissen ja nicht mal, was ein Spinnrad ist, geschweige denn, dass die Bäuerin morgens wichtigere Dinge zu erledigen hatte, als sich ans Spinnrad zu setzen. Dafür hatte sie auch abends noch Zeit, weil fürs Spinnen kein Tages- licht nötig war. FRAGEN: TILMANN P. GANGLOFF so ungesund ist Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – aber manchmal zu viel. BILD: OLLY /FOTOLIA Angst ist ein guter Ratgeber – sie warnt uns vor möglichen Gefahren. DPA/DAK/WIGGERT Den Tag nicht vor dem Abend loben: Ein Spruch von gestern. BILD: DPA Walter Schmidt, Jahrgang 1965, studierte Geografie und arbeitet heute als Journalist – auch für den SÜDKU- RIER – und als Buchautor. Sein letztes Buch „Dicker Hals und kalte Füße“ bekam den Publizistikpreis 2012 der Stiftung Gesundheit. In „Morgenstund ist ungesund“ (Rowohlt-Verlag, 240 Seiten, 8,99 Euro) geht es um Sprich- wörter. Schmidt beantwortet Fragen wie die, ob die dümmsten Bauern wirklich die dicksten Kartoffeln haben und ob der Glaube Berge versetzen kann. (tpg) Zur Person Ein Mitarbeiter der Firma Polytech Health and Aesthetics in Dieburg sortiert Formen für die Außenhüllen von Brustimplantaten in eine Spezialmaschine. Dort werden die abgerundeten Formen in mehreren Arbeitsgängen mit flüssigem Silikon übergossen. Die Firma ist der einzige deutsche Hersteller von medizinischen Brust- und Spezialimplantaten. BILD: DPA Den Mobilfunkbetreibern in Deutsch- land droht erhebliches Ungemach, soll- te sich die Rechtsauffassung des pen- sionierten Verwaltungsrichters Bernd Irmfried Budzinski aus Freiburg durch- setzen. Der Jurist hält es schlicht für „il- legal“, dass die Mobilfunkgesellschaf- ten mit ihren Sendern in die Privatwoh- nungen „einstrahlen“. Um Wohnungs- inhaber zur Duldung dieser Einstrah- lungen zu zwingen, müsste es ein Ge- setz geben, erklärte Budzinski in einer Expertenanhörung des bayerischen Landtags in München aus. Ein solches Gesetz existiere aber nicht. Mit der Anhörung sollte geklärt wer- den, ob es inzwischen eindeutige Bele- ge für eine gesundheitliche Beeinträch- tigung durch „nichtionisierende elek- tromagnetische Strahlung“ gibt und ob der Gesetzgeber handeln müsste. Doch wie schon bei anderen Expertenrunden dieser Art war das Meinungsbild höchst uneinheitlich. Die mobile Kommunikation sei ein Teil der Ursachen für viele Zivilisations- krankheiten, meinte Ulrich Warnke von der Universität des Saarlandes: „So wei- terzumachen ist unmöglich.“ Das Ge- fühl vieler Menschen, durch Funk- strahlen beeinträchtigt zu sein, lasse sich „nicht objektivieren“, hielt Gunde Ziegelberger vom Bundesamt für Strah- lenschutz in Salzgitter entgegen. 50 Millionen häusliche Sender Inzwischen gibt es in Deutschland 13 Mobilfunknetze, zu denen in absehba- rer Zeit noch zwei weitere hinzu kom- men sollen. Dazu senden eine Fülle von Mikroanlagen: WLAN-Sender sorgen für kabellose Internetverbindungen, „schnurlose“ DECT-Telefone haben die kabelgebundenen fast schon komplett ersetzt und das Kleinkind wird über funkbetriebene „Babyphones“ über- wacht – alles zusammen etwa 50 Millio- nen häusliche Sender. Bei der Anhö- rung im bayerischen Landtag kommu- nizierten die Teilnehmer über schnur- los miteinander vernetzte Mikrofone. Dass dieses Gemisch an hochfre- quenten elektromagnetischen Feldern Tieren und Menschen schadet, sei un- bewiesen, sagte Josef Opitz von der Bundesnetzagentur in Mainz. „Welt- weit“ sei sich die Wissenschaft einig, dass es „Hinweise“ auf schädliche Wir- kungen gebe, aber „keine Ableitungen, auf die reagiert werden muss“. Und bei gesetzgeberischen Entscheidungen zähle am Ende „die