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Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke
ZVEH
Bundesinnungsverband der Elektro- und Informationstechnischen Handwerke
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Der Schutz des Urheberrechts an Wort und Bild __________________________________________________________
Leitfaden zur Vorgehensweise
bei Rechtsverstößen im Internet
_____________________________________________________________________________________________
von Rechtsanwalt T.-T. Kim
erstellt in Zusammenarbeit mit dem ZVEH
- Bereich Wirtschaft im Fachbereich Tarif, Wirtschaft und Kommunikation -
Stand: März 2012
Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke
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Gliederung
Vorworte ................................................................................................................. 4-5
1. Der Schutz von Werken nach dem Urheberrecht ................................................... 5
1.1. Der Schutz von Lichtbildwerken und Lichtbildern ........................................... 5
1.2. Der Schutz von Computergrafiken und Animationen ....................................... 6
1.3. Der Schutz von Textwerken ............................................................................. 7
2. Die Ermittlung von Urheberrechtsverletzungen
unter Zuhilfenahme von speziellen Tools ............................................................... 9
2.1. Das Auffinden von Lichtbildern ........................................................................ 9
2.2. Suche nach Textplagiaten ..............................................................................10
2.3. Probleme bei doppelten Textinhalten .............................................................10
3. Wer ist Inhaber welcher Rechte .............................................................................10
3.1. Rechte der Arbeitnehmer und Arbeitgeber .....................................................11
3.2. Auftraggeber ..................................................................................................11
4. Verwertungs- und Nutzungsrechte ........................................................................11
4.1. Verwertungsrechte ..........................................................................................12
4.2. Nutzungsrechte ...............................................................................................13
4.3. Nutzungsarten .................................................................................................13
4.4. einfache und ausschließliche Nutzungsrechte ................................................13
5. Unterlassungs- und weitere Ansprüche ................................................................14
5.1. Voraussetzungen ............................................................................................14
5.2. Der Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch .............................................14
5.3. Schadensersatz ..............................................................................................15
5.3.1. Arten des Schadensersatzes ....................................................................16
5.3.2. Ermittlung der Lizenzgebühren von Lichtbildern ......................................16
5.3.3. Ermittlung der Lizenzgebühren von Textwerken ......................................17
5.3.4. Der Verletzerzuschlag ...............................................................................17
5.4. Auskunftsanspruch .........................................................................................17
6. Die Abmahnung .....................................................................................................18
6.1. Zweck der Abmahnung ......................................................................................18
6.2. Entbehrlichkeit der Abmahnung ......................................................................19
6.3. Rechtsnatur der Abmahnung ..........................................................................19
6.4. Form und Zugang der Abmahnung .................................................................20
6.5. Vollmacht ........................................................................................................20
6.6. Aktivlegitimation ..............................................................................................20
6.7. Passivlegitimation ...........................................................................................21
6.8. Die Störerhaftung ............................................................................................21
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6.9. Die Unterlassungserklärung ............................................................................22
6.10. Die Kostenerstattung für die berechtigte Abmahnung ..................................23
6.11. Die rechtsmissbräuchliche Abmahnung .......................................................24
6.12. Deckelung des Aufwendungsersatzes ..........................................................24
7. Das einstweilige Verfügungsverfahren...................................................................25
7.1. Gerichtsstand ..................................................................................................25
7.2. Verfügungsantrag ............................................................................................26
7.3 Verfügungsanspruch ........................................................................................26
7.4 Verfügungsgrund .............................................................................................27
7.5. Die Schutzschrift .............................................................................................29
7.6. Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung ..................................................29
7.7. Das Abschlussverfahren .................................................................................30
8. Das Hauptsacheverfahren .................................................................................30
9. Internationale Anspruchsdurchsetzung .............................................................30
10. Die Störerhaftung bei Internetplattformen ...........................................................31
Checkliste Vorgehen bei Urheberrechtsverletzungen ...............................................32
Übersicht: Ablauf eines Abmahnverfahrens ..............................................................33
Muster Abmahnschreiben .........................................................................................34
Muster Unterlassungserklärung.................................................................................37
Muster Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ...........................................38
Literaturverzeichnis ...................................................................................................39
__________________________________________________________________________________
Schlussbetrachtung des ZVEH………………………….……………………..……... 39
Hinweis:
Die Tätigkeitsschwerpunkte von Rechtsanwalt T.-T. Kim, dem Verfasser dieses Leitfadens, sind
das IT-/Internetrecht und das Urheberrecht. Seine Kanzlei hat ihren Sitz in Münster/Westfalen
(www.rechtsanwalt-kim.de).
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Vorwort des ZVEH
Das Urheberrecht an Wort und Bild ist in seinen Grundzügen an sich bekannt. Nichtdestotrotz
zeigt sich das Erfordernis, diesen Leitfaden vorzulegen. Im Angebot vieler Produkte, nicht zu-
letzt im Bereich des Angebots hochwertiger Elektrotechnik, hat sich die Welt stark verändert.
Das Stichwort „Online-Handel“ sei genannt. Hier gibt es den kleinen, mittelständisch-struktu-
rierten Anbieter, den Online-Händler, der neben dem „Showroom“ zur Darstellung seines Un-
ternehmens auch den Weg ebnen will, um im überschaubaren Maße Elektromaterial und an-
dere Produkte über seine www-Adresse anzubieten. Auf der anderen Seite gibt es die „Power-
sellers“, die mit Macht und Fülle in den Markt drängen. Ebenso gibt es Versandhäuser mit spe-
ziell elektrotechnisch ausgerichteter Angebotspalette, die im Online-Handel Präsenz zeigen,
weil es – vermeintlich – gar nicht mehr anders geht. Ohne Zweifel: Zu den oben zitierten klei-
nen, mittelständisch-strukturierten Anbietern zählen auch Innungsbetriebe der elektro- und in-
formationstechnischen Handwerke. Eine Präsenz im Internet ist heute keine Frage mehr des
Ansehens oder der Größe, sondern in vielen Fällen, mit zunehmender Tendenz, Ausdruck von
Normalität in einer sich wandelnden Gesellschaft.
Auch wenn sich Käufer-Gewohnheiten und in logischer Konsequenz deshalb auch Anbieter-
Gewohnheiten ändern (nach dem „Henne-Ei-Prinzip – was war zuerst da?“ in welcher Reihen-
folge auch immer), so ändert sich nichts an der grundsätzlichen branchenbezogenen, berufs-
politischen Bewertung, dass die E-Handwerke zu den gefahrengeneigten Handwerken zählen
und dass mit dem am Markt angebotenen Installationsmaterial verantwortungsvoll umgegan-
gen werden muss. Weil es so ist, gibt es auch entsprechende Marktstrukturen. Der dreistufige
Fachvertrieb zeigt dies eindrucksvoll. Viele Hersteller hochwertiger Elektrotechnik haben in die-
ser Sache für sich entschieden: Sie bieten ihre Produkte über den Fachgroßhandel an, und wer
nicht dazugehört, bleibt außen vor. Daraus folgt, dass Markenartikel-Hersteller in Vollzug der
o.a. Grundsatz-Entscheidung auch Wert darauf legen müssen, dass Original-Texte zur Be-
schreibung der eigenen Produkte und ebenso Original-Fotos zur Abbildung der eigenen Pro-
dukte im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken nur von Berechtigten verwendet
werden. Jetzt sind wir an der Stelle, die für die Vorlage dieses Leitfadens von entscheidender
Relevanz ist: „Wer A sagt, muss auch B sagen“, gilt auch hier. Wer die Entscheidung getroffen
hat, dass ein klarer Vertriebsweg vorgegeben ist, der muss diesen auch von anderen abgren-
zen und darf weder direkt noch indirekt, weder aktiv noch passiv andere Vertriebswege för-
dern. So vorzugehen, ist das unbestrittene Recht der Markenartikel-Hersteller, jene, die es
ernst meinen mit dem dreistufigen Fachvertrieb. Daraus ergibt sich die Definition des Zielberei-
ches für diesen Leitfaden. Ansprechen möchten wir mit diesem Leitfaden die Unternehmen
der E-Handwerke und speziell auch – weil naheliegend – die Markenartikel-Hersteller.
„Und warum gezielt ansprechen?“, kann gefragt werden. Die Antwort ist: Damit in rechtlicher
Hinsicht ausführlich darüber Kenntnis gegeben wird, dass gegen die Verletzung von Urheber-
rechten – zur Absicherung des dreistufigen Vertriebs – sehr wohl etwas getan werden kann,
man muss nur wollen. Daraus folgt: Der ZVEH fordert die Markenartikel-Hersteller auf, beste-
hende eigene vertriebspolitische Entscheidungen abzusichern und gegen Verletzungen der ei-
genen Urheberrechte offensiv vorzugehen. Passivität ist hier fehl am Platze.
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Vorwort des Verfassers, Rechtsanwalt T.-T. Kim
Durch die Weiterentwicklung des Internets („Web 2.0“) und des geänderten Konsumverhaltens
der Verbraucher haben sich im Bereich in den letzten Jahren des E-Commerce neue Problem-
und Spannungsfelder für Markenhersteller aufgetan, die im Folgenden nach urheberrechtlichen
Gesichtspunkten näher beleuchtet werden.
So ist in der Bundesrepublik der Umsatz allein des Einzelhandels im E-Commerce-Bereich im
Jahre 2005 von 14,5 Mrd. Euro auf 26,1 Mrd. Euro im Jahre 2011 gestiegen (Quelle: Handels-
verband Deutschland - HDE, Berlin)
Nach einer Umfrage des HDE im Jahre 2010 gaben 13 % der befragten Unternehmen für
elektronische Erzeugnisse an, dass sie das Internet als Vertriebsweg nutzen.
