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1 Das Tempelhofer Feld Die Nutzung des Tempelhofer Feldes in der Zeit des deutschen Nationalsozialismus (1933-1945) Das Tempelhofer Feld als Zentrum des zivilen Luftverkehrs, als Luftrüstungszentrum, als Standort von Zwangsarbeit und als Führungs- & Nachschubzentrum der Nazi-Luftwaffe. Mirko Assatzk Bezirksverordneter Stand: Dienstag, 6. September 2011

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Page 1: Das Tempelhofer Feld Die Nutzung des Tempelhofer Feldes in ......deutschen Nationalsozialismus (1933-1945) Das Tempelhofer Feld als Zentrum des zivilen Luftverkehrs, als Luftrüstungszentrum,

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Das Tempelhofer Feld

Die Nutzung des Tempelhofer Feldes

in der Zeit des

deutschen Nationalsozialismus

(1933-1945)

Das Tempelhofer Feld als

Zentrum des zivilen Luftverkehrs,

als Luftrüstungszentrum,

als Standort von Zwangsarbeit und

als Führungs- & Nachschubzentrum der Nazi-Luftwaffe.

Mirko Assatzk

Bezirksverordneter

Stand:

Dienstag, 6. September 2011

Page 2: Das Tempelhofer Feld Die Nutzung des Tempelhofer Feldes in ......deutschen Nationalsozialismus (1933-1945) Das Tempelhofer Feld als Zentrum des zivilen Luftverkehrs, als Luftrüstungszentrum,

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0. Einleitung

I. Das Tempelhofer Feld als Teil des Luftrüstungskomplexes Groß- Berlin

II. Das Tempelhofer Feld als Heimatflughafen der Deutschen Luft Hansa AG.

II.1 Die Entwicklung des Tempelhofer Flugfelds zum Heimatflughafen der Deutschen Luft Hansa AG (Januar 1926 – Dezember 1932).

II.2 Der Flughafen Tempelhof und seine Entwicklung zum Weltflughafen (Januar 1933 - August 1939).

II.3 Die militärische Nutzung des (Welt-)Flughafens Tempelhof (Januar 1933 – August 1939).

III. Die Metamorphose des Tempelhofer Feldes zu einem Zentrum der Luftrüstung und der deutschen Luftkriegsführung

III.1 Vom Weltflughafen zum Fliegerhorst der Nazi-Luftwaffe. Das Verglimmen der zivilen Nutzung.

Tempelhof als ein Zentrum der deutschen Luftkriegsführung (1939/43).

III.2 Vom DLH- Instandsetzungszentrum, über das „Umbauwerk Tempelhof“ zum innerstädtischen Luftrüstungszentrum

(September 1939 – Dezember 1942).

III.3 Von Qualitäts- über unfreie Arbeit zur Zwangsarbeit (1940-1942).

IV. Die Nutzung des Tempelhofer Feldes in den Jahren 1943 und 1944.

IV.1 Das Verglimmen der zivilen Nutzung. Tempelhof als ein Zentrum der deutschen Luftkriegsführung (1943/44).

IV.2 Das Luftrüstungszentrum Tempelhof .

IV.3 Zwangsarbeit auf dem Tempelhofer Feld.

V. Der Ruin der nationalsozialistischen Nutzung des Tempelhofer Feldes (1944/45).

V.1 Das Erlöschen der zivilen Nutzung. Tempelhof als einer der letzten Fluchtpunkte der Nazi-Elite aus Berlin.

V.2 Von der Luftkriegsführung zum Erdkampf. Letzte Kämpfe um Tempelhof.

V.3 Das Ende der Luftrüstung in Tempelhof .

V.4 Das Ende der Zwangsarbeit um und auf dem Tempelhofer Feld.

6. Fazit

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Einleitung

Vor über 30 Jahren initiierten Jusos, gemeinsam mit noch lebenden, ehemals verfolgten und inhaftierten Genossen von

KPD und SPD, eine Gedenkstätte für das KZ Columbia-Haus zu errichten. In der damaligen offiziellen Geschichtsschrei-

bung der Frontstadt Berlin und der Bundesrepublik, in den Instituten der bundes-republikanischen Universitäten war die

Erforschung dieser umfangreichen Geschichte nur eine Fußnote. Anfang der 90er Jahre konnte mit Unterstützung des

damaligen Bildungsstadtrats Klaus Wowereit aus Tempelhof das Denkmal für das KZ Columbia-Haus an der Kreuzung

Golßener Straße / Columbiadamm geplant und errichtet (1994) werden. Doch es steht nicht am authentischen Ort und

die europäischen Zwangsarbeiter wurden in die Ehrung nicht einbezogen. - Nachdem im Oktober 2008 der Flughafen

Tempelhof endgültig geschlossen und umgewidmet wurde, machten sich die immer noch aktiven Mitglieder des „Mieter-

Rats Chamissoplatz“ daran, Unerledigtes unter neuen Bedingungen umzusetzen.

Nachdem zum Jahreswechsel 2009/2010 eine Verständigung zwischen SPD und DIE LINKE. im Abgeordne-

tenhaus nicht zustande kam, wandte sich Beate Winzer an die Fraktion DIE LINKE. in Friedrichshain-Kreuzberg mit der

Bitte, den verworfenen Antragstext in die BVV einzureichen. Dem wurde im Februar 2010 mit der Drucksache 1685/III

nachgekommen: „Schaffung eines Informations- und Gedenkortes am Columbiadamm bei der Entwicklung des Tempel-

hofer Feldes berücksichtigen!“ und am 29. Juni 2010 von der Bezirksverordnetenversammlung beschlossen.

Das Bezirksamt wird beauftragt, sich gegenüber dem Berliner Senat dafür einzusetzen, dass der Senat bei der Ent-

wicklung des Tempelhofer Feldes die Schaffung eines Informations- und Gedenkortes in Erinnerung an das Konzent-

rationslager Columbia-Haus, das erste nationalsozialistische Konzentrationslager in Berlin, vorsehen möge. Der Ort

soll auch der Erinnerung an die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter dienen, die von 1938 bis 1945 auf, um und

unter dem Flughafengebäude rund um die Uhr Sturzkampfbomber der Junkers-Serie herstellen mussten, sowie auf

die militärische Bedeutung des Fliegerhorstes Tempelhof während des Zweiten Weltkrieges hinweisen. Als Standort

ist der Bereich auf der Südseite des Columbiadamms vorzusehen, der jederzeit, auch während der Internationalen

Gartenbauausstellung (IGA), frei zugänglich sein soll. Die Konzeptentwicklung und die Trägerschaft für diesen neuen

Informations- und Gedenkort sollen in den Händen der Stiftung Topographie des Terrors liegen. Der Informations-

und Gedenkort ist aus der Maßnahme zur Entwicklung des Tempelhofer Feldes zu finanzieren.“

Bei der am 15. Juni 2010 stattgefundenen Anhörung zum Thema „Informations- und Gedenkort Tempelhof“ im

BVV-Saal von Friedrichshain-Kreuzberg, bei der Geschichtswissenschaftler und Zeitzeugen, hohe Berliner Beamte,

Bezirks- und Landespolitiker zusammenkamen, wurde bestätigt: Die Geschichte des Tempelhofer Flughafens besteht

nicht nur aus der Zeit der Luftbrücke 1948, sondern zur Geschichte des Tempelhofer Flughafens gehört auch die finstere

Nazi-Zeit (1933/45). Hier befand sich bis 1936 das wichtigste Konzentrationslager der frühen Nazi-Zeit, das KL Colum-

bia-Damm, in dem berühmte Weimarer Demokraten gefangen und gequält wurden. Von hier aus nahm Struktur und

Logistik aller deutschen Konzentrationslager ihren Anfang. Vom „Weltflughafen Tempelhof“ aus flogen, die seit Anfang

1941 in den Abfertigungshallen („Bügel“) montierten Sturzkampfbomber in alle Richtungen Europas, um friedliche Städte

in Schutt und Asche zu legen. In den ober- und unterirdischen Flughafenanlagen mussten von Ende 1938 bis April 1945

Tausende europäische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter Luftrüstungsgüter erzeugen. Viele, viele von ihnen

starben und sind anonym beigesetzt worden.

Die BVV von Tempelhof-Schöneberg beschloss am 27. Oktober 2010 die Drucksache „Informations- und Ge-

denkort Tempelhof“ (DS 1494 und 1126/XVIII). „Das Bezirksamt wird ersucht, sich gegenüber dem Berliner Senat dafür

einzusetzen, dass bei der Entwicklung des Tempelhofer Feldes ein Informations- und Gedenkort in Erinnerung an das

Konzentrationslager in Tempelhof und die dort befindlichen Zwangsarbeiterlager geschaffen wird. Das 1994 von dem

Bildhauer geschaffene Columbia-Haus-Mahnmal soll dabei in die neu zu planende Gedenkstätte integriert werden. Da-

rüber hinaus sollen Vertreter der angrenzenden Bezirke in den Planungsprozess mit einbezogen werden.“

Im Sommer 2010 bildete die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung eine Arbeitsgruppe „Gedenkstrategie“. In

ihr sind die Vertreterinnen und Vertreter des Alliierten-Museums, des Deutschen Historischen Museums, der Senats-

kanzlei, Abteilung Kultur, der Topographie des Terrors, der Landeskonservator, der Grün Berlin GmbH, der BIM, vom

Tempelhof Projekt, des Dokumentationszentrums ehem. Notaufnahmelager Marienfelde, der Gedenkstätte Deutscher

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Widerstand, des Mieterrats Chamissoplatz, des Deutschen Technischen Museums, des Heimatmuseums Tempelhof, der

Gedenkstätte Sachsenhausen, der Kulturstadtrat von FK, des Dokumentationszentrums Zwangsarbeit Schöneweide

sowie des Förderverein für ein Gedenken an die Nazi-Opfer um und auf dem Tempelhofer Flugfeld e.V. vertreten. Ferner

gründete sich das „Berliner Forum für Geschichte und Gegenwart e.V.“ zur Erforschung der Geschichte des Tempelhofer

Felds unter der Leitung der Professorin Dr. Stefanie Endlich.

Am 23. Juni 2011 beschloss das Berliner Abgeordnetenhaus auf Antrag der Fraktion der SPD und der Links-

fraktion mit deren Stimmen und denen von CDU und B90/Die Grünen: „Schaffung eines Gedenk- und Informationsortes

am Columbiadamm bei der Entwicklung des Tempelhofer Feldes berücksichtigen“. In der Drucksache 16 / 4267 wurde

der „Senat aufgefordert, bei der Entwicklung des Tempelhofer Feldes

an das Konzentrationslager im Columbia-Haus, eines der ersten nationalsozialistischen Konzentrationslager in Berlin,

die Zwangsarbeiterlager für die Rüstungsproduktion,

die Nutzung des bei Kriegsbeginn fast fertiggestellten Flughafenbaus als Fliegerhorst der Luftwaffe

durch die Schaffung eines Gedenk- und Informationsortes am Columbiadamm dauerhaft zu erinnern und diese Aspekte

angemessen in das Gesamtkonzept zur Darstellung der historischen Entwicklung des Tempelhofer Feldes einzubezie-

hen.“

Die vor 30 Jahren gestartete Initiative ist trotz dieser Beschlüsse noch weit von ihrem Ziel entfernt: Schaffung eines

Informations- und Gedenkortes in Erinnerung an das Konzentrationslager Columbia-Haus und an die europäischen

Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter sowie an die militärische Nutzung des Fliegerhorstes Tempelhof während des

Zweiten Weltkrieges.

Die Nutzung eines Teils des Tempelhofer Feldes als Konzentrationslager, die Geschichte des KL Columbia-Damm von

1933 bis 1936, wurden in der Monografie der Politikwissenschaftlerin Beate Winzer „Erinnerungsbroschüre für d as ver-

gessene Columbia-Haus“ behandelt.

Diese Monografie jedoch soll zur Aufhellung dieses, von der Frontstadt West-Berlin (1949-1989) und auch bisher von der

zusammenwachsenden Bundeshauptstadt aus dem öffentlichen Bewusstsein weggesperrten Abschnitts der Geschichte

des Tempelhofer Flugfeldes dienen, nämlich seine Nutzung

als Standort von Zwangsarbeit (1938/39-1945),

als Führungs- & Nachschubzentrum der Nazi-Luftwaffe (1939-45) und

als Luftrüstungszentrum (1940-45).

Der Autor

Geboren 1963 in Berlin-Friedrichshain. Lebt in Prenzlauer Berg und arbeitet in Friedrichshain-

Kreuzberg.

Mobil: 0162 / 544 1835

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I. Das Tempelhofer Feld als Teil des Luftrüstungskomplexes Groß- Berlin

Berlin war nach dem Ruhrgebiet und dem mitteldeutschen (Halle-Leipzig-Chemnitz) Industriegebiet, das drittgrößte In-

dustriegebiet Deutschlands, und hinsichtlich seiner Industrialisierungsdichte und aufgrund seines räumlich komprimierten

ökonomischen Potentials seit Anfang des 20. Jahrhunderts einzigartig. Der Berliner Industrieraum beschränkte sich seit

den 20er Jahren nicht allein auf das Stadtterritorium (878 km²), sondern hatte auch seine Trabantenstädte (Oranienburg,

Hennigsdorf, Babelsberg, Teltow und Erkner) und die benachbarten Landkreise Brandenburgs in sein Profil mit einbezo-

gen. Elektrotechnik, Maschinenbau und Konfektionsindustrie waren die drei wichtigsten Industriezweige der Stadt. Zu-

sammen mit der sich gleichfalls entwickelnden Metall-Industrie bestimmte sie die Regionalstruktur der Wirtschaft, wobei

sich mehr und mehr die elektro-technische / elektronische Industrie in den Vordergrund zu schieben begann. 50 Prozent

der deutschen Produktion kamen schließlich aus Berlin. Von 1933 bis 1939 erreichte der Maschinenbau eine Verdreifa-

chung der Beschäftigungszahlen. Zusammen mit Feinmechanik und Optik betrug die Zahl der Arbeitskräfte in der Elekt-

rotechnik 1939 265.400. Innerhalb des Maschinenbaus (156.000) bestimmte die Teilefertigung für den Flugzeug- und

Kraftfahrzeugbau das Produktionsprofil. Im Juni 1941 wies das Statistische Amt der Reichshauptstadt Berlin bereits

280.800 Metallarbeiter1 aus.

Der Großraum Berlin wurde in den Jahren von 1933 bis 1945 zum bedeutendste Standort der vornehmlich mili-

tärisch ausgerichteten Luftfahrtindustrie. Die großen Flugzeugmontage- und Flugmotorenwerke (ARADO, BÜCKER,

HEINKEL, HENSCHEL, WESERFLUG bzw. ARGUS, BMW, DAIMLER-BENZ und HIRTH), der große Verkehrsflughafen

Tempelhof, die kleineren Werks- und Militärflugplätze Döberitz, Gatow, Johannisthal, Oranienburg, Potsdam, Rangsdorf,

Schönefeld, Staaken, Tegel u.a., die exklusive Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt e.V., die Eprobungsstellen des

RLM in Diepensee und Werneuchen sowie die enorme Konzentration der Zulieferer- und Ausrüstungsindustrie in Form

der elektrotechnischen, fein-mechanischen und optischen Industrie machten in dieser Dichte den Standort einzigartig. -

Was war das für ein Gegensatz zu den 20er Jahren, wo sich um die DVL in Johannisthal nur wenige kleine Firmen grup-

pierten, die nicht einmal regionalen Charakter hatten, und deren Mitarbeiter an zwei Händen abzuzählen waren. Die

Berliner Luftfahrtindustrie übertraf bereits 1935/36 den Organisationsgrad und die Leistungsfähigkeit der kaiserlichen

Luftrüstungsindustrie von 1917/18.

Die Ansiedlung von Flugzeugzellen- und Flugmotorenwerke übte auf die Gestaltung der Infrastruktur im Berliner

Raum großen Einfluss aus. Die Flugzeugzellenkonzerne benötigten gute Straßen- und Schienenverbindungen zu den

Motorenherstellern nach Basdorf, Genshagen, Reinickendorf und Waltersdorf zu den Zulieferer- und Ausrüstungs-

Betrieben sowie den Wohnbezirken des Stadtkernbereichs. Nicht zuletzt aus diesem Grund begann die Bautätigkeit an

der äußerst wichtigen Berliner Nord-Süd-Bahn/S-Bahn vom Stettiner Bahnhof zum Brandenburger Tor bereits 1934. Am

28. Juli 1936 wurde die erste Teilstrecke fertig gestellt. Im April 1939 konnte der nördliche Abschnitt bis zum Potsdamer

Platz eröffnet werden. Die südlichen Streckenabschnitte, die eine Verbindung zur "Ringbahn" herstellten und den Pots-

damer und Anhalter Bahnhof berührten, wurden im Oktober und November 1939 in Betrieb genommen. Die Planung sah

eine Frequenz von 27 Zügen je Stunden in beide Richtungen für den Berufsverkehr vor, und die Züge verbanden jetzt

durchgehend die Strecken von Oranienburg nach Wannsee und von Velten nach Malchow. Die Linie führten über die

"Friedrichstraße" und verstärkte die Position des Bahnhofs als zentraler Fernbahnhof Berlins. Auch das Straßenbahn-

netz wurde ausgebaut: Am 10. August 1940 wurde Berlins längste Straßenbahnlinie (147) von Schönefeld nach Nordend

eingeweiht. Der Ausbau des Autobahnringes um die Reichshauptstadt war bereits 1934 in Angriff genommen worden.

Berlin gab allein 1936 für das Bau- und Straßenwesen 66,23 Mio. RM2 aus!

Der Ausbau des Berliner Luftrüstungskomplexes wurde in der Zeit des Zweiten Weltkrieges fortgeführt. Im Zuge

der Mobilisierung der Berliner Wirtschaft (1939), des „Totalen Krieges“ (1943) wurden immer mehr Betriebe (besonders

aus der Textilindustrie) in diesen Komplex einbezogen und die vorhandenen Anlagen erweitert. 1941 waren in der Metall

verarbeitenden Industrie 280.000 Arbeiter beschäftigt - eine Steigerung gegenüber 1939 um 52 Prozent! Trotz der ab

1942 zunehmenden alliierten Bombenangriffe nahm die Produktion ständig zu und sie reproduzierte sich auch in ihrer

Qualität. In der Reichshauptstadt und Rüstungsschmiede befanden sich gegen ihren Willen im Sommer 1944 an die

400.000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter.

Mit dem 30. Januar 1933 determiniert, kam es zu einer fast ausschließlichen Produktion von militärischen Flug-

körpern, zur hauptsächlichen Entwicklung von Destruktivkräften. Sie führte zur Abkehr des Traums vom Fliegen – führte

1 Berlin in Zahlen. 1942, S. 36

2 Statistisches Jahrbuch der Stadt Berlin 1937, S. 220

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zum Alptraum der fliegenden Bombenteppiche, die schließlich auf die zurückschlug, die sie zuerst ersonnen, geführt und

durch Schweigen getragen hatten. Berlin wurde wie keine andere deutsche Stadt bombardiert. Am Ende des Krieges

waren 28,5 km² Berlins in ein Ruinenfeld verwandelt worden. Ein Fünftel der Gebäude und 612.000 Wohnungen waren

völlig zerstört worden. Von seinem ursprünglichen Wohnbestand verlor Groß-Berlin 30 Prozent, von seinen Industriean-

lagen 35 Prozent. In 363 Luftangriffen hatten die Engländer und vor allem die Amerikaner 45.517 Tonnen Bomben ab-

geworfen. Davon trafen zwei Prozent Flugzeugwerke, drei Prozent militärische Objekte, viereinhalb Prozent industrielle

Anlagen. Der Rest ging auf die Wohngebiete nieder. Der Rest - das waren 90,5 Prozent. Die Zahl der Vermissten ist

ungewiss. Nach dem Abschluss der Kämpfe lebten im Mai 1945 noch 2,3 bis 2,5 Millionen Menschen inmitten einer

Trümmermenge, die auf 70 bis 90 Millionen m³ geschätzt wurde.3

Der Luftrüstungskomplex Groß-Berlin lässt sich grob in drei Zonen strukturieren. In der Zone 1 (Gebiet innerhalb des

S-Bahnrings) konzentrierten sich zentrale militärische, rüstungswirtschaftliche, finanzielle und wissenschaftliche Füh-

rungs- und Regulierungsorgane der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie: das Reichsluftfahrtministerium, die "Bank

der Deutschen Luftfahrt AG", die Wirtschaftsgruppe Luftfahrtindustrie, die Deutsche Akademie für Luftfahrt-Forschung,

weitere Reichsministerien. In den im Stadtkernbereich befindlichen Betrieben der arbeitsintensiven elektro-technischen,

elektronischen, feinmechanischen, optischen und Metall verarbeitenden Industrien wurden Teile, Geräte und Bausätze

für die Flugzeugzellen- und Montagewerke hergestellt. Besonderer Standort war der Flughafen Tempelhof, der eine

bedeutende Erweiterung aus nicht-militärischen Gründen erfuhr. Dieser Flughafen machte die Führung des Reiches im

Vergleich zur Eisenbahn auf eine neuartige Weise mobil, bildete während des Krieges eine neue Luftrüstungsbasis und

Zentrum der Luftkriegsführung. In der Zone 2, dem Gebiet zwischen S-Bahn-Ring und Stadtgrenze, lagen hauptsächlich

die alten Kapazitäten (Johannisthal) des Ersten Weltkrieges. Sie wurden in den 30er Jahren zum größten Teil reaktiviert

und produzierten Kleinserien und Spezialflugkörper (u.a. Hubschrauber und Lenkwaffen); doch ihre Lage machte sie für

eine Großserienfertigung ungeeignet. In dieser Zone war sowohl Endfertigung als auch Zulieferung angesiedelt. Beson-

deres Kennzeichen dieser Zone war die Großforschungsanlage "Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt e.V." In der

Zone 3, Stadtgrenze bis Autobahn-Ring plus 30 Kilometer Einzug darüber hinaus, wurden große und größte Montage-

werke errichtet, in denen die Endfertigung von Flugzeugen und Flugmotoren erfolgte. - Für Anfang 1943 lassen sich in

den drei Zonen über 54 „Bauaufsichten der Luftwaffe“ (BAL) nachweisen4, die im Auftrage des RLM bei den Herstellern

das gefertigte Luftrüstungsgerät abnahmen.

Der Produktionsfluss begann bei den stadtentfernten bzw. -vorgelagerten Urerzeugern wie bspw. Lauta und

Bitterfeld. Die Zulieferung der Rohstoffe (Metalle, NE-Metalle, Leichtmetalle, Holz), Halbfabrikate nach Berlin erfolgte per

Schienen- und per Wasserweg. Im Stadtkern erfolgte die arbeitsintensive Veredlung - der Produktionsfluss wurde hier

praktisch umgewälzt - und ergoss sich wieder in die anlagenintensive Rüstungsendfertigung der Stadtperipherie. Von

dort aus gelangten die Flugzeuge an die Geschwader der Luftwaffe. Laut dem Statistischen Jahrbuch von Berlin von

1937 wurden nach Berlin 623 Tonnen Tonerde, Bauxit und Kryolith per Bahn, 854 Tonnen per Schiff transportiert. Hinzu

kamen 70.185 Tonnen Leichtmetalle, andere NE-Metalle, Altmetalle bzw. Abfälle von NE-Metallen sowie Ne-

Metallhalbzeuge. Aber 132.267 Tonnen von NE-Metallwaren wurden 1937 ausgeführt! 5

Im Mai 1933 wurde das Reichluftfahrtministerium gegründet. Im Unterschied zur Weimarer Republik und auch zum

Deutschen Kaiserreich entstand eine oberste Reichsbehörde, die die bisher wegen dem Versailler Vertrag in verschie-

denen Reichsministerien versteckt untergebrachten Abteilungen zentralisierte. Der aus dem 1. Weltkrieg erhaltene Torso

der deutschen Luftfahrt wurde nun durch das RLM in einem rasanten Tempo ausgebaut. Seiner innen- und außenpoliti-

schen Bedeutung gemäß wurde das RLM in Berlin-Mitte, in der Wilhelmstraße, dem politischen Machtzentrum Deutsch-

lands, angesiedelt. 1936 bezog das RLM sein, nach den Plänen von Prof. Ernst Sagebiel neu fertiggestelltes Dienstge-

bäude. In dem ersten Monumentalbau der Nazis regulierte die Ministerialbürokratie in Interessen-Kongruenz mit den

beiden Monopolgruppen Kohle – Eisen – Stahl sowie Elektro -Chemie die wieder auferstehende Luftfahrtindustrie. Das

RLM verfocht von 1933 bis 1945 eine Politik zur Durchsetzung faschistischer Weltherrschaftspläne und privatkapitalisti-

scher Interessen, verfocht eine Politik von außenpolitischem Machtkalkül und innenpolitischer Manipulation, welche

mittels hoher Fachkompetenz - aber auch mit realpolitischer Blindheit, mittels großzügiger Wissenschaftsförderung und

gezielter Produktivkraft-Vernichtung umgesetzt wurde.

3 Autorenkollektiv: Berlin Handbuch. Das Lexikon der Bundeshauptstadt. FAB Verlag, Berlin, 1992, S. 493

4 Luftfahrt. Bilder, Texte, Dokumente. Band 5, S. 2032

5 Statistischen Jahrbuch von Berlin von 1937

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II. Das Tempelhofer Feld als Heimatflughafen der Deutschen Luft Hansa AG.

II.1 Die Entwicklung des Tempelhofer Flugfelds zum Heimatflughafen der Deutschen Luft Hansa AG

(Januar 1926 – Dezember 1932).