wissenschaftliche Meinung und die muss belastbar sein“. Der Konstanzer Mediziner Joachim Mutter verwies hingegen auf „unzähli- ge Studien“, die nahe legten, dass das Risiko der mobilen Kommunikation „komplett unterbewertet“ werde. Im- merhin waren sich die Experten darin einig, dass die Geräte, die sich die Ver- braucher selbst kauften, meistens pro- blematischer seien als die auf Dächern und Masten angebrachten Sender. Und mit den neuen Smartphones erobern Geräte den Markt, die zumindest nicht weniger strahlungsintensiv sind als die weniger smarten Vorgänger. „Für Handys, schnurlose Telefone und WLAN-Sender gibt es keine Grenz- werte“, sagte Bernd Rainer Müller, Messtechniker aus Lage. Die techni- schen Möglichkeiten zur Reduzierung der Strahlung solcher Geräte existiere längst, berichtete der Mönchengladba- cher Baubiologe Martin Virnich. So ge- be es an die 100 schnurlose Telefone, die im Ruhezustand nicht sendeten. Auch WLAN-Sender mit automatischer Ab- schaltung seien bereits auf dem Markt. Die strahlungsarmen Geräte sind aber offenbar nicht gerade Verkaufsrenner. Das gilt vor allem für Handys, von de- nen derzeit in Deutschland 108 Millio- nen in Betrieb sind und bei denen sich, so BfS-Mitarbeiterin Ziegelberger, „rein gar nichts tut“. Die Politik sollte da et- was Druck ausüben, empfahl Vornich. Wenn man nichts Genaues wisse, dann müsse das Vorsorgeprinzip grei- fen, meinte der bayerische Landtagsab- geordnete Hans Jürgen Fahn (Erlen- bach am Main) von den Freien Wäh- lern, die mit den Grünen die Experten- anhörung beantragt hatten. Wenn man noch weitere 20 Jahre auf den endgülti- gen Nachweis warten wolle, sei es für die Betroffenen zu spät. Streit um Strahlen tobt weiter Wie schädlich ist der Mobilfunk um uns herum? Experten weiter uneins über Gesundheitsgefahr Viele sehen Handlungs- bedarf bei Grenzwerten VON RALF MÜLLER, MÜNCHEN ................................................ Sie sind allgegenwärtig, ihre Strahlung auch: ein Sendemast. BILD: VRD - FOTOLIA 1 Elektrosmog – was ist das? Mit dem Begriff beschreibt man umgangs- sprachlich die Gesamtheit von elek- trischen, magnetischen und elektro- magnetischen Feldern, die uns heute umgeben. Einige Experten und Be- troffene gehen davon aus, dass diese Felder gesundheitsschädlich sind. Bewiesen ist das allerdings nicht. Die Studien widersprechen sich. Men- schen, die diese Wirkungen wahr- nehmen, nennt man elektrosensibel. 2 Bürger wehren sich: Immer mehr Bundesbürger sorgen sich um mögliche gesundheitsschädliche Folgen. Elke Fertig von der Aschaffen- burger Initiative „Ab jetzt richtig mobil e.V.“ hat für die Verbraucher- organisation „Diagnose-Funk“ alle bekannten Aktivitäten im Land aufge- listet, die gegen „die Mobilfunkpolitik von Industrie und Staat“ kämpfen. Zwischen Bremerhaven und Berchtes- gaden und zwischen Cottbus und Saarbrücken fand sie 700 Bürger- initiativen, die gegen einzelne Sender- standorte, teils aber auch „gegen Elektrosmog“ generell Front machen. Die meisten Initiativen sind in Bayern aktiv, nämlich mehr als 300. 3 Digitaler Behördenfunk: Einen neuen Schub an Bürgerprotesten hat die Einführung des digitalen Behördenfunks (BOS-Tetra) gebracht, insbesondere in Bayern. Elke Fertig fand im Freistaat mehr als 200 Bürger- initiativen, die gegen die zusätzlichen Sender mobil machen. In Baden- Württemberg sind es 35, in allen anderen Bundesländern zusammen nur 40. (rm/bea) Informationen im Internet: www.diagnose-funk.de Der Kampf gegen Elektrosmog Click! 13 SÜDKURIER NR. 156 | MP MONTAG, 9. JULI 2012 Click! 13 SÜDKURIER NR. 156 | MP MONTAG, 9. JULI 2012