Mittlerweile können selbst kleine Unternehmen, Einzelhändler und auch Verbraucher ohne gro-
ßen technischen Aufwand Online-Shops erstellen oder bestehende Verkaufsplattformen großer
Betreiber wie Ebay oder Amazon-Marketplace nutzen, um selbst Produkte zu verkaufen.
Hierbei werden oft geistige Schutzrechte von Unternehmen und Herstellern, wie das Patent-,
Gebrauchsmuster-, Marken-, Geschmacksmuster- und insbesondere das Urheberrecht ver-
letzt.
Da der grafischen Darstellung und Präsentation von Produkten und deren Beschreibungen bei
Onlineshops eine besondere Bedeutung zukommt, werden im Folgenden die Möglichkeiten der
Rechteinhaber von Bild- und Textmaterial bei Urheberechtsverletzungen nach dem geltendem
deutschen Urheberrecht aufgezeigt.
1. Der Schutz von Werken nach dem Urheberrecht
Gemäß § 1 Urhebergesetz (UrhG1) werden Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst durch
das Urheberrecht geschützt. Hierbei gilt eine einheitliche Schutzvoraussetzung, wonach ein
Werk jeglicher Art nur schutzfähig ist, wenn eine persönliche geistige Schöpfung vorliegt.
§ 2 Abs. 2: "Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur persönliche geistige Schöpfun-
gen."
Lichtbildwerke sind nach § 2 Nr. 5 eine
eigenständig geschützte Werkart. Da
für einen Schutz nach dem Urheberrecht eine persönliche geistige Schöpfung vorliegen muss,
liegt ein Lichtbildwerk bei Fotografien nur dann vor, wenn sich diese gegenüber "dem Alltägli-
chen durch Individualität"2 auszeichnet.
1 Bei Paragraphenangaben ohne Gesetzesangabe handelt es sich um Normen des UrhG.
2 Dreier/Schulze § 2 Rn. 192.
1.1. Der Schutz von Lichtbildwerken und Lichtbildern
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Werbefotografien können als Lichtbildwerke angesehen werden, wenn eine hinreichende indi-
viduelle Schöpfung vorliegt. Anhaltspunkte hierfür können z.B. Wahl eines besonderen Bild-
ausschnittes, bewusste Schärfe, Unschärfe oder Tiefenschärfe, Wahl eines bestimmten Ka-
meratyps, Objektivs oder anderer fotomechanischer Mittel sein.3
Jedoch ist die Hürde der Schöpfungshöhe bei Werbe- oder Produktfotografien in der Praxis
meist unerheblich, da nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes Werbefoto-
grafien als Lichtbilder im Sinne des § 72 geschützt sind.
So ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofes „für den Lichtbildschutz kein eigenschöpferi-
sches Schaffen im Sinne des § 2 Abs. 2 erforderlich; es genügt vielmehr ein Mindestmaß an
persönlicher geistiger Leistung, wie es in der Regel schon bei einfachen Fotografien gegeben
ist“.4
Nach § 72 UrhG sind Fotos jeglicher Art wie Lichtbildwerke nach § 2 Nr. 5 UrhG geschützt.
§ 72 Lichtbilder
(1) Lichtbilder und Erzeugnisse, die ähnlich wie Lichtbilder hergestellt werden, werden in
entsprechender Anwendung der für Lichtbildwerke geltenden Vorschriften des Teils 1
geschützt.
So wird durch § 72 UrhG nicht die schöpferische Leistung, sondern die rein technische Leis-
tung, die nicht einmal eine besondere Fähigkeit voraussetzt, geschützt.5
Eine Abgrenzung wäre in der Praxis nur erheblich, wenn es auf die sogenannte Schutzdauer
ankommt. So genießen Lichtbildwerke nach der Generalnorm des § 64 UrhG eine 70-jährige
Schutzdauer ab dem Tode des Urhebers, wohin gegen bei Lichtbildern gemäß § 72 Abs. 3 die
Schutzdauer 50 Jahre nach der Erstveröffentlichung erlischt.
In den meisten Fällen dürften die im Studio von externen professionellen Fotografen oder Mar-
ketingabteilungen angefertigten Fotos einzelner Markenprodukte oder ganzer Produktreihen,
ohnehin eine Lichtbildwerkqualität nach § 2 Nr. 5 zukommen, da bereits die Auswahl der Be-
leuchtung und der Aufnahmewinkel und der verwendeten Fototechnik eine erhebliche schöp-
ferische Qualität zuzumessen wäre.
Es ist zwar in der Literatur und
Rechtsprechung noch umstritten,
3 Dreier/Schulze § 2 Rn. 194.
4 BGH Az. I ZR 55/97.
5 Dreier/Schulze § 72 Rn. 3.
1.2. Der Schutz von Computergrafiken und Animationen
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ob Bilder die ausschließlich digital per Computer hergestellt wurden, als Lichtbildwerke im
Sinne des § 2 Abs.1 Nr. 5 zu qualifizieren sind, da im Gegensatz zu Fotografien keine Abbil-
dung der Wirklichkeit vorliegt.
Jedoch dürfte dieser Streit in der Praxis bei hochwertigen professionell aufwendig hergestell-
ten Computergrafiken nicht von ganz großer Bedeutung sein, da zum einen ein Schutz nach §
2 Abs. 1 Nr. 5 zweiter Halbsatz "... Werke, die ähnlich wie Lichtbildwerke geschaffen werden"
oder eine Schutzfähigkeit nach § 72 Abs. 1 zweite Alternative "...Erzeugnisse, die ähnlich wie
Lichtbilder hergestellt werden." in Frage käme.
Zudem wird noch vertreten, dass digital geschaffene Bilder auch als Werke der bildenden
Kunst nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 klassifiziert6 oder gar als neue Werkart eigener Art (sui generis)7
aufgefasst werden können.
Bei digital hergestellten Animationen liegt eine Qualifizierung als filmähnliches Werk gemäß § 2
Abs. 1 Nr. 6 zweiter Halbsatz nahe: "...Werke , die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden".
Solange bei einem rein digital erzeugten Bild oder einer Animation eine gewisse Schöpfungs-
höhe nachgewiesen werden kann, dürfte die Bejahung einer Schutzfähigkeit eher gelingen.
Schwieriger einzuordnen als die Schutzfähigkeit von Pro-
duktfotos, ist die Werksqualität von Texten, insbesondere
von Produktbeschreibungen und Werbetexten.
Texte können als sogenannte Sprachwerke gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 urheberechtsschutzfähig
sein. Ausschlaggebend können in diesem Zusammenhang vor allem die Art und der Umfang
des jeweiligen Textwerkes sein. Bei frei erfundenen Sprachwerken kann ein Urheberschutz
eher zu bejahen sein, als bei Inhalten, die durch deren organisatorischen Zwecken oder wis-
senschaftlichen Themen vorgegeben sind.8 Von Bedeutung kann die Länge des Textes sein, da
bei längeren Texten der individuelle Spielraum für die Wortwahl und die Gedankenführung des
Verfassers größer ist. Umfangreiche, seitenlange Texte sind eher schutzfähig als kurze Be-
schreibungen oder Werbeslogans.9
Aus diesem Grunde sind Texte von Gebrauchsanweisungen, Prospekten, Preislisten häufig
nicht schutzfähig.10 Jedoch kann wiederum nach Meinung des Bundesgerichtshofes ein
6 Dreier/Schulze § 2 Rn. 200.
7 Maaßen, ZUM 1992, 338, 341.
8 Dreier/Schulze § 2 Rn. 83.
9 a.a.O.
10 Dreier/Schulze § 2 Rn. 97.
1.3. Der Schutz von Textwerken
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Sprachwerk Urheberrechtsschutz genießen, wenn komplexe technische Inhalte gut verständ-
lich und einleuchtend dargestellt werden.11
In der Praxis kann eine Abgrenzung mitunter schwierig sein, weshalb auf den jeweiligen Ein-
zelfall abgestellt werden muss.
So wurde eine Schutzfähigkeit bejaht:
- sprachliche Beschreibung von Routenbeschreibungen in Wanderführer (OLG Köln
GRUR-RR 2003, 265)
- Bedienungsanweisung (BGH GRUR 1993, 34)
- Host-Providing-Mustervertrag (LG Berlin ZUM 2005, 842)
- Anwaltsschriftsatz (BGH GRUR 1987, 166)
- Fondprospekt LG München I (ZUM-RD 2007, 435)
So wurde eine Schutzfähigkeit verneint:
- Ausschreibungsunterlagen (BGH GRUR 1984, 659)
- Umschreibung vorgegebener Texte, Bilder, Logos in eine HTML-Datei (OLG Frank-
furt/M. GRUR-RR 2005,299)
Kurze Werbetexte und Werbeslogans sind in der Regel zu kurz um schutzfähig sein zu kön-
nen.12 Je länger und umfangreicher ein Werbetext hingegen ist, kann wegen des größeren Ge-
staltungsspielraums des Verfassers, die erforderliche Schöpfungshöhe zu bejahen sein.
Werden etwa auf einem Internetauftritt neben den Markenprodukten, umfangreiche Informatio-
nen zu den Produkten und deren Funktionen anschaulich beschrieben, sollte geprüft werden,
ob ein Urheberrechtsschutz zu bejahen wäre. Sind hingegen nur einfache Bildunterschriften
und einzeilige Produktinformationen hinterlegt, sollte hinterfragt werden, ob mangels unzu-
reichender Schöpfungshöhe eine Schutzfähigkeit der Texte eher ausscheidet.
Es sollte in diesem Zusammenhang zudem berücksichtigt werden, das gerade bei der Verwen-
dung von Werktiteln, Kennzeichen, Geschmacksmuster und Markennamen im Internet durch
Dritte andere verwandte Schutzrechte verletzt sein können, die auch in Verbindung mit wett-
bewerbsrechtlichen Ansprüchen abmahnfähig sein können.