Mit Beginn des Flugbetriebes war am 6. April 1926 der Flughafen Berlin-Tempelhof zum Heimatflughafen der neu ge-

gründeten „Deutsche Luft Hansa AG“ geworden, von dem aus sie 23 deutsche und zehn ausländische Städte anflog. Die

„Deutsche Luft Hansa AG“ war am 6. Januar 1926 gegründet worden. Von den 38 kleinen Fluggesellschaften, die seit

1919 im Deutschen Reich entstanden waren6, fusionierten unter staatlichen Druck Ende 1925 die beiden größten – die

"Junkers Luftverkehr A.G." und die "Deutsche Aero-Lloyd A.G." 7 Die neue Gesellschaft gab sich den Namen "Deutsche

Luft-Hansa AG", der Erinnerungen an die alte „Hansa“ weckten sollte. Das Reich hielt 26%, die Länder 19%, regionale

Gesellschaften 27 1/3 % und der "Deutscher Aero-Lloyd" 27 1/3 Prozent.8

Die Aufgaben der LUFT HANSA wurde in einem Drei-Punkte-Programm festgelegt: Deutschland mit den wich-

tigsten europäischen Wirtschaftszentren zu verbinden und zwar auf der Basis internationaler Zusammenarbeit mit den

ausländischen Luftverkehrsgesellschaften. Zweitens, den bedeutendsten Städten Deutschlands Anschluss an das euro-

päische Luftverkehrsnetz zu schaffen und Drittens, Deutschland mit Ländern in Nord- und Südamerika sowie des Fernen

Ostens zu verbinden, zu denen es besondere Handelsbeziehungen unterhielt.9

Ende 1924 wurde der Bau der großen Flugzeughallen begonnen. Es entstanden die drei westlichen Hallen mit einer

Grundfläche von 64 × 25 Metern und

einer Höhe von sechs Metern. Diese

Dimensionen erwiesen sich aber schnell

als zu klein, weshalb die drei östlichen

Hallen mit einer Grundfläche von 80 ×

30 Metern und einer Höhe von acht

Metern gebaut wurden. Neben den

Hallen entstanden ein Scheinwerferturm

sowie eine Funkstation und das Abferti-

gungs-Gebäude. (Auf dem Foto, rechts

unten ist die Halle VI zu sehen.) Der

erste Bauabschnitt war im Jahr 1927

fertig und konnte über den damals

ebenfalls neu eröffneten U-Bahnhof

Flughafen (heute „Paradestraße“) er-

reicht werden.10

Um den Flugplatz her-

um siedelten sich erste Luftfahrtbetriebe an. So zum Beispiel die „C. Lorenz AG“, die Funkstationen für Flugzeuge und

Flughäfen herzustellen begann.11

Um Deutschland mit Ländern in Nord- und Südamerika sowie mit den Fernen Osten zu verbinden, starteten vie-

le Expeditionen. Sie wurden unter maßgeblicher Leitung des DLH-Direktors für Sonderaufgaben, Carl-August Freiherr

von Gablenz, geplant und durchgeführt. Bereits am 24. Juli 1926 startete die DHL unter der Leitung von Dr. Robert

Knauss12

zu einem Fernflug nach Peking mit zwei Junkers G 24 von Tempelhof aus. Am 30. August erreichten sie nach

Zehntausend Kilometer Flug (über Königsberg - Moskau - Kasan - Omsk - Nowosibirsk - Krasnojarsk - Irkutsk - Baikal-

see - Tschita – Carbin – Mukden - Peiteiko – Tientsien) Peking. Eine reichliche Woche später, am 8. September 1926,

starteten die Flugzeuge zum Rückflug, und am 26. September trafen sie in Tempelhof wieder ein.13

Am 1. September 1927 verfügte die DLH über 141 Flugzeugführer, 60 Bordwarte, 18 Bordfunker.14

Sie baute ein

europäisches Nachtpostnetz auf und beflog es viele Jahre als einzige Gesellschaft.15

Der ehemalige Junkers-Luftverkehr-

6 Irving, David: Tragödie der Deutschen Luftwaffe, Verlag Ullstein GmbH, Frankfurt/M * Berlin * Wien, 1971, S. 39

7 Fliegerkalender der DDR 1986, VEB Militärverlag der DDR, Berlin, 1985, S. 100

8 Autorenkollektiv: Jahrbuch für Luftfahrt 1928, Richard Pflaum Druckerei= und Verlags= A.G., München, 1929, S. 30

9 Streit / Taylor: Geschichte der Luftfahrt, Sigloch Edition, Künzelsau, 1988, S. 180

10 Wikipedia Flughafen Tempelhof - aufgerufen am 28. Juni 2011

11 Jahrbuch für Luftfahrt 1928, S.

12 Jahrbuch für Luftfahrt 1928, S. 112

13 Fliegerkalender der DDR 1986, VEB Militärverlag der DDR, Berlin (O), S. 101

14 Braunburg: Die Geschichte der Lufthansa, S. 23

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Pilot Alfred Helm eröffnete am 1. Mai 1926 die Nachtflugstrecke Berlin - Königsberg mit einem Verkehrsflugzeug des

Typs Junkers G 24. Er übernahm 1927 die erste Nachtpoststrecke Berlin - Frankfurt/Main, 1929 die internationale

Nachtpoststrecke Berlin – Köln - London. Hatte die LUFT HANSA 1926 56.268 Passagiere, 301 Tonnen Post, 1927

102.681 Passagiere 479,8 Tonnen Post befördert,16

so waren es 1929 über 97.000 Passagiere und an Fracht und Post

2.456 Tonnen17

. Amerikanische Luftfahrtgesellschaften beförderten dagegen 1929 rund 60.000 und britische 25.000

Passagiere18

. Die Weltwirtschaftskrise traf Lufthansa schwer: 1930 befördert die DLH nur noch 55.584 Passagiere. Ende

1931 wurden 1.200 Arbeiter und Angestellte entlassen, hauptsächlich die aus den Lufthansa-Werkstätten in Staaken,

Böblingen und Travemünde.19

II.2 Der Flughafen Tempelhof und seine Entwicklung zum Weltflughafen

(Januar 1933 - August 1939).

Der Flughafen Tempelhof erfuhr nach der Machtübernahme der NSDAP im Januar 1933 eine enorme Erweiterung aus

nicht-militärischen Gründen. Der Bedeutung der Reichshauptstadt Berlin gemäß sollte zukünftig dieser Flughafen als

zentrales deutsches Luftkreuz den Mittelpunkt des von den Nazis beherrschten Weltflugverkehrs bilden. Die räumliche

Nähe zu den zentralen politischen, wirtschaftlichen Institutionen und Behörden des Dritten Reiches waren ein bedeuten-

der Vorteil des DLH- Flughafen Tempelhofs. Zudem hatte das neue Verkehrsmittel Flugzeug durch die Verbesserung

seiner Verkehrssicherheit und Zuverlässigkeit, seines gestiegenen Komforts und seiner Schnelligkeit eine enorme Auf-

wertung erfahren. Der Vorsitzende der NSDAP, Adolf Hitler, nutzte 1932 in seinem Wahlkampf um die Reichskanzler-

schaft eine, von der LUFT HANSA gecharterte Junkers Ju 52. Im Februar 1933 beauftragte Adolf Hitler den Lufthansa-

Flugkapitän Hans Baur, einen „Regierungsflugdienst“ in Tempelhof mit vorerst zwei Ju 52/3m einzurichten.20

Am 3. Februar 1933 ernannte Reichskanzler Hitler Hermann Göring zum Reichskommissar für Luftfahrt, am 28.

März 1933 zum Reichsminister für Luftfahrt. Am 5. Mai wurde das Reichsluftfahrtministerium (RLM) gebildet, in dem

zivile und militärische Luftfahrtbelange vereint waren. Der innen- und außenpolitischen Bedeutung gemäß, wurde das

RLM in der Wilhelmstraße, dem zentralen politischen Machtzentrum Deutschlands angesiedelt und mit dem ersten Mo-

numentalbau der Nazis begonnen. 1936 wurde der vom Architekt Ernst Sagebiel der groß angelegte Neubau von den

Abteilungen des Reichsluftfahrtministeriums bezogen. Verstärkt wur-

de der ganze Komplex durch die Nutzung des Preußischen Abge-

ordnetenhauses, das im gleichen Jahr in Haus der Flieger umbe-

nannt wurde. Weitere zentrale rüstungswirtschaftliche, monetäre und

wissenschaftliche Führungs- und Regulierungsorgane der Luftfahrt

wie die „Luftfahrtkontor GmbH“, später "Bank der Deutschen Luftfahrt

AG", der "Reichsverband der Deutschen Luftfahrtindustrie", die

"Deutsche Akademie für Luftfahrtforschung" (Prinz-Albrecht-Straße

4) befanden sich in unmittelbarer Nähe zur Wilhelmstraße und so

auch zum Flughafen Tempelhof. Unweit vom RLM waren auch die

Kontaktbüros der großen Luftfahrtkonzerne (Am Tirpitzufer 90) kon-

zentriert. In diesen Büros, in den 2.500 Räumen des RLM- Gebäude-

komplexes, in den Foyers und Suiten großer Hotels mit klangvollen

Namen wie KAISERHOF oder ADLON, fand die physische Wechsel-

wirkung zwischen NSDAP, RLM und Luftfahrtindustrie statt. Es war also kein Wunder, dass aus dieser Wechselwirkung

heraus der Plan zum Umbau des Flughafen Tempelhofs zum „Weltflughafen Tempelhof“ geboren wurde.

Nicht nur, weil sich von 1933 bis 1935 die Zahl der abgefertigten Passagiere in Tempelhof verdoppelte, sie stieg

von 52.300 auf 113.200 Fluggäste21

, sondern auch aus den dargelegten Gründen wurde bereits 1935 mit dem Ausbau

Tempelhofs zum Weltflughafen Berlin begonnen. Er war für bis zu sechs Millionen Passagiere pro Jahr ausgelegt. Der

zukünftige Flughafen Tempelhof, dessen Einweihung für das Jahr 1940 vorgesehen war,22

sollte als zentrales europäi-

15 Hormann, / Zegenhagen: Deutsche Luftfahrtpioniere 1900 – 1950, Delius Klasing Verlag, Bielefeld, S. 70

16 Jahrbuch für Luftfahrt 1928, S. 37

17 Kuczynski, Jürgen: Geschichte des Alltags des Deutschen Volkes, Akademie-Verlag, Berlin (O), Band 5, 1982, S.75

18 van Ishoven: Udet, Paul Neff Verlag, Wien * Berlin, 1977, S. 225

19 Irving: Tragödie der deutschen Luftwaffe, S. 51

20 http://germanaircraftwwii.devhub.com/glider-transport/ - aufgerufen am 16. Juni 2011

21 Statistisches Jahrbuch der Stadt Berlin 1933 - 1939

22 Treibel, Werner: Die Geschichte der deutschen Verkehrsflughäfen, Bernard & Graefe Verlag, Bonn, 1992, S. 60

Page 9: Das Tempelhofer Feld Die Nutzung des Tempelhofer Feldes in ......deutschen Nationalsozialismus (1933-1945) Das Tempelhofer Feld als Zentrum des zivilen Luftverkehrs, als Luftrüstungszentrum,

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sches Luftkreuz den künftigen Mittelpunkt des Welt-

luftverkehrs bilden, aber nicht nur. Die Anlage sollte

auch Massenveranstaltungen wie Reichsflug-Tagen

mit Flugschauen und -Wettbewerben sowie von Aus-

stellungen dienen. Zudem war das Gebäude ur-

sprünglich als Sitz des RLM und von Luftfahrt-

Institutionen geplant. Unterirdisch wurden Anschlüsse

an den S-Bahn-Ring und an die Stadtautobahn, Wasserwerke sowie ein Kraftwerk geplant und teilweise errichtet. – Auf

dem Foto sind die Hallen und Anlagen des alten Flughafens von der Landebahn aus zu sehen. Im Zuge der Raumord-

nungsmaßnahmen wurde das Gelände des 1933 gegründeten Konzentrationslagers am Columbia-Damm Dezember

1936 der „Berliner Flughafen G.m.b.H.“ überschrieben. (Berlin SW 29, Flughafen-Straße. Ende 1934 waren 54 Personen

beschäftigt, Ende 1937 78.) - Durch Einbeziehung des Volksparks Hasenheide und der um den alten Flughafen liegen-

den Sportplätze und Kleingartenflächen und durch Hinzunahme eines Teils des alten Garnisonsfriedhofs wurde das

Flughafengelände auf über 4,5 km² erweitert. Auf diesem Gelände wurde die neue Flughafenanlage gebaut, um den

alten Flugplatz herum, ohne dass es zu einer Beeinträchtigung des Flugbetriebes kam.

Der Ausbau des Tempelhofer Feldes zu Luftverkehrszwecken kollidierte mit den bisher auf dem Tempelhofer

Feld stattgefundenen Groß-Veranstaltungen wie Mai-Feiern etc. des Nazi-Regimes. Am 1. Mai 1935 beispielsweise fand

eine Großveranstaltung zur Vereidigung der neu gewählten Vertrauensräte auf dem Feld statt: „(…) Mitten im Schnee-

gestöber eröffnet der Reichsorganisationsleiter der NSDAP, Dr. Ley, die Kundgebung [auf dem Tempelhofer Feld – M.A.]

mit der feierlichen Verpflichtung der Vertrauensräte. Satz für Satz spricht er vor und Satz für Satz sprechen im Chor

50.000 Vertrauensmänner nach einen Eid auf den Führer und das Volk. - Ich gelobe Adolf Hitler die Treue, ich gelobe,

die Gemeinschaft zu üben und zu fördern. Ich gelobe, meinen Arbeitskameraden ein ehrlicher Helfer in allen ihren Sor-

gen zu sein. Ich gelobe, immer dar die Interessen der Nation vor alle anderen zu setzen.“ 23

Das Ziel der LUFTHANSA, Deutschland mit den wichtigsten europäischen Wirtschaftszentren zu verbinden,

wurde in den ersten drei Jahren der Hitler-Diktatur nicht erfüllt. Die außenpolitische Isolierung und die Konkurrenz fran-

zösischer und englischer Luftverkehrsgesellschaften entfalteten ihre hemmende Wirkung. Aber es gab in jener Zeit welt-

weit genügend Wachstumsmöglichkeiten für die noch junge Verkehrsluftfahrt: 1934 nahm die LUFTHANSA den regel-

mäßigen Luftpostdienst nach Südamerika auf. Bis Spätsommer 1939 überflogen ihre Flugboote und Wasserflugzeuge

den Nord- und Südatlantik 500 Mal. –

Mit wachsender Anerkennung des Hitler-Regimes wurde Berlin mit weiteren Wirtschaftszentren verbunden. Am

1. Mai 1934 wurde der Flugverkehr Berlin – Warschau aufgenommen. Die planmäßige Reisegeschwindigkeit auf großen

internationalen Strecken wurde von 160-180 km/h auf 240 km/h heraufgesetzt. Grund der Steigerung war der zuneh-

mende Einsatz von Ju-52-Flugzeugen. Ende 1934 verfügte die DHL von diesem Typ über 38 Maschinen. Ab 1935 ver-

kehrten auf 13 Inlandsrouten 21 Schnellverkehrsflugzeuge des Typs Ju 160. 24

1936 wurde Berlin mit weiteren Haupt-

städten verbunden, mit Lissabon und Stockholm, 1937 mit Kopenhagen und Helsingfors. - 1937 fand der „Pamir-Flug“

unter Leitung des Direktors und DLH- Vorstand Carl-August Freiherr von Gablenz statt. Vom Flugplatz Kabul startet

1937 die Ju 52/3mte „Rudolf von Thüna“ (D-ANOY) der DLH

mit der Besatzung Robert Untucht, Karl Kirchhoff und von

Gablenz zu einem Flug nach China. Ziel war es, die Möglich-

keit zu einer Flugverbindung von Afghanistan nach China,

dem letzten Teilstück der geplanten Fernost-Flugstrecke der

DLH, zu erkunden. Die größte Schwierigkeit dabei war der

Flug über das Pamir-Gebirge. Am 27. September 1937 wur-

de Kabul, der Ausgangspunkt des Fluges erreicht. Der Be-

weis, auf dieser Strecke China erreichen zu können, war

erbracht worden.25

In Afghanistan wird eine meteorologische

Beobachtungsstation eingerichtet. – Das Foto zeigt die Be-

grüßung der ganz in Fliegerweiß gekleideten Besatzung durch den Staatssekretär für Luftfahrt, Ehrhard Milch, am 22.

Oktober 1937 auf dem Flugfeld Tempelhof. - Am 27. März 1939 nahm die Lufthansa von Tempelhof Flugverbindungen

nach Budapest, Bagdad sowie nach Santiago de Chile (1. Januar 1939) auf und vom 22. April bis 22. Mai 193926

fanden

23 Rathenower Zeitung vom 2. Mai 1935 In: Seeger, Dieter: Rathenower Topografie des Terrors und des Widerstandes, Rathenow, 2010, S. 73

24 Walters, Brian: Bilder der Luftfahrt: Junkers, ein Pionier der Luftfahrt, Sutton Verlag GmbH Erfurt, 1997, S. 99

25 Fliegerkalender der DDR 1987, Militärverlag der DDR, Berlin (O), 1986, S. 121

26 Mader, Julius: Dr. Sorge funkt aus Tokio, Deutscher Militärverlag, Berlin (O), 1968, 3. Auflage, S. 439

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0

50.000

100.000

150.000

200.000

250.000

1933 1934 1935 1936 1937 1938 1939 1940 1941 1942

52.275

79.297

113.236

160.889

190.558202.103

170.486

81.578

95.636 98.715

erste Probeflüge nach Tokio statt. Am 22. Mai 1939 startete von Gablenz mit Alfred Helm u.a. zum Fernflug Berlin –

Tokio - Berlin mit Ju 52/3m über Bangkok, Hanoi und Taipeh. Schon ab Ende Juli 1939 gab es von Tempelhof aus plan-

mäßige Flüge in fünf Tagesetappen von Berlin über Beirut, Basra, Karatschi und Kalkutta nach Bangkok. Ende Juni 1939

überquerte eine Focke-Wulf Fw 200 als erstes Landflugzeug den Südatlantik. 1939 befördert die DLH 254.716 Passagie-

re, 388 Tonnen Gepäck, 1321 Tonnen Fracht und 5 288 Tonnen Post. 1939 flog die Lufthansa 44 Flughäfen im Inland

und 35 im Ausland an. Das von ihr beflogene Streckennetz betrug ungefähr 80.000 km. 27

(Siehe DLH- Streckennetz

Frühjahr 1939). -

Von 1935 (113.000 Passagiere) bis 1938 (202.000 Passagiere)28

hatte sich fast die Passagierzahl verdoppelt.

Die Steigerungsrate des Inlandsanteils war wiederum höher als die Steigerungsrate des Auslandsanteils: Reisten 1934

auf den Auslandslinien der 48.793 Passagiere, so waren

es 1937 86.573. Auf den Inlandstrecken waren es 1934

39.344 und 1937 112.702 Passagiere.29

Die Steigerung

Inland betrug für den Zeitraum 1934/1937 186 Prozent,

Ausland dagegen 77 Prozent. 1936 erfolgte mit 47.000

Passagieren der größte absolute Zuwachs. Es war das

Jahr der 11. Olympischen Spiele zu Berlin, die Ende

August bis Mitte September stattfanden. 1937 und 1938

sank die Zuwachsrate stark ab. Ursachen dafür waren:

Markterschöpfung, zunehmende Bautätigkeit auf dem

Flughafen, Einführung einer neuen Flugzeuggeneration,

administrative Restriktionen, die sich auf Krieg zulaufende

außenpolitische Lage. Das waren rund zwei Drittel aller in

Deutschland abgefertigten Passagiere und unterstreicht die Bedeutung des Flughafens Berlin-Tempelhof als Heimatha-

fen der Lufthansa und als Drehkreuz für den nationalen und internationalen Luftverkehr.

27 Neulen, Hans-Werner: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, Stedinger Verlag, Lemwerder, 2003, S. 8

28 Statistisches Jahrbuch der Stadt Berlin 1933 - 1939

29 Statistisches Jahrbuch der Stadt Berlin 1933 - 1939

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Der Flughafen Tempelhof hatte die Nazi-Führung auf eine neuartige Weise mobil gemacht und beschleunigte

politische Entscheidungen. Mit Stand vom 31. Dezember 1936 verfügte die „Regierungsstaffel“ über 13 Flugzeuge des

Typs Ju 52/3m: Zwei waren für Adolf Hitler reserviert, drei für Hermann Göring und sieben für andere Nazi-Häuptlinge

wie Rudolf Hess, Robert Ley oder Heinrich Himmler. Diese Flugzeuge wurden auch ausländischen Staatsoberhäuptern

bzw. deren Beauftragten zur Verfügung gestellt. Die „Regierungsstaffel“ führte Flugkapitän Baur und unterstand direkt

der Reichskanzlei und dem persönlichen Stab von Hitler. Deshalb erhielten das fliegende Personal und einige Angehöri-

ge des Bodenpersonals der Lufthansa SS-Dienstränge „ehrenhalber“ und SS-Uniformen. Die Angehörigen der Regie-

rungs-Staffel wurden aus den Reihen der Lufthansa bzw. der Luftwaffe sorgfältig ausgesucht.30

Der Baufortschritt am „Tempelhofer Bügel“ wurde

sichtbar: Die Verwaltungsbauten wurden ab 1937 sukzessi-

ve von der Hauptverwaltung der "Deutschen Lufthansa AG"

und „Hansa Luftbild GmbH“, von der Flughafenverwaltung,

der 1923 gegründeten „Berliner Flughafen GmbH“, sowie

von Dienststellen des RLM wie z.B. dem „Reichsamt für

Wetterdienst“ bezogen. Die technische Infrastruktur des

Weltflughafens wie Wasser- und Heizkraftwerke mitsamt

den auf 4 ½ Kilometer fast unter dem gesamten Gebäude-

komplex verlaufenden Versorgungskanälen waren fertig

gestellt worden. In den zwei Untergeschossen waren neben

Lagerräumen auch ausgedehnte Luftschutz-Anlagen instal-

liert. Das Reichsamt für Wetterdienst (1934 gegründet)

koordinierte die Aufgaben des Reichswetterdienstes, der in

erster Linie Beobachtungs- und Hilfsaufgaben für die zivile und militärische Fliegerei hatte. Das „Reichsamt für Wetter-

dienst“ war zunächst in Berlin-Zehlendorf, ab 1935 im ehemaligen Preußischen Abgeordnetenhaus untergebracht und

bezog 1938 am Columbiadamm einen Neubau. Mit der "Verordnung für den Reichswetterdienst" vom 6. April 1934 war

die bisher hauptsächlich bei den Ländern liegende Verantwortung für den Wetterdienst dem Reichsminister der Luftfahrt

übertragen worden. Der Wetterdienst umfasste den Flug-, Wirtschafts-, See-, Höhen- und Klimawetterdienst. 1935 wurde

die „Wetterschule des Reichswetterdienstes“ gegründet. Sie war im Gebäudekomplex des Reichsamtes für Wetterdienst

untergebracht.

So zogen in das Gebäude ab 1938 Teile des Reichsluftministeriums ein, unter ihnen Teile des Technischen

Amtes, die Forschungsstelle des RLM unter Ministerialdirigent Adolf Baeumker. Weitere Dienststellen des RLM wie

beispielsweise die Bauabteilungen des Luftwaffenverwaltungsamtes zogen hierher, die dem Staatssekretär für die Luft-

fahrt unterstellt waren: „Allgemeine Bauverwaltung“ (allgemeine Bauangelegenheiten und Haushalt, Rohstoffbewirtschaf-

tung, Vergabe- und Abrechnungswesen sowie technische Überwachung), „Territoriale Bauangelegenheiten“ (Luftflotten-

kommando 1-5 einschließlich [später] besetzte Gebiete und Balkan), „Technische Fachgebiete“ (Hoch- und Ingenieur-

bau, technische Nachschubangelegenheiten, Maschinenwesen und 1939/40 Industrieausbau).

Die für Ende 1938 vorgesehene Fertigstellung des Baukomplexes an der Neuen Flughafenstraße [heutiger

Platz der Luftbrücke] musste immer weiter verschoben werden, da sich die Kriegsvorbereitungen durch Kontingentierung

von Stahl und Beton sowie Mangel an Arbeitskräften bemerkbar machten. Bis September 193931

waren die gesamten

Hochbauten, die für Büros und Verwaltungszwecke vorgesehen waren, voll belegt. Die Einweihung der gesamten Anlage

war für das Jahr 1940 vorgesehen. Knapp zwei Jahre nach Beginn der Bauarbeiten waren fast alle Teile der Bürobauten

im Rohbau fertig. Die für den Flugbetrieb bestimmten Anlagen konnten jedoch nicht mehr fertig gestellt werden. – Die

Luftfahrt entwickelte sich zu einem beachtlichen Wirtschaftszweig: Laut Berliner Betriebsstätten-Zählung vom 17. Mai

1939 waren 24.186 Erwerbspersonen im Wirtschaftsbereich Flugverkehr beschäftigt, darunter 5.230 Angestellte und

18.781 Arbeiter. Mai/Juni 1938 fand ein internationales Flughafentreffen in Tempelhof statt. 28 Delegierte aus sieben

Ländern nahmen teil und tauschten Erfahrungen auf technischem, wirtschaftlichem und organisatorischem Gebiet aus.32

II.3 Die militärische Nutzung des (Welt-) Flughafens Tempelhof (Januar 1933 – August 1939).

30 http://germanaircraftwwii.devhub.com/glider-transport/ - aufgerufen am 16. Juni 2011

31 Treibel, Werner: Die Geschichte der deutschen Verkehrsflughäfen, Bernard & Graefe Verlag, Bonn, 1992, S. 60

32 Treibel: Die Geschichte der deutschen Verkehrsflughäfen, S. 15

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Die militärische Nutzung des Flughafens Tempelhof erfolgte erst versteckt, danach immer offener. Die Etappe der heim-

lichen Luftrüstung erstreckte sich vom 30. Januar 1933 bis 25. Februar 1935 und die Etappe der offenen Luftrüstung

vom 26. Februar 1935 bis 31. August 1939. Es können vielfältige militärische Nutzungen nachgewiesen werden, die

wegen ihrer Dualität als solche gar nicht zu erkennen waren. So zum Beispiel wurden 1933/35 Lufthansa-Kapitäne als

Flug- und Blindfluglehrer auf den so genannten „Reichsbahnstrecken“ wie Berlin – Königsberg oder Berlin – Breslau zur

Flugausbildung junger Luftwaffen-Besatzungen eingesetzt. So führte der bekannte und beliebte Kunstflieger der zwanzi-

ger Jahre Ernst Udet im November 1933 bei einem Kunstflugtag in Tempelhof dem Publikum, darunter viele Militärs,

atemberaubende Sturzflüge vor. Er hatte im Sommer 1933 in den USA zwei Curtiss-Sturzkampfflugzeuge SB 2 C-3 als

Privatmann gekauft. Nachdem Reichsluftfahrtminister, General der Infanterie Göring, die Grundsatzentscheid traf, ein

Sturzbomber- Programm aufzulegen, begannen bei JUNKERS im Dezember 1933 die Entwicklungsarbeiten,33

aus de-

nen später das Sturzkampfbombenflugzeug vom Typ Ju 87 (Stuka) als Sieger hervorging.

Von 1935 bis 1939 legte die Abteilung V des Luftwaffen-Generalstabs eine riesige Zielkartei an. Die militärische

Luftaufklärung kannte keine Staatsgrenzen. In Europa wurden alle für die Kriegsführung wichtigen Einrichtungen, Hafen-

anlagen, Brücken, Flugplätze, militärische Objekte, Industrieanlagen, usw. durch Aufklärungsflugzeuge fotografiert. Mit

dem Spionagematerial wurde der militärkartographische Dienst beliefert, das für die Erstellung guten Kartenmaterials

notwendig war.34

Aus Tempelhof, Staaken und Oranienburg, den Zentren der Luftbildauswertung, flossen im RLM die

Detailbeschreibungen und Fotos britischer Werftanlagen, polnischer Brücken, lettischer Häfen, französischer Maginot

Bunker, belgischer Forts, norwegischer Küstenbatterien und holländischer Öltanks zusammen. Diese Informationen

machte die Luftwaffe erst zum gefährlichen Kriegsinstrument. Der Oberbefehlshaber der Luftwaffe wusste dank ihren

Luftspionen immer genau, wohin sie den Gegner am Tage des Überfalls zu schlagen hatte. Wer speiste nun den schier

unerschöpflichen Materialstrom? In der Hauptsache eine einzige Staffel von zwölf Maschinen, die anfangs auf dem

Tempelhofer Flugplatz („Bildstelle des RLM“), später bei Oranienburg zu Hause war.

Den Deckmantel und organisatorischen Rahmen für das heimliche Treiben lieferte ein Tempelhofer Unter-

nehmen der Zivilfliegerei - die "Hansa-Bild GmbH".35

Diese zunächst durchaus ehrbare Firma war seit 1926 als Tochter-

gesellschaft der „Deutschen Lufthansa AG“ im Handelsregister eingetragen. Sie fertigte Luftaufnahmen für topographi-

sche und kommerzielle Zwecke an; so auch jene hübschen Hochglanzpostkarten, auf denen man deutsche Städte aus

der Vogelschau sah. Die "Hansa-Bild" hatte gründliche Erfahrungen in der Luftvermessung und -Kartierung. Ihr Personal

bestand aus den sturmerprobten Flugpionieren, die in den frühen 20er Jahren die ersten Passagiermaschinen gesteuert

hatten. Darunter waren Flugkapitän Siegfried Kneemeyer, der Erfinder des Kursrechners für die Luftfahrt, und andere

Piloten, wie Graf Hoensbroech oder Flugkapitän Joachim Friedrich Graf v. Saurma, die über jahrzehntelange Flieger-

Erfahrung im In- und Ausland verfügten. Chef der Erkundungsstaffel wurde Oberstleutnant Wilhelm Rowehl.36

Die Staffel

trug von 1936 an intern die Bezeichnung "Z.b.V. - Staffel beim Reichsluftfahrtminister". Die übrigen Maschinen der "Han-

sa-Bild" setzten ihre Tätigkeit fort. Nichts unterbrach den normalen Dienstbetrieb, die Tarnung war vollkommen.

