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Das Buch der christlichen Tugenden im Bücherzeichen B51b,12.2015

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Page 1: Das Buch der christlichen Tugenden im Bücherzeichen · Tugenden und Lastern wurde erstmalig in einer Gedichtsammlung von Clemens Prudentius (348 bis etwa 405 n.Chr.) beschrieben

Das Buch der christlichen Tugendenim Bücherzeichen

B51b,12.2015

Page 2: Das Buch der christlichen Tugenden im Bücherzeichen · Tugenden und Lastern wurde erstmalig in einer Gedichtsammlung von Clemens Prudentius (348 bis etwa 405 n.Chr.) beschrieben

Caritas (Nächstenliebe)Concordia (Eintracht)Confidentia (Vertrauen)Conscientia (Gewissen)Constantia (Ausdauer)Fides (Glaube)Fortitudo (Standhaftigkeit)

In den Bücherzeichen werden die folgenden Personfizierungen gezeigt:

Humilitas (Demut)Justitia (Gerechtigkeit)Mansuetudo (Sanftmut)Misericordia (Barmherzigkeit)Oboedientia (Gehorsam)Patientia (Duldsamkeit)Pax (Frieden)

Pietas (Frömmigkeit)Prudentia bzw. Sapienta (Klugheit)Spes (Hoffnung)Temperantia (Mäßigkeit)Veritas (Wahrheit)Vigilantia (Wachsamkeit)Calumnia (Verleumdung)

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Hier sind folgende tugendhafte Drucker vertreten:

Andres de AnguloAlexander Arbuthnet

Thomas BassandyneChristopher Barker

Robert BarkerGiovanni BattistaAlessandro Bindonis Familie

Alessandro Bindoni,Benedetto Bindoni,Candido Bindoni,Agostino Bindoni,Francesco Bindoni d.Ä.,Francesco Bindoni d.J.,Gaspare Bindoni,

Richard HarrisonJohn HavilandRichard JuggeJacob Lucius d.Ä. und

Jacob Lucius d.J.Andrea MuschioGiovanni Antonio NicoliniGiovanni PadovaniJohn RossGaspare RuspaAltobello SalicatoOrazio SalvianiJohannes SaurValentine SimmesRichard SmithJean de Tournes d.J.Jean VignonJohannes Wolf

Bernardino Bindoni undMaffeo Pasini

Antonio BladoAndrea BrescianoJohn ByddellGabriel CartierHenry CharterisGirolamo ConcordiaPierre Davantes d.J.Wolfgang EderDomenico Farri,

Pietro Farri undOnofrio Farri

Christoph Froschauer

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Tugend

galt bereits seit Platon und Aristoteles als Maßstab ethischen Verhaltens. Griechenund Römer stellten, wie später die Christen in ihrer Morallehre, die Tugenden inpersonifizierten Symbolfiguren dar, da die ethischen Werte nur schwierig, wennüberhaupt vergegenständlicht werden konnten und können. Schon die Antikekannte auch das Gegenteil der Tugend: das Laster.

Die Symboldarstellungen bzw. Personifizierungen mit ihren Attributen waren be-reits in der griechischen und römischen Kunst verbreitet. Der Kampf zwischenTugenden und Lastern wurde erstmalig in einer Gedichtsammlung von ClemensPrudentius (348 bis etwa 405 n.Chr.) beschrieben.

Bei Platon und Aristoteles und dann bei den Römern galten vier kaiserliche Tu-genden, auch als Kardinaltugenden (von lat. cardines, Angelpunkt) bezeichnet:Clementia (Milde), Virtus (Tapferkeit), Pietas (Frömmigkeit) und Justitia (Gerechtig-keit).

Verschiedentlich werden als kaiserliche Tugenden »Justitia«, »Fortitudo« (Tapfer-keit oder Standhaftigkeit), »Prudentia« oder »Sapientia« (Klugheit oder Weisheit– was ein Unterschied ist) und »Temperantia« (Mäßigkeit) aufgeführt.

Die Christen ergänzten die vier weltlichen Tugenden um weitere drei (theologi-sche): Fides (Glaube), Caritas (Nächsten-Liebe) und Spes (Hoffnung). Diese dreichristlichen Tugenden sind im Neuen Testament in den Briefen des Apostels Paulus(1. Korinther 13, 13) erwähnt. Die christlichen Tugenden wurden zumeist mit ei-nem Christusmonogramm ergänzt. Von Papst Gregor I. dem Großen wurden sieals bona summa den weltlichen Tugenden hinzugefügt. Die nunmehr sieben Tu-genden nehmen Bezug auf die sieben Gaben des Heiligen Geistes.

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Schließlich wurden weitere (acht) Tugenden definiert, wobei die weltlichen (vier)und diese zusätzlichen Tugenden insgesamt 12 ergaben: Humilitas (Demut),Patientia (Geduld), Mansuetrudo (Sanftmut), Concordia (Eintracht), Oboedientia(Gehorsam), Castitas (Keuschheit), Perseverantia (Beharrlichkeit) und Pax (Frieden).

Dann gab es weitere Tugenden für alle Wechselfälle des Lebens: Amicitia (Freund-schaft), Bonitas (Güte), Clementia (Sanftmut), Constantia (Standfestigkeit bzw.Standhaftigkeit), Continentia (Selbstbeherrschung), Eloquentia (Beredsamkeit),Fidelitas (Treue), Honorificentia (Ehre), Hospitalitas (Gastfreundschaft), Industria(Fleiß), Liberalitas (Freigebigkeit), Magnanimitas (Großmut bzw. Großmütigkeit),Misericordia (Barmherzigkeit), Nobilitas (Edelmut oder Ritterlichkeit), die zuwei-len zu den Kardinaltugenden zählende Pietas (Frömmigkeit), Providentia (Für-sorge), Pudicitia (Sittsamkeit bzw. Schamhaftigkeit), Taciturnitas (Schweigsam-keit bzw. Verschwiegenheit), Veritas (Wahrheit, Wahrhaftigkeit), Vigilantia (Wach-samkeit) und Virtus (Tapferkeit).

Der Vollständigkeit halber soll erwähnt werden, daß den Tugenden natürlich auchsieben Laster gegenüberstehen: Hochmut (Superbia), Neid (Invidia), Zorn (Ira),Geiz oder Habsucht (Avaritia), Trägheit (Acedia), Völlerei oder Unmäßigkeit (Gula),Verleumdung (Calumnia) und Wollust (Luxuria). Heute würde man sicherlich an-dere Verhaltenweisen zu den Hauptsünden zählen.

Nicht alle Tugenden sind in Bücherzeichen dokumentiert, und auf ihre Lastervermieden die Drucker (fast) vollständig zu verweisen. Die vier weltlichen und diedrei christlichen Tugenden werden hier detailliert vorgestellt.

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Fiat Iustitia, pereat mundus, Gerechtigkeit muß bestehen, und sollt’ die ganzeWelt zugrunde gehen, und der Wahlspruch des Kaisers Franz I. von Österreichlautete »Iustitia regnorum fundamentum«, Gerechtigkeit ist eine Grundlage derHerrschaft. Franz I. beruft sich hiermit auf die römische Göttin der Gerechtigkeitund des Rechtswesens. Als solche wird Justitia auch heute noch oft als Wahr-zeichen für die Justiz verwendet.

Sie wird meist als Jungfrau mit verbundenen Augen oder einem Diadem dar-gestellt, die in einer Hand eine Waage, in der anderen das Richtschwert hält. IhreAttribute sind außerdem Ölbaumzweig und Szepter. Zuweilen wird Justitia auchmit einem Liktorenbündel gezeigt. Die Waage ist das Sinnbild der Gerechtigkeitund des richtigen Verhältnisses. Sie soll verdeutlichen, daß das Recht ohne An-sehen der Person (Augenbinde), nach sorgfältiger Abwägung der Sachlage(Waage) gesprochen und schließlich mit der nötigen Härte (Richtschwert) durch-gesetzt wird. Gelegentlich wird sie auch auf einer Schildkröte stehend abgebildet,jedes gründliche Verfahren braucht seine Zeit.

Kaiser Augustus ließ 13 n.Chr. der Göttin einen Tempel errichten. Auf Münzenwurden sie häufig verewigt.

In der griechischen Mythologie ist die personifizierte Gerechtigkeit eine Tochterdes Zeus und der Themis. Recht und Ordnung wurden mit Dike identifiziert, diebei Hesiod zu den drei Horen gehört. Homer dagegen zählt Justitia nicht zu ihnen.

Bei den Römern waren die Horen der jeweils zwölfte Teil des von Sonnenaufgangbis Sonnenuntergang reichenden Tages. Bei den Griechen sind es die als

Justitia mit Schwert und Waage und offenem Gewande

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Göttinnen personifizierten Vegetationsphasen; sie hießen nach Homer als Die-nerinnen des Zeus Auxo, Thallo und Karpo. Ein anderer Name für Dike war in dergriechischen Mythologie Astraia. Hesiod bezeichnet sie als Schwester vonEunomia und Eirene.

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Fortitudo

Die Tapferkeit bzw. die Standhaftigkeit, lateinisch fortitudo, wird symbolisiert durchSchwert, Speer, Schild, Zepter, Siegesfahne, dazu: Löwe, Amboß oder mit einergebrochenen Säule im Arm.

Auch ein Ritter in seiner Rüstung oder mit Löwenfell und der Keule des Herkulesist ein Zeichen für die Tapferkeit. Die Standhaftigkeit bezeichnet mehr noch alsder Mut den Willen, sich in vermeintlich aussichtlosen Situationen behaupten zuwollen. Anders jedoch als der Mut hat die Standhaftigkeit ihre Wurzel in der Ge-wohnheit, mit der ein menschliches Individuum einer Gefahr gegenübertritt.

Eine andere Symbolfigur der Tapferkeit ist die Constantia, die gleichfalls die Fe-stigkeit (im Glauben) vertritt.

Fortitudo trägt schwer an dieser abgebrochenen Säule

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Prudentia,

die Klugheit, gehört zu den vier Kardinaltugenden. Sie wird dargestellt als Schlangeoder mit einer Schlange (wegen der Häutungen ein Sinnbild der Lebenserneue-rung). Attribute sind ferner Spiegel (auch ein Zeichen der Reinheit), ein Sieb (Era-tosthenes!), Fackel (Symbol für das Leben), ein Kopf mit mehreren Gesichtern(Janus), ein Sarg (Memento-mori-Symbol) und ein offener Beutel, aus dem Geld-stücke fallen.

In der griechischen Mythologie wird die Weisheit durch Sophia verkörpert. EineSophia wiederum wird eine christliche Märtyrerin, Patronin der Witwen. Sie nannteihre drei Töchter Fides, Caritas und Spes – Glaube, Liebe, Hoffnung. Nach anderenQuellen soll sie Jungfrau gewesen sein. Nach dem Tod ihres Mannes soll sieihren Besitz an die Armen verschenkt haben; sie soll sich mit dem Vorsatz, dasMartyrium zu erleiden, nach Rom begeben haben. Kaiser Hadrian (2. Jahrhundert)ließ wegen des christlichen Glaubens ihre Töchter enthaupten, die daraufhin vonihrer Mutter an der Via Appia begraben wurden, und dann durfte auch sie sich fürihren Glauben opfern. Der letzte Tag der Eisheiligen, der 15. Mai, ist für diese sochristliche Frau festgelegt worden und mit dem Namen »kalte Sophie« belegt.