11 BGH GRUR 2002, 958, technische Lieferbedingungen
12 Dreier/Schulze § 2 Rn. 106.
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2. Die Ermittlung von Urheberrechtsverletzungen unter Zuhilfenahme von speziellen
Tools
In der Praxis werden Urheberechtsverletzungen im Internet von den Rechteinhabern häufig erst
durch Zufall oder Hinweise anderer Personen entdeckt.
Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Anwendungen um eine unerlaubte Übernahme von ver-
schiedenen Inhalten im Internet feststellen zu können.
Bei Lichtbildern gibt es mehrere Anbieter, die eine Über-
wachung von im Internet veröffentlichten Lichtbildern
ermöglichen, z.B. Digimarc oder Picscout. Es werden hierbei, je nach Anzahl der zu suchenden
Bilder, unterschiedliche Lösungen angeboten, bei denen das Internet nach mehreren tausend
oder zig-tausend übernommenen Produktfotos durchsucht wird, sog. Tracking. Die Kosten für
diese Tracking-Dienste können ja nach gewünschtem Volumen einige tausend Euro pro Jahr
betragen. Für die Suche nach nur wenigen Lichtbildern gibt es auch preisgünstigere Lösungen,
wie z.B. Tineye.
Bei der Suche nach Lichtbildern gibt es unterschiedliche Verfahren. Ein gängiges Verfahren ist,
dass das Lichtbild zuvor mit einem (unsichtbaren) digitalen Wasserzeichen versehen wird, an-
hand dessen das Lichtbild von der Suchmaschinensoftware identifiziert wird. Bei einer anderen
Methode wird das Lichtbild anhand seiner Eigenschaften von der Software identifiziert.
Tracking nach digitalem Wasserzeichen:
Vorteile:
- kostengünstig bei verschiedenen Anbietern z.B.: Digimarc, manuelle Suche einzelner
Bilder, professionelle Suche für mehr als 5000 Lichtbilder ab ca. 500,- Euro im Jahr
Nachteile:
- zusätzlicher Aufwand für Mitarbeiter, sämtliche Lichtbilder müssen mit einem Wasser-
zeichen versehen werden, zusätzlicher Zeitaufwand bei neuen Fotos
- ungenauere Auffindbarkeit, bei veränderten, bearbeiteten, beschnittenen oder farblich
schwierigen (z.B. großer Weißanteil) Lichtbildern
Tracking gezielt nach Lichtbild:
Vorteile:
- angeblich höhere Trefferquote auch bei veränderten oder bearbeiteten Bildern
2.1. Das Auffinden von Lichtbildern
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- Bilder müssen nicht mit einem Wasserzeichen versehen werden
- beliebig viele Bilder, mehr als 30.000, können in die Suche einbezogen werden
Nachteile:
- kostspielig, ab ca. 500,- Euro pro Monat
2.2. Suche nach Textplagiaten
Für die Textsuche existieren mehrere Dienstleister, die neben dem Auffinden von Textplagia-
ten, auch die Überwachung von ganzen Internetdomains anbieten, z.B. „Copyscape“ oder
„Plagaware“. Die Kosten hierbei sind im Gegensatz zur Lichtbildersuche, gering. So betragen
die Kosten für die Suche von Texten mit mehreren tausend Wörtern einige Cent. Sollen ganze
Domains (URLs) nach kopierten Inhalten durch Dritte untersucht werden, fallen Kosten im ein-
bis zweistelligen Eurobereich an.
2.3. Probleme bei doppelten Textinhalten
Ein weiteres Problem bei Textplagiaten ist, dass vielen Netzseitenbetreibern nicht bekannt sein
dürfte ist, dass es sich zudem negativ auf Suchmaschinenergebnisse auswirkt, wenn mehrere
Internetseiten mit identischem Textinhalt existieren.
Werden Textinhalte 1 zu 1 von einer Internetseite auf eine andere übernommen, wirkt sich dies
auf ein schlechteres Ranking bei Suchmaschinenergebnissen aus.
Da die Suchmaschinenbetreiber dem Suchenden ein optimales Suchergebniss präsentieren
wollen, wird durch die Verwendung komplexer Algorithmen die Suchmaschine versuchen bei
mehreren Seiten mit identischem Inhalt, nur eine Internetseite bzw. Domain in den oberen
Suchergebnissen anzuzeigen und die anderen Seiten erst am Ende der Suchlisten einzureihen.
Im schlimmsten Fall kann bei sog. "double Content" eine Domain ganz aus dem Suchmaschi-
nenindex verschwinden.
Gerade bei der 1 zu 1 Übernahme von Artikelbeschreibungen durch andere Internetshops kann
sich dies sehr negativ für den Urheber der Texte auswirken.
3. Wer ist Inhaber welcher Rechte
Urheber ist nach § 7 UrhG die Person, die das Werk geschaffen hat.
Das Urheberrecht entsteht automatisch mit dem tatsächlichen Schaffensprozess ohne weitere
Formalien, wie Anmeldung oder Veröffentlichung. Es steht nur der natürlichen Person zu, die
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das Werk geschaffen hat. Dieses Urheberecht ist gem. § 29 UrhG nicht übertragbar, wohl aber
vererbbar.
§ 29 Rechtsgeschäfte über das Urheberrecht
(1) Das Urheberrecht ist nicht übertragbar, es sei denn, es wird in Erfüllung einer Verfü-
gung von Todes wegen oder an Miterben im Wege der Erbauseinandersetzung übertra-
gen.
Juristische Personen können nicht Urheber
sein. Das Schöpferprinzip gilt auch in Arbeits-
und Dienstverhältnissen. Der Arbeitsgeber erhält für die von seinen Arbeitnehmern im Rahmen
des Arbeitsverhältnisses geschaffenen Werke die Nutzungs-, nicht aber die Urheberrechte.
§ 29
(2) Zulässig sind die Einräumung von Nutzungsrechten (§ 31), schuldrechtliche Einwilli-
gungen und Vereinbarungen zu Verwertungsrechten sowie die in § 39 geregelten
Rechtsgeschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte.
Werden etwa Produktfotos von der firmeneigenen Marketingabteilung angefertigt, liegen die
Urheberrechte bei den entsprechenden Mitarbeitern. Das Unternehmen kann aber die ihm,
meist bereits durch den Arbeitsvertrag, übertragenen ausschließlichen Nutzungsrechte gegen-
über den Verletzern des Urheberechts geltend machen.
3.2. Auftraggeber
Wenn Produktfotos hingegen als Auftragsarbeit von externen Agenturen hergestellt werden,
sollten für diese Werke die ausschließlichen Nutzungsrechte erworben werden, da der Inhaber
eines einfachen Nutzungsrechtes bei einem Prozess nicht aktivlegitimiert wäre. In diesem Fall
müsste für eine gewillkürte Prozessstandschaft die Zustimmung des Rechteinhabers eingeholt
werden und ein eigenes berechtigtes Interesse nachgewiesen werden.
4. Verwertungs- und Nutzungsrechte
Im Urheberrecht werden zum einen in den §§ 15 ff. die unterschiedlichen Verwertungsrechte
aufgezählt, in den §§ 31 ff. die verschiedenen Nutzungsrechte. Diese Begriffe werden oft
sprachlich nebeneinander verwendet, da sie inhaltlich denselben Vorgang bezeichnen können.
3.1. Rechte der Arbeitnehmer und Arbeitgeber
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Jedoch unterscheiden sich Verwertungsrechte und Nutzungsrechte hinsichtlich ihrer rechtli-
chen Reichweite.13
Der Urheber hat nach § 15 UrhG das ausschließliche Recht sein
Werk zu verwerten.
In § 15 Abs. 1 sind die Verwertungsrechte des Urhebers aufgeführt, die in körperlicher Form
erfolgen, das Vervielfältigungsrecht (§ 16), das Verbreitungsrecht (§ 17) und das Ausstellungs-
recht (§ 18).
Das Recht des Urhebers, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben ist in § 15
Abs. 2 geregelt. Als Arten der öffentlichen Wiedergabe werden beispielhaft das Vortrags-, Auf-
führungs- und Vorführungsrecht (§ 19), das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträgern
(§ 21) und das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§19a) aufgeführt.
Im Gegensatz zu den Verwertungsformen die körperlich erfolgen, haben die unkörperlichen
Verwertungsformen gemein, dass bei diesen nur mittelbar, ohne eine direkte Verwendung des
Originalwerkes oder eines Vervielfältigungsstückes verwertet werden.
Durch die Digitalisierung verschiedenster Werke ist es möglich, mit geringem Aufwand, mit ei-
nigen Mausklicks oder "Copy & Paste", Kopien von Bildern und Texten zu erstellen und diese
anschließend Dritten im Internet öffentlich zugänglich zu machen.
Mit dem Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationstechnologiegesellschaft
vom 10.09.2003 (BGBl I S. 1774) wurde in § 19a UrhG das Recht der öffentlichen Zugäng-
lichmachung neu eingeführt, um die Veröffentlichung von Werken im Internet urheberechtlich
zu regeln.
Das öffentliche Zugänglichmachen bezieht sich hierbei auf alle möglichen Formen der Zugäng-
lichmachung im Internet, z.B. über Downloadportale, Internetshops, Diskussionsforen oder
Homepageseiten, aber auch auf andere Arten von Netzwerken wie LAN, WAN oder sonstigen
Multimediadiensten wie etwa das IPTV, solange diese Netze der Öffentlichkeit zugänglich
sind.14
Um dem technologischen Fortschritt Rechnung zu tragen, sind die in § 15 genannten Verwer-
tungsarten nicht abschließend aufgeführt. Nach dem Willen des Gesetzgebers gilt ein lücken-
loser Schutz des Urhebers für die Verwertung seiner Werke. So sind auch derzeit noch unbe-
kannte unkörperliche Werkswiedergabeformen erfasst.
