das empathische hotel
TRANSCRIPT
Das empathische Hotel
Das empathische Hotel
Liebe Leserinnen und Leser,
die Welt ist in Bewegung, so stark und vielschichtig wie nie zuvor. Physisch wie virtuell flieĂen RĂ€ume und Daten ineinander, treffen sich Menschen an unterschiedlichen Orten der Welt, verlassen dafĂŒr manchmal die eigenen vier WĂ€nde oder bleiben ein anderes Mal einfach nur vor ihrem Laptop am KĂŒchentisch sitzen.
Die Megatrends MobilitĂ€t und Digitalisierung fĂŒhren zu einer zuneh-menden Flexibilisierung des Seins. Und zu einer starken Neugier des Ein-zelnen an der Welt, an möglichen Orten und an potenziellen GegenĂŒbern. Was habe ich noch nicht entdeckt, wen könnte ich noch treffen, an welchen Flecken der Welt, die mein Fernweh gleichermaĂen befriedigen wie den zunehmenden Wunsch nach Verankerung in einer ausdifferenzierten Welt?
In Zukunft geht es immer mehr darum, vermeintliche Paradoxien zusammenzudenken: Das Streben nach IndividualitĂ€t und Gemeinschaft. Das Verlangen nach Abgrenzung und Zusammengehörigkeit. Nach Neuem in der NĂ€he und Bekanntem in der Ferne. Das erfordert mehr denn je die FĂ€higkeit und Be-reitschaft, die Gedanken und Motive meines GegenĂŒbers zu erkennen und zu verstehen. Es erfordert Empathie.
Was bedeutet das fĂŒr die Hotellerie? Eine nie dagewesene Chance, neue Spielarten von Begegnung in der multi-mobilen Optionswelt unserer Zeit zu schaffen und so das anspruchsvolle Reisepublikum zu begeistern, zu ĂŒberraschen, ja vielleicht sogar zu rĂŒhren. Mit einem empathischen Hotel.
Wir freuen uns, wenn die LektĂŒre dieser Studie Sie auf Ihrem Weg in die Zukunft begleitet, wenn sie Ihnen Inspirationen liefert und Sie, im besten Fall, zu einem neuen SelbstverstĂ€ndnis Ihrer tĂ€glichen Arbeit fĂŒhrt.
Mag. Matthias KochGeschĂ€ftsfĂŒhrerFachverband Hotellerie
Christiane VargaAutorinZukunftsinstitut
Harry GattererGeschĂ€ftsfĂŒhrer Zukunftsinstitut
4
HerausgeberZukunftsinstitut Ăsterreich GmbHRudolfsplatz 12/10a1010 Wien, ĂsterreichTel: +43 (0) 1 943 4030Fax: +43 (0) 1 253 30 33 40 [email protected]
ChefredaktionHarry Gatterer
ProjektmanagementChristiane Varga
AutorinChristiane Varga
DatenrechercheChristof Lanzinger
Redaktionelle MitarbeitNick Brandt
BildrechercheKsenia PogorelovaJacqueline Becker
GrafikdesignChristoph Almasy
LektoratFranz Mayer
© Zukunftsinstitut GmbH, Januar 2016Alle Rechte vorbehalten.
5
Inhalt
14
2458
48 38
70
The Art of HostingDer Start der Reise
Together- nessDie Konstellation der Reisenden
IdentityDie IdentitÀt(en) der Reisenden
Hotellerie in Zahlen
RoomsDie Orte der
Reisenden
Beyond Basics
Das Ende der Reise ist ihr
Anfang
MEHR SERVICE, MEHR UMSATZMit den Terminals von card complete
card complete bringt österreichischen Gastronomen und Hoteliers viele neue GĂ€ste ins Haus. Nutzen Sie Ihre Chance auf steigende UmsĂ€tze und werden Sie Akzeptanz-partner von card complete. Damit sichern Sie sich und Ihren Kunden besten Service durch maĂgeschneiderte Zahlungslösungen fĂŒr Ihren Betrieb. Machen wir mehr aus Ihrem Umsatz! Ob mit Marketing-Kooperationen oder einer Bewerbung Ihres Betriebes in unserem Kundenmagazin âcompleteâ. Auch auf unserer exklusiven Urlaubsplattform www.completeurlaub.com sprechen Sie eine Vielzahl potenzieller GĂ€ste an und bieten Ihnen mit einem âSpecial Offerâ einen besonderen Vorteil! Gerne informieren wir Sie persönlich: Tel. +43 (1) 711 11-400, E-Mail:[email protected] www.cardcomplete.com
cardcomplete_210x297_tourismus2015.indd 1 21.01.16 16:53
Geberit AquaCleanDas WC, das Sie mit Wasser reinigt.
Wellness fĂŒr Ihre GĂ€ste.
Mit Geberit AquaClean Sela beginnt Wellness schon im BadeÂzimmer. Das WC mit integrierter Duschfunktion reinigt den Po sanft mit einem warmen Wasserstrahl und erfĂŒllt somit die steigenden GĂ€steanforderungen an Komfort und Hygiene. FĂŒr ein GefĂŒhl von Frische und Sauberkeit den ganzen Tag.â www.geberitÂaquaclean.at/sela
MIT DEM NEUEN BUCHUNGSTOOL SIND SIE FĂR IHRE GĂSTEDIREKT ONLINE BUCHBAR UND ZAHLEN NULL PROVISION!
MIT IHREM ANGEBOT AUF WWW.URLAUBURLAUB.AT LIEGEN SIE RICHTIG.
OB HOTEL, FRĂHSTĂCKSPENSION, FERIENHĂTTE ODER BAUERNHOF:
MIT DEM NEUEN BUCHUNGSTOOL SIND SIE FĂR IHRE GĂSTEDIREKT ONLINE BUCHBAR UND ZAHLEN NULL PROVISION!
MIT IHREM ANGEBOT AUF WWW.URLAUBURLAUB.AT LIEGEN SIE RICHTIG.
OB HOTEL, FRĂHSTĂCKSPENSION, FERIENHĂTTE ODER BAUERNHOF:
IXMO
WENIGER KANN MEHR.
Das IXMO Armaturensystem treibt die Verschmelzung von Design und Funktion auf die Spitze. Die Elemente an der Wand wurden auf ein Minimum reduziert; die Gestaltungsfreiheit ist dank verschiedenster Positionierungsmöglichkeiten der einzelnen Armaturen-einheiten immens. Das Ergebnis: Tag fĂŒr Tag ein sinnliches Duscherlebnis in seiner klarsten Form. www.keuco.de
IXMO - Onlineplaner mit detaillierter Produktzusammenstellung und -beschreibung: www.ixmo.at
Die hauseigene WĂ€scherei â 6 entscheidende Vorteile
klassewaesche.com
UnabhÀngigkeit
Umwelt
QualitÀt
HygieneNachhaltigkeit
und Werterhaltung
Wirtschaftlichkeit
im haus gewaschen. einfach zum wohlfĂŒhlen.
Klasse WĂ€sche â ReprĂ€sentanz â PR-Agentur Prima, Stubenbastei 2, 1010 Wien, Tel.: +43 (0)1 533 66 70 â 20, [email protected]
KW_inserat_200x275_2015_RZ.indd 1 12.11.15 18:08
hollu Systemhygiene GmbH | Tel. +43 5238 52800 | www.hollu.com
Unsere Firmenstrategie: Hygiene zum WohlfĂŒhlen â fĂŒr Mensch & Umwelt.
Ausgezeichnet mit dem TRIGOS Tirol 2014
ww
w.di
ewild
enka
iser.c
om
Handbuch Hotel der Zukunft_inseratline neu_blatt_200x275_2016_01_(1 Seite).indd 1 11.01.16 15:34
Heben Sie sich als Hotelier der Zukunft von anderen Betrieben ab und nĂŒtzen Sie den WohlfĂŒhlfaktor von selbst gepflegter WĂ€sche fĂŒr die Vermarktung Ihres Hauses!Ihre GĂ€ste erwarten hochwertige TischwĂ€sche, legen Wert auf flauschige, duftende Hand- und BadetĂŒcher und wollen sicher sein, dass nicht nur die BettwĂ€sche rein ist, son-dern auch Bettdecken und Kissen hygienisch sauber sind. SelbstverstĂ€ndlich sind auĂerdem kuschelige BademĂ€ntel und FrottierwĂ€sche im Wellness- und Spa-Bereich. Mit in-dividuellem Service können Sie bei Ihren GĂ€sten zusĂ€tzlich punkten â z.B. dem Waschen von Trainings- oder Skian-zĂŒgen. Nur eine Inhouse-WĂ€scherei von Miele Professional erfĂŒllt diese hohen und speziellen Anforderungen.
Pflegen Sie Ihre WĂ€sche schon im Haus oder Ă€rgern Sie sich noch ĂŒber zu hohe Kosten und schlechte QualitĂ€t? Bei den kontinuierlich steigenden MietwĂ€schepreisen* sollten Sie alleine schon aus ökonomischer Sicht auf eine individuell fĂŒr Ihren Betrieb geplante Inhouse-WĂ€scherei setzen. Modernste WĂ€schereimaschinen, wie beispiels-weise energieeffiziente WĂ€rmepumpentrockner von Miele Professional, sind die wirtschaftliche Lösung fĂŒr Sie als vorausschauend kalkulierenden Unternehmer.In der Inhouse-WĂ€scherei von Miele Professional stehen Ihnen die benötigten Textilien schnell und perfekt gepflegt wieder zur VerfĂŒgung. Die flexiblere Auslastung bzw. Optimierung der Arbeitszeit des im Housekeeping-Bereich eingesetzten Personals fĂŒhrt zu Kosteneinspa-rungen. Weiters haben Sie die fĂŒr den WohlfĂŒhlfaktor Ihrer GĂ€ste wichtige QualitĂ€t der WĂ€sche stets selbst in der Hand. Die aufwĂ€ndige Ein- und Ausgangskontrolle von extern angelieferter WĂ€sche und Reklamationsge-sprĂ€che mit Lieferanten sind fĂŒr Sie somit Geschichte.
Das Rund-um-Servicepaket von Miele ProfessionalDie individuelle WĂ€scherei-Berechnung - Erhebung der WĂ€schemengen, Festlegung der erforderlichen Maschinenausstattung, BerĂŒcksichtigung der Kosten fĂŒr WĂ€schekauf, Energie, Waschmittel, Finanzierung, Wartung bis hin zum Personal â ist die Grundlage fĂŒr die darauf folgende WĂ€scherei-Planung inklusive sĂ€mtlicher erforderlicher Installationen. Bis zur Inbetriebnahme der GerĂ€te werden Sie von Miele Professional unterstĂŒtzt und begleitet. DarĂŒber hinaus stehen österreichweit 160 Miele Kundendiensttechniker zur VerfĂŒgung. Und speziell in der Saison wichtig â auch an Samstagen ist ein Bereitschaftsdienst erreichbar!
* Quelle: Marktstudie MietwĂ€sche in Ăsterreich; Kreutzer, Fischer & Partner
Miele ProfessionalMielestr. 1, 5071 WalsTelefon 050 800 420
Die Miele Inhouse-WĂ€scherei: Der Wohl-fĂŒhlfaktor fĂŒr Ihre GĂ€ste!
14
The Art of Hosting
01
Credit: Berlin Food Week
15
Der Start der Reise
Das Konzept der Hotellerie war in den letzten Jahrzehnten stark geprĂ€gt von der Unterhaltung des Gastes. Nun, da wir als GĂ€ste ĂŒber-unterhalten und ĂŒber-touristifiziert sind, erreichen wir eine neue BedĂŒrfnis-Ebene: BerĂŒhrung. Wahre Begegnung, Sinn. Davon werden die kommenden Jahre erzĂ€hlen und die TĂ€tigkeit des Hoteliers zur ausgeprĂ€g-ten âArt of Hostingâ erhöhen.
16
âMĂŒssen wir den Tourismus in Frage stellen, wenn wir uns mit der Hotellerie der Zukunft beschĂ€ftigen?
Seit Jahrhunderten gibt es Beherbergung als unternehmerische Idee. Aus heutiger Sicht kann man verkĂŒrzt sagen: Eigentlich immer schon hat es Menschen gegeben, die Raum fĂŒr andere zur VerfĂŒgung stellten, um ihnen ein temporĂ€res Dach ĂŒber dem Kopf zu bie-ten. Sie haben dafĂŒr einen Gegenwert erhal-ten â mal Geld, mal Ruhm, mal Naturalien. In den letzten fĂŒnf Jahrzehnten ist diese lang etablierte Idee aber nochmal ganz neu gefor-dert worden: Nicht nur, dass mehr Menschen denn je auf diesem Planeten leben. Auch sind mehr denn je von ihnen unterwegs. Und brauchen dann, wenn sie an einem Ort jenseits ihres Zuhauses sind, eine Unterkunft. Das PhĂ€nomen Tourismus hat sich global eingepflanzt. Millionen von Menschen, ja ganze Staaten leben mittlerweile davon, dass wiederum andere Menschen irgendwohin reisen. Mit dem Ziel der Zerstreuung und der Anderswelterfahrung.
Gerade jedoch weil dieses Konzept des Tourismus ein so normales und gleichwohl wirtschaftlich unwiderrufliches geworden ist, ist es auch unangemessen, alte Begriffe wie âBeherbergungâ ĂŒberhaupt zu verwenden. Heute geht es um âHomeAwayFromHomeâ-Konzepte, wie wir in der ersten Studie âHotel der Zukunftâ bereits vor vielen Jahren antizipierten. Es geht darum, temporĂ€re Hei-maten in der Ferne zu etablieren, in welche Andersartige (Fremde) kurzfristig einziehen dĂŒrfen, mit (mittlerweile vor allem) dem Ziel des ökonomischen Ausgleichs. Auf der ökonomischen Autobahn âTourismusâ wandern abertausende Menschen tĂ€glich in
fĂŒr sie fremden Gefilden, ohne dabei merkli-che Spuren zu hinterlassen. Ganz neuerdings geht es sogar so weit, dass Menschen, die reisen, dies so âneutralâ wie möglich tun sollten. Es mĂŒsste also gelingen zu reisen, zu erleben, zu genieĂen, ohne dabei auch nur den geringsten Gramm an âFuĂabdruckâ zu erzeugen. Denn: Das wĂ€re wieder schlecht. FĂŒr alle. Da wundert es nicht, dass wir uns dann im digitalen Raum austoben und hun-derte Fotos pro Tag posten. Damit wir, vor allem fĂŒr uns selbst, den Anschein erwecken können, dass wir kurz woanders waren.
GewissermaĂen, so kann man heute mit Fug und Recht behaupten, stehen wir kurz vor einem Wendepunkt des Konzepts âTouris-musâ. Wir mĂŒssen, ganz laut und deutlich, die Kernfrage stellen: Werden wir in Zukunft tatsĂ€chlich einen Tourismus erleben, wie wir ihn uns in den letzten Jahrzehnten heran-gezĂŒchtet haben? Können wir auch in den nĂ€chsten fĂŒnfzig Jahren davon ausgehen, dass noch mehr Menschen unterwegs sind, um sich Kirchen anzusehen, Restaurants zu besuchen, Berge zu besteigen, essen zu gehen ⊠und das, ohne Spuren zu hinterlas-sen, weil dies wiederum nicht in das Konzept passt? Nicht das gegenwĂ€rtige, und schon gar nicht das zukĂŒnftige. MĂŒssen wir, wenn wir uns in dieser Publikation mit der Frage der Hotellerie der Zukunft beschĂ€ftigen, also davon ausgehen, dass wir bereits den Tourismus in Frage stellen mĂŒssen? Was unweigerlich massive Auswirkungen auf das Hotel an sich hĂ€tte. Oder können wir dies getrost beiseite lassen und so tun, als wĂŒrde daran in kommenden Jahrzehnten nicht gerĂŒttelt? Nun, natĂŒrlich ist man verleitet, eine Studie mit dem Titel âHotel der Zukunftâ nicht zu weit auszudehnen. Und auch Sie, die geneigt sind, sich diesem Thema zu widmen, nicht allzu sehr zu strapazieren. Aber gerade weil es so komfortabel wĂ€re, mĂŒssen wir den Umweg ĂŒber den Tourismus gehen, um zu einem â vielleicht neuen â VerstĂ€ndnis fĂŒr die Hotellerie zu gelangen.
17
Das Ende des Tourismus, wie wir ihn kennen
Die Grundlagen einer Neuausrichtung des Tourismus sind vielfÀltig:
De-Touristification
WIR-KULTUR Die Individualisierung der Gesellschaft und ihre neue Tendenz, sich wieder in Gemeinschaften zu orientieren.
SCHAUM-WELTEN Die Ăberforderung durch visuellen LĂ€rm, und damit die wachsende UnfĂ€higkeit der Menschen, tiefgreifende Erinnerungen zu erleben.
GLOBALE DIMENSIONEN Die reine Zahl an Menschen, welche in den kommenden Jahren viele Grenzen spren-gen, auch wenn wir diese im Moment noch bauen.
CONVENIENCE-KONTINUUM Die ununterbrochene Leichtigkeit des Seins durch ausgeklĂŒgelte Logistik- Performances.
18
WIR-KULTUR
Als WIR-Kultur bezeichnen wir in der Trend-Beobachtung jene Entwicklung, die uns in die nĂ€chste Stufe der Individualisierung fĂŒhrt. Denn der Individualisierung unserer Gesellschaft ist nichts mehr hinzuzufĂŒgen. Oder anders gesagt: Individueller können wir nicht mehr werden. Wer heute bei jedem Kauf-Akt auch entscheiden muss, ob das zu einem passt oder nicht, gerĂ€t permanent in eine SelbstĂŒberforderung. Wo aber ganze Industrien fĂŒr sich nun endgĂŒltig den
vermeintlichen Trend âIndividualisierungâ erfasst haben, weil selbst die Controller davon ĂŒberzeugt sind, dass die Kunden arbeiten sollten, statt teurer Mitarbeiter, dort ist ein Ende in Sicht. Menschen in unseren Breitengraden werden als Individuen geboren und suchen â Zeit ihres Lebens â die Gemeinschaft. Sie suchen das WIR, das Ver-bindende (statt des Trennenden). Sie suchen nach Freundschaft, Begegnung und BerĂŒh-rung. Nicht dass wir das falsch interpretieren: Aus derart individuellen Individuen wird keine Kollektivgemeinschaft mehr. Aber die Sehnsucht der Individuen liegt nicht mehr in der Darstellung ihrer eigenen Einzigartigkeit, sondern in der Suche nach Verbindungen mit Bedeutung. Man sucht also, was zu einem passt, mehr, als man versucht, sich von dem zu unterscheiden, wozu man nicht gehören will.
Nun will aber der Tourismus, wie wir ihn kennen, weder ersterem, also der Versu-chung der Selbstdarstellung, noch zweite-rem â der Suche nach BerĂŒhrung â gerecht werden. Tourismus, wie wir ihn kennen, will logistische Konzepte als Abenteuer markieren und sie so kollektiv wie möglich vermarkten. Was ganz automatisch zu anti-individualistischen Ergebnissen fĂŒhrt. Das Touristen-Restaurant ist deshalb erfolgreich, weil es gĂŒnstig liegt. Nicht weil es individuell, besonders ist.
Keine Frage: In den TĂ€lern des touristischen Gebirges haben sich ganze Heerscharen von Geheimtipp-Mafias entwickelt, die dem kollektiven Touristen das Individuelle zutragen. Schöne, tolle, feine, auĂergewöhn-liche Angebote sind dabei, die das PrĂ€dikat âindividuellâ auch wirklich verdienen. Gerade die Hotellerie hat sich unter dem Druck der Individualisten zu einem echten Derivat herausragender Konzepte entwickelt. Aber auch diese unterliegen meist dem ersten Paradigma der Individualisierung: Der WIR-Entwicklung sind sie meist noch nicht gewachsen.