Vor Entfesselung des 2. Weltkrieges wurde zu Zwecken der völkerrechtswidrigen Luftspionage auch Verkehrs-

maschinen der LUFTHANSA herangezogen. Sie fotografierten über den Kontinenten und Weltmeeren mit raffiniert ge-

tarnten Luftbildkameras strategische Objekte. (Getarnt als Strecken-Versuchsflüge für den Zivilluftverkehr flogen sie über

Großbritannien und Frankreich und der Sowjetunion bis zum Ural.)37

Zur optischen Luftaufklärung sind hauptsächlich von

CARL ZEISS zwischen 1935 und 1938 entwickelte Luftbildaufnahmegeräte sowie eine Reihe von neuen Weitwinkelbild-

kameras und Reihenbildgeräten (Rb 20/30, Rb 50/30, Rb 75/30) verwendet worden38

. - Die Senkrechtkammer ist mit 75

cm Brennweite die stärkste. Sie nimmt das unmittelbar unterm Flugzeug dahin gleitende Gebiet auf, projiziert es auf ein

Negativ vom Format von 40 mal 60 Zentimeter. Sobald es belichtet ist, rückt der Film automatisch nach. Er ist 60 Meter

lang und kann 100 Bilder aufnehmen. Die beiden nach Backbord und Steuerbord gerichteten Linsensysteme haben je 50

oder 20 Zentimeter Brennweite. Man schwenkt sie entweder um 30 oder um 60 Grad seitlich aus, je nachdem, ob ihre

Bilder sich mit dem senkrecht geschossenen größtenteils überdecken sollen, oder ob man einen möglichst breiten Ge-

ländestreifen aufnehmen will. Das ist schon vor dem Start geschehen, genau wie Belichtungszeit und Blende fest einge-

stellt worden ist. Aus 8.000 Meter bannt die Kameraausrüstung einen 27 Kilometer, aus 10.000 Meter einen 33 Kilometer

und aus 13.000 Meter Höhe einen 44 Kilometer breiten Geländestreifen der Erdoberfläche auf den Film.39

33 Cooper, Matthew: Die Luftwaffe 1933-1945, Motorbuchverlag Stuttgart, 1988, 1. Auflage, S. 54

34 Felfe, Heinz: Im Dienste des Gegners, Verlag der Nationen, Berlin (O), 1988, S. 59

35 Jahrbuch für Luftfahrt 1928, S. 34

36 Schreyer, Wolfgang: Die Piraten-Chronik, Kongress-Verlag, Berlin, 1962, S. 30

37 Brütting: Das waren die deutschen Stuka-Asse, S. 254

38 Autorenkollektiv: Produktivkräfte in Deutschland 1917/18 – 1945, Verlag der Akademie, Berlin (O), 1988, Band 2, S. 130

39 Schreyer: Die Piratenchronik, S. 42

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Das von Ernst Heinkel 1933/34 entwickelte Verkehrsflugzeug Heinkel He 111 V-2 [D-ALIX] wurde von der Staf-

fel Rowehl verwendet. Es war für zwei Mann Besatzung und zehn Passagiere vorgesehen.40

Das Spezialflugzeug Dor-

nier Do 17 V-13 (D-ATAH) wurde wie das »Lichtbildflugzeug« Do 17 V-14 (D-AFOU) ebenso von der Staffel eingesetzt.41

- Doch nicht nur diese Staffel wurde vor Kriegsausbruch zur völkerrechtswidrigen Luftspionage herangezogen, sondern

im großen Maßstab auch Verkehrsmaschinen der LUFTHANSA wie etwa die zehn viermotorigen Ju 90.42,43

Ein krasses

Beispiel schildert der damalige Generalstabschef der Sowjetarmee, Armeegeneral Merezkow in seinen Memoarien. „Am

15. Juni 1941 befand er sich auf einem Flugplatz im „Westlichen Besonderen Militärbezirk“ und alarmierte die Flieger-

kräfte. Etwa eine Stunde nach Übungsbeginn, landete auf dem von uns gewählten Flugplatz plötzlich eine deutsche

Zivilmaschine, dessen Besatzung zum Zeugen des ganzen Geschehens wurde.“ 44

Im Juli 1936 überführten Lufthansakapitäne 20 Junkers Ju 52/3m der Luftwaffe von Tempelhof nach Sevilla und

Spanisch-Marokko. Diese 20 Transportflugzeuge schufen die Voraussetzung für den Sieg der Faschisten über die spa-

nische Republik, denn sie transportierten dringend benötigte Truppen von Nordafrika zu den Putschisten. Ansonsten

wäre der Staatsstreich in sich zusammen gebrochen. Aus Tarnungsgründen wurde das Unternehmen der neu gegründe-

ten „Compania Hispano-Marroqui de Transportes“ übertragen. Einige Lufthansa-Piloten griffen in ihrer Funktion als Re-

serveoffiziere der Luftwaffe in den Bürgerkrieg ein. Flugkapitän Alfred Henke etwa flog mit einer Ju 52/3m einen Angriff

auf das republikanische Schlachtschiff „Jaime Primero“ und versenkte den Veteranen aus dem 1. Weltkrieg mit zwei

250-kg-Bomben.45

III. Metamorphose des Tempelhofer Feldes zu einem Zentrum der Luftrüstung

und der deutschen Luftkriegsführung (September 1939 – Juni 1941).

Mit der Entfesselung des Zweiten Weltkrieges wurde der Weltflughafen Tempelhof von der Nazi-Luftwaffe als (Einsatz-

)Flughafen übernommen. Der DLH-Luftverkehr wurde eingestellt, fast der komplette Flugzeugbestand an die Luftwaffe

übergeben und alle wehrpflichtigen Betriebsangehörigen eingezogen. Die "frei" gewordenen Kapazitäten, Ressourcen

und Arbeitskräfte wurden direkt und indirekt der Luftkriegsführung und der Luftrüstung zugeordnet. Das von britischen

Bombenangriffen gefährdete Werk 5 der „Weser-Flugzeugbau GmbH“ in Lemwerder bei Bremen, welches neben ande-

ren Kriegsflugzeugen das damals wichtigste Luftangriffsmittel der Nazi-Luftwaffe herstellte, das Sturzkampfbombenflug-

zeug Ju 87, wurde 1940 nach Tempelhof verlegt. Betraf das zuerst das Umbauwerk, das entlastet werden sollte, so ab

1941 die komplette Flugzeug-Endmontage der Stukas. Damit wurde Tempelhof zu einem Zentrum der Luftrüstung und

die militärische Flugzeugindustrie zur Leitindustrie für viele Metallverarbeitenden und feinmechanisch-optische Industrie-

betriebe Neuköllns, Kreuzbergs, Schönebergs und von Tempelhof. Die Ausweitung des Raub- und Eroberungskrieges

von April 1940 bis Dezember 1941 führte zu einer stetig wachsenden Nachfrage nach Luftangriffsmitteln und so wuch-

sen Produktionsdruck und Beschäftigtenzahlen der Weserflug-Tempelhof und der ihr zuliefernden Betriebe.

Die zunehmenden Einberufungen von jungen Facharbeitern wurden durch den Einsatz von Zwangsarbeitern

„kompensiert“ und die vorhandenen Wohnbaracken für dienstverpflichtete WESER- Arbeiter und Angestellten umfunktio-

niert. Ab Frühjahr 1940 begannen die ersten zwangsverschleppten Frauen und Männer auf dem Tempelhofer Flugfeld zu

arbeiten. Im so genannten Lilienthallager der „Deutsche Lufthansa AG“ in der Flughafenstraße mussten Frauen aus

Serbien, Rumänien, Griechenland in deren Auftrag und im Auftrag der „Hansa Flugdienst GmbH“ Flugzeuge reinigen.

Bis zu ihrer Deportation in die Ermordung ab 1942 mussten Juden hier arbeiten. Es gab einen „geschlossenen Arbeits-

einsatz“ jüdischer Berliner in der Rüstungsindustrie, [auch bei der „Deutsche Lufthansa AG“ auf dem Tempelhofer Flug-

feld]. Jüdische Polinnen produzierten ab 1940 bei der „National-Krupp-Registrierkassen GmbH“ in der Thiemannstraße

Flugzeugteile. Ab 1942 wurden im großen Stil Frauen und Männer aus der UdSSR zur Zwangsarbeit verschleppt. So

wuchs der Anteil der Zwangsarbeiter an der Weser-„Gefolgschaft“ und erreichte 1941 30 Prozent. Entlang der am Tem-

pelhofer Flugfeld angrenzenden Straßen können allein 25 kleinere und größere Zwangsarbeiter-Lager nachgewiesen

werden. Ihre zwangsweise eingebrachte Arbeitskraft war ebenso wie die der deutschen Arbeiter und Angestellten am

Bau der Ju 87 beteiligt, mit denen die Nazi-Luftwaffe ihre Heimatländer bombardierte.

40 Nowarra, Heinz-J.: Die deutsche Luftrüstung 1933 – 1945, Bernard & Graefe Verlag, Koblenz, Band 2, 1986, S. 161

41 http://www.nexusboard.net/sitemap/6365/aufklarungsflugzeuge-t297095/ aufgerufen am 27. Juni 2011

42 Eyermann K.-H.: Luftspionage, Deutscher Militärverlag, Berlin (O), Band 2, 1963, S. 230

43 Produktivkräfte in Deutschland 1917/18 – 1945, S. 130

44 Merezkow, Kyrill Afanasjewitsch: Im Dienste des Volkes, Deutscher Militärverlag, Berlin (O), 1982, S. 182

45 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 9

Page 14: Das Tempelhofer Feld Die Nutzung des Tempelhofer Feldes in ......deutschen Nationalsozialismus (1933-1945) Das Tempelhofer Feld als Zentrum des zivilen Luftverkehrs, als Luftrüstungszentrum,

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Im Einzelnen wird nun dargelegt, wie sich das Tempelhofer Flugfeld von dem Zentrum der zivilen deutschen

Verkehrsluftfahrt zum Zentrum der Transportfliegerkräfte, vom Weltflughafen zum Fliegerhorst der Nazi-Luftwaffe (III.1),

vom Instandsetzungszentrum der Lufthansa zu einem Zentrum der Berliner Luftrüstungsindustrie (III.2) entwickelte, sich

Qualitätsarbeit zur unfreien Arbeit bis hin zur Zwangsarbeit (III.3) wandelte.

III.1 Vom Weltflughafen zum Fliegerhorst der Nazi-Luftwaffe. Das Verglimmen der zivilen Nutzung.

Tempelhof als ein Zentrum der deutschen Luftkriegsführung (1939/43).

Am 25. August 1939 begann mit dem über Polizeifunk übermitteltes Stichwort „Waldlauf“ die Mobilisierung der Luftwaf-

fen-Verbände.46

Am 26. August trat der Mobilmachungsplan in Kraft, demnach der Flughafen von der Luftwaffe über-

nommen und dem Luftgau-Kommando III (Berlin) unter Generalmajor Hubert Weise unterstellt wurde.47

Alle wehrpflichti-

gen Betriebsangehörigen der DLH wurden eingezogen.48

Am 29. August vereinbarte Staatssekretär Milch und Albert

Speer, der „Generalbauinspekteur für die Neugestaltung der Reichshauptstadt“, die „zur Verfügungstellung von 14.000

Arbeitern für den beschleunigten Bau von Luftschutzräumen in Berlin“.49

Am 30. August wurde der Flugbetrieb einge-

stellt.50

Das betraf insgesamt 5.411 Arbeiter und Angestellten sowie 145 Flugzeuge und 182 Piloten der Lufthansa.51

Der

Krieg legte den zivilen Luftverkehr im Dritten Reich völlig lahm. Die Nah-, Fernost- und Südamerika-Flugstrecken wurden

storniert. Die Südamerikalinien wurden nach dem 481. Flug eingestellt. Die Linie von Berlin nach Santiago de Chile hatte

gerade begonnen durch das Postaufkommen rentabel zu werden.

Die nun "frei" gewordenen Kapazitäten, Ressourcen und Arbeitskräfte von Tempelhof wurden der Luftkriegsfüh-

rung zur Verfügung gestellt. So wurde am 26. August auf dem Flugfeld unter Leitung des „mobilisierten“ Vorstandsmit-

glieds der „Deutschen Lufthansa AG“, des Majors der Reserve Carl-August Freiherr von Gablenz, aus 65 Passagierflug-

zeugen der Typen Ju 90, FW 200, G 38, Ju 52 und He 111 das „Kampfgeschwader zur besonderen Verwendung 172“,

abgekürzt KG z.b.V., formiert. Weitere 51 DLH-Maschinen gingen an Ausbildungseinheiten, an die „Sonderbildabteilung

des RLM“, an die „Versuchsstelle für Höhenflüge Oranienburg“, an die OKW-Kurierstaffel und an die Flugbereitschaft

des RLM in Staaken.52

- Ferner musste die DLH auf die neuen Flugboote, die viermotorige Do 26 und die sechsmotorige

BV 222, verzichten. Diese wurden ebenso wie zahlreiche FW 200 „Condor“ in den Geleitschutz für Schiffskonvois und

Aufklärungsdienste einbezogen.53

Das Geschwader bestand aus drei Gruppen (I.-III./KGzbV172) zu je vier Staffeln (1.-12./KGzbV172). Während

die erste Gruppe Alfred Helm kommandierte (militärische Kennzeichen N3+..), führte die 2. Gruppe Hauptmann Krause

und die 3. Gruppe Hauptmann Otto Babekuhl.54

Fünf viermotorige Flugzeuge bildeten die 10. Staffel unter dem Kom-

mando des Hauptmanns der Reserve Otto Brauer.55

Am 31. August brachten deren Flugzeuge Reichstagsabgeordnete

der NSDAP aus allen Teilen Deutschlands nach Tempelhof.56

Sie lauschten in den Vormittagsstunden des 1. Septem-

bers 1939 dem Führer und Reichskanzler Adolf Hitler, als dieser in der Kroll-Oper erklärte, dass „nunmehr seit 5 Uhr 45

zurück geschossen“ werde. Das Geschwader KGzbV172 führte während des nur drei Wochen währenden Eroberungs-

krieges Nachschub-, Versorgungs- sowie Flugblatteinsätze durch.

Am 1. September 1939 fiel so der Deckname der "Hansa Bild GmbH" und die inzwischen auf etwa 20 Verkehrs-

flugzeuge angewachsene „Regierungsstaffel“ wurde in „Fliegerstaffel des Führers“ umbenannt.57

- Aus der Staffel

Rowehls wurde die "Aufklärungsgruppe des Oberbefehlshabers der Luftwaffe", die Generalfeldmarschall Hermann Gö-

ring persönlich unterstellt war mit Stab in Oranienburg. Sie wurde auf drei Staffeln verstärkt. In der 1. Staffel blieben die

früheren Hansa-Piloten zusammen; die Piloten für die 2. und 3. Staffel (ex. 8.(F)/LG2) zog man am 24. September aus

Luftwaffe heraus. Als 4. Staffel wurde die Aufstellung der „Versuchsstelle für Höhenflüge Oranienburg“ befohlen, deren

Chef Siegfried Kneemeyer wurde. Rowehl avancierte zum Gruppenchef. Er verfügte nun über 36 Spähmaschinen mo-

dernster Bauart. Ab 1940 trat u.a. an die Stelle älterer Flugzeugmuster die durchkonstruierte Sonderausführung Ju 86 P.

46 Winter, Franz F.: Die verlorenen Adler, Universitas Verlag, München, 1987, S. 16

47 http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Gliederungen/Luftgaue/Luftgau3.htm - aufgerufen am 23. Juni 2011

48 Treibel: Die Geschichte der deutschen Verkehrsflughäfen, S.

49 Irving, David: Die Tragödie der Deutschen Luftwaffe, S. 134

50 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 25

51 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 27

52 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 28

53 http://www.berlin-spotter.de/airlines/lufthansa.htm - aufgerufen am 23. Juni 2011

54 http://www.ww2.dk/air/transport/kgzbv172.htm

55 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 29

56 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 29

57 http://germanaircraftwwii.devhub.com/glider-transport/ aufgerufen am 16. Juni 2011

Page 15: Das Tempelhofer Feld Die Nutzung des Tempelhofer Feldes in ......deutschen Nationalsozialismus (1933-1945) Das Tempelhofer Feld als Zentrum des zivilen Luftverkehrs, als Luftrüstungszentrum,

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Von Oktober 1939 an bis Februar 1941 war die 1. Staffel der Aufklärungsgruppe 124 [1.(F)/124] in Tempelhof58

mit neun Fernaufklärern des Typs Do 17 P stationiert. Diese Staffel war an der Vorbereitung des Norwegen- und des

Frankreichfeldzuges beteiligt. Mit ihrer Reichweite von 1.600 km konnten Dänemark und West-Frankreich aus neun

Kilometer Höhe abfotografiert werden.

Die Umnutzung von Ressourcen der DLH betraf auch die in Tempelhofer Kontrollwerkstatt sowie die Haupt- und

Überholungswerkstatt. Die „Deutsche Lufthansa AG“ musste die Luftwaffe nicht nur mit Flugzeugen und Personal unter-

stützen, sondern auch bei der Wartung, der Überholung und der Reparatur von reichseigenen Flugzeugen.

Nach Beendigung des so genannten Polenfeldzuges wurde der Luftraum über Deutschland für den zivilen Flug-

verkehr wieder frei gegeben. Ab dem 21. September wurde die Linie Berlin – Danzig – Königsberg wieder beflogen. Am

4. Oktober folgte die Strecke Berlin – Venedig – Rom und die Verbindung Berlin – Wien – Budapest – Belgrad – Sofia –

Saloniki. Auch der Verkehr zwischen Berlin und Stockholm und Kopenhagen wurde wieder aufgenommen. Weitere inter-

nationale Strecken wurden wieder in Betrieb genommen. Am 18. Oktober 1939 die Verbindung Berlin – Wien – Budapest

– Bukarest und am 1. November die Balkanstrecke über Saloniki bis Athen und gleichzeitig eine Abzweigung von Sofia

nach Istanbul eingerichtet.59

Der Flugbetrieb des Weltflughafens Berlin-Tempelhof wurde insgesamt stark verringert und

vom 1. November 1939 an vom südöstlich von Berlin gelegenen Sportflugplatz Rangsdorf durchgeführt.60

Am 10. No-

vember wurde das KGzbV172 aufgelöst61

. Dass das Gros der Lufthansa-Maschinen aus der Luftwaffe herausgelöst

werden konnte, machte der „komische Krieg“, den Franzosen und Briten gegen Hitler-Deutschland führten, möglich. Der

anhaltende Kriegszustand beeinträchtigte den zivilen Luftverkehr in Tempelhof: Die Zahl der abgefertigten Passagiere

ging um 15 Prozent von 202.000 (1938) auf 170.500 Fluggäste (1939) zurück.62

Am 9. Januar 1940 landete eine von Moskau aus gestartete DC-3 der sowjetischen Luftverkehrsgesellschaft

AEROFLOT in Rangsdorf bei Berlin. Die offiziell am 21. Januar 1940 eröffnete Linie Berlin - Moskau verkehrte täglich bis

Sonntag, den 22. Juni 1941, in beide Richtungen mit einer Maschine.63

Am 7. März wurde der zivile Luftverkehr wegen der schlechten Bodenverhältnisse auf dem Flugplatz Rangsdorf

nach Tempelhof zurückverlegt.64

Im März wurden die demobilisierten Lufthansa-Maschinen wieder mobilisiert. Es stand die luftkriegsmäßige

Vorbereitung des Überfalls auf Norwegen und Dänemark (9. April - 10. Juni) an, der sich dann - fast nahtlos – mit dem

Überfall auf die Benelux-Länder und Frankreich (10. Mai - 22. Juni 1940) fortsetzte. Die jeweils vier Staffeln, die im Sep-

tember 1939 in der I. und in der III./KGzbV172 über Polen eingesetzt worden waren, wurden nunmehr als III./KGzbV1

(9.-12./KGzbV1) und als I./KGzbV172 (1.-4./KGzbV172) formiert und unter Freiherr von Gablenz eingesetzt.

Im März wurde ein neues Luftwaffen-Kommando geschaffen: „Lufttransport-Chef Land“. Dieser Lufttransport-

Chef war für den Lufttransport von Soldaten, Munition und Material nach Norwegen und Dänemark verantwortlich:

Oberstleutnant der Reserve Freiherr von Gablenz. Er konnte nunmehr auf 533 in acht Kampfgruppen zur besonderen

Verwendung (KGr.z.b.V. 101 bis KGr.z.b.V. 108) zusammengefasste Transportflugzeuge zurückgreifen.65

– Bei dem

Feldzug kam es zu einer legendären Verquickung seiner zivilen und militärischen Funktionen: Die Mehrzahl seiner Flug-

zeuge konnte am 9. April nicht nonstop bis Oslo fliegen, sondern musste in Kopenhagen zum Auftanken zwischenlan-

den. Zu jener Zeit war Dänemark noch nicht besetzt, sondern neutrales Ausland, das einem solchen Vorhaben nie zuge-

stimmt hätte. Von Gablenz aber machte in Kopenhagen plötzlich auf seine Lufthansa-Funktion aufmerksam und bestellte

in seiner Eigenschaft als Direktor der LUFTHANSA bei SHELL den nötigen Treibstoff. Das Unglaubliche geschah! Am

Morgen des ersten Kriegstages für Norwegen fielen die Luftwaffen-Transporter in Kopenhagen ein und wurden frie-

densmäßig von SHELL aufgetankt: „Der Direktor Freiherr von Gablenz hatte dem Oberstleutnant Freiherr von Gablenz

Amtshilfe geleistet.“ 66

Nach dem 26. August 1939 wurde der Flughafen Tempelhof in hohem Maße von weiteren militärischen Dienst-

stellen belegt, eine Fliegerhorst-Kommandantur eingerichtet. Die wichtigste Veränderung für den Weltflughafen aber war

der Befehl vom Generalluftzeugmeister Ernst Udet vom 14. Dezember 1939, den „Umbaubetrieb aus dem Werk [der

58 http://www.ww2.dk/air/recon/aufkl124.htm

59 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 30

60 Treibel: Die Geschichte der deutschen Verkehrsflughäfen, S. 60

61 http://www.ww2.dk/air/transport/kgzbv172.htm

62 Berlin in Zahlen 1942

63 Groehler, Olaf: Selbstmörderische Allianz. Deutsch-russische Militärbeziehungen 1920-1941, Vision Verlag GmbH Berlin, 1992

64 Treibel: Die Geschichte der deutschen Verkehrsflughäfen, S. 60

65 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 35

66 Braunburg, Rudolf: Die Geschichte der Lufthansa, Rasch und Röhring Verlag, Hamburg, 1991, S. 156

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„Weser Flugzeugbau GmbH“ – M.A.] Lemwerder nach dem Flughafen Tempelhof zu verlegen.“ 67

Das betraf vorerst den

Umbau von Kriegsflugzeugen verschiedener Typen. Die Hallenkapazitäten des alten und neuen Flughafens wurden

zuerst für Umrüstungs- und Umbaumaßnahmen verwendet. Später betraf es die komplette Flugzeug-Endmontage des

Sturzkampfbombers Ju 87, die dann in die nach und nach fertiggestellten sechs großen Hallen des „Bügels“ verlegt

wurden.

Unter den militärischen Einrichtungen befand sich auch das „Luftfahrtmedizinische Forschungsinstitut“, an des-

sen Fertigstellung [1938-40] mit Hochdruck gearbeitet wurde. Zum Raum-Programm gehörten eine große Zentrifuge,

eine Unterdruckkammer und ein Hörsaal. Im „Flugmedizinischen Institut“ wurden alle Fragen der militär-medizinischen

Grundlagen- und angewandten Forschung behandelt. – [Im Bezirk Tempelhof befanden sich außerdem das Heeres-

Zeugamt, das Heeres-Nebenzeugamt, das Standortlazarett Tempelhof und das Lazarett Tempelhof.68

]

Am 3. Juni wurde die Linie Berlin – Bratislava aufgenommen mit den, von der ausgeraubten tschechoslowaki-

schen Fluggesellschaft CLS „gecharterten“ modernen Verkehrsflugzeugen des amerikanischen Typs DC 3. 1940 entfie-

len bereits 18,5 Prozent der Gesamtverkehrsleistung der LUFTHANSA auf geklaute Maschinen der Typen DC 2 und DC

3 (ex- KLM und ex- CLS), insgesamt 14 Stück Flugzeuge.69

Eine Vereinbarung vom 19. Juli 1940 über "Besondere Leis-

tungen der Lufthansa auf Grund des Kriegszustandes" verpflichtete das Luftverkehrsunternehmen zu Verkauf oder Char-

ter.70

Sie veräußerte an die Luftwaffe neun Verkehrsflugzeuge vom Typ He 111, zwölf Ju 86 und zwei Dornier Wal zu

einem Preis von 2,9 Millionen Mark an das Reichsluftfahrtministerium.71

Ende Juni 1940 wurde der Flugverkehr Berlin –

Amsterdam aufgenommen. Im Juni 1940 erhielt die dänische Luftverkehrsgesellschaft DDL die Erlaubnis zur Wiederauf-

nahme der Route Kopenhagen – Berlin.72

Die 8. Staffel des Jagdgeschwaders JG 52 unter dem Befehl von Oberleutnant Rall war vom 18. bis 20. Juli auf

dem Weltflughafen stationiert.73

Die Staffel mit zwölf Jägern des Typs Bf 109 E74

sicherten anlässlich einer Reichstagssit-

zung, bei der Hitler und andere Nazi-Führer sich dem Siegesrausch über Frankreich hingaben, den Luftraum in der Ber-

liner Innenstadt. Am 19. Juli wurden in der neuen Reichskanzlei zwölf willfährige Generäle des Heeres zu Feldmarschäl-

len und der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, Feldmarschall Göring, zum Reichsmarschall ernannt.

Am 12. August wurde die Strecke Berlin – Stuttgart über Lyon – Marseille – Barcelona nach Madrid verlängert.

Die portugiesische Hauptstadt Lissabon wurde ab den 8. Oktober wieder angeflogen.75

Am 23. September 1940 war das

Flugfeld Tempelhof erstmals geplantes Angriffsziel britischer Bomber. Doch sie verfehlten den Flughafen und warfen ihre

Bomben in Wohngebiete. Am 29. Oktober stürzte unter Flugkapitän Wilhelm Zimmermann beim Start in Tempelhof die

DC 3 (D-AAIH) „Prag“ ab.76

Die „Deutsche Lufthansa AG“ befand sich nach den relativ leichten Siegen in Nord- und Westeuropa im Spät-

herbst des Jahres 1940 bis März 1941 in einer „Konsolidierungsphase“ und begann umfangreiche Nachkriegsplanungen.

Es erfolgten Ausschreibungen. So für ein 18-sitziges Passagierflugzeug, das die Ju 52/3m ersetzen sollte. Aus ihr ent-

stand die Ju 252. BLOHM & VOSS entwarf das sechsmotorige Flugboot BV 144, ein Schulterdecker aus Ganzmetall mit

einziehbarem Fahrwerk für 18 bis 23 Passagiere.77

Ebenso projektierte78

B&V ein transatlantisches Flugschiff (P.200) mit

gigantischen Ausmaßen: Spannweite 85 Meter, Länge 70 Meter, Höhe 10 Meter. Das Rüstgewicht beträgt 115 Tonnen,

die Nutzlast 95 Tonnen. 120 Passagiere sollen in zwei Kabinendecks untergebracht werden. Die „Focke Wulf Flugzeug-

bau GmbH" in Bremen beabsichtigte ab Sommer 1940 aus seiner viermotorigen FW 200 Condor eine zweimotorige

Kurzstreckenversion abzuleiten, ein Verkehrsflugzeug für 14 bis 18 Passagiere mit einer Reichweite von 1.200 Kilome-

tern. Am 11. September 1940 erging ein Angebot an das RLM, das 1940/41 den Bau von 13 Maschinen in Betracht

zog.79

Ferner entwickelte FOCKE-WULF aus der FW 200 die Fw 300, ein viermotoriges Langstreckenflugzeug. Je nach

Bauvariante sollte es 24 bis 40 Passagiere über eine Strecke von 6.000 bis maximal 7.500 Kilometer mit einer Reisege-

schwindigkeit von cirka 430 km/h befördern. JUNKERS entwickelte die Ju 90 weiter. Es entstand das Langstreckenflug-

zeug Ju 290 mit einer Reichweite von 6.500 Kilometern.

