cvt für höchste drehmomente - tu-chemnitz.de · erfolgreiche „multitronic“ von audi [11, 12]...
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CVT für höchste Drehmomente CVT mit Umschlingungsvariator und Leistungsverzweigung
Prof. Dr. P. Tenberge, Dipl.-Ing. J. Sewart, Dipl.-Ing. J. Müller, Chemnitz 0 Kurzfassung
Stufenlose Getriebe für höchste Antriebsdrehmomente benötigen entweder ein Umschlin-
gungs- oder ein Traktionsgetriebe mit sehr hoher Drehmomentkapazität oder eine leistungs-
verzweigende Getriebestruktur, die den stufenlosen Kern entlasten. Bei der Konzeption so
einer Getriebestruktur mit einem Umschlingungs-CVT geht es in einem Schwerpunkt um die
Art der Leistungsverzweigung, die Anzahl der Fahrbereiche und die Regelung/Steuerung der
Fahrbereichswechsel. Für den Variator ist ein spezielles hydraulisches Regelsystem nötig,
das in beiden Leistungsflussrichtungen optimale Anpressungen liefert. Für Konzepte mit
Anfahren aus geared neutral ist hierfür eine geeignete Anfahrstrategie zu entwerfen. Nicht
zuletzt ist die konstruktive Umsetzung des Konzeptes in ein wettbewerbsfähiges Getriebe
hinsichtlich Bauraum, Gewicht und Kosten wichtig für seine Marktchancen.
CVTs for highest input torques need either a belt or a chain variator or a traction drive with
very high torque capacity or they need a power splitting gear structure, that eases the load
on the continuously variable core. To outline such a concept a main subject is to evaluate the
type of power splitting, the number of driving ranges and the controlling strategy for shifting
these ranges. The variator needs a special hydraulic control system, that operates optimal in
both directions of power flow. For concepts with starting up the vehicle from geared neutral a
suitable driving strategy has to be found. Last but not least the design of the concept to a
competitive gearbox regarding size, weight and costs is important for its market chance.
1 Einleitung
Stufenlose Fahrzeuggetriebe mit Umschlingungsvariatoren gibt es in Japan und Europa in
vielen Serienanwendungen bis zu 200 Nm. Die Stückzahlen dieser Anwendungen steigen
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kontinuierlich, weil die Fahrzeuge mit diesen Getrieben aufgrund stetig verbesserter
Betriebsstrategien mittlerweile gute Fahrleistungen bei relativ niedrigem Verbrauch
ermöglichen. Außerdem liegen die Aufpreise unter denen von Wandlerautomaten. Die hier
verbauten Umschlingungsgetriebe haben Schubgliederbänder oder Wiegedruckstückketten
als Umschlingungsmittel. Getriebe mit Wiegedruckstückketten erreichen höhere Dreh-
momentkapazitäten bis zu 350 Nm. Die in der Kundenakzeptanz, also am Markt sehr
erfolgreiche „multitronic“ von Audi [11, 12] ist ein Beispiel dafür.
Bild 1 „Multitronic“-Getriebe von Audi
Leider gibt es bislang aber nur wenige dieser CVT-Anwendungen in Fahrzeugen mit
Antriebsdrehmomenten bis zu 350 Nm oder mehr. Natürlich kann man auch Umschlingungs-
CVT für sehr große Antriebsdrehmomente entwickeln [13]. Deren Achsabstand wird aber
dann bei einer angestrebten Übersetzungsspreizung bis zu ϕ=6 so groß (>>170 mm), dass
diese Getriebe nur noch schwer in die vorhandenen Bauräume passen. Die großen
Scheiben sind jedoch nötig, weil sonst die Kettenbelastungen unter Volllast in
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Anfahrübersetzung mit minimalem Laufradius auf dem Antriebsscheibensatz so groß
werden, dass frühzeitige Kettenschädigungen die Getriebelebensdauer begrenzen.
Um trotzdem Anwendungen mit hohen Antriebsdrehmomenten bedienen zu können,
verbessern die Hersteller der Ketten und Scheibensätze von Umschlingungsgetrieben erst
einmal im Detail diese Komponenten sowie die Anpresssysteme und deren hydraulische
Versorgung samt der für schnelle Anpressreaktionen nötigen Drehmomentfühler [14, 15, 16].
Dies führt auch zu höheren Wirkungsgraden und geringeren spezifischen Ketten-
schädigungen, also tendenziell zu höheren Drehmomentkapazitäten. Der grundsätzliche
Zusammenhang zwischen dem Lastkollektiv des Fahrzeugs und dem Lastkollektiv des
Getriebes ändert sich dadurch jedoch nicht. Deshalb lassen sich mit diesen
Detailmaßnahmen drehmomentstarke neue Anwendungen nur schwer oder nur in kleinen
Schritten erschließen.
Bild 2: Getriebestruktur des „Multitronic“-CVT von Audi
Die Variatorbelastung hängt vom Lastkollektiv des Fahrzeugs und der Getriebestruktur ab.