Vom Ich zum Wir: Im Zentrum steht das Verbindende, nicht das Trennende
Credit: Kevin Curtis
19
SCHAUM-WELTEN
Die Digitalisierung fĂŒhrt zu einem ganz auĂergewöhnlichen Nebeneffekt: Sie holt uns mehr als ertrĂ€glich in die Welt der Bilder. Selbst der Satz âEin Bild sagt mehr als tausend Worteâ muss heute hinterfragt werden. Wer am Tag Tausende von Bildern sieht, kann von einem Wort mehr inspiriert sein als von dieser Flut an visuellen EindrĂŒ-cken, die unser Hirn kaum noch adĂ€quat zu verarbeiten weiĂ. Diese vielen Bilder erzeugen Schaum-Welten in unserem Kopf, und wir orientieren uns schwerer denn je in dieser Welt. Unser Alltagsleben ist damit zum tĂ€glichen Tourismus geworden: zur tĂ€glichen Herausforderung, von A nach B nach C und wieder zurĂŒck zu kommen, ohne dass wir dabei mental und ĂŒberhaupt verloren gehen. Diese Schaum-Welten sind auch Erregungs-Welten: Es bomben ein paar Radikale sich selbst und andere in Paris in die Luft, und wir haben Angst. Und den nĂ€chsten Tag erregt
uns ein Kellner, weil er nicht ausgiebig genug lĂ€chelt. Diese Bildwelten und der damit ent-stehende Schaum im Kopf der âInternetwel-tigenâ (und das sind fast alle) ist so enorm, dass es lĂ€ngst eine Sehnsucht nach dem Ausstieg daraus gibt. Nicht umsonst wollen viele wieder âslowâ sein â langsam. Genie-Ăen, StĂ€dte erkunden, designen â neuerdings sogar managen. Aber die Langsamkeit ist nur ein Versuch, sich selbst zu disziplinieren. Aus der Welt wird der Schaum nicht mehr so schnell verschwinden. Wenn Tourismus also dazu da ist, Menschen in andere Welten zu transferieren, um ihnen dort Erlebnisse zuzufĂŒhren, die sie sich mer-ken â die damit auch Erinnerungen werden â, fĂ€llt dies flach. Denn wer im Schaum lebt, erfĂ€hrt die Welt immer gefiltert. Umso mehr, wo man versucht, sie fĂŒr einen vorzufiltern. Das Konzept des Tourismus, wie wir ihn kennen, ist fĂŒr den Schaum nicht gebaut.
Schaum-Welten in unserem
Kopf: Digitale Bilderfluten
machen Orientierung
schwer
Credit: foam, pixabay
20
CONVENIENCE-KONTINUUM
Dass wir Raumgeschöpfe sind, das ist nicht neu. 95 Prozent unserer Zeit verbringen wir in RĂ€umen. Und diese Tendenz ist global: Je mehr Wohlstand Gesellschaften besitzen, desto mehr verbringen ihre Mitglieder ihre Zeit in RĂ€umen: beheizt oder gekĂŒhlt. Also wohltemperiert. Und immer den AnsprĂŒ-chen nach errichtet. Die aktuellen Entwick-lungen zeigen, dass wir mehr denn je lernen, diese RĂ€ume, die wir nutzen, âactivity-basedâ â wie man es nennt â zu gestalten. Ob es ArbeitsrĂ€ume sind, die zu idealen WohlfĂŒhl-Orten mit Internetanschluss und Kinderser-vice werden; oder ZĂŒge, die nach der Idee des pausenlosen Komforts errichtet werden, um uns in rasender Gelassenheit von A nach B zu bringen. Keine Frage: Das Kontinuum wird durchbrochen, ab und zu. Aber in der Konstante sind wir so gut wie immer in Umgebungen, die âfĂŒr unsâ designt sind. Und damit entsteht â neben dem Schaum â auch ein Anspruch auf das Anti-Abenteuer. Die Logistik- und Erlebnis-Performance des All-tags ist so ausgeklĂŒgelt, dass wir darin selbst nur noch WohlfĂŒhl-Passagiere sind. Die unangenehmen Situationen sind dann Staus,
in denen die (wohltemperierte) AtmosphĂ€re des Automobils unser Ărger-Kosmos ist. Bis zur nĂ€chsten Tasse Kaffee, dann geht es wieder.
Dem Tourismus tut dies nicht gut, weil er nun einerseits fĂŒr Perfektion im WohlfĂŒhl-modus sorgen muss und gleichzeitig keine Chance mehr bekommt, wahre Erinnerun-gen zu erzeugen: Diese entstehen in unserem Gehirn nĂ€mlich nicht in der Komfortzone, sondern jenseits des Bequemen. Der Abenteuer-Tourismus ist die momentane Antwort darauf. Und die selbstverschriebene Plagerei der Reisenden, wenn sie zur Not auch mal auf ein Mountain-Bike umsteigen. Dies aber mit High-End-Federung und vom Guide betreut. Was man daraus lernen kann, ist, dass der Tourismus, wie er heute funkti-oniert, den Menschen kaum mehr dienlich ist als ein Lieferant von âAndersweltigkeitâ, sondern nur den sowieso touristischen Alltag ausdehnt auf andere Destinationen. Der Begriff des âHomeAwayFromHomeâ ist also völlig richtig. Nur leider auf Dauer nicht auszuhalten.
Komfortzone, Abenteuer â wie lĂ€sst sich dem Gast âAnderswel-tigkeitâ vermit-teln?
Credit: adventure travel, Paxels
21
GLOBALE DIMENSIONEN
Was wir, aus der Brille der westlichen Welt betrachtet, kaum mehr ĂŒberschĂ€tzen können, ist die Dimension der globalen Entwicklungen. Wir sind zu sehr von uns eingenommen, als dass wir noch sehen, was wirklich ist. In der Weltgesellschaft ist âder Westenâ bald die Minderheit. Heute leben (aufgerundet) rund eine Milliarde Menschen in Europa und Russland, eine Milliarde in Amerika (Nord und SĂŒd), eine in Afrika und vier Milliarden in Asien. 2050 werden im sogenannten Westen (Nordamerika und Europa) nur mehr 10 Prozent der Weltbevöl-kerung leben, in Asien aber sechs Milliarden Menschen, in Afrika vier. Das verschiebt die globale Dimension. Das Konzept des Wes-tens als Messlatte fĂŒr jegliche Entwicklung wird damit aufweichen. Die Idee des touris-tischen Konzepts, wie wir es heute kennen, wird verblassen.
Diese neuen globalen RealitĂ€ten wirken sowohl auf unser Gedanken-Set ein als auch auf die RealitĂ€t des Reisens an sich. Kommen heute ca. 50 Prozent der Menschen, die sich eine Reise im Jahr leisten, aus dem als âwest-lichâ bezeichneten Erdteil, so werden es 2035 schon knapp 75 Prozent sein, die aus den âanderenâ Regionen der Welt stammen. Nun, könnte man kĂŒhl sagen, dies sei geradezu perfekt, um den Tourismus, wie wir ihn heute kennen, fortzuschreiben. Nun gut: Was tut es aber mit uns, mit Europa, mit Ăsterreich, wenn plötzlich viel mehr Afrikaner, Chine-sen, Inder, Pakistani etc. unsere touristischen Angebote nutzen? Wenn also die Welt ein âHomeAwayFromHomeâ sucht, wir simultan dazu aber nicht mehr der Wichtigere der bei-den (Gast/Gastgeber) sind? Das fordert einen neuen Geist, bevor wir ĂŒber so Konkretes wie âtouristische Konzepteâ sprechen können.
âGerade durch Megatrends wie Globalisierung und MobilitĂ€t widersprechen sich ĂberregionalitĂ€t und kleinrĂ€umige Verortung nicht.
Einen Blick auf die Weltgesellschaft werfen: Welche Kulturen leisten sich in Zukunft eine Reise?
Credit: Macadam13, pixabay
22
Umdenken mit Ausblick
Ein derartiger Wandel liegt in der Gesell-schaft und belastet das Konzept Tourismus, wie wir es heute kennen. Scheint dieser Exkurs im Moment noch theoretisch, so wird er uns bald einholen. Die RealitĂ€ten des Wandels sind sicht- und spĂŒrbar. NatĂŒrlich, die Alltagsprobleme liegen immer nĂ€her. Wie zum Beispiel die berĂŒhmte Frage nach dem richtigen Personal, das nicht zu finden ist. Der weitere Blick ist verstellt vom Jetzt, das uns sorgt. Keine Frage. Und im Moment zumindest halten die DĂ€mme ja noch: Alles ist gut und nach wie vor auf Wachstum programmiert. Dennoch, wer das Fenster in die Zukunft öffnet, sollte den Blick weit schweifen lassen und sich nicht vom Geruch aus der KĂŒche nur zum Denken an die nĂ€chste Mahlzeit verfĂŒhren lassen. Was uns wieder auf den Ursprung der Ăberlegungen zurĂŒckfĂŒhrt: Was ist das Hotel der Zukunft?
Der Umweg ĂŒber den Tourismus sollte uns zeigen, dass wir uns nicht zu sehr auf das Konzept des konventionellen Reisens verlas-sen sollten. Und gleichzeitig: Als VerbĂŒndete der Hotellerie wollen wir nicht den Teufel an die Wand malen, sondern mit dieser Publi-kation einen Denkrahmen bauen. Und dabei jedem Hotelbetreiber helfen, sich selbst im Spiegel des Wandels zu hinterfragen. Als Ausgangspunkt dafĂŒr haben wir die Beherbergung ins Spiel gebracht. Die Facet-ten des Wandels zeigen, dass die Hoteliers â entlang der damaligen BedĂŒrfnisse der Gesellschaft und damit völlig zu Recht â ein Universum an Convenience-Erfahrungen errichtet haben, das mittlerweile auch zum Anspruch der sogenannten GĂ€ste geworden ist. Wenn wir heute von âBasicâ Hotellerie sprechen, ist Basic so gewaltig viel, dass das Toppen von Basis-Dienstleistungen im Bereich der Höchstleistung anzusiedeln ist. Mit schlicht einem Bett und dem Dach ĂŒber dem Kopf ist niemandem mehr geholfen. Gleichzeitig, das haben wir auch gesehen, nimmt die individuelle FĂ€higkeit des âSich-
Erinnernsâ ab, womit der Haufen an Komfort zu keinem bleibenden Eindruck im Gehirn des Anwenders fĂŒhrt. Es ist schlichtweg zu einem, wie man sagt, Hygiene-Faktor geworden. Und parallel dazu tut sich eine neue, gewaltige und intensive Sehnsucht nach Begegnung und BerĂŒhrung auf. Dabei ist jedoch nicht die touristisch inszenierte Begegnung gemeint, die meistens eventi-siert und gehypt daherkommt. Die nĂ€chste Ski-WM löst nichts. Vielmehr geht es um die schlichte Begegnung zwischen Menschen. Die BerĂŒhrung durch Momente des AuĂer-sich- oder Bei-sich-Seins. Die echte Gelas-senheit.
FĂŒr Hotels bedeutet dies, sich in den neuen Grundbedingungen der gesellschaftlichen Entwicklungen nicht noch mehr zum Alle-Welt-Entertainer auszugestalten. Sondern eher, auf der nĂ€chsten Ebene, die neu definierten Grundbedingungen zu bedienen, ohne sich zu verdrehen. Die Dienstleistung der Beherbergung rĂŒckt wieder ins Zentrum, und die Unterhaltung verschwindet in die RĂ€nder. Die Nacht, das Schlafen und die echte Begegnung mit Menschen sind die Aufgaben, das âWellnessenâ ein Nebeneffekt. Keine Frage: Nebeneffekte haben auch in Zukunft ihre Ă€sthetische Bedeutung. Aber Hoteliers können mehr denn je bei sich selbst anfangen und fragen: Warum? Warum ist es mir wichtig, Gastgeber zu sein? Warum will ich wirklich, dass Menschen hier um mich herum sind? Warum sollte irgendwer ĂŒberhaupt hierherkommen?
Die Rolle des Gastgebers ist es, die in den kommenden Jahren, fernab touristischer Entwicklungen, ins Zentrum gerĂ€t. Denn: Selbst wenn alle touristischen Industrien zum Erliegen kommen, reisen werden die Menschen. Selbst wenn es keine âTourismus-BĂŒrosâ mehr geben wird, werden Hotels gebraucht. Hotels sind vitale Orte einer Zu-kunftsgesellschaft, weil sie Orte des Alltags-lebens geworden sind. Daher aber auch Orte der Nicht-Sensation und des Speziellen. Und
23
weil so viele Menschen reisen, können diese Orte sich um den gestaltenden Menschen herum organisieren. Das Warum fĂŒhrt dazu. Zu beobachten ist auch, wie an vielen ande-ren Orten der Begriff des Gastgebers fremd-benutzt wird, um die zentrale Dienstleistung des âSich-Begegnensâ zu etablieren. Selbst in den Berater-Branchen, wo Gastlichkeit normalerweise keine vordergrĂŒndige Rolle spielt, spricht man immer mehr von der Technik der âArt of Hostingâ. Also der Kunst des Gastgebens.
Die Kunst des Gastgebens fĂŒhrt zum empathischen Hotel
Das âGastgebenâ als Kunst zu bezeichnen, wĂŒrde vielen Hoteliers wahrscheinlich zu weit gehen. Und gleichzeitig ist es genau dies. Auf der nĂ€chsten Ebene ist es die Gastgeber-Rolle, welche eine so ĂŒberbordende Dimen-sion einnimmt und in Kombination mit dem richtigen Ort zur BlĂŒte kommt. Orte sind die Grundlage fĂŒr das âHostingâ, die Kunst kommt durch den Menschen. Im âArt of Hostingâ liegt die Zukunft der Hotellerie und damit der Auftrag an die Hoteliers. Wie will man die Kunst des Gastgebens ausleben,
was ist die spezielle Dimension meiner ganz persönlichen Gastgeber-Rolle? Was sind dann die Mechanismen, die man an das Team ĂŒbertragen kann? Wie und auf welchen KanĂ€len kommuniziere ich mit meinen po-tenziellen GĂ€sten â analog wie digital? Und wie erlebt der Gast diese Kunst, die letztlich zu einer BerĂŒhrung, einer Begegnung fĂŒhren soll? Denn diese menschliche BerĂŒhrung ist es, welche das stabilisierende Element kom-mender Jahre sein wird. Jenseits der Motive des Reisens, jenseits von touristischen Erfol-gen, jenseits von kulturellen HintergrĂŒnden der Reisenden ⊠es ist die BerĂŒhrung, um die es in der âArtâ des âHostingsâ geht.
Damit wird der Ort âHotelâ zum neu ver-standenen Platz fĂŒr BerĂŒhrung. Dies setzt voraus, dass AblĂ€ufe und Logistik (nicht nur) technisch richtig sind, und kaufmĂ€nnisch durchdacht. Es geht um das Hotel als einen âempathischen Ortâ, der spĂŒrt, ahnt, fĂŒhlt, wahrnimmt âŠ, was die Menschen an dem Ort bewegt; und darauf mit einer ausge-prĂ€gten Varianz und ganz persönlichem Stil reagiert. Es geht schlichtweg um das âEMPA-THISCHE HOTELâ, von dem in der Folge die Rede sein wird.
âJenseits der Motive des Reisens etabliert die Kunst des Gastgebens die zentrale Dienstleis-tung der Zukunft: das âSich-Begegnenâ.
Credit: Lizzi Guilbert
24
02
Togetherness
Credit: Hotel Schani
25
Die Konstellation der Reisenden
Eine neue Form von Gemeinschaftlich-keit durchdringt unsere Gesellschaft und verĂ€ndert die Struktur ganzer MĂ€rkte. Kooperationen entstehen an Stellen, an denen sie lange nicht vor-stellbar waren, branchenĂŒbergreifende Kollaborationen bringen wahre Innova-tion, und auch das VerhĂ€ltnis von Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird neu ausverhandelt. Dies birgt eine groĂe Chance fĂŒr einen radikalen Imagewech-sel der Hotellerie- und Gastronomie-Berufe: Mitarbeiter werden plötzlich zu versierten Botschaftern und Hoteliers avancieren zu Kulturarbeitern.
26
Die neue Wir-Kultur
Die Zukunft gehört den âKonnektivenâ. Auch in einer Zukunft, in der lebenslange Bindun-gen an Arbeitgeber, Ehepartner, Religion und Vaterland fast verschwunden sein werden, werden wir trotzdem nicht allein sein. Denn mit anderen zusammenzuarbeiten verspricht in der Regel mehr Erfolg als EinzelkĂ€mpfer-tum. Kurzfristige, pragmatische Bindungen erweisen sich dabei oft als sinnvoller als ewige Treue. Wer allein bestimmen möchte, anstatt kooperative Lösungen zu suchen, wird in Zukunft immer weniger Chancen haben zu bestehen. Das betrifft den Einzel-nen ebenso wie Unternehmen und Organisa-tionen. Gemeinschaftlichkeit â gerade auch kurzfristige, spontane und pragmatische Gemeinschaftlichkeit â wird in Zukunft immer hĂ€ufiger gesucht und organisiert.
Die Grundlage fĂŒr diese Entwicklung und treibende Kraft gleichermaĂen ist die Netzwerkstruktur, die sich ĂŒber die digitale Welt ganz selbstverstĂ€ndlich auch in unseren analogen Alltag ĂŒbertrĂ€gt. Die Art unseres Zusammenlebens definiert sich kĂŒnftig immer mehr ĂŒber eine Netzwerkgesellschaft. Der von dem spanischen Soziologen Manuel Castells geprĂ€gte Begriff der âNetzwerk-gesellschaftâ definiert die Struktur einer globalen Gesellschaft, deren netzförmige Verknotung aus Information, Macht, Technik und Kapital besteht und die â eben durch die Netzwerkstruktur â ein hohes MaĂ an Resilienz aufweist. Das Innovationspotenzial
âThe web is more a social creation than a technical one.TIM BERNERS-LEE, ERFINDER DES INTERNET
erhöht sich dadurch automatisch, da Netz-werke in der Lage sind, Unstrukturiertes zu strukturieren und dennoch FlexibilitÀt zu gewÀhrleisten.
Das Konnektive löst das Kollektive ab
Soziale Innovationen werden die Zukunft prĂ€gen, nicht technische. So lautete bereits vor einigen Jahren die Hypothese des Zukunftsinstituts. Doch hinter den neuen konnektiven Organisationsformen steht auch ein emotionales BedĂŒrfnis: Es gibt eine tiefe Sehnsucht nach gemeinsamen IdentitĂ€ten und nach einer Kultur, die Beziehungen schafft. Dieses neu erwachende Vergemein-schaftungsbedĂŒrfnis kann von Handel und Industrie, von Unternehmen und Betrieben gar nicht ernst genug genommen werden. Sich in der Gemeinschaft selbst wiederzufin-den und nach IdentitĂ€ten zu suchen, die ĂŒber das eigene Ich hinausgehen, wird zu einem zentralen Trend in der Gesellschaft, aber auch auf unseren MĂ€rkten. AuffĂ€llig ist dabei, dass das âKonnektivâ das âKollektivâ abzu-lösen scheint. Kurzfristige, projektbasierte Formen von Gemeinschaft haben in Zukunft bessere Chancen als groĂe, ĂŒberindividuelle Volks- und Schicksalsgemeinschaften.
Zugrunde liegt dem allem eine tiefgreifende Transformation der gesellschaftlichen Grundstrukturen. Im 21. Jahrhundert formiert sich ein völlig neuer Gesellschafts-typus: die bereits erwĂ€hnte Netzwerkgesell-schaft. Die Netzwerkgesellschaft markiert einen fundamentalen Wandel im Verlauf der gesellschaftlichen Evolution. Wagt man einen kurzen RĂŒckblick auf die vergangenen Gesellschaftsstrukturen, so kam nach der archaischen Stammesgesellschaft die traditi-onelle, in Schichten unterteilte Gesellschaft, wĂ€hrend dann bis ins spĂ€te 20. Jahrhundert die moderne Strukturform der funktionalen Differenzierung in klar abgegrenzte Subsys-teme wie Wirtschaft, Politik, Wissenschaft,
27
Recht oder Kunst dominierte. Diese Ăra der separierten Funktionssysteme wird nun abgelöst von einer neuen Ăra der komplexen Netzwerke. âDie Strukturform der nĂ€chsten Gesellschaft ist nicht mehr die funktionale Differenzierung, sondern das Netzwerkâ, schreibt der Soziologe und Systemtheoretiker Dirk Baecker. Mit dieser Netzwerkgesell-schaft entsteht ein neuer Typus, der sich âvon der modernen Gesellschaft unterscheidet wie die ElektrizitĂ€t von der Mechanikâ.Insbesondere die medialen und kommunika-tiven Möglichkeiten der digitalen Vernetzung sorgen heute â und kĂŒnftig immer stĂ€rker â dafĂŒr, dass systemische Trennungen poröser und funktionale Zuschreibungen vielschich-tiger werden.