Prudentia, die personifizierte Klugheit, und Sapientia, die Weisheit, haben die-selben Attribute, so daß es schwerfällt, in den Bücherzeichen eine Unterschei-dung zu treffen.

Prudentia, auch Sapientia und Sophia genannt.

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Temperantia,

Mäßigkeit, gehört zu den vier Kardinaltugenden. Sie wird zumeist als personifizierteFrauenfigur mit einer Sanduhr als Attribut dargestellt. Zu weiteren Attributen ge-hören zwei Gefäße für das Mischen von Wasser und Wein oder ein Schwert inder Scheide (Zurückhaltung). Vielfach hält Temperantia auch eine Fackel in derHand. Elefanten oder Schildkröten symbolisieren die Mäßigkeit. Zuweilen reiteteine Frauenfigur auch auf einem Esel oder Kamel. Auch eine Uhr kann ein Hin-weis auf diese Tugend sein.

Temperantia

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Glaube, Liebe, Hoffnung.

In diesem Dreiklang wird der Glaube zumeist an erster Stelle genannt. Der Glau-be, Fides, ist eine der drei christlichen Tugenden. Er dokumentiert sich in denpersonifizierten Darstellungen durch ein Kreuz, einen Kelch, ein brennendes Herzoder eine Kerze oder einen Leuchter. Weitere Attribute sind die Gesetzestafeln(zumeist mit Moses), Manna, Flamme, Krone, Tiara, ein Dreieck, das atropäischeAuge oder ein Dreifuß als Hinweis auf die Dreifaltigkeitslehre, ein Buch oder eineBuchrolle als Symbol des Lebens, Blumen in den Händen.

Ein Lamm symbolisiert die Liebe, die Caritas. Ein flammendes Herz (wie beimGlauben), Brote (als Hinweis auf die Eucharistie), eine (Opfer-)Schale, der Peli-kan als Symbol für Christus und die Aufopferung, eine Löwin mit Jungen (Machtund Herrschaft Christi), ein Baum mit Vögeln oder ein strahlendes Christusmono-gramm sind weitere Zeichen der Liebe.

Die Hoffnung, lateinisch spes, wird symbolisiert durch die Hand Gottes oder einedargereichte Krone, Phönix, Biene oder Bienenkorb, Zweig, Schiff, Sichel, Vogelin einem Käfig, Pilgerstab, Anker, Kreuz der Auferstehung, Füllhorn, Kugel oderKreis. Hierbei gilt die Biene als Symbol des Fleißes, der Phönix verweist auf dieUnsterblichkeit und die Auferstehung, ein Schiff ist die Verkörperung der christ-lichen Kirche, ein Anker war bis etwa 300 n.Chr. auf den Gräbern der Christen einHinweis auf ihren Glauben. Schon in der Antike stellte man sich die Seele alsVogel dar und ein Vogelkäfig galt im 17. Jahrhundert als erotisches Symbol. DieKugel bzw. der Kreis ist ein Symbol für die Vollkommenheit. Die Sichel ist auchein Symbol des Todes.

Fides, Caritas und Spes

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Andres de Angulohat möglicherweise den Beruf eines Druckers in Antwerpen gelernt; es ist nur einIndiz, doch verwendet er 1540 ein Druckerzeichen, daß Gregor Bontius in derStadt an der Schelde genutzt hatte. 1560 läßt sich Andres de Angulas im spani-schen Alcala de Henares nieder und eröffnet 1561 eine Druckwerkstatt. Verheira-tet war er mit einer Francisca, von der in einem Brief ihres Bruders berichtet wird.Bis 1579 betreibt er diese Officin. Abgesehen von einer aus dem Jahr 1564 stam-menden und bemerkenswerten Aufstellung über die Herstellungskosten einer Bi-bel sind weitere Einzelheiten nicht bekannt.

Das rechteckige Bücherzeichen aus dem Jahr 1564 (»Canones et decretasacrosancti oecumenici et generalis Concilii Tridenti«) zeigt in einem giebelartigenMauerdurchbruch (?) mit Säulen die personifizierte Barmherzigkeit. An ihrer lin-ken Hand baumelt eine Waage, mit der rechten Hand legt sie eine Münze in denHut eines vor ihr knienden Mannes. Sie steht (möglicherweise) auf einem Ritter-helm, der von einem Kreuz geziert wird. Daneben ist das Gesicht eines liegendenMannes zu erkennen. In der rechten oberen Ecke sind zwei Pinienzapfen (Sinn-bild für Reichtum, Fruchtbarkeit und fleischliche Liebe und Symbol für den Phal-lus) zu sehen. Auf den Säulen sind Hinweise auf das Gesetz (LEGIS), auf die Barm-herzigkeit (MISERICORDIA), auf den Glauben (FIDES) und auf die Würde (GRAVIORA) zulesen. Außerdem wird auf »MAT[THÄUS] XXIII« verwiesen, was im Zusammenhangmit der Barmherzigkeit nicht zu verstehen ist, denn Jesus droht hier den Schrift-gelehrten und Pharisäern (Heuchlern): »Siehe, euer Haus soll euch wüst gelas-sen werden.«

Die Barmherzigkeit bei Andres de Angula.

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Alexander Arbuthnetwar einer der ersten Buchdrucker in Edinburg und arbeitete in den Jahren 1574und 1575 mit dem Buchhändler Thomas Bassandyne (gestorben 1577) zusammen.

Sie erhielten von der Generalversammlung (General Assembly, Privy Council)der schottischen Stände den Auftrag, eine Bibel zu drucken; es war die ersteBibel, die in Schottland gedruckt wurde. Zugleich wurde festgelegt, daß jedeKirchengemeinde mindestens eine Bibel zu kaufen habe; der Preis betrug fünfPfund. Nach dem Tod Bassandynes betrieb Arbuthnet die Officin allein weiter. Erwar ein langsamer und wohl nicht sonderlich interessierter Drucker und kam inVerzug mit der Lieferung des Bibel-Auftrags, so daß die General Assembly 1579entschied, dem Londoner Drucker Thomas Vautrollier die Errichtung einer Werk-statt in Edinburg zu gestatten. 1580 druckte er in vier Bänden »The Scots Buik ofthe most noble and vailyzeand Conqueror Alexander the Great«. 1581 stellte erdie erste Ausgabe der »History of Scotland« von George Buchanan her. Arbuthnetstarb 1585; seine Frau führte die Officin weiter.

Das Bücherzeichen, eine Kopie des Druckerzeichens von Richard Jugge, zeigt ineinem Oval den Pelikan in seinem Nest. Im alten Ägypten wurde der Vogel we-gen seiner Eier gehalten und symbolisierte die Finsternis. Im Mittelalter wurdeüber den in Mitteleuropa unbekannten Vogel berichtet, er würde seinen Jungtie-ren mit den Flügeln ins Gesicht schlagen, worauf diese auch durch die Schnabel-hiebe sterben würden. Nach drei Tagen aber öffne die Mutter ihre Seite und legesich über die Brut, die durch das Blut wieder zum Leben erwache. Der Pelikan istein Christussymbol, weil Christus aus der Finsternis gekommen sei; so wie derPelikan seine Jungen töte, so vernichte Christus mit seinem Wort die Ungläubi-gen. Auf dem Bücherzeichen von Arbuthnet steht an den Seiten rechts Justitia

Prudentia und Justitia bei Alexander Arbuthnet.

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mit Schwert und Waage, auf der anderen Seite des Ovals ist die personifizierte(barbusige) Klugheit oder Weisheit, die eine der vier Kardinaltugenden darstellt.Sie wird mit ihrem Attribut, einer Schlange, gezeigt. Oben und unten sind in denEcken Fruchtgehänge eingezeichnet. Über Prudentia und Justitia steht der Namedes Druckers »ALEXANDER« und »ARBUTHNET«. Die Textzeile an den Seiten des sichopfernden Pelikans lautet: »PRO LEGE, REGE, ET GREGE.« Im umlaufenden Rand heißtes: »LOVE KEPYTH THE LAWE OBEYETH THE KYNGE AND IS GOOD TO THE COMMEN WELTHE.« Amunteren Ende sind die Initialen des Druckers (»A« »A«) und dazwischen seinWappen zu sehen. Der längsgeteilte Wappenschild zeigt mehrere Hinweise aufdie Dreifaltigkeit: Da sind links drei Sterne, ein Mond und ein Rhombus. Auf derrechten Schildhälfte ist ein Sparren (?) über einem Stern erkennbar, auf dem dreiQuadrate oder Rhomben eingetragen sind. Das Bücherzeichen ist wahrschein-lich von Assverus von Londersel (»A.VL.«), einem flämischen Formschneider.

Alexander Arbuthnet

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Christopher Barkerwar ursprünglich Mitglied der Drapers’ Company, der Gilde der Tuchwarenhändler.Er begann 1569 die ersten Bücher zu verlegen und 1576 auch zu drucken. Indiesem Jahr übernahm Barker von Thomas Wilkes dessen Patent für den Druckdes Alten und des Neuen Testaments. 1578 gab er ein Rundschreiben heraus, indem er seine Bibel zum Verkauf anbot, 24 Schilling gebunden und 20 Schillingungebunden. 1582 sandte Barker an Lord Burghley eine Übersicht über die Kosten,die ihm durch das staatliche Druckmonopol entstanden sind, und versuchte, vonder Zahlung für Druckprivilegien befreit zu werden. Barker versuchte auch (eben-falls vergebens), die Drucke der Universität Oxford in deren eigener Officin zuunterbinden. Barker gehörte zu den ärmeren Mitgliedern der Stationers’ Companyin London. 1588 übertrug er sein Geschäft auf die Gehilfen George Bishop undRalph Newbery. 1589 erhielten er und sein Sohn ein exklusives Privileg für denDruck aller amtlichen Dokumente einschließlich des Bibeldrucks und wurde soDrucker des Königs. Barker starb 1599.

Sein Sohn Robert übernahm die Werkstatt. Er wurde 1602 »Warden« derStationers’ Company und 1605 sogar Master. Die Thronübernahme König Jacobs1603 führte zu einer Fülle von Druckaufträgen für neue Gesetze; Robert Barkerdurfte alle diesen neuen Statuten und Bestimmungen drucken. Bereits vor 1618verkaufte er seine Druckprivilegien an Bonham Norton (1594–1635) und JohnBill (1604–1630), was 1627 durch eine Royal Charter bestätigt wurde. Nach demTod von Norton (1635) übernahm Barker wieder die Officin. Er starb 1645.

Die Titelillustration auf einem Druck der Psalmen Davids (1579) zeigt oben dasWappen von Königin Elisabeth I. mit dem königlichen Wahlspruch »HONI SOIT QUI

MAL Y PENSE«. Links daneben sitzt ein Engel als Symbol für den Evangelisten

Fides und Humilitas bei Christopher Barker.

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Justitia und Concordiaauf einer Titelseite von Christopher Barker.

