darauf kommt es an: druck vermeiden

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Mobilität Druck Zugkräfte Scherkräfte KEYWORDS Jeder zehnte Mensch erleidet einen Dekubitus. Dekubitusprophylaxe Darauf kommt es an: Druck vermeiden E in Dekubitus ist eine schwerwiegende gesund- heitliche Beeinträchtigung, die vor allem bei schwerkranken, älteren und bettlägerigen Menschen auftritt. Fast die Hälfte der Betroffenen hat stärkste Schmerzen vor allem beim Verband- wechsel. Jeder dritte Betroffene mit einem höher- gradigen Dekubitus stirbt an den Folgen einer Sepsis aufgrund einer Wundinfektion. Rund 80% der Betroffenen sind Frauen, aus dem einfachen Grund, weil Frauen älter werden als Männer. Da in den nächsten Jahren die Menschen noch älter und eher multimorbider werden, ist in den kommenden 30 bis 50 Jahren mit einem deutlichen Anstieg der Dekubitushäufigkeit zu rechnen. Aktuell gehen wir davon aus, dass jeder zehnte Mensch bis zu seinem Tod einen Dekubitus erleiden wird. Missverständnisse und Irrtümer Leider kommt es immer wieder zu Irrtümern und Missverständnissen bei der Prävention eines Deku- bitus, die wir nachfolgend richtig stellen wollen: Irrtum 1: Ein Dekubitus entsteht in der obersten Hautschicht. Immer noch wird angenommen, dass ein Dekubitus in der obersten Hautschicht, der Epidermis, entsteht. Deshalb werden hautpflegende und -schützende Maß- nahmen (z.B. Massagen, Eincremen) durchgeführt oder spezielle Substanzen zur Dekubitusprophylaxe angewendet. Da jedoch die oberste Hautschicht kei- ne eigene Durchblutung besitzt, ist eine Ischämie in dieser Schicht nicht möglich. Wenn Druck auf Ge- webe einwirkt, sind tiefere Gewebsschichten wie Fettgewebe und vor allem die empfindliche Musku- latur zuerst geschädigt. Die oberste Schicht kann Druck sehr lange standhalten, ohne Schaden zu neh- men. Konsequenz: Hautpflegende Maßnahmen haben keine direkte Auswirkungen auf die Dekubitusent- stehung. Allerdings ist vor allem bei der Altershaut eine dem Hautzustand entsprechende Pflege sinnvoll, um die elastischen Eigenschaften der Haut zu erhal- ten. Auch Schädigungen der Haut durch Feuchtigkeit wie Urin oder Schweiß sind zu vermeiden, denn eine vorgeschädigte Haut reagiert auf Druckeinwirkung sensibler. Irrtum 2: Ein Dekubitus entsteht durch Ischämie infolge des Abdrückens der Blutgefäße. Bisher glaubte man, dass die Dauer der Druckeinwirkung der entscheidende Faktor sei. Je länger der Druck einwirkt, desto eher würde ein Dekubitus entstehen. Aus neueren Unter- suchungen zur Entstehung von Dekubitus mittels Kernspintomographie weiß man, dass auch sehr kur- zer, hoher Druck zu einer Schädigung des Gewebes führen kann und Scher- und Zugkräfte das Entstehen eines Dekubitus begünstigen. Ein Dekubitus ist nicht allein das Ergebnis einer Ischämie. Denn bei manchen Betroffenen entsteht ein Dekubitus deutlich schneller als dies durch eine Ischämie möglich ist. Die entscheidenden Faktoren zur Dekubitusent- stehung sind Druck, Scher- und Zugkräfte. Hoher Druck kann die Zellmembran direkt schädigen, Scherkräfte können zu einer Schädigung vor allem in der Tiefe führen, was wir in der Praxis als „Taschen“ kennen. Zugkräfte entstehen an den Stellen, an denen das Gewebe vom Knochen auseinandergezogen wird. Aus klinischer Beobachtung weiß man, dass weiche Matratzen die Immobilität verstärken. Immobilität aber ist eine entscheidende Ursache für die Entste- hung eines Dekubitus und sollte deshalb vermieden Das Entstehen eines Dekubitus ist nach wie vor eines der schwerwiegendsten Pflegeprobleme. Deshalb beschäftigt sich die nationale und internationale Pflegeforschung inten- siv mit dieser Problematik. Doch um einen Dekubitus vermei- den zu können, muss man die aktuellen Erkenntnisse zu sei- ner Entstehung kennen. DOI: 10.1007/s00058-014-0901-6 © Gerhard Schröder Druck Zeit Scher- und Zugkräfte (Reibung) Mikroklima Temperatur Dekubitus weitere individuelle Risikofaktoren Abb. 1: Die Entstehung eines Dekubitus hängt von vielen Faktoren ab. Ent- scheidend ist aber die Höhe des Drucks. 30 PflegeKolleg Prophylaxen Heilberufe / Das Pflegemagazin 2014; 66 (9)