Upload: others

Post on 26-Jan-2021

1 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

  • SMARTPHONES

    Viele nutzen ihr Gerät nicht täglich Nicht einmal jeder zweiteSmartphone-Besitzer geht mitseinem internetfähigen Gerättäglich ins Internet. Wie einerepräsentative Umfrage imAuftrag des Branchenver-bandes Bitkom ergab, tun diesnur 43 Prozent der Smartpho-ne-Besitzer. Tägliches Telefo-nieren steht demnach mit 42Prozent an zweiter Stelle, derVersand von Kurznachrichten(SMS) folgt mit 41 Prozent.Jeweils 34 Prozent der 2000befragten Smartphone-Besitzergreifen über ihr Handy aufsoziale Netzwerke im Internetoder ihren Terminplaner zu, sodie Umfrage. (AFP)

    MELDEDATEN

    Bürger könnenWiderspruch einlegenMeldeämter dürfen personen-bezogene Daten zu Werbe-zwecken Unternehmen wei-tergeben. Doch Verbraucherkönnen Widerspruch einlegen.„Bei den meisten Ämtern gibtes Vordrucke auf der Websei-te“, erklärt Florian Glatzner,Referent für Datenschutz undNetzpolitik beim Verbraucher-zentrale Bundesverband. Zu-sätzliche Informationen gibt esauch im Meldegesetz desjeweiligen Bundeslandes unter„Rechte des Betroffenen“. Werwissen möchte, welches Unter-nehmen personenbezogeneDaten besitzt, kann beim AmtAuskunft verlangen. Damitkann der Verbraucher gezieltbei den Unternehmen dieVerwendung der Daten unter-sagen. Der Bundestag hat imJuni ein neues Meldegesetzbeschlossen, das 2014 in Krafttreten soll. (dpa/tmn)

    REISESOUVENIRS

    App informiert Urlauberüber ZollbestimmungenUm sich Überraschungen beider Zollkontrolle zu ersparen,können sich Reisende viaSmartphone über Einfuhr-regeln informieren. Bundes-finanzministerium und Zolllegten dazu die Smartphone-App „Zoll und Reise“ auf, wiedas Ministerium mitteilte. „Dieneue App hilft Urlaubern,schnell herauszufinden, wel-che Waren bei der Einreisenach Deutschland erlaubt sindund von welchen sie lieber dieFinger lassen sollten“, erklärteFinanz-Staatssekretär WernerGatzer. Ein sogenannter Frei-mengen-Rechner zeige zudem,was abgabenfrei mitgebrachtwerden dürfe. Die App kannden Angaben zufolge kostenlosfür iPhones im AppStore vonApple sowie für Telefone mitdem Betriebssystem Androidbei Google Play herunter-geladen werden. (AFP)

    MOBILFUNK

    Amazon will in Handymarkt einsteigenDer weltgrößte Online-Händlerarbeite mit dem chinesischenAuftragsfertiger Foxconn aneinem Gerät, das mit demiPhone von Apple konkurrierensoll. Das berichtet die Nach-richtenagentur Bloombergunter Berufung auf zwei mitder Angelegenheit vertrautePersonen. Als Betriebssystemsetze Amazon auf GooglesAndroid. Zudem erwerbe dasUnternehmen derzeit Patentefür drahtlose Technologien,um mögliche Klagen von vorn-herein abzuwehren. Ein Ama-zon-Sprecher wollte die Infor-mationen aber nicht kom-mentieren. Mit dem Handywollen sich die Amerikanerjetzt einen Teil vom derzeitstark wachsenden Markt fürSmartphones sichern, derderzeit von Apple und Sam-sung dominiert wird. (dpa)