Bei einer Getriebestruktur ohne Leistungsverzweigung mit einem antriebsseitigen und einem
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abtriebsseitigen Scheibensatz, wie dies z.B. bei der „multitronic“ von Audi der Fall ist, wird
der Antriebsscheibensatz A bis auf antriebsseitige Schwingungsentkopplungen annähernd
proportional zum Lastkollektiv des Verbrennungsmotors VM belastet und der Abtriebs-
scheibensatz B proportional zum Lastkollektiv des Fahrzeugs.
In Getriebestrukturen mit Leistungsverzweigung [6, 14, 15, 16] können die maximalen Dreh-
moment- und Drehzahlbelastungen an beiden Scheibensätzen eines Variators und damit die
maximalen Kettenkräfte aber deutlich kleiner werden. Leistungsverzweigende Getriebe-
strukturen mit mehreren Fahrbereichen erlauben darüber hinaus die mehrfache Nutzung der
Variatorspreizung für die Gesamtspreizung des Getriebes. Dadurch sinkt die Variator-
belastung weiter, aber die Anforderungen an die Verstelldynamik steigen.
Mittlerweile gibt es leistungsfähige Rechenprogramme [8, 9, 10,], mit denen man die Ketten-
belastungen, den Kettenkraftverlauf, die Scheibendeformationen und die Verluste in den
Kontakten Kette-Scheibe abhängig von den Scheiben- und Kettensteifigkeiten, den
Reibwerten in den Traktionskontakten und der Variatorgeometrie auch bei Verstellvorgängen
gut und schnell berechnen kann. Mit diesen Werkzeugen lässt sich der Einfluss einer
höheren Verstelldynamik auf den Wirkungsgrad und auf die höheren Anforderungen an das
Verstellsystem quantifizieren.
In der folgenden Untersuchung geht es um eine leistungsverzweigende Getriebestruktur mit
einem Umschlingungsvariator, die hinsichtlich der Eckbelastungen der Scheibensätze, der
Kettenschädigung und damit der Lebensdauer sowie des Wirkungsgrades Vorteile
gegenüber dem heutigen Stand der Technik bietet. Weitere wichtige Kriterien bei der
Konzeptfindung sind der verfügbare Bauraum und das Getriebegewicht.
2 Getriebestruktur
Die Getriebestruktur nach Bild 3 hat eine Antriebswelle, die über einen Schwingungsdämpfer
fest mit dem Verbrennungsmotor verbunden ist. Auf dieser Antriebswelle sitzt ein
Pumpensystem zur Versorgung der hydraulischen Steuerung und der Schmierung.
Die Antriebswelle treibt das Hohlrad eines vierwelligen Überlagerungsgetriebes. Dieses
Überlagerungsgetriebe hat einen Aufbau wie der aus Automatikgetrieben bekannte
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Ravigneaux-Planetenradsatz. Er umfasst einen Planetenträger a, in dem vier Sätze von
jeweils zwei miteinander kämmenden Planetenräder gelagert sind. Ein Planetenrad kämmt
jeweils mit dem Sonnenrad einer Welle b. Das andere Planetenrad kämmt jeweils mit einem
Sonnenrad einer Welle c und mit dem Hohlrad an der Antriebswelle an.
Die Welle a ist über eine erste Stirnradstufe u mit dem Scheibensatz A des
Umschlingungsvariators verbunden. Die Welle b ist über eine zweite Stirnradstufe v mit dem
Scheibensatz B des Umschlingungsvariators verbunden.
Variator
Schwin-gungs-
dämpfer
Über-lagerungs-
getriebeSchaltgetriebemit 2 Gängen
Bild 3: Strukturvorschlag für ein leistungsverzweigendes Getriebe mit 4 Fahrbereichen und
Umschlingungs-CVT
Zwischen dem Überlagerungsgetriebe und der Abtriebswelle ab sitzt ein Schaltgetriebe, über
das die Wellen a, b oder c mit dem Abtrieb verbunden werden können. Dafür ist es wichtig,
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eine Getriebestruktur zu finden, bei der die Stegwelle a (Planetenradträger) durch das
Planetengetriebe nach innen geführt werden kann. Damit gelingt es, auch die Welle a durch
die Wellen c und b hindurch zum Schaltgetriebe zu führen.
Das Schaltgetriebe besteht aus einer weiteren, einfachen Planetenradstufe mit einem
Sonnenrad 3, einem Hohlrad 4 und einem Planetenträger mit drei Planetenrädern auf der
Getriebeabtriebswelle. Die Wellen c=0 und b=1 lassen sich über die Schaltkupplungen K1
und K2 mit dem Sonnenrad verbinden. Die Welle a=2 ist über die Schaltkupplung K3 mit der
Abtriebswelle verbindbar. Das Hohlrad ist über eine Bremse B1 mit dem Getriebegehäuse
oder eine Kupplung K4 mit der Abtriebswelle verbindbar.