13 Dreier/Schulze § 15 Rn. 6.
14 Dreier/Schulze § 19a Rn. 6.
4.1. Verwertungsrechte
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Der Urheber kann anderen einzelne Nutzungsrechte oder sämtliche Nut-
zungsarten an seinem Werk einräumen (§ 31 Abs. 1 S.1). Wie die Ein-
räumung der Nutzungsrechte vollzogen wird ist im Urheberrecht nicht geregelt. Es gelten die
allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätze. So kann die Einräumung von Nutzungsrechten auch
konkludent erfolgen.
In der Praxis sollte darauf geachtet werden, dass Produkthersteller die Fotos ihrer eigenen
Produkte, die von einem externen Dienstleister, wie einer Werbeagentur oder einem Fotografen
erstellt wurden, im Internet nutzen wollen, über die Art eingeräumten Nutzungsrechte genau-
estens informiert sind. Auf der anderen Seite sollten Produkthersteller die wiederum anderen
Nutzern, wie Groß- und Einzelhändlern, Bildnutzungsrechte einräumen möchten, diese vertrag-
lich eindeutig festlegen.
So ist in der Praxis genau darauf zu achten, wie die eingeräumten oder
einzuräumenden Nutzungsrechte ausgestaltet sind. Gemäß § 31 Abs. 1
S.2 können Nutzungsrechte räumlich, zeitlich und inhaltlich beschränkt werden.
Eine räumliche Beschränkung kann beispielsweise länder- oder sprachspezifisch, etwa nur für
Deutschland oder den deutschsprachigen Raum, erfolgen.
In zeitlicher Hinsicht kann das Nutzungsrecht beispielsweise nur auf einen bestimmten Zeit-
raum, etwa 2 Jahre, begrenzt werden. Erfolgt eine weitere Nutzung nach Ablauf der einge-
räumten Lizenzzeit, liegt eine Urheberrechtsverletzung vor.
Inhaltliche Beschränkungen können in verschiedensten Ausgestaltungen erfolgen. So kann
beispielsweise die Art der zu nutzenden Medien geregelt werden, wie beispielsweise Lichtbil-
der für die Nutzung ausschließlich im Internet oder nur in Printmedien, wie Produktkatalogen.
Aufgrund der zahlreichen Möglichkeiten bei der inhaltlichen Ausgestaltung von Nutzungsbe-
schränkungen sollte im Einzelfall juristische Beratung in Anspruch genommen werden.
Erwirbt ein Nutzer das Recht ein Werk ex-
klusiv zu nutzen, erhält er das sogenannte
ausschließliche Nutzungsrecht.
Nach § 31 Abs. 3 ist der Inhaber des ausschließlichen Nutzungsrechtes berechtigt, das Werk
unter Ausschluss Dritter zu nutzen und wiederum anderen Nutzungsrechte einzuräumen. Bei
der Einräumung des ausschließlichen Nutzungsrechtes kann zudem auch der Urheber von ei-
ner weiteren Nutzung seines Werkes ausgeschlossen werden, solange der Urheber sich eine
eigene Nutzung nicht vertraglich vorbehält, § 31 Abs. 3 S. 2.
Neben dem positiven Recht ein Werk exklusiv auf eine bestimmte Art und Weise zu nutzen, hat
der Inhaber des ausschließlichen Nutzungsrechts zudem das negative Recht, Dritten eine Nut-
4.2. Nutzungsrechte
4.3. Nutzungsarten
4.4. einfache und ausschließliche Nutzungsrechte
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zung des Werkes zu untersagen. In der Praxis bedeutet dies, dass der Inhaber des ausschließ-
lichen Nutzungsrechts Dritte wegen der Werknutzung abmahnen und Unterlassungsansprüche
geltend machen können.
Wurden einem Hersteller jedoch nur einfache Nutzungsrechte an Produktlichtbildern von dem
Fotografen übertragen, würde es dem Hersteller, zur Geltendmachung von Unterlassungsan-
sprüchen, an der Verletzung eigener Rechte mangeln, weshalb er nicht selbst aktivlegitimiert
wäre.
Eine Geltendmachung der Unterlassungs- und weiterer Ansprüche wäre in diesem Fall nur im
Rahmen einer gewillkürten Prozess-Standschaft möglich. Hierfür müsste die Zustimmung
des Rechteinhabers eingeholt werden und zusätzlich ein eigenes berechtigtes Interesse an der
Rechtsverfolgung geltend gemacht werden. Für den Fall, in dem Produktfotos auf Veranlas-
sung und Kosten des Herstellers von einem Beauftragten angefertigt wurden, wäre ein berech-
tigtes Interesse des Herstellers an der Rechtsverfolgung wohl zu bejahen.
5. Unterlassungs- und weitere Ansprüche
Liegen die Voraussetzungen einer Urheberrechtsverletzung durch einen Verletzer vor, kann der
Rechteinhaber diesen auf Beseitigung, Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch neh-
men, § 97 Abs. 1 u. 2.
Zunächst ist Voraussetzung, dass ein rechtswidriger Eingriff in ein ge-
schütztes Recht vorliegt.
Wie bereits gezeigt wurde, ist bei der eigenmächtigen Übernahme geschützter Lichtbilder auf
Internetseiten durch Unberechtigte, das Recht des Urhebers bzw. des Inhabers des aus-
schließlichen Nutzungsrechts auf öffentliche Zugänglichmachung nach § 19a verletzt.
Ein Eingriff ist immer dann rechtswidrig, wenn der Berechtigte dem Eingriff nicht zugestimmt
hat oder kein urheberechtlicher Erlaubnistatbestand vorliegt.
Sind die Voraussetzungen gegeben,
steht dem Berechtigten ein Beseiti-
gungs- und Unterlassungsanspruch gegen den Verletzter zu.
Diese Ansprüche sind Verschuldensunabhängig, was bedeutet, dass kein fahrlässiges oder
vorsätzliches Handeln des Verletzers gegeben sein muss. So kann sich der Verletzer etwa nicht
mit der Begründung exkulpieren, ihn treffe kein eigenes Verschulden oder er sei gutgläubig von
einer Nutzungserlaubnis ausgegangen.
5.1. Voraussetzungen
5.2. Der Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch
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Seite 15
Wenn ein rechtswidriger Eingriff vorliegt, ist der Verletzter zu Beseitigung des andauernden
rechtswidrigen Zustandes verpflichtet.
Droht zudem eine "Wiederholungsgefahr", steht dem Rechteinhaber ein Unterlassungsan-
spruch gegen den Verletzer zu. Die Anforderungen für das Vorliegen einer Wiederholungsge-
fahr sind niedrig. So wird eine Wiederholungsgefahr bereits durch das Vorliegen der bereits
begangenen Rechtsverletzung indiziert.15
Die Wiederholungsgefahr entfällt nicht einfach durch die Abgabe einer Absichtserklärung des
Verletzers künftige Verstöße nicht mehr zu begehen.
Vielmehr muss der Verletzer eine strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung
abgeben. Hierbei muss die Vertragsstrafe, um zukünftige Verletzungen durch den Verletzer zu-
verlässig für die Zukunft zu unterbinden, angemessen hoch sein.
Hat der Verletzer nach Ablauf einer angemessenen Frist den rechtswidrigen Eingriff nicht be-
seitigt und/oder keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, hat der Rechteinha-
ber die Möglichkeit seine ihm zustehenden Rechte durch die Inanspruchnahme von einstweili-
gem Rechtsschutz durchzusetzen.
Die Voraussetzungen des Schadenersatzanspruchs sind identisch mit
den Voraussetzungen für den Unterlassungs- und Beseitigungsan-
spruch, d.h. es muss ein rechtswidriger Eingriff ein geschütztes Rechtsgut vorliegen. Jedoch
setzt der Schadensersatzanspruch im Gegensatz zum Unterlassungs- und Beseitigungsan-
spruch voraus, dass ein Verschulden des Verletzers vorliegt. Sein Handeln muss somit vor-
sätzlich oder fahrlässig erfolgt sein, § 97 Abs. 2 S. 1.
In der Praxis ist bereits fahrlässiges Handeln des Verletzers ausreichend, da die Rechtspre-
chung strenge Anforderungen an den im Verkehr erforderlichen Sorgfaltsmaßstab stellt. So
muss derjenige, der fremde urheberechtlich geschützte Gegenstände nutzt, sich über die be-
stehenden Rechte und den Umfang seiner Nutzungsberechtigung Gewissheit verschaffen.
Diese Prüfungs- und Erkundigungspflicht muss auch für einen Nutzer von Lichtbildern gelten,
auch wenn diese unverkörpert aus dem Internet übernommen werden.
Ob neben dem Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch auch Schadensersatz gegen den
Verletzer geltend gemacht werden soll, sollte in der Praxis in jedem Einzelfall genauestens ab-
gewogen werden, da in einigen Fällen die in Frage kommenden Schadensersatzbeträge einen
Internetshop-Betreiber finanziell in große Bedrängnis bringen können.
15 ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, BGH GRUR 1955, 97 Constanze II; BGH GRUR
1960, 500.
5.3. Schadensersatz
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Seite 16
5.3.1. Arten des Schadensersatzes
Bei der Ermittlung der Höhe des Schadensersatzes wird auf die allgemeinen Grundsätze der
Schadensberechnung nach dem BGB (§ 249 ff.) zurückgegriffen. Bei Urheberechtsverletzun-
gen kommt als Schadensersatz in erster Linie Geldersatz in Betracht, da eine Naturalrestitu-
tion, die Wiederherstellung eines früheren Zustandes, nicht möglich ist.