67 Faksimile des Schnellbriefs des Reichsministers für Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe an die „Weser

Flugzeugbaugesellschaft mbH“, Bremen 1 vom 14. Dezember 1939. In - Wenz, F.-Herbert: Flughafen Tempelhof, S. 28

68 http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/Kasernen/Wehrkreis03/KasernenBerlin-R.htm

69 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 45

70 http://www.berlin-spotter.de/airlines/lufthansa.htm - aufgerufen am 23. Juni 2011

71 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 49

72 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 47

73 http://www.jg52.net/kriegstagebuch/1940/6/ - aufgerufen am 27. Juni 2011

74 http://www.ww2.dk/air/jagd/jg52.htm - aufgerufen am 8. Juni 2011

75 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 47

76 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 50

77 Alles-Fernandez, Peter Flugzeuge von A bis Z, Bernard & Graefe Verlag, Koblenz, 1989, S. 259

78 Nowarra: Die deutsche Luftrüstung 1933 – 1945, Band 1, S. 120

79 Autorenkollektiv: Luftfahrt. Bilder, Texte, Dokumente. Bd 9, E.S. Mittler & Sohn GmbH, Herford, 1978, S. 3945 f

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Immer weniger Verkehrsflugzeuge flogen in der Phase der Entfesselung und Ausbreitung des Zweiten Weltkrie-

ges unter dem Zeichen des Kranichs. Zum 31. Dezember 1940 wies die Flottenliste – ohne die „gecharterten“ DC 2 und

DC 3 – 121 Flugzeuge auf, darunter je vier FW 200 und Ju 90 sowie 80 Ju 52/3m.80

Die Zahl der 1940 abgefertigten

Passagiere in Tempelhof aber war um 52 Prozent von 170.500 Fluggästen (1939) auf 81.578 Fluggäste abgestürzt.

Insgesamt transportierte die DLH 1940 95.200 zahlende Fluggäste.81

All diese Flüge dienten nicht zivilen Zwecken, son-

dern der indirekten Kriegsführung. Sie beförderten deutsche Beamte, die besetzte Länder verwalteten und auspressten,

Konzernvertreter, Botschafter, Gesandtschaften, Militärs, Vertreter der NSDAP und ihrer vielfältigen Gliederungen. Die

Lufthansa-Maschinen waren keine Ferienflieger. Sie beförderten neben der Dienstpost auch Expressgut, einschließlich

dringender militärischer Ersatzteile. Um all diese Funktion sicherzustellen und der Bevölkerung Normalität zu suggerie-

ren, dafür wurden die Flugpläne aufgestellt.

Am 1. Januar 1941 wurde auf dem Gelände des Weltflughafens die Luftnachrichten-Abteilung 41 aufgestellt82

, deren

Aufgabe es im Mai 1941 war, die Einsätze der Fallschirmjäger-Division der Wehrmacht (7. Flieger-Division) in Griechen-

land und auf Kreta nachrichtentechnisch sicherzustellen. Ebenfalls am 1. Januar 1941 wurde die Dienststelle Fliegerfüh-

rer XI. Fliegerkorps in Berlin-Tempelhof neu geschaffen. Damit wurde Tempelhof zu einem logistischen Zentrum der

Fallschirmjägertruppe. Unter ihrem Kommandeur, Generalmajor Gerhard Conrad (seit 21.12.1940), erfolgte von hier aus

die Führung der dem Korps unterstellten Transportgruppen (Ju 52/3m u.a.) zum Zwecke des Einsatzes der Fallschirmjä-

80 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 52

81 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 75

82 http://www.ww2.dk/ground/ln/lna41.html

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ger-Regimenter, des Nachschubs, Ersatzes und der Ausbildung des in Aufstellung befindlichen Fallschirmjäger-Korps.83

Conrad befehligte u.a. die für das Unternehmen „Merkur“ zugewiesenen Kampfgruppen zur besonderen Verwendung 40,

60, 101, 104 und 105, die alle im Februar 1941 in Berlin worden aufgestellt waren. Sie erlitten große Verluste über Kreta,

und wurden im Juni aufgelöst zum großen Teil. Conrad selbst nahm am Einsatz über Kreta teil und führte den Einsatz

der für das Unternehmen „Merkur“ abgestellten Transportfliegerkräfte. Von den 493 durch die Luftwaffe eingesetzten Ju

52 wurden 271 abgeschossen oder waren so schwer beschädigt, dass sie nicht mehr einsetzbar waren.84

Im Februar 1941 musste die Lufthansa ihre fünf FW 200 (Holstein, Rheinland, Saarland, Nordmark, Friesland)

der Luftwaffe überlassen, die sie nach Einbau von Zusatztanks beim Kampfgeschwader 40 (KG 40) in der Ausbildungs-

und Ersatzstaffel einsetzte. Bereits am 27. März 1941 flog Hauptmann der Reserve Bernhard Jope die ex. D-ACWG

„Holstein“ und nun F8+GL von Stavanger bis in die Dänemark-Straße zwischen Island und Grönland und zurück nach

Drontheim einen Langstrecken-Aufklärungsflug im Interesse der Seekriegsführung gegen Großbritannien.85

Major Helmut

Liman, Staffelkapitän der 9./KG40 und DLH-Flugkapitän, versenkte zwei alliierte Schiffe.86

Ab 1941 flog Flugkapitän Ru-

dolf Mayr als Pilot der dritten Staffel des Kampfgeschwaders 40 (3./KG 40) zahlreiche Einsätze gegen alliierte Schiffe im

Nordatlantik, im Mittelmeer und sogar im Roten Meer. Am 24. September 1941 wurde er zum Technischen Offizier der

ersten Gruppe des Kampfgeschwaders ernannt (I./KG 40). Am 10. August 1942 übernahm er als Staffelkapitän die 9./KG

40. Im Mai 1943 wurde Hauptmann Mayr für die Versenkung von elf Schiffen mit 55.000 BRT das Ritterkreuz verliehen! 87

Der Stab des „Kampfgeschwaders zur besonderen Verwendung 3“ unter Generalmajor Ulrich Buchholz wurde

in den Monaten Januar und Februar des Jahres 1941 in Berlin-Tempelhof aufgestellt und der Stab war hier bis zum 14.

Januar 1943 stationiert.

Auf dem Tempelhofer Flugfeld wurde im Mai 1941 Transportfliegerkräfte bereitgestellt und dem „Fliegerführer

Irak“ zugewiesen. (*)88

Fliegerführer Oberst Junck verfugte nur über schwache Fliegerkräfte: die Bf 110 der 4./ZG 76, die

He 111 der 4./KG 4 sowie eine der Luftflotte 4 unterstellten Staffel Ju 52/m. Um diese Kräfte zu verstärken wurden am 7.

Mai drei Ju 90 der Lufthansa (Baden, Preußen und Thüringen) nebst ihren Besatzungen unter dem Kommando von

Oberst von Gablenz dem „Sonderkommando Junck“ zur Verfügung gestellt.89

Im Juni 1941 verlegte mit der Inbetriebnahme des Führerhauptquartiers „Wolfsschanze“ bei Rastenburg in Ost-

preußen ein Teil der „Fliegerstaffel des Führers“ von Tempelhof auf den Flugplatz Wilhelmsdorf.

Im Verlaufe des Jahres 1941 transportierte die „Deutsche Lufthansa AG“ insgesamt 111.791 zahlende Flug-

gäste, was gegenüber 1940 eine Steigerung von 17 Prozent bedeutete. Die DLH verfügte über sechs BFM M 20, sieben

FW 58, zwei FW 200, 66 Ju 52/3m, vier Ju 90 und eine W 33. Die Flotte umfasste am 31. Dezember 1941 – ohne die

gecharterten DC 2 und DC 3 – noch 86 Maschinen, von denen zahlreiche für die Luftwaffe flogen. Im Luftwaffeneinsatz

waren neben zwei FW 200 bis zu 18 vercharterte Ju 52/3m der DLH verloren gegangen, mindestens vier davon bei den

Blindflugschulen.90

- Die Zahl der in Tempelhof abgefertigten Passagiere betrug 96.636 Fluggäste.91

Ab 1942 durften dann nur noch „kriegswichtige“ Bauvorhaben in Tempelhof weitergeführt werden, so dass das

Flughafen-Projekt insgesamt unvollendet blieb. Der Weiterbau der zivilen Teile kam zum Erliegen, so dass über der

Abfertigungshalle für 2.000 Gäste geplante Restaurant mitsamt Konferenz-, Fest- und Tanzsaal ebenso wenig fertig

gestellt wurde wie die Treppentürme zur Zuschauertribüne oder der Kontrollturm auf dem Dach des Hauptgebäudes. Mit

einer unter dem Rollfeld geplanten Postumschlagstation wurde gar nicht erst begonnen, der Bau der westlichen Platzum-

randung wurde eingestellt.92

83 http://www.ww2.dk/air/hq/xifk.htm

84 http://de.wikipedia.org/wiki/Luftlandeschlacht_um_Kreta aufgerufen am 21. Juli 2011

85 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 62

86 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 64

87 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 87

88 In der Nacht vom 1. auf den 2. April 1941 stürzten irakische Offiziere die Regierung in Bagdad. Sie bildeten

eine Militärregierung und setzten am 10. April Raschid Ali al Gailani als Ministerpräsidenten ein. Er verbrachte 1936 mehrere

Wochen in Berlin, bewunderte das Dritte Reich und unterhielt enge persönliche Kontakte zu Dr. Fritz Grobba, dem ehemaligen

deutschen Botschafter in Afghanistan. Als Reaktion landeten die Briten 8.000 Soldaten in Basra, um sich den Zugang zum iraki-

schen Öl zu sichern. Dem darauf folgenden irakischen Hilfeersuchen an die faschistische deutsche Regierung wurde aus verständ-

lichen Gründen prompt entsprochen. Zur Verlegung nach dem Irak wurde ab dem 3. Mai 1941 unter dem Befehl von Oberst Junck ein

Sonderkommando der Luftwaffe zusammengestellt. Auf Bitten Berlins erlaubte die Petain-Regierung deutschen Flugzeugen die Zwi-

schenlandung auf französischen Flugplätzen in Syrien. Die deutschen Kennungen und Hoheitszeichen wurden überspritzt und durch

irakische ersetzt. Die Kampfhandlungen begannen am 15. Mai 1941 und dauerten bis zum Ende des Monats an, dabei gingen acht He

111, zwölf Me 110 und zwei Ju 52 verloren. Schon am 31. Mai wurde zwischen den Putschisten und den Briten ein Waffenstillstand

abgeschlossen.

- FLiEGERREVUE International 07/1994, Flug Verlag Berolina, Berlin, S. 491 sowie

- Seidt, Hans-Ulrich: Berlin – Moskau – Kabul, Universitas in der F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH; München; 2002, S. 313

89 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 66

90 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 75

91 Berlin in Zahlen 1942

92 Heisig, Matthias / Walleczek, Sylvia: Tempelhofer Einblicke, Edition Berlin im Metropol Verlag, Berlin 2002, S. 28 f

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Nicht zum Erliegen kam nach Darstellung des Inspekteurs des Sanitätswesens der Luftwaffe, Prof. Dr. Erich

Hippke, die Bauarbeiten am neuen „Luftfahrtmedizinischen Forschungsinstituts des RLM“. Im Gegenteil. In einen Brief

an Reichsführer SS Himmler berichtet im Oktober 1942 er, dass Ergänzungsarbeiten begonnen wurden, um die „Unter-

druckkammer über alle Kälteeinrichtungen und auch über eine Nennhöhe von 30 km verfügen“ zu können.93

Am 18. Februar 1942 musste die Lufthansa ihre sechs viermotorigen Verkehrsflugzeuge Ju 90, zusammenge-

fasst als „Luftverkehrs-Gruppe Berlin“ unter dem Kommando des DLH- Flugkapitäns und Hauptmanns der Reserve Hugo

Wiskandt, an die Luftwaffe abgeben. Sie flogen Transporteinsätze zur Versorgung der 95.000 von der Roten Armee

eingeschlossenen deutschen Soldaten bei Demjansk.94

Dafür erfuhr das Streckennetz der DLH Kürzungen: Am 19. Feb-

ruar wurden die Strecken Oslo – Stockholm – Pori, Berlin – München sowie Wien – Graz – Agram eingestellt.95

Im März

gehen die Oldenburg und die Thüringen an die Lufthansa zurück. Die restlichen vier Ju 90 flogen Transporteinsätze nach

Libyen und Tunesien. –

Im März 1942 wurde der „Deutschen Lufthansa AG“ befohlen, sechs Ju 52/3m mit Besatzung und je ein Wart

an die neu aufgestellte „Luftfeldpoststaffel“ abzugeben.96

Im Frühjahr beantragte die „Deutsche Lufthansa AG, Bauleitung Tempelhof“ beim Generalbau-Inspekteur Berlin

ein Lager für Arbeiter mit zwei Mannschafts-, einer Wirtschafts- sowie einer Wach- und Sanitätsbaracke zu errichten.

Auch die „Deutsche Lufthansa AG, Bauleitung Kontrollwerkstätte Tempelhof“ beantragte ein Lager mit fünf Mannschafts-

, einer Küchen-, einer Speise- sowie einer Wirtschaftsbaracke mit Wasch-, Abort- und Heizraum sowie Teeküche. Hinzu

kam eine Wirtschaftsbaracke für Ausländer. Bewilligt wurden am 1. Oktober 1942 drei Mannschaftsbaracken. 97

Ende des

Jahres 1942 waren auf dem nördlichen Flughafenfeld vor den Hallen 1, 2 und 3 eine sehr große Wirtschaftsbaracke

sowie an der östlichen Lilienthalstraße, südlich vom Garnisonsfriedhof vier Baracken aufgestellt.

Im November 1942 wurde die Luftnachrichten-Abteilung 41 zur Luftwaffen-Korps-Nachrichten-Abteilung 1 auf-

gewertet, da nunmehr die Fallschirmjäger-Division zu einem Korps vergrößert wurde, ab November 1943 gar zum Fall-

schirm-Armee-Nachrichten-Regiment 1. – Am 16. November musste die DLH die beiden Verkehrsflugzeuge Ju 90 (Ol-

denburg und Thüringen) an die „Luftverkehrs-Gruppe Berlin“ wieder abgeben. Die 6. deutsche Armee und Teile der 4.

Panzerarmee sind bei Stalingrad eingekesselt worden und die Lufthansa wurde in die Anstrengungen der deutschen

Luftwaffe eingebunden, 330.000 Soldaten aus der Luft zu versorgen.

Im Verlaufe des Jahres 1942 wurden 23, der an das Reich vercharterten Lufthansa-Flugzeuge, darunter 18 Ju

52, zerstört.98

Eingestellt wurde am 3. Juli die Linie Hamburg – Kopenhagen und am 22. Dezember die Linien Wien –

Athen und Wien – Agram. Am 14. Dezember wurde die Verbindung Drontheim – Tromsö – Hammerfest stillgelegt. Ende

1942 flog die DLH noch sieben Flughäfen im Inland und 23 im Ausland an. Die Gesamtzahl der Passagiere belief sich

1942 auf 100.86499

, davon wurden in Tempelhof 98.712 Passagiere100

abgefertigt. Nachdem die Lufthansa im November

und Dezember weitere Maschinen an die Luftwaffe abgeben musste, war ihr Flugzeugpark Ende des Jahres auf 59

Maschinen zusammen geschmolzen: zwei BFW M 20, vier FW 58, zwei FW 200, 47 Ju 52 und vier Ju 90.101

Das Jahr 1943 wurde zum Jahr des strategischen Umschwungs zugunsten der Alliierten und zuungunsten des

Dritten Reiches und prägten Einsatz und Verwendung der Lufthansa. Der Kessel von Stalingrad wird am 3. Februar 1943

durch die Rote Armee liquidiert. Der Zufuhrkrieg im Nordatlantik geht für die deutschen U-Boot-Rudel im Mai endgültig

verloren. Am 9. Mai kapitulieren die Reste des deutsch-italienischen Afrika-Korps vor Tunis. Die Angriffsoperation «Zita-

delle» vor Kursk (5. bis 17. Juli) scheitert, und es erfolgt am 9. Juli die anglo-alliierte Landung auf Sizilien, in deren Folge

Duce Mussolini in Rom gestürzt wird. Das Dritte Reich verliert seinen wichtigsten und stärksten Verbündeten und der

gefürchtete Zwei-Fronten-Krieg ist nun Realität. Im November 1943 wird Kiew als politisches, administratives, wirtschaft-

liches Zentrum der Ukraine befreit. Die koordinierten anglo-amerikanischen Luftschläge gegen das deutsche Hinterland

gewinnen immer mehr an Schärfe und gegen Ende des Jahres gewinnen die alliierten Luftstreitkräfte über Teilen West-

Europas und Deutschlands die Luftüberlegenheit. Dem koordinierten militärischen und politischen Vorgehen der Alliier-

ten und der vollen Entfaltung ihres militär-ökonomischen Potentials kann die faschistische Koalition nichts Gleichwertiges

entgegensetzen. Der deutsche Griff nach der Weltherrschaft ist gescheitert.

93 7th ARMY DOCUMENT CENTER 138267

94 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 69

95 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 67

96 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 100

97 Kubatzki, Reiner: Standorte und Topografie der Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeiter-Lager in Berlin und Umgebung: 1939-1945, S.

98 http://www.berlin-spotter.de/airlines/lufthansa.htm - aufgerufen am 23. Juni 2011

99 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 94

100 Berlin in Zahlen 1942

101 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 99

Page 20: Das Tempelhofer Feld Die Nutzung des Tempelhofer Feldes in ......deutschen Nationalsozialismus (1933-1945) Das Tempelhofer Feld als Zentrum des zivilen Luftverkehrs, als Luftrüstungszentrum,

20

Die „Deutsche Lufthansa AG“ wurde von den meisten dieser Niederlagen noch nicht unmittelbar betroffen; doch

die Luftwaffe verlor immer mehr ihrer Maschinen und ihr „internationales“ Streckennetz verkleinerte sich. Doch noch

flogen Lufthansa-Maschinen ganzjährig, vom 1. Januar bis 31. Dezember 1943, von Tempelhof sechsmal die Woche

(über Stuttgart – Lyon – Barcelona – Madrid) nach Lissabon, (über Wien – Prag – Budapest – Belgrad – Saloniki) nach

Athen, (über Danzig – Königsberg – Kauen – Riga- Reval) nach Helsinki, (über München – Venedig) nach Mailand, über

Kopenhagen nach Oslo sowie über Prag – Wien und Budapest nach Bukarest.102

Am 2. Januar wurde in Berlin-Tempelhof die „Lufttransportstaffel 290“ unter Hauptmann Heinz Braun aufge-

stellt.103 Ihr waren zwei viermotorige Transportflugzeuge des Typs Ju 290 A, sieben Ju 90, eine dreimotorige Ju 252 und

zwei FW 200 B zugeordnet. Die Staffel flog Versorgungseinsätze in den Kessel von Stalingrad. – Am 15. Januar 1943

wurde der Stab des KGzbV3 unter Generalmajor Buchholz aus Tempelhof verlegt worden. Buchholz wurde Komman-

deur der deutschen Transportfliegerkräfte für den Mittelmeer-Raum (Luftflotte 2). Am 28. März 1943 wurde die viermoto-

rige Transportstaffel nach Grosseto (Italien) verlegt,104

von wo aus die Versorgungsflüge begannen, um die Heeresgrup-

pe Afrika in Tunesien zu versorgen. - Die Ju 90 D-ADFJ flog bei der LTS 290. Am 20. Mai 1943 erlitt sie (J4+FH) nach

Bombentreffer in Grosseto (Sizilien?) irreparable Schäden.105

Die Flugleistungen der Lufthansa von Tempelhof aus blieben gegenüber 1942 gut konstant, jedoch nahm au-

ßerordentlich die Anzahl von Flügen im Auftrag der Reichsregierung zu. Gegenüber 1942 stiegen die Regierungsflüge

um 33,1 Prozent auf 1.226.391 geflogene Kilometer.106

Sie waren Ausdruck der Bemühungen der Nazi-Führung und des

Reichsaußenministeriums, den Übertritt der Satelliten des Dritten Reiches (Finnland, Portugal, Spanien, Italien, Kroatien,

Bulgarien, Rumänien, Slowakei und Ungarn) und der „Neutralen Staaten“ (Schweden, Schweiz, Türkei) auf die Seite der

„Großen Drei“ zu verhindern.

Die „Deutsche Lufthansa AG“ benötigte dringend neue Verkehrsflugzeuge. Die Nachkriegsplanungen vom Win-

terhalbjahr 1940/41 verbaute der Krieg. Die wenigen Exemplare, die 1943 gebaut worden sind (vier BVV 222, elf Ju 252,

vier Ju 352 und 24 Ju 290) gingen an die Transportfliegerkräfte. Zwar war im August 1941 noch die Baubeschreibung für

das Verkehrsflugzeug FW 206 fertig gestellt worden, doch am 1. Oktober 1942 wurden das „Programm 206“ gestoppt.107

Als im November 1942 die Wehrmacht die bisher freie französische Zone („Vichy-Frankreich“) besetzte und der

„Air France“ der weitere Flugbetrieb verboten wurde, ergab sich eine „Gelegenheit“ an zusätzliche Verkehrsflugzeuge zu

kommen. Am 1. Februar 1943 schlossen die Lufthansa und Air France einen „Vertrag“ ab, der die Vercharterung von elf

Verkehrsflugzeugen Bloch 220 und sieben Dewoitine D.338 an die DHL zum Inhalt hatte. Die im Liniendienst eingesetz-

ten Bloch 220 legten bis Ende des Jahres 460.895 km zurück108

, etwa acht Prozent aller DLH-Flugkilometer 1943.

Im September 1943 mussten die drei italienischen Luftverkehrsgesellschaften ihren Flugbetrieb einstellen. Die

„Deutsche Lufthansa AG“ raubte von den 78 Maschinen, über die die „Ala Littoria“ (43), die „Ali“ (17) und LATI (18) ver-

fügten, 62 Verkehrsflugzeuge! Von diesen übernahm sie vier Ju 52/3m, die ab dem 24. September auf der, bisher von

„Ala Littoria“ beflogene Strecke Rom - Venedig - München – Berlin, nun ab Mailand, einsetzte.109

Die „Deutsche Lufthansa AG“ besaß am 31. Dezember 1943 nur noch 47 Flugzeuge: eine DC 3, drei FW 58,

eine FW 200, 41 Ju 52 und eine Ju 90. 42 weitere Maschinen waren an die Lufthansa verchartert. 110

[Es fehlen bei die-

ser Aufzählung die vercharterten Maschinen der Air France, KLM. – M.A.]

III.2 Vom DLH- Instandsetzungszentrum, über das „Umbauwerk Tempelhof“ zum innerstädtischen

Luftrüstungszentrum (September 1939 – Dezember 1942).

Das Branchen-Adressbuch 1938 Berlin und das Reichs-Adressenbuch Berlin 1939 hatten bereits einige Zulieferer und

Ausrüster der Luftfahrtindustrie aufgeführt, die sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Flughafen Tempelhof befanden:

102 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 101

103 http://www.ww2.dk/air/transport/lts290.html

104 http://www.ww2.dk/air/transport/lts290.html aufgerufen am 30. April 2011

105 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 116

106 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 101

107 Autorenkollektiv: Luftfahrt. Bilder, Texte, Dokumente. Band 9, E.S. Mittler & Sohn GmbH, Herford, 1978, S. 3945 f

108 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 104

109 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 111

110 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 114

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„Autoflug Inh. Gerhard Sedlinger“, Berlin-Tempelhof, Berliner Straße 167/168, Bauteile, Instrumente, Flugzeugmaterialien aller Art.

Fallschirme, Flugmotoren.

„Brandenburgische Metallverarbeitungs- GmbH“, SO 36, Schlesische Straße 26, Flugzeugbedarf. Ausrüstung. Zulieferung. Starre

und bewegliche Lafetten

„Dr. Ralph Sterzenbach“, Apparatebau, Abgassammler und Schalldämpfer, SW 61, Immanuelmannstraße 78

„Fluggerätebau KG Filter & Mann“, Flugzeugbedarf. Ausrüstung. Zulieferung, SW 68, Wassertorstraße 9

„Gesellschaft für Maschinen-Anlagen mbH“, Flugzeugbedarf. Ausrüstung. Zulieferung, SO 36, Graetzstraße 59

„Max Lindner“, Flugzeugbedarf, Ausrüstung, Zulieferung, Fabrik von Zubehörteilen wie Kabelführungs- und Ansaugrohre, Entlüfter,

SO 36, Hoffmannsdamm 59 - 61

Maximall-App. - Fabrik Paul Willmann“, Bordinstrumente, Betriebsstoff-Schläuche, Armaturen, SW 61, Zossener Straße 56 - 60

„Siemens Apparate und Maschinen Gesellschaft mbH“, Abteilung Flugmotorenwerk, SW 11, Askanischer Platz 4

„Voss & Stange“, Vorrichtungsbau, Lehren SW 68, Stallschreiberstraße 24/25

„Zander & Opitz“, Vorrichtungsbau größter Abmessungen, SW 68, Stallschreiberstraße 4/5

„Albert Rupp Propellernabenfabrik“, Neukölln, Flugzeugbedarf. Ausrüstung. Zulieferung, Hermannstraße 48

„Dipl.-Ing. Eduard Seppeler“, Konstruktionsbüro für Flug- und Fahrzeugindustrie, Neukölln, Luftschiffbau- und -bedarf., Am Oberha-

fen 4

„Seppeler Stiftung für Flug- und Fahrwesen, Neukölln, Flugzeugbedarf. Ausrüstung. Zulieferung. Motorenprüfstände, Brennstoff-

messgeräte, Verstellpropeller, Niemetzstraße 47 - 49

"Flughof" Flugzeugmaterial GmbH, Tempelhof, Flugzeugbedarf. Ausrüstung. Zulieferung, SW 29, Flughafenstraße

„Autoflug Inh. Gerhard Sedlinger“, Tempelhof, Bauteile, Instrumente, Flugzeugmaterialien aller Art. Fallschirme, Flugmotoren

„Deutsche Benzinuhren G.m.b.H.“, SW 29, Bergmannstraße 102.

Denn mit dem Anwachsen des Flugzeugparks der „Deutschen Lufthansa AG“ in den 30er Jahren, mit dem An-

wachsen der nationalen und internationalen Flugzeugrouten war auch der Bedarf nach Instandsetzungs- und Wartungs-

kapazitäten zur Überprüfung von Flugzeugzellen, Flugmotoren und Avionik angewachsen. Es bedurfter entsprechender

Zulieferer. Das Tempelhofer Feld war zu einem wichtigen Instandsetzungszentrum der Lufthansa angewachsen. - Doch

diese aufgezählten Betriebe erreichten längst nicht Größe und Ausmaß derjenigen Betriebe, die nach Kriegsbeginn

hierher verlagert worden sind. Oder anders ausgedrückt, die zivile Nachfrage nach Luftfahrtgütern war viel kleiner als die

nun einsetzende Nachfrage nach militärischen Luftfahrtgerät.

Die Lufthansa verfügte über viele Werkstätten. Daher bedurfte es einer einheitlichen logistischen Lenkung und

Leitung. Diese Funktion übernahm Tempelhof („Gesellschaft für Luftfahrtbedarf mbH“) sowie die Kontrollwerkstatt sowie

die Haupt- und Überholungswerkstatt der DLH. Dafür war der Flughafen mit Verwaltungsgebäuden (Baracken) und gro-

ßen Instandsetzungshallen (Hangars) bereits Ende der 20er Jahre erweitert worden. In ihnen befanden sich auch die

Ersatzteillager. Siehe dazu „Plan Flughafen Berlin- Tempelhof“ vom 17. April 1940: Hallen I bis V sowie die Gebäude

und Baracken a bis g.

Mit Kriegsbeginn des wurden alle wehrpflichtigen Betriebsangehörigen des Instandsetzungszentrums eingezo-

gen. Die "frei" gewordenen Kapazitäten, Ressourcen und Arbeitskräfte des Weltflughafens wurden direkt und indirekt der

Luftkriegsführung und der Luftrüstung zugeordnet. Primäres Ziel der Luftrüstungspolitik war, die Produktion von Kriegs-

flugzeugen zu erhöhen. Der von britischen Bombenangriffen gefährdete Umbaubetrieb der „Weser-Flugbau GmbH“ in

Lemwerder an der Nordseeküste, der damals als einziger Betrieb das wichtigste Luftangriffsmittel der Luftwaffe herstell-

te, das Sturzkampfbombenflugzeug Ju 87, wurde Anfang 1940 nach Tempelhof verlegt, um das Hauptwerk zu entlasten.