3 Drehzahlen und Fahrbereiche des Getriebes
Stufe 2: (Plusgetriebe) St Ho
i01 i02
Stufe 1: So St Ho (Minusgetriebe)
BZ 1
BZ 2
So
Bild 4: Drehzahlleiterdiagramm des Überlagerungsgetriebes nach Bild 3
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Bild 4 zeigt das Drehzahlleiterdiagramm des vierwelligen Überlagerungsgetriebes neben der
Grafik der Getriebestruktur. Auf den Drehzahlleitern werden nach oben die Drehzahlen n.....
bezogen auf die Antriebsdrehzahl nan angetragen. Die Abstände (a, b, c) der Drehzahlleitern
zueinander sind durch die Standübersetzungen bzw. die Zähnezahlen der Räder so
bestimmt, dass für einen Betriebszustand (BZ) die Drehzahlen aller vier Wellen auf einer
Geraden liegen. Alle Betriebszustandsgeraden gehen dann auch durch den Punkt nan/nan=1.
Tafel 1: Übersetzungen der Getriebestufen des Getriebes nach Bild 3
i01 1ca
−67−
191929⋅ 2.310−
zpÜ 3:=
i02 1ba
+6719
1920⋅
2022⋅ 3.045
i03 1 iSG−64−
222220⋅ 3.2− zpN 4:=
iaA26−
410.634−
ibB39−
301.3−
Bild 5 verdeutlicht die Drehzahlen im Überlagerungsgetriebe und die Gesamtübersetzungen
iges=nan/nab aufgetragen über der Variatorübersetzung.
Ein kinematischer Grenz-Betriebszustand (BZ1) dieses Getriebes ist dadurch gekenn-
zeichnet, dass dann alle Wellen des Überlagerungsgetriebes gleich schnell drehen, nämlich
so schnell wie die Antriebswelle. In diesem Betriebszustand sind die Verluste in so einem
Planetengetriebe minimal.
In dem anderen kinematischen Grenz-Betriebszustand (BZ2) des Getriebes dreht die
Koppelwelle b maximal schnell (e:1), die Koppelwelle a maximal langsam (f:1) und die
Koppelwelle c sogar mit negativer Drehzahl (d:1). Für das hier gewählte Beispiel sind:
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e 2.05 f1
2.050.488 d 0.7−
Die Übersetzung zwischen den beiden Wellen b und a variiert zwischen den beiden
Grenzbetriebszuständen im Bereich
2.052 4.2 iba≥nbna
1≥ .
Das heißt, der zwischen den Wellen a und b wirkende Variator benötigt dafür einen
Stellbereich von nur noch ϕV = 4.2.
0.4 0.8 1.2 1.6 2 2.42
1.5
1
0.5
0
0.5
1
1.5
2
2.5
Variatorübersetzung
n....
. / n
an
0
1
0.4 0.8 1.2 1.6 2 2.42
1.5
1
0.5
0
0.5
1
1.5
2
2.5
Variatorübersetzung
nab
/ nan
0
1
Überlagerungsgetriebe Schaltgetriebe
Variator
Koppel-getriebe
Variator
c
b
a
A
B B
A
1.FB=g.n.
2.FB
3.FB
4.FB=overdrive
BZ1BZ2
Bild 5: Drehzahlen und Übersetzungen im Getriebe nach Bild 3
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Die Übersetzungen iaA und ibB der Stirnradstufen zwischen den Koppelwellen a, b und den
Scheibensätzen A, B des Variators sind so gewählt, dass die maximalen Variatordrehzahlen
an beiden Scheibensätzen nahezu gleich groß sind. Dermaßen ausgeglichene Drehzahl-
belastungen an den Scheibensätzen sind nur in leistungsverzweigenden Getriebestrukturen
möglich, bei denen ein Scheibensatz des Variators weder auf der Antriebswelle, noch auf der
Abtriebswelle sitzt.
In einem 1. Fahrbereich wird die Koppelwelle c mit der Umlaufübersetzung iSG vom
Sonnenrad zum Planetenträger bei stehendem Hohlrad im Schaltgetriebe zum Abtrieb
übersetzt. K1 ist geschlossen. Da die Drehzahl dieser Koppelwelle im Stellbereich durch 0
geht, kann man sie zum Anfahren vorwärts wie rückwärts (geared neutral) und zum
Rückwärtsfahren nutzen. Ein extra Rückwärtsgang kann somit entfallen.
Im Betriebszustand BZ1 des Überlagerungsgetriebes bei iAB=iV=2.05 haben alle Koppel-
wellen gleiche Drehzahlen. In diesem Betriebspunkt wird zuerst die schnelle Koppelwelle b
über K2 zusätzlich mit dem Sonnenrad des Schaltgetriebes verbunden. Dann werden die
Scheibenanpressungen im Variator so umgesteuert, dass sich der Leistungsfluss im Variator
umdreht. Bei Kenntnis der Drehmomentbelastungen vor der Schaltung und der
Standübersetzungen lassen sich die nötigen Scheibenanpressungen berechnen und
einstellen, damit K2 das Drehmoment übernimmt und K1 entlastet wird und geöffnet werden
kann. Das Getriebe befindet sich im 2. Fahrbereich.