Matthäus an einem Tisch, schreibend mit einem Federkiel in der rechten Hand.Rechts neben dem königlichen Wappen steht ein Adler als Symboltier für denEvangelisten Johannes. Am unteren Rand der Titelseite ist links ein Löwe (fürMarkus) und rechts ein Stier (für Lukas), so daß der Tradition entsprechend allevier Evangelisten vertreten sind, denn die Cherubim sind vierköpfige Wesen mitMenschengestalt und tragen vier Flügel (Hesekiel 1, 5 ff.). Alle vier Apostel bzw.ihre Symboltiere sind mit einem Buch versehen. Links neben dem Titeltext stehtdie personifizierte Fides (Glaube) und rechts Humilitas (Demut). Fides hält inihrer rechten Hand ein aufwärts gerichtetes Flammenschwert und in der linkeneinen runden Schild mit zwei sich greifenden Händen darauf. Sie hat ein Schulter-tuch übergeworfen. Humilitas hält in ihrem Arm ein Lamm Gottes (Agnes Dei) alsChristussymbol; das Lamm ist aber auch ein Hinweis auf die Mansuetudo, auf dieSanftmut. Sie trägt ein Kopftuch. Am unteren Rand befindet sich in einem Ovalein Tigerkopf, dem Wappen von Sir F. Walsingham.

Auf der zweiten Titelillustration (Bibel 1578 und später) ist oben das königlicheWappen. Links davon ist die Figur der Gerechtigkeit, rechts könnte es sich umdie personifizierte Eintracht (Concordia) handeln (bis 1603 waren die KönigreicheSchottland und England getrennt und bekämpften sich unentwegt). An den vierSeiten der Titelfläche sind Fratzen bzw. Löwenköpfe angebracht. Unten links einaufrecht stehender Löwe, ihm gegenüber ein Drache mit Schuppen und Flügeln.Am unteren Rand befindet sich das Monogramm des Druckers »CB«. Neben denFiguren sind Fruchtgehänge und diverse Früchte (Wein, Birnen, Äpfel, Süß-kartoffeln u.ä) in der Titelseite vertreten. Die Illustration wurde 1599 von RobertBarker ebenfalls verwendet.

Christopher Barker

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Giovanni Battistawar der Sohn des in Turin arbeitenden Druckers Niccolo Bevilacqua. Bei dessenTod, 1572, war Giovanni Battista noch minderjährig, so daß Francesco Ziletti dasGeschäft für ihn führte. 1574 beteiligte sich Ziletti an einer venezianischen Verlags-gemeinschaft (»Nicolaus Beuilacqua & socii«) mit Francesco de Franceschi,Gaspare Bindoni und Damiano Zenaro, die vorwiegend juristische Werke herstellte.In den Jahren 1576 bis 1578 erwarb die Officin die Schriften und das Material vonFrancesco Dolce und von Leonardo Torrentino. 1584 übernahm Giovanni Battistadie Werkstatt und führte sie unter dem Namen »Haeredes Nicolai Bevilacquae«fort. 1593 endete die Tätigkeit der Druckerei. Das Material ging 1595 an LuigiPizzamiglio und später an Domenico Tarino.

In einem ovalen Rollwerkrahmen steht die personalisierte Fortitudo (Standhaftig-keit), in der rechten Hand den oberen Teil einer zerbrochenen Säule. Ihre linkeHand hält, an ihren Körper gelehnt, den unteren Teil der Säule. Am oberen Randdes Ovals ist ein Gesicht mit Kopfschmuck und – dahinter –Flügeln. Am unterenTeil eine Fratze mit aufgerissenem Maul; beide Gesichter verweisen auf die Ver-gänglichkeit. Links und rechts außen sind zwei weibliche Halbbüsten angebracht,auf ihren Köpfen Schmuck. Die umlaufende Devise lautet: »MATERIAM SUPERAT OPUS.« Fortitudo bei Nicolo Bevilacqua (um 1574).

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Familie BindoniEine große und verzweigte Familie von Verlegern und Druckern waren dieBindonis, die im 16. Jahrhundert vorwiegend in Venedig tätig waren und von derIsola Bella im Lago Maggiore stammten. Sie verwendeten verschiedene Bücher-zeichen, doch war in allen Generationen das Bild der Justitia bestimmend.

Alessandro Bindoni war in den Jahren 1506–1522 Buchhändler, Verleger undBuchdrucker in Venedig. Seine Brüder waren Agostino, Benedetto und Bernardino.1505 gründeten sie eine Druckerei in Frezzaria, in der Nähe der Kirche San Moisein der Nähe der Festung. Er arbeitete bis 1508 mit Nicolo Brenta (schon seit 1501als Buchdrucker in Venedig tätig) zusammen, 1520 bis 1521 mit seinem BruderBenedetto, danach zumeist allein. Alessandro Bindoni starb Ende 1522 oder An-fang 1523; sein Sohn Francesco (d.Ä.) führte das Geschäft fort.

Benedetto Bindoni betrieb von 1520 bis zu seinem Tod 1549 in Venedig seineGeschäfte als Verleger, Buchdrucker und Buchhändler – sowohl allein wie auchmit seinen Brüdern Alessandro (1523), Agostino und Bernardino.

Candido Bindoni war der Sohn von Benedetto und Drucker in Venedig in denJahren 1549 bis 1551. Er starb nach 1558.

Agostino Bindoni 1527 betrieb (Augustinus Bindonus) mit dem auch in Siena,Perugia, Spoleto, Cascia, Amandola und Macerata tätigen Luca Bini in Venedigeine gemeinsame Werkstatt. Seine Brüder Bernardino und Benedetto waren inden 1550er Jahren in Venedig in seiner Werkstatt beschäftigt. Seine Officin be-fand sich in Frezzaria. Von seinen fünf Kindern wurden Stefano und Marco eben-falls Buchdrucker. Er starb ungefähr 1558.

Justitiades Francesco Bindoni (d.Ä.) und des Maffeo Pasini 1524.

Page 19: Das Buch der christlichen Tugenden im Bücherzeichen · Tugenden und Lastern wurde erstmalig in einer Gedichtsammlung von Clemens Prudentius (348 bis etwa 405 n.Chr.) beschrieben

Francesco Bindoni d.Ä., um 1500 in Venedig geboren, betrieb in den Jahren1522 bis 1557 als Verleger, Buchhändler und Drucker ein umfangreiches Ge-schäft. 1524 bildete er eine Gesellschaft mit Maffeo Pasisi, seinem Stiefvater, diebis zu dessen Tod 1551 bestand. Francesco Bindoni d.Ä. starb nach 1558. Seinedrei Söhne Francesco (d.J.), Gaspare (d.Ä.) und Alessandro (d.J.) wurden eben-falls als Buchdrucker, Verleger und Buchhändler tätig.

Francesco Bindoni d.J. war 1558 bis 1574 Buchdrucker in Venedig. In den Jahren1565 und 1566 betrieb er mit seinen Brüdern Alessandro und Gaspare eine ge-meinsame Werkstatt. Sein Geschäft hatte er in San Angelo. Er war verheiratet mitMarina Spiron. Ihr gemeinsamer Sohn Gaspare (d.J.) wurde ebenfalls Buchdrucker;er starb nach 1593.

Gaspare Bindoni betrieb 1562–1589 in Venedig eine Druckwerkstatt und eineBuchhandlung. Er war der Sohn von Francesco (d.Ä.) und Bruder von Alessandro(d.J.). Auch er führte mit seinen Brüdern und ebenfalls mit anderen Druckern wieFrancesco De Franceschi, Damiano Zenaro, Niccolò Bevilacqua und Pietro Longosein Druck- und Verlagsgeschäft. In den Jahren 1571–1580 betrieb er eine ge-meinsame Officin mit seinem Bruder Francesco (d.J.). Er war verheiratet mit Isa-bella Spiron, deren Sohn Bartolomeo Rota wohl das Geschäft erbte. Er lebtewahrscheinlich noch 1596, doch ist es denkbar, daß die Druckerei bereits nach1579 von seinem Sohn Gaspare (d.J.) Bindoni geleitet wurde, während der Vaternur noch als Buchhändler tätig war. Seine Buchhandlung hatte er in einem Hausunter dem »Zeichen des Kompaß«; er selbst wohnte im Stadtviertel San Salva-dor »nelle case nove«.

Familie Bindoni

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Bernardino Bindoni war 1533–1562 Buchdrucker in Venedig und 1548 in Padua.Er war ein Bruder von Alessandro, Benedetto und Agostino. In Padua übergab erdas nur kurzfristig bestehende Geschäft an Giacomo Fabriano, mit dem er vorhereine Partnerschaft eingegangen war. Die venezianische Officin hatte er in die-sem Jahr seinem Sohn Giovanni Antonio übertragen. Sein venezianisches Ge-schäft befand sich im Stadtteil San Luca in der Fuseri-Gasse. 1551 wurde er mitseinem Sohn wegen des Verkaufs verbotener Bücher aus Venedig verbannt. 1562konnte er zurückkehren.

Maffeo Pasini (Mapheus Pasinus), dessen Nachkommen Werkstätten in vielenOrten Italiens (u.a. Perugia, Rimini, Bologna und Ravenna) betrieben, war in Ve-nedig tätig und arbeitete in den Jahren 1524 bis zu seinem Tod mit seinem Stief-sohn Francesco (d.Ä.) Bindoni in einer gemeinsamen Officin. Das Geschäft be-fand sich »case nove Iustiniane«. Die Gesellschaft benutzte auch Bücherzeichenmit zwei Schlangen (und einer aus den Wolken kommenden Hand) und mit demErzengel Raphael, der den kleinen Tobias leitet. Pasini starb 1551 oder 1552.

Das Bücherzeichen, abgedruckt mit der Schlußschrift »Stampata per FrancescoBindoni e Mapheo Pasisi campagni nel anno 1524 del mese di febraro«, zeigtJustitia mit einer Krone auf einen Thron sitzend; sie hält ein Schwert und eineWaage – die üblichen Attribute. Von ihrem langen Kleid fast verdeckt sind zweiLöwen. Hinter ihr ist ein Bogen oder eine Nische zu sehen, an dessen Seiten-wänden zwei Wappenschilde hängen. Links ein Schild mit einer Schlange, rechtsein Birne (ein Symbol der Fruchtbarkeit). Neben Justitia liegt ein geschlossenesBuch, ein Symbol für die Weisheit und die Wissenschaften. Unter den beidenSchilden sind die Initialen des Druckers, »F.« und ».B.«

Familie Bindoni

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Antonio Blado(Antonio de Bladi, Barbagrigia da Bengodi, Antonio d’Asola, Antonius BladusPlatyna, Antonius Bladus, impressor Cameralis und Antonius Bladus Asulanus)wurde als Sohn des Druckers Gerardo Blado 1490 in Asola (Mantua) geboren.1516 fing er mit einer Tätigkeit als Drucker in Rom an. Seine Officin befand sichab 1534 am Campo de’ Fiori in den Häusern des Gioanbatista de Massimi in derNähe des Palazzo Massimo. 1535 wurde er zum Drucker der Stadtverwaltungernannt, der er bis zu seinem Tod blieb; auch seine Erben wurden Drucker derVerwaltung.1562 arbeitete er einige Monate in Foligno in Umbrien. Ebenfalls nurkurze Zeit druckte er in Viterbo (Latium). 1561 übergab er an Paolo Manuzio, denEnkel des berühmten venezianischen Druckers Aldo Manuzio, vier Druckpressen.Antonio Blado war zweimal verheiratet und hatte sieben Kinder. Er starb im Fe-bruar 1567. Sein Sohn Paolo wurde sein Erbe in der Druckerei.