§ 97 Abs. 2 sieht drei Arten der Schadensberechnung vor. So hat der Verletzte ein Wahlrecht
zwischen dem Ersatz des konkreten Schadens, der Zahlung einer nachträglichen Lizenzgebühr
und der Herausgabe des sogenannten Verletzergewinns.16
In der Praxis am bedeutsamsten ist der Anspruch auf Zahlung einer nachträglichen Lizenzge-
bühr, da bei der unberechtigten Verwendung von Lichtbildern der Nachweis eines konkreten
Schadens auf Seiten des Verletzten oder des durch die Rechtsverletzung erzielte Gewinns auf
Seiten des Verletzers schwer beziffert werden kann.
Bei der Ermittlung der nachträglichen Lizenzgebühr wird darauf abgestellt, was nach objektiven
Maßstäben vernünftige Parteien üblicherweise als angemessene Lizenzgebühr vereinbart hät-
ten, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung beide Parteien die gegebene Sachlage gekannt hät-
ten.17
Zudem ist bei der Ermittlung der Schadensersatzhöhe für jeden Einzelfall die Dauer, Art, Ort
und Umfang der Verletzungshandlung zu berücksichtigen.18
5.3.2. Ermittlung der Lizenzgebühren von Lichtbildern
In der Praxis berücksichtigt die Rechtsprechung bei der Ermittlung der Höhe der Lizenzge-
bühren oft vorhandene Tarifwerke von Verwertungsgesellschaften.
Bei der unberechtigten Nutzung von Lichtbildern werden regelmäßig die Honorartabellen der
Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing (MFM) als Ausgangspunkt für die richterliche Scha-
densschätzung berücksichtigt.19
Nach der Honorartabelle MFM, Stand 2010, ist für die Nutzung eines Lichtbildes auf einer
deutschsprachigen Internet-Unterseite pro Lichtbild für eine Nutzungsdauer von 6 Monaten ein
Honorar in Höhe von 180 Euro, für 12 Monate ein Honorar in Höhe von 310 Euro zu veran-
schlagen. Je nach Einzelfall sind nach MFM-Vorgabe zudem noch weitere Nachlässe oder Auf-
schläge vorzunehmen, etwa bei kleinformatigen Lichtbildern ein Nachlass in Höhe von 30%.
16 UrhR Wandtke/Bullinger § 97 Rn. 58 ff.
17 BGHZ 44, 372, Lizenzanalogie.
18 OLG Hamburg, MMR 2002, 677
19 z.B. OLG Brandenburg Az. 6 U 37/08, OLG Düsseldorf Az. 20 U 138/05.
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Für die Verwendung eines Lichtbildes im Rahmen einer eBay-Auktion wurde von der Recht-
sprechung ein Schadensersatzanspruch, im Wege der Lizenzanalogie, ein Betrag in Höhe von
100 Euro pro Monat veranschlagt.20
5.3.3. Ermittlung der Lizenzgebühren von Textwerken
Für die Ermittlung der Höhe der Lizenzgebühr bei der unerlaubten Nutzung urheberrechtlich
geschützter Textwerke im Internet wird von der Rechtsprechung oft auf die Vergütungssätze
der GEMA „VR-W 2“ zurückgegriffen, die die Verwendung von Werken des GEMA-Repertoires
in Websites regeln.21
Bei eigenständigen Textwerken, die Sachinformationen in komprimierter Form enthalten und
damit dem Bereich der Fachtexte mit entsprechender Wertigkeit entsprechen, ist es angemes-
sen diese nach dem Vergütungssatz „Waren und Dienstleistungen aller Art“ nach dem VR-W 2
Tarifsatz zu vergüten.22
Beispielsweise sind für eine DIN-A4 Seite Text nach der GEMA "VR-W 2 (Ziff. II Nr. 2.1)" 50
Euro pro Monat an Lizenzgebühren zu veranschlagen.
5.3.4. Der Verletzerzuschlag
Nach § 13 hat der Urheber ein Urhebernennungsrecht, nach dem der Urheber bei jeder Nut-
zung des Werkes zu nennen ist.
In der Praxis wird bei Produktfotografien auf die Urhebernennung durch den Urheber meist
verzichtet. Jedoch steht es dem Rechteinhaber frei, bei einer Rechtevergabe an einen weiteren
Nutzer mit diesem zu vereinbaren, dass neben dem Urheber auch den Rechteinhaber zu be-
nennen ist, wovon Verlage und Bildagenturen häufig Gebrauch machen.
Werden nun Lichtbilder von einem Nutzer unbefugt der Öffentlichkeit über das Internet zu-
gänglich gemacht, wird nach ständiger Rechtsprechung ein sogenannter Verletzerzuschlag in
Höhe von 100% auf die Lizenzgebühr erhoben, da der unberechtigte Nutzer bei der Veröffent-
lichung der Lichtbilder deren Urheber nicht benannt hat.23
Neben dem Beseitigungs- , Unterlassungs-, und Schadensersatzan-
spruch steht dem Verletzten zudem ein Auskunftsanspruch gegen
den Verletzen zu. Da der Verletzte das tatsächliche Ausmaß und den Umfang der Verletzungs-
handlung nicht absehen kann, hat er einen gewohnheitsrechtlich auf § 242 BGB gestützten
20 AG Düsseldorf Az. 57 C 14613/08
21 OLG Frankfurt Az. 11 U 6/02, 11 U11/03, LG Frankfurt Az. 2/06 O 247/07.
22 LG Frankfurt 2/06 O 247/07.
23 LG München I ZUM 2000, 519; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2006, 393.
5.4. Auskunftsanspruch
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Seite 18
Anspruch auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung gegen den Verletzter, um seine Scha-
densersatzforderungen genauer beziffern zu können. Liegt eine urheberechtliche Verletzung in
gewerblichem Ausmaß vor, hat der Verletzte mittlerweile einen Auskunftsanspruch direkt aus
dem neugefassten § 101.
6. Die Abmahnung
Wurde vom Rechteinhaber die Urheberrechtsverletzung festgestellt, muss als nächstes ent-
schieden werden, wie gegen den Verletzer konkret vorgegangen werden soll. Hierbei ist es rat-
sam je nach Einzelfall zu entscheiden, welche Gangart eingeschlagen werden soll. So sollte
bereits aus Imagegründen genauestens abgewogen werden, ob es hilfreich wäre mit "Kanonen
auf Spatzen zu schießen."
Da in der jüngeren Vergangenheit eine Vielzahl von Shop-Betreibern von Abmahnwellen gera-
dezu überrollt wurden, sollte sich jedes Unternehmen fragen, ob es lohnenswert ist bei Baga-
tellverstößen Kleinstgewerbetreibende oder Privatpersonen per Massenabmahnschreiben mit
eklatant hohen Forderungen zu überziehen. Dies kann dies zur Folge haben, dass hunderte
Beschwerden von Bürgern in Internetforen für lange Zeit die obersten Suchmaschinentreffer
bei Eingabe des Unternehmensnamens dominieren. So haben Abmahnungen gegen Bürger
und Kleinstgewerbetreibende in den letzten Jahren massiv zugenommen, was zu einer Sensi-
bilisierung der Bevölkerung zum Thema Abmahnungen geführt hat. Ein einmal entstandener
Imageverlust durch massives Abmahngebaren wäre nur schwer zu korrigieren.
Auf der anderen Seite sollte bei krassen umfangreichen Urheberechtsverletzungen, die massiv
in die Rechte des Rechteinhabers eingreifen, konsequent unter Ausnutzung aller zur Verfügung
stehenden Mittel, gegen den Verletzer vorgegangen werden.
Aus diesen Gründen ist ein abgestuftes Vorgehen gegen Urheberrechtsverletzungen dringend
anzuraten. Es sollte zunächst geprüft werden, ob im konkreten Fall direkt eine anwaltliche Ab-
mahnung erforderlich ist oder möglicherweise bereits ein schriftlicher Hinweis des Unterneh-
mens gegen der Verletzer mit der Bitte der Beseitigung der verletzenden Inhalte ausreichend
wäre.
MUSTER eines Abmahnschreiben: s. Seite 34
6.1. Zweck der Abmahnung
Der zur Geltendmachung des Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs Berechtigte "soll"
gem. § 97a Abs. 1 S. 1 den Verletzer vor der Einleitung gerichtlicher Verfahren zunächst ab-
mahnen und diesem die Gelegenheit geben, den Streit durch die Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung beizulegen.
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Seite 19
Die Abmahnung ist die Mitteilung des Anspruchsberechtigten, dass dieser durch eine genau
bezeichnete Handlung eine Urheberechtsverletzung begangen hat und deshalb aufgefordert
wird, bei andauernder Rechtsverletzung den rechtsverletzenden Zustand zu beseitigen und für
die Zukunft die rechtsverletzende Handlung zu unterlassen.24
So ist der Zweck einer Abmahnung zunächst den Verletzer auf sein verletzendes Verhalten und
vor einem drohenden Gerichtsverfahren hinzuweisen. Die Abmahnung hat somit eine Hinweis-
und Warnfunktion. Zudem soll die Abmahnung der Streit- und Kostenvermeidung dienen, da
eine außergerichtliche Beilegung ein zeit- und kostenintensives Gerichtsverfahren vermeiden
würde.
Der überwiegende Teil gerügter Urheberrechtsverletzungen kann durch das Abmahnverfahren
erledigt werden, vorausgesetzt, dass das Abmahnschreiben prägnant und überzeugend und
die Urheberechtsverletzung beweissicher dokumentiert wurde.
Der Verletzte "soll" nach dem Wortlaut des § 97a Abs.1
S.1 den Verletzter abmahnen, jedoch ist die Abmahnung
weder Anspruchs- noch Prozessvoraussetzung.25 Sie stellt lediglich eine Obliegenheit des Ver-
letzten dar. So müsste er bei sofortiger Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe, die Kosten des
Verfahrens tragen, wenn der Verletzer den Anspruch sofort anerkennen würde, § 93 ZPO.