Dieser Wandel in Richtung KonnektivitĂ€t bedeutet eine enorme KomplexitĂ€tssteige-rung. An den neuen Schnittstellen vormals getrennter Bereiche eröffnet sich aber auch eine FĂŒlle neuer VerknĂŒpfungspotenziale: fĂŒr hybride Organisationsformen und inter-disziplinĂ€re Allianzen, fĂŒr das gemeinsame Erreichen von Zielen und BedĂŒrfnissen, fĂŒr neue Spielarten von Kommunikationssyste-men, die allesamt im Modus des âSowohl als auchâ operieren: sowohl individuell als auch kollaborativ, sowohl ökonomisch als auch ökologisch, sowohl analog als auch digital.
Was bedeutet dies fĂŒr die Hotelbranche? Das Gleiche wie fĂŒr alle anderen Branchen: Das Prinzip der Vernetzung ist das Gebot der Zukunft. Ohne Kooperationen, ohne zumindest punktuelle Gemeinschaft mit Partnern, die die eigenen Angebote noch interessanter machen können, beraubt man sich als Hoteliere oder Hotelier der Zukunft eines entscheidenden Elements: der Stabili-sierung durch FlexibilitĂ€t. Gute Vernetzung ist darĂŒber hinaus immer auch ein Kataly-sator fĂŒr die Sichtbarkeit und Reichweite des Hotels. Dabei gilt es, sich zu ĂŒberlegen: Welche Kooperationen machen fĂŒr mein Hotel Sinn? Welches Image möchte ich an wen kommunizieren, in welcher Region
bin ich angesiedelt und was passiert dort gerade? Möchte ich den wachsenden China-Tourismus bedienen, kann mir punktuell eine in Ăsterreich studierende Chinesin bei Detailarbeit in Sachen beliebter Services mit Rat zur Seite stehen. Ein regelmĂ€Ăiger Umgebungsscan hilft, auch neue Start-ups zu bemerken, die eventuell in das Hotelkonzept eingebunden werden können. Dass dem Prinzip der Kollaboration keine Grenzen gesetzt sind, zeigt die Businessidee der Urbanauts: Hier wird tĂ€gliche Vernet-zung gelebt. Die Grundidee ist so einfach wie genial: Die umliegende Infrastruktur aus Einzelhandel und Service-Anbietern wird beim Projekt Urbanauts im 4. Bezirk in Wien miteinbezogen. Frei nach dem Motto âĂbernachten im Gassenlokalâ wurde in einer ehemaligen Schneiderei ein Hotelzimmer eingerichtet. Das warâs dann aber schon. Oder eben gerade nicht: Der FrĂŒhstĂŒcksraum befindet sich im Kaffeehaus nebenan, das Hamam gegenĂŒber dient als Wellnesszone, die Bar ums Eck als Hotelbar. Weitere âFellowsâ sorgen fĂŒr das WohlgefĂŒhl der GĂ€ste, vom Fitness-Work-out ĂŒber die maĂgeschneiderte Jeans bis zur HeilkrĂ€uter-Kosmetik. www.urbanauts.at
Bietet Raum fĂŒr
die kreative Zusammen-
arbeit: Das Hotel Schani
in Wien
Credit: Hotel Schani
28
Grandhotel Cosmopolis
Das Grandhotel Cosmopolis ist ein gesellschaftliches Gesamtkunstwerk im Augsburger Domviertel und setzt Akzente fĂŒr ein friedliches Zusammenleben in der modernen Stadtgesellschaft. Die dringliche Aufgabe der Unterbringung von Asylbewerbern wird hier verknĂŒpft mit kultureller Vielfalt und vor allem mit einem Angebot zur Teilhabe fĂŒr alle. Es ist ein Ort, der sich aus einer Gemeinschaftsunterkunft fĂŒr Asylbewerber, Ateliers und offenen WerkrĂ€umen sowie einem Hotelbetrieb mit gastronomischen und kulturellen Angeboten zusammensetzt. FĂŒr FlĂŒchtlinge â âHotelgĂ€ste mit Asylâ â sind auf drei Etagen jeweils neun Doppelzimmer und ein Gemeinschaftsraum bereitgestellt. Die HotelgĂ€ste â âHotelgĂ€ste ohne Asylâ â sind am ehesten mit den Nutzergruppen eines groĂstĂ€dtischen Hostels zu vergleichen. Neben den zwölf individuell von KĂŒnstlern gestalteten Doppelzimmern mit Waschgelegenheit gibt es im Erdgeschoss noch weitere Vierbettzimmer. Jeder Einzelne kommt mit unterschiedlichen Vorstellungen und Erwartungen in das Grandhotel. Das indi-viduelle Verhalten kann das weitere Geschehen beeinflussen. Im Mittelpunkt steht der Mensch mit seinen Möglichkeiten, die Welt zu verĂ€ndern.www.faz.net/aktuell/reise/nah/augsburgs-anderes-grandhotel-urlaub-in-utopia-12545764-p3.html
kreislauf 4+5
Die Macht des Ortes spielt auch bei diesem Beispiel, das die Region zu ei-nem flirrenden Hotspot werden lĂ€sst, eine entscheidende Rolle. In ZĂŒrich organisieren kleine EinzelhĂ€ndler und Designer der Innenstadtkreise 4 und 5 alljĂ€hrlich den âKreislauf 4+5â, ein Wochenende der offenen TĂŒr, um das Bewusstsein fĂŒr die im Quartier vorhandene Vielfalt, die lokale IdentitĂ€t und Identifikation zu stĂ€rken. Ăber 80 LĂ€den und Ateliers des Viertels machen gemeinsam auf sich aufmerksam. www.kreislauf4und5.ch
Insiderwissen zur Stadt
Insiderei.com fungiert als Plattform im sozio-kulturellen Bereich. Lokale Insider ermöglichen das authentische Erlebnis einer Stadt. Sie geben einen rein persönlichen Einblick und fĂŒhren den Besucher zu ihren Lieblingsorten. Der Zugang zur lokalen Szene bildet die Grundlage fĂŒr das einzigartige Erlebnis.www.insiderei.com
B E ST P R A CT I C E S
Credit: Grandhotel Cosmopolis
29
âCo-Working, Co-Living, Co-Gardening â ĂŒberall in den groĂen StĂ€dten ent-stehen neue Formen gesell-schaftlicher ReziprozitĂ€t, in denen sich das gewordene Ich um ein werdendes WIR ergĂ€nzt.MATTHIAS HORX
Die neue Wir-Kultur schlĂ€gt sich bereits in der Hotellerie nieder: Das Hotel Schani in Wien ist das erste Co-Working-Hotel Ăster-reichs. Das Hotel bietet einen vollwertigen Co-Working Space, der in die Hotellobby integriert ist.
Stefan Rief, Leiter Competence Center âWorkspace Innovationâ bei Fraunhofer IAO, betont die Wichtigkeit, das Konzept an die konkreten Rahmenbedingungen vor Ort anzupassen: âDas Ziel war es, die Lobby zu einem neuen Erlebnisraum zu machen und das erfolgreiche Konzept des Co-Working in die Hotellerie einzubinden.â Durch eine umfassende Befragung der GĂ€ste konnte ein passgenaues Konzept entwickelt werden. Beispielsweise geht die HĂ€lfte aller GeschĂ€ftsreisenden (46%) im Hotel hĂ€ufig geschĂ€ftlichen TĂ€tigkeiten nach. Die daraus resultierenden WĂŒnsche: neben einer Ar-beitsmöglichkeit im Zimmer vor allem auch Arbeitsangebote im Bereich der Lobby.
Somit können die Co-Worker im Hotel Schani Wien in der Lobby, im Co-Working Space, auf der Galerie, im Garten oder in der NĂ€he der Bar arbeiten. Co-Worker haben auch die Möglichkeit, die FrĂŒhstĂŒcks- und Mittagsangebote in Anspruch zu nehmen. âNachdem eine unserer Hauptzielgruppen GeschĂ€ftsreisende sind, möchten wir mit der Co-Working-Lobby ihre AnsprĂŒche ĂŒbertref-fen und ihnen die Möglichkeit geben, sich mit lokalen Co-Workern auszutauschenâ, erklĂ€rt Mag. Benedikt Komarek, GeschĂ€fts-fĂŒhrender Gesellschafter Hotel Schani Wien, in einer Pressemitteilung. www.hotelschani.com/fileadmin/Pressetexte/141008_Pressein-fo_Hotel_Schani_Coworking.pdf
Wohnzimmer-AtmosphĂ€re herrscht auch im Ace Hotel in New York City, in dem sich eine nicht geplante Co-Working-Kultur etabliert hat. Betritt man das Hotel, dessen Lobby recht dunkel ist, erblickt man viele kleine, hell erleuchtete angebissene Ăpfel, die ĂŒber einem ĂŒberdimensional groĂen Tisch zu
schweben scheinen. Die Lobby ist ganztĂ€gig mit jungen oder jung gebliebenen Leuten gefĂŒllt, die ihrer digitalen Arbeit nachgehen. Hier hat der Ort das Konzept ĂŒber die Nut-zung der Menschen selbst entwickelt â offene RĂ€ume zu schaffen, ohne ein detailliertes Nutzungskonzept dahinter, kann auch eine Option sein.
Kooperationen in der KĂŒche
Das Image des Kochs hat bereits seit gerau-mer Zeit einen Wandel durchlaufen und dadurch heute so viel Glamour wie nie zuvor. Die âjungen Wildenâ stehen fĂŒr eine neue Koch-Generation, die ganz nach dem Motto âfirst, break all the rulesâ die hierarchisch und konservativ geprĂ€gte Welt der Gastrono-mie auf den Kopf stellt. Hochglanzmagazine wie das Rolling Pin, die den Koch-Award âJunge Wilde â Europas spektakulĂ€rster Koch-Awardâ ins Leben gerufen haben, tragen stark zu einem neuen SelbstverstĂ€nd-nis der juvenilen Koch-Generation bei. Das âMagazin fĂŒr echte Helden der Gastronomie und Hotellerieâ zeigt: Gastronomie kann cool sein, archaisch, aber auch kunstvoll und kreativ. www.jungewilde.eu
30
Design und Kulinarik scheinen artverwandt, geht es doch in beiden FĂ€llen um individu-ellen Geschmack und (Gaumen-)Freude an Ăsthetik. Und doch gibt es erst jetzt Kreationen, die von Köchen und Designern gemeinsam konzipiert werden. Alain Du-casse, eine lebende Legende der Koch-Elite, kreierte gemeinsam mit dem Grafikdesigner Pierre Tachon einen dekadenten Chocolate Christmas Tree. Das essbare Kunstwerk ist mit NĂŒssen und kandierten FrĂŒchten bestĂŒckt und kann selbst zusammengebaut werden â entweder in der Milchschokola-den- oder âDark Chocolateâ-Variante.
Anordnung der Kreationen auf dem Tel-ler, Geschmacksexplosionen, die durch die bewusst und akribisch ausgesuchten Zutatenkombinationen erreicht werden: Ein Koch ist im ursprĂŒnglichsten Sinne KĂŒnstler, der, sein Handwerk beherrschend, Neues schafft.Dies lĂ€sst Parallelen zu Designern erken-nen, die sich ebenfalls viele Gedanken ĂŒber die QualitĂ€t von Materialien, Anordnungen und (Farb-)Kombinationen machen. Somit ist es alles andere als abwegig, dass sich die beiden naheliegenden Bereiche âHigh Fa-shionâ und âHaute Cuisineâ immer hĂ€ufiger zu neuen, spannenden Rendezvous treffen. Die Zielgruppe sind diejenigen, die ein hoher Sinn fĂŒr Design sowie WertschĂ€tzung fĂŒr wirkliche QualitĂ€t eint.
Das Beispiel zeigt: Ăber neue Kooperati-onen entstehen neue Kreationen. Cross Innovation (diszplinĂŒbergreifende Zusam-menarbeit) wird in unterschiedlichsten Branchen praktiziert â auch in der KĂŒche, die von einem klassisch durchstrukturierten Ort so zu einem Kreativ-Lab werden kann. Das bedeutet nicht, dass Chaos und WillkĂŒr herrschen, sondern schlicht, dass sich die Grenzen der Gerichte-Fantasien immer mehr auflösen. Das Prinzip des Netzwerkes ruft auch hier: Weg von der Abgrenzung, hin zur Koopera-tion.
Der Mitarbeiter als Gast der Zukunft
Wie geht es der Hotellerie und Gastronomie in Zeiten, in denen der Begriff âFachkrĂ€fte-mangelâ in vielen Branchen schon lange kein Jammern auf hohem Niveau mehr bedeutet? Die Antwort: Es sah schon einmal besser aus. Fangen wir mit den negativen Punkten an: Neben dem allgegenwĂ€rtigen demographi-schen Wandel, der hohen Fluktuation und den Qualifizierungsdefiziten hat die Branche ein Imageproblem als Arbeitgeber, was unter anderem zu sinkenden Zahlen im Berufs-nachwuchs fĂŒhrt.
Der Hotelier muss deshalb immer hĂ€ufiger zum Unternehmer werden, der auf gezieltes Recruiting, attraktives Arbeitgebermarketing sowie schlĂŒssige und nachhaltige Konzepte zur Personalentwicklung und Mitarbeiterbin-dung setzen muss. Dabei kann die Bandbreite groĂ sein: Es kann fĂŒr das kleine Hotel in der Region Sinn machen, einzelne Elemente zu verĂ€ndern, fĂŒr die internationale Hotelkette dagegen, eine komplett neue HR-Strategie zu entwickeln â oder andersherum. Die Möglichkeiten, den âFachkrĂ€ftemangelâ in der Branche als Motor fĂŒr echte VerĂ€nderung zu sehen, sind vielfĂ€ltig und bringen den positi-ven Aspekt der Herausforderung mit sich.
Um dies zu fördern, wurde der Hospitality HR Award ins Leben gerufen. Unter dem Motto âGemeinsam gegen den FachkrĂ€f-temangelâ werden Preise fĂŒr nachhaltiges HR-Management in der Hotellerie verliehen. Im Jahr 2015 wurde die Auszeichnung in MĂŒnchen zum dritten Mal an vorbildliche Arbeitgeber aus der deutschsprachigen Hotelbranche vergeben. Zu den PreistrĂ€gern zĂ€hlten die Steigenberger Hotel Group, die Spa Therme Blumau, die Best Wellness Hotels Austria sowie das Grandhotel Hessi-scher Hof. âDie herausragenden Arbeitgeber â und dazu zĂ€hlen nicht nur die Gewinner eines Jahres â nutzen den Award zunehmend als Plattform,
31
Die Basis gemeinsamen Arbeitens erfordert vor allem eines: echte Kommunikation
âDie Zeit ist ĂŒberreif fĂŒr einen Umbruch â unbedingt weg vom diktatorischen FĂŒhrungsstil, hin zu Teambuilding, Eigenverantwortung und kreativen FreirĂ€umen.JOHANNES ROITHER, GASTRONOM
Credit: Pexels
32
um sich inner- und auĂerhalb der Branche auszutauschen und das Image der Hotellerie nachhaltig zu verbessern. Das ist genau das, was unsere Branche ĂŒber alle MaĂen brauchtâ, so Sylvie Konzack, Chefredakteurin des Fachmagazins first class.www.hospitality-award.de/presse.html
Vertrauen ist der Treibstoff, Kontrolle das Gift
Auch wenn diese These in den Ohren vieler Hoteliers wie idealistischer Unfug tönen mag, unter humanistischen Ge-sichtspunkten ist Vertrauen die Basis einer funktionierenden Beziehung â sei diese privat oder geschĂ€ftlich. Und in unserer
immer komplexer werdenden Welt ist ein allumfassendes Kontrollsystem ohnehin nicht mehr möglich. Wieso fĂ€llt es vielen Vorgesetzten dennoch so schwer, ihren Mitarbeitern genĂŒgend Freiraum zu geben, um sich selbst entfalten und beweisen zu können? âAuch wenn die Verlockung groĂ ist, sich in unsicheren Zeiten möglichst genau an Messbarkeiten zu orientieren, ist das SchlĂŒsselwort fĂŒr einen erfolgsverspre-chenden Weg in die Zukunft: Vertrauenâ, schreibt Franz KĂŒhmayer im Leadership Report 2014. Leichter gesagt als getan? In der Praxis könnten erste AnsĂ€tze zur Um-setzung folgendermaĂen aussehen, schreibt KĂŒhmayer: âUm Vertrauen in der Praxis als Leitprinzip zu etablieren, muss es begleitet werden durch klare Kommunikation zu
Credit: Pexels
33
âUnsere Mitarbeiter bringen Freundlichkeit, Servicebe-reitschaft, Kompetenz und SpaĂ an der Dienstleistung mit. Es ist eine unserer wich-tigsten Managementauf-gaben, sie fĂŒr Motel One zu begeistern. Unverzichtbar sind dabei die Schlag-worte Kommunikation und Motivation.DIETER MĂLLER, GRĂNDER MOTEL ONE
gesteckten Zielen und ein Performance-Ma-nagement, das die Erreichung dieser Ziele einfordert. Dazu gehört wertschĂ€tzendes, offenes Feedback, ehrliches Ansprechen von zu geringen Leistungen, aber auch gemeinsames Lernen aus Fehlern.âBetrachtet man die Arbeiterstruktur wieder in Form eines Netzwerkes, dann ist die FĂŒhrungskraft der Zukunft der Knoten im Beziehungsnetzwerk mit den meisten Verbindungen.
Die FĂŒhrungskraft ist kĂŒnftig also kein unnahbares Wesen an der Spitze einer Hierarchie-Pyramide, sondern definiert sich ĂŒber die Rolle, die sie aus der Mitte des Betriebes erfĂŒllt.
Die Zukunft der Lehrlinge
Neue Lehrkonzepte in den Tourismusschu-len greifen diesen Trend bereits auf. Soll sich das Image der Branche verbessern, muss an der Wurzel angesetzt werden: der Ausbildung. Die gröĂte Herausforderung innerhalb von Hotelbetrieben besteht im Moment jedoch darin, motiviertes Personal zu finden, wie etwa der drastische RĂŒckgang der Lehrlingszahlen in der Tourismusbran-che zeigt. 2007 waren noch 14.818 Lehrlinge in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Ăsterreich angestellt, 2014 waren es nur noch 9.646. Dasselbe Bild zeigt sich in Deutsch-land: Die Gesamtzahl der Auszubildenden im Gastgewerbe lag 2007 bei 107.041, 2014 waren es nur noch 58.757.
34
Der Lehrlingsmonitor 2015 des Ăsterreichi-schen Instituts fĂŒr Berufsbildungsforschung wurde auf Basis von 6.500 befragten Lehr-lingen im November 2015 veröffentlicht und kam zu dem Ergebnis, dass erhebliche Defizite im Bereich der Berufsausbildung in Ăsterreich bestehen. Die Lehrlingsbe-rufe Hotel- und Gastgewerbeassistent, Gastronomiefachmann/-frau, Koch/Köchin, Restaurantfachmann/-frau gelten als die am schlechtesten bewerteten Ausbildungsberufe im ganzen Land. Jeder zweite Lehrling sagt, dass er wĂ€hrend der Lehrzeit mindestens einmal ĂŒber einen Ausbildungsabbruch nachgedacht hat. Jeder zweite Lehrling gibt
zudem an, dass in der Ausbildung nicht auf seine Neigungen und Interessen eingegan-gen wird. Zwei von fĂŒnf Lehrlingen sehen ihren Ausbilder nur manchmal oder kennen ihn gar nicht. Ein Ă€hnlich hoher Anteil bekommt nur kaum oder gar keine RĂŒckmel-dung zum Ausbildungsfortschritt.