    INteraktiv

    konzentrieren. Für die meisten Jugend-lichen aber steht die innere Uhr von Na-tur aus morgens um 6 Uhr noch auf Tief-schlaf. Ihr wacher Morgen beginnt erstgegen etwa 9 Uhr; entsprechend spätwerden sie abends müde. Der Abi-turschnitt solcher Spätschläfer ist einehalbe Note schlechter als bei Frühauf-stehern. Seit Jahren fordern deutscheSchlafmediziner deshalb einen Schul-beginn gegen 9 Uhr wie in anderen Län-dern Europas auch.

    Die meisten Sprichwörter sind mehrere Jahrhunderte alt, viele stammen aus der Bibel. Gibt es auch„moderne Klassiker“?Einige Spontisprüche aus der 68er-Zeithaben ihren Weg in den Sprachschatzgefunden, etwa „Die schärfsten Kritiker

    der Elche waren früher selber welche.“Wenn solche Sprüche oft genug vonMeinungsführern verwendet werden,benutzt sie irgendwann auch der Volks-mund. Ob sie das Zeug zum Sprichworthaben, zeigt sich aber erst Jahrzehntespäter.

    Sind Sprichwörter so etwas wie PR-Slogans für Moral und Ordnung,entstanden in einer Zeit, in der es nochgar keine Werbung gab? Das ist ein interessanter Gedanke.Sprichwörter sind in der Tat verdichteteLebenserfahrungen einer Gemein-schaft, eine Art Moralkodex also, der inkurzen, einprägsamen Sätzen von Ge-neration zu Generation weitergegebenwird.

    Das klingt doch ganz vernünftig. Oder hat diese Tradition auch negativeSeiten?Bei Kindern, die ja leicht zu beeindru-cken sind, können sich Sprichwörter re-gelrecht im Hirn festsetzen. Wenn dieOma den Enkel immer wieder warnt,man solle den Tag nicht vor dem Abendloben, kann das die Lebensfreude einesKindes nachhaltig einbremsen.

    Würden Sie Menschen, die in Sprichwörtern schwelgen, als einfältigbezeichnen?Nicht als einfältig, aber als denkfaul. Esspricht nichts dagegen, Sprichwörterzu verwenden, aber auch hier gilt: Ver-trauen ist gut, Kontrolle ist besser. Mansollte immer überprüfen, ob ein Sprich-wort nicht längst zum Alteisen gehört.

    Wann ist ein Sprichwort vom Aussterben bedroht?Wenn sich die Kultur immer mehr vonseinem Entstehungszusammenhangentfernt. Zum Beispiel „Spinnen amMorgen bringt Kummer und Sorgen“:Viele Kinder wissen ja nicht mal, was einSpinnrad ist, geschweige denn, dass dieBäuerin morgens wichtigere Dinge zuerledigen hatte, als sich ans Spinnrad zusetzen. Dafür hatte sie auch abendsnoch Zeit, weil fürs Spinnen kein Tages-licht nötig war.

    F R A G E N : T I L M A N N P. G A N G L O F F

    so ungesund ist

    Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – abermanchmal zu viel. B I L D : O L LY /FO T O L I A

    Angst ist ein guter Ratgeber – sie warnt unsvor möglichen Gefahren. D PA /DA K / W I G GE RT

    Den Tag nicht vor dem Abend loben: EinSpruch von gestern. B I L D : D PA

    Walter Schmidt, Jahrgang 1965,studierte Geografie und arbeitet heuteals Journalist – auch für den SÜDKU-RIER – und als Buchautor. Sein letztesBuch „Dicker Hals und kalte Füße“bekam den Publizistikpreis 2012 derStiftung Gesundheit. In „Morgenstundist ungesund“ (Rowohlt-Verlag, 240Seiten, 8,99 Euro) geht es um Sprich-wörter. Schmidt beantwortet Fragen wiedie, ob die dümmsten Bauern wirklichdie dicksten Kartoffeln haben und obder Glaube Berge versetzen kann. (tpg)