Das Bücherzeichen, 1543–1559 verwendet, zeigt die personifizierte Hoffnung(Spes). Mit der linken Hand hält sie einen Blumenstrauß und zugleich einen Zip-fel ihres Kleides, aus ihrer rechten Hand läßt Spes einige Blüten fallen. Die Deviselautet: »SPES AVGVSTA.«

Spes bei Antonio Blado

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Andrea Bresciano(Andreas Brixianus) war der Sohn des Buchdruckers Gabriele Fracassini undstammte ursprünglich aus Collio Val Trompia. In Perugia, wohin er um 1544 zog,druckte er zunächst bei Girolamo Cartolari, vom dem er adoptiert wurde. DieEhefrau von Cartolari, Lucilla, vererbte ihm die Druckerei. Andrea Bresciano starbwahrscheinlich 1593. Seine Nachfolger waren ab 1590 seine Tochter Isabellaund sein Schwiegersohn Vincenzo Colombra.

Das Bücherzeichen, in den Jahren 1587 bis 1598 verwendet, zeigt in einem OvalCaritas (Nächstenliebe) mit einem kleinen Kind auf dem Arm und zwei größerenneben sich. Die Devise in einem Kreis um das Oval laufend lautet: »CARITAS DOMINI

MANET IN ETERNUM.«

Andrea Bresciano zeigt Caritas mit drei Kindern.

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John Byddell(Byddle, Bedel) stammt wohl aus Salisbury und betrieb mit James Gaver eineOfficin in der Londoner Fleet Street in einem Haus mit dem Zeichen der Sonne.Er war sowohl Buchdrucker und hatte auch Buchhandlung. Spätestens ab 1533war er als Buchhändler tätig; es ist nicht ausgeschlossen, daß er Druckerlehrlingbei Wynkyn de Worde war. Sein erstes Buch wurde 1533 noch von Wynkyn »forJohn Byddell, otherweise Salisbury« gedruckt; deshalb kann man ihn auch Verle-ger bezeichnen. In seinem dritten Buch (»Olde God and the Newe«), ein gegendie Katholiken gerichtetes Pamphlet, gibt er im Colophon an »Imprynted at Lon-don in Fletestrete by me Johan Byddell, dwelling at ye sygne of our lady of pite,next to Flete bridge«; es muß sich hier um sein erstes Geschäft handeln. Späte-stens im Juni 1535 ist er umgezogen in ein anderes Haus, »at the signe of theSonne«. Unter dem Zeichen der Sonne hatte auch Wynkyn de Worde in der FleetStreet gearbeitet, der 1535 verstorben war. Byddell druckte sowohl auf eigeneRechnung als auch für fremde Verleger wie William Marshall. In Salisbury betrieber eine Buchhandlung (»at the closeyate in Salysbury«). 1539 druckt er »A shortCronycle«, eine Auflistung sämtlicher englischer Könige, Bürgermeister und Richter(sheriffs) Londons bis zu Henry VI. John Byddell starb wie auch sein Partner1545, die Officin wurde von Edward Whitchurch übernommen.

Das Bücherzeichen zeigt als Titelillustration der Schrift von Cicero »Tullius deSenectute«, 1535 gedruckt, sieben Tugenden. In der Mitte oben befindet sich dieJustitia (Gerechtigkeit) mit ihren Attributen, dann rechts daneben der personifi-zierte Fides (Glauben), darunter die Spes (Hoffnung) und schließlich auf derrechten Seite unten die symbolisierte Patientia (Geduld). Links neben Justitiasteht Caritas (Liebe), darunter die Prudentia bzw. Sapientia (Klugheit) und linksunten die Frauengestalt des Oboedientia (Gehorsams). Unterhalb des Titels be-

Die sieben Tugenden bei John Byddell.

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findet sich in einem Kreis das Druckerzeichen von John Byddell, ein Herz, dasdurch ein Kreuz mit Doppelbalken geteilt wird, an dessen Spitze sich ein weiteresHerz befindet. Neben dem Kreuz, das auf zwei weiteren schräggestellten nachunten gerichteten Kreuzen steht, sind die beiden Initialen angegeben. Darunterist in Lettern der Name des Druckers zu lesen.

John Byddell

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Gabriel Cartierstammt aus Chatillon. 1560 und 1561 arbeitete er als Buchdrucker in Lyon undging 1565 nach Genf. Wegen eines Streits um das Abendmahl wird er in Lyon1566 angeklagt; 1567 wird er sogar ins Gefängnis geworfen, da er angeblich der»Societe de Griffarins«, der Gesellschaft von Druckergesellen, die bessere Löh-ne und Verpflegung verlangte (also einer Gewerkschaft), angehöre. Er geht des-halb nach Genf zurück und erhält 1573 die Bürgerrechte von Genf. 1576 kaufteer ein Haus in der rue St. Christoffle. 1580 beginnt er dort mit dem Buchdruck. EinJahr später erwirbt er von dem Genfer Schriftgießer und Graveur Jean Laon d.J.Schriftenmaterial und beginnt mit dem regelmäßigen Druck. Er stellte insgesamtrund 60 Werke her. Er starb 1618. Nach seinem Tod setzten die Erben die Arbeitder Werkstatt unter dem Namen »Ex typographia Gabrielis Cartier« noch zweiJahre fort.

Das Bücherzeichen 1604 (Calvin: »Homiliæ«) zeigt Justitia in einem Rollwerk-rahmen, sitzend auf einem Thron, links hält sie eine Waage, rechts ein Schwert inder Hand. Vor dem Thron liegen Menschen (hingerafft von der Gerechtigkeit?);links und rechts von Justitia stehen Menschen – auf das ihnen zugemesseneUrteil wartend? Oberhalb des Throns ist im Rahmen in hebräischen Buchstabendas Wort Jahwe eingetragen. Außerhalb des Ovals sind oben zwei Knaben, vondenen der linke ebenfalls eine Waage und der rechte ein Schwert hält. Die Devi-se lautet: »QVE SVVM VNI CVI«.

Justitia auf einem Thronim Bücherzeichen von Gabriel Cartier.

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Henry Charteriswar Drucker und Verleger in Edinburg, der 1570 sein erstes Werk druckte: »Actesand Deides of Sir William Wallace« und ein Jahr später »The Actis and Lyfe ofRobert Burns«. John Ross war in den Jahren 1574 bis 1580 einer der Drucker,der für ihn als Verleger die Werke herstellte. Charteris übernahm bei dessen Tod(1580) die Werkstatt, das Druckmaterial und auch das Bücherzeichen und be-trieb ab 1581 eine eigene Officin. Zugleich begann Charteris auch als Buchhänd-ler zu arbeiten. Er starb im August 1599. Sein Sohn Robert führte das Geschäftfort. Robert Charteris mußte aus verschiedenen Gründen 1510 aus Schottlandfliehen; Andro Hart erwarb das Druck- und Schriftenmaterial.

Das Bücherzeichen aus dem Jahr 1596 (»The Order of the General Fasting ...and The Order of Excommunication« aus »The Book of Common Prayer«) zeigtJustitia und Fides auf einem Totelschädel stehend. Justitia hält in ihrer rechtenhand die Waage, ihre linke erhobene Hand schwingt das Schwert. Die geflügelteFides, ihr gegenüber, hält mit der rechten Hand ein aufgeschlagenes Buch undstützt sich mit dem linken Arm auf ein Kreuz. Justitia trägt die Aufschrift »SVVM

CVIQVE« und Fides »DEVM COLE«. Zwischen den beiden steht »HIS SVFFVLTA DVRANT«geschrieben. Unter Justitia ein großes lateinisches »H«, unter Fides ein «C«, dieInitialen des Druckers.

Die Marke wurde vor 1580 von John Ross, dann bis 1596 von Henry Charterisund von 1599 bis 1606 auch von seinem Sohn Robert verwendet. Dessen Nach-folger, Andro Hart, benutzte das Bücherzeichen bis 1633.

Justitia und Fides (Religio)in einer Büchermarke von Henry Charteris.

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Girolamo Concordia(Hieronymus Concordia, Gieronimo Concordia) war ein aus Venedig stammen-der Buchdrucker und Buchhändler, der in den Jahren 1563 bis 1600 in Pesaro(bei Rimini) eine Officin und eine Buchhandlung betrieb. In seiner Werkstatt be-nutzte er das Schriftenmaterial von Bartolomeo Cesani (gestorben 1559/1560),mit dessen Erben er möglicherweise zusammengearbeitete. Seine Buchhand-lung befand sich an der Piazza del popolo in der Nähe des Bezirks San Terenzio.Girolamo Concordia starb 1601, sein Sohn Flamio führte das Geschäft fort.

Fortitudo, die personifizierte Standfestigkeit (womit der rechte Glauben gemeintist), steht barfüßig in einem Oval. Unter ihrem rechten Arm hält sie den oberenTeil einer zerbrochenen dorischen Säule, links stützt sie sich auf den unteren Teil.Links und rechts unten sind zwei Fabelwesen zu sehen: der Oberkörper bzw. dervordere Körperteil ist menschlich-weiblich, das Hinterteil ist das eines Löwen mitlangem Schwanz. Es handelt sich hierbei wohl um griechische Sphinge, obwohldie für diese Fabelwesen typischen Adlerflügel fehlen. Am oberen Rand desBücherzeichens aus dem Jahr 1565 sitzen links und rechts eine Putte. Die um-laufende Devise lautet: »FORTITUDO MEA DOMINUS.«

Fortitudo bei Girolamo Concordia (1565).

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Pierre Davantes d.J.,ein Buchhändler und Buchdrucker in Genf, stammte aus Rabastens in der Gas-cogne und nannte sich auch Antesignanus. Schon sein Vater, Jean Davantes,war als Buchhändler in Genf tätig. 1561 erbte er von seinem älteren Bruder Pierreeine Officin und eine Buchhandlung, die er beide bis 1573 betrieb. 1572 bittet erden Genfer Buchdrucker Gaspard de Hus, eine große Menge Bücher bei HenriEstienne d.J. für ihn zu kaufen, um sie auf der Büchermesse in Frankfurt am Mainzu verkaufen. Er ließ als Buchhändler und Verleger auch Bücher in Caen drucken,auch der Genfer Drucker Jacob Stoer stellte für ihn mindestens ein Werk her (»ALa Rochelle, par Pierre Davantes«).

Das Bücherzeichen (1595), das auch von Jacob Stoer in Genf verwendet wurde,zeigt eine Frauenfigur auf einem Sockel, Pax, zwischen zwei Säulen. Über ihrhängt an einem als Girlande gestalteten Füllhorn eine Waage als Hinweis aufJustitia. Unter dem Sockel liegt ein Schild. Pax hält ihre Arme hinter die Säule; inder rechten Hand hält sie einen Caduceus, in ihrer linken ein Bündel mit Ähren.Um die Säulen und um Pax schlingt sich ein Band: »PIETA TE ET IVSTTIA.«

Justitia, Pietas und Paxim Bücherzeichen des Pierre Davantes.