Die Unzufriedenheit und der Mangel an Auszubildenden ist eine Problematik, die die Hotelbranche stark zu spĂŒren bekommt, wie auch der Anteil an offenen Lehrstellen 2014 in Deutschland zeigt: Bei der Ausbildung zum Restaurantfachmann/-frau waren 2014 volle 34,4 Prozent der AusbildungsplĂ€tze unbesetzt (BIBB-Erhebung 2014). Die Hotel- und Gastrobranche sucht also hĂ€nderingend nach NachwuchskrĂ€ften. 14 Hotelbetriebe aus der Hochsauerlandregion haben 2015 entsprechend reagiert und den Gastrono-mietag âKostbarâ ins Leben gerufen, mit dem Ziel, neue, motivierte Mitarbeiter zu gewin-nen. Der Name ist Programm: âEs geht um das Kostbarste, was ein Betrieb hat, nĂ€mlich seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.â
Die Anforderungen der âYoung Generationâ sind jedoch hoch. Ein ehrliches, positives Firmenimage, eine gute AtmosphĂ€re und QualitĂ€t sind fĂŒr die âYoung Generationâ ausschlaggebend. In Zeiten immer weniger Lehrstellensuchender stellt sich die Frage: Bin ich als Lehrbetrieb ĂŒberhaupt attraktiv? Und was kann ich tun, um es zu werden oder zu bleiben? Eine erste wichtige Erkenntnis ist, dass AuthentizitĂ€t, Offenheit und In-novationsgeist fĂŒr die âYoung Generationâ wichtig sind. Sie will gefordert und gefördert werden, sich dabei aber sicher fĂŒhlen. Wer dies interessierten Kandidaten vermitteln kann, kann auch mit einem höheren Zulauf an Bewerbungen rechnen.
In den skandinavischen LĂ€ndern wird bereits in mehreren Betrieben durch die EinfĂŒhrung des Sechs-Stunden-Tages auf das BedĂŒrfnis nach Work-Life-Balance reagiert. Seit Feb-ruar 2015 ist in dem stĂ€dtischen Altenheim
âStĂ€ndige VerĂ€nderungen machen die Tourismus-wirtschaft zu einem der spannendsten Wirtschafts-bereiche ĂŒberhaupt. Aber gleichzeitig auch die Not-wendigkeit theoretischen RĂŒstzeuges. Eine fundierte Ausbildung ist der Erfolgs-garant fĂŒr vielseitige berufliche Herausforde-rungen und kommende VerĂ€nderungen.DR. PETRA STOLBA, GESCHĂFTSFĂHRERIN ĂSTERREICH WERBUNG
B E ST P R A CT I C E S 35
Junge Chefs
Den Auszubildenden bewusst Verantwortung zu ĂŒbertragen ist das Konzept des Welcome Hotels Pader-born. Im Zuge des in den USA weit verbreiteten âBoss Dayâ wurden den Azubis fĂŒr eine Woche alle Aufgaben, die im TagesgeschĂ€ft des Hotels anfallen, ĂŒbertragen. Das Ziel war es, eine pra-xisorientierte Ausbildung hochzuhalten und den Azubis von Beginn an Ver-antwortung zu ĂŒbertragen, den Kontakt zum Gast zu fördern und den Teamgeist zu stĂ€rken.
Integrative Hotellerie
Um Verantwortung, und zwar soziale, geht es dem âVerbund der Embrace Hotelsâ, be-stehend aus 43 Hotelbetrieben. Menschen mit Behinderung sollen aktiv in den Hotel-betrieb integriert und beschĂ€ftigt werden und dadurch die Begegnung von Menschen
mit und ohne Behinderung fördern, ganz nach dem Motto: âAm Anfang von Embrace steht die Idee, die Welt nicht in Gewinner und Verlierer zu teilenâ â Hotelbetriebe mit einem sozialen Mehrwert.
Credit: Pexels
36
Svartedalen in Göteborg die Arbeitszeit auf sechs Stunden reduziert worden â bei vollen BezĂŒgen. Erste Untersuchungen haben Mitte Oktober 2015 ergeben, dass neben positiven ökonomischen Auswirkungen die Pfleger sich als gesĂŒnder, weniger gestresst und glĂŒcklicher empfinden, mit entscheidenden Auswirkungen auf die PflegebedĂŒrftigen, die sich gleichzeitig besser betreut fĂŒhlen.
Die Folge: Hochqualifiziertem Hotelpersonal, mit Aus- und Weiterbildungen als zentralem Fundament, kommt eine groĂe Bedeutung zu. Der Erfolg eines Hotels steht und fĂ€llt also mit dessen Mitarbeitern. Dieser Meinung ist auch Hotelmanagerin Katharina Pirktl vom âAlpenresort Schwarzâ: âDie Mitbestimmung der Angestellten ist fĂŒr FĂŒhrungskrĂ€fte kein Bremsklotz, sondern ein Motor fĂŒr Gestal-tungskraft und Zufriedenheit: Wer sich ein-bringen darf, ist zufrieden. Wer zufrieden ist, der bindet sich langfristig an einen Betrieb und transportiert dieses GefĂŒhl auch nach auĂen und vor allem zu unseren GĂ€sten.â (PUR, Ausgabe 2015)
Es genĂŒgt aber nicht, nur die Frage nach den Anforderungen der Auszubildenden gegenĂŒber dem Hotelmanagement zu stellen, sondern auch umgekehrt. Welche Anforderungen und Vorstellungen hat das Hotelmanagement an die Auszubildenden von heute und in Zukunft?
Anforderungen heute
Der Lehrling soll im Betrieb gut ausgebildet werden, wirtschaftlich rentabel sein und gut geeignet. Beruf und Privates sind streng voneinander getrennt. BildungsansĂ€tze wie die duale Ausbildung oder das duale Studium sind bereits weit verbreitet. Durch das Verbinden von Theorie und Praxis wird die Berufsausbildung bereits perfektioniert. Als neueste Entwicklung im Bereich des Bildungsangebots gilt jedoch das âtriale Studiumâ â nach dem Motto: âEin Studien-
programm â drei AbschlĂŒsseâ. Eine der ersten Hochschulen, die âtriale StudiengĂ€ngeâ anbieten, ist die Hochschule Niederrhein. Seit dem Wintersemester 2015/2016 bietet sie das triale Studium âHandwerksmanage-ment BWLâ an. In fĂŒnf Jahren erwerben die Studierenden den Gesellenbrief, einen Meisterbrief und den Bachelorgrad (B.A., Bachelor of Arts).
Anforderungen in Zukunft
Der Lehrling wird zum gefragten Mitarbeiter zwischen den SphĂ€ren Wissen und Hand-werk und zur wesentlichen Kraft im Unter-nehmen am Ăbergang zwischen Produktion und Anwendung von Wissen â das Image eines âAllroundersâ. Heutzutage wird Bildung noch als zentrales Element einer Zukunftsgesellschaft betrach-tet. Doch wir brauchen neben einer Horde totaler Spezialisten auch âAllrounderâ, die sich der volatilen Arbeitslandschaft anpassen können. Speziell in der Hotelbranche ist der âAllrounderâ die Fachkraft der Gegenwart und der Zukunft. Dies zeigt sich auch in der Art und Weise der Ausbildung in der Hotel-branche. WĂ€hrend der Ausbildung durch-lĂ€uft ein Azubi alle Bereiche eines Hotels, vom Room Service ĂŒber den Front Desk bis zum Management â es wird deutlich: Der âAllrounderâ ist gefragt. Und die Branche in ihrer Grundstruktur bestens dazu geeignet, diesen âAllrounderâ auszubilden.
37
TRENDPROGNOSE
Das Prinzip des Netzwerks bildet die Basis unserer zukĂŒnftigen Interaktionen: sowohl digital als auch analog. Dies fĂŒhrt zu einem neuen Mindset und Wandel im Miteinander. Brancheninternes und -externes Konkurrenz-denken macht in einer globalisierten Welt keinen Sinn mehr, wĂ€hrend gute Vernetzung die Sichtbarkeit und Reichweite stark erhö-hen kann. Hoteliers der Zukunft können sich diesen Strukturwandel zu eigen machen, indem sie neue Kollaborationen eingehen und sich dadurch neu erfinden â ohne ein zu hohes Risiko einzugehen. Und sie können der Hotellerie- und Gastronomiebranche zu einem neuen SelbstverstĂ€ndnis verhelfen: Wenn die Mitarbeiter als kreative Allrounder auf Augen-höhe die Kernbotschaft des jeweiligen Hotels nach auĂen tragen, werden die Hoteliers in Zukunft zu wahren Kulturarbeitern.
38
Identity
03
Credit: Unsplash Mariya Georgieva
39
Die IdentitÀt(en) der Reisenden
Wir leben in einer hochindividualisier-ten Welt, was zur Folge hat, dass der Einzelne vor der Herausforderung der freien Wahl steht â in so gut wie allen Lebensbereichen. Eine Lösung, die sich als Kulturtechnik immer weiter aus-formt, ist das leichtfĂŒĂige Wechseln zwischen den IdentitĂ€ten der Wahl. Milieuzuschreibungen werden des-halb von Lebensstilen abgelöst, die eine neue Sicht auf die fragmentierte Lebenswelt des integrierten Individu-alismus werfen. Doch wie definiere ich meine Zielgruppe, wenn der Gast der Zukunft ein âIdentitĂ€ten-Hopperâ ist?
40
Die IdentitÀten-Vielfalt des Einzelnen
Wir leben in einer hochindividualisierten Gesellschaft: Jeder kann sein Leben nach seinen persönlichen Vorstellungen gestal-ten. Noch nie waren wir so frei, was unsere Konsumentscheidungen oder die Gestaltung unserer freien Zeit angeht. Und nie gab es mehr Optionen. Die Folge ist eine neue Viel-falt an Lebensstilen und Formen des Zusam-menlebens sowie unzĂ€hlige neue Produkte und GeschĂ€ftsmodelle. Mit zunehmender Individualisierung wĂ€chst aber nicht nur der Wunsch nach Selbstverwirklichung und Abgrenzung vom Mainstream. Gleichzeitig mĂŒndet der Megatrend Individualisierung in neuen sozialen Bewegungen, Szenen, Communities und Familienmodellen jenseits alter Konventionen. Diese VervielfĂ€ltigung von Lebensformen ist Auslöser fĂŒr ein Be-wusstsein von unterschiedlichen IdentitĂ€ten, abhĂ€ngig von Situation und Kontext. â
Fluide Lebenskonzepte fĂŒhren zu einer Vielfalt an IdentitĂ€ten.
Die Zielgruppe ist tot, der Nachfolger heiĂt Lebensstil
Der Hotelier kann sich nun berechtigter-weise die Frage stellen: Wer ist kĂŒnftig mein Gast, wenn der Einzelne kaum noch einzu-ordnen scheint? Was ist meine Zielgruppe? Sich diese Frage als Hotelier zu stellen liegt nahe, und doch ist sie praktisch nicht mehr zuverlĂ€ssig beantwortbar. Zu viele âIdenti-tĂ€ts-WĂŒnscheâ stecken im Einzelnen, die in unterschiedlichen Phasen auch ausgelebt werden möchten. FĂŒr die Marketingstrate-gie bedeutet das: umdenken. Zwar waren sogenannte Zielgruppen lange elementarer Teil eines fundierten Marketingkonzeptes, doch immer hĂ€ufiger gilt: Die Zielgruppe ist tot. Ihr Nachfolger: der Lebensstil.
Nehmen Sie zur Veranschaulichung folgende Beschreibung zweier Menschen: Sie sind im selben Jahr in England geboren, sind geschieden, haben wieder geheiratet. Ihre Kinder sind erwachsen und ihr Vermögen ist betrĂ€chtlich. Beide sind sehr populĂ€r. Die gleichen sozio-demografischen AusprĂ€gun-gen liegen also auf der Hand. Sie bilden eine âZielgruppeâ. Und könnten unterschiedlicher nicht sein. Bei den beiden beschriebenen Personen handelt es sich nĂ€mlich um Prince Charles und Ozzy Osbourne.
Das bedeutet, dass der Einzelne einen facet-tenreichen Lebensstil lebt, dass er unterschied-liche BedĂŒrfnisse pflegt. Das Ă€uĂert sich im Reise- und Konsumverhalten gleichermaĂen. FĂŒr eine Abgrenzung von Gruppierungen, die die gesamte LebensfĂŒhrung berĂŒck-sichtigt, boten ĂŒber viele Jahre die âsozialen Milieusâ einen geeigneten Zugang. Je nachdem, in welchem Viertel, in welchem Umfeld (soziales Milieu) jemand aufwĂ€chst, bekommt er bestimmte Einstellungen, Verhaltensweisen und kulturelle Vorlieben mit auf den Lebensweg, so die These und beobachtete Praxis. Diese PrĂ€gungen drĂŒck-ten sich dann auch im Alltag aus: im Klei-dungsstil, der Wohnungseinrichtung oder
Als ökonomisches Prinzip hat die Indivi-dualisierung daher auch bereits massiven Einzug in die MĂ€rkte gefunden. Indem sich Individualisierung in Produkten und Dienst-leistungen manifestiert, ist IdentitĂ€t kein abstrakter Begriff mehr, sondern lĂ€sst sich vermarkten. Wer sich nicht nur sein Genom analysieren lĂ€sst, sondern es auch als Kunst-werk im Wohnzimmer aufhĂ€ngt oder sich aus einer Fotografie via 3-D-Drucker eine BĂŒste produzieren lĂ€sst, versteht IdentitĂ€t lĂ€ngst als greifbaren und darstellbaren Wert. Produkte mĂŒssen heute zum Lifestyle passen, zur eige-nen Persönlichkeit und IdentitĂ€t. Einzigartig-keit wird zum Muss, Standardisierung wird verdrĂ€ngt. Aus ökonomischer Sicht bewegen wir uns in eine Unikatsgesellschaft.
41
der ErnĂ€hrung. Eine direkte Anwendung der Milieuforschung fĂŒr die Marketingpraxis findet sich in den Sinus-Milieus.
Vor dem Hintergrund des Megatrends Indivi-dualisierung jedoch verliert die Milieuzuge-hörigkeit an Bedeutung. Was sagt die Katego-rie Einkommen aus, wenn beispielsweise der âPerformerâ (Sinus-Milieus) beschlieĂt, vom Beruf des renommierten Herzchirurgen zu dem des Lkw-Fahrers zu wechseln, so wie der Schweizer Dr. Markus Studer? Was bedeutet Bildung, wenn Schul- oder Studienabbrecher wie Mark Zuckerberg in kĂŒrzester Zeit Mil-liardĂ€re werden können? Sicher sind solche exponierten Persönlichkeiten die Ausnahme, doch in abgeschwĂ€chter Form werden eben ĂŒberall die Ausnahmen zur Regel.
In Abgrenzung zu Milieus, die sich â wie es frĂŒher Norm war â durch soziale Herkunft bilden, ist der Lebensstil selbst gewĂ€hlt. Er betont die Freiheit des Menschen, zu leben, wie er möchte. Eine Grundbedingung, damit sich Lebensstile bilden können, ist ein gewisser Grad an Wohlstand. Wer in Armut lebt und weder Geld noch Zeit fĂŒr eine selbstbestimmte Freizeitgestaltung hat, kann nur schwer einen bestimmten Lebensstil zum Ausdruck bringen. FĂŒr die westlichen Industriestaaten liegt die Herausforderung vielmehr nicht mehr darin, neue Freiheits-grade zu erkĂ€mpfen, sondern die bestehen-den mit Sinn und Inhalt zu fĂŒllen.
Die gewonnene Freiheit zur Wahl ist al-lerdings auch der Zwang zur Wahl. Das ist gewissermaĂen die groĂe Zumutung der Moderne. Jede Entscheidung fĂŒr etwas ist auch eine Entscheidung gegen etwas. Das ist der Grund, warum wir als Individualisten ganz gern einem Lebensstil folgen â auch wenn uns dies nicht immer bewusst ist. Die ErklĂ€rung liefern die Soziologen Stefan Hra-dil und Annette Spellerberg: âLebensstilen kommt die Funktion zu, individualisierten Menschen im schnellen sozialen Wandel Orientierung und Gemeinsamkeit zu bieten.â
Das Internet und der Megatrend Konnekti-vitĂ€t haben im Prozess der fortschreitenden Individualisierung eine neue Raketenstufe gezĂŒndet. Kein anderes Medium hat je zuvor dem Menschen einen so groĂen Zugewinn an Autonomie und so viele Optionen zum Ausdruck der eigenen IdentitĂ€t gegeben, sei es auf der persönlichen Homepage, auf Facebook oder als YouTube-Video. Dadurch passiert etwas Neues: Wir, die wir alle posten, liken und sharen, werden plötzlich zum Betrachter des eigenen Selbst. Wir erfahren uns in unserer Facettenhaftigkeit und lernen, dass die vielen Teile unseres Selbst, unsere IdentitĂ€t, gestaltbar sind.
Die Gesellschaft differenziert sich so in unendliche Special-Interest-Gruppen aus. Wer mit offenen Augen durch eine Zeit-schriftenhandlung am Bahnhof schlendert, sieht die Macht dieser Differenzierung. Allein 20 Tattoo-Magazine in unterschied-lichen AusprĂ€gungen richten sich an ihre Special-Interest-Leserschaft und bedienen die beiden Ur-TriebkrĂ€fte des Menschen. Das Streben nach IndividualitĂ€t â und nach Gemeinschaft. Das Verlangen nach Abgren-zung â und nach Zusammengehörigkeit. Das bedeutet also: Den Gast gibt es nicht mehr, denn so individuell wir sind, so gerne wechseln wir unsere IdentitĂ€t â zumindest
Lebensstile definieren sich nach
WĂŒnschen und Werten und haben
mit dem Alter in Zukunft
nichts mehr zu tun
Credit: Pexels
42
punktuell. Die Lust am Ausprobieren spiegelt sich dann auch in der Reisedestination des Einzelnen wider. Mal ruft der Berg und es werden die Wanderstiefel ĂŒbergestĂŒlpt, gerade auch bei jĂŒngeren Leuten nach wie vor ein Trend. Mal ist die Sehnsucht prĂ€sent, sich von der DrehtĂŒr eines Grand Hotels in den Glanz vergangener Tage katapultieren zu lassen, und mal ruft der kosmopolitische Chic des urbanen Boutique-Hotels. Alles gleichzeitig bedienen zu wollen ist offen-sichtlich nicht möglich. Deshalb ist es umso wichtiger, das Profil der eigenen Unterkunft, mit allem was dazugehört â Umgebung, Mitarbeiter, Serviceangebote â, so zu schĂ€r-fen, dass fĂŒr den Einzelnen das Angebot einer Optionswelt deutlich erkennbar wird, in welche er eintauchen möchte.
Individualisierung definiert eine Kultur der freien Wahl. Davon profitieren einige, viele scheitern aber auch daran, denn frei wÀhlen will gelernt sein. Deshalb kann der Hotelier oder die Hoteliere der Zukunft dem
Gast entgegenkommen, in dem er oder sie Optionswelten anbietet.
Optionswelten schaffen
Der Gast möchte in Zukunft in einer vertrau-ten Welt ankommen oder in einer (noch) fremden abheben. Er möchte andere Leben austesten, wie der ErzĂ€hler in Max Frischs Roman âMein Name sei Gantenbeinâ, der in seiner Wohnung sitzt und die Lebensge-schichten anderer Menschen anprobiert wie Kleider. Die Faszination, gedanklich in andere Rollen zu schlĂŒpfen, gibt es schon lange, die Möglichkeiten, dies tatsĂ€chlich auch zu tun, sind heute jedoch so vielfĂ€ltig wie nie zuvor.Die folgende Zusammenfassung zeigt die hĂ€ufigsten und beliebtesten der heutigen IdentitĂ€ten, inkl. der UnterkĂŒnfte, die die passenden ReflexionsflĂ€chen erzeugen. Diese ReflexionsflĂ€chen sind wie Spiegel, in denen die ausgewĂ€hlte Kleidung betrachtet, an- und ausprobiert werden kann.