    Zur Person

    Ein Mitarbeiter der Firma Polytech Health and Aesthetics in Dieburg sortiert Formen für dieAußenhüllen von Brustimplantaten in eine Spezialmaschine. Dort werden die abgerundetenFormen in mehreren Arbeitsgängen mit flüssigem Silikon übergossen. Die Firma ist dereinzige deutsche Hersteller von medizinischen Brust- und Spezialimplantaten. B I L D : D PA

    Den Mobilfunkbetreibern in Deutsch-land droht erhebliches Ungemach, soll-te sich die Rechtsauffassung des pen-sionierten Verwaltungsrichters BerndIrmfried Budzinski aus Freiburg durch-setzen. Der Jurist hält es schlicht für „il-legal“, dass die Mobilfunkgesellschaf-ten mit ihren Sendern in die Privatwoh-nungen „einstrahlen“. Um Wohnungs-inhaber zur Duldung dieser Einstrah-lungen zu zwingen, müsste es ein Ge-setz geben, erklärte Budzinski in einerExpertenanhörung des bayerischenLandtags in München aus. Ein solchesGesetz existiere aber nicht.

    Mit der Anhörung sollte geklärt wer-den, ob es inzwischen eindeutige Bele-ge für eine gesundheitliche Beeinträch-tigung durch „nichtionisierende elek-tromagnetische Strahlung“ gibt und obder Gesetzgeber handeln müsste. Dochwie schon bei anderen Expertenrundendieser Art war das Meinungsbild höchstuneinheitlich.

    Die mobile Kommunikation sei einTeil der Ursachen für viele Zivilisations-krankheiten, meinte Ulrich Warnke vonder Universität des Saarlandes: „So wei-terzumachen ist unmöglich.“ Das Ge-fühl vieler Menschen, durch Funk-strahlen beeinträchtigt zu sein, lassesich „nicht objektivieren“, hielt GundeZiegelberger vom Bundesamt für Strah-lenschutz in Salzgitter entgegen.

    50 Millionen häusliche SenderInzwischen gibt es in Deutschland 13Mobilfunknetze, zu denen in absehba-rer Zeit noch zwei weitere hinzu kom-men sollen. Dazu senden eine Fülle vonMikroanlagen: WLAN-Sender sorgenfür kabellose Internetverbindungen,„schnurlose“ DECT-Telefone haben diekabelgebundenen fast schon komplettersetzt und das Kleinkind wird überfunkbetriebene „Babyphones“ über-wacht – alles zusammen etwa 50 Millio-nen häusliche Sender. Bei der Anhö-rung im bayerischen Landtag kommu-nizierten die Teilnehmer über schnur-los miteinander vernetzte Mikrofone.

    Dass dieses Gemisch an hochfre-quenten elektromagnetischen FeldernTieren und Menschen schadet, sei un-bewiesen, sagte Josef Opitz von derBundesnetzagentur in Mainz. „Welt-weit“ sei sich die Wissenschaft einig,dass es „Hinweise“ auf schädliche Wir-kungen gebe, aber „keine Ableitungen,auf die reagiert werden muss“. Und beigesetzgeberischen Entscheidungenzähle am Ende „die wissenschaftlicheMeinung und die muss belastbar sein“.

    Der Konstanzer Mediziner JoachimMutter verwies hingegen auf „unzähli-ge Studien“, die nahe legten, dass dasRisiko der mobilen Kommunikation„komplett unterbewertet“ werde. Im-

    merhin waren sich die Experten darineinig, dass die Geräte, die sich die Ver-braucher selbst kauften, meistens pro-blematischer seien als die auf Dächernund Masten angebrachten Sender. Undmit den neuen Smartphones erobernGeräte den Markt, die zumindest nichtweniger strahlungsintensiv sind als dieweniger smarten Vorgänger.