Im 2. Fahrbereich wird die Variatorübersetzung von iV=2.05 (BZ1) nach iV=0.488 (BZ2)
verstellt. Die Koppelwelle b dreht maximal schnell und die Koppelwelle a extrem langsam
wie die Abtriebswelle. Bei einer Umlaufübersetzung iSG im Schaltgetriebe, die dem
Stellbereich des Variators entspricht, hat nun die langsame Koppelwelle a die gleiche
Drehzahl wie die Abtriebswelle. Koppelwelle a kann nun über K3 mit dem Abtrieb verbunden
werden. Im Variator werden wieder die Scheibenanpressungen umgesteuert, um nun K2 zu
entlasten und K3 zu belasten. K2 wird dann geöffnet. Der 3. Fahrbereich ist nun aktiv.
Um im 3. Fahrbereich die Gesamtübersetzung in Richtung iges=1 zu verstellen, wird die
Variatorübersetzung wieder von iV=0.488 (BZ2) nach iV=2.05 (BZ1) verstellt. Abhängig von
der Gesamtübersetzung und deren Änderung erkennt die Getriebesteuerung, dass nun ein
Wechsel in den 4. Fahrbereich erfolgen soll und bereitet das Schaltgetriebe darauf vor. Im
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Schaltgetriebe wird das Hohlrad vom Getriebegehäuse getrennt und mit dem Planetenträger
verbunden. Das Schaltgetriebe läuft somit mit minimalen Verlusten als Block um.
Tafel 2: Schaltlogik des Getriebes nach Bild 3
F B 10 ,4 8 8- 6 ,0 3 1
g e a re d n e u tra l
F B 4
F B 3
F B 2
0 ,4 8 8
2 ,0 5 0
0 ,4 8 8
2 ,0 5 0
0 ,8 8 4
iV=
n A /n B
o v e r -d r iv e 0 ,4 8 8
∞
ig e sK 4K 3K 2K 1B 1
S c h a lte le m e n te
n e u tra l N
u n d e r -d r iv e
F a h r -b e re ic h e
K u p p lu n g b le ib t z u , is t a b e r la s tfre i
1 ,0 0 0
2 ,0 5 0
4 ,2 0 3
Die Umschaltung von 3. Fahrbereich zum 4. Fahrbereich erfolgt wieder im Betriebszustand
BZ1 des Überlagerungsgetriebes mit gleichen Drehzahlen an allen Koppelwellen. Die
Koppelwelle b wird mit dem Sonnenrad des Schaltgetriebes verbunden und a anschließend
vom Abtrieb getrennt. Die Umsteuerung im Variator erfolgt wie beim Wechsel vom 1. in den
2. Fahrbereich.
Bei einer Verstellung im 3. Fahrbereich zur Übersetzung iges=1 hin wird der Scheibensatz A
betragsmäßig beschleunigt und nimmt kinetische Energie auf. Gleichzeitig wird Scheibensatz
B betragsmäßig verzögert und gibt kinetische Energie ab. Nach dem Fahrbereichswechsel
wird der Variator im 4. Fahrbereich in die andere Richtung verstellt. Dann gibt Scheibensatz
A wieder kinetische Energie ab und Scheibensatz B nimmt welche auf. Wenn die
Gesamtbilanz der Beschleunigungsleistungen, die in die Drehmassen hinein- bzw. aus ihnen
herausfließen, beim Fahrbereichswechsel nicht 0 ist, ändert sich beim Fahrbereichswechsel
auch bei konstantem Antriebsdrehmoment die Abtriebsbeschleunigung. In Getriebe-
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strukturen wie der nach Bild 3 mit sich gegenläufig verändernden Drehzahlen der
Scheibensätze des Variators ist dieser Effekt aber wesentlich kleiner als in Strukturen mit
einem Scheibensatz auf der Antriebswelle [14, 15]. Mit kleinen regelungstechnischen
Eingriffen auf das Motordrehmoment kann dieser Effekt dann noch auf nicht mehr spürbare
Werte verringert werden.
Tabelle 2 verdeutlicht die Schaltlogik und die Übersetzungsbereiche des Getriebes.
Fahrbereich 1 dient zum Anfahren und Rückwärtsfahren. Die daran anschließenden
Fahrbereiche 2 bis 4 decken einen Stellbereich von ϕ=8,6 ab.
Die Schaltelemente K1 bis K4 sind formschlüssige Schaltelemente. Die Bremse B1 kann
vorteilhaft auch als reibschlüssiges Schaltelement ausgeführt werden. Das erleichtert das
Anfahren aus dem Stillstand und kann mit einer Schlupfregelung auch bei den
Fahrbereichswechseln schwingungsdämpfend wirken.
Alternativ zu dieser Struktur mit 4 Fahrbereichen gibt es natürlich auch Konzepte mit nur
einem, zwei oder drei Fahrbereichen. Der Hauptbetriebsbereich eines Fahrzeuggetriebes
liegt im Overdrive mit einer Spreizung von ca. 1,25 bis 1,5 bei heute ausgeführten Getrieben.