Das Besichtigen von kulturellen Einrichtungen wie Museen und Theatern, Sightseeing und Shopping, der Besuch von CafĂ©s und Restaurants, Bars und Clubs: der âStĂ€dte-Entdeckerâ ist ein energetischer Pionier, der Freude an Neuem hat. Die kreative Viel-falt, die der urbane Raum zu bieten hat, lockt Genie-Ăer und Kenner, um bereits Bekanntes wiederzufin-den oder sich von noch nie Gesehenem ĂŒberraschen zu lassen. âStĂ€dte-Entdeckerâ gehören meistens den Mitte bis Ende (noch kinderlosen) 30-JĂ€hrigen an oder den sogenannten Best Agern â jener Kategorie der âjungen Altenâ ĂŒber 50.
â ICH KOMME AN. â ICH HEBE AB.
Der âStĂ€dte-Entdeckerâ
Credit: Pexels
43
âAn alle High Potentials und Key Performer, Global Player und Opinion Leader, an Deep Diver und Innovation Driver. An alle Indoor Stepper und Power Napper, alle Urban Gardener und Facebook-Farmer, an alle Laufband-LĂ€ufer und Proteindrink-Trinker. Alle Insider und Upgrader. An all euch MeilenmillionĂ€re. Macht erst mal ohne mich weiter. GrĂŒĂe von drauĂen.âDie Werbung der Sportbekleidungsmarke Schöffel spricht alle an, die in ihrem Alltag viel leisten, einiges von sich erwarten, beruflich wie privat â und mittlerweile doch so klug sind, nicht in die klassische Burnout-Falle zu tappen. Die Kraft finden, indem sie âmal raus sindâ. Raus aus dem urbanen, tech-nologisch-digitalen Umfeld, aus BĂŒrorĂ€umen mit meistens viel zu lauten Kollegen und viel zu wenigen echten Pausen, aus ĂŒberhitzten Fitness-Studios oder engen Autos. Hinein in die Natur. Der Wald, der Berg dient dann als groĂer Spielplatz, die Erkundung des offenen Raumes als Abenteuer.
Die prĂ€ferierten UnterkĂŒnfteSelbstversorgerhĂŒtte im abgelegenen WaldstĂŒck, holistischer Vital-Hotelbetrieb auf Haubenniveau â beide vermeintlich gegensĂ€tzlichen Arten des Aufenthaltes ver-bindet die Möglichkeit der RĂŒckbesinnung des Einzelnen auf sich selbst. Alles steht im Zeichen von QualitĂ€t: QualitĂ€tszeit beim Mountainbiken oder der Massage, Quali-tĂ€tseinrichtung in Form von natĂŒrlichen Materialien wie Holz, QualitĂ€tsessen durch regionale und frische Lebensmittel. Die familiengefĂŒhrte Pension ist dabei ebenso attraktiv und beliebt wie der Bauernhof. Letzterer ist zunehmend ein beliebtes Ziel fĂŒr Familien mit kleineren Kindern, die sich an Tieren und Matsch erfreuen.
â ICH KOMME AN.
Der âIch bin rausâ- Typ
Credit: Pexels
44
Einmal âGrande Dameâ spielen, sich einmal fĂŒhlen wie ein Hollywood-Schauspieler aus einer frĂŒheren Zeit. Auch wenn hier ĂŒberspitzte Klischees bemĂŒht werden, so hat das Grand Hotel in unserer Zeit einen sehr speziellen Stellenwert. Etikette und klare hierarchische Einordnungen geben einen Rahmen vor, der von jenen geschĂ€tzt wird, die diesen im Alltag vermissen. Hinzu kommt der verlĂ€sslich wiederkehrende Retro-Trend, der einen Gegenpol zu unserer globalisierten und vernetzten Welt bildet.Wo, wenn nicht in Wien, findet sich auch heute noch eine Vielzahl an ReprĂ€sentations-bauten mit Hotelbetrieb: das âHotel Sacherâ, das âGrand Hotel Wienâ, das âPalais Hansen Kempinskiâ oder das âPalais Coburgâ. Oft ist die aristokratische Aussage bereits im Namen zu finden, wie im âHotel Imperialâ. Der Stil des Klassisch-Antiken hebt die noble AtmosphĂ€re auf eine Ebene, die â durchaus beabsichtigt â als EinschĂŒchterungsarchi-tektur wirkt und angesichts derer es ein wenig Zeit benötigt, sich vom omniprĂ€senten Personal nicht verfolgt, sondern gut versorgt zu fĂŒhlen. Gelingt dies, machen Grand Hotels es möglich, in eine luxuriöse (Schein-)Welt einzutauchen und die hermetisch abge-schlossene AuĂenwelt fĂŒr einen Moment zu vergessen.
Die prĂ€ferierten UnterkĂŒnfteDie âherrschaftliche Schönheitâ des Grand Hotels, die Felix Krull schon im gleichnami-gen Roman von Thomas Mann bemerkte, lĂ€sst das âWas kostet die Weltâ-GefĂŒhl aufkommen wie keine andere Unterkunft, wird doch das traditionell Aristokratische mit einer kosmopolitischen Note verknĂŒpft. Klirrendes Tafelsilber, von dicken Teppichen gedĂ€mpfte Schritte, Concierge, durch das Foyer wehende GesprĂ€chsfetzen in unter-schiedlichen Sprachen â Grand Hotels sind ein Mikrokosmos in den globalen Strukturen unserer Welt.
â ICH HEBE AB.
Die âWas kostet die Weltâ- AttitĂŒde
Credit: flickr, Lisa CC
45
Ist meistens gleichzeitig ein âStĂ€dte-Entde-ckerâ, umgekehrt ist der âStĂ€dte-Entdeckerâ jedoch nicht zwingend ein âIch will alles, nur kein Tourist seinâ-Fall.
Das Motto lautet âReisen statt Tourismusâ und bedeutet schlicht, dass der Einzelne als Reisender wahrgenommen werden möchte und nicht als Tourist. De-Touristi-fication nennen wir dieses PhĂ€nomen. Wie bereits im Workbook âHotel der Zukunftâ beschrieben, breitet sich das PhĂ€nomen der De-Touristification immer weiter aus. WĂ€hrend sich anfĂ€nglich nur die Avant-gardisten gegen das Bild des klassischen Tourismus entschieden haben, möchten in Summe nun immer mehr Menschen âanti-touristischâ unterwegs sein. Alles, was es ihnen erleichtert, wirklich anzukommen und sich in ihre Umgebung einzubetten, ist von Vorteil.
Die prĂ€ferierten UnterkĂŒnfteSowohl fĂŒr den âStĂ€dte-Entdeckerâ als auch fĂŒr den âIch will alles, nur kein Tourist seinâ-Fall geeignet: Chez ClichĂ© kommuniziert eine gelungen inszenierte Pseudo-Privatheit, ver-mutlich inspiriert von dem groĂen AirBnB-Erfolg (www.chezcliche.com). Jungunterneh-mer haben Wohnungen so eingerichtet und mit Leben gefĂŒllt, dass sie â obwohl ganz klassische, reine Ferienwohnungen â den Anschein vermitteln, eine typisch wiene-rische (eben Klischee-)Privatwohnung zu sein. Sogar mit fiktiven Bewohnern, die ĂŒber eigene Biographien und virtuelle Auftritte verfĂŒgen: Marie-Therese, Beat, Romy, Bella und das PĂ€rchen Eugen und Camilla stellen ihre Appartements zur VerfĂŒgung. Die Betreiber von Chez ClichĂ© erzĂ€hlen, dass so mancher Gast gar nicht glauben mag, dass es die erfundenen und lebendig gehaltenen Charaktere in der RealitĂ€t gar nicht gibt.
â ICH KOMME AN.
Der âIch will alles, nur kein Tourist seinâ-Fall
Credit: Unsplash Fritz Bielmayer
46
Die prĂ€ferierten UnterkĂŒnfteNeben vielen Stadthotels, die Kooperationen mit Fitness-Studios aus der Umgebung eingehen, deren Kurse dann von den GĂ€sten besucht werden können, haben mittlerweile auch Hotels im lĂ€ndlichen Raum auf den Trend der Achtsamkeit reagiert. So gibt es im Hotel Retter in der Steiermark nicht nur Se-minarrĂ€ume fĂŒr Tagungen, sondern auch ein âYoga-Specialâ mit dem verheiĂungsvollen Versprechen: âLernen Sie in einer ausgewo-genen ganzheitlichen Ăbungspraxis Körper und Geist fĂŒr ein vollkommenes Wohlbefin-den zu vereinen, wache Entspannung und innere Ruhe werden erfahrbar. Intensives Training und Tipps fĂŒr den Alltag fördern bewusstes Leben und einen ausgewogenen Lebensstil.â (www.retter.at)
â ICH KOMME AN.
Die âBusiness-Ladyâ wĂŒnscht sich in Zukunft â genauso natĂŒrlich auch der âBusiness-Manâ â auf GeschĂ€ftsreisen neben den obligaten Möglichkeiten zum Arbeiten, wie ausreichend Steckdosen und eine gute WLAN-Verbindung, zunehmend Möglich-keiten des Entspannens und Innehaltens. Insbesondere das Thema Meditation verbrei-tete sich in den letzten Jahren rasant als ein Tool fĂŒr ein effektiveres Leben. Vor allem in den USA zĂ€hlen Achtsamkeit und Meditation in den Managerkreisen heute genauso zum Must-do wie das Joggen. Sitzkissen und Yogamatten gehören in den USA immer hĂ€ufiger zur Grundausstattung vieler Hotels â ein Trend, der auch in den deutschsprachi-gen Raum hinĂŒberschwappen wird. So sind Angebote zum Entspannen, wie bspw. Mas-sagen, von GeschĂ€ftsreisenden nach wie vor gerne gesehen, aber auch die Möglichkeit, terminunabhĂ€ngig ein paar Yoga-Ăbungen im Zimmer zu machen, ist im Wunschreper-toire der âBusiness-Ladyâ enthalten.
Die âBusiness-LadyâCredit: Pexels
47
TRENDPROGNOSE
Statistiken, soziodemografische Zuschreibun-gen, Kennziffern â die Gemeinsamkeiten, ĂŒber die sich die klassischen Zielgruppen bisher definiert haben, sind in Zukunft zu eindimen-sional und werden den unterschiedlichen und facettenreichen Lebensstilen der westlichen Industriestaaten nicht mehr gerecht. Denn fĂŒr die meisten Menschen hat sich das Spektrum, das eigene Leben so oder anders zu gestalten, enorm erweitert. Der Zwang zur Wahl ist die Kehrseite der Medaille, deshalb sind Angebo-te, die ein passendes Setting zu den vielfĂ€l-tigen IdentitĂ€ten liefern, in der Hotelbranche ein wichtiges und kreatives Mittel. Der Begriff des Erinnerungsdesigners bekommt so einen weiteren Twist.
Credit: Pexels
48
04
Rooms
Credit: Pexels
49
Die Orte der Reise
Ob Hotelzimmer oder Lobby, Park-anlagen oder Stadtviertel, Land-schaftsstriche oder Regionen â RĂ€ume sind Orte und kommunizieren mit uns. Orte haben also eine klare Funktion und eine besondere Energie. Dies zu er kennen und fĂŒr sich zu nutzen wird eine elementare Aufgabe des Hoteliers der Zukunft. Und zur wahren Kultur-leistung. Zuerst muss allerdings klar sein, welche RĂ€ume sich in Zukunft wie verĂ€ndern â in ihrer Nutzung und Kon-notation.
50
âConceptual Rooms â aus RĂ€umen werden Zonen. Möbel werden mobiler und modularer designt, da sie so die Funktion der Raum-strukturierung ĂŒbernehmen und individuell genutzt werden können.
Floating rooms
Was schon lĂ€nger im Bereich âWohnenâ beobachtet wird, setzt sich nun auch in neu designten HotelrĂ€umen durch: Genau definierte Nutzungsvorgaben im Raum wei-chen auf und öffnen sich dem individuellen NutzungsbedĂŒrfnis des jeweiligen Gastes. FĂŒr die meisten Menschen Ă€hnelt ein Hotelzimmer dem anderen: ein Bett mit zwei NachtkĂ€stchen, ein Fernseher und ein Badezimmer. Ein Grundprinzip fĂŒr alle GrundbedĂŒrfnisse.
Das Ă€ndert sich jedoch gerade. Neue Kon-zepte versuchen sich auf die wandelnden BedĂŒrfnisse und ausdifferenzierten AnsprĂŒ-che der GĂ€ste einzulassen. Die Raumnutzung definiert sich ĂŒber Zonen und weniger an den herkömmlichen Raumdefinitionen. Diese Tatsache hat Auswirkungen auf unterschiedliche Bereiche und Branchen. So wĂ€chst der Markt fĂŒr âflexible Raumabgren-zungâ, was sowohl Textilien als auch verwan-delbare Wandsysteme betrifft. Und auch Beleuchtung wird in Zukunft nicht mehr nur dem Aufhellen von RĂ€umen dienen, sondern ĂŒbernimmt die Aufgabe des Fokussierens auf Raumzonen.
Das Badezimmer
Was den Kostenfaktor angeht, kann man fĂŒr das Badezimmer das meiste Geld investieren. Und das sollte man auch. Das Bad gewinnt an Bedeutung, wird es doch immer mehr zur Wellness- und Relaxzone. Eine groĂzĂŒgige FlĂ€che, Dusche und Badewanne spiegeln fĂŒr immer mehr GĂ€ste den Standard des Hotels wider und beeinflussen die Auswahl des Zimmers maĂgeblich mit. In Zukunft wird sich dieser Trend noch verstĂ€rken. Badezimmer werden bis zu 50 Prozent gröĂer als jetzt, dementsprechend verringert sich die restliche RaumgröĂe. Das Spa-GefĂŒhl im eigenen Zimmer wird durch ausreichend Platz generiert, und auĂerdem durch Details wie eine Regendusche, qualita-tiv hochwertige Pflegeprodukte sowie groĂe, flauschige Hand- und BadetĂŒcher.
Mehr QualitĂ€t, mehr Vielfalt durch unter-schiedliche Nutzungsmöglichkeiten: Das Bad wird immer mehr zum HerzstĂŒck, das unterschiedliche Funktionen erfĂŒllen kann, vor allem aber Entfaltung, Privatheit und Zur-Ruhe-Kommen ermöglicht. Das Stichwort ist GemĂŒtlichkeit, gepaart mit Stil. Neue Materialien, individuelle Farben, kurz: AtmosphĂ€re hĂ€lt Einzug in einen lange auf Pragmatismus ausgerichteten Ort. Fliesen in Holzoptik werden beliebter, geben sie dem Badezimmer doch mehr Wohnge-fĂŒhl, laden zum Verweilen ein und immer weniger nur zum schnellen âAbarbeitenâ der Basis-Hygiene. Neben den Flatscreens, die die ZimmergröĂe des Aufenthaltsraumes haben schrumpfen lassen, hat also auch die Bedeutung des Badezimmers bzw. seine da-mit einhergehende VergröĂerung zu einem neuen GröĂenverhĂ€ltnis beigetragen.
Das Erzeugen von RĂ€umen
WĂ€hrend Deutschland und Spanien unangefochtene Spitzenreiter in Europa sind, was die Anzahl der jĂ€hrlichen Ăber-
51
Ein Ort entsteht
Wechselwirkung zwischen den Ort-Komponenten
Quelle: Zukunftsinstitut
Ort
Architektur
Ritual
Erfahrung
nachtungen in Beherbergungsbetrieben angeht, verzeichnen LĂ€nder wie Italien, GroĂbritannien, Frankreich, Finnland und Ăsterreich Verluste (Eurostat 2015). Um kĂŒnftig Wachstum fĂŒr die eigene Tourismus-region oder -immobilie zu schaffen, werden intelligente und innovative Erweiterungs-konzepte zum existierenden âDestination Buildingâ benötigt.
ZunÀchst muss evaluiert werden, wie in einer immer stÀrker digital durchdrungenen Bran-che nach Reisezielen gesucht wird und welche Faktoren die Entscheidung beeinflussen. Zu den hÀufigsten Informationsquellen gehören traditionelle Empfehlungen von Freunden und Verwandten, die Verwendung von sozi-
alen Medien und Reisemagazinen sowie die direkte Internetsuche in Blogs und anderen Bewertungsportalen. Bei der Entscheidung bleibt weiterhin ein klassischer Faktor wichtig: der Ort selbst, die Lage und das Umfeld.
Wer das GlĂŒck hat, wirklich neue Lagen entwickeln zu können, dem stehen die ĂŒblichen Lösungskonzepte des Destinations-managements zur VerfĂŒgung. Schwieriger und komplexer wird es, etablierte Reiseziele zu neuem Wachstum zu fĂŒhren. Die Archi-tektur bietet ĂŒber unterschiedliche AnsĂ€tze ein SchlĂŒsselinstrumentarium, um innerhalb dieser gewachsenen IdentitĂ€ten neue ErzĂ€h-lungen zu erschaffen und alte Reiseziele neu zu kreieren.
52 B E ST P R A CT I C E S
ModularitÀt auf die Spitze getrieben im Hotel CitizenM in Glasgow
Das Schachtelhotel hat seinen Namen daher, dass lediglich zwei Etagen nach herkömmlicher Bauweise errichtet werden; der Rest wird in Form von âSchach-telnâ, in denen sich jeweils ein Hotelzimmer befindet, aufeinandergestapelt. Sieht man sich Fotos von der Entstehung an, so erinnert die Bauweise daran, wie ein Frachtschiff am Hafen Container aufeinandersta-pelt. WĂ€hrend des Aufbaus werden die Leitungen der Container untereinander verbunden, um die Energie- und Wasserversorgung bzw. Abwasserentsorgung zu gewĂ€hrleisten. Das Konzept stammt aus den Niederlan-den.
Credit: CitizenM Glasgow
53
Innerhalb einer entwickelten Region kann ânachverdichtetâ werden, d.h. ein bisher unbekannter Ort innerhalb des bekannten Umfeldes wird in den Vordergrund gestellt, um seine Schönheit und StĂ€rken hervorzu-heben. Der Begriff der AuthentizitĂ€t beginnt sich in diesem Bereich bereits abzunutzen â der âEducated Customerâ erwartet wahr-haftige lokale Erlebnisse, die maĂstĂ€blich meist kleiner gedacht werden mĂŒssen. Statt kopierbarer Inszenierungen, die das Authentische simulieren, erwartet der Kunde eine nachvollziehbare und glaubwĂŒrdige Botschaft.
Fehlt das Potenzial noch âaktivierbarerâ La-gen, besteht die Möglichkeit, einen Ort âneuâ zu erfinden. Dies kann geschehen, indem ein Reiseziel z.B. durch ein kontrastierendes Ar-chitekturkonzept gegen die âNormalitĂ€tâ der Umgebung besticht und dadurch Bekannt-heit erlangt. Sind auch fĂŒr diese Potenziale die finanziellen oder behördlichen Barrieren zu hoch, kann man mit temporĂ€ren Bespie-lungen experimentieren und Anreize durch die âVerknappungâ setzen. So erzeugt die Kurzlebigkeit eines Pop-up eine reizvolle ExklusivitĂ€t.
Ultra Local â Orte, die Geschichten erzĂ€hlen
Zahlreiche StÀdte, Regionen oder Landstri-che im In- und Ausland sind weltbekannte und erfolgreiche Reiseziele. Ausgewiesene Schutzgebiete erhalten das Naturraumpo-tenzial, restriktive BebauungsplÀne leisten Vorschub, und andere extensive Nutzungs-konzepte sollen die AttraktivitÀt der Regio-nen erhalten.
Aber auch in gesĂ€ttigten Lagen gibt es noch Orte von groĂer AttraktivitĂ€t, die bisher unbekannt sind. Sie sind eventuell schwer erreichbar bzw. erschlieĂbar oder haben einfach noch nicht das Interesse des Publikums geweckt und mĂŒssen im
wahrsten Sinne des Wortes erst gefunden werden. In den letzten Jahren gab es einige Beispiele in ungewöhnlichen Lagen, die zu neuen Reisezielen aufgebaut wurden: die Eishotels in JukkasjĂ€rvi, Schweden, und in Quebec-City, Kanada, aber auch die neuen Unterwasserhotels in Dubai und auf den Malediven. Solche extremen Vorausset-zungen des Destination Building mögen in unseren Regionen nicht vorhanden sein, allerdings kann man auch andere, eher subtile Orte mit neuen Alleinstellungsmerk-malen aufbauen. Hier entwickelt sich der Markt des âUltra-Localâ: das Zelebrieren der Wiederentdeckung einer IdentitĂ€t des Originalen, die in unserer beschleunigten Zeit des Ăbersehens und des Vergessenen zusehends aufgelöst wurde.