Betraf das zuerst den Umbau verschiedener Militärflugzeuge, so betraf es dreizehn Monate später zwei Drittel der Stuka-

Endmontage, die in den Hallen des fertiggestellten Flughafen-Gebäudes erfolgte.

Damit wurde Tempelhof zu einem Zentrum der Luftrüstung. In diesem Zusammenhang entstanden 1940 Wohn-

baracken für Bremer Arbeiter und Angestellte und auch der LUFTHANSA auf dem Flughafengelände. Die Produktion der

Ju 87 bestimmte die Ausrichtung vieler Metallverarbeitenden und feinmechanisch-optischer Industriebetriebe Neuköllns,

Kreuzbergs, Schönebergs und von Tempelhof. Die Ausweitung des Raubkrieges führte zu einer stetig wachsenden

Nachfrage nach Luftangriffsmitteln (ab Mitte 1943 nach Luftverteidigungsmitteln) und so wuchsen Produktionsdruck und

Beschäftigtenzahlen der Weserflug-Tempelhof und der ihr zuliefernden Betriebe. Die Luftrüstungsindustrie auf dem

Tempelhofer Feld wurde zur Leitindustrie für die angrenzenden Betriebe.

Die Friedrichshainer, Kreuzberger, Neuköllner, Tempelhofer Betriebe wurden in die Luftrüstungsprogramme

einbezogen. Der Bau von Flugzeugteilen wurde Arbeitsgebiet der Metallbetriebe, die sich im Stande zeigten, technische

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Neuerungen sofort in gewünschter Präzision massenhaft zu produzieren. Insgesamt arbeiteten in den Kreuzberger Fir-

men 1939 nicht weniger als 261.000 Menschen. Allein Kreuzberg hatte 26.854 Betriebe, wobei der größte Teil der Arbei-

ter und Angestellten in den 679 Betrieben mit 50 und mehr Beschäftigten arbeiteten.111

Die Nutzung des Tempelhofer Feldes während des Zweiten Weltkrieges erfolgte hauptsächlich durch die „We-

ser Flugzeugbau GmbH“. Der 1938 fünftgrößte Luftrüstungskonzern Nazi-Deutschlands stand am Ende der Metamor-

phose des Tempelhofer Feldes als Mit-Nutzer der größten Flughafenanlage Europas und war der größte Profiteur. - So

wandelte sich von September 1939 bis Dezember 1942 die Nutzung des Tempelhofer Feldes: Vom Instandsetzungs-

zentrum der „Deutschen Lufthansa AG“, über das „Umbauwerk Tempelhof“ zu einem innerstädtischen Luftrüstungszent-

rum, welches bereits 1942 dem alten von Berlin-Johannisthal aus dem Jahre 1918 ebenbürtig war.

Für Anfang 1943 lassen sich in den drei Zonen des Luftrüstungskomplex Groß-Berlin über 54 „Bauaufsichten

der Luftwaffe“ (BAL) nachweisen, die im Auftrage des RLM bei den Herstellern das gefertigte Luftrüstungsgerät – ganze

Flugzeuge und Motoren sowie deren Teile wie Luftschrauben, Naben, Zahnräder, geschützte Behälter, Wälzlager, Ver-

gaser, Kühler- und Behälter, Pumpen und Motorenzubehör, Geräte, etc. abnahmen. Innerhalb der Zone 1, um den Welt-

flughafen Tempelhof herum, gab es 26 Bauaufsichten der Luftwaffe.112

Das waren in Folge ihrer Nummerierung:

BAL 72: Tempelhof, „Weser Flugzeugbau GmbH“, Flieger-Stabsingenieur Herbert Windmüller;

BAL 90: RLM für Navigation, Tempelhof, Berliner Straße 3, Flieger-Stabsingenieur Oskar Obst;

BAL 269: „Hugo Heine Propellerwerk“, Friedrichshain, Warschauer Straße 58, Ing. Heinz Wens;

BAL 274: „Albert Rupp Propellernabenfabrik“, Neukölln Hermannstraße 48, Bruno Arlt;

BAL 401: „Pallas Apparate GmbH“, Mitte, Ackerstraße 71-76, Flieger-Stabsingenieur Rubelt;

BAL 402: AEG, Mitte, Ackerstraße 71-76, Flieger-Stabsingenieur Rubelt;

BAL 403: „Deutsche Vergaser Gesellschaft Solex Vergaserfabrik“, Tiergarten, Heidestraße, Flieger-Stabsingenieur Rubelt;

BAL 406: „Sum Vergaser KG“, Kreuzberg, Michaelkirchstraße 17, Flieger-Stabsingenieur Rubelt;

BAL 408: „Fluggerätebau KG Filter und Mann“, Kreuzberg, Wassertorstraße 7, Bauleitung Bruno Arlt;

BAL 411: „Neue Kühler- und Flugzeugteilefabrik Kurt Hodermann, Tempelhof, Colditzstraße 27-29, Bruno Arlt;

BAL 417: „Hans Windhoff AG“, Neukölln, Ziegrastraße 21, Diplom-Ingenieur Dr. Sommer;

BAL 421: Deutsche Benzinuhren GmbH“, Kreuzberg, Bergmannstraße 102, Flieger-Hauptingenieur Joh. Franke;

BAL 425: „Ehrich und Graetz AG“, Treptow, Elsentraße 90-96; Flieger-Hauptingenieur Joh. Franke;

BAL 434: „Ernst Herion Werkzeugfabrik“, Prenzlauer Berg, Lottumstraße 9, Diplom-Ingenieur Dr. Sommer;

BAL 439: „Neue Effzett Motoren-Fabrik Otto Kunze“, Lichtenberg, Hauptstraße 5, Flieger-Hauptingenieur Joh. Franke;

BAL 447: „Preschona Armaturen Apparatefabrik Adolf Meyer“, Kreuzberg, Gneisenaustraße 27, Joh. Franke;

BAL 503: „Franz Lange“, Kreuzberg Köpenicker Straße 10a, Flieger-Stabsingenieur Hubert Trautwein;

BAL 540: „Textilwerke S. Henking GmbH“, Tempelhof, Friedrich-Wilhelm-Straße 52-54, Ing. Theodor Rehbein;

BAL 553: „AEG Treptow“, Hoffmannstraße 15-24, Ingenieur August Dörnemann;

BAL 563: „Nockelwerk GmbH“, Charlottenburg, Fritschestraße 27-28, Bauleitung Hellmuth Becker;

BAL 565: „Telefunken GmbH“, Kreuzberg, Schroederdamm 13, Flieger-Stabsingenieur Hermann Scholtz;

BAL 568: „AEG Maschinenfabriken“, Mitte, Brunnenstraße 107a,

BAL 571: „Julius Pintsch AG“, Friedrichshain, Andreasstraße 71-73, Ingenieur Otto Kozak;

BAL 577: „Märkische Kabelwerke AG“, Charlottenburg, Brahestraße 2-5, Ingenieur Ernst Stern;

BAL 592: „Deutsche Telefon und Kabelwerke“, Kreuzberg, Zeughofstraße 6-10, Flieger-Ingenieur Hermann Schoor;

BAL 593: „Hartmann und Braun“, Mitte, Friedrichstraße 73 II, Flieger-Ingenieur Hermann Schoor.

Unmittelbar am und um das Flugfeld Tempelhof gab es 1942 acht Bauaufsichten: „Weser Flugzeugbau GmbH“,

„RLM für Navigation“, „Albert Rupp Propellernabenfabrik“, „Neue Kühler- und Flugzeugteilefabrik Kurt Hodermann“,

„Deutsche Benzinuhren GmbH“, „Preschona Armaturen Apparatefabrik Adolf Meyer“, „Textilwerke S. Henking GmbH“

und die „Telefunken GmbH“. Sie bezeugen den Wandel des Tempelhofer Flugfeldes zum innerstädtischen Luftrüstungs-

zentrum. Betrachten wir einige Firmen und einige Werke etwas genauer. (III.2.1 – III.2.3)

III.2.1 Die „Weser Flugzeugbau GmbH“

111 Kaak, Heinrich: Kreuzberg, Colloquium Verlag, Berlin (W), 1988, S. 110

112 Luftfahrt. Bilder, Texte, Dokumente. Band 5, S. 2032

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Die April 1934 in Bremen gegründete "Weser-Flugzeugbau GmbH" gehörte zur "Deutschen Schiffs- und Maschinenbau

AG" (DESCHIMAG), die wiederum zur „Friedrich Krupp AG“, und sie war ein reines Nachbauwerk. Der Einstieg der

„Friedrich Krupp AG“ in die Luftfahrtindustrie erfolgte 1934 über die Pachtung der stillgelegten Anlagen der "Rohrbach-

Metallflugzeugbau GmbH" in Berlin-Johannisthal und der Technische Leiter der Weser-Werke wurde Dipl.-Ing. Adolf

Rohrbach. Innerhalb des DESCHIMAG- Konzerns spielte Weser-Flugzeugbau bis Mitte der 30er Jahre eine nachgeord-

nete Rolle. Doch mit Beginn der offenen Luftrüstung wuchs WESER bis Anfang der 40er Jahre zu einem bedeutenden

Luftrüstungskonzern. Die "Weser-Flugzeugbau GmbH" konzentrierte Ende 1939 sieben Werke entlang der Weser und

der Nordseeküste: in Bremen, in Lemwerder, in Einswarden und in Nordenham.

Die Weser Flugzeugwerke erhielten 1934 erste Aufträge zur Flugzeug-Teilefertigung und für Umbauten von

verschiedenen Flugzeugmustern wie Do 23, Ju 86, W 34, He 60. 1936 erhielt WESER den Auftrag, 35 Sturzkampfbom-

benflugzeuge vom Typ Ju 87 zu bauen, der 1937 auf 112 Stukas erhöht wurde. Die "Weser-Flugzeugbau GmbH" leitete

ab 1938 die gesamte Entwicklung und Steuerung der Serienfertigung der Ju 87. Wenn man beachtet, dass der Ju 87-

Konstrukteur Hermann Pohlmann nach Fertigstellung der ersten Versuchsmaschinen von der „Junkers Flugzeugbau und

Flugmotoren AG“ zu WESER nach Bremen wechselte, wenn man beachtet, dass in Dessau selbst nur 583 Stukas gefer-

tigt wurden, dann kann man mit Fug und Recht behaupten,113

dass der Stuka genau genommen kein Produkt von JUN-

KERS, sondern von KRUPP war. Bereits 1938 war WESER mit 9.433 Beschäftigten der fünfstärkste deutsche Flugzeug-

zellenkonzern. Bis zum 1. Juli 1942 wuchs die Zahl der Beschäftigten auf 18 595.114

In der Phase der Entfesselung und der Ausbreitung des Weltkrieges (1. September 1939 bis 6. Dezember

1941) wurde der Produktionsschwerpunkt durch den für die Luftrüstung verantwortlichen RLM- Bereich, dem General-

luftzeugamt unter Generalmajor Ernst Udet, auf Angriffsflugzeuge wie auf das einmotorige Sturzkampfbombenflugzeug

vom Typ Junkers Ju 87 und auf die zweimotorigen mittleren Bombenflugzeuge der Typen Ju 88 und Heinkel He 111

gelegt. Im Zuge des anlaufenden Ju-88-Programms wurden fast alle zur Verfügung stehenden Luftrüstungskapazitäten

darauf ausgerichtet, um monatlich 300 Ju 88 zu bauen,115

darunter auch die vom Junkers-Stammwerk in Dessau. Es gab

im Sommer 1940 nach dem Auslaufen der B-Serie die gesamte Weiterentwicklung der Ju 87 an die "Weser Flugzeugbau

AG" in Lemwerder ab116

.

Die „Weser Flugzeugwerke GmbH“ wurde so zum Hauptproduzenten der Ju 87, des wichtigsten Luftangriffsmit-

tels, über das die Luftwaffe in der Anfangsphase des Krieges auf dem Schlachtfeld verfügte. Als Nazi-Deutschland Polen

überfiel, verfügten die Stuka-Verbände über 348 Ju 87 der B-Version. Da sich ihr Stammsitz und ihre Werke in der Han-

sestadt Bremen und Umgebung und somit in der Reichweite britischer Bombergeschwader befanden, wurden bereits vor

dem 1. September 1939 Überlegungen im RLM angestellt, die Produktion in das Landesinnere zu verlegen. Doch nicht

nur die Verlagerung der Produktion drückte die Auslieferungsrate. Viel schwerwiegender waren fehlende Materialres-

sourcen und mangelnde Durchschlagskraft der Lobbyisten der „Weser Flugzeugbau GmbH“ innerhalb des Technischen

Amtes des Reichsluftfahrtministeriums.

Obwohl Generalfeldmarschall Göring als „Beauftragter für den Vierjahresplan“ in eigener Machtvollkommenheit

7,2 Millionen Mark in Devisen für seine Luftwaffen-Rüstung zur Verfügung stellte, um die größten Löcher bei der Materi-

al- und Rohstoffversorgung zu stopfen, musste Generalluftzeugmeister Udet Juli 1939 eine erneute Programmkürzung

mit dem Generalstabs-Chef Jeschonnek aushandeln. Im Lieferplan 12 verzichtete Jeschonnek auf die Schachtflugzeug-

version der FW 189 und akzeptierte die kurzfristige Einstellung [der Fertigung – M.A.] des Stukas Ju 87.117

– Die pau-

schale Kürzung um bis zu 20 Prozent118

wurde genau ein Jahr später mit dem „RLM-Lieferprogramm 18“ vom 1. Juli

1940 zurückgenommen. Die Materiallage hatte sich nach dem erfolgreichen Raubzug in Westeuropa entspannt, das

Liefer-Soll von WESER wurde erhöht.

III.2.1b Das „Weser Flugzeugwerke GmbH“- Umbauwerk Tempelhof

Gemäß dem Befehl des Generalluftzeugmeisters Udet vom 14. Dezember 1939, den „Umbaubetrieb aus dem Werk

Lemwerder nach dem Flughafen Tempelhof zu verlegen“,119

wurden WESER am 31. Dezember Gebäude zur Nutzung

113 Nowarra: Die deutsche Luftrüstung 1933 – 1945, Band 4, 1988, S. 37

114 Wenz: Chronik des Lemwerder Flugzeugwerkes 1935 – 1963, S. 163 ff

115 Budraß, Lutz: Flugzeugindustrie und Luftrüstung in Deutschland 1918 – 1945, Droste Verlag, Düsseldorf, 1998, S. 948

116 Groehler, Olaf: Geschichte des Luftkrieges S. 408

117 Budraß: Flugzeugindustrie und Luftrüstung in Deutschland 1918 – 1945, S. 586

118 Kohl/Bessel: Auto Union und Junkers. Die Geschichte der Mitteldeutschen Motorenwerke GmbH Taucha 1935-1948, Franz

Steiner Verlag Wiesbaden GmbH, 2001, S. 310

119 Faksimile des Schnellbriefs des Reichsministers für Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe an die „Weser

Flugzeugbaugesellschaft mbH“, Bremen 1 vom 14. Dezember 1939. In - Wenz, F.-Herbert: Flughafen Tempelhof, S. 28

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zugewiesen. Si am alten Flughafen die Halle I mit Anbau, der Verbindungsbau zwischen Halle I und II, die Hälfte der

Halle II, Halle a und die Steinbaracke/Gebäude c sowie am neuen Flughafen der Flugsteig A, die Halle 3 und 4. Noch am

gleichen Tag wurde die Steinbaracke als Bürogebäude und Wohnheim eingerichtet. Die Hallen I und a wurden am 9.

bzw. 12. Januar 1940 in Betrieb genommen und mit den ersten Umbauten begonnen. Etwa 200 He 111 P wurden bis

Ende April umgebaut bzw. ausgerüstet. Im Februar 1940 erfolgte die Zuweisung der Halle b. In ihr erfolgte der Aus-

tausch der Dieselmotoren Jumo 205 C der veralteten Bombenflugzeuge des Typs Ju 86 A-1 und D-1 gegen Sternmoto-

ren des Typs BMW 132 F und ihre Umwidmung zu Transportern Ju 86 E-1/G-1. Ende Februar 1940 waren über 100

Arbeiter und Angestellte auf 10.000 m² Hallen- und Büroräume tätig.

Am 9. März führte Direktor Dipl.-Ing. Fritz Feilcke, Hauptbetriebsführer und Technischer Leiter der „Weser"

Flugzeugbau GmbH“, einen ersten Betriebsappell durch. Zum Führungspersonal des Werkes Tempelhof gehörten: Dr.

H.-A. Paeper, kaufmännischer Leiter, Wilhelm Prange, Gesamtbetriebsleiter und Dr. jur. Hans Albrecht Caspari, Betriebs-

führer und technischer Leiter. In der Zeit, als

der Flugbetrieb des Weltflughafens Berlin-

Tempelhof in Rangsdorf stattfand (1. November

1939 bis 7. März 1940), erfolgte aus Geheim-

haltungsgründen die wesentlichsten Umbauten.

Deutsche und Nicht-deutsche Flugpassagiere

sollten ihre Beobachtungen nicht ins Ausland

tragen, dass in den zivilen Anlagen des alten

und neuen Flughafens Kriegsflugzeuge umge-

baut wurden.

Am 8. April erfolgte die Belegung der

Halle 3 im neuen Flughafen, wo dann in He 111

Doppelsteuerungen eingebaut wurden, am 9.

April die Übernahme des Flugkommandos zwi-

schen den Hallen II und III des alten Flughafens

und am 15. April die Belegung der Lagerbara-

cke f. Am 30. April verfügte das Werk Tempelhof über 40.345 m² Nutzfläche und 403 Arbeiter und Angestellte. Zu die-

sem Zeitpunkt befanden sich 156 Flugzeuge (Ju 52, Ju 86, W 34 und He 111) zur Durchführung von Umbau- bzw. Um-

rüstungsarbeiten (Einbau von Zusatztanks, von neuen Motoren) im Werk. An weiteren Hallen wurden bis Ende 1940

bezogen und in Betrieb genommen: am 1. September Halle 5 und am 31. Dezember Halle 6 und 7 mit insgesamt 21.418

m². Somit standen am 31. Dezember 1940 dem Umbaubetrieb Tempelhof ca. 62.000 m² gedeckte Fläche zur Verfügung.

Die Anzahl der „Betriebsgefolgschaft“ erhöhte sich auf 800 Arbeiter und Angestellte. Das (Umbau-)Werk Tempelhof

baute bzw. rüstete 1940 insgesamt 609 Flugzeuge der Typen W 34 (194), Ju 52 (101), Ju 86 (72), FW 58 (17) und He

111 (225) um.120

Nach dem schweren britischen Bombenangriff vom 4. Juli 1941 auf Bremen, bei dem in der Halle I des Werkes

Bremen (Werk I) ein großer Schaden im Rumpfbau der Ju 87 anrichtet worden war, wurde am 18. Juli der Direktion von

FOCKE-WULF befohlen, Zweidrittel der Gesamtfertigung nach Tempelhof zu verlegen. Mit dieser Entscheidung wurden

Bremer Arbeiter und Angestellten gemäß dem der Verordnung zur Sicherstellung des Kräftebedarfs für Aufgaben von

besonderer staatspolitischer Bedeutung vom 22. Juni 1938 nach Tempelhof „dienstverpflichtet“. Mit Stand vom 31. Juli

1941 betraf es 429 „Gefolgschafter“. Schon Anfang des Jahres war vom RLM angeordnet worden, dass ein Drittel des

Teile- und Endzusammenbaus nach Berlin zu verlegen ist. Diese Maßnahmen waren vom 1. März bis Ende Mai durch-

geführt worden und bereits im Juni wurden [die ersten] 16 Ju 87 montiert121

, die dann auf dem Flugfeld von den Einflie-

gern H. Amling, Dr. Hans-Albrecht Caspari und Horst Zimmermann eingeflogen und abschließend von der „Bauaufsicht

der Luftfahrt“ Nr. 72 unter der Leitung des Flieger-Stabsingenieurs Herbert Windmüller abgenommen wurden.

Die Verlagerung der Fertigung setzte geeignete Unterkünfte für die dienstverpflichteten WESER- Arbeitskräfte

voraus. Deshalb wurden Baracken für 400 Arbeiter vor den Hallen 5, 6 und 7 des „Bügels“ vorgesehen. Ferner wurde

durch die Rüstungsinspektion III (Berlin) auf Wunsch der Weserflug-Direktion das im Bau befindliche Verwaltungsgebäu-

de der „Gagfa“ in Schmargendorf, Kahlstraße, beschlagnahmt, um etwa 1.500 Bremer Arbeitskräfte unterzubringen.

120 Wenz, F.-Herbert: Flughafen Tempelhof, S. 29-40

121 Wenz, F.-Herbert: Flughafen Tempelhof, S. 46f

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Außerdem wurde von der Direktion beantragt, für weitere 1.900 Bremer Arbeitskräfte 25 Wohnbaracken, eine Wirt-

schaftsbaracke und ein Heizhaus zu errichten.122

„Bis zum 5. März 1942 wurden der Firma Weserflug insgesamt 600 Kriegsgefangene Russen und 42 russische

Zivilarbeiter zugeführt. Weitere russische Zivilarbeiter werden laufend zugeteilt. Da die Auswahl der Russen in den Ge-

fangenenlagern von Weserflug-Ingenieuren vorgenommen wird, ist eine gewisse Gewähr für die Zuweisung geeigneter

Arbeitskräfte gegeben.“ 123

- Im nördlichen Flughafenbereich (südlich der Columbiastraße, Neue Flughafenstraße bis zur

Ecke Lilienthalstraße) wurde ein Lager für 300 Personen mit je drei Mannschaftsbaracken für „Russenmänner“ und

„Russenfrauen“, aber auch je eine Mannschaftsbaracke für französische Kriegsgefangene und für Ehepaare (Zivilarbei-

ter), eine Küchen-, eine Wach-, eine Wirtschafts-, eine Wasch- und eine Abortbaracke errichtet.124

- Ab Mitte 1943 er-

blickten dort mindestens 20 Kinder das Licht der Welt, meist von Ehepaaren aus der Sowjetunion. Ein einziges Mal

konnte ein Ehepaar im Joseph-Krankenhaus ihr Kind zur Welt bringen, ansonsten fanden die Geburten im Lager statt.

Mitte 43 auffallend viele Ehepaare (meist “Landarbeiter”) aus dem Gebiet Woroschilowgrad. Von 1943 bis 1945 ist der

Tod zweier Ostarbeiter, wie auch zweier Kinder beurkundet, die bei ihren Müttern lebten.125

Während die Fertigung und Endmontage zum Erreichen der Forderung des RLM „Verlagerung von 1/3 des Tei-

le- und Endzusammenbaus der Ju-87-Fertigung nach Tempelhof“ auf relativ einfachen und für kleine Stückzahlen aus-

gelegten Taktstraßen relativ reibungslos verlief, wurden in den Konstruktionsbüros bereits an einer, nach modernsten

Fertigungsgesichtspunkten und für große Stückzahlen ausgelegten Taktstraße gearbeitet. Dies wurde notwendig, um die

„Verlegung von 2/3 der gesamten Ju-87-Fertigung nach Tempelhof“ zu gewährleisten. Gegen Ende des Jahres 1942 war

diese Umstellung beendet und die Auslieferungszahlen stiegen 1943 sprunghaft an.126

Nach der amerikanischen Quelle „Aircraft Division Industry Report, Second Edition January 1947“ wurden von

den 5.314 im Dritten Reich gebauten Ju 87 (Stuka) in Tempelhof 4.107 hergestellt. Das sind 77 Prozent. Wenn die Se-

kundärquelle Wenz127

von 5.215 bis Oktober 1944 gefertigten Stukas ausgeht, von denen zwischen Juli 1941 bis Sep-

tember 1944 1.960 Ju 87 in Tempelhof ausgeliefert und abgenommen worden sind, so spricht es nicht gegen die Tatsa-

che, dass ab 1941 im Zentrum Berlins tödliche Luftangriffsmittel gefertigt wurden und diese von Tempelhofer Flugfeld

aus in alle Himmelsrichtungen aufstiegen, um friedliche europäische Städte in Schutt und Asche zu legen. Für die Jahre

1939 und 1940 stehen keine genauen monatlichen Produktionszahlen zur Verfügung, aber ab Januar 1941 bis Septem-

ber 1944128

:

Summe Jahr Jan. Feb. Mär. Apr. Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez

557 1939

611 1940

476 1941 70 67 58 54 22 54 37 26 12 25 2 49

862 1942 50 54 88 112 81 84 60 95 68 60 59 51

1140 1943 57 60 191 179 135 103 76 61 22 90 81 84

461 1944 40 58 57 65 69 46 56 49 21

Die Ju 87 war das Sturzkampf-Bombenflugzeug der deutschen Luftwaffe und deren wichtigstes Schlachtflug-

zeug in der zweiten Hälfte des WK II. Diese und ihre Nachfolgemuster trugen mit ihrer Zielgenauigkeit erheblich zu den

Anfangserfolgen der Wehrmacht bei. Nachdem die Luftherrschaft verloren war, wurde die Ju 87 eine leichte Beute für

gegnerische Jäger. Der Ju 87 A-1 folgte die mit verbesserten Funkanlage ausgestattete Version A-2, mit der die Ausrüs-

tung der Staffeln begann. Die Ju 87 B-1/B-2 mit fast doppelter Triebwerksleistung und verstärkter Bewaffnung wurden

1938 ausgeliefert. Die späteren Versionen der Ju 87 wurden als Schlachtflugzeuge, vor allem als Panzerjäger einge-

setzt. Ältere Maschinen wurden als Zugmittel für Lastensegler in Luftlandegeschwadern eingesetzt. –

122 Wenz: Flughafen Tempelhof, S. 49

123 Wenz: Flughafen Tempelhof, S. 61 – Stellungnahme des Chefs der Rüstungsinspektion III Admiral Anker vom 5. März 1942

124 Kubatzki: Standorte und Topografie der Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeiter-Lager in Berlin und Umgebung: 1939-1945, S.

125 Bremberger, Bernhard: Lager und Ausländerunterkünfte in Berlin-Tempelhof während des 2. Weltkriegs. Stand Frühling 2001.

Auf: http://www.zwangsarbeit-forschung.de/Lagerstandorte/Tempelhof/Tempelhof-Lagerstandorte/tempelhof-lagerstandorte.html -

Aufgerufen am 18. August 2011

126 Wenz: Flughafen Tempelhof, S. 76

127 Wenz: Flughafen Tempelhof, S. 120

128 Aircraft Division Industry Report, Second Edition January 1947, auf http://www.sturmvogel.orbat.com/images/ussbs/exiii-

cpt1.gif und http://www.sturmvogel.orbat.com/images/ussbs/exiii-cpt2.gif - aufgerufen am 1. April 2011

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Am 6. Juni 1941 erhielt das Werk Bremen-Lemwerder einen Auftrag über 1037 Ju 87 D-1. Ab Frühjahr 1942 er-

hielten die Verbände an der Ostfront die Ju 87 D-1. Für den Einsatz in Afrika stand eine Notausrüstung zur Verfugung.

Die D-3-Serie sah einen erweiterten Panzerschutz für Triebwerk, Kühler, Kühlstoffleitungen und Besatzung vor. Von

dieser Version wurden 1942 bis 1944 1349 Maschinen gebaut, 752 in Tempelhof, 597 in Bremen. Die D-4-Flugzeuge

waren für den Torpedoeinsatz geplant. 1943 kam die letzte Version an die Front - die Ju 87 D-5. Die Spannweite war auf

15 m vergrößert, das Fahrwerk absprengbar. Diese Version wurde fast nur noch für Tiefangriffe eingesetzt und schließ-

lich mehr und mehr für Nachteinsätze. Insgesamt wurden von dieser Version 1178 Flugzeuge gebaut. Mit der Ausfüh-

rung der Ju 87 D-8 lief die Serie aus. - Sonderbauten waren die G-1 mit zwei 37-mm-Kanonen zur Panzerbekämpfung,

die Ju 87 H als Schulflugzeug mit Doppelsteuerung, die Ju 87 R mit auf 1.225 Kilometer vergrößerter Reichweite für den

Einsatz im Mittelmeerraum.129

Die Ju 87 G war ein reines Frontflugzeug, das wegen seiner Spezialisierung ausschließlich

gegen angreifende sowjetische Panzerkeile eingesetzt wurde. Zur Vorbereitung der deutschen Angriffs-Operation an der

deutsch-sowjetischen Front, Zitadelle vom Juli 1943, wurde die Produktion der Ju 87 noch einmal enorm erhöht.