Eine Entbehrlichkeit eine Abmahnung wäre in bestimmten Fällen denkbar. So z.B. bei offen-
sichtlicher Erfolglosigkeit einer Abmahnung, besonderer Eilbedürftigkeit, Unzumutbarkeit z.B.
wegen zu erwartender Beweisvereitelung des Verletzers und bei schwerwiegenden Verstößen.
Da jedoch die Rechtsprechung in diesen Bereichen, so gibt es insbesondere im Wettbe-
werbsrecht eine Vielzahl vergleichbarer Fallkonstellationen, die Entbehrlichkeit einer Abmah-
nung sehr unterschiedlich beurteilt, sollte von der Nichterforderlichkeit eines Abmahnschrei-
bens im Zweifel nicht ausgegangen werden, da bei der direkten Inanspruchnahme gerichtlicher
Maßnahmen stets der Rechteinhaber das Kostenrisiko zu tragen hat.26
Eine Abmahnung ist eine geschäftsähnliche Handlung,
vergleichbar mit einer Mahnung nach § 286 Abs.1 S. 1
BGB.27 Somit wären die Vorschriften des allgemeinen Teils des BGBs über Rechtsgeschäft und
Willenserklärung (§§ 104-185 BGB) entsprechend anwendbar.28
24 Dreier/Schulze § 97a Rn. 3.
25 Dreier/Schulze § 97a Rn. 3.
26 UrhR Wandtke/Bullinger § 97a Rn. 3 ff.
27 UWG, Köhler/Bornkamp § 12 Rn. 1.10.
28 UWG, Köhler/Bornkamp § 12 Rn. 1.10; UrhR, Wandtke/Bullinger § 97a Rn.11.
6.2. Entbehrlichkeit der Abmahnung
6.3. Rechtsnatur der Abmahnung
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Seite 20
Grundsätzlich ist eine Abmahnung formlos möglich
und könnte theoretisch auch mündlich erfolgen. Aus
Beweisgründen sollte eine Abmahnung jedoch stets in Schriftform, vorab per Telefax oder per
Email, mit anschließendem Einschreiben oder per Boten versandt werden.
Ob eine anwaltliche Abmahnung stets einer Originalvollmacht des Unterlas-
sungsgläubigers bedarf, ist nach wie vor unklar und in der Rechtsprechung
und auch in der Literatur umstritten.
Hintergrund dieses Streites ist die Frage, ob eine Abmahnung als ein einseitiges Rechtsge-
schäft anzusehen ist. So ist nach § 174 BGB ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevoll-
mächtigter gegenüber einem anderen vornimmt, unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine
Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde un-
verzüglich zurückweist.
In der Praxis ist einem Abmahnschreiben meist eine vorformulierte Unterwerfungserklärung
beigefügt, die als Angebot des Rechteinhabers auf Abschluss eines Unterwerfungsvertrages
und somit als Willenserklärung zu qualifizieren wäre, was wiederum zur Folge hat, dass eine
Anwendung des § 174 BGB nicht in Frage kommt.
Der Bundesgerichtshof hat eine Anwendbarkeit des § 174 Satz 1 BGB auf eine (wettbewerbs-
rechtliche) Abmahnung zwar verneint, wenn die Abmahnung mit einem Angebot zum Ab-
schluss eines Unterwerfungsvertrages verbunden ist.29
Jedoch wird, nach wie vor, von einigen Gerichten die Vorlage einer Originalvollmacht als erfor-
derlich erachtet.30
Aus diesem Grund, und um unnötige Verzögerungen bereits im Vorfeld auszuschließen, sollte
vorsichtshalber eine Originalvollmacht mit dem Abmahnschreiben vorgelegt werden.
Der Abmahnende der die Verletzung seiner Rechte geltend macht,
muss darlegen können, dass er in seinen Urheberrechten oder in einem
anderen sonstigen urheberrechtlich geschützten Recht verletzt ist. Wie bereits gezeigt wurde,
sollte der Abmahnende, wenn er nicht Urheber der streitgegenständlichen Werke ist, zumin-
dest Inhaber eines ausschließlichen Nutzungsrechtes sein oder bei der Inhaberschaft eines
einfachen Nutzungsrechtes die Zustimmung des Rechteinhabers an einer Rechtsverfolgung
eingeholt haben und ein berechtigtes Interesse geltend machen können.
29 BGH I ZR 140/08, NJW-RR 2011, 335
30 Zum Streitstand UWG Köhler/Bornkamp § 12 Rn. 1.26 ff; UrHR Wandtke/Bullinger § 12 Rn. 10 ff.
6.4. Form und Zugang der Abmahnung
6.5. Vollmacht
6.6. Aktivlegitimation
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Seite 21
Adressat der Abmahnung, der Anspruchsgegner, ist derjenige, der
das Urheberecht oder ein verwandtes Schutzrecht eines anderen
verletzt hat.
Bei Urheberrechtsverletzungen im Internet lässt sich von außen nur schwer feststellen, wer be-
stimmte Inhalte online gestellt, also öffentlich zugänglich gemacht hat.
Jedoch ist als Verletzer jeder anzusehen, der die Verletzung entweder selbst kausal als Täter
veranlasst hat oder an ihr teilgenommen hat. Ausreichend ist hierbei, dass ein adäquater Kau-
salzusammenhang zwischen der Verletzungshandlung und dem Erfolg besteht.
Werden urheberechtlich geschützte Inhalt etwa in Internetshops öffentlich zugänglich gemacht,
wäre in erster Linie der Seitenbetreiber und somit der Domaininhaber haftbar zu machen.
Bei gewerblichen Internetshops ist der Betreiber aufgrund des Telemediengesetztes (TMG) zu
einer Anbieterkennung verpflichtet, weshalb der Verantwortliche in den meisten Fällen dem Im-
pressum zu entnehmen ist.
Handelt es sich bei dem Internetshop um eine DE-Domain, kann der verantwortliche Seitenbe-
treiber zudem schnell und unkompliziert über eine DENIC-Online Recherche, der zentralen Re-
gistrierungsstelle für .de-Top Level Domains , ausfindig gemacht werden. Hierfür wird einfach
der Name der entsprechenden Domain auf der Seite "www.denic.de" in das entsprechende
Suchfeld eingetragen.
Wird eine Urheberrechtsverletzung im Internet festgestellt, sollte das Ausmaß zu Beweiszwe-
cken genauestens dokumentiert werden. Es sollten sämtliche unberechtigt übernommenen
Werke einzeln aufgelistet und per Screenshots gesichert werden. Auch würde sich das Abspei-
chern der einzelnen Seiten im HTML-Format anbieten, da falls der Verletzer sämtliche Werke
nach Erhalt der Abmahnung entfernt unter Umständen in einem nachfolgenden Gerichtsver-
fahren, der Verstoß nicht mehr (lückenlos) dokumentiert werden kann.
In solchen Fällen kann es unter Umständen helfen die sog. "Way-Back-Maschine"
"www.archive.org" in der eine Vielzahl aller jemals existierenden Internet-Domänen in mehreren
Zeitabständen gespeichert sind. Jedoch kann eine Speicherung in diesem Onlinearchiv mit
einfachen programmiertechnischen Mitteln verhindert werden.
Zudem empfiehlt es sich die entsprechenden Internetseiten mit den Urheberechtsverletzungen
und von weiteren Mitarbeitern zur Kenntnis nehmen zu lassen, um diese ggf. als Zeugen auf-
treten lassen zu können.
Eine Besonderheit insbesondere auf dem Gebiet von urheberechtli-
chen Verletzungen im Internet ist die sog. Störerhaftung. Bei dieser
6.7. Passivlegitimation
6.8. Die Störerhaftung
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Seite 22
kann auch derjenige als Störer haftbar gemacht werden, der zwar nicht Täter oder Teilnehmer
einer Urheberrechtsverletzung ist, an dieser aber in einer adäquat kausalen Weise mitgewirkt
hat und es ihm dabei rechtlich und tatsächlich möglich gewesen wäre diese zu unterbinden
oder zu verhindern.31
Wird der abgemahnte Seitenbetreiber zum Beispiel einwenden, er habe die betreffenden Licht-
bilder oder Texte gar nicht selbst eingestellt, sondern seine Mitarbeiter oder eine beauftragte
Werbeagentur, so würde dies nichts an seiner Haftung im Rahmen der Störerhaftung ändern.
So muss er als Störer dem Beseitigungs- und Unterlassungsbegehren des Rechteinhabers
nachkommen.
Wie bereits erläutert wurde, ist wegen der begangenen
Rechtsverletzung die Wiederholungsgefahr einer erneuten
Verletzung bereits indiziert. Die Wiederholungsgefahr entfällt erst durch die Abgabe einer Un-
terlassungserklärung durch den Verletzer.
Die Unterlassungserklärung muss ernsthaft, uneingeschränkt, bedingungslos, unwiderruflich
und insbesondere strafbewehrt innerhalb der eingeräumten Erklärungsfrist abgegeben werden.
Strafbewehrt ist eine Erklärung, wenn diese das Versprechen des Verletzers enthält im Falle ei-
ner erneuten Zuwiderhandlung eine angemessene Vertragsstrafe zu zahlen.
Die vom Abmahnenden eingeräumte Frist muss angemessen sein, was bedeutet, dass dem
Abgemahnten eine ausreichend bemessene Zeitspanne zur Prüfung des Vorwurfes und für eine
Reaktionsmöglichkeit, auch unter Zuhilfenahme anwaltlicher Beratung, einzuräumen ist.