âDer kosmopolitische Blick macht Hyper-lokalitĂ€t lebendig. Hyperlocal heiĂt nicht VerklĂ€rung und Idealisierung, sondern zeigt auch den schĂ€bigen Schick der Orte. Die Hyperlokalisten mĂŒssen nicht zwangslĂ€ufig mit einem Ort verwachsen sein, Megatrends wie Globalisierung und MobilitĂ€t lassen zu, dass sich Ăber-RegionalitĂ€t und kleinrĂ€u-mige Verortung nicht widersprechen. Ganz im Gegenteil. Das GefĂŒhl und die Sehnsucht hinter dem Trend sind ĂŒbertragbar. Gerade der kosmopolitische Blick von oben macht das PhĂ€nomen lebendig und bunt.â (Touris-mus Report 2014)
âThere is no stopping the European quest for the local travel experience.ALEXANDRA TALTY FĂR FORBES, HOTTEST TRAVEL TRENDS FOR 2015
54
Unterschiedliche Plattformen machen das Hyperlokale fĂŒr den Reisenden interessant. Mittlerweile zu groĂer Beliebtheit haben es die spezifisch-lokalen Berichte in Form von Insiderwitzen und kleinen Gif-Filmchen ĂŒber unterschiedliche StĂ€dte geschafft. Das Format âWhen you live in Berlinâ gibt es als âWhen you really live inâŠâ fĂŒr fast jede Stadt, sei sie auch noch so klein.
Der von seiner urbanen Zivilisation ge-sĂ€ttigte Urlauber sehnt sich nach immer neuen Reisen zu einer verloren gegangenen Verwurzelung im Lokalen. Vom stĂ€dtischen Trend des âRough Luxeâ entwickeln sich auch die Narrative des Tourismus weg von einem âInternational Standardâ hin zu einer IdentitĂ€t des Unverwechselbaren und UrsprĂŒnglichen. Dies fordert eine um-fangreiche BeschĂ€ftigung mit dem Ort und die Kreation bzw. Neuinterpretation eines Mythos. Denn Orte ziehen uns auch und vor allem durch ihre Geschichten an â und Geschichten sind die soziale WĂ€hrung der Welt.
Destination Storytelling
Neben den klassischen Attributen von Lage, Aussicht, Architektur und Service zeichnet sich am Markt eine Verdichtung auf narrativ-emotionale Konzepte ab, die den Kunden ĂŒber die Grenze von Gast und Wirt immer tiefer in die Regionalismen des besuchten Ortes hineinholen. Durch die analog-digitale Schnittstelle der sozialen Netzwerke wird diese Besucherreise in Echtzeit vervielfĂ€ltigt. Der Dachverband âDesign Hotelsâ hat mit seiner âMade by Originalsâ-Kampagne be-reits vor einigen Jahren auf den Trend Ultra-Local gesetzt und ihn seinen Mitgliedern als Entwicklungspotenzial fĂŒr neue Reiseströme aufgezeigt.
Das âFogo Island Innâ wurde schlieĂlich zum Vorzeigeprojekt, hat es doch sowohl wĂ€hrend des Bauprozesses als auch im Betrieb die einheimische Bevölkerung sowie die lokalen Unternehmen mit einbezogen. Das beson-dere Hotel steht auf einer abgelegenen Insel bei Neufundland in Kanada und besticht
Ein Ort mit besonderer Strahlkraft: Fogo Island vor der KĂŒste Kanadas
Credit: Alex_Fradkin
55
auĂerdem durch seine fortschrittliche Architektur. Die verfĂŒgbaren Zimmer sind meistens knapp â das alles zusammen fĂŒhrt zu einem neuen Begriff von Luxus, den man nicht kaufen kann, sondern von dem man wissen muss.
Eine weitere âultra-lokaleâ Ebene entsteht ĂŒber die Dichte an kulturellen Praktiken, die den Besucher, von den Einheimischen kura-tiert, in die letzten Tiefen der âVor-Ort-Weltâ entfĂŒhren. Der Reisende wird Mitglied dieser Kultur auf Zeit. Die kulturanthropologische Reise löst so den Erlebnisurlaub ab. Zur Erfahrung der lokalen Community gesellt sich der Wunsch nach Bedeutung und der besonderen Begegnung. Die einsame Land-schaft rund um das Hotel kann nicht nur als Symbol der ZivilisationsmĂŒdigkeit und als Wunsch nach temporĂ€rer Abgeschiedenheit interpretiert werden, sondern sie wird als Sehnsuchtsort erschlossen. Abgelegene Pavillons sind Fluchtpunkte fĂŒr AusflĂŒge, aber auch Orte mit besonderer Bedeutung und Nutzung. Mit kleinsten MaĂnahmen des âDestination Buildingâ greift das Hotel weit ĂŒber seinen normalen Wirkungsbereich hinaus und wertet das Gesamterlebnis stark auf. Die âFoliesâ, in expressiver Architektur-sprache gehaltene GebĂ€ude, werden tem-porĂ€r von KĂŒnstlern, Musikern und anderen Kreativen bewohnt. Um dort âResidentsâ auf Zeit zu werden, mĂŒssen sich die KĂŒnstler bewerben bzw. sie werden eingeladen. Im Fogo Island Inn kann der Reisende den Protagonisten begegnen und fĂŒr einen Abend beim TischgesprĂ€ch ein Teil ihrer Welt werden. Wer nicht bereits Kunstsammler ist, sammelt hier zumindest das Wahrhaftige, das Ultralokale des Kunsterlebnisses und wird so Teil der Community.
Vom Standard zur Vielfalt
Einzigartigkeit statt Vergleichbarkeit:Dass Kunden auf Ăsthetik und Gestaltung achten, ist mittlerweile ĂŒberall angekommen
(selbst Neckermann offeriert âDesign-Hotelsâ). Oft jedoch wird die Botschaft nicht gelebt. Orte mĂŒssen âlebenâ, um eine Wir-kung zu erzielen. Da mögen Architekten und Designer noch so groĂartige Namen haben, wenn das Objekt sich nicht in den Ort einfĂŒgt und passend genutzt wird, ist es vergebene LiebesmĂŒh. Orte kommunizieren, wirken als ungesagtes Gesagtes.
Davon kann jeder Stadtplaner ein Lied singen. Der Versuch, den Gast in seinem âindividuellenâ BedĂŒrfnis abzuholen, schei-tert immer dann, wenn das Endergebnis ein Add-on ist und nicht mit dem Standort gewachsen. IndividualitĂ€t und Nische muss, wie bereits ausgefĂŒhrt, nicht nur mit, son-dern aus dem Ort â ob Region oder Hotel â entspringen. Alles andere ist als Pseudoin-dividualitĂ€t eine Farce. Individuelle Touristen können nur mit individuellen Konzepten individueller Standorte gewonnen werden. Alles andere wird sich ĂŒber kurz oder lang aufbrauchen.
Was kĂŒnftig funktioniert und an Beliebtheit gewinnen wird, sind Unterkunftskonzepte, die ihre IdentitĂ€t leben. Das vermittelt OriginalitĂ€t, die wĂ€chst, wenn das Potenzial des Ortes genutzt wird. Etwa wenn aus dem legendĂ€ren Gropius-Bau in Dessau ein Boutique-Hotel im Bauhaus-Stil wird. So bietet die Stiftung Bauhaus Dessau ganz
âGerade durch Megatrends wie Globalisierung und MobilitĂ€t widersprechen sich ĂberregionalitĂ€t und kleinrĂ€umige Verortung nicht.
56
besondere Ăbernachtungsmöglichkeiten an: Schlafen im Atelierhaus. Die ehemaligen Studentenzimmer des Bauhauses wurden nach historischem Vorbild renoviert und sind mit Möbeln von Marcel Breuer ausgestattet. Die 20 Einzel- oder Doppelzimmer tragen die Namen der einst dort wohnenden Studenten (wie Josef Albers oder Franz Ehrlich) und können fĂŒr 35 bis 55 Euro die Nacht gemietet werden.
Nicht-Orte als beliebte Reise-Nischen
Die Reiselust der Menschen in Bezug auf unwirtliche Punkte und Gegenden, in denen Naturgewalten vorherrschen, beschrĂ€nkt sich nicht nur auf Reisen mit dem Finger auf der Landkarte bzw. dem Touchpad. âStorm Watchingâ heiĂt eine neue, vielversprechen-de Reisenische. So bietet die junge Französin Odine Morin zum Beispiel auf der kleinen bretonischen Ile dâOuessant FĂŒhrungen zu den Ecken des Eilands, wo die Gischt besonders peitscht. Auf Vancouver Island in Kanada sind im Januar und Februar âStorm Watcher Packagesâ im Hotel Wickaninnish Inn (wickinn.com) zu buchen; ebenso auf Helgoland, wo das Hotel Rickmers Insulaner (www.insulaner.de) Arrangements anbietet, deren Hauptinhalt âSturmâ ist, oder wie es
die Hotelseite beschreibt: âBei uns können Sie Sturm buchen.â Und weiter: âMit bis zu 146 Stundenkilometer Geschwindigkeit heult der Wind ungebremst ĂŒber die Nordsee, lĂ€sst Sie seine ungeheure Kraft spĂŒren und tĂŒrmt vor Helgoland Wellen von bis zu zwölf Metern Höhe auf. Beim Aufprall auf Felsen und Molen steigen die Gischtwolken ĂŒber 25 Meter hoch und bieten ein urtĂŒmliches Schauspiel. Das im Schutz der Felsen, aber direkt am Meer gelegene Traditionshotel Rickmers Insulaner informiert Sie zwei Tage vor Eintreffen eines Sturms ĂŒber die erwar-tete StĂ€rke und bereitet Ihre rechtzeitige Anreise vor â sowohl mit dem Inselversorger als auch mit dem Flugzeug oder mit einem eigens gecharterten Hubschrauber.â
Familienurlaub fernab des Standards
Camping-Urlaub an der Adria â was frĂŒher Highlight des Jahres war, entlockt den meisten Kids von heute nicht mal ein mĂŒdes LĂ€cheln. Um spannende Kapitel fĂŒr die Familiengeschichte zu schreiben, braucht es schon ein bisschen mehr. In einer Spezialausgabe des Magazins Brigitte, in Zusammenarbeit mit Geo Saison, werden einige wirklich originelle Beispiele vorge-stellt, die den Fun- und Abenteuer-Faktor im Familienurlaub garantiert hoch halten. Unter der Headline âNeun Dinge, die Sie mit Ihren Kindern gemacht haben sollten, bevor sie dafĂŒr zu groĂ sindâ stehen relativ simple Destinationen, wie zum Beispiel âMit einem Esel wandern im PfĂ€lzerwaldâ, neben etwas aufwendigeren wie: sich auf einem selbstge-zimmerten FloĂ wie Tom Sawyer fĂŒhlen, und das auf Transsilvaniens âMississippiâ, der Olt. Es geht aber noch viel exotischer, nĂ€mlich âim Dschungel wohnen in Costa Ricaâ oder âin einem Gruselhotel schlafen in Schott-landâ. Grundidee ist, die Familienbande zu stĂ€rken, unvergessliche gemeinsame Erinne-rungen zu schaffen und einfach mal mutiger und engagierter zu sein als im Alltag.
VerheiĂungsvolle Reise zwischen SelbstbestĂ€-tigung und Ich-Verlust
Credit: flickr CC
57
TRENDPROGNOSE
Jeder Ort und jeder Raum kommuniziert seine individuelle Geschichte an die Menschen, die ihn betreten â RĂ€ume als ungesagtes Gesag-tes. So entstehen Möglichkeits-RĂ€ume, die weit ĂŒber die faktische Quadratmeterzahl hinausgehen. Zudem wollen Reisende den Ort auf mehreren Ebenen simultan erleben. Die Tourismusbran-che wird, abgesehen von klassischen Para-metern wie Lage, Service und touristische IdentitĂ€t, immer mehr auf das wirkliche oder kuratierte WeitererzĂ€hlen der AuthentizitĂ€t und des âUltra-Localismâ setzen. Die emotio-nale VerstĂ€rkung der IdentitĂ€t des Reiseziels wird radikal fortgesetzt, um den Unterschei-dungsmehrwert zu maximieren. Einzigartig-keit, Wahrhaftigkeit und Ultra-Localism sind die Metaphern eines neuen LuxusverstĂ€ndnis-ses.
58
Beyond Basics
05
Credit: Pexels
59
Das Ende der Reise ist ihr Anfang
Bereits seit einigen Jahren ĂŒberbieten sich manche Hoteliers mit auĂerge-wöhnlichen Konzepten: Ăbernachten im Zirkuswagen oder Baumhaus, in einem ausrangierten Flugzeug oder einem ehemaligen GefĂ€ngnis. Es gibt fast nichts, was es nicht gibt. Schwer, sich hier abzuheben? Nicht, wenn man selbstbewusst zu dem steht, was man zu bieten hat â und es richtig kommuniziert.
60
Alles digital?
Das Stichwort ist dabei natĂŒrlich âonlineâ, doch auch das, was dieser Begriff beinhaltet, verĂ€ndert sich gerade enorm. WĂ€hrend vor zehn Jahren noch eine Webseite ausreichte und wĂ€hrend derzeit die AktivitĂ€t und PrĂ€senz in Sozialen Netzwerken vonnöten ist, so wird kĂŒnftig die Echtzeitkommunika-tion ĂŒber mobile EndgerĂ€te fĂŒr die Player der Tourismusbranche zur Notwendigkeit werden.
Das fĂŒhrt uns zum 360°-Marketing. Wenn wir nun dennoch von einer groĂen âZielgruppeâ im Sinne einer umfassenden Gemeinsamkeit sprechen möchten, dann richtet sich der Scheinwerfer auf die vielzitierten und kontro-vers diskutierten Millennials. Die Instrumen-te, die sie wie im Schlaf beherrschen, sind jene des digitalen Zeitalters: Soziale Medien, Bewertungs- und Fotoplattformen, Nach-richtenportale, Apps. Der Medienkonsum ist dabei permanent und oft parallel.
Entsprechend unschlĂŒssig sind MĂ€rkte und Branchen darĂŒber, wie sie als Neukunden umgarnt werden können. Dabei liegt in genau dieser âZielgruppeâ enormes Potenzial, gelten sie doch nach den Babyboomern als die Reisenden der Zukunft. Der Millennial hat Lust am Reisen, ist auch im besten Reisealter, denn er hat zudem noch Geld und Zeit. Gleichzeitig lĂ€sst er sich jedoch nicht so leicht durch jede WerbemaĂnahme ködern. Millen-nials kennen sich in der digitalen Welt bestens aus und wissen insbesondere die SpontanitĂ€t Sozialer Netzwerke fĂŒr sich zu nutzen. Inhalte konsumieren die heute bis 34-JĂ€hrigen sehr selektiv, sind dabei aber hĂ€ufig schneller und besser informiert als andere. Das wirkt sich auch auf die Tourismusbranche aus. Das Bu-chungs- und Reiseverhalten wird stark davon beeinflusst: SituativitĂ€t, mobile EndgerĂ€te und Bewegtbild sind drei Faktoren, die fĂŒr das Marketing der Zukunft von hoher Relevanz sind. Aufgewachsen in einer digital-vernetzten Welt, verlieren die konventionellen Medien an Einfluss auf die Reisenden der Zukunft.
Vom Senden zum Zuhören
âGerman Marketing Angstâ â so lautet der Befund von Harald Ehren, Chefredakteur der Kommunikationsagentur fischerAppelt, fĂŒr den GemĂŒtszustand der Marketingbran-che in Deutschland. Dahinter stecke ein spezifisch âteutonischer Wesenszugâ, der sich auch im skeptischen Umgang mit der Digitalisierung zeige: die Furcht vor Kontroll-verlust â auch in Ăsterreich zu bemerken.
Vielleicht ist es diese âMarketing-Angstâ, die viele am Glauben festhalten lĂ€sst, das Internet sei lediglich ein weiterer Touchpoint fĂŒr die Verbreitung von Botschaften. In Wirklichkeit schafft das Internet komplett neue Marketing-Spielregeln. Das traditi-onelle Werbe-Schema â eine Kampagne wird kreiert, Spots werden geschaltet, Plakate werden geklebt â ist Geschichte. Die Werbe-Monologe von einst weichen einem
Digitale Buchung fĂŒhrt
Analog vs. digital: Wie Reisen gebucht werden
Quelle: eResult, MĂ€rz 2014
70%Online-Buchung
12%Buchung via Smartphone
13%Buchung im ReisebĂŒro
61
SpĂŒren, Distanz verringern, echte Emotionen erzeugen: Die Trias des Kommunikationsmarketings
âIch sehe, dass allmĂ€hlich ein neues Denkmuster entsteht: das des ,Kommunikationsmarketingsâ anstelle der Marketingkommunikation.RICHARD EDELMAN, CEO EDELMAN GMBH
Credit: Pexels
62
transparenten Miteinander aus Meinungen, Beurteilungen und Diskussionen.
Dies gilt ganz besonders in der Freizeit- und Tourismusbranche, denn der Einzelne hat das GefĂŒhl, die ohnehin rare Zeit sowie das liebe Geld nicht denen opfern zu wollen, die den meist hohen AnsprĂŒchen nicht gerecht werden. Vergleichen, vergleichen, verglei-chen ist das Credo der Stunde, und dabei geht es schon lange nicht mehr primĂ€r um den Preis, sondern um das Gesamtpaket. Die Konkurrenz ist dabei nicht mehr das Hotel in der Umgebung, sondern im Prinzip die ganze Welt. Wie bereits im Kapitel âRoomsâ darge-legt wurde, tendiert der Gast bereits heute vor allem zu Orten, die Geschichten erzĂ€h-len, und sucht sich danach das Reiseziel aus, egal ob sich die Destination in der NĂ€he oder am anderen Ende der Welt befindet.
Das bedeutet auch: Der vernetzte Kunde ist mĂ€chtiger denn je, die Lebensdauer falscher Versprechen sinkt drastisch, der Kontroll-verlust grassiert. Und es deutet nichts darauf hin, dass sich das in Zukunft Ă€ndern wĂŒrde. Im Gegenteil.
Diese neue ökonomische RealitĂ€t erfordert ein radikales Umdenken. Vernetzte Konsu-menten erwarten transparente Informati-onen und ein ehrliches Eingehen auf ihre BedĂŒrfnisse, in Echtzeit. Marketing findet zusehends auf Augenhöhe statt. Mehr noch: Das Internet macht den Kunden tatsĂ€chlich zum König. Und die neue Königsdisziplin des Marketings besteht darin, die Kunden-bedĂŒrfnisse so mundgerecht wie möglich zu bedienen. Im Freizeit- und Tourismusbereich funktioniert dies besonders gut mit Experi-ence Marketing.
Vernetzte Zukunft: der potenzielle Kunde wĂŒnscht Transpa-renz und Information, am liebsten in Echtzeit
63
Persönlicher Touch in Direktmarketingstrategien
Im Dialog mit dem Gast kann der Touristiker dafĂŒr sorgen, die Erinnerung an die schönste Zeit des Jahres dauerhaft im GedĂ€chtnis des Urlaubers zu halten. Indem er mit dem Kunden nach dessen Reise in Kontakt tritt â zum Beispiel ĂŒber E-Marketing mit aktuellen Angeboten und Informationen aus der besuchten Region. Zermatt Tourismus setzt dabei zum Beispiel auf die Wilken E-Mar-keting-Suite: ein webbasiertes Newsletter-Versandsystem, das jeden einzelnen News-letter fĂŒr den EmpfĂ€nger individualisiert. Als Grundlage fĂŒr die Individualisierung werden Verhaltensweisen (z.B. Klicks, Bestellungen oder Anfragen) ausgewertet und daraus Interessenprofile abgeleitet. In ein hoteleige-nes Layout lassen sich zum Beispiel Veran-staltungshinweise und Attraktionen aus dem Feriengebiet integrieren und personalisiert ĂŒber einen E-Mail-Newsletter versenden. Das wirkt sich positiv auf die Kundenbin-dung zu den Hotels und der Region aus.Disney stattet derzeit seine GĂ€ste der Walt Disney World mit sogenannten âMagic-Bandsâ aus. Die ArmbĂ€nder sollen nicht nur bereits im Vorfeld eingesetzt werden, um so maĂgeschneiderte Angebote, Rabatte und persönliche BegrĂŒĂungen zu generieren, sondern die vor und wĂ€hrend des Aufent-haltes gewonnenen Daten dienen auch dem Erinnerungsmanagement, wenn im Nachhinein dem Kunden hoch individuali-sierte Merchandising- oder Urlaubsangebote offeriert werden.