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Wolfgang Edererhielt bei der Heirat seiner zweiten Frau Elisabeth eine ansehnliche Mitgift undkonnte mit einem zusätzlichen Darlehen der Universität von Ingolstadt in Höhevon 2000 Gulden 1578 den Kaufpreis für den Erwerb der verwaisten IngolstädterWeißenhornschen Druckerei aufbringen. Eder hatte bereits ab 1557 in dieserOfficin der Gebrüder Weißenhorn als Druckergeselle gearbeitet. Er behielt weiteresechs Jahre den Namen der vormaligen Besitzer bei, und erst 1585 wurde derName Weißenhorn im Meßkatalog endgültig gelöscht. Eder war zwar ein gewissen-hafter Handwerker, aber besaß kein kaufmännisches Geschick. Bereits zwei Jah-re später war er nicht mehr in der Lage, eine Darlehensrate von 200 Gulden beider Universität zu tilgen, doch 1593 war er endgültig ruiniert. Eder konnte durchVermittlung von Herzog Wilhelm von Bayern in seiner ehemaligen Werkstatt weiter-arbeiten. Er starb 1596. Seine Witwe, die Elisabeth Ederin, heiratete 1599 AndreasAngermaier, der damit in den Besitz der Druckerei kam.

Das Bücherzeichen zeigt die Figur der Justitia mit Schwert über der linken Schul-ter und der Waage in der rechten Hand; sie steht auf einem Stein, auf dem daseigentliche Druckerzeichen Eders zu sehen ist: Ein »W«, sowohl für Wolfgangwie auch für Weißenhorn stehend, aus dem das Buchhandelszeichen empor-wächst, über dem Kreuzstamm ist ein »E«, links und rechts sind je ein Stern zusehen. Um Justitia herum ist ein Blätterkranz.

Justitia bei Wolfgang Eder in Ingolstadt.

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Domenico Farri(Domenico de’ Farri, Dominicus de Farris, Dominicus Farreus, Domingo Farris)war Buchdrucker in Venedig, der ursprünglich nur mit seinen Brüdern Giovanniund Giovanni Pietro in San Zulian zusammenarbeitete. In den Jahren 1555 bis1600 druckte er allein; seine Geschäfte »(officina Farrea«), er zog mehrmals um,befanden sich in den Stadtteilen San Moise, San Antonin und in einer Druckerei-gesellschaft mit Giovanni Bonadio in Santa Lucia. Er stellte etliche Raubdruckeher und verwendete die Bücherzeichen anderer Drucker. Domenico Farri starb1604. Von den insgesamt elf Kindern wurden die Söhne Onofrio, Giovanni Antoniound Pietro seine Nachfolger, aber auch andere Kinder wurden im Gewerbe aktiv.

Pietro Farri (Petrus de Farris, Petrus Farreus) war ein italienischer Wanderdruckeraus Venedig, der in Venedig, Perugia, Fano, Senigallia und Iesi arbeitete. Er be-gann seine Druckerlaufbahn 1553 in Venedig und ging dann nach Perugia. 1590zog er mit seinem Schwager, dem Buchhändler Antonio Braida, nach Fano umund gründete hier eine Officin, die zu diesem Zeitpunkt die einzige Druckwerk-stätte war; Braida schied schon nach kurzer Zeit aus dieser Gesellschaft aus undbetrieb in den Jahren 1596 bis 1598 eine eigene Officin. 1593 gründet er alserster eine Druckerei in Senigallia. Schon zwei Jahre später ist er in Iesi, ziehtdann wieder nach Fano (ab 1604) und unterhielt in beiden Orten gleichzeitig eineWerkstatt. 1612 ging er in seine Heimatstadt zurück. Er starb 1621.

Onofrio Farri (Onophrius Farreus) arbeitete 1571 und 1572 in Venedig mit sei-nen Brüdern und in einer Gesellschaft mit Agostino Zoppini. Er wurde mit seinemVater wegen Raubdrucks und Verletzungen von Privilegien anderer Drucker vorGericht gestellt und verurteilt.

Caritas von Domenico Farri.

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In den Jahren 1590 bis 1599 verwendete Domenico Farri ein Bücherzeichen mitder personifizierten Nächstenliebe. Caritas hält ein Kind auf dem Arm, weiteredrei hängen an ihren Rockschößen. Zwei männliche Halbfiguren, die ihrerseitsauf zwei bärtigen Halbfiguren stehen, halten eine Girlande und darüber steht aufeinem Band »CHARITAS«. Oben und unten sind am Rand des Signets Fratzen ein-gezeichnet. Um das Bücherzeichen herum befindet sich eine Devise (hier nichtabgebildet): »UBI CHARITAS EST IBI DEUS EST.« Das Bücherzeichen wurde auch vonseinem Sohn Ottavio verwendet.

Domenico Farri

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Christoph Froschauerkommt aus Kastl bei Altötting und war seit 1519 Zürcher Bürger. In Augsburgabsolvierte Froschauer eine Druckerlehre bei seinem Onkel Hans Froschauer; ergeht um 1513 nach Zürich und wird 1516 Geselle in der Druckerei Hans Rüeggers,dessen Witwe er 1517 heiratete. Froschauer baute den Betrieb zu einem bedeu-tenden Verlagshaus aus; er verfügte schließlich über vier Pressen, eine Schrift-gießerei, eine Holzschneiderwerkstatt, eine Buchbinderei und eine Papierfabrik.Er stellte über 700 Titel her: Bibelausgaben, darunter die Zürcher Bibelübersetzung,theologische, geschichtliche, medizinische und naturwissenschaftliche Schriften.Bei der Ausbreitung des zwinglianisch-reformatorischen Gedankenguts spielteer eine zentrale Rolle; er war der Drucker Zwinglis, Bullingers und stellte auchRatsdrucksachen her. Zu den Glanzstücken unter seinen Publikationen gehörtedie prachtvoll illustrierte »Schweizer Chronik« von Johannes Stumpf (1547/48).Bedeutung erlangte Froschauer auch als Landkartenverleger. 1546 gab er die»Cosmographia« des Johannes Honterus im Nachdruck heraus und verschaffteihr so größere Verbreitung. Froschauers Officin wurde nach seinem Pesttod 1564von seinem Neffen Christoph Froschauer d.J. fortgeführt.

Das erste Bücherzeichen (1582 in Hyperius »Commentarii in Epistolam D. Pailiad. Romanos ...«) zeigt in einem rechteckigen Renaissancerahmen in einem Ovaleinen auf einem Frosch sitzenden Knaben. In der linken Hand hält er einen Wimpel-stock, rechts die Zügel für den Frosch. Neben dem Baum sitzen zwei weitereFrösche. Hinter dem Knaben steht eine Weide. Noch weiter hinter ist eine bergigeLandschaft mit einer Burg auf einem Berg zu sehen. Außerhalb dieser Frosch-szene sind links und rechts oben zwei Frauen. Sie stellen die personifiziertenFiguren der Spes (Hoffnung) und der Fides (Glaubens) dar. Die linke, Fides, hältin der rechten Hand ein Kreuz wie ein Szepter und balanciert auf der linken eine

Fides und Spesim Bücherzeichen von Christoph Froschauer.

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Christoph Froschauer verweist auf mehrere Tugenden.

Sanduhr. Die rechte Frau, Spes, hält unter ihrem linken Arm einen Anker, in ihrerRechten hält sie einen Fisch. Zwischen den beiden allegorischen Figuren ist aufeiner Tafel eine Fratze zu sehen. Im unteren Teil des Signets sitzen zwischenFrüchten zwei Putten. Dazwischen ist auf einer kleinen Rollwerktafel ein Löwen-kopf und darunter sind die Initialen »I« und »A« angebracht.

Das zweite Bücherzeichen (Titelblatt zum »Pilgerschiff«) zeigt Christus, wie erauf dem Schiff ruht, während der Tod das Ruder hält. Namentlich werden aufdiesem Blatt, wahrscheinlich von Froschauer selbst geschnitten, insgesamt siebenTugenden genannt. Auf dem vorderen Deck steht PRUDENTIA mit einem Spiegelund einem Reisigbündel in der rechten Hand. Am Heck sind zwei Kanonen zusehen, darunter steht das Wort TEMPERANTIA. Unter einem Schlafsack (am Heck)steht JUSTITIA. Weitere Hinweise auf die Tugenden sind CARITAS, FIDES und SPES

(Glaube, Liebe, Hoffnung). Außerdem wird auf LEX (Gesetz), CONSCIENTIA (Gewissen),FORTITITV (Standfestigkeit – müßte an sich Fortitudo heißen), CRVX (Kreuz), CONFIDENTIA

(Vertrauen) und schließlich CHRISTVS verwiesen.

Christoph Froschauer

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Richard Harrison(Harryson, Harison) war ein Buchhändler und druckte in London nur in den bei-den Jahren 1561 und 1562 und druckte nur etwa ein halbes Dutzend Bücher.Seine Officin befand sich in der White Crosse Street in Cripplegate. Sein erstesWerk war 1562 »The Bible in Englyshe, that is to say, the contentes of all the holyScriptures«, das Neue Testament. Er druckte zwei Ausgaben, doch die zweiteohne Genehmigung, so daß er dafür mit einer Geldbuße bestraft wurde. »TheInstitution of Christian Religion« von Calvin wurde von ihm im selben Jahr fertig-gestellt. 1562 wurde er zum Warden gewählt. Kurz bevor er Anfang 1563 starb,vollendete er in lateinischer Sprache »De Neutralibus et Mediis«. Die Erlaubnis,»The Dyxcionary of Mr. Tho. Elyott, and Mr. Cowper« zu drucken, ging auf seinenNachfolger, seinen Sohn John, über. John Harrison war seit 1556 Mitglied derStationers’, obwohl er nicht auf der Liste des Star Chamber decree aufgeführtwurde. Er bekam 1564 den Status eines liveryman und war dreimal Warden (1573:Junior Renter Warden) und dreimal sogar Master; 1574 war er Mitglied des Courtder Stationers’. Seine Officin befand sich unter dem Zeichen »White Greyhound«in St. Paul’s Churchyard und in der Paternoster Row unter dem Schild des Grey-hounds. John Harrison starb 1617.

Das Bücherzeichen zeigt einen Zirkel auf einem eiförmigen Schild; am Rand die-ses Schilds ist links ein Olivenzweig und rechts eine Roggenähre, womit Harrisonwie auch in anderen seiner Bücherzeichen auf seinen Namen verweist (ryebedeutet Roggen). Die beiden Pflanzen»zweige« sind unten miteinander verknotet.Um den Schild herum steht die Devise: »LABORE ET CONSTANTIA.«

Constantia, die Ausdauer,im Bücherzeichen von Richard Harrison.

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betrieben eine gemeinsame Officin und gehörten zu der kleinen Gruppe von 20Mitgliedern der Company of Stationers, die berechtigt war, in London drucken zudürfen. Haviland war Drucker von 1613 bis 1638. 1621 übernahm er mit seinenPartnern Miles Fletcher und Robert Young das Geschäft des verstorbenen EdwardGriffin d.J., mit dessen Witwe Anne er eine Partnerschaft vereinbarte; Havilandschied spätestens 1536 aus diesem gemeinsam betriebenen Geschäft aus. Ge-meinsam hatten Haviland, Fletcher und Young einen Anteil am Royal printing-house und erhielten deshalb das Privileg, »Abridgement to the Statutes« zudrucken. 1625 und dann in zwei weiteren Auflagen (1629 und 1632) stellte er inder »officina Ioannis Haviland« Francis Bacons »Essays« her, dessen »Apophtheg-mes«, »Miscellanies« und »Opera Francisci Baronis de Verulamio« er gleichfallsdruckte. Er starb 1638. Seine Anteile am »English Stock« der Company über-nahm Fletcher.