    „Für Handys, schnurlose Telefoneund WLAN-Sender gibt es keine Grenz-werte“, sagte Bernd Rainer Müller,Messtechniker aus Lage. Die techni-schen Möglichkeiten zur Reduzierungder Strahlung solcher Geräte existierelängst, berichtete der Mönchengladba-cher Baubiologe Martin Virnich. So ge-be es an die 100 schnurlose Telefone, dieim Ruhezustand nicht sendeten. AuchWLAN-Sender mit automatischer Ab-schaltung seien bereits auf dem Markt.Die strahlungsarmen Geräte sind aberoffenbar nicht gerade Verkaufsrenner.Das gilt vor allem für Handys, von de-nen derzeit in Deutschland 108 Millio-nen in Betrieb sind und bei denen sich,so BfS-Mitarbeiterin Ziegelberger, „reingar nichts tut“. Die Politik sollte da et-was Druck ausüben, empfahl Vornich.

    Wenn man nichts Genaues wisse,dann müsse das Vorsorgeprinzip grei-fen, meinte der bayerische Landtagsab-geordnete Hans Jürgen Fahn (Erlen-bach am Main) von den Freien Wäh-lern, die mit den Grünen die Experten-anhörung beantragt hatten. Wenn mannoch weitere 20 Jahre auf den endgülti-gen Nachweis warten wolle, sei es fürdie Betroffenen zu spät.

    Streit um Strahlentobt weiter➤ Wie schädlich ist der

    Mobilfunk um uns herum?➤ Experten weiter uneins

    über Gesundheitsgefahr ➤ Viele sehen Handlungs-

    bedarf bei Grenzwerten V O N R A L F M Ü L L E R , M Ü N C H E N................................................

    Sie sind allgegenwärtig, ihre Strahlung auch:ein Sendemast. B I L D : V RD - FO T O L I A

    1 Elektrosmog – was ist das? Mit demBegriff beschreibt man umgangs-sprachlich die Gesamtheit von elek-trischen, magnetischen und elektro-magnetischen Feldern, die uns heuteumgeben. Einige Experten und Be-troffene gehen davon aus, dass dieseFelder gesundheitsschädlich sind.Bewiesen ist das allerdings nicht. DieStudien widersprechen sich. Men-schen, die diese Wirkungen wahr-nehmen, nennt man elektrosensibel.

    2 Bürger wehren sich: Immer mehrBundesbürger sorgen sich ummögliche gesundheitsschädlicheFolgen. Elke Fertig von der Aschaffen-burger Initiative „Ab jetzt richtigmobil e.V.“ hat für die Verbraucher-organisation „Diagnose-Funk“ allebekannten Aktivitäten im Land aufge-listet, die gegen „die Mobilfunkpolitikvon Industrie und Staat“ kämpfen.

    Zwischen Bremerhaven und Berchtes-gaden und zwischen Cottbus undSaarbrücken fand sie 700 Bürger-initiativen, die gegen einzelne Sender-standorte, teils aber auch „gegenElektrosmog“ generell Front machen.Die meisten Initiativen sind in Bayernaktiv, nämlich mehr als 300.

    3 Digitaler Behördenfunk: Einenneuen Schub an Bürgerprotestenhat die Einführung des digitalenBehördenfunks (BOS-Tetra) gebracht,insbesondere in Bayern. Elke Fertigfand im Freistaat mehr als 200 Bürger-initiativen, die gegen die zusätzlichenSender mobil machen. In Baden-Württemberg sind es 35, in allenanderen Bundesländern zusammennur 40. (rm/bea)

    Informationen im Internet:www.diagnose-funk.de

    Der Kampf gegen Elektrosmog

    Click! 13S Ü D K U R I E R N R . 1 5 6 | M PM O N T A G , 9 . J U L I 2 0 1 2 Click! 13S Ü D K U R I E R N R . 1 5 6 | M PM O N T A G , 9 . J U L I 2 0 1 2