In Zermatt wie bei Disney kommen tech-nologische Tools zum Einsatz, um After-Sales-Marketing zu betreiben. Tourismuser-fahrungen werden stark durch den Einsatz von Technologien bestimmt. Die Autoren Barbara Neuhofer, Dimitrios Buhalis sowie Adele Ladkin erlĂ€utern daher in ihrer Studie âExperiences, Co-Creation and Technology: A conceptual approach to enhance tourism experiencesâ den Zusammenhang zwischen
Partizipation, dem Einsatz von Technologien und dem daraus entstehenden Mehrwert fĂŒr Touristen und damit Tourismusstandorte. Wichtig fĂŒr die Touristiker, so die Forscher der britischen Bournemouth University, sei primĂ€r, zu ermitteln, welche Form von Tou-rismuserlebnis sie derzeit bieten und welche MaĂnahmen getroffen werden können, um dieses Erlebnis mithilfe von Partizipation und Technologie zu intensivieren. Insbeson-dere die Kombination aus Partizipation und Technologie fĂŒhre heute und in Zukunft zu den wertvollsten Reiseerlebnissen, so die britischen Autoren.
Der Moment der Wahrheit
Der Begriff âAugenblick der Wahrheit â Mo-ment of Truthâ wurde vom internationalen Marketing definiert und beschreibt den physischen Erstkontakt eines Konsumenten mit einem Produkt oder einer Dienstleis-tung â âFirst Moment of Truthâ, FMOT. Dem FMOT geht ein Stimulus durch Werbung oder Mund-zu-Mund-Propaganda voraus, so zumindest lange die Theorie. Im Jahr 2011 kam es dann zum Bruch, als Google das Konzept um eine weitere Dimension zwischen Stimulus und FMOT erweiterte, den âZero Moment of Truthâ, ZMOT. Der ZMOT beschreibt die Produkt- und Informa-tionstransparenz der Konsumenten aufgrund von Vergleichs- und Bewertungsportalen im Internet. Potenzielle Kunden haben voll-kommene Informationen, können sich ĂŒber Produkte informieren, diese vergleichen und gleichzeitig bewerten. Nach eigenen Anga-ben von Google recherchieren 88 Prozent der US-Konsumenten online, bevor sie ein Produkt kaufen â das Internet mit zentraler Rolle in der Kaufentscheidungskette.
Eine Antwort auf diese Entwicklung hat das Hotel EdelweiĂ & Gurgl im Ătztal mithilfe eines Live-Chats auf seiner Webseite. Inte-ressenten können mit dem Hotelpersonal per Live-Chat in direkten Kontakt treten und
64
mögliche Fragen sofort klĂ€ren, ohne den zeitlichen Umweg ĂŒber E-Mails zu gehen. Die Folge: eine Steigerung der Kontaktrate ĂŒber die Homepage von zwei auf 33 Prozent. Keine Notwendigkeit mehr, mit Buchungs-plattformen zusammenzuarbeiten. Der Kunde wird nicht mit dem Preis, sondern mit dem Service geködert â hohe ServicequalitĂ€t durch rasch geklĂ€rte Fragen (www.edelweiss-gurgl.com).
Eine Studie der WKO âTourismus in Zahlen 2015â hat ergeben, dass 81 Prozent der HotelgĂ€ste das Internet als primĂ€re Informa-tionsquelle bei der Hotelrecherche nutzen. Ăber Plattformen wie âBooking.comâ werden nach eigenen Angaben knapp eine Mio. Ăbernachtungen pro Tag gebucht, dabei be-steht die Möglichkeit, zwischen ĂŒber 800.000 verschiedenen UnterkĂŒnften in 220 LĂ€ndern auf der Welt zu wĂ€hlen. Gleichzeitig kann jedes Hotel individuell bewertet werden. Das 25 Hours Hotel in Wien hat bei Booking.com 8,7 (Note: fabelhaft) von möglichen zehn Punkten und mehr als 2.900 Bewertungen. Die Bewertungskategorien sind Sauberkeit,
Lage, Hotelpersonal, kostenfreies WLAN, Komfort, Ausstattung und Preis-Leistungs-VerhĂ€ltnis. Es wird also deutlich: Der Erstkontakt (First Touchpoint) zwischen Gast und Hotel findet ĂŒber das Internet statt, mit Rezensionen und Bewertungen als âfirst impressionâ. Der nĂ€chste und zugleich wichtigste âSecond Touchpointâ ist das Zusammentreffen der HotelgĂ€ste mit dem Hotelpersonal â z.B. mit dem Concierge am Front Desk.
Das Hotelpersonal wird zum versierten Bot-schafter des Hotelkonzepts und sollte dieses im Idealfall reprÀsentativ widerspiegeln. Der Second Touchpoint hat also einen entschei-denden Impact auf die Wahrnehmung des Gastes in Bezug auf das Hotel und somit auf den First Touchpoint im Internet.
Die Kraft von After-Sales-Marketing
Dr. Carolin Steinhauser, Beraterin, Projektlei-terin und Dozentin mit den Schwerpunkten Hotelmanagement, Marketing und Kommu-nikation, fasst in ihrem Artikel âAfter-Sales- Marketing im Wellnesstourismus: Möglich-keiten und Grenzenâ zusammen: âObwohl After-Sales-MarketingmaĂnahmen fĂŒr die Kundenbindung essentiell sind, werden sie in der Praxis meist noch viel zu wenig durchgefĂŒhrt. Dabei kommt es darauf an, dass die MarketingaktivitĂ€ten vor, wĂ€hrend und nach der Abreise der GĂ€ste ineinan-dergreifen und sich zu einem stimmigen Gesamtkonzept ergĂ€nzen. Die hierfĂŒr not-wendigen Kundendaten sind mit Hilfe eines Database-Managements zu sammeln und zu strukturieren. Der Aufbau der Datenbank sollte sich an den verschiedenen Kommu-nikationsgemeinschaften der GĂ€stegruppen orientieren und auch sog. psychographische Faktoren berĂŒcksichtigen. Schon wĂ€hrend des Aufenthalts der GĂ€ste sind relevante Kundeninformationen zu sammeln und systematisch einzupflegen.â
âEin Hotel kann heutzutage nicht jedem alles GewĂŒnschte bieten. Aber es gibt Trends, die fĂŒr jeden Reise-Typen gelten: KonnektivitĂ€t, FlexibilitĂ€t und Personalisierung.SAMANTHA SHANKMAN, JOURNALISTIN BEI SKIFT, CONDĂ NAST TRAVELLER
65B E ST P R A CT I C E S
Service-Leistungen des 21. Jahrhunderts
Weine werden meist passend zum Essen ausgesucht, warum sollten Hotels nicht nach Stimmungen sortiert werden? Das dachte sich auch das Reiseun-ternehmen itravel und verÀnderte damit das klas-sische Konzept des Reiseangebots, indem es keine ortsbezogene, sondern eine situative Auswahl an Urlaubsmöglichkeiten anbietet. Der Reisende kann nach seinen Interessen zwischen Themengebieten wie Abenteuer, Kultur, Relaxing, Romantik etc. mit jeweiligen Unterkategorien wÀhlen. ZusÀtzlich kann man noch einen Budgetfilter aktivieren und be-kommt dann verschiedene Orte vorgeschlagen, die thematisch am besten zu den Anforderungen passen. Die Methode, ein Produkt nach Stimmung und Budget auszuwÀhlen, wurde im Tourismus bisher wenig beachtet, funktioniert in anderen Bereichen aber bereits ausgezeichnet. www.itravel.de
Intelligenter Kofferpackplaner
Wer kennt das nicht? Mit dem Kofferpacken geht immer die Frage einher: Wie wird das Wetter, was muss ich mitnehmen und gesehen haben? Die kostenlose App âTravel Butlerâ des Berliner Entwicklers Sebastian OehlschlĂ€ger gibt Antworten auf genau solche Fragen und macht damit die Reisevorbe-reitungen kinderleicht. Ihre Informationen bezieht die App aus OpenWeatherMap, Foursquare und Google Maps, kombiniert diese und generiert daraus eine Ăbersicht mit allen Informa-tionen, um eine entspannte Reise genieĂen zu können. www.travelbutler.net
Neue Blickwinkel auf Reiseziele
Im Tourismus sind Drohnen vielfĂ€ltig einsetzbar. Nicht nur als Lieferservices können sie verwendet werden, sondern kĂŒnftig werden sie unabkömmlich, bereits bevor eine Reise angetreten wird. Und zwar dann, wenn sie als fliegende Kameras Perspektiven zeigen, die zuvor undenkbar oder unbezahlbar waren. Auf dem Portal Dronestagram werden Standbilder wie auch Videoclips von der Community zusammengetragen und hochgeladen. Die User kön-nen nach LĂ€ndern, Motiven und AktivitĂ€ten suchen und erhalten ĂŒberraschend andere Impressionen und EindrĂŒcke von StĂ€dten und Regionen. Travelby-drone ist ein Anbieter, der sich dezidiert an Reisende richtet. Insbesondere Gegenden, die bisher visuell nicht so gut erschlossen werden konnten, lassen sich so prĂ€sentieren und erleben.www.dronestagr.am, travelbydrone.com
Credit: Travelbutler
66
GĂ€ste-Bewertung von Hotels
Reputami sammelt digitale Kundenmeinungen und -be-wertungen, um diese auszuwerten. Dabei werden User mit hoher AktivitĂ€t in den Sozialen Medien fokussiert, die mit Klarnamen auf Meinungs- und Empfehlungsportalen wie HolidayCheck, Yelp oder dem Hotelreservierungssystem HRS, aber auch auf Facebook, Google+, Foursquare und Pinterest aktiv sind. Anhand des digitalen Profils erhĂ€lt der Hotelier eine Information darĂŒber, wie interessant der Gast fĂŒr ihn sein kann. AuĂerdem ermittelt Reputami, welche Themen im Kontext eines bestimmten Hotels in den Sozialen Medien gerade aktuell sind. www.reputami.com
Direktes Kundenfeedback
Ăber eine Mobile-Bewertungs-App oder ein stationĂ€res Touchpad-Terminal können Hotels, Restaurants und Flugge-sellschaften Kundenfeed-back in Echtzeit abfragen. Die Softwarelösung Honestly basiert auf der Idee, dass Kunden mittels eines Kurzfragebogens ihre Meinung unkompli-ziert und privat an den Dienstleister abgeben können. FĂŒr die Betreiber eine Möglichkeit, konst-ruktives Feedback auch von solchen Kunden zu erhalten, die ansonsten öffentliche Bewertungen scheuen wĂŒrden.www.honestly.de
B E ST P R A CT I C E S
App fĂŒr den Urlaubs-Arzt
Im Ausland können Zahnschmerzen, eine Magen-Darm-Infektion oder ein gebrochener Knöchel ein richtiges Problem werden. Denn wie um alles in der Welt findet man in Kuala Lumpur einen Arzt, der Deutsch spricht? Und wie unterscheidet man in Ghana einen Quacksalber von einem kompetenten Medizi-ner? Die App âTraveDocâ ist genau fĂŒr solche FĂ€lle gedacht: Nur die Stadt, gesuchte Sprache und das Spezialgebiet des Arztes mĂŒssen angegeben werden, und die App hilft bei der Terminvereinbarung und lotst den Nutzer zur Praxis. www.travedoc.com
Credit: Honestly
67
TRENDPROGNOSE
Die umfassende Ansprache des Kunden, die Bereitschaft und Ausdauer, Serviceleistungen neu zu denken sowie das Anerkennen der Tat-sache, dass die analoge und die digitale Welt nicht mehr voneinander zu trennen sind: Wer diese drei Punkte in Zukunft mitdenkt und auf das eigene Hotelkonzept herunterbricht, ist schon einen entscheidenden Schritt wei-ter. Den entscheidenden Schritt zum Kunden hin. In Zukunft gilt das fĂŒr groĂe Hotelketten genauso wie fĂŒr die familiengefĂŒhrte Hotelle-rie. Bei letzterer ist die Gefahr jedoch gröĂer, Aufgaben rund um die Kommunikation ver-spĂ€tet oder gar nicht zu bearbeiten. Das liegt schlicht daran, dass die Aufgaben meist nicht groĂ genug sind, um extra eine Person dafĂŒr einzustellen. Immer mehr Agenturen bieten hier maĂgeschneiderte UnterstĂŒtzung an.
68
Die Lehrlingszahlen in der Hotellerie sind stark rĂŒcklĂ€ufig. In Deutschland und Ăsterreich nehmen die Lehrlingszahlen stetig ab. Der österreichische Lehrlings-monitor 2015 kommt zu dem Ergebnis, dass die Ausbildungen in der Hotellerie zu den am schlechtesten bewerteten Lehrberufen in Ăsterreich gehören.
Die Hotellerie hat ĂŒber lange Jahre diese Entwicklung unterschĂ€tzt und ist nicht auf die BedĂŒrfnisse der jungen Generation eingegangen. Um dies zu Ă€ndern, muss in Zukunft die Art und Weise der Ausbildung in der Hotellerie neu erfunden werden, mit dem Ziel, einen âFaden der Motivationâ in der Ausbildung zu etablieren. Gut aus-gebildete und motivierte Mitarbeiter sind von entscheidender Bedeutung fĂŒr einen erfolgreichen Hotelbetrieb. DarĂŒber hinaus spielt Begeisterung eine groĂe Rolle. Wer nicht mit dem Herzen dabei ist, wird SpĂ€t-, Nacht- oder FrĂŒhschichten auch am Wo-chenende nicht lange mitmachen. AuĂerdem muss jeder bereit sein, in seinem Bereich Verantwortung zu ĂŒbernehmen. Ein Beispiel: Zum Housekeeping gehört deutlich mehr, als Zimmer zu sĂ€ubern. Man kontrolliert 60 bis 70 Zimmer am Tag und ist der Letzte, der die TĂŒr zumacht, bevor der Gast kommt, eine groĂe Verantwortung.
âZiel ist ein Faden der Motivation!â Jasna Vrdoljak ist Expertin in allen Belangen der Hotel- und Dienstleistungsbranche. Auf Basis ihrer langjĂ€hrigen praktischen Erfahrung spricht sie im Interview ĂŒber die neuen Anforderungen â in der Ausbildung und im Hotelmanagement.
Was gehört zu den Kernaufgaben eines Hotelmanagers?
Heutzutage setzt sich das Hotelteam â mehr denn je â aus Personen mit vielen verschiedenen NationalitĂ€ten und Hinter-grĂŒnden zusammen. Ein bunt gemischtes Team, das es zu fĂŒhren und zu coachen gilt. Neben der primĂ€ren Rolle des âGast-gebers bzw. Dienstleistersâ, der gezielt den Kontakt zum Gast sucht, liegt eine weitere Kernaufgabe â vor allem in herkömmlichen Businesshotels â im Hotelmarketing und der betriebswirtschaftlichen Optimierung.
Konnten Sie aufgrund Ihrer mehr als 30-jÀhrigen Erfahrung in der Hotellerie einen generellen Wandel in der Person des General Managers feststellen?
Definitiv! FrĂŒher hat der General Manager im besten Fall aus der Hotellobby fĂŒr einen reibungslosen Ablauf des Hotel-betriebes gesorgt. Er war direkt vor Ort fĂŒr GĂ€ste und Mitarbeiter ansprechbar. Heutzutage muss der General Manager aus verschiedenen GrĂŒnden vornehmlich aus dem Hintergrund operieren und dirigieren. Der Grund: Es mĂŒssen dauerhaft E-Mails und Anfragen beantwortet werden. Der Kommunikationsweg ist ĂŒberwiegend digita-lisiert, und daher fordert es viel Zeit im BĂŒro, um den Hotelalltag zu organisieren und zu koordinieren.
Die Entwicklung des Internets und die Digitalisierung lassen grĂŒĂen. Was sind die Anforderungen, die ein General Manager heutzutage erfĂŒllen muss?
Das ist von Hotel zu Hotel und je nach Hotelkette unterschiedlich. Jedoch lĂ€sst sich eine generelle Tendenz, speziell in den groĂen Hotelketten, feststellen. Sie setzen
âDie Quintessenz lautet also: Allrounder sind gefragt, die an der Schnittstelle von Gast, Mitarbeiter und Zahlen arbeiten.
69
Jasna Vrdoljak ist GeschĂ€ftsfĂŒhrerin der VSL Hotel Consulting GmbH. Ihr rasanter Aufstieg auf der Karriereleiter fĂŒhrte unter vielen anderen Positi-onen 1987 zu einer ersten Anstellung als Haus-damenassistentin und schlieĂlich 1996 als erste Hausdame im Hotel Seehof in Berlin. Von 2002 bis 2006 leitet sie als Executive Housekeeper ihr Team im FĂŒnf-Sterne-Superior ArabellaSheraton Grand Hotel MĂŒnchen. Eine zeitgleiche Zusatzausbildung zur Betriebswirtin an der FernUniversitĂ€t in Hagen rundet ihr Profil ab. So bekleidete sie ab 2006 die Stelle der ZentraleinkĂ€uferin bei Accor Purchasing Solution GmbH. 2007 eröffnete sie als Executive Housekeeper das Rocco Forte The Charles Hotel in MĂŒnchen mit. Nach zwei Jahren erfolgreichen Wirkens entschloss sie sich zur SelbstĂ€ndigkeit und grĂŒndete als GeschĂ€ftsfĂŒhrerin die VSL Hotel Consulting GmbH. Als selbstĂ€ndige Beraterin steht sie unter anderem weiterhin fĂŒr Hotelneueröffnun-gen der Rocco Forte Collection im Bereich House-keeping zur VerfĂŒgung.
Frau Vrdoljak wirkt vornehmlich auf den Feldern des Projekt- und QualitĂ€tsmanagements, der Personalentwicklung sowie bei Consulting-Fragen aller Art. Des Weiteren ĂŒbernimmt Jasna Vrdoljak als Gastgeberin/General Manager die Leitung einzelner Hotels, ob in der Pre-Opening-Phase oder in herausfordernden Situationen.
verstĂ€rkt auf General Manager, die sich im digitalen Zeitalter gut zurechtfinden und diesen Bereich im Hotel fördern, um Mitar-beiter sowie GĂ€ste auf dieser Ebene abholen zu können. Ebenfalls sollte ein General Manager ein guter Netzwerker sein, der mit Menschen und Organisationen tragfĂ€hige Beziehungen knĂŒpfen kann. Dies setzt eine hohe Empathie und soziale und kommunika-tive Kompetenz voraus.
Soweit eine Momentaufnahme. Wie sieht der General Manager von morgen aus?
Wenn mich jemand um Rat fragen wĂŒrde, wĂŒrde ich die âgesunde Mischungâ empfehlen. In gewisser Weise ein oder zwei Schritte zurĂŒck in die Vergangenheit. Ein General Manager, der neben dem betriebs-wirtschaftlichen Momentum seinen Fokus auf Mitarbeiter und den Kontakt zum Gast legt, um immer wieder den Puls zu spĂŒren. Wenn die Mitarbeiter zufrieden sind, sich im Betrieb wohlfĂŒhlen und ĂŒber lange Zeit dem Hotelbetrieb treu bleiben, hat dies auch eine positive Wirkung auf den Gast. Die Quint-essenz lautet also: Allrounder sind gefragt, die an der Schnittstelle von Gast, Mitarbeiter und Zahlen arbeiten. Diese Art von General Managern gibt es auch bereits, und es zeigt sich, dass diese HĂ€user sehr erfolgreich sind. âAllrounderâ werden also in Zukunft mehr denn je gefragt sein.