Besonders die Produktion der Version G-1, eines Panzerjägers mit Kanonen-Bewaffnung, wurde stark erweitert. Im März

1943 wurden 191 Ju 87 gebaut, April 179 und im Mai 135. - Einige wenige Exporte von Ju 87 gingen an die Luftwaffen

der deutschen Satelliten wie Ungarn130

, Italien und die Slowakei.

III.2.2 Die „Conrad Lorenz AG“

III.2.3 Die „Textilwerke S. Henking GmbH“

III.3 Von Qualitäts- über unfreie Arbeit zur Zwangsarbeit (1940-1945).

Das Tempelhofer Feld als Teil des Berliner-Zwangsarbeitersystems.

War Tempelhof vor Kriegsausbruch der Inbegriff von ingenieurtechnischer Qualitätsarbeit, darauf ausgerichtet Raum und

Zeit zu verkürzen, die Flugsicherheit und Flugkomfort zu verbessern, einen neuen Träger im Transport- und Verkehrs-

wesen der deutschen Volkswirtschaft zu verankern, so änderte das sich grundlegend. Die Arbeit die auf dem Tempelho-

fer Flugfeld wandelte sich von Qualitätsarbeit ziemlich schnell über unfreie Arbeit zur Zwangsarbeit.

Die Arbeit im Krieg, unter Kriegsrecht, ist allgemein unfreie Arbeit. Tatsächlich steht der Arbeiter im Krieg über-

all unter staatlicher bzw. militärischer Gewaltandrohung. Er ist prinzipiell dem Zugriff des Staates ausgeliefert. Das traf im

2. Weltkrieg auf den faschistischen Block zu, aber auch auf Staaten der Antihitlerkoalition. Überall wurden besondere

Institutionen geschaffen, die die Arbeit für den Krieg organisierten und verwalteten. Nicht darin, sondern das Außerge-

wöhnliche und ausschließlich das für die deutsche Kriegswirtschaftsorganisation Typische bestand bei der Arbeit unter

Kriegsrecht darin, dass eine Sonderbehörde – der „Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz“ (GBA) in Gestalt des

Gauleiters Fritz Sauckel – geschaffen wurde. Bereits zu Kriegsbeginn war in Bezug auf deutsche Arbeiter ein umfassen-

des System unfreier Arbeit (Zwang zur Arbeit in einem bestimmten Betrieb, Arbeitspflicht, etc.) kodifiziert und erprobt. –

Dies traf vor Kriegsentfesselung nur bedingt auf die LUFTHANSA und auf die Luftfahrtunternehmen in Tempel-

hof zu. Denn die Arbeit auf dem Flugfeld bzw. in den Hallen und Gebäude bedurfte einer entsprechenden (meist hohen)

Qualifikation, die gut bezahlt wurde. Durch Filme und Werbung bedingt war die Zahl der Bewerber auf durch die Lufthan-

sa angebotenen um ein Mehrfaches höher als vorhandenen Arbeitsplätze. Doch das änderte sich mit der Übernahme

untypischer Aufgaben durch die Lufthansa: Im Mai 1941 wurde der LUFTHANSA die Aufstellung und Führung von drei

Frontreparaturbetrieben befohlen.131

Aus dem Vortrag des Direktors Freyer im Junkerswerk Kassel-Bettenhausen vom 22. Juni 1943: "Der größte

Vorteil der Ausländerbeschäftigung liegt darin, dass wir nur Befehle erteilen brauchen, kein Widerspruch erfolgt, kein

Verhandeln ist nötig. Der Ausländer ist sofort zur Stelle, wenn er für Überstunden und Sonntagseinsatz benötigt wird.

Viel überflüssige Schwatzarbeit ist in Fortfall gekommen und eine nahezu hundertprozentige Anwesenheit des Auslän-

ders am Arbeitsplatz der Fall. Selbst die Abortzeit mit zehn Minuten wird kontrolliert, überwacht und bei Übertretung

bestraft. Der Arbeitsbeginn ist pünktlich, da die Ausländer zum größten Teil abgeholt werden; Fehlzeiten wegen Besor-

gungen auf Behörden und in den Geschäften kommen kaum in Frage. Der Arbeitszeitanteil ist im Ganzen größer als bei

129 Flieger-Revue 6/1988, S. 190, Militärverlag der DDR, Berlin

130 Neulen, Am Himmel Europas, S. 141

131 Braunburg, Die Geschichte der Lufthansa, S. 146

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deutschen Gefolgschaftsmitgliedern. Die Entlastung deutscher Männer an gesundheitsschädlichen Plätzen ist eingetre-

ten und von erheblichen Wert (...) Sprachkenntnisse sind an sich nicht erforderlich, weil mit den nur als Nummern existie-

renden ausländischen Arbeitskräften eine Verständigung in deutscher Befehlsform völlig ausreicht. (...) Nur mit Macht

hält alles zusammen, und wehe uns, wenn es anders wäre. Der Deutsche hat sich mit dem Ausländereinsatz zum ersten

Mal in einem riesigen Umfange die Tätigkeit von Hilfsvölkern zu eigen und zunutze gemacht." 132

Von den 5.976.673 Zwangsarbeitern im schrumpfenden Dritten Reich waren am 31. September 1944 im Gau-

arbeitsamtsbezirk Berlin 271.444 Männer und 103.554 Frauen verschleppt worden.133

Diese Dimension und Größe kom-

mentiert der Wirtschaftswissenschaftler Kuczynski folgendermaßen: "... Zwar wurden auch die Sklaven im Römischen

Reich von den römischen Herren überall in der Welt umsonst aufgebracht, dann aber auf dem Sklavenmarkt verkauft.

Sie stellten eine ökonomische Anlage dar, mit der reiche Männer nur in Zeiten reicher Sklavenzufuhr verschwenderisch

umgehen konnten. Die Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen des Faschismus aber wurden den Unternehmern vom

Staat zugeführt, die Unternehmer brauchten für ihren Erwerb nichts zu zahlen und konnten sie bis zum Tode ausbeuten.

Bis zum Tode! wörtlich." 134

Mit Ausweitung des Zweiten Weltkrieges, mit dem Eintritt des Dritten Reiches in die Phase des unmittelbaren

Kampfes um die Weltherrschaft wurde einerseits die Produktion von Rüstungsgerät, Waffen und Munition stark vergrö-

ßert (Göringprogramm Juni 1941), was viele und qualifizierte Rüstungsarbeiter brauchte, und andererseits entzogen die

Einberufungen in die Wehrmacht den Rüstungsbetrieben viele qualifizierte Arbeiter. Am 31. Mai 1941 standen bereits 1,7

Millionen deutsche Arbeitskräfte der Wirtschaft weniger zur Verfügung als zum 31. Mai 1940. Deshalb ordnete nach der

Niederlage der deutschen Wehrmacht vor Moskau Wirtschaftsdiktator Hermann Göring am 7. November 1941 die höchs-

te Ausnutzung der russischen Arbeitskraft an. Die Gewinnung neuer deutscher Soldaten durch Masseneinsatz von sow-

jetischen Kriegsgefangenen wurde in der Rüstungswirtschaft zentraler Punkt. Am 21. März 1942 erfolgte die Ernennung

des Generalbeauftragten für den Arbeitseinsatz (GBA) Sauckel. Unter seiner Leitung wurde die Zwangsarbeit mit immer

rücksichtsloseren und brutaleren Methoden betrieben. 1942 verschleppte der GBA-Apparat fast drei Millionen Menschen

zur Zwangsarbeit nach Deutschland. Die gewaltige Rüstung erforderte mehr Arbeitskräfte. Zunehmend setzte das Dritte

Reich sowohl die besetzten Länder als auch die befreundeten pro-faschistischen Staaten unter Druck, um „ausländische

Zivilarbeiter“ zu bekommen. Ende 1942 arbeiteten cirka sechs Millionen Kriegsgefangene und zivile ausländische

Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Deutschland. Waren am 1. Oktober 1941 unter den 3,5 Millionen ausländi-

schen Zwangsarbeitern 25.000 Sowjetbürger, so stellten sie Ende 1942 über 25 Prozent, rund 1,4 von 5,1 Millionen; 1,2

Mio. stammten aus Polen und 1,1 Mio. aus Frankreich.

Durch die Einberufungen von mehr als eine Million u.k. gestellte Rüstungsarbeiter im Herbst 1944 stieg das

Durchschnittsalter der deutschen Arbeitskräfte von Monat zu Monat an. In vielen Betrieben leiteten ältere, bereits beren-

tete oder invalide Meister Kolonnen von zunehmend widerwillig arbeitenden Zwangsarbeitern an. Die wenigen noch

verbliebenen deutschen Facharbeiter sahen sich in der Rolle von Unteroffizieren der Produktion fungieren. Ihre Aufgabe

bestand darin, die ihnen zugeteilten Fremdarbeiter zu Höchstleistungen zu bringen. - Dieses System wurde mit dem

Sturm der Roten Armee auf Berlin endgültig beendet und die Tempelhofer Etappen Weltflughafen und Luftrüstungszent-

rum unter Trümmern begraben.

Reiner Kubatzki führt in seinem Standardwerk „Standorte und Topografie der Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeiter-

Lager in Berlin und Umgebung: 1939-1945“ in die Wohnverhältnisse ein:

„Baracken. Typen, Maße, Funktionen

Das Äußere der meisten Lager wurde durch standardisierte Holzbaracken geprägt. Je geringer die nationalsozialistische

Bewertung der Betroffenen, um so höher die Belegung, um so mehr kamen auf eine Baracke, einen Abort und eine

Waschstelle, was, ganz ohne heutige Maßstäbe, beim Überschlagen von Belegungen nach Bauanträgen stumm werden

lässt. […] Die Hersteller für den Rüstungsbedarf boten zu Beginn des Krieges mehrere Barackentypen an. Dazu gehör-

ten die beim Oberkommando des Heeres entwickelten OKH 260 und OKH 263 und ein beim Beauftragten für Holz ent-

wickelter Typ BFH, außerdem die beim Reichsluftfahrtministerium kreierte RLM 501/34. Um 1941 wurde die vom

Reichsarbeitsdienst seit 1936 gewählte RAD-Baracke aus Kiefernholz mit Spanplatten bevorzugt und schließlich zum

Haupttyp des Lagerbaues, der in verschiedenen zusammensetz- und kombinierbaren Ausführungen geliefert wurde. Die

132 Autorenkollektiv: Deutschland im 2. Weltkrieg, Akademie-Verlag, Berlin, 1981, Band 4, S. 490

133 Spoerer, Mark: NS-Zwangsarbeiter im Deutschen Reich. Eine Statistik vom 30. September 1944. In: VJZ 4/2001, S. 672

134 Kuczynski, Jürgen: Geschichte des Alltags des deutschen Volkes, Akademie-Verlag, Berlin, 1982, Band 5, S. 79

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Grundausführung hatte ein Gebäudetiefe von 8,14 Meter, eine Tafelbreite von 1,10 und eine Seitenwandhöhe von 2,55

Meter. Die Mindestlänge betrug 3,30 Meter, die um dieses Maß verlängert werden konnte. Die RAD wurden für bestimm-

te Funktionen erst empfohlen, ab April 1942 vorgeschrieben. RL IV war zu verwenden für Einzelstuben und Küchen,

insbesondere in Kriegsgefangenenlagern, weil diesen keine Wirtschaftsbaracke mit Speise- und Aufenthaltsraum zu-

stand. Sie konnte mit anderen Teilen, etwa für Unterkunfts- und Speiseräumen der Wachmannschaft, zusammengesetzt

werden. Sie war auch als Waschraum für Kriegsgefangene, 200 auf einen, vorgeschrieben. Bei Zivilarbeitern wurden

100 auf eine RL IV Waschraum gerechnet. Sie konnte bei Belegungen bis zu 200 Mann als Speise- und Aufenthaltsraum

eingesetzt werden. RL IV/2 und RL IV/3 hatten Zwischenwände und waren als Mannschaftsbaracken für männliche

Arbeiter vorgesehen. Für Kriegsgefangene rechnete man wieder die hohe Belegung ein. RL IV/2 und RL IV/3 dienten

auch als Waschräume, Küchen, Aufenthalts- oder Verwaltungsräume. Die RL IV/1/2 als zusätzliche Raumeinheit war

einzusetzen als Revier- oder Wachstube, bei Unterkünften zur Vergrößerung. Auch RL V/1 konnte mit anderen Teilen

kombiniert werden. RL VII/4 und VII/5 dienten als Wirtschaftsbaracken für Lager mit mindestens 150 Zivilarbeitern oder

als Unterkünfte für Frauen. Als Speiseraum sollten sie jeweils bis zu 500 Personen in Durchgängen Platz bieten. Zur

Vergrößerung war die Kombination mit RL VII/0 möglich. RL XVIII/2, als Waschbaracke vorgeschrieben, kam nur für

Lager mit 150 Mann in Frage, kleinere Lager mussten Waschteile in die Mannschaftsbaracke RL IV einbauen. Bei RL

Xa, einem Aborthaus, rechnete man für ein Exemplar 250 bis 300 Kriegsgefangene oder 150 bis 250 Zivilarbeiter. Abort

RL Xc kam ab 50 Zivilisten und bis 250 Kriegsgefangene zum Einsatz. Bei kleineren Lagern musste der Abort behelfs-

mäßig mit Balken aufgebaut werden. Es gab die Waschbaracke mit Dusche RL XVIII/2K. Der Pferdestall OKH 260/9

ohne Fenster war für Lagerungszwecke vorgesehen oder für Kriegsgefangene. Die Fahrzeughalle OKH 263/8 entsprach

der Barackenhalle 263/9. Die Fundierung der Aufbauten ruhte auf Pfahlrosten wenige Zentimeter über dem Boden. Sie

konnte durch Schwellenroste, verankert auf bloßer Erde, ersetzt werden.'

Inneneinrichtungen

Auch die innere Einrichtung und die Ausstattung unterlagen der nationalsozialistischen Bewertung der Betroffenen, die

dazu im Gefälle 1. Zivilarbeiter aus dem Westen, 2. aus dem Osten, 3. Kriegsgefangene, 4. Häftlinge Ausstattungspläne

vorschrieb. Spinde, Tische und Doppelstockbetten mit Strohsack und Decke, in besserer Variante etwa für italienische

Arbeiter bis 1943 Bettwäsche, Stiefelschrank und Stuhl, gehörten für alle zum Standard. Blechschüssel, Blechtasse,

Aluminium- und Holzlöffel, auch Bestecke und Porzellan konnten bestellt werden. Geheizt wurden eiserne Öfchen mit

Abzugsrohr ohne Rauchsperren. Warmwasseröfen, Duschöfen und Waschhaus konnten ab mindestens 150 Personen

aufgebaut werden. Kleine Lager hatten nächstgelegene Möglichkeiten zu nutzen. Elektrisches Licht war obligatorisch,

aber provisorisch zu installieren. In Kriegsgefangenenlagern kamen etwa 30 Mann auf ein Abortloch, teilten sich vier bis

fünf Mann einen Spind, noch mehr einen Stuhl. Solche Vorgaben konnten unterschritten werden. Nach Bauanträgen und

Belegungszahlen gerechnet, gab es viele Baracken, in denen auf einen Mann vier Quadratmeter für seinen Schlaf- und

Luftplatz kamen. Für einen deutschen Bauarbeiter waren 10 Quadratmeter Lagerschlafplatz vorgeschrieben.“

III.3.1 Zwangsarbeiter-Lager auf und um das Tempelhofer Feld

http://www.zwangsarbeit-forschung.de/Lagerstandorte/Tempelhof/Tempelhof-Lagerstandorte/tempelhof-

lagerstandorte.html

http://www.tenhumbergreinhard.de/05aaff9bed107112f/index.html

Zwangsarbeiter-Lager im nördlichen Flugfeldbereich

Wegen der ständig wachsenden Nachfrage nach Luftangriffsmitteln wuchsen Produktionsdruck und Beschäftigtenzahlen.

Ab Frühjahr 1940 begannen die ersten zwangsverschleppten Frauen und Männer zu arbeiten. Die meisten kamen aus

Polen. Bei der „National-Krupp-Registrierkassen GmbH“ in Neukölln, Thiemannstraße, erfolgte die Produktion von Flug-

zeugteilen durch jüdische Polinnen ab 1940. Im so genannten Lilienthallager der „Deutsche Lufthansa AG“ in der Flugha-

fenstraße waren Frauen aus Serbien, Rumänien, Griechenland konzentriert. Diese Zwangsarbeiterinnen mussten Flug-

zeuge im Auftrag der „Lufthansa AG“ und der „Hansa Flugdienst GmbH“ putzen. Spätestens am 4. Februar 1943 wurde

das „Ostarbeiterlager Berlin-Tempelhof“ in der Columbiastraße 9 eröffnet, in dem sowjetische Zwangsarbeiter/innen

gefangen waren. Im „Gemeinschaftslager für ausländische Arbeiter Berlin-Tempelhof“ in der Colditzstraße 27/29 waren

italienische Zwangsarbeiter konzentriert, die in der „Neue Kühler und Flugzeugteile Fabrik Kurt Hodermann“ (BAL 411,

Bauleitung Bruno Arlt) [These] Kühlerteile der Flugzeugmotoren Jumo 211 und Flugzeugbehälter herstellen mussten. In

Tempelhof arbeiteten bis zu ihrer Deportation in die Ermordung 1942 auch jüdische Berliner. Allein im Flughafen Tem-

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pelhof arbeiteten für die „Weser Flugzeugbau GmbH“ April 1944 2.103 Zwangsarbeiter Tag und Nacht in den Montage-

hallen des Bügels.

Kriegsgefangene, Dienstverpflichtete, italienische Militärinternierte, Verschleppte waren bei der WESERFLUG

Tempelhof. Meist sind in den erhalten gebliebenen Statistiken nur die produktiv tätigen Zwangsarbeiter genannt. Prozen-

tual gesehen können dies ca. 2/3 aller Zwangsarbeiter gewesen sein. Viele der unproduktiv eingesetzten Zwangsarbeiter

(z.B. im innerbetrieblichen Transport oder im Lager) hatten keine berufliche Vorbildung oder eigneten sich nicht für eine

direkte oder indirekte Arbeit am Flugzeug. Am 1. Juli 1942 arbeiteten 18.595 Menschen bei der „Weser Flugzeugbau

GmbH“. Sie setzen sich aus 4.602 Facharbeitern, 2.074 angelernten Arbeitern, 1.072 ungelernten Arbeitern,

3.390 Angestellten, 2.458 Frauen und 4.999 Ausländern, insgesamt 18.595 Menschen zusammen.135 Im Werk 8 –

Berlin Tempelhof waren zu diesem Stichtag 2.560 Menschen beschäftigt.

Belegschaft 1940 1941 1. Juli

1942

1943 20. April

1944

1945

Deutsche / 903 1.536 1.847 2.048 2.388

Ausländer / 387 1.024 1.848 2.103 1.592

Insgesamt 1.100 1.290 2.560 3.695 4.151 3.980

Anteil der Ausl. 30% 40% 50% 51% 40%

Das größte Problem für die Nazi- Verwaltung war die Unterbringung der Zwangsarbeiter, die aus dienstverpflichteten

Ausländern, angeworbenen und eingefangenen Zivilisten sowie Kriegsgefangenen bestanden und somit nicht einheitlich

untergebracht werden konnten. Aus diesem Grunde mietete man für 1.200 dienstverpflichtete Ausländer aus den

westlichen Ländern (Belgier, Dänen, Franzosen, Holländer, Italiener, usw.) im Verwaltungsgebäude der Gagfah

in Schmargendorf, wo schon ca. 300 ledige deutsche Arbeiter wohnten, entsprechende Unterkünfte an. Für maxi-

mal 1.300 europäische Zwangsarbeiter (Polen, Russen, Tschechen, Ukrainer usw.) wurden auf dem Flughafenge-

lände (neben der Halle 1) ca. 30 neue Baracken aufgestellt. Darunter ein Heizwerk, Wirtschaftsbaracken und eine

Großküche. Für die ärztliche Betreuung befand sich vor dem Flugsteig A eine Krankenstation. Sie bestand aus mehre-

ren Massivbaracken, in denen der Werksarzt praktizierte und diverse Krankenzimmer untergebracht waren. Der Einsatz

der Ausländer erfolgte entsprechend den erlassenen Ausländerbestimmungen, von denen bis April 1942 bereits über

1.175 Gesetze und Anordnungen in Kraft getreten waren. Strengste Absonderung von deutschen Mitarbeitern und eine

räumliche Trennung von so genannten geschützten Arbeitsplätzen, damit kein Einblick in geheime Fertigungen und

Fertigungsunterlagen möglich war, gehörten zu den grundsätzlich zu erfüllenden Randbedingungen für einen Ausländer-

einsatz.136

Am 18. Februar 1942 wurde „ein aus Charkow angekündigter Transport von cirka 300 Zivilrussen aus der [sow-

jetischen] Flugzeugbauindustrie WESERFLUG umgehend zugewiesen.“ 137

„Bis zum 5. März 1942 wurden der Firma

Weserflug insgesamt 600 Kriegsgefangene Russen und 42 russische Zivilarbeiter zugeführt. Weitere russische Zivilar-

beiter werden laufend zugeteilt. Da die Auswahl der Russen in den Gefangenenlagern von Weserflug-Ingenieuren vor-

genommen wird, ist eine gewisse Gewähr für die Zuweisung geeigneter Arbeitskräfte gegeben.“ 138

- Im nördlichen Flug-

hafenbereich (südlich der Columbiastraße, Neue Flughafenstraße bis zur Ecke Lilienthalstraße) wurde ein Lager für 300

Personen mit je drei Mannschaftsbaracken für „Russenmänner“ und „Russenfrauen“, aber auch je eine Mannschaftsba-

racke für französische Kriegsgefangene und für Ehepaare (Zivilarbeiter), eine Küchen-, eine Wach-, eine Wirtschafts-,

eine Wasch- und eine Abortbaracke errichtet.139

Ab Mitte 1943 erblickten dort mindestens 20 Kinder das Licht der Welt. Ein einziges Mal konnte ein Ehepaar im

Joseph-Krankenhaus ihr Kind zur Welt bringen, ansonsten fanden die Geburten im Lager statt. Mitte 43 auffallend viele

Ehepaare (meist “Landarbeiter”) aus dem Gebiet Woroschilowgrad. Von 1943 bis 1945 ist der Tod zweier Ostarbeiter,

wie auch zweier Kinder beurkundet, die bei ihren Müttern lebten.140

135 Die verwendeten Zahlen stammen aus dem Bericht der Geschäftsführung zur Aufsichtsratssitzung vom 30. Juli 1942. In: Wenz:

Flughafen, Tempelhof. 1939-1945, S. 135

136 Wenz, F.-Herbert: Flughafen Tempelhof. 1939-1945, S. 135

137 Wenz, F.-Herbert: Flughafen Tempelhof, S. 59

138 Wenz: Flughafen Tempelhof, S. 61 – Stellungnahme des Chefs der Rüstungsinspektion III Admiral Anker vom 5. März 1942

139 Kubatzki: Standorte und Topografie der Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeiter-Lager in Berlin und Umgebung: 1939-1945, S.

140 Bremberger, Bernhard: Lager und Ausländerunterkünfte in Berlin-Tempelhof während des 2. Weltkriegs. Stand Frühling 2001.

Auf: http://www.zwangsarbeit-forschung.de/Lagerstandorte/Tempelhof/Tempelhof-Lagerstandorte/tempelhof-lagerstandorte.html -

Page 30: Das Tempelhofer Feld Die Nutzung des Tempelhofer Feldes in ......deutschen Nationalsozialismus (1933-1945) Das Tempelhofer Feld als Zentrum des zivilen Luftverkehrs, als Luftrüstungszentrum,

30

Über die Bedeutung der Zwangsarbeit schrieb am 19. Juni 1943 Generalluftzeugmeister Ehrhard Milch an Reichsmar-

schall Hermann Göring, dass „die Stukas Ju 87 zu 80 Prozent von Russen“ gefertigt werde.141

699. Columbiastraße, gegenüber Einmündung Golßener Straße. A=Deutsche Lufthansa AG, Bauleitung, Tempelhof.

C =Spätestens 1942, Lager für Arbeiter mit 2 MannB, 1 WirtschB, 1 Wach- und SanitätsB. F= Angaben nach einem

Lageplan in der Bauakte, datiert mit: 31. Juli 1942, Lager 1073. Stempel: Lagerbauaktion 1942. Standort: Flugplatz, vor

Hallen 1, 2 und 3.

700. Columbiastraße, Neue Flughafenstraße, Ecke Lilienthalstraße. A=Weser Flugzeugbau Bremen GmbH, Werk

Tempelhof, Berlin SW 29, Neuer Flughafen. C =Lager für 300 Personen mit 3 MannB Russenmänner, 3 MannB Russen-

frauen, 1 MannB französische Kriegsgefangene, 1 MannB Ehepaare, KüchB, WachB, WirtschB, WaschB, AboB. F=

Erweiterungen: August 1942 beantragt 1 MannB, 1 SaniB, bewilligt am 21. August 1942 mit Baunummer 576. 1942 nicht

fertig. Januar 1943 beantragt für 400 Mann 4 MannB, bewilligt am 4. Februar 1943 mit Baunummer 1261. 1943 fertig. Im

April 1943 beantragt 9 MannB für 1200 Mann mit WachB, BadeB, SaniB, SpeiseB, bewilligt am 30. April 1943 mit Bau-

nummer 1904. Vermerk vom 1. Mai 1944: Lager zu 90 Prozent fertig.

710. Lilienthalstraße, südlich vom Garnison Friedhof. A= Deutsche Lufthansa AG, Bauleitung, Kontrollwerkstätte Tem-

pelhof. C=Lager mit 5 MannB, 1 KüchB, 1 SpeiseB, 1 WirtschB mit Wasch-, Abort- und Heizraum und Teeküche, 1

WirtschB für Ausländer. D=1. Oktober 1942 für 3 MannB. F=Nach einem Lageplan zum Bauantrag wurden mehrere

MannB vor Oktober 1942 mit anderen Baunummer aufgebaut.

Das sind 25 Baracken. Aufnahme 1944: cirka 2.000 Menschen

Zwangsarbeiter-Lager im südlichen Flugfeld-Bereich (*)142

694. Tempelhof, Borussiastraße 22-26. A=Otto Leh Blechbearbeitung Flugzeugteile Apparatebau, Tempelhof,

Borussiastraße 52. C=6. August 1942, 1 MannB, 1 AboB. D=21. August 1942.E=1942 oder 1943. F =Vermerk vom 6.

Januar 1943: fertig für 52 Personen, mit 52 belegt.

695. Tempelhof, Borussiastraße 45-49. F= Als Ausländerlager erwähnt.

696. Tempelhof, Colditzstraße 21-23. A=Paul Knopp KG, Tempelhof, Colditzstraße21-23. C=11. Juli 1943, Lager für

100 Mann mit 1 MannB Typ RL IV/2. D=8. August 1942. E=1942 oder 1943. F =Vermerk vom 8. Januar 1943: fertig.

Aufgerufen am 18. August 2011

141 Budraß: Flugzeugindustrie und Luftrüstung in Deutschland 1918 – 1945, S. 586

142 nach Kubatzki, Reiner: A= Auftraggeber; B= Nutzer; C= Nutzung; D= GBI-Bewilligung; E= fertig; F= Hinweise; G= Quellen

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697. Tempelhof, Colditzstraße 27-29. A=Kurt Hodermann, Neue Kühler und Flugzeugteile Fabriken, Tempelhof,

Colditzstraße27-29. C =November 1942, Ausländerlager durch Umbau eines Schuppens als Unterkunft für 150 russi-

sche Zivilarbeiter, außerdem 1 WirtschB. D=2. September 1942, F = Vermerk vom 31. Dezember 1942: fertig, bezogen.

698.Tempelhof, Colditzstraße 38. F =Als Ausländerlager mit tschechischen Zwangsarbeitern für die Lorenz AG erwähnt.