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Page 1: Darauf kommt es an: Druck vermeiden

MobilitätDruckZugkräfteScherkräfte

KEYWORDS

Jeder zehnte Mensch erleidet einen

Dekubitus.

Dekubitusprophylaxe

Darauf kommt es an: Druck vermeiden

Ein Dekubitus ist eine schwerwiegende gesund-heitliche Beeinträchtigung, die vor allem bei schwerkranken, älteren und bettlägerigen

Menschen auftritt. Fast die Hälfte der Betroffenen hat stärkste Schmerzen – vor allem beim Verband-wechsel. Jeder dritte Betroffene mit einem höher-gradigen Dekubitus stirbt an den Folgen einer Sepsis aufgrund einer Wundinfektion. Rund 80% der Betroffenen sind Frauen, aus dem einfachen Grund, weil Frauen älter werden als Männer. Da in den nächsten Jahren die Menschen noch älter und eher multimorbider werden, ist in den kommenden 30 bis 50 Jahren mit einem deutlichen Anstieg der Dekubitushäufigkeit zu rechnen. Aktuell gehen wir davon aus, dass jeder zehnte Mensch bis zu seinem Tod einen Dekubitus erleiden wird.

Missverständnisse und IrrtümerLeider kommt es immer wieder zu Irrtümern und Missverständnissen bei der Prävention eines Deku-bitus, die wir nachfolgend richtig stellen wollen:

Irrtum 1: Ein Dekubitus entsteht in der obersten Hautschicht.Immer noch wird angenommen, dass ein Dekubitus in der obersten Hautschicht, der Epidermis, entsteht. Deshalb werden hautpflegende und -schützende Maß-nahmen (z.B. Massagen, Eincremen) durchgeführt oder spezielle Substanzen zur Dekubitusprophylaxe angewendet. Da jedoch die oberste Hautschicht kei-ne eigene Durchblutung besitzt, ist eine Ischämie in dieser Schicht nicht möglich. Wenn Druck auf Ge-webe einwirkt, sind tiefere Gewebsschichten wie Fettgewebe und vor allem die empfindliche Musku-latur zuerst geschädigt. Die oberste Schicht kann Druck sehr lange standhalten, ohne Schaden zu neh-men.

Konsequenz: Hautpflegende Maßnahmen haben keine direkte Auswirkungen auf die Dekubitusent-stehung. Allerdings ist vor allem bei der Altershaut eine dem Hautzustand entsprechende Pflege sinnvoll, um die elastischen Eigenschaften der Haut zu erhal-ten. Auch Schädigungen der Haut durch Feuchtigkeit wie Urin oder Schweiß sind zu vermeiden, denn eine vorgeschädigte Haut reagiert auf Druckeinwirkung sensibler.

Irrtum 2: Ein Dekubitus entsteht durch Ischämie infolge des Abdrückens der Blutgefäße. Bisher glaubte man, dass die Dauer der Druckeinwirkung der entscheidende Faktor sei. Je länger der Druck einwirkt, desto eher würde ein Dekubitus entstehen. Aus neueren Unter-suchungen zur Entstehung von Dekubitus mittels Kernspintomographie weiß man, dass auch sehr kur-zer, hoher Druck zu einer Schädigung des Gewebes führen kann und Scher- und Zugkräfte das Entstehen eines Dekubitus begünstigen. Ein Dekubitus ist nicht allein das Ergebnis einer Ischämie. Denn bei manchen Betroffenen entsteht ein Dekubitus deutlich schneller als dies durch eine Ischämie möglich ist.