70
Tourismus im Europavergleich
Der Europavergleich zeigt die Bedeutung des Tou-rismus fĂŒr Ăsterreich. Bei den GĂ€stenĂ€chtigungen liegt Ăsterreich im Ranking der EU-LĂ€nder an der beindruckenden fĂŒnften Stelle. Der hohe Anteil von AuslĂ€ndernĂ€chtigungen fĂŒhrt zu einer positiven Devi-senbilanz aus dem internationalen Reiseverkehr. Die
Einnahmen durch auslĂ€ndische GĂ€ste in Ăsterreich ĂŒbersteigen deutlich die Ausgaben der reisefreudigen Ăsterreicher im Ausland. Der Vergleich mit Deutsch-land und Schweiz zeigt aber auch, dass der Tourismus in Ăsterreich stĂ€rker vom Top-Herkunftsland abhĂ€ngig ist und es eine ausgeprĂ€gtere SaisonabhĂ€ngigkeit gibt.
NĂ€chtigungen in der EU
NÀchtigungen in Hotels, Beherbergungsbetrieben, CampingplÀtzen, Erholungsparks 2014
Quelle: Eurostat, 2015
Spanien
Frankreich
Italien
Deutschland
Ăsterreich
Niederlande
Griechenland
Polen
Kroatien
Portugal
Schweden
Tschech. Rep.
Belgien
DĂ€nemark
Irland
Ungarn
Bulgarien
RumÀnien
Finnland
Zypern
Slowakei
Slowenien
Malta
Litauen
Estland
Lettland
Luxemburg
NÀchtigungenAnteil AuslÀnder-nÀchtigungen
Durchschnittl. Aufenthaltsdauer
403.963.022
402.315.167
377.770.806
366.527.398
110.440.776
99.751.562
95.116.396
66.579.589
66.124.991
54.979.437
52.280.371
42.946.929
32.605.681
29.646.899
29.166.382
26.053.873
21.698.391
20.230.245
19.786.022
13.715.342
10.781.015
9.470.452
8.780.948
6.465.004
5.809.464
4.158.418
2.867.811
64
33
49
20
71
35
79
20
92
65
23
51
52
36
39
47
65
19
29
94
36
63
96
47
67
69
88
643349207135792092652351523639476519299436639647676988
3,8
2,6
3,5
2,4
3,3
2,8
4,4
2,7
5,1
3,1
2,0
2,8
2,2
4,4
2,8
2,6
3,6
2,4
1,9
5,8
2,9
2,7
5,6
2,4
1,9
2,0
2,5
71
Der Deutsche, des Ăsterreichers hĂ€ufigster Gast
Struktur der auslĂ€ndischen GĂ€ste nach den HerkunftslĂ€ndern in Deutschland, der Schweiz und Ăsterreich (Anteil an den NĂ€chtigungen in Prozent) 2014
Es ist wieder Saison
NĂ€chtigungen im Jahresverlauf (nach Monaten) in Deutschland, der Schweiz und Ăsterreich 2014(100% = Durchschnitt aller 12 Monate)
Ein positiver Saldo
Devisenbilanz aus dem internationalen Reisever-kehr* in Europa (in Mio. US-Dollar)
* In D und Ă in Beherberungsbetrieben, in CH in der Hotellerie Quelle: Statistik Austria, Statistik Schweiz, Statistisches Bundesamt, 2015
Quellen: WKO, Statistik Austria, Statistik Schweiz, Statistisches Bundesamt, 2015
* ohne internationalen PersonentransportQuelle: UNWTO, 2015
Deutschland
Deutschland
Schweiz
Top-5 positives Saldo
Top-5 negatives Saldo
Schweiz
Ăsterreich
Ăsterreich
Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . 14,5Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7,8USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6,8GroĂbritannien . . . . . . . . . . . . . . . 6,8Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4,8Ăsterreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4,7Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4,3DĂ€nemark . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4,2Belgien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3,9Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3,2restl. LĂ€nder . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . .22,1GroĂbritannien . . . . . . . . . . . . . . . 8,4USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8,3Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6,7China . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5,2Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5,1Golfstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3,9Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3,4Belgien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3,1Russland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .2,7restl. LĂ€nder . . . . . . . . . . . . . . . . . 31,1
Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . 52,5Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9,4Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4,7GroĂbritannien . . . . . . . . . . . . . . . 3,5Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2,9Belgien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .2,7Tschechische Republik . . . . . . . . 2,2Russland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1,9Ungarn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1,7restl. LĂ€nder . . . . . . . . . . . . . . . . 16,5
180
160
140
120
100
80
60
40
20JĂ€nner Dezember 0 20.000 60.00040.000 80.000
SpanienTĂŒrkeiItalien
FrankreichGriechenland
ĂsterreichKroatienPortugal
+44.097+23.180+16.888+13.687+13.601
+9.961+8.615+8.139
IrlandDĂ€nemark
NiederlandeSchweden
BelgienGroĂbritannien
NorwegenDeutschland
-1.686-3.735-4.880-6.088-8.111
-11.901-12.716-44.589
Einnahmen Ausgaben Saldo
72
TourismusintensitÀt
Die touristisch am stÀrksten geprÀgten BundeslÀn-der sind Tirol, Salzburg, KÀrnten und Vorarlberg. Auf einen Tiroler kommen 61 GÀstenÀchtigungen pro Jahr, auf einen Vorarlberger 22 und auf einen Niederösterreicher 4. In der tourismusintensivsten
Gemeinde Ăsterreichs, in Ischgl, liegt der entspre-chende Wert bei ĂŒber 850. Dabei ist â wie die Daten nach Bundesland und Kategorie zeigen â eine saisonale Bettenauslastung von ĂŒber 50 Prozent ein schon sehr guter Wert.
Tourismusland Tirol
TourismusintensitÀt pro Einwohnerin und Einwohner 2014 (Anzahl der NÀchtigungen pro Einwohner)
Quelle: Statistik Austria, 2015
Tirol 61
Burgenland 10
KĂ€rnten 22
Ăsterreich 16
Wien 8
Salzburg 48
Steiermark 9
Vorarlberg 22
Ober-österreich 5Nieder-österreich 4
73
Verbesserung im Sommer
Auslastung der Betten (in %) fĂŒr die Winter- und Sommersaison von 2004 bis 2014
Leere Betten bringen keinen Umsatz Auslastung der Betten (in %) fĂŒr die Wintersaison 2013/14 und die Sommersaison 2014
Quelle: Statistik Austria, 2015
Quelle: Statistik Austria, 2015
5-/4-Ster-ne-Hotels
5-/4-Ster-ne-Hotels
TirolBurgen- land
2-/1-Sterne-Hotels
2-/1-Sterne-Hotels
KĂ€rnten Wien
3-Sterne-Hotels
3-Sterne-Hotels
Salzburg Steiermark
Gewerbliche FerienhÀuser
Gewerbliche FerienhÀuser
VorarlbergOber-österreich
Nieder-österreich
40
30
20
10
0
40
30
20
10
02003/2004 20042013/2014 2014
Wintersaison
Wintersaison 2013/2014
Sommersaison 2014
Sommersaison
47 35 34 35 50 45 56 52 49
14 20 17 22 40 26 47 44 49
5 11 13 16 34 19 36 34 38
4 23 9 13 36 27 42 42 39
55 52 47 49 52 52 50 36 63
38 37 30 37 35 31 38 35 64
24 21 19 24 24 20 25 27 54
29 29 13 26 21 19 22 23 54
47 35 34 35 50 45 56 52 49
14 20 17 22 40 26 47 44 49
5 11 13 16 34 19 36 34 38
4 23 9 13 36 27 42 42 39
55 52 47 49 52 52 50 36 63
38 37 30 37 35 31 38 35 64
24 21 19 24 24 20 25 27 54
29 29 13 26 21 19 22 23 54
74
Hotellerie in Zahlen
Kennzahlen helfen beim Vergleich mit den Mitbe-werbern und beim VerstĂ€ndnis der eigenen Branche. Die ĂHT Tourismusbank reiht dafĂŒr die Bilanzzahlen von Beherbergungsbetrieben vom âschlechtestenâ zum âbestenâ Wert fĂŒr die jeweilige Kennzahl. Den Median bildet dabei jener Wert, den das Unterneh-men hat, bei dem die HĂ€lfte der Hotels âschlechterâ
und die andere HĂ€lfte âbesserâ ist. Beim âoberenâ Quartil haben 75% der Hotels einen âschlechterenâ und nur 25% einen âbesserenâ Wert. Aber nicht nur auf betrieblicher Ebene sind die Zahlen zum Tourismus interessant. So zeigen die Daten, dass die Tourismusbranche ein volkswirtschaflich wichtiger Arbeitgeber ist.
Das gröĂte Bettenangebot
Bettenangebot und BetriebsgröĂe 2013/14 nach Gemeinden
Quelle: Statistik Austria, 2015
Sommer
Winter
Wien
Saalbach-Hinterglemm
Sölden
Salzburg
Ischgl
Sankt Anton am Arlberg
Mittelberg
Zell am See
Flachau
Obertauern
65.900
17.400
17.000
12.800
11.400
11.000
10.400
9.300
9.100
8.800
66.900
14.800
13.800
13.700
11.400
10.200
9.100
8.900
8.600
8.600
Wien
Saalbach-Hinterglemm
Sölden
Salzburg
Ischgl
Mittelberg
Zell am See
St. Kanzian am Klopeiner See
Mayrhofen
Lech
Betten DurchschnittsbetriebsgröĂe in Betten/Betrieb
88
33
22
68
22
10
22
21
19
33
88
32
24
67
22
16
10
21
20
49
75
Ein wichtiger Arbeitgeber
Arbeitnehmer im Beherbergungs- und GaststĂ€ttenwesen im Jahresdurchschnitt 2014 (ohne geringfĂŒgige BeschĂ€ftigungen)
Verteilung der Hotels in Ăsterreich
Beherbergungsbetriebe in Ăsterreich zum Stichtag 31.12.2014 (aktive Gewerbeberechtigungen)
Kennst du deine Zahlen?
Kennzahlen der ĂHT (Tourismusbank) in der 3- bzw. 4/5-Sterne-Hotellerie in Ăsterreich 2014
Quelle: WKO, Statistik Austria, 2015
Quelle: WKO, 2015
Der Median ist jener Wert, bei dem 50% der Hotels in der Stichprobe âschlechtereâ und 50% der Hotels âbessereâ Werte aufweisen. Der obere Quartilswert ist jener Wert, bei dem 75% der Hotels in der Stichprobe âschlechtereâ und nur 25% âbessereâ Werte aufweisen. Quelle: ĂHT Ăsterreichische Hotel und Tourismusbank, 2015
3-Sterne-Hotels 4/5-Sterne-Hotels
Median Medianoberes Quartil oberes Quartil
Arbeitnehmer gesamtAnteil auslÀndische
Arbeitnehmer
Betriebseinnahmen in ⏠. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 812.000 . . . . .1.141.000 . . . . . . . . . . . 2.121.000 . . . . 3.370.000
Beherbergungserlöse in % der Betriebseinnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 . . . . . . . . . . .62 . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 . . . . . . . . . . 70
Personalaufwand in % der Betriebseinnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 . . . . . . . . . . .26 . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 . . . . . . . . . . 31
Wareneinsatz in % der Betriebseinnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 . . . . . . . . . . .14 . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 . . . . . . . . . . 12
Verschuldung pro Zimmer in ⏠. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34.000 . . . . . . . 24.000 . . . . . . . . . . . . . 80.000 . . . . . . .52.000
Gesamterlös pro Zimmer in ⏠. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24.000 . . . . . . . 36.000 . . . . . . . . . . . . . 38.800 . . . . . . 56.600
durchschnittlicher Pensionserlös in ⏠. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 . . . . . . . . . . .55 . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 . . . . . . . . . . 95
Wien
Tirol
Salzburg
Niederösterreich
Steiermark
Oberösterreich
KĂ€rnten
Vorarlberg
Burgenl.
42.954
34.690
23.588
23.539
22.426
20.203
13.573
10.637
6.123
53%
50%
49%
38%
32%
35%
32%
53%
53%
535049383235325353
3,5 Mio.
5,6%
GesamtbeschĂ€ftigte in Ăsterreich
Anteil der Arbeitnehmer in Beherbergungs- und GaststÀtten-wesen an den GesamtbeschÀftigten
TirolBurgenland KÀrnten WienSalzburg Steiermark VorarlbergOber-österreich
Nieder-österreich
104457 319 248
751345
1.328
263 124
76
Unsere GĂ€ste
In den letzten 55 Jahren hat sich die AbhÀngigkeit von den GÀsten aus Deutschland reduziert und sich die Herkunft unserer GÀste diversifiziert. Dazu beigetra-gen hat der starke Zuwachs von Reisenden aus den neuen EU-LÀndern. Die Zuwachsraten der NÀchti-
gungen in den letzten 14 Jahren aus diesen LĂ€ndern war mindestens dreistellig. Viele dieser GĂ€ste haben sich inzwischen zu StammgĂ€sten entwickelt. Mehr als die HĂ€lfte aller GĂ€ste kommen regelmĂ€Ăig nach Ăsterreich.
14 Jahre Wachstum
VerÀnderung der NÀchtigungen im Zeitraum 2000 bis 2014 (in 1000 NÀchtigungen)
Quelle: Ăsterreich Werbung, 2015
Baltische Staaten
RumÀnien
Bulgarien
ehem. Jugoslawien
Slowakei
Ukraine
Russland
Tschechien
TĂŒrkei
Ungarn
Polen
Slowenien
Norwegen
Irland
Finnland
Luxemburg
DĂ€nemark
Schweiz
Spanien
Kroatien
Belgien
Niederlande
Frankreich
Schweden
Ăsterreich
GroĂbritannien
Italien
Deutschland
Griechenland
NÀchtigungen 2014 NÀchtigungen 2000VerÀnderung
in Prozent
+1.199
+848
+353
+301
+292
+287
+240
+224
+155
+126
+112
+104
+102
+97
+90
+78
+64
+61
+57
+35
+30
+22
+22
+18
+15
+10
+10
-5
-7
21
86
46
72
151
89
530
685
88
729
755
201
157
123
174
181
879
2.892
452
248
2.035
7.376
1.461
678
31.153
3.066
2.534
52.334
169
272
812
210
287
591
343
1.800
2.217
223
1.651
1.600
411
317
243
330
322
1.438
4.642
712
334
2.650
9.013
1.776
801
35.668
3.365
2.778
49.512
158
77
Kurzurlaub
Durchschnittliche Aufenthaltsdauer nach HerkunftslÀndern 2014
Wo unsere GĂ€ste herkamen
Entwicklung der Anteile der AuslĂ€ndernĂ€chtigungen in Ăsterreich der Top-10-HerkunftslĂ€nder im Jahr 2014
Ausgaben, StammgÀste
Ausgaben pro Person* und Tag in Euro
Besuchserfahrung in Ăsterreich
5,4 Tage
4,2 Tage
1,4 Tage
Quelle: WKO, Statistik Austria, 2015
Quelle: Wifo-Monatsberichte, 1977, Statistik Austria, WKO, 2015
*Kinder unter 14 Jahren werden als 0,48 Personen gerechnet. Quelle: Tourismus Monitor Austria, Ăsterreich Werbung
Niederlande
Belgien
DĂ€nemark
Deutschland
GroĂbritannien
Schweden
Russland
Polen
Schweiz
Israel
Frankreich
Tschechische Republik
Ungarn
Slowakei
Arab. LĂ€nder Asiens
RumÀnien
Slowenien
Kroatien
Italien
Australien
USA
Spanien
Japan
SĂŒdkorea
China
5,4
5,2
4,5
4,2
4,2
3,9
3,9
3,8
3,5
3,5
3,4
3,4
3,4
3,3
3,3
3,1
3,0
3,0
2,6
2,5
2,4
2,3
2,0
1,5
1,4
Niederlande
Deutschland
China
100
80
60
40
20
01959 2014200519901973
52,5%Deutschland
Deutschland
restliche LĂ€nder
9,4% Niederlande4,7% Schweiz3,5% GroĂbritannien2,9% Italien2,7% Belgien2,2% Tschech. Rep.2,0% Russland1,9% Frankreich
18,2% restliche LĂ€nder
SommerWinter
Unterkunft
An- und RĂŒckreise
Essen und GetrÀnke
Transport
Sonstige Ausgaben 30
26
5
22
21
45
21
22
20
54
152
125
52%Mindestens 1x jÀhrlich
31%alle paar
Jahre
10%
7% zum 1. Mal
zum 2. Mal
78
Die Top 5 Saison-Zielorte
In welche österreichischen Orte reisen die GĂ€ste aus den Top-HerkunftslĂ€ndern am liebsten? FĂŒr Deutschland, die Niederlande, die Schweiz, GroĂbri-tannien und Italien haben wir, jeweils fĂŒr die Som-mer- und Wintersaison, die fĂŒnf Top-Destinationen in Ăsterreich herausgegriffen und visualisiert. Dabei zeigt sich, dass verschiedene Nationen oft eine
AffinitĂ€t zu bestimmten Orten haben. So lockt die beliebte ZDF-Serie âDer Bergdoktorâ viele deutsche GĂ€ste nach Ellmau. Und seit dem ersten, im Jahr 1928 von Ăsterreichern und EnglĂ€ndern gemeinsam organisierten Arlberg-Kandahar-Skirennen liegt âStantonâ ganz vorne in der Gunst der britischen Winterurlauber.
DeutschlandSommerWien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.587.000Mittelberg . . . . . . . . . . . . . . . . 713.000Eben am Achensee . . . . . . . . 423.000Saalbach Hinterglemm . . . . 326.000Ellmau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285.000
WinterWien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1041.000Sölden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 919.000Ischgl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616.000Mittelberg . . . . . . . . . . . . . . . . 612.000Saalbach Hinterglemm . . . . 538.000
25 Mio.
13,6%
Gesamt
NĂ€chtigungen NĂ€chtigungen
Anteil der Top 5
24,5 Mio.Gesamt
15,2%Anteil der Top 5
NiederlandeSommerWien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120.000Hermagor Pressegger See . . 81.000Ossiach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80.000Radenthein . . . . . . . . . . . . . . . . 65.000Mayrhofen . . . . . . . . . . . . . . . . . 60.000
WinterSaalbach Hinterglemm . . . . 238.000Sölden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198.000Gerlos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197.000Flachau. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162.000Fiss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146.000
3,6 Mio.
11,3%
Gesamt
NĂ€chtigungen NĂ€chtigungen
Anteil der Top 5
5,4 Mio.Gesamt
17,3%Anteil der Top 5
Quelle: Ăsterreich Werbung
79
GroĂbritannienSommerWien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295.000Salzburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67.000Mayrhofen . . . . . . . . . . . . . . . . . 51.000Seefeld in Tirol . . . . . . . . . . . . . 48.000KitzbĂŒhel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47.000
WinterSt. Anton am Arlberg. . . . . . . 251.000Wien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190.000Sölden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148.000Mayrhofen . . . . . . . . . . . . . . . . 128.000Saalbach Hinterglemm . . . . . 97.000
1,2 Mio.
40,9%
Gesamt
NĂ€chtigungen NĂ€chtigungen
Anteil der Top 5
2,1 Mio.Gesamt
38,9%Anteil der Top 5
SchweizSommerWien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221.000Serfaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153.000Seefeld in Tirol . . . . . . . . . . . . 126.000Eben am Achensee . . . . . . . . . 77.000Fiss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65.000
WinterWien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174.000Serfaus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109.000Ischgl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95.000Fiss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79.000Sölden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77.000
2,5 Mio.
25,4%
Gesamt
NĂ€chtigungen NĂ€chtigungen
Anteil der Top 5
2,1 Mio.Gesamt
25,3%Anteil der Top 5
ItalienSommerWien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330.000Seefeld in Tirol . . . . . . . . . . . . . 76.000Salzburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60.000Neustift im Stubaital . . . . . . . 52.000Innsbruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49.000
WinterWien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344.000Innsbruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65.000Salzburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64.000Bad Kleinkirchheim. . . . . . . . . 31.000Villach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25.000
1,7 Mio.
32,8%
Gesamt
NĂ€chtigungen NĂ€chtigungen
Anteil der Top 5
1 Mio.Gesamt
52,4%Anteil der Top 5
Eine Publikation vom