Dieser overdrive sollte auch in einer leistungsverzweigenden Struktur nur von einem
Fahrbereich abgedeckt werden, um unnötig viele Fahrbereichswechsel zu vermeiden. Um
den Variator bei Volllastanfahrten nicht zu hoch zu belasten, sollte auch der Anfahrbereich
keine zu große Spreizung aufweisen. Denn nur dann kommt das Getriebe mit einem baulich
kleinen Variator aus. Diese Analysen der Drehzahlen und die folgenden Analysen der
Leistungsflüsse im Getriebe führen letztendlich zu Getriebekonzepten mit drei oder vier
Fahrbereichen. In der Struktur nach Bild 3 und mit der Auslegung nach Tafel 1 verdoppelt
der 4. Fahrbereich sogar nahezu den Gesamtstellbereich im Vergleich zur 3-Bereichs-
variante und kostet „nur“ den Mehraufwand der Zahnkupplung K4. Ein 3-Bereichskonzept
dieser Art mit nur einer Getriebeübersetzung im Schaltgetriebe liefert außerdem nur eine
minimale Gesamtübersetzung von iges=1. Wollte man so ein Getriebe in einer Fahrzeug-
anwendung alternativ zu einem Automatikgetriebe mit Overdrive nutzen, so müsste man
auch die Achsübersetzung anpassen. Andere 3-Bereichskonzepte, die auch den Overdrive
abdecken würden, erfordern aufwendigere Schaltgetriebe. Das hier favorisierte 4-Bereichs-
konzept ist einem 3-Bereichskonzept also in vielen Kriterien überlegen. Dies wird auch bei
der folgenden Analyse der Bauteilbelastungen noch besonders deutlich.
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4 Drehmomente und Leistungsflüsse im Getriebe Die Drehmomente und Leistungsflüsse im Getriebe sollen hier beispielhaft für eine
Oberklasseanwendung mit einem Antriebskennfeld nach Bild 6 dargestellt werden. Der
Verbrennungsmotor soll ein maximales Drehmoment von 500 Nm und eine maximale
Leistung von 326 PS aufweisen.
Für diese Anwendung soll das Getriebe einen Variator mit einem Achsabstand von 180 mm
und einer Kettenlänge von 730 mm haben.
0 1000 2000 3000 4000 5000 6000 70000
200
400
600
max. Motordrehmoment [Nm]max. Motorleistung [kW]
Pmax
kW
Tmax
NmnTmax
min 1−
nPmax
min 1−
Pmax 240kW=
Pmax 326PS=
nPmax 5480min 1−=
Tmax 500 Nm=
nTmax 4280min 1−=
T
P
Bild 6: Volllastkennlinien für eine beispielhafte Anwendung
Bild 7 verdeutlicht die Belastungen des Getriebes, insbesondere des Variators, bei einer
Volllastbeschleunigung. Dazu wird die Drehzahl des Motors schnell von einer Anfahrdrehzahl
von 1500/min auf die Drehzahl der Nennleistung gesteigert. Der Motor gibt dabei sein Voll-
lastdrehmoment ab, dass nur beim Anfahren durch eine Traktionskontrolle soweit gesenkt
wird, dass das Abtriebsdrehmoment unter dem Haftschlussmoment von in diesem Beispiel
Tabmax=1750 Nm bleibt. Bei der Rückwärtsfahrt wird das Abtriebsdrehmoment auf einen Wert
begrenzt, der für eine Steigfähigkeit von pmax=55% des voll beladenen Fahrzeugs ausreicht.
Die maximale Belastung am Scheibensatz A beträgt ca. 400 Nm. Sie tritt nur beim
Volllastanfahren an der Haftschlussgrenze auf. Hier ist auch die von der Kette zu über-
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tragende Umfangskraft mit ca. 7400 N maximal. Die maximale Umfangskraft im unverzweig-
tem „multitronic“-Getriebe mit einem Laufradius knapp unter 35 mm in Anfahrübersetzung
beträgt schon über 10.000 N beim Volllastanfahren in einer 350 Nm-Anwendung.
0 100 200 300
1500
1000
500
0
500
Geschwindigkeit [kph]
Dre
hmom
ente
[Nm
]
00
0 100 200 300
200
100
0
100
200
Geschwindigkeit [kph]
Leis
tung
en [k
W]
0
0
0 100 200 300
0
2000
4000
6000
8000
Geschwindigkeit [kph]D
rehz
ahle
n [1
/min
]
0
0
an an
an
A
A
A
BB
B
ab
ab
ab
Bild 7: Getriebebelastung bei einer Volllastbeschleunigung
0 100 200 3000
2
4
6
8
Geschwindigkeit [kph]
Um
fang
skra
ft im
Var
iato
r [kN
]
30
0 100 200 3000
20
40
60
80
100
Geschwindigkeit [kph]
Lauf
radi
en im
Var
iato
r [m
m]
30
A
B
Bild 8: Umfangskraft und Laufradien im Variator bei einer Vollastbeschleunigung
Beim Anfahren aus geared neutral mit der leistungsverzweigenden Getriebestruktur liegt die
Variatorleistung über der effektiven Antriebsleistung. Diese ist jedoch kleiner als die
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maximale Motorleistung, wenn dieser Fahrbereich auf solche Übersetzungen begrenzt ist,
bei denen die Traktionskontrolle das Motordrehmoment an der Haftschlussgrenze reduziert.
Auch in dieser Hinsicht bietet so ein weit gespreiztes 4-Bereichskonzept Vorteile gegenüber
Konzepten mit nur 3 Fahrbereichen.