Das Bücherzeichen gehörte ursprünglich wohl E. Bollifant, ging 1615 möglicher-weise auf Edward Griffin d.J. über und schließlich benutzte auch John Haviland1621 diese Marke. In den 1530er Jahren wurde es wieder von Anne Griffin be-nutzt. Es zeigt in einem Rollwerkrahmen die personifizierte Wahrheit (Veritas),hier als Mann auftretend, die die personifizierte Verleumdung (Calumnia) angreiftund an den Haaren zieht. Veritas und Calumnia sind unbekleidet. Oberhalb isteine weitere Frauenfigur, die symbolisierte Zeit, mit Flügeln, die in der linken Handeine Sanduhr und mit der rechten die flüchtende Verleumdung festhält. Die um-laufende Devise lautet: »VERITAS FILIA TEMPORIS.« Ein sehr ähnliches Bücherzeichenbenutzte 1556 Francesco Marcolini in Venedig.

Veritas und Calumnia im Streit bei John Haviland.

John Haviland, Miles Fletcher und Robert Young

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Richard Juggestammte Waterbeach in Cambridgeshire und galt bei seinen Zeitgenossen alsein respektabler Mann mit Geschmack und großer Gelehrsamkeit. 1531 wurde erals Professor an das King’s College in Eton berufen. Die Druckkunst lernte er inden 1540er Jahren und eröffnete anschließend eine Buchhandlung »At The Bible«,in der St. Paul’s Church. 1541 wurde er freeman der Stationers’ Company, abererst 1547 begann er in einem Geschäft zu drucken. 1573 zog er nach NewgateMarket. 1550 bekam er ein Privileg für den Druck des Neuen Testaments in eng-lischer Sprache, das er im selben Jahr mit einer gut geschnittenen Schrift, vielenInitialen und Holzschnitten herstellte; der Verkaufspreis hierfür wurde vom PrivyCouncil festgelegt. Jugge war einer der Gründungsmitglieder der »Stationers Com-pany« und »Warden« in den Jahren 1560, 1563 und 1566; viermal, zwischen1568 und 1574, war er »Master« der Gesellschaft. 1558 durfte er den Text drucken,in der Elisabeth zur Königin proklamiert wurde. Zwei Jahre später wurde er alsNachfolger von John Cawood zum Drucker der Königin mit einem Jahresgehaltvon 6 Livres 13 Shilling und 6 Pence berufen. 1568 druckte er die erste Ausgabeder »Bishops’ Bible« mit bemerkenswerten Kupferstichen illustriert. Er starb 1577.Er hinterließ seiner Witwe Joan ein Drittel seines Vermögens, ein weiteres Drittelging an seine Kinder. John Wight und William Norton, beide Drucker und Mitgliederder Stationers’, waren die Testamentvollstrecker. Seine Witwe Joan (Joane) warBuchhändlerin in den Jahren 1577 bis 1588. Ihr Geschäft befand sich in derNewgate Street in der Nähe der Christ Church in der Gemeinde St. Faith. 1579druckte sie eine Ausgabe von Martin Cortes’ »Art of Navigation« in einer Über-setzung von Richard Eden. Sie starb 1588 und hinterließ zwei Söhne (Richardund John) und fünf verheiratete Töchter. Die Tochter Katherine war mit mit demDrucker Richard Watkins verheiratet.

Justitia und Prudentia bzw. Sapientiaim Bücherzeichen von Richard Jugge.

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Das Bücherzeichen zeigt in einem Oval einen sich opfernden Pelikan in seinemNest. An den Seiten steht links Justitia mit Schwert und Waage, auf der andernSeite des Ovals ist die personifizierte Klugheit (Prudentia) oder Weisheit(Sapientia), die eine der vier Kardinaltugenden darstellt. Sie wird mit ihrem Attri-but, einer Schlange, gezeigt. Oben und unten sind in den Ecken Fruchtgehängeeingezeichnet. Am unteren Ende des Ovals ist ein Wappenschild mit dem Mono-gramm des Druckers. Die Textzeile an den Seiten des sich opfernden Pelikansheißt: »PRO LEGE, REGE, ET GREGE.« In dem umlaufenden Rand heißt es: »LOVE KEPYTHE

THE LAWE, OBEYETH THE KYNGE AND IS GOOD TO THE COMMEN WELTHE.« Die Devise lautet»COGITA MORI«.

Richard Jugge

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Jacob Lucius d.Ä.war aus Kronstadt oder aus Hermannstadt in Siebenbürgen, was er auch durchseine Signatur (»ILCT« = IACOBUS LUCIUS CORONENSIS [für Kronstadt oder CLAUDIOPOLIENSIS

für Klausenburg oder CIBINUS für Hermannstadt] TRANSSYLVANUS) dokumentierte. Erwar zuerst als Formschneider in Klausenburg tätig. Seine Ausbildung, etwa ab1545, erhielt er in der Druckerei von Caspar Heltai in Klausenburg. Für denPfarrherrn Heltai, einen der illustrationsfreudigsten Verleger und Drucker seinerZeit, schuf er nach deutschen Vorbildern die Holzschnitte; auch die Initialen sinddenen von Hans Lufft in Wittenberg sehr ähnlich. Lucius soll die Anfertigung vonMetallklischees aus Holzstöcken erfunden haben. 1555 ist er in Wittenberg alsZeichner für Holzschnitte und ein Jahr später errichtete er hier eine eigene Drucke-rei. 1564 wird er zum Universitätsdrucker in Rostock berufen, doch er schickteerst nur einen Gesellen, Gimel Bergen, der 1565 immatrikuliert wurde; Luciusselbst ließ sich erst ein Jahr später immatrikulieren. Der Braunschweiger HerzogJulius berief ihn 1578 zum Universitätsbuchdrucker in Helmstedt, und ab 1579betrieb er seine neue Officin. Mit Hilfe des Buchhändlers Ludolf Brandes konnteer die Druckerei schnell vergrößern. Lucius hielt auch nach seinem Umzug nachDeutschland die Geschäftsbeziehungen zu Heltai aufrecht. Er starb 1597 an der Pest.

Sein Sohn Jacob Lucius d.J. übernahm die Officin in Helmstedt. Er hatte beiseinem Vater das Handwerk gelernt. Der Versuch des Herzogs, in der Burg Dank-warderode 1588 eine Druckerei durch Jacob Lucius einzurichten, scheiterte. Des-halb verbrachte er 1595 seine Officin nach Hamburg und eröffnete sie hier neu.Nach der Übernahme des väterlichen Geschäfts wurde er zwei Jahre später eben-falls zum Universitätsdrucker berufen. Nach 1613 ging das Geschäft zurück. 1616starb er; seine Witwe, Maria Bürig, führte die Officin weiter bis 1633. Danachübernahm ihr Sohn, der dritte Jacob Lucius, die Firma. Er starb 1639; die Erben– Witwe und Sohn – führten die Druckerei weiter.

Prudentia bzw. Sapientia im Bücherzeichendes Jacob Lucius d.Ä. in Wittenberg und Helmstedt.

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Das erste Bücherzeichen zeigt in einem Hochoval die personifizierte Klugheit;Prudentia bzw. Sapientia mit einer Fackel in der rechten und einem Buch in derlinken Hand. Die Devise lautet: »E TENEBRIS LUCEM NON CONTRA.«

Das zweite Bücherzeichen zeigt in einem Barockrahmen wiederum die Prudentia(Sapientia) mit Buch und Fackel. Links vom Oval steht ein unbekleideter Mann,rechts eine unbekleidete Frau, beide halten einen Früchtekorb auf ihrem Kopf.Die umlaufende Devise lautet: »E TENEBRIS LUCEM NON CONTRA.«

Prudentiaim Bücherzeichen der Familie Lucius in Wittenberg.

Jacob Lucius d.Ä.

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Andrea Muschio(Andreas Muschius, il Muschio) war in den Jahren 1565 bis 1600 Buchhändler,Drucker und Verleger in Venedig, wo er mit Giovanni Giovanni Varisco, FrancescoZiletti, Barezzo Barezzi (1588–1594), Domenico Nicolini da Sabbio, AltobelloSalicato und den Erben von Francesco Rampazetto im Jahr 1582 zusammen-arbeitete. Er stellte auch musikalische Literatur her. Mit Rampazetto und Salicatogab er 1582 auch juristische Bücher heraus. Sein Geschäft und seine Werkstatt,an der auch Giovanni Antonio Bertano, Domenico Farri und Fioravante Prati be-teiligt waren, befand sich im Viertel San Leone unter dem Zeichen der Concordia(»ad signum Concordiae«, »alla insegna della Concordia«).

Das erste Bücherzeichen aus dem Jahr 1582 ist eine gemeinsame Marke. Ver-treten sind die Zeichen von Andrea Muschio (links oben, ein großer und ein kleinerAdler) mit der Devise »SSC CREDE«, rechts oben Rampazetto mit einem Drachenund der Devise »NISI QUI LEGITIME CERTAVERIT«, links unten Nicolini mit »TERRENA

COELESTIBUS OBSUNT« und der personifizierten Prudentia und rechts unten Salicatomit »MATERIAM SUPERAT OPUS« und der Fortitudo. Unterhalb der beiden unteren Mar-ken sind auch die Monogramme der Drucker eingetragen, oberhalb Frauenköpfe.Zwischen den vier Signets befindet sich eine Säule, an derem Fuß eine Puttesitzt. An den Seiten sind zwei nach außen blickende weibliche Halbfiguren unter-gebracht. Oben befindet sich eine Fratze.

Das zweite Bücherzeichen aus dem Jahr 1585, das die Concordia zeigt, wurde1590 auch von einer Buchhandlung in Verona verwendet. Concordia mit einerKrone auf dem Kopf hält ein Füllhorn mit Früchten verschiedener Art unter demlinken Arm und in der rechten Hand eine Schale. Sie steht auf einem freien Feld,im Hintergrund sind Berge zu erkennen. Ein Band mit dem Aufdruck »CONCORDIA«

Prudentia und Fortitudo

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flattert an ihrer linken Seite. Links und rechts vom Oval mit der Concordia sindSatyrn, die Fruchtgehänge halten. In den beiden oberen Ecken sind geflügeltePutten oder Engel mit einem Blätterzweig in den Händen. Oben und unten sindzwei Gesichter/Fratzen zu erkennen.

Concordia im Bücherzeichen von Andrea Muschio.

Andrea Muschio

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Familie Nicolinistammte ursprünglich aus dem Ort Sabbio Chiese in der Nähe von Brescia. Gio-vanni Antonio war der erste Drucker der Familie, die ab 1521 bis mindestens1605 als Buchhändler, Verleger und Drucker in Venedig tätig waren und ihremFamiliennamen den Herkunftsort anhängten. Ihr Geschäft befand sich zeitweiligim Bezirk San Giuliano. In der Mitte der 1580er Jahre war ihre Buchhandlungunter dem Zeichen der Viktoria (all’insegna della Vittoria). Sie arbeiteten mit allengroßen Druckern und Verlegern jener Zeit in Venedig und Rom wie den Torresanos,den Sessas, den Giuntas und den Scotos zusammen.