In der Praxis können als Vertragsstrafe feste Beträge (absolute Vertragsstrafe) in Höhe von
5.001,- € oder 5.100,- € vereinbart bzw. gefordert werden, um eine Zuständigkeit der Landge-
richte für Klagen auf Zahlung der Vertragsstrafe zu begründen.
"Der Schuldner verpflichtet sich gegenüber der Gläubigerin, es bei Vermeidung einer für jeden
Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Vertragsstrafe in Höhe von 5.100,- € zu unterlassen,...."
Da bei einer Vielzahl von erneuten Verstößen hohe Vertragsstrafen entstehen können, sollte der
Schuldner genauestens überlegen, ob er eine solche Erklärung abgeben soll.
Von Gläubigerseite sollte einer Abmahnung eine vorformulierte Unterlassungserklärung beige-
fügt werden, um zu zeigen wie weitgehend seine Ansprüche sind, jedoch steht es den Parteien
frei, auf welche Art die Unterlassungserklärung formuliert wird.
In letzter Zeit hat sich, was die konkret zu beziffernde Höhe des Vertragsstrafe betrifft, der sog.
"Hamburger Brauch" durchgesetzt. Anstatt einen fest bezifferten Betrag anzugeben, wird ver-
einbart, dass der Gläubiger bei einer erneuten Zuwiderhandlung nach billigem Ermessen die
31 ständige Rechtsprechung des BGH GRUR 2007, 707; GRUR 2006, 957; GRUR 1999, 418
6.9. Die Unterlassungserklärung
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Seite 23
Höhe der Vertragsstrafe (relative Vertragsstrafe) bestimmen kann, welche von einem Gericht im
Streitfall überprüft werden kann.
"Der Schuldner verpflichtet sich gegenüber der Gläubigerin (G), es bei Vermeidung einer ange-
messenen, von G für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Vertragsstrafe, deren
Höhe im Streitfall vom zuständigen Gericht zu überprüfen ist, zu unterlassen,..."
Die Anwendung des Hamburger Brauchs hat den Vorteil, dass je nach Schwere der erneuten
Zuwiderhandlungen flexibel reagiert werden kann. So ist die Gläubigerin bei schwerwiegenden
Verstößen nicht an eine zuvor möglicherwiese zu niedrig bemessene Vertragsstrafe gebunden,
andererseits kann der Schuldner bei einer nur geringfügigen Zuwiderhandlung die Höhe der
von der Gläubigerin festgesetzten Vertragsstrafe gerichtlich überprüfen lassen.
MUSTER einer Unterlassungserklärung: s. Seite 37
Neben der Verpflichtung des Ab-
gemahnten zur Abgabe der
strafbewehrten Unterlassungserklärung beschwert diesen in der Praxis zudem noch die Kos-
tentragungspflicht für die anwaltlichen Abmahnkosten. So hat nach § 97 Abs.1 S.2 der Verlet-
zer Ersatz für die erforderlichen Aufwendungen für die Abmahnung zu tragen, soweit diese
berechtigt ist.
Berechtigt ist eine Abmahnung, wenn diese begründet und objektiv erforderlich ist, dem Ab-
gemahnten den kostengünstigsten Weg aus dem Streit zu weisen.32
Die Abmahnung ist begründet, wenn die beanstandete Urheberechtsverletzung in tatsächlicher
Hinsicht gegeben ist, und der Abmahnende aktivlegitimiert und der Abgemahnte passivlegiti-
miert ist.33
Zu den erforderlichen Aufwendungen zählen, nach dem Willen des Gesetzgebers, die Kosten
für die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes. Der Verletzte kann ohne weiteres mangels ei-
gener hinreichender Sachkunde und Möglichkeiten der zweckentsprechenden Verfolgung ei-
nen Rechtsanwalt beauftragen.34
Dies gilt auch für Unternehmen, die zwar über eine eigene Rechtsabteilung verfügen, diese
aber routinemäßig nicht mit Urheberrechtsfragen befasst sind.35
In der Praxis umfassen die zu erstattenden Anwaltskosten eine 1,3 Geschäftsgebühr nach VV
2300 RVG zuzüglich Auslagen.
32 UWG Köhler/Bornkamp § 12 Rn. 1.80.
33 UrhG Dreier/Schulze § 97a Rn. 8.
34 BGH GRUR 2004, 789.
35 LG Köln ZUM-RD 2007, 596, zum Wettbewerbsrecht BGH NJW 2008, 260.
6.10. Die Kostenerstattung für die berechtigte Abmahnung
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Zu beachten ist, dass eine Abmahnung als
rechtmissbräuchlich angesehen werden kann,
und ein Kostenersatz sowie eine gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche in diesen Fällen
ausscheiden würde.
Eine rechtsmissbräuchliche Abmahnung kann vorliegen, wenn der Abmahnende mit der Gel-
tendmachung seiner Ansprüche überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwür-
dige Interesse und Ziele verfolgt.36 Im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb wird in § 8
Abs. 4 UWG als Beispielfall aufgeführt, dass ein missbräuchliches Verhalten vorliegt, wenn die
Anspruchsgeltendmachung "vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen An-
spruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen."
So kann beispielsweise von der Rechtsprechung ein rechtsmissbräuchliches Verhalten ange-
nommen werden, wenn eine Verkoppelung der Zahlungsfrist der für die Abmahnung entstan-
denen vorgerichtlichen Gebühren mit der Frist für die Abgabe der Unterlassungserklärung zu-
sammenfällt.37
In den letzten Jahren gab es mehrere Abmahnwellen wegen Urheberechts- und Wettbewerbs-
verstößen im Internet (z.B. wegen unrichtigen Widerrufsbelehrungen bei EBay-Händlern oder
wegen Filesharing-Verstößen in sog. Tauschbörsen). So sollen laut Angabe des Bundesjustiz-
ministeriums allein im Jahr 2010 700.000 Abmahnungen verschickt worden sein, die größten-
teils von Kanzleien stammten die sich auf Massenabmahnungen als reines Geschäftsmodell
spezialisiert haben.
Dies hat dazu geführt, dass berechtigte Abmahnungen bei nicht bagatellartigen Verstößen, bei
denen zudem eine Gewinnerzielungsabsicht gar nicht im Vordergrund steht, ins Hintertreffen
geraten.
Da Bundesjustizministerium hat in diesem Bereich Gesetzesänderungen bereits für das Jahr
2012 angekündigt. Es bleibt abzuwarten, ob die geplanten Gesetzesänderungen den Aus-
wüchsen Einhalt gebieten können, ohne die berechtigten Interessen von Urhebern zu be-
schneiden.
Richtet sich die Abmahnung gegen eine Rechts-
verletzung die außerhalb des geschäftlichen Ver-
kehrs begangen wurde, könne die zu erstattenden Kosten der erforderlichen Aufwendungen
nach § 97a Abs. 2 UrhG auf 100,- € gedeckelt sein.
36 UWG Köhler/Bornkamp § 8 Rn. 4.10.
37 OLG Hamm, OLG Report NRW 37/2011 Anm. 2.
6.11. Die rechtsmissbräuchliche Abmahnung
6.12. Deckelung des Aufwendungsersatzes
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§ 97a (2) Der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher
Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung beschränkt sich in einfach gelagerten Fällen mit
einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 Euro.
Wurde die Rechtsverletzung beispielsweise von einer Privatperson begangen, etwa öffentliches
Zugänglichmachen eines Lichtbildes im Rahmen eine Ebay-Auktion, kann eine Deckelung der
zu erstattenden Kosten auf 100,- Euro nach § 97a in Frage kommen.
Ab einem gewissen Umfang von Verkäufen einer Privatperson bei Ebay kann jedoch ein
Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs nicht mehr vorliegen, was zur Folge
hat, dass eine Kostendeckelung auf 100,- Euro nicht mehr einschlägig ist, und der Abge-
mahnte die Kosten in voller Höhe zu tragen hat.
So kann ein geschäftliches Handeln bei Verkäufen einer Privatperson auf der Auktionsplattform
Ebay bereits dann angenommen werden, wenn etwa 25 Käuferreaktionen auf frühere Auktio-
nen der Privatperson vorliegen.38
7. Das einstweilige Verfügungsverfahren
Kommt der Verletzer dem Beseitigungs- und/oder dem Unterlassungsanspruch nicht innerhalb
der gesetzten Frist nach, muss der Verletzte entscheiden, ob er nun gerichtlich vorgehen soll
oder die Angelegenheit nicht weiterverfolgen will.
Dauert die Urheberechtsverletzung weiter an, hat der Verletzte die Möglichkeit schnellen effek-
tiven Rechtschutz in Form des einstweiligen Verfügungsverfahrens in Anspruch zu nehmen. Bei
urheberechtlichen Streitigkeiten ist oft (wie bei wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten) eine Eil-
bedürftigkeit gegeben, da der Verletzte eine sofortige Beendigung des Verletzungszustandes
anstrebt und es ihm nicht zuzumuten ist, einen langwierigen Rechtstreit abzuwarten.
Aus diesem Grunde wird das Verfügungsverfahren einem Hauptsacheverfahren vorgeschaltet,
in dem vorübergehende Anordnungen erlassen werden, bevor entweder im Hauptsachever-
fahren eine endgültige Entscheidung ergeht oder das Verfahren durch eine sogenannte Ab-
schlusserklärung des Antragsgegners bestandskräftig wird.
In der Praxis erfolgt eine Entscheidung des Gerichts über den Erlass einer einstweiligen Verfü-
gung meist binnen weniger Tage, oft noch am selben Tag.
Das Gericht das für die Hauptsache zuständig ist, ist auch für das einst-
weilige Verfügungsverfahren zuständig, § 937 Abs. 1 ZPO.
Gemäß § 104 sind für Urheberrechtstreitigkeiten die ordentlichen Gerichte zuständig.