In den Fahrbereichen 2, 3 und 4 fließen nur zwischen 33% und 67% der Motorleistung über
den Variator. Der übrige Teil der Antriebsleistung wird nur über die wenigen Zahneingriffe im
Überlagerungsgetriebe übertragen. Da auch die Verzahnung des Schaltgetriebes nur in den
ersten beiden Fahrbereichen aktiv ist, ergibt sich ein hoher Gesamtwirkungsgrad, der über
dem eines unverzweigten Getriebes liegen wird. Hilfreich ist hier auch, dass dieses Getriebe
maximal ein reibschlüssiges Schaltelement hat.
0 50 100 150 200 250 3000
0.25
0.5
0.75
1
1.25
1.5
Geschwindigkeit [kph]
| Var
iato
rleis
tung
| / A
ntrie
bsle
istu
ng
10
2. FB 3. FB 4. FB
67%
33%
Bild 9: Relative Variatorbelastung des leistungsverzweigten Getriebes mit 4 Fahrbereichen
In den Fahrbereichen 2, 3 und 4 liegen die Kettenbelastungen aufgrund der Leistungs-
verzweigung so niedrig, dass die Kettenschädigung deutlich geringer als bei einem
unverzweigten Getriebe ausfällt. Dies lässt sich entweder für eine höhere Lebensdauer
nutzen oder für Gewichtsreduzierungen bei der Kette und den Scheiben.
Die maximalen Belastungen im Variator sind an beiden Scheibensätzen nahezu gleich. Dies
liegt am Verzweigungskonzept mit dem vierwelligen Überlagerungsgetriebe und den
gleichen Übersetzungsspreizungen in den Fahrbereichen 2, 3 und 4.
CVT für höchste Drehmomente 15 / 22
5 Konstruktive Gestaltung des Getriebes Die Bilder 10 und 11 zeigen erste konstruktive Skizzen zu so einem stufenlosen Getriebe für
eine 500 Nm-Anwendung mit Längseinbau des Getriebes und Hinterachsantrieb. Bei so
einer Anordnung ist antriebsseitig der größte Platz im Tunnel. Hier sind die beiden
Scheibensätze unterhalb der Antriebswelle so platziert, dass die Kette in allen Betriebs-
zuständen knapp unterhalb der Antriebswelle durchläuft.
Die Antriebswelle treibt ein Pumpensystem zur Versorgung der Hydraulik, das im Front-
deckel untergebracht ist. Da dieses Getriebe kein Anfahrelement in Form einer Kupplung
oder eines Wandlers hat, fördert die Pumpe sobald der Verbrennungsmotor läuft.
Das vierwellige Überlagerungsgetriebe liegt zentral im Getriebe. Es besteht aus dem mit der
Antriebswelle an verbundenen Hohlrad, dem Planetenträger a und den beiden Sonnenrad-
wellen b und c. Diese Struktur wurde gewählt, um die Welle a einmal an den Scheibensatz A
anbinden zu können, zum anderen aber auch, um die Welle a durch die Wellen b und c
hindurch zur Abtriebswelle führen zu können.
Die beiden Vorgelegestufen vom Planetenträger a zum Scheibensatz A und vom Sonnenrad
b zum Scheibensatz B haben deutlich verschiedene Übersetzung iaA und ibB. Dadurch
ergeben sich unterschiedlich große Stirnräder an den Koppelwellen, die mit ihren ineinander
verschachtelten Lagerungen sehr kompakt zwischen Überlagerungsgetriebe und Schalt-
getriebe sitzen können. Das Getriebegehäuse kann dazu bis zwischen diese Stirnräder
gezogen werden.
In einem abtriebsseitigen Deckel sitzt die Abtriebswelle, die gleichzeitig Planetenträger der
Schaltgetriebestufe ist. Das Hohlrad ist auf der Abtriebswelle gelagert. Es ist über eine
Lamellenbremse B1 mit dem Getriebegehäuse oder über eine Zahnkupplung K4 mit dem
Abtrieb verbindbar. Die Aktorik dieser Schaltelemente und der Kupplung K3 sitzt in diesem
Gehäusedeckel. Die Aktorik der Kupplungen K1 und K2 sitzt vor dem Schaltgetriebe im
eingezogenen Getriebegehäuse.
Zur Reduzierung der Wellendurchbiegung sind die Wellen beider Scheibensätze dreifach
gelagert. Dadurch lassen sich die Scheibendeformationen reduzieren und der Wirkungsgrad
CVT für höchste Drehmomente 16 / 22
erhöhen. Das Getriebe hat dafür einen mittleren Deckel, in dem auch das Festlager der
Antriebswelle sitzt.