Die entscheidenden Faktoren zur Dekubitusent-stehung sind Druck, Scher- und Zugkräfte. Hoher Druck kann die Zellmembran direkt schädigen, Scherkräfte können zu einer Schädigung vor allem in der Tiefe führen, was wir in der Praxis als „Taschen“ kennen. Zugkräfte entstehen an den Stellen, an denen das Gewebe vom Knochen auseinandergezogen wird.

Aus klinischer Beobachtung weiß man, dass weiche Matratzen die Immobilität verstärken. Immobilität aber ist eine entscheidende Ursache für die Entste-hung eines Dekubitus und sollte deshalb vermieden

Das Entstehen eines Dekubitus ist nach wie vor eines der schwerwiegendsten Pflegeprobleme. Deshalb beschäftigt sich die nationale und internationale Pflegeforschung inten-siv mit dieser Problematik. Doch um einen Dekubitus vermei-den zu können, muss man die aktuellen Erkenntnisse zu sei-ner Entstehung kennen.

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MikroklimaTemperatur

Dekubitus

weitere individuelle Risikofaktoren

Abb. 1: Die Entstehung eines Dekubitus hängt von vielen Faktoren ab. Ent-scheidend ist aber die Höhe des Drucks.

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werden. Kontraproduktiv sind auch kleinflächige Abpolsterungen. Beispiel Ferse: Das in der Tiefe lie-genden Fersenbein ist ein konvexer – nach außen gewölbter – Knochen. Dadurch ist die druckaus-übende Fläche sehr klein. Je kleiner die Fläche ist, die Druck ausübt, desto höher ist der Druck (Druck er-gibt sich immer aus Kraft geteilt durch Fläche). Die Ferse ist also besonders gefährdet, einen Dekubitus zu entwickeln. Achtung: Ganz falsch wäre es, die Fer-se abzupolstern, um sie zu schützen. Denn kleinflä-

chige Abpolsterungen oder kleinflächige Unterlagen – egal, ob Gelkissen, Schaumtoff oder ein beliebiges anderes Material – erhöhen immer den Auflagedruck. Dieses Wissen wendet man auch beim Kompressi-onsverband an: An einer Stelle, an der man den Druck erhöhen will, setzt man weiche Schaumstoffkissen, so genannte Druckpelotten an, so dass der Druck genau an dieser Stelle verstärkt wird.

Konsequenz: Hoher Druck muss vermieden, die Ferse beispielsweise immer freigelagert werden. Da

Die entscheidenden Faktoren zur Dekubi-tusentstehung sind Druck, Scher- und Zug-kräfte.

Einschränkungen der Mobilität

Bei allen Patienten mit Einschränkungen der Mobilität muss zunächst eine genauere Bewegungsanalyse er-hoben werden:

▶ Welche Bewegungen sind noch möglich? Was kann die Bewegung individuell fördern?

▶ Gibt es Gründe für die Einschränkung der Mobilität(z.B. Schmerzen)?

▶ Haben Medikamente einen Einfluss auf die Mobilität (z.B. sedierende Medikamente)?

▶ Gibt es Hilfsmittel zur Förderung der Bewegung?

▶ Hat der Betroffene Angst vor Bewegung (z.B. Angst zu stürzen)?

Generell sollte immer versucht werden, die Mobilität zu fördern, auch um die Schmerzen zu reduzieren. Mobilität bedeutet „in Bewegung sein“. Dauerhaftes Sitzen (z.B. „Raussetzen“ von Patienten) ist keine Be-wegungsförderung.

Einsatz druckverteilender Hilfsmittel

Druck spielt eine wichtige Rolle. Daher sind druck-verteilende Hilfsmittel zur Vermeidung von Dekubitus sinnvoll. Entscheidend ist aber: Für welche Patienten ist welches System geeignet?

▶ Die Auswahl der Hilfsmittel geschieht je nach Zu-stand des Patienten. Nicht jedes Hilfsmittel ist für jeden Betroffenen optimal.