702. Tempelhof, Germaniastraße 10-11, zwischen Götzstraße, Felixstraße und Werbergstraße. A =Steffens & Noel-

le AG, Tempelhof, Gottlieb-Dunkel-Straße 20. C =Januar 1943, Lager für 280 Kriegsgefangene und ausländische Zivil-

arbeiter mit 4 WellblechB, 3 HoIzB, 1 WachB, Stacheldraht. F=Im März 1943 von der Luftwaffe beschlagnahmt, Bau

nicht ausgeführt.

703. Tempelhof, Germaniastraße 12-20. A =Carl Lerm & Gebrüder Ludewig Barackenbau, Tempelhof. C=7. Ok-

tober 1942, Lager für 66 Personen mit MannB und WirtschB der Typen RL IV/3, IV 1/2, V/1. D=15. Oktober 1942, Bau-

nummer 493. E=1943. F =Das Lager wurde auf einem Grundstück der Grundbesitz Verwaltungs AG, Berlin SW, Saar-

landstraße* 12, aufgebaut. Die Firma Barackenbau Lerm & Ludewig hatte wahrscheinlich nur als Baufirma, nicht als

Auftraggeber oder Nutzer fungiert. Vermerk über das Lager vom 5. Januar 1943: fertig, noch nicht belegt. Vermerk auf

einem Lageplan zum Bauantrag: Russenlager.

704. Tempelhof, Germaniastraße 80-83. A=Richard Weber GmbH, Tempelhof, Germaniastraße 80-83. C =August

1942, Unterkunft für 22 Ausländer durch Ausbau einer Garage und eines Schuppens. D=10. August 1942. E=1942.

F=Ein Lageplan vom 28. Juli 1942 zum Antrag vermerkt: Umbau der Garage zu Gefangenen-Unterkunftsräumen.

705. Tempelhof, Germaniastraße 148-149. F= Als Ausländerlager mit tschechischen Zwangsarbeiterinnen und

Zwangsarbeitern für die Hüttenwerke GmbH Tempelhof erwähnt.

706. Tempelhof, Germaniastraße, Gelände zur Oberlandstraße 75-84. A=Roth Büchner GmbH, Tempelhof, Ober-

landstraße 75-84. D=12. August 1942, Lager für 536 Personen, 320 Männer, 216 Frauen mit 5 MannB vom Typ

RL501/34, WirtschB. D = 21. September 1942. E =1943. F = Vermerk vom 31. Dezember 1942: nicht fertig. Bomben-

schäden: am 1. März 1943 2 Baracken abgebrannt, 3 beschädigt. Wiederaufbau: am 29. März 1943 mit Baunummer

1926 bewilligt. 1943 fertig.

707. Tempelhof, Gottlieb-Dunkel-Straße 52. F= Als Ausländerlager mit sowjetischen Zwangsarbeitern für die Krupp

& Druckenmüller Eisenhandel GmbH erwähnt.

708. Tempelhof, Götzstraße. A =Roeder Stahlzackwerk Hein KG, Berlin SW 68, Ritterstraße 123. C =Juli 1943,

Lager für 150 Mann mit 3 MannB, 1 WirtschB, 1 AboB. D=3. August 1942. E=1942. F =Vermerk vom 31. Dezember

1942: fertig mit 150 Plätzen, 50 belegt mit Ostarbeitern.

709. Tempelhof, Industriestraße 32-34. F= Als Ausländerlager mit französischen Zwangsarbeitern für die Deutsche

Eisenhandel AG, Charlottenburg, erwähnt. Frühester Beleg: 15. Mai 1944.

711. Tempelhof, Oberlandstraße 26-35. A=UFA Universum Film AG, Berlin SW 68, Krausenstraße 37-39.

C=September 1942, Lager für 120 ausländische Arbeiter mit 1 MannB. D=8. September 1942. E=1942. F= Vermerk vom

31. Dezember 1942: fertig, 90 Plätze belegt.

712. Tempelhof, Oberlandstraße 85-87. A =Elektrolux AG, Tempelhof, Oberlandstraße 36-38. C=Oktober 1942, Zivil-

russenlager mit 3 MannB vom Typ RL 501/34, 1 WirtschB Typ RL VII/4 und weitere Aufbauten. D=13. Oktober 1942,

Baunummer 450 a. F =Ein Lageplan zum Bauantrag gibt eine Belegung von 470 Personen sowie 1 Arrestzelle, Wache,

Arzt- und Krankenzimmer an. Vermerk zum Standort: gegenüber Oberlandstraße 36-38.

713. Tempelhof, Oberlandstraße, Ecke Holzmannstraße. A = Paersch & Kersten, Berliner Gummiwarenfabrik,

Berlin 0 16, Michaelkirchstraße 20. C=13. Juli 1942, Lager für 160 russische Zivilarbeiter mit 1 MannB für Männer, 1

MannB für Frauen, 1 KrankenB, 1 WirtschB, 1 AboB. E= 1943. F= Vermerke vom 31. Dezember 1942: nicht fertig, kein

Platz belegt, vom 19. September 1943: mit 160 Plätzen fertig. Erweiterungen: 1 KüchB, aufgebaut Februar 1943.

714. Tempelhof, Ordensmeisterstraße 39. F=Als Ausländerlager für die Firma Erich Timm Fabrik für Metallbau erwähnt.

715. Tempelhof, Ringbahnstraße 16. F=Als Wohnlager, auch als NBV-Lager, für Berliner Verkehrsbetriebe erwähnt.

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716. Tempelhof, Ringbahnstraße 51-57 oder Borussiastraße 45-49. A =UFA Universum Film AG, Atelierbetrieb,

Tempelhof, Borussiastraße 45-49. C =September 1942, Lager für 100 Personenmit 1 MannB, 1 WachB, Drahtzaun. D=8.

September 1942, Baunummer 883. E=1942. F =Vermerk vom 31. Dezember 1942: fertig, 60 Plätze belegt.

717. Tempelhof, Roonstraße. F =Als Ausländerlager, auch als RPD-Lager 537, für die Deutsche Reichspost, RPD,

Direktion Berlin, erwähnt. Frühester Beleg: 24. August 1943. Mindestens 6 Aufbauten, MannB, WirtschB. Standort

Roonstraße* auch in den Bezirken Reinickendorf, Spandau, Steglitz, Zehlendorf möglich.

718. Tempelhof, Schaffhausener Straße 44-52, Ecke Germaniastraße, Grundstück des Antragstellers. A =Eduard

Linnhoff Maschinenfabrik und Kesselschmiede, Tempelhof, Oberlandstraße 104-107. C=24. Juni 1942, Russenlager

für 80 Mann 1 MannB Typ RL IV/4, 1 WaschB. D=26. Juni 1942, Baunummer 525. E=1942. F = Vermerk zu den 80

Mann: zum 5. Juli 1942 im Betrieb einzustellen. Vermerk vom 31. Dezember 1942: Lager belegt mit 125 Personen. Er-

weiterungen: Umbau einer Holzhalle als Unterkunft für Ausländer, im Oktober 1943 beantragt, am 6. Oktober 1943 bewil-

ligt. 1943 fertig.

719. Tempelhof, Straße 262, Gelände zur Straße 96. F =Als Gemeinschaftslager der Luftwaffe unter Verantwortung

des Luftwaffengaukommandos Berlin erwähnt. Verwendung nicht eindeutig, möglicherweise Kriegsgefangenenlager,

Zwangsarbeiterlager oder Militärlager.

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Hungernd, frierend, Misshandlungen und Vergewaltigungen rechtlos ausgesetzt, starben zahllose Menschen. Unter

ihnen waren viele Kinder, die gemeinsam mit ihren

Eltern verschleppt wurden, oder aber hier geboren

wurden. Sie verhungerten vor aller Augen in und um

den Flughafen Tempelhof. Die Überlebenden wollte

Industrie und Militär bei Kriegsende wieder loswer-

den. Nur das Eintreffen der Roten Armee hat den

noch lebenden Zwangsarbeitern in Berlin das Leben

bewahrt. Die SS, die Betriebe und der größte Teil der

Berliner Bevölkerung hätten sie als unbequeme Zeu-

gen ihrer Verbrechen ermordet bzw. dem Hungertod

überlassen. Die überlebenden Zwangsarbeiterinnen

und Zwangsarbeiter des Luftrüstungszentrums Tem-

pelhof wurden am 28. April 1945 befreit.

Sehr viele ausländische Zwangsarbeiter/innen befan-

den sich bei Kriegsende noch an ihrem Einsatzort.

Viele der später so genannten "Displaced Persons"

gelangten im Frühsommer 1945 in ihre Heimat. In

verschiedenen Ländern standen die ehemaligen

Zwangsarbeiter/innen im Verdacht, mit den Deut-

schen kollaboriert zu haben. Für zahlreiche "Ostarbei-

ter" und sowjetische Kriegsgefangene endete das

Leiden nicht mit der Befreiung, sondern ging nahtlos

in die Verschleppung in sowjetische Straflager über.

III.3.4 Zwangsarbeiter-Lager im Bezirk Kreuzberg

Über die Dichte von Zwangsarbeiterlager in den Kreuzberger Stadtquartieren, die unmittelbar am Flughafen Tempelhof

anschlossen, kann man sich auch: http://www.kreuzbergmuseum.de/mu_unter/zwangsarbeit/zwangs_frkr/start.htm in-

formieren. Das Portal ist unter der Leitung vom Chef des Kreuzbergmuseums Martin Düspohl erarbeitet worden.

Zwangsarbeiter fertigten nicht nur die Stukas vom Typ Junkers Ju 87, sondern sie waren auch in den Ausrüstungs- und

Zuliefererbetrieben eingesetzt. So bei der Firma „Max Lindner“, Kreuzberg, Hoffmannsdamm 59-61 (Flugzeugbedarf,

Ausrüstung, Zulieferung), in den BMW Flugzeugmotorenwerken, Kreuzberg, Lobeckstraße 81, (Franzosenlager), bei

der Firma „Windhoff-Flugzeugkühlerbau“, Neukölln, bei der Firma „Albert Rupp Propellernabenfabrik“, Neukölln,

Herrmannstraße 48 (BAL 274) und bei der Firma „C. Lorenz AG“, Tempelhof (Funkstationen für Flugzeuge und Flughä-

fen).

Das Kreuzbergmuseum führt an: „Zu Kriegsbeginn war diese Entwicklung weder geplant noch abzusehen. Die Erfolge

der "Blitzkriege" gegen Polen und Frankreich erlaubten, die Soldaten wieder zu demobilisieren. Ausländische Zwangsar-

beiter/innen wurden zuerst in der Landwirtschaft, in Berlin auch im Bauwesen eingesetzt. Beim Ausbau der Reichs-

hauptstadt wurden seit Frühjahr 1939 die ersten zwangsrekrutierten Arbeitskräfte aus einem besetzten Land, der Tsche-

choslowakei, beschäftigt. Erst der Übergang der "Blitzkriege" im Osten in einen langen Abnutzungskrieg erzwang im

Herbst 1941 die Umstellung der Rüstungspolitik und die Intensivierung in der Arbeitseinsatzpolitik.

Das Jahr 1942 brachte auch für Berlin die Wende im Zwangsarbeitereinsatz, vor allem durch die "Ostarbeiter". Mindes-

tens 18.000 ausländische Zivilarbeiter wurden im Durchschnitt monatlich neu eingesetzt. Zwischen Herbst 1943 und

Frühjahr 1944 sank die Zahl der ausländischen Zivilarbeiter vorübergehend aufgrund von Industrieverlagerungen in

weniger bombengefährdete Gebiete, blieb insgesamt aber bis Kriegsende auf hohem Niveau. Seit 1943 waren etwa 20

Prozent aller Beschäftigten in Berlin Zwangsarbeiter/innen; in der Rüstungsindustrie betrug ihr Anteil rund 30 Prozent, in

einigen Unternehmen über 80 Prozent. Hier wurde die gesamte Produktion von Zwangsarbeiter/innen mit Ausnahme der

Vorgesetzten und einiger Spezialisten erbracht. Nahezu jedes Unternehmen beschäftigte Zwangsarbeiter/innen, vom

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Handwerksbetrieb bis zum Großkonzern, städtische Versorgungseinrichtungen wie Gaswerke oder Straßenreinigung,

große Staatsbetriebe wie die Reichsbahn und sogar Privathaushalte. Zu den mehr als 400.000 Zwangsarbeiter/innen in

der Berliner Wirtschaft kam seit Sommer 1944 in Berlin schließlich die letzte Reserve an verfügbaren Arbeitskräften: KZ-

Häftlinge.

Die meisten Zwangsarbeiter/innen waren in rund 1200 "Lagern", Sammelunterkünften aller Art, untergebracht. Meist

waren es kleinere Lager, sogenannte Saallager, die in leerstehenden Schulen, stillgelegten Ausflugslokalen oder Fabrik-

hallen eingerichtet wurden, oder separat stehende, nur für diesen Zweck errichtete Baracken. Ihre Kapazitäten lagen

gewöhnlich zwischen 20 und 200 Personen.

Im heute fusionierten Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg ließen sich über 800 Orte finden, an denen nachweislich Zwangs-

arbeit geleistet wurde bzw. Zwangsarbeiter/innen untergebracht waren. Im von den Nazis in "Bezirk Horst Wessel" um-

benannten Friedrichshain waren es 76 Arbeitsstätten und 98 Lager bzw. Unterkünfte; nur an 14 Orten waren die Lager

direkt im Betrieb. Für Kreuzberg ermöglicht ein Zufallsfund eine in Deutschland wohl einmalige Dokumentation von ins-

gesamt 652 Orten: eine beim Internationalen Suchdienst des Roten Kreuzes erhalten gebliebene Akte aus dem

Gesundheitsamt Kreuzberg mit einer Vielzahl von Listen von Zwangsarbeiterlagern und den dazugehörigen Beschäfti-

gungsbetrieben für die Zeit von November 1940 bis November 1944. In Kreuzberg befanden sich 425 Lager bzw. Unter-

künfte und 374 Betriebe, die Zwangsarbeiter/innen einsetzten; 154 Firmen oder öffentliche Arbeitgeber unterhielten

Zwangsarbeiterlager auf dem Betriebsgelände.“ Unter anderem:

Marheinekeplatz / Hausnr. 1 (früher Hausnr. 1/2): Hier, im Gemeindehaus der ev. Passionskirche, befand sich das Lager

3 der „Siemens Apparate- und Maschinenbau GmbH“, in dem 28 Kroatinnen und 17 Italiener (1943) bzw. 25 Kroatinnen,

11 Litauerinnen und 4 Italienerinnen (1944) wohnten.

Hausnr. 3/4

In diesem sonst unauffälligen Wohnhaus war das Lager 2 von Siemens; hier wohnten 1942/43 bis zu 33 Kroaten, 1944

elf Kroaten und ein Rumäne bzw. 17 Männer unterschiedlicher Herkunft.

Hausnr. 15

Hier, in der stadteigenen Marheineke-Markthalle, befand sich auch der Gerätehof 26 der Straßenreinigung der Stadt

Berlin, in dem 1944 zehn polnische Zwangsarbeiter untergebracht waren, die höchstwahrscheinlich auch für diese kom-

munale Einrichtung zu arbeiten hatten.

Bergmannstraße Nr. 39-41

Auf dem Kirchhof der Dreifaltigkeitsgemeinde arbeiteten und wohnten 4 Bulgaren (1942) bzw. 3 Männer (1944) unter-

schiedlicher Herkunft, wahrscheinlich hoben sie die Gräber aus. Die Aufsicht als Lagerleiter hatte der Friedhofsinspektor

Chr. Meier.

Nr. 102

Hier beschäftigten die „Aerobau Heinrich Lehmann GmbH“ insgesamt 20 (deportiert meist 1943) und die „Deutsche

Benzinuhren-Gesellschaft mbH“ 7 jüdische Zwangsarbeiter/innen (deportiert meist 1941/42) bei der Produktion von

Flugzeugzubehör. Beide Gesellschaften sollen auch in der Oranienstr. 6 unter Einsatz jüdischer Zwangsarbeiter/innen

produziert haben, gesichert ist das für die „Deutsche Benzinuhren-Gesellschaft mbH“ in der Belle-Alliance-Straße (heute

Mehringdamm 22/28). [BAL 421]

III.3.4 Lebensbedingungen in den Zwangsarbeiter-Lager

„Neben der oft über zehnstündiger Arbeit war die Unterbringung im Lager der bestimmende Faktor im Leben der meisten

Zwangsarbeiter/innen. Kennzeichnend für das "Lagerleben" war das Fehlen jeder Privatsphäre in den beengten, mit

doppelstöckigen Pritschen ausgestatteten Stuben.

Die Bombenangriffe verschlechterten die Lebensbedingungen der Zwangsarbeiter/innen in besonderem Maße. Im April

1944 waren rund 200.000 Unterkunftsplätze zerstört, etwa 60 Prozent aller damals in Berlin eingesetzten ausländischen

Arbeitskräfte waren ausgebombt. In wachsendem Maß "verlausten" die Lager. Entwesungsaktionen brachten kaum

Erfolg, Fleckfiebererkrankungen breiteten sich aus. Die typische "Lagerkrankheit" war die Tuberkulose, Folge von Man-

gelernährung und Überbelegung. Vermutlich mehrere Tausend Zwangsarbeiter/innen in Berlin starben an dieser Krank-

heit.

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Nachweisbar sind anhand von Bestattungsunterlagen etwa 12.500 Todesfälle unter den ausländischen Zwangsarbei-

ter/innen in Berlin, sehr wahrscheinlich eine unvollständige Zahl, weil in Berlin verstorbene Zwangsarbeiter/innen auch

außerhalb der Stadt beigesetzt wurden und möglicherweise nicht alle Todesfälle auf den Friedhöfen erfasst wurden.

Nicht enthalten sind in dieser Zahl verstorbene KZ-Insassen und die große Anzahl der in den Vernichtungslagern ermor-

deten jüdischen Zwangsarbeiter/innen.

Etwa 20 Prozent der in Berlin eingesetzten ausländischen Arbeitskräfte waren Frauen. Sie stammten in der Mehrzahl

aus der Sowjetunion und Polen. Für "Ostarbeiterinnen" galten nicht die üblichen Arbeitsschutzbestimmungen für Frauen.

Stattdessen konnten sie zu körperlichen Schwerstarbeiten eingesetzt werden, Mutterschutzregelungen galten nur einge-

schränkt. Das ausgewogene Geschlechterverhältnis bei "Ostarbeitern" und Polen sollte Geschlechtsbeziehungen zu

Deutschen vermeiden helfen

Schwangere "Ostarbeiterinnen" wurden bis Ende 1942 noch in ihre Heimat abgeschoben. Dann änderte sich die Praxis.

Daraufhin wurden für Polinnen und "Ostarbeiterinnen" besondere Entbindungsanstalten eingerichtet, in Berlin beispiels-

weise im zentralen Ausländerkrankenhaus des Siemenskonzerns, dem "Scheringhaus" am S-Bahnhof Jungfernheide.

Geburten fanden aber auch in normalen Krankenhäusern statt, oft auch in den Unterkunftslagern. Abtreibungen waren

osteuropäischen Frauen - anders als deutschen - gestattet, aus Kostenersparnis und aus rassenideologischen Gründen.

Auch die Todesfälle von Zwangsarbeiter/innen sind häufig in den städtischen Krankenhäusern verzeichnet, so auch in

Friedrichshain und Kreuzberg. Im Krankenhaus Am Urban wurde beispielsweise eine ganze, außerhalb untergebrachte

Station als "Sterbelager" eingerichtet. Im Frauengefängnis Barnimstraße (Friedrichshain) fällt dagegen die Häufung von

Geburten auf.

In der zweiten Hälfte des Krieges wurden sogar ganze Familien, Männer, Frauen und Kinder, nach Deutschland depor-

tiert. Im Juli 1943 verfügte das Reichssicherheitshauptamt, Kinder von osteuropäischen Müttern, die als "gutrassig" ein-

gestuft wurden, von ihren Eltern - auch gegen deren Willen - zu trennen und "einzudeutschen". Für die übrigen Kinder

wurden "Ausländerkinder-Pflegestätten" eingerichtet, die der Aufsicht der Deutschen Arbeitsfront bzw. in der Landwirt-

schaft dem Reichsnährstand unterstanden. Die Kindersterblichkeit in diesen Einrichtungen war überdurchschnittlich

hoch. Auch ältere Kinder wurden, unter Verletzung von Arbeitsschutzbestimmungen, zur Arbeit in Fabriken und in La-

gern gezwungen.“

IV. Die Nutzung des Tempelhofer Feldes in den Jahren 1943 und 1944.

Ab Ende 1944 wurde nach Tempelhof Teile der Fertigung des Hubschraubers Fa 223 verlegt143

. Der Pilot Hans-

Helmut Gerstenhauer war an der Erprobung der Fa 330 in Tempelhof beteiligt.144

Das „Reduzierte Jägerstab-Flugzeug-

Programm“ vom 3. Juni 1944 (TA GL/C-B) führte auch noch die Ju 87 F/G auf.145

Die Beschäftigtenzahlen betrugen bei

Weserflug-Tempelhof April 1944 4.151 Arbeiter und Angestellte, darunter 2.103 Zwangsarbeiter. Die Produktion von

Jagdflugzeugen des Typs Focke-Wulf FW 190 aufgenommen. Weserflug, die durch die Streichung der Ju 87 im Juli

1944 gezwungen war, in einen Modus für die Abgabe von Arbeitskräften und die Hereinnahme einer neuen Produktion

zu finden. Die Firma verlor im zweiten Halbjahr 1944 ein Viertel ihrer Belegschaft durch Umsetzungen, zählte im Oktober

1944 immerhin noch über 18.000 Beschäftigte, die ebenfalls mit der Teileherstellung und Endmontage der FW 190 be-

gannen, aber im Januar 1945 nur 108 Exemplare produzierten.146

-

Flugkapitän Paul Gutschmidt flog mit seiner viermotorigen Focke-Wulf-Verkehrsmaschine vom Typ Fw 200 A-0

der Bezirksdirektion Tempelhof zu Versorgungsflügen nach Norwegen.

Im Mai 1944 übernahm die SS die „Manfred Weiss Werke AG“, den größten Konzern Ungarns. Der 60 Perso-

nen umfassenden Familienverband Weiss, Chorin, Mauthner, Kornfeld gehörende Industrie-Komplex repräsentierte in

seiner Gesamtheit einen großen Teil des Kohlenbergbaus, der Eisen- und Maschinenbau-Industrie, der Energieerzeu-

gung, der Aluminiumindustrie und des Flugzeugbaus Ungarns. Der seit 67 Jahren im jüdischen Familienbesitz befindli-

che Konzern hatte eine einzigartige Stellung erlangt, ähnlich wie die der Familie Krupp in Deutschland. Die führenden

143 Wenz, F.-Herbert: Flughafen Tempelhof. 1939-1945, Stedinger Verlag, Lemwerder, 2002, S. 108

144 Traditionsverband Boelcke e.V., Bearbeitung der Flugbuchsammlung: Walter Waiss, Stand 05.2005

145 Hentschel: Die geheimen Sitzungen des Generalluftzeugmeisters, S. 210

146 Budraß: Flugzeugindustrie und Luftrüstung in Deutschland 1918 – 1945, S. 874

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Mitglieder der Familie wurden Ende März 1944 wegen ihrer jüdischen Herkunft verhaftet und genötigt, 51 Prozent der

Konzernaktien auf 25 Jahre an das SS Wirtschafts-Verwaltungshauptamt abzugeben. Als „Gegenleistung“ sollten 45

Mitglieder der Familie in ein neutrales Land transportiert und ihnen 600.000 Dollar sowie 2,5 Millionen Mark in bar aus-

gezahlt werden. In der Nacht vom 17. zum 18. Mai 1944 unterschrieben alle volljährigen Mitglieder des Familienver-

bands vier Knebelverträge, die ihre Enteignung, aber auch ihre Rettung vor den Gastod in Auschwitz bedeuten. –Bis auf

einige Geiseln in Wien wurden 32 Mitglieder der Familie Weiss-Chorin am 25. Juni 1944 in einer Linienmaschine der

LUFTHANSA [Berlin-Tempelhof - Lissabon] nach Portugal147

ausgeflogen.

Im Juli 1944 wurde die 1942 aufgestellte „Luftfeldpoststaffel“ aufgelöst. 148

Später kamen die Luftnachrichten-Abteilungen 101, 102 und 129, die die Berliner Flak nachrichtlich sicherstell-

ten und der 1. Flak-Division und dem III. Flak-Korps unterstellt waren.

Trotz der so offensichtlichen militärischen Nutzung Tempelhofs wurde die riesige, aus zehn Kilometer Höhe gut

erkennbare Flughafenanlage nicht von anglo-amerikanischen Bombenverbänden angegriffen. Warum? Die Ju 87 spielte

weder im Luft-, noch im Seekrieg Deutschlands gegen das Vereinigte Königreich von Großbritannien und gegen die

Vereinigten Staaten von Amerika in den Jahren von 1941 bis 1944 eine Rolle. Sie wurde nach dem Verlust der Luftherr-

schaft nicht mehr über Westeuropa, sondern an der deutsch-sowjetischen Front eingesetzt. Der Flughafen Tempelhof

war für die USAAF und RAF kein prioritäres Bomben-Ziel.

V. Der Ruin der nationalsozialistischen Nutzung des Tempelhofer Felds (1944/1945).

Ruin der Nutzung des Tempelhofer Feldes als Luftrüstungsstandort

Ruin der zivilen Nutzung des Tempelhofer Feldes

Ruin der militärischen Nutzung des Tempelhofer Feldes als Einsatzzentrale der Luftwaffen-Transportfliegerkräfte.

Weserflug war die durch die Streichung der Ju 87 G (März/Juni 1944) gezwungen, in einen Modus für die Abgabe von

Arbeitskräften und die Hereinnahme einer neuen Produktion zu finden. Die Firma verlor im zweiten Halbjahr 1944 ein

Viertel ihrer Belegschaft durch Umsetzungen, zählte im Oktober 1944 immerhin noch über 18.000 Beschäftigte, die

ebenfalls mit der Teileherstellung und Endmontage der FW 190 begannen, aber im Januar 1945 auch nur 108 Exempla-

re produzierten.149

Am 22. April 1945 verließen die letzten Maschinen der Lufthansa Berlin in Richtung Travemünde und München, wohin

sich die Lufthansa zurückgezogen hatte. - Die letzten Flüge führten am 4. Mai 1945 mit der FW 200 "Thüringen" (D-

ASVX) von Oslo nach Flensburg und mit einer Ju 52 3/m (D-AFFF) von Aalborg nach Oslo. Die Besetzung von Flens-

burg durch kanadische Truppen am 6. Mai 1945 besiegelte das endgültige Ende der „Deutschen Lufthansa AG“ jener

Fluggesellschaft, deren weltumspannendes Streckennetz nur sechs Jahre zuvor von Berlin bis nach Santiago de Chile

und Bangkok reichte.150

Am 23. April 1945 erreichten sowjetische Panzerspitzen den Teltowkanal bei Teltow und nördlich von Stahnsdorf.151

Am

Morgen des 24. April trat die 1. Ukrainische Front unter Marschall der Sowjetunion Pawel Stepanowitsch Konew zum

Sturm Berlins über den Teltowkanal an. 15.000 deutsche Soldaten und Volkssturmmänner, über 250 Geschütze und

Granatwerfer, 130 Panzer und Schützenpanzerwagen sowie über 5.000 Maschinengewehre verhinderten die Forcierung

des Kanals aus der Bewegung, so dass der Angriff am 25. April wiederholt werden musste.152

Schließlich überwand die

3. Gardepanzerarmee unter Generalleutnant Pawel Semjonowitsch Rybalko und rückte in Richtung Stadtzentrum über

die Bezirke Reinickendorf, Steglitz und Neukölln vor.