620
308
125
128
Scheiben-satz A
Scheiben-satz B
Pumpe
anab
Druck-sensor A
Druck-sensor B
Schalt-getriebe
Überlagerungs-getriebe
Bild 10: Abgewinkelter Achsschnitt durch einen ersten Getriebeentwurf
Beide Scheibensätze haben Drehmomentfühler, die einen drehmomentproportionalen Druck
erzeugen. Anders als in bisher ausgeführten Getrieben haben diese Drehmomentfühler
einen gehäusefesten, nicht drehenden Kolben. Die Druckkraft wird über ein Axiallager
übertragen. Eine Drehdurchführung für den Sensoröldruck kann somit entfallen. Eine
variable Steigung der mechanischen Rampe im Drehmomentfühler, wie dies in [18]
vorgeschlagen wird, ist hier auch nicht nötig. Die vollvariable Anpressregelung wird in
diesem Getriebe durch eine spezielle hydraulische Steuerung erreicht. Deshalb benötigen
CVT für höchste Drehmomente 17 / 22
die Scheibensätze auch keine Stufenkolben [16], sondern nur einfache Kolben mit
konstantem Querschnitt.
In diesem ersten Entwurf hat das Getriebe eine Baulänge von 620 mm, eine größte Breite
von 404 mm sowie eine maximale Bauhöhe von weniger als 350 mm.
404
206
130
Bild 11: Anordnung der Getriebewellen in einem Stirnschnitt
A B
6 Hydraulische Steuerung und Regelung des Getriebes
In diesem leistungsverzweigenden Getriebe fließt in den Fahrbereichen 1 und 3 die
Variatorleistung vom Scheibensatz A zum Scheibensatz B und in den Fahrbereichen 2 und 4
von B nach A. Diesen wechselnden Leistungsflussrichtungen muss die hydraulische
Steuerung des Getriebes Rechnung tragen. Bild 12 zeigt einen Hydraulikplan einer für
CVT für höchste Drehmomente 18 / 22
dieses Getriebe geeigneten hydraulischen Scheibenanpressung. Eine geregelte Pumpe
erzeugt einen konstanten Volumenstrom. Über eine Stromteilerschaltung werden beide
Drehmomentfühler unabhängig voneinander mit Öl versorgt und drosseln die Teilvolumen-
ströme auf drehmomentproportionale Werte.
Bild 12: Hydraulische Steuerung in einem leistungsverzweigten CVT – Getriebe
Für eine wirkungsgradoptimale Anpressung wird hier vorgeschlagen, über eine hydraulische
Addition aus beiden Drucksignalen einen Systemdruck zu erzeugen, der im gesamten
Stellbereich vom Antriebsdrehmoment und der Übersetzung abhängt. Dieser Systemdruck
wird dann über einen bekannten Vierkantensteuerschieber auf die Scheibensätze A und B
CVT für höchste Drehmomente 19 / 22
verteilt. Über eine mechanische Rückführung einer der Scheibenbewegungen auf den
Vierkantensteuerschieber erhält man eine Übersetzungsregelung wie in heute bekannten
Steuersystemen.
Bei einer gleichwertigen (1:1)-Addition beider Drucksignale zum Systemdruck erhält man
unabhängig von der Richtung des Stellleistungsflusses einen für eine wirkungsgradoptimale
Anpressung geeigneten Systemdruck. So ein Anpresssystem braucht keine Stufenkolben an
den Scheibensätzen [16] oder übersetzungsabhängige Drehmomentfühler [18], die in den
Scheibensätzen integriert sein müssen.
Die Stabilität der Anfahrregelung und der dabei erreichte Komfort sind entscheidend für den
Erfolg so eines geared neutral – Getriebes. Als Maß der Dinge für das Anfahrverhalten gilt
nach wie vor ein gut ausgelegter hydrodynamischer Wandler. Auf Grund seiner Charak-
teristik als Strömungsmaschine mit einer quadratisch mit der Drehzahl steigenden Dreh-
momentaufnahme und einer mit steigender Drehzahlwandlung nTurbine/nPumpe fallenden
Drehmomentwandlung TTurbine/TPumpe, macht er beim Anfahren alles richtig. Bisherige
Drehzahlregelungen in geared neutral - Getrieben konnten dagegen nicht überzeugen. Also
liegt das Ziel nahe, diesem Getriebe regelungstechnisch die Anfahrcharakteristik eines
Wandlerautomaten zu geben.
Abhängig vom Drehzahlverhältnis nc/nan gibt der Regler eine exponentiell mit der
Antriebsdrehzahl steigende Sollkurve für das Motordrehmoment vor. Diese entspricht der
Pumpenkennlinie des Wandlers. Abhängig von der Fahrpedalstellung öffnet der Regler die
Drosselklappe bzw. regelt die Kraftstoffeinspritzung auf diesen Wert hin. Dabei wird aber
eine zu jeder Fahrpedalstellung und dieser Sollkurve gehörige Solldrehzahl nicht
überschritten.
Mit einer zweiten Reglerkurve, die der Drehmomentwandlung im Wandlerautomaten
entspricht, erhält man abhängig vom Drehzahlverhältnis nc/nan das Solldrehmoment an der
Welle c. Über die Drehmomentbeziehungen im Überlagerungsgetriebe erhält man die
Solldrehmomente an den Drehmomentfühlern und die dortigen Solldrücke. Aus der Differenz
zwischen dem Istmoment und dem Sollmoment an Welle c lässt sich bei Kenntnis der trägen
Massen eine Sollbeschleunigung errechnen. Über den momentanen Drehzahlzustand im
Getriebe ergibt sich daraus eine Verstellgeschwindigkeit diV/dt am Variator. Der Variator wird
nun so verstellt, dass sich diese Drücke tatsächlich einstellen.