Das Bücherzeichen aus dem Jahr 1589 zeigt die barbusige Prudentia (Sapientia),die Figur der Klugheit bzw. der Weisheit. Sie balanciert mit einem Bein auf einerErdkugel in der damals üblichen Dreiteilung (Asien, Europa und Afrika). In ihrerlinken Hand hält sie als ihre Attribute zwei Schlangen. Neben der Erdkugel eineweitere ziemlich entblößte Figur, die Fortuna darstellen soll, gekennzeichnet durchdas segelartige Tuch (wohin das Glück uns treibt). Die Devise in typographischenLettern lautet: »PRVDENTIA NOGOCIVM NON FORTVNA DVCAT.«

Prudentia im Bücherzeichenvon Domenico Nicolini di Sabbio.

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Giovanni Padovani(Antonius Patavinius, Padovanius) war Buchhändler, Verleger und Drucker in Flo-renz (1571–1591) und zwischendurch (1579) in Venedig.

Das Bücherzeichen zeigt in einem Oval die personifizierte Mäßigkeit, Temperantia.Sie gießt aus einem erhobenen Krug Wasser (?) in ein weiteres Gefäß (wohl mitWein, denn diesen soll man nur in Maßen genießen). Auf dem kurzen Kleid derFigur, darunter trägt sie eine weitgeschnittene Hose, ist ein Engel eingezeichnet.Im Hintergrund eine weite Landschaft. Die Devise lautet: »MEDIVM TENVERE BEATI.«

Die Temperantia bei Giovanni Padovanigießt Wasser in den Wein.

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John Rosswar in den Jahren 1574 bis 1580 Drucker in Edinburg. Er arbeitete hauptsächlichfür Henry Charteris, für den er 1574 einen »Catechisme« druckte. 1578 stellte er– ebenfalls für Charteris – eine Zusammenstellung der Psalmen her. Ein Jahrspäter druckte er in einer Antquaschrift »Ad virulentum Archibaldi HamiltoniiApostatæ dialaogum«, dem zwei Ausgaben des Humanisten und HistorikersGeorge Buchanan »De Jure Regni apud Scotos dialogus« folgten. Ross starb1580; sein Druckmaterial wurde von Henry Charteris übernommen.

Das Bücherzeichen, das auch Henry Charteris und Robert Waldegrave verwen-deten, zeigt die Symbolfigur der Veritas, der Wahrheit, in einem Oval, um das dieDevise läuft: »VERITAS VINCET TANDEM.« Veritas (ungewöhnlicherweise) mit einemHeiligenschein hält ein geöffnetes Buch in ihrer rechten Hand: Zu lesen ist »VERBVM

DEI«. In ihrer linken Hand hält sie eine brennende Fackel. Über dem Oval ist einGesicht hinter einem Flügelpaar zu sehen. Am unteren Ende des Ovals ist eineFratze zu erkennen. Links und rechts unten sind Fruchtgehänge (Birnen und Äpfel)an dem Rollwerkrahmen angebracht. Links und rechts außen sind die Initialendes Druckers: »IR«.

Die Veritas im Bücherzeichen von John Ross.

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Gaspare Ruspawar Verleger und Buchhändler in Rom 1590 bis 1600 und zwischendurch, 1598,in Orvieto. Sein Geschäft befand sich in Rom bei der Kirche San Tommaso inParione; sein Ladenschild zeigte die Fortezza mit der Säule, die Standhaftigkeit.Seine Verlagswerke ließ er bei Antonio Colaldi und Bonaventura Aquilin in Orvietobzw. in Rom bei Francesco Coattino und Niccolò Muzi herstellen.

Als Bücherzeichen nahm Ruspa sein Ladenschild; es zeigt die personifizierteStandhaftigkeit, auf einer Bank sitzend, neben ihr steht eine angebrochene Säule,ihre Füße stehen auf einer weiteren liegenden Säule. Am Rahmen sind links undrechts außen zwei geflügelte weibliche Halbfiguren. Oben und unten imRollwerkrahmen sind Fratzen untergebracht.

Fortitudo im Ladenschildund im Bücherzeichen von Gaspare Ruspa

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Altobello Salicatowar Buchhändler, Buchdrucker und Verleger und betrieb in Venedig ab 1569 eineWerkstatt (officina Salicatiana) in San Canciano, in der er zeitweise allein, aberauch mit anderen Druckern und Buchhändlern wie Venturino Maggio (1569) undBarezzi Barezzo (1588) zusammenarbeitete. 1584 bis 1600 druckte er mit GiacomoVincenti. Sie gaben zumeist musikalische Werke heraus. In der nur ein Jahr be-stehenden Druck- und Verlagsgesellschaft mit Andrea Muschio und FrancescoRampazetto lag der Schwerpunkt auf juristischen Büchern. Salicato starb 1609.

Das Bücherzeichen von Salicato wurde in den Jahren 1572 bis 1598 verwendet.Es zeigt Fortitudo, die personifizierte Standhaftigkeit, im Begriff, den oberen Teileiner gebrochenen Säule herabzunehmen. Links und rechts oben sind zwei Put-ten. An den unteren Seiten sind Fruchtgehänge zu sehen. In der Mitte befindetsich eine Fratze in einem herzförmigen Rahmen. In einem Band um die Szenemit Fortitudo steht die Devise: »MATERIAM SVPERAT OPVS.«

Fortitudo bei Altobello Salicato (1581)

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Orazio Salviani(Horatius Salvianus) war Buchdrucker, Verleger und Buchhändler in Citta diCastello in Neapel in den Jahren 1565 bis 1596. Er arbeitete hier mit CesareCesari und dessen Brüdern. In Neapel druckte für ihn Raimondo Amato. Zeitweiseließ er in Venedig bei Giovanni Battista Guerra und Giovanni de Boy drucken.Seine Geschäft befand sich in dem Haus mit dem Wappen des »Pellegrino aForcella« (Pilger zur Gabel), in dem auch der Buchhändler Giorgio Stringario1580 ein Geschäft betrieb. Im letzten Jahrzehnt arbeitete er auch mit GiacomoVincenci zusammen. Zwischendurch unterhielt Salviani Zweigstellen in Venedig(1569) und in Vico Equense (1593), wo er (und in Neapel) mit dem Buchdruckerund Musikstückeverleger Giovanni Giacomo Carlino zusammenarbeitete. In denJahren 1553 bis 1564 war auch Ippolito Salviani in der »Officina Salviani« be-schäftigt – ein Mediziner, Komödiendichter und Drucker, der auch in Rom in denJahren 1553 bis 1564 eine Officin betrieb. Auch Giuseppe Cacchi war einer seinerDrucker in Vico Equense. Salviani starb um 1594. Seine Druckerei ging an Carlinound Antonio Pace, die bereits vorher für ihn gearbeitet hatten.

Das Bücherzeichen der Officina Salviani aus dem Jahr 1559 zeigt in einem Ovalim rechteckigen Rahmen einen in den Wolken schwebenden bärtigen Mann mitFlügeln; über ihm ist eine strahlende Sonne mit einem Gesicht zu sehen. DerMann (Engel, Gott?) zeigt mit dem Zeigefinger der rechten Hand nach unten undmit der anderen Hand nach oben. Neben ihm ist in zwei Teilen das Wort»MEDIOCRITER«, in gemäßigter Weise, geschrieben. Unter dem Mann ist das Meermit zwei Schiffen (einem Segelschiff und einer Galeere) und einem Hafen (mitKran), dahinter eine Kirche. In den vier Ecken der Büchermarke sind Lilien ein-gezeichnet. Die Devise lautet: »NEC ALTIORA NEC INFERIORA P[I]ETAS.«

Ein bärtiger Mann predigt die Mäßigkeit.

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Johannes Saurstammt aus Wetter in Hessen. 1589 ist er Druckergeselle in Mainz. 1591 heirate-te er die Tochter Elisabeth des Frankfurter Druckers Martin Lechler; ein Jahr spätererhält er das Frankfurter Bürgerrecht. Als 1594 sein Schwiegervater stirbt, über-nimmt er die Officin. Er druckt bis 1599 für den Verleger Paul Brachfeld die erstenMeßrelationen des Jacob Francus und dann für die Erben von Nicolaus Basse.1608 macht er Konkurs. Seine drei Pressen und 70 Zentner Schrift werden ver-steigert. 1611 gelingt es ihm, wieder eine eigene Werkstatt zu eröffnen. Nun be-sitzt er sogar fünf Pressen. 1515 stellt er einen Antrag beim Landgrafen Moritz zuKassel, in Marburg zum Universitätsdrucker berufen zu werden; dieser Antragwird jedoch abgelehnt, da Christian Egenolff dieses Amt noch innehatte. 1616wird er aus Frankfurt am Main wegen der Teilnahme am Fettmilchaufstand (der1614 in Frankfurt schließlich niedergeschlagene antijüdische Aufstand der Zünfteunter dem Lebkuchenbäcker Vincenz Fettmilch gegen die Patrizier) verwiesenund ist ab 1618 in Marburg. Ab 1619 druckt er hier und führt gegen Bezahlungauch Druckaufträge für die Universität aus. 1630 zieht er nach Kassel, wo erUniversitätsdrucker wird. Saur stellte in Kassel u.a. amtliche Drucke her, darunter1635 das »Mausoleum Mauritianum«. Er starb 1636; seine Witwe setzte dieDruckerei für die Universität fort.

Die in Frankfurt am Main verwendeten Bücherzeichen zeigen stets Justitia mitSchwert und Waage (in Marburg und Kassel verwendete Saur ein Druckerzeichenmit der Arche). Das Bücherzeichen zeigt in einem Oval die Justitia in einemRenaissancerahmen; darüber steht »IVSTITIA«. Am unteren Ende des Ovals istdas eigentliche Druckerzeichen, ein Monogramm aus »S«, »I« und »W«. Linksund rechts oben sind in der Kartusche Putten eingezeichnet; unten sind Früchteals Fruchtgehänge zusammengebündelt. Im Hintergrund des Bildes scheint dieSonne, rechts vorn steht ein Rauchfaß. Der um das Oval laufende Text lautet:»VETERANUS HASSUS« »IOHANNS SAVRIVS.«

Justitia bei Johannes Saur.

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Valentine Simmesbegann in London 1585 in einer eigenen Officin zu drucken. Es ist denkbar, daßer vorher als Geselle bei Robert Waldegrave gearbeitet hatte, der 1589 wegendes Drucks unrechtmäßiger Bücher nach Schottland fliehen mußte und dort könig-licher Drucker wurde. Die Werkstatt von Simmes befand sich »on Adling Hill nearBainard’s Castle at the sign of the White Swan«; er gehörte zu den Druckern,deren Qualität über dem Durchschnitt seiner Kollegen lag. Simmes stellte neunverschiedene Schriften von Shakespeare für mehrere Londoner Buchhändler her(z.B. für Andrew Wise: »Richard II.« und »Richard III.« im Jahr 1597, 1603 »Ham-let« und 1604 »Henry IV.«). 1611 druckte er für den Buchhändler Richard Bonian»Salve Deus Rex Judaeorum«, eines der wenigen Bücher, die von einer Frau(Emilia Lanyer) geschrieben wurden. Für John Claphams »The History of GreatBritain« war er sowohl Verleger als auch Drucker; üblicherweise waren der Buch-handel und der Buchdruck in Simmes’ Zeitalter strikt getrennt. Da er mehrereunautorisierte Werke herstellte, wurde ihm 1622 die weitere Ausübung seinesansonsten ehrenwertes Gewerbes als »Master« verboten.