▶ Hat der Betroffene Schmerzen, sind statische weiche Schaumstoffmatratzen mitunter besser als dyna-mische Systeme.

▶ Bei stärker schwitzenden Patienten kann der Einsatz belüfteter Systeme sinnvoll sein.

Vorsicht beim Sitzen

Da das Sitzen aufgrund der kleineren Fläche sehr hohen Druck verursacht, sollte der dekubitusgefähr-dete Patient maximal zwei Stunden sitzen.

▶ Zur besseren Druckverteilung werden spezielle Sitz-kissen eingesetzt.

▶ Aufgrund von Messergebnissen besitzen Gelkissen nur einen geringen Effekt; sie sollten Menschen vor-behalten bleiben, die sich noch selbst bewegen können. Schaumstoffkissen, die allerdings zum Kör-pergewicht passen müssen, sind besser geeignet.

▶ Optimal erscheinen luftgefüllte Kissen, die zum Teil sogar individuell zu befüllen sind.

Sitzen ist jedoch keine „Mobilisierung“, wie häufig in Dokumentationen zu lesen ist. Wer sich im Bett nicht bewegt, wird sich im Stuhl auch nicht mehr bewegen.

Lagern und Positionieren

Auch auf speziellen Anti-Dekubitus-Matratzen oder Systemen muss regelmäßiges Lagern oder Positionie-ren stattfinden. Es sollen aber so wenig Materialien ins Bett wie möglich, so viele wie nötig:

▶ Entspricht die Matratze dem Körpergewicht des Patienten?

▶ Aus welchen Faktoren ergibt sich eine Dekubitusgefährdung?

▶ Welche Körperstelle ist gefährdet? Sind die Fersen gefährdet, müssen sie frei gelagert werden.

▶ Soll der Betroffene mobilisiert werden?

▶ Wie empfindet der Betroffene das Liegen auf der Matratze nach 24 Stunden?

▶ Sind Nebenwirkungen wie Geräusche oder Schwitzen zu beobachten?

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Ein Dekubitus an der Ferse beginnt üb-licherweise in der Tiefe, die oberste Haut bleibt zunächst ungeschädigt.

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auch im Sitzen der Druck viel höher ist als im Liegen, muss langes Sitzen auf ungepolsterten Stühlen sehr kritisch gesehen werden.

Missverständnis: Seit Jahren werden in der Pflege Risikoskalen genutzt, um das Dekubitusrisiko fest-zustellen. Angenommen wird, dass die Summe der Punkte einer Risikoskala die Gefährdung des Pati-enten angibt. Doch dafür waren diese Skalen nicht gedacht und im Expertenstandard wurde ihr Einsatz so nicht gefordert. Die Skalen dienen eher als „Hilfe“, denn letztlich muss die Pflegefachkraft die Entschei-dung, wer gefährdet ist, durch Einschätzung der kli-nischen Gesamtsituation treffen.

Im aktualisierten Expertenstandard Dekubituspro-phylaxe in der Pflege wird der Einsatz von Risiko-skalen nicht mehr explizit gefordert, da die wissen-schaftliche Datenlage dafür nicht ausreicht. So hatte man in einer Langzeitstudie über drei Jahre mehr als 1.600 Patienten verglichen: Gruppe A erhielt keine Risikoeinschätzung bezüglich Dekubitusrisiko, die Haut wurde aber regelmäßig auf Veränderungen überprüft. Präventive Maßnahmen wurden erst bei einem Dekubitus Grad 1 ergriffen. Patienten der Gruppe B dagegen wurden regelmäßig mit der Braden Skala auf ihre Gefährdung hin eingestuft. Sie galten als gefährdet, wenn die Summe der Skala unter 17 Punkten lag. In diesem Fall erhielten sie eine Anti-Dekubitusmatratze.

Die entscheidende Frage war nun, welche der bei-den Gruppen mehr Druckgeschwüre entwickelte? Erstaunlicherweise unterschied sich die Zahl der entstandenen Druckgeschwüre nicht. In Gruppe B wurden allerdings sieben mal mehr Anti-Dekubitus-matratzen verwendet als in Gruppe A.