CVT für höchste Drehmomente 20 / 22
Ist z.B. beim Anfahren das Drehmoment an Welle c zu klein, wird durch Verstellen des
Variators der Scheibensatz A beschleunigt und Scheibensatz B verzögert. Bild 4 macht
deutlich, dass dadurch Welle c mit allen Abtriebsmassen beschleunigt wird, wodurch das
Moment an dieser Welle steigt.
Fährt das Fahrzeug z.B. an ein Hindernis, eine Rampe oder eine Bordsteinkante, steigt das
Moment an Welle c und in den Drehmomentfühlern steil an. Solange es über dem Sollwert
liegt, wird die Variatorübersetzung iV=iAB so weit reduziert bis das Fahrzeug steht.
Auf diese Weise lässt sich eine Drehmoment-Anfahrregelung realisieren, die alle Eigen-
schaften eines Wandlers hat. Dies sind insbesondere das weiche Losrollen in der Ebene,
wenn der Fahrer die Bremse löst, oder das automatische Anhalten an einem Hindernis wie
einer Bordsteinkante. Auch ein Anfahren aus einem Festbremspunkt wäre auf diese Weise
machbar, würde aber natürlich den Variator hoch belasten.
Da die oben genannten Kennlinien variabel programmierbar sind, sind mit ein und dem-
selben Getriebe verschiedene Charakteristiken zwischen hartem und weichem Wandler
darstellbar. Entscheidend für diese Regelung ist mindestens ein genaues Drehmomentsignal
für die Variatorbelastung oder die Belastung an der Koppelwelle c. Auch deshalb sind hier
zwei Drehmomentsensoren mit nicht drehendem Kolben im Gehäuse vorteilhaft. Unabhängig
von den momentanen Variatorverlusten lassen sich daraus die Drehmomente an den Wellen
an und c bestimmen. Das Ergebnis wird nur durch die geringen Verzahnungsverluste
verfälscht. Ein einziger Drehmomentsensor auf der Antriebswelle wäre hier nicht
ausreichend, da er bei Fahrzeugstillstand in der Ebene ein Signal abgibt, dass zu stark vom
momentanen nicht genau bekannten Verlustmoment im Variator überlagert wird.
7 Zusammenfassung
Um stufenlose Getriebe für sehr drehmomentstarke Anwendungen zu qualifizieren, sind
neue Getriebekonzepte nötig. Leistungsverzweigende Getriebestrukturen stellen hier eine
interessante Alternative dar.
Im Vergleich zur einer unverzweigten CVT-Getriebestruktur nach Bild 2 benötigt die
leistungsverzweigende Getriebestruktur nach Bild 3 nur einen kleinen Variatorstellbereich
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von ϕV=4.2 statt 6. Bei gleicher Drehmomentkapazität kann dann der Variator kleiner
werden, oder die Drehmomentkapazität steigt bei gleicher Baugröße.
Im Vergleich zu anderen Verzweigungskonzepten bietet die Struktur nach Bild 3 mit dem
vierwelligen Überlagerungsgetriebe weitere Vorteile. Beide Scheibensätze sind bzgl. der
Drehzahlen und Drehmomente gleichmäßig belastet. Die Scheibensätze können identisch
ausgeführt sein. Das Getriebe hat drei stufenlos regelbare Koppelwellen, nämlich eine zum
Anfahren aus geared neutral sowie ein langsame Koppelwelle a und eine schnelle
Koppelwelle b. Nur mit den Koppelwellen c und b ließe sich ohne weitere Getriebestufen ein
2-Bereichsgetriebe aufbauen. Dies wäre aber nicht für hohe Antriebsdrehmomente geeignet.
Deshalb nutzt man diese ersten beiden Fahrbereiche mit einer hohen Schaltgetriebe-
übersetzung und schließt daran zwei weitere Fahrbereiche über die Koppelwellen a und b
ohne Schaltgetriebeübersetzung an.
Die 4 Fahrbereiche führen zu einer unendlichen Gesamtspreizung und sogar zur einem
Stellbereich von ϕ =8,6 in den Fahrbereich 2 bis 4. Trotzdem sind die Variatorbelastungen
gering. Im Mittel fließen nur 50% der Antriebsleistung über den stufenlosen Leistungszweig.
Daraus ergibt sich insgesamt eine hohe Drehmomentkapazität für das Gesamtsystem.
Als Mehraufwand im Vergleich zur unverzweigten Getriebestruktur ist nur das Schaltgetriebe
mit den Fahrbereichsschaltungen zu nennen. Der Aufwand für das antriebsseitige Über-
lagerungsgetriebe wird durch Wegfall des antriebsseitigen Wendegetriebes mit 2 Schalt-
elementen kompensiert. Regelungstechnisch sind 3 Fahrbereichsschaltungen und schnellere
Variatorverstellungen zu beherrschen.
Mit einer Baulänge von ca. 620 mm und der antriebsseitigen Anordnung der Scheibensätze
ist eine wettbewerbsfähige Getriebekonstruktion für einen Standardantrieb darstellbar.
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