Das Bücherzeichen wurde 1601 (»Mirror of Martyrs«) von Simmes verwendetund zeigt, wie der Wahrheit ans Licht geholfen wird. Es entspricht im wesent-lichen dem Signet von Conrad Bade, Richard Smith und Henry Bynnemann, istjedoch deutlich schlechter gezeichnet. Am unteren Rand ist in der Mitte eine Tafelmit dem Monogramm des Druckers (»SV«). Die umlaufende Devise lautet:»TEMPORE PATET OCCVLTA VERITAS.«

Die Veritas wird bei Valentine Simmes ans Lichtgezerrt.

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Richard Smith(Smythe) starb wohl um/nach 1595. Seine Druckerlaufbahn in London begannals selbständiger Druckherr im Jahr 1567. Smith muß wohl auch Buchhändlergewesen sein, denn 1595 vollendet der nur durch seine Initialen bekannte Drucker»I. R.« für ihn eine Ausgabe von »Ovid’s Banquet of Sense«.

Das Bücherzeichen aus dem Jahr 1575 in einem Werk von G. Gascoigne zeigt,wie der personifizierten Veritas, der Wahrheit, ans Licht geholfen wird. Es ist dieNachzeichnung eines von Conrad Bade 1554 in Genf verwendeten Signets. Ineinem Renaissancerahmens mit Früchten dekoriert befindet sich ein Oval, in demzu sehen ist, wie eine Figur mit Flügeln der personifizierten Wahrheit aus einemLoch hilft (mit der linken Hand). In der rechten Hand hält die Figur eine Sense;zwischen ihren Beinen steht ein Stundenglas. Diese Beine sind wie bei einenSatyrn Hufe, es handelt sich wohl um Tanatos, die griechische Personifikationdes Todes (hat üblicherweise und angeblich Fledermausflügel, im Mittelalter mitSense und Sanduhr dargestellt und vermittelt die Botschaft der Vergänglichkeit).Neben Tanatos sind die Initialen des Druckers zu lesen. Die Devise lautet: »TEMPORE

PATET OCCVLTA VERITAS.«, die Wahrheit kommt ans Licht, ein Motto, das in so ähnlicherForm auch von der König Mary (»Veritas temporis filia«) herangezogen wurde.Nach Smith verwendete auch der englische Drucker Bynneman dieses Bücher-zeichen (1576).

Richard Smith »kupfert«das Bücherzeichen von Conrad Bade ab: Veritas.

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Jean de Tournes d.J.stammt aus Lyon und war dort (1564 bis 1585) und in Genf (1585–1615) Buch-händler, Verleger und Buchdrucker. Bereits sein Vater war von 1542 bis zu seinemTod 1564 selbständiger Buchdrucker in Lyon, wo er in der Officin von SebastienGryphe gearbeitet hatte. Aufgrund der protestantischen Auffassung des Druck-herrn wird die Werkstatt des Jean de Tournes 1567 geplündert und er selbst fürzwei Monate inhaftiert. 1572 wird er erneut verhaftet, doch entkommt er demMassaker an den Hugenotten in der sog. Bartholomäusnacht. 1585 verläßt erLyon (schon 1583 wurde von Henry III. der protestantische Glaube in Frankreichverboten). In Genf kann er seine Arbeit als Verleger und Buchdrucker mit Erlaub-nis der Stadtverwaltung sofort wieder aufnehmen; binnen einer Woche legt erdem Rat neun Werke vor, die er drucken will. 1596 erhält er die Bürgerrechte inGenf. 1604 wird er sogar Mitglied des Rats der 200. Als Verleger gibt er vorwiegendhumanistische, aber genauso theologische, juristische und künstlerische Literaturheraus. Auch Klassiker werden von ihm veröffentlicht. Obwohl er Hugenotte ist,wird er Drucker des französischen Königs. Nach seinem Tod übernimmt Samuelde Tournes die Officin und den Verlag.Das hier abgebildete Bücherzeichen aus dem Jahr 1688 ist von Samuel deTournes, das aber von Motiv und Zeichnung her bereits sein Vater vorher verwen-dete. Es zeigt links Justitia mit verbundenen Augen, in der linken Hand eine Waagehaltend. In der rechten Hand hält sie ein Schwert. Auf der rechten Seite steht diePrudentia bzw. Sapientia, die in ihrer rechten Hand eine Schlange hält. Dazwischenist in einem Blätterkreis ein Wappenschild, umgeben von zwei mit dem Schildverbundenen und sich verschlingenden Schlangen (als Symbol der Ewigkeit?) zusehen. Oberhalb dieses Kreises ist in einem Oval das Barock-Monogramm desDruckers eingetragen. Am unteren Ende befindet sich eine weitere ovale Tafelmit einem dreigeteilten Herz und den Buchstaben »SDT«, Samuel de Tournes.Auf dem Wappenschild in der Mitte steht der Text »QVOD TIBI FIERI NON VIS, ALTERI NE

FECERIS«, darunter eine Lilie als Hinweis auf die Stadt Lyon.

Prudentia bzw. Sapientia und Justitiabei Samuel de Tournes.

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Jean Vignonwar Buchdrucker und Buchhändler in Genf in den Jahren 1601 bis zu seinemwahrscheinlichen Tod 1622. Aus Anlaß des Todes von Eustache Vignon, 1601,erhält er als Anteil an dem Erbe 4400 gebundene und ungebundene Bücher undein Haus in St. Leger, in dem sich eine Officin befindet. Er wird als Verwalterdieser Druckerei und einer Buchhandlung bestimmt, wobei er den Geschäfts-namen seines Vaters weiterhin benutzt: »Héritiers d’Eustache Vignon«, doch ver-wendet er auch den Namen »Officina Vignoniana«.

Das Bücherzeichen von Jean Vignon (1610, Altes und Neues Testament) zeigt ineinem reich geschmückten Renaissancerahmen Fides mit den üblichen Attributenin einem Oval. An den Seiten des Ovals sind Köpfe eingezeichnet, die wohl nurnoch an die Vergänglichkeit erinnern sollen. Links und rechts oben sitzen zweileicht geschürzte Männer, die Trompete blasen. Auf den an den Musikinstrumentenhängenden Wimpeln ist links FOY (Glaube) und ESPERACE (Hoffnung), rechts CHARITE

(Nächstenliebe) und PACIENCE (Duldsamkeit) zu lesen (aber nur in der Vergröße-rung!). An den Seiten und unten sind Früchte bzw. Fruchtgehänge angebracht.

Fides und andere Tugenden im Bücherzeichenvon Jean Vignon.

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Johannes Wolfwar ursprünglich Glasmaler und ist in Zürich geboren worden. Das Drucker-handwerk erlernte er in Basel. 1591 erwarb er für 1170 Gulden die Druckerei-einrichtungen der »Officina Froschoveri« und begann im selben Jahr zu drucken.Seine Werkstatt befand sich im Wollenhaus im Niederdorf. Er war Mitglied derZunft der Schiffleute, 1592 Zwölfer, Zunftvorsteher, und 1607 sogar Zunftmeister.1595 erhielt er vom Rat der Stadt das alleinige Druckprivileg für zwölf Jahre. 1614übergab er die Druckerei seinem Sohn Rudolf, der derselben Zunft angehörte.Als dieser 1524 starb, nahm Johannes Wolf seine Druckertätigkeit wieder auf.Kurz vor seinem Tod, 1527, verkaufte er die Officin an den Münzmeister JohannesJakob Bodmer.

Das Bücherzeichen aus dem Jahr 1595 (und später wiederholt gedruckt) ist auseiner Titelbordüre für eine Bibel. Es werden erwähnt oben die PATIENT[IA] (Geduld),die SPES (Hoffnung), die VIGILANTIA (Wachsamkeit), die PRVDENT[IA] (Klugheit), dieCONCORD[IA] (Eintracht). Auf dem Giebel sitzt links und rechts die FAMA (Göttin desGerüchts), in der Mitte ein Pelikan. Im unteren Teil des Titelblatts ist links diegeharnischte VICTORIA (auf der TYRANNIS sitzend) mit einer Lanze und rechts die PAX

(auf der VTILITAS sitzend) mit einem Ölzweig, auf dem eine Taube zu sehen ist.Über VICTORIA steht der schweizerische Sagenheld Wilhelm Tell mit Armbrust aufeinem Sockel, vor ihm der Sohn des Tells (INNOCENT) mit einem Apfel auf demKopf. Rechts stehen auf einem Sockel drei bewaffnete Männer, wohl die Land-vögte. In der Mitte zwischen der TYRANNIS und der VTILITAS befindet sich das eigent-liche Bücherzeichen von Johannes Wolf mit der Devise »CHRISTVS PACIFICATOR NOSTER.ESA II CAP«.

Johannes Wolf in Zürich zeigt Tugenden und Göttinen.

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Die Kupferstiche der Tugenden

am Anfang dieses Büchleins sind von Jacob Matham nach Vorlagen seines Stief-vaters und Lehrers Hendrick Goltzius gestochen. Matham stammt aus Haarlemund wurde 1600 in die Malergilde aufgenommen und 1605 sogar Doyen. Er hateine große Zahl von Blättern, teils nach eigenen Zeichnungen, zum größten Teilnach italienischen, deutschen und niederländischen Meistern gestochen, welchedurch die elegante und zarte Führung des Grabstichels auf die Entwicklung derKupferstichtechnik von großem Einfluß gewesen sind. Jacob Matham starb 1631in Haarlem.

Hendrick Goltzius war Kupferstecher und Maler und ist in Mühlbracht bei Venlo1558 geboren. Seine Lehrzeit verbrachte er bei dem Graphiker und SchriftstellerD. V. Coornhert in Xanten und in Kleve, mit dem er sich 1577 in Haarlem nieder-ließ. Mit 21 Jahren heiratete er eine reiche Witwe, was ihm ermöglichte, eineeigene Druckerei einzurichten. Goltzius war beeinflußt von Dürer und den sog.Haarlemer Manieristen an der 1583 dort gegründeten Akademie. Seine Farbholz-schnitte, Kupferstiche, Radierungen und Federzeichnungen wurden richtungs-weisend für die holländische Landschaftsmalerei. Die hier abgebildeten Kupfer-stiche gehören in einen Zyklus der Tugenden und Laster. In gleicher Art stellte erdie Jahreszeiten und griechische und römische Götter dar. Goltzius starb 1616 inHaarlem.

Die Kupferstiche wurden wahrscheinlich 1560 in Antwerpen von Hieronymus Cook,der auch der Drucker von Pieter Brueghel war, gedruckt. Jedes Bild präsentiertmit einer weiblichen Personifikation eine Tugend.

Hendrick Goltzius

Jacob Matham