Wie sollte das Dekubitusrisiko eingeschätzt werden?Das Dekubitusrisiko wird nicht mit einem Punktwert bestimmt, sondern nach dem aktuellen klinischen Gesamtzustand. Weil Immobilität als die wichtigste Ursache für einen Dekubitus gilt, wird jeder Patient zuerst auf seine Mobilität untersucht. Liegt keine Ein-schränkung vor und spürt der Patient den Druck, so gilt er als aktuell nicht dekubitusgefährdet. Liegt aber eine Einschränkung der Mobilität vor, werden die potenziell gefährdeten Patienten näher untersucht und geprüft, welche klinischen Aspekte die Dekubi-tusgefährdung erhöhen könnten.

Zu den relevanten klinischen Faktoren, die zu un-tersuchen sind, zählen:

▶ Depression: Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass sich depressive Menschen nicht ausreichend bewegen und somit Druckschäden provozieren.

▶ Diabetes mellitus: Bei Diabetikern kann eine Schä-digung der Nerven vorliegen, so dass Druck unter Umständen nur schlecht oder sogar gar nicht mehr

wahrgenommen wird. Auch der mitunter ver-schlechterte Stoffwechsel spielt eine Rolle.

▶ Durchblutungsstörungen: Vor allem arterielle Durchblutungsstörungen der unteren Extremität können zu einem erhöhten Risiko von Dekubitus an der Ferse beitragen.

▶ Hautveränderungen: Bei allen potenziell gefähr-deten Patienten sind zu Beginn der Pflege die druckbelasteten Hautstellen zu inspizieren (Farbe, Rhagaden, Hautschädigungen; Abtasten der druck-Abtasten der druck-Abelasteten Stellen – bei beginnender Druckschädi-gung im Gewebe kann dies rechtzeitig ertastet werden; Fingertest bei Vorliegen einer Hautrötung).

▶ Vorliegen eines aktuellen oder geschlossenen De-kubitus: Alle Patienten, die einen Dekubitus haben oder aber eine vernarbte Stelle aufweisen, gelten als hochgradig dekubitusgefährdet. Denn die ver-narbte Stelle ist nicht drucktolerant und muss wieein offener Dekubitus, also frei gelagert, versorgtwerden.

▶ Schmerzen: Empfindet der Patient an den druck-belasteten Stellen Schmerzen? Häufig beschreiben Patienten den Schmerz als brennend. Schmerzen sind ein erstes , als relativ sicher einzuschätzendes Zeichen für einen beginnenden Dekubitus.

Nicht jeder Dekubitus lässt sich vermeidenAuch wenn das Einschätzen eines Dekubitus nach allen Regeln der Kunst vorschriftsmäßig durchgeführt worden ist, auch wenn eine fachgerechte Prophylaxe durchgeführt wurde, wird es immer wieder zu Druck-geschwüren kommen. Denn nicht jeder Dekubitus lässt sich vermeiden und nicht jeder Dekubitus ist auf fehlerhafte Pflege zurück zu führen.

Gerhard Schröder Akademie für WundversorgungDransfelder Str. 22, 37079 GöttingenG.Schroeder@Akademie-fuer-Wundver-sorgung.dewww.akademie-fuer-wundversorgung.de

▶ Auch sehr kurzer, hoher Druck kann zu einer Schädigung des Gewebes führen. Bei dekubitus-gefährdeten Patienten ist hoher Druck daher immer zu vermeiden.

▶ Die wichtigste Ursache, die einen Dekubitus aus-löst, ist die Immobilität.

▶ Die Entscheidung, wer dekubitusgefährdet ist, trifft die Pflegefachkraft durch Einschätzung der klinischen Gesamtsituation.

FA Z IT FÜ R D I E PFLEG E

Sitzen ist keine Mobilisierung.

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Knochen

Druck der Unterlage

Gewebe Zugbeanspruchung

Knochen

Scherbeanspruchung

Druckbeanspruchung

Gewebe

Abb. 2: Wirkung von Druck, Scher- und Zugkraft auf ein elastisches Gewebe

Knochen

Druck der Unterlage

Gewebe Zugbeanspruchung

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Scherbeanspruchung

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