147 Darvas, Stadt auf Sumpfboden, S. 196

148 Neulen: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, S. 100

149 Budraß: Flugzeugindustrie und Luftrüstung in Deutschland 1918 – 1945, S. 874

150 http://www.berlin-spotter.de/airlines/lufthansa.htm - aufgerufen am 23. Juni 2011

151 Oberst i.G. Refior, Hans: Mein Berliner Tagebuch. In: Von zu Mühlen, Bengt: Der Todeskampf der Reichshauptstadt, CHRONOS-Film

GmbH, Berlin – Kleinmachnow, 1994, S. 124

152 Autorenkollektiv - Deutschland im Zweiten Weltkrieg. Band 6, Akademie-Verlag, Berlin (O), 1985, S. 719

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„Der Artillerie-Kampf wird vorwiegend von der 1. Flakdivision geführt, die für den Erdkampf dem Kommandant des Ver-

teidigungsbereichs von Berlin unterstellt ist. Die Einsatzfähigkeit der Flakartillerie für die Luftverteidigung muss so lange

wie möglich erhalten bleiben.“ 1. Flakdivision unter Generalmajor Otto Sydow (Gefechtsstand: Zoo, Tiergartenufer, L-

Turm) Abschnitts-Kommandeur D mit Abschnitts-Flakführer D: Major Weber. Gefechtsstand: Tempelhof, Flughafen-

Verwaltungs-Gebäude, Organisation der 1. Flak-Division am 1. Dezember 1944: Stab/Flak-Regiment 22 (o) (Flakgruppe

Berlin-Süd) in Berlin-Lankwitz; Stab/Flak-Regiment 53 (o) (Flakgruppe Berlin-Nord) in Berlin Heiligensee; Stab/Flak-

Regiment 126 (o) (Flakgruppe Berlin-Ost) in Berlin-Reinickendorf; Stab/Flak-Regiment 82 (o) (Flakscheinwerfergruppe

Berlin) in Berlin W15; Stab/Flak-Regiment 72 (Eisb.) in Berlin; Flak-Transport-Bttr. (mot.) 24./III, 122./IV and 126./IV und

die Luftnachrichten-Abteilung 121 (aufgelöst Februar 1945). Die 1. Flak-Division war vom 20. Februar bis 25. April 1945

dem Luftgau-Kommando III unter Generalleutnant Walter Boenicke und bis zum 8. Mai dem II. Flakkorps unter General

der Flak-Artillerie Job Odebrecht unterstellt.

Als sich die Front Ende April 1945 näherte, sollte der Flughafen verteidigt werden. Der damalige Flughafen-

kommandant Oberst Rudolf Böttger und einige leitende Lufthansa-Angestellte umgingen jedoch diesen Befehl, indem sie

die bereitgestellten Waffen beiseite schaffen ließen und ein Feldlazarett einrichteten. Dadurch kam es nicht zu einer

Verteidigung des Flughafens, die möglicherweise zu einer völligen Zerstörung geführt hätte.

Am 28./29. April 1945 besetzten Truppen der Roten Armee den Bezirk Tempelhof und den Flughafen. Die neu-

en Gebäude blieben weitgehend von Zerstörungen verschont, jedoch kam es zu mehreren Bränden, die auch die Stahl-

konstruktion der Hallenbauten schwer beschädigten. Die Gebäude des alten Flughafens waren restlos zerstört und das

Flugfeld von Einschlägen übersät. Auch der unterirdische Bunker mit dem Filmarchiv brannte komplett aus und alle Fil-

me wurden dabei zerstört. Bei den Kämpfen um den Flughafen soll der stellvertretende Bürgermeister von Tempelhof,

Dr. Roland Faulhaber, ums Leben gekommen sein.153

Am 1. Mai 1945 landete um 5 Uhr morgens ein Luftregiment der 3. Garde-Luftsturmdivision auf dem Flughafen

Berlin-Tempelhof. Zu diesem Zeitpunkt wurde im Stadtzentrum noch erbittert gekämpft. Der Flughafen Tempelhof beein-

druckte uns durch seine Größe, seine modernen technischen Einrichtungen. Er hatte zwei große Startbahnen, die voll-

kommen windunabhängig waren, besaß umfangreiche Reparaturwerkstätten und Tankeinrichtungen. Vieles davon be-

fand sich unter der Erde. Es gab auch ausgezeichnete Räumlichkeiten für Verpflegung, in denen sich unser Versor-

gungsdienst niederließ.154

153 Heisig / Walleczek: Tempelhofer Einblicke, S. 98

154 Roman Konbrand (geb. 1925), damals Unterleutnant, im Juli 1994 Interview über seinen Einsatz im Rahmen der Berliner Operation

In: Von zu Mühlen, Bengt: Der Todeskampf der Reichshauptstadt, CHRONOS-Film GmbH, Berlin – Kleinmachnow, 1994, S. 262

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Nach der bedingungslosen Kapitulation am 8. Mai 1945 verlor Deutschland seine Lufthoheit. Der Kontrollrat der vier

alliierten Siegermächte erließ am 20. September 1945 die "Proklamation No. 2". Sie untersagte fortan die Herstellung,

den Besitz und den Betrieb von militärischen und zivilen Flugzeugen. Das "Gesetz 52" verfügte überdies die Beschlag-

nahme des gesamten Vermögens der „Deutschen Lufthansa AG“. Das Vermögen aller als "officer or official" tätigen

Lufthanseaten wurde beschlagnahmt, die seit der Machtergreifung durch die Nazis am 1. April 1933 für das Unterneh-

men tätig waren. Lediglich 300 RM gestanden die Alliierten jedem einstigen Mitarbeiter monatlich zu. Als Begründung

wurde die paramilitärische Rolle der Lufthansa im 2. Weltkrieg angeführt. (...)

Um nicht in der Trümmerwüste Berlins zu verhungern, formierte sich schon wenige Wochen nach Kriegsende

eine Gruppe von Lufthanseaten. Mit Erlaubnis der sowjetischen Kommandantur vom 16. Mai 1945 machten sie sich an

die ersten Aufräumungsarbeiten im schwer beschädigten Flughafen Berlin-Tempelhof. Am 31. Mai folgte die Genehmi-

gung, den verwüsteten Lufthansa-Betrieb in Berlin-Staaken provisorisch wieder herzurichten. Das frühere Lufthansa-

Vorstandsmitglied Martin Wronsky wurde am 9. Juni 1945 von den sowjetischen Behörden und dem Tempelhofer Bür-

germeister mit der Geschäftsleitung der neu gegründeten "Hansa Werkstätten GmbH" beauftragt. Der am 10. September

in das Handelsregister eingetragene Reparaturbetrieb mit den Standorten Tempelhof und Staaken zählte im August

1945 in Tempelhof 290 Mitarbeiter. An die Instandsetzung von Flugzeugen war jedoch noch nicht im Entferntesten zu

denken. Die einstigen Lufthanseaten tauschten vielmehr notdürftig reparierte Fahrzeuge mit den sowjetischen Truppen

gegen die so heiß begehrten Lebensmittel. Zudem beauftragten die sowjetischen Behörden Wronsky mit der kommissa-

rischen Leitung der „Deutschen Lufthansa AG“. Dabei unterstützten ihn die ehemaligen Lufthanseaten Carl zur Nieden in

technischen Fragen und Arthur Fehlert im kaufmännischen Bereich. Doch das hoffnungsvolle Projekt währte nicht lange.

Nach dem Wechsel der Kontrollhoheit Tempelhofs im Februar 1946 von der UdSSR an die USA beschlagnahmten die

Amerikaner das Vermögen der „Hansa Werkstätten GmbH“ unter Berufung auf das Kontrollratsgesetz No. 52. Der Be-

trieb Staaken und eine Zweigstelle in Leipzig wurden zeitgleich durch den sowjetischen Befehl No. 124 geschlossen.155

155 http://www.berlin-spotter.de/airlines/lufthansa_2.htm - aufgerufen am 23. Juni 2011

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Anhang: Quellen und Literaturverzeichnis

1. Andere unveröffentlichte Quellen

Archiv der Stadt Oranienburg, Regalfach 60, Aktenkarton „Versuchsstelle für Höhenflüge“

2. Gedruckte Quellen

Autorenkollektiv: Aircraft Division Industry Report, Second Edition January 1947

Von zu Mühlen, Bengt: Der Todeskampf der Reichshauptstadt, CHRONOS-Film GmbH, Berlin – Kleinmach-

now, 1994

Statistisches Jahrbuch der Stadt Berlin 1937, Mitteilungen des Luftamtes Berlin, Flughafenleitung

Tempelhof für das Jahr 1935

Berlin in Zahlen. 1942

Reichsministerium für Bewaffnung und Munition, Nummerung der Bauaufsichten, Ausgabe 1.1.1943,

Blatt 43 ff in: Luftfahrt. Bilder, Texte, Dokumente. Band 5, 1975

3. Nachschlagewerke

Autorenkollektiv: Berlin Handbuch. Das Lexikon der Bundeshauptstadt. FAB Verlag, Berlin, 1992

Branchenbuch der Reichshauptstadt Berlin, 1938

Adressen-Buch Berlin, 1939

4. Zeitgenössische Zeitungen und Zeitschriften

DER LUFTHANSEAT (1938-1940)

Vierteljahresschriften für Zeitgeschichte, München (1956-2006)

5. Memoarien und andere Zeitzeugenberichte

Von zu Mühlen, Bengt: Der Todeskampf der Reichshauptstadt, CHRONOS-Film GmbH, Berlin – Kleinmach-

now, 1994

Darvas, Jozsef: Stadt auf Sumpfboden, Verlag Volk & Welt, Berlin (O), 1980, Erschienen 1955,

Budapest

6. Literatur

Autorenkollektiv - Deutschland im Zweiten Weltkrieg, Band 6, Akademie-Verlag, Berlin (O), 1985

Autorenkollektiv: Produktivkräfte in Deutschland 1917/18 – 1945, Verlag der Akademie, Berlin (O),

1988, Band 2

Braunburg, Rudolf: Die Geschichte der Lufthansa, Rasch und Röhring Verlag, Hamburg, 1991

Budraß, Lutz: Flugzeugindustrie und Luftrüstung in Deutschland 1918 – 1945, Droste Verlag, Düs-

seldorf, 1998

Cooper, Matthew: Die Luftwaffe 1933 - 1945. Eine Chronik, Motorbuchverlag Stuttgart, 1988, 1.

Auflage

Eyermann, K.-H.: Luftspionage, VEB Deutscher Militärverlag, Berlin (O), Band 2, 1963

Groehler, Olaf: Geschichte des Luftkrieges 1910 – 1980, Militärverlag der DDR, Berlin (O), 3.

Auflage, 1981

Groehler, Olaf: Selbstmörderische Allianz. Deutsch-russische Militärbeziehungen 1920-1941, Vision

Verlag GmbH Berlin, 1992

Heisig, Matthias /Walleczek, Sylvia: Tempelhofer Einblicke, Edition Berlin im Metropol Verlag,

Berlin 2002

Hentschel, Georg: Die geheimen Konferenzen des Generalluftzeugmeisters, Bernard & Graefe Verlag,

Koblenz, 1989

Hormann, Jörg-M. / Zegenhagen, Evelyn: Deutsche Luftfahrtpioniere 1900 – 1950, Delius Klasing

Verlag, Bielefeld

Irving, David: Die Tragödie der Deutschen Luftwaffe. Aus den Akten und Erinnerungen von Feldmar-

schall Milch. Verlag Ullstein GmbH, Frankfurt/Main * Berlin * Wien, 3. Auflage, 1971

Kaak, Heinrich: Kreuzberg, Colloquium Verlag, Berlin (W), 1988

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40

Kohl / Bessel: Auto Union und Junkers. Die Geschichte der Mitteldeutschen Motorenwerke GmbH

Taucha 1935-1948, Franz

Steiner Verlag Wiesbaden GmbH, 2001

Kubatzki, Reiner: Standorte und Topografie der Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeiter-Lager in

Berlin und Umgebung: 1939-1945, Berlin, 1999

Kuczynski, Jürgen: Geschichte des Alltags des deutschen Volkes, Akademie-Verlag, Berlin, 1982,

Band 5

Mader, Julius: Hitlers Spionagegeneräle sagen aus, Verlag der Nationen, Berlin (O), 9. Auflage,

1978

Merezkow, Kyrill Afanasjewitsch: Im Dienste des Volkes, Deutscher Militärverlag, Berlin (O),

1982, 3. Auflage

Neulen, Hans Werner: Am Himmel Europas. Luftstreitkräfte an deutscher Seite 1939 – 1945,

Universitas Verlag in der F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung GmbH, München, 1998

Neulen, Hans-Werner: Deutsche Lufthansa 1933 – 1945, Stedinger Verlag, Lemwerder, 2003

Nowarra, Heinz-J.: Die deutsche Luftrüstung 1933 – 1945, Bernard & Graefe Verlag, Koblenz, Band

1-4, 1993

Schreyer, Wolfgang: Die Piraten-Chronik, Kongress-Verlag, Berlin, 1962

Seidt, Hans-Ulrich: Berlin – Moskau – Kabul, Universitas in der F.A. Herbig Verlagsbuchhandlung

GmbH; München; 2002

Treibel, Werner: Die Geschichte der deutschen Verkehrsflughäfen, Bernard & Graefe Verlag, Bonn,

1992

Walters, Brian: Bilder der Luftfahrt: Junkers, ein Pionier der Luftfahrt, Sutton Verlag GmbH

Erfurt, 1997

Wenz, F.-Herbert: Flughafen Tempelhof. 1939-1945, Stedinger Verlag, Lemwerder, 2002

Wenz, F.-Herbert: Chronik des Lemwerder Flugzeugwerks. 1935-1963, Stedinger Verlag, Lemwerder,

2., überarbeitete Auflage, 2003

Winter, Franz F.: Die verlorenen Adler, Universitas Verlag, München, 1987

7. Internet-Portale / Web-Side

http://www.kreuzbergmuseum.de/mu_unter/zwangsarbeit/zwangs_frkr/start.htm

http://www.sturmvogel.orbat.com/images/ussbs

http://www.berlin-spotter.de/airlines/lufthansa.htm

http://www.ww2.dk/

http://www.lexikon-der-wehrmacht.de/

8. Register

Mit großgeschriebenen Familiennamen (zum Beispiel JUNKERS) sind juristische Personen (bspw. die

Kapitalgesellschaft "Junkers Flugzeugwerke AG") gemeint und nicht die natürliche Person Hugo Junkers

(1859-1935). Gleiches gilt für HEINKEL, MESSERSCHMITT etc.

8.1 Abkürzungsverzeichnis

BAL - Bauaufsicht der Luftwaffe

GBA – Generalbevollmächtigter für den Arbeitseinsatz

JG - Jagdgeschwader

Jumo - Junkersmotor

KG - Kampfgeschwader

KGzbV – Kampfgeschwader zur besonderen Verwendung

KGrzbV – Kampfgruppe zur besonderen Verwendung

LG – Lehrgeschwader

LFI – Luftfahrtindustrie

LRI – Luftrüstungsindustrie

OKW – Oberkommando der Wehrmacht

OT – Organisation Todt

RLM – Reichsluftfahrtministerium

RMfBuM - Reichsministerium für Bewaffnung und Munition

RMfRüKr - Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion

St.G – Sturzkampffliegergeschwader

TG – Transportgeschwader

ZG – Zerstörergeschwader

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8.2 Personenverzeichnis

Arlt, Bruno () – 21, 30

Babekuhl, Otto () – 14

Baeumker, Adolf (1891-1976) - 11

Baur, Hans (1897-1993) – 8, 11

Becker, Hellmuth () - 21

Boenicke, Walter (1895-1947) - 37

Brauer, Otto (1897-1976) - 14

Braun, Heinz () - 20

Buchholz, Ulrich (1893-1974) – 18, 20

Caspari, Hans-Albrecht (1908-1993) – 25

Conrad, Gerhard (1895-1982) – 18

Dörnemann, August () - 22

Faulhaber, Roland (-1945) - 37

Feilcke, Fritz (1882-1977) – 25

Franke, Joh. () - 22

Freyer, () - 27

Friedeburg, Hans-Georg von (1895-1945) - 38

Gablenz, Carl August von (1893-1942) – 7, 9, 14, 15, 19

Gerstenhauer, Hans-Helmut () - 25

Göring, Hermann (1893-1946) – 8, 10, 11, 14, 16, 22, 26, 29

Gutschmidt, Paul (1896-1944) - 36

Heinkel, Ernst (1888-1958) - 13

Henke, Alfred (1902-1940) - 13

Helm, Alfred (1894-1965) – 8, 10, 14

Hess, Rudolf (1894-1987) – 11

Himmler, Heinrich (1900-1945) – 11, 19

Hippke, Erich () - 19

Hitler, Adolf (1889-1945) – 8, 9, 11, 14, 15, 16

Hoensbroech, () - 12

Jeschonnek, Hans (1898-1943) - 24

Jope, Bernhard (1914-1995) - 18

Junck, Werner (1895–1976) - 18

Kirchhoff, Karl (1901-1938) - 9

Knauss, Robert (1892-1955) - 7

Kneemeyer, Siegfried (1909-1979) – 12, 15

Konew, Pawel Stepanowitsch (1897-1973) - 37

Kozak, Otto () - 22

Krause, () - 14

[Lang, Emil (1909-1944) - ]

Liman, Helmut (1905-1944) - 18

Mayr, Rudolf (1910-198?) - 18

Meier, Chr. () - 35

Merezkow, Kyrill Afanasjewitsch (1897-1968) - 13

Milch, Ehrhardt (1892-1972) – 9, 14, 30

[Morzik, Fritz (1891-1985) – ]

Mussolini, Benito (1883-1945) – 20

Obst, Oskar () – 20

Odebrecht, Job (1892-1982) - 35

Pohlmann, Hermann (1894-195?) - 22

Rall, Günther (1918-2009) - 15

Rehbein, Theodor () - 21

Rohrbach, Adolf (1889-1939) - 22

Rowehl, Wilhelm (1894-1978) – 12, 14

Rybalko, Pawel Semjonowitsch (1894-1948) - 35

Sagebiel, Ernst (1892-1970) – 6, 8

Sauckel, Fritz (1894-1946) – 26, 27

Saurma, Joachim Friedrich Graf v., () - 12

Scholtz, Hermann () – 21

Schoor, Hermann () - 21

Speer, Albert (1905-1981) - 14

Stern, Ernst () - 21

Stumpff, Hans-Jürgen () - 36

Sydow, Otto (1896-1970) - 35

Trautwein, Hubert () - 21

Udet, Ernst (1896-1941) – 11, 15, 22, 23

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Untucht, Robert (1897-1938) – 9

Windmüller, Herbert () – 20, 23

Wiskandt, Hugo () - 18

Weise, Hubert (1884-1950) - 14

Wens, Heinz () – 21

Wronsky, Martin (1877-1946) – 36

Zimmermann, Wilhelm (1897-1956) – 16

Zimmermann, Horst () – 24

8.3 Verzeichnis der Firmennamen

„AEG Maschinenfabriken“ -

„Aerobau Heinrich Lehmann GmbH“ - 25

„Albert Rupp Propellernabenfabrik“ –

„Arado Flugzeugwerke GmbH" / ARADO -

„Argus Motoren Gesellschaft m.b.H.“ / ARGUS -

„Bank der Deutschen Luftfahrt AG“ –

„BMW Flugmotorenwerke Brandenburg GmbH“ –

„Berliner Flughafen G.m.b.H.“ –

„Bücker Flugzeugbau GmbH“ / BÜCKER -

„Compania Hispano-Marroqui de Transportes“ (HISMA) -

„Daimler-Benz-Motoren GmbH Genshagen“ / DB -

"Deutsche Aero-Lloyd A.G." -

„Deutsche Benzinuhren GmbH“ – 17, 28

„Deutsche Lufthansa AG“ (DLH) –

"Deutschen Schiffsmaschinenbau AG" -

„Deutsche Telefon und Kabelwerke“ -

„Deutsche Vergaser Gesellschaft Solex Vergaserfabrik“ -

„Eduard Linnhoff Maschinenfabrik und Kesselschmiede“ -

„Ehrich und Graetz AG“ -

„Elektrolux AG“ -

„Erich Timm Fabrik für Metallbau“ -

„Ernst Heinkel Flugzeugwerke GmbH“ –

„Ernst Herion Werkzeugfabrik“ -

„Fluggerätebau KG Filter und Mann“ –

„Friedrich Krupp AG“ -

„Hans Windhoff AG“ -

„Hansa Flugdienst GmbH“ -

„Hansa Luftbild GmbH“ -

„Hartmann und Braun“ -

„Henschel Flugmotorenbau GmbH“ -

„Hüttenwerke GmbH Tempelhof“ -

„Hugo Heine Propellerwerk“ -

„Junkers Flugzeug- und Motorenbau AG“ –

„Julius Pintsch AG“ -

„Krupp & Druckenmüller Eisenhandel GmbH“ -

„Lorenz AG“ -

„Luftfahrtkontor GmbH“ -

„Märkische Kabelwerke AG“ -

„National-Krupp-Registrierkassen GmbH“ –

„Neue Effzett Motoren-Fabrik Otto Kunze“ -

„Neue Kühler- und Flugzeugteilefabrik Kurt Hodermann“ -

„Nockelwerk GmbH“ -

„Otto Leh Blechbearbeitung Flugzeugteile Apparatebau“ -

„Paersch & Kersten, Berliner Gummiwarenfabrik“ -

„Pallas Apparate GmbH“ –

„Preschona Armaturen Apparatefabrik Adolf Meyer“ -

„Paul Knopp KG“ -

„Richard Weber GmbH“ –

„Roeder Stahlzackwerk Hein KG“ -

„Roth Büchner GmbH“ -

SHELL - 14

„Siemens Apparate- und Maschinenbau GmbH“ -

„Steffens & Noelle AG“ -

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„Sum Vergaser KG“ -

„Telefunken GmbH“ -

„Textilwerke S. Henking GmbH“ -

„Vereinigte Aluminium-Werke AG“ /VAW -

„Vereinigte Industrie-Unternehmungen AG“ / VIAG –

„Weser-Flugzeugbau GmbH“ -

8.4 Flugzeugverzeichnis

B 17 –

BV 222 -

Bloch 220 -

D.338 -

Do 17 –

DC 2 -

DC 3 -

Do 23 -

Do 26 -

Fa 223 -

FW 190 –

FW 200 –

FW 206 -

G 24 –

G 38 -

He 60 -

He 111 –

He 177 -

Ju 52 –

Ju 86 –

Ju 87 –

Ju 88 –

Ju 90 –

Ju 160 -

Ju 252 -

Ju 290 –

Me 109 -

Me 110 -

W 34 -

8.5 Verzeichnis der zivilen Institutionen

Bauaufsichten der Luftwaffe (BAL) -

Deutsche Akademie für Luftfahrt-Forschung -

Deutschen Aero Club e.V. -

Luftfahrtmedizinische Forschungsinstitut -

Heeres-Zeugamt –

Heeres-Nebenzeugamt –

Lazarett Tempelhof -

Preußisches Abgeordnetenhaus -

Reichsamt für Wetterdienst -

Reichsluftfahrtministerium / RLM –

Reichsministerium für Bewaffnung und Munition / RMfBuM -

Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion / RMfRüKr. –

Reichsverband der Deutschen Luftfahrtindustrie -

Reichswirtschaftsministerium / RWM –

Standortlazarett Tempelhof -

Wirtschaftsgruppe Luftfahrtindustrie -

8.6 Verzeichnis der militärischen Institutionen, Truppenteile, Verbände und Einheiten

1. Flak-Division -

1. Staffel der Aufklärungsgruppe 124 -

3. (sowjetische) Garde-Luftsturmdivision -

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3. (sowjetische) Garde-Panzerarmee -

8. Staffel Jagdgeschwader JG 52 -

8. Fernaufklärungsstaffel Lehrgeschwader 2 (8.(F)/LG2) -

II. Flak-Korps -

III. Rüstungsinspektion -

Fliegerführer XI. Fliegerkorps -

Fliegerstaffel des Führers –

Fallschirm-Armee-Nachrichten-Regiment 1 -

Kampfgeschwader 4 -

Kampfgeschwader 40 -

Kampfgeschwader zur besonderen Verwendung 1 -

Kampfgeschwader zur besonderen Verwendung 3 -

Kampfgeschwader zur besonderen Verwendung 172 -

Kampfgruppe zur besonderen Verwendung 101 bis 108 -

Luftgau-Kommando III -

Luftnachrichten-Abteilung 41 -

Luftnachrichten-Abteilung 101 -

Luftnachrichten-Abteilung 102 -

Luftnachrichten-Abteilung 129 -

Lufttransportstaffel 290 -

Luftwaffen-Korps-Nachrichten-Abteilung 1 -

Rüstungsinspektion des Wehrkreises III (Berlin) -

Z.b.V. - Staffel beim Reichsluftfahrtminister –

Zerstörergeschwader 76 -

8.7 Verzeichnis der geografischen Namen

Afghanistan -

Agram -

Athen -

Babelsberg -

Bagdad -

Bangkok -

Barcelona -

Basdorf -

Basra -

Beirut -

Belgrad -

Berlin -

Bitterfeld -

Böblingen –

Bratislava -

Budapest -

Bukarest -

Bulgarien -

Chemnitz –

China -

Dänemark -

Danzig -

Demjansk - 17

Diepensee -

Döberitz -

Drontheim -

Einswarden -

Erkner -

Finnland -

Frankreich -

Gatow -

Graz -

Grönland -

Grosseto -

Halle -

Hanoi -

Hasenheide -

Helsingfors -

Hennigsdorf -

Page 45: Das Tempelhofer Feld Die Nutzung des Tempelhofer Feldes in ......deutschen Nationalsozialismus (1933-1945) Das Tempelhofer Feld als Zentrum des zivilen Luftverkehrs, als Luftrüstungszentrum,

45

Irak -

Italien -

Johannisthal -

Kabul -

Kalkutta -

Karatschi -

Kassel-Bettenhausen -

Königsberg –

Kopenhagen -

Kroatien -

Lauta -

Leipzig -

Lemwerder -

Lissabon –

Lyon -

Madrid -

Mailand -

Malchow -

Mittelmeer -

Moskau –

München -

Neukölln -

Nordatlantik -

Nordenham -

Norwegen -

Oranienburg –

Oslo -

Polen -

Pori -

Portugal -

Potsdam -

Prag -

Rangsdorf -

Rastenburg -

Reinickendorf -

Rote Meer -

Rumänien -

Saloniki -

Santiago de Chile -

Schmargendorf -

Schönefeld -

Schweden -

Schweiz -

Sevilla -

Slowakei -

Sofia -

Sowjetunion / UdSSR -

Spanien -

Stahnsdorf -

Stalingrad -

Stavanger -

Steglitz -

Stockholm -

Staaken –

Taipeh -

Tegel -

Teltow -

Tokio -

Travemünde -

Türkei -

Ungarn -

Ural -

Velten -

Waltersdorf -

Wannsee -

Werneuchen –

Wien –

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Wilhelmsdorf -

8.8 Verzeichnis der Namen von Straßen und Plätzen

Alte Flughafenstraße -

Bergmannstraße -

Columbia-Damm -

Gneisenaustraße -

Herrmannstraße –

Neue Flughafenstraße -

Prinz-Albrecht-Straße –

9. Abbildungsnachweise

Foto Seite 7 – Bundesarchiv, Bild 146-1998-041-09, Foto: Klinke & Co, 1928/1930

Foto Seite 8 – Der Todeskampf der Reichshauptstadt, S. 91

Foto Seite 9 – Deutsche Lufthansa 1933-45, S. 8

Foto Seite 9 – Deutsche Flugpioniere 1900-1950, S. 92

Foto Seite 11 – Tempelhofer Einblicke, S. 29

Foto Seite 30 - Flughafen Tempelhof. 1939-1945, S. 137

Foto Seite 34 – Der Todeskampf der Reichshauptstadt, S. 10

Foto Seite 37 – Der Todeskampf der Reichshauptstadt, S. 41

10. Tabellen

10.1 S. 24 – Aircraft Division Industry Report, Second Edition January 1947

10.2 S. 28 – Flughafen Tempelhof. 1939-1945, S. 135

11. Diagramme

11.1 S. 10 – Statistisches Jahrbuch der Stadt Berlin 1933–39 und Berlin in Zahlen 1942.

12. Karten

12.1. Karte Seite 10 - Flughafen Tempelhof. 1939-1945, S. 25

12.2. Karte Seite 17 - Flughafen Tempelhof. 1939-1945, S. 54

12.3. Karte Seite 24 - Flughafen Tempelhof. 1939-1945, S. 27

12.4. Karte Seite 32 – Landesarchiv Berlin_ F Rep. 270 – Allgemeine Kartensammlung A 8585

(1944) April – May 1945 Germany. Town Plan of Berlin, Third Edition