38 BGH GRUR 2008, 702 (Internet-Versteigerung III) und BGH CR 2009, 753 (Ohrclips)
7.1. Gerichtsstand
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Die Länder können nach § 105 bestimmten Amts- und Landgerichten eine funktionelle Zustän-
digkeit für Urheberechtsstreitigkeiten zuweisen. Die meisten Landesregierungen haben von
dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht. So sind etwa in Hessen die Amtsgerichte Frank-
furt/M. und Kassel sowie die Landgerichte Frankfurt/M. und Kassel, in Baden-Württemberg die
Landgerichte Stuttgart und Mannheim funktionell zuständig.
Die sachliche Zuständigkeit eines Gerichts ergibt sich aus den allgemeinen Vorschriften, also
nach Höhe des Streitwertes (unter 5.000,- € das Amtsgericht, darüber das Landgericht).
Bei der örtlichen Zuständigkeit gilt bei Urheberrechtsverletzungen im Internet eine Besonder-
heit. Grundsätzlich bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach den allgemeinen Vorschriften.
So ist nach § 32 ZPO das Gericht zuständig in dessen Bezirk die unerlaubte Handlung began-
gen wurde. Die widerrechtliche Verletzung urheberechtlich geschützter Werke stellt eine uner-
laubte Handlung dar.
Da bei Urheberrechtsverletzungen im Internet geschützte Inhalte von überall abgerufen werden
können, findet der sogenannte "fliegende Gerichtsstand" in der Praxis oft Anwendung. So ist
das Gericht zuständig, in dessen Bezirk geschützte Werke über das Internet abgerufen werden
können. Aus diesem Grunde ist bei Urheberrechtsverletzungen jedes deutsche Gericht örtlich
zuständig.39 Bei mehreren zuständigen Gerichten steht es gemäß § 35 ZPO dem Kläger frei das
Gericht auszuwählen.
Von einigen Gerichten wird der sog. fliegende Gerichtsstand jedoch zunehmend abgelehnt und
ein gewisser Ortsbezug für die bestimmungsgemäße Auswirkung des Verstoßes gefordert.40
Wichtig beim Verfügungsantrag ist, dass dieser die Verletzungshand-
lung genau bezeichnet und einen vollstreckungsfähigen Inhalt besitzt.
In der Praxis wirken die Gerichte gem. §§ 938 Abs.1, 139 ZPO zwar regelmäßig auf eine zuläs-
sige Antragsfassung hin, was jedoch dazu führen kann, dass es mit dem geänderten Verfü-
gungsantrag zu einer Teilrücknahme kommt.
MUSTER eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung: s. Seite 37
Bei Urheberrechtsverstößen kommen als Verfügungsanspruch ins-
besondere die Ansprüche auf Unterlassung und Beseitigung in
Frage.
39 so z.B. LG Hamburg GRUR-RR 2005, 106, LG Frankfurt/M. MMR 2007,118.
40 zum Wettbewerbsrecht BGH GRUR 2006, 513; OLG Bremen EWiR 2000, 651, zum Urheberrecht KG
Berlin GRUR-RR 2002, 343; OLG München Az. 31 AR 232/09, LG Charlottenburg Az. 226 C 130/10.
7.2. Verfügungsantrag
7.3 Verfügungsanspruch
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Seite 27
Zudem kann nach § 101 Abs.7 auch ein Anspruch auf Auskunftserteilung bei offensichtlichen
Urheberrechtsverletzungen im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens geltend gemacht
werden.
Der Verfügungsanspruch ist, wie auch der Verfügungsgrund, darzulegen und glaubhaft zu ma-
chen. Hierbei kommt der eidesstattlichen Erklärung besondere Bedeutung zu, da eine Zeugen-
vernehmung in einer mündlichen Verhandlung wegen des Eilbedürfnisses meist nicht in Be-
tracht kommt. Im Antrag sollten deshalb eidesstattliche Versicherungen der jeweiligen Urheber
und/oder Lizenzverträge, aus denen die Übertragung der ausschließlichen Nutzungsrechte an
den Antragsteller hervorgehen, zur Glaubhaftmachung vorgelegt werden.
Zudem kann zur Glaubhaftmachung der Aktivlegitimation auf den sogenannten Anscheinsbe-
weis an der Urheberschaft an Lichtbildern hingewiesen werden.
So spricht für die Frage der Urheberschaft eines Fotografen an bestimmten Fotografien ein
erster Anschein, wenn Lichtbilder, mit einer sehr hohen Auflösung (LG München MMR 2008,
622; LG Düsseldorf, ZUM-RD 2008, 556), oder Negative (AG Düsseldorf, ZUM-RD 2010, 95)
vorlegt werden und der Prozessgegner die Urheberschaft lediglich pauschal bestritten hat,
aber keine Aspekte vorgetragen hat, die gegen die Urheberschaft sprechen.
Nach Ansicht des Landgerichts München kann für die Urheberschaft auch der Besitz und die
Vorlage von Screenshots einzelner Fotos samt dazugehöriger Fotodateien auf einer CD, die
weitere Fotos einer zusammengehörigen Fotoserie enthält, sprechen. Kann ein Fotograf eine
ganze Serie von zusammenhängenden Fotos vorlegen, spricht nach Ansicht des Landgerichts
München ebenfalls ein erster Anschein dafür, dass sämtliche Fotos dieser Fotoserie von ihm
stammen, LG München, Az. 21 O 10753/07, MMR 2008, 622.
Auch kann die Vorlage von Screenshots der Internetseiten des Verletzers, aus denen die un-
berechtigte Übernahme der Werke hervorgeht, ein geeignetes Glaubhaftungsmittel bezüglich
der Verletzungshandlung des Antragsgegners darstellen. Im Gegensatz zum Beweis sind die
Glaubhaftungsmittel nicht abschließend geregelt, so dass anhand der Screenshots, auch wenn
diese keine Urkunden darstellen, dargelegt werden kann, dass eine öffentliche Zugänglichma-
chung der streitgegenständlichen Werke durch den Antragsgegner erfolgt ist.
Hilfreich können in diesem Zusammenhang auch Tools sein, mit denen sich komplette Inter-
netpräsenzen mit sämtlichen Unterseiten lokal abspeichern lassen können, insbesondere wenn
zu erwarten ist, dass der Antragsgegner die Verletzungsvorwürfe auch im Hauptsacheverfahren
bestreiten wird.
Neben dem Verfügungsanspruch ist der Verfügungsgrund im Antrag
glaubhaft zu machen.
So muss dargelegt werden, dass im vorliegenden Fall eine Eilbedürftigkeit gegeben ist, die den
Erlass einer einstweiligen Verfügung rechtfertigt, da die Durchführung des Hauptsacheverfah-
7.4 Verfügungsgrund
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Seite 28
ren zu einer Vereitelung oder wesentlichen Beeinträchtigung des Rechtes des Antragstellers
führen würde.
Umstritten ist, ob der wettbewerbsrechtliche (widerlegbare) Dringlichkeitsvermutungsgrundsatz
nach § 12 Abs.2 UWG auch bei urheberechtlichen Unterlassungsansprüchen analoge Anwen-
dung findet.41
So muss bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen der Antragsteller den Antrags-
grund grundsätzlich nicht darlegen und glaubhaft machen, da das Gericht zunächst von dem
Vorliegen des Verfügungsgrundes auszugehen hat. Die Dringlichkeitsvermutung gilt jedoch als
widerlegt, wenn etwa der Antragsteller trotz Kenntnis des Verstoßes längere Zeit zuwartet und
somit zu erkennen gibt, dass es ihm selbst nicht eilig ist.42
Wegen der unterschiedlichen Ansichten der Gerichte hinsichtlich der Dringlichkeitsvermu-
tungsgrundsatzes sollte vorsorglich bei der Antragstellung bei urheberrechtlichen Streitigkeiten
der Verfügungsgrund dargelegt und glaubhaft gemacht werden. An die Anforderungen für die
Darlegung der Eilbedürftigkeit bei der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruches sind
keine strengen Anforderungen zu stellen, da die Gerichte regelmäßig von einer Eilbedürftigkeit
auszugehen haben, wenn die Wiederholungsgefahr noch andauert.43 Dies muss erst Recht gel-
ten, wenn die Rechtsverletzung trotz vorheriger Abmahnung noch fortdauert.
Hinsichtlich der Darlegung der Eilbedürftigkeit ist hingegen darauf zu achten, dass zwischen
der Kenntnisnahme der Urheberrechtsverletzung und der Antragstellung keine allzu langen
Zeiträume liegen.
Wann bei wettbewerbsrechtlichen Verstößen noch eine Eilbedürftigkeit zu bejahen ist, wird von
den Gerichten unterschiedlich behandelt. So sehen viele Gerichte die Regelfrist zwischen
Kenntnisnahme der Verletzungshandlung und der Person des Verletzers bis zur Antragstellung
äußerst unterschiedlich. So z.B. eine Regelfrist von 1 Monat: die Landgerichte Hamm, Mün-
chen, Nürnberg; 2 Monate: Landgericht Düsseldorf; 6 Wochen bis zu 6 Monaten: OLG Ham-
burg.44
Ob diese Regelfristen auch auf urheberechtliche Verstöße anwendbar sind, ist nicht abschlie-
ßend geklärt.45
Da die Eilbedürftigkeit eine Prozessvoraussetzung ist, die von den Gerichten von Amts wegen
zu prüfen ist, empfiehlt es sich genau darzulegen, aus welchen Gründen eine Antragstellung
erst mehrere Wochen nach Kenntnisnahme des Verstoßes erfolgt ist.
41 Zum Streitstand: UrhR Wandtke/Bullinger Vor §§ 97 ff. Rn. 77 ff..
42 BGH GRUR 2000, 151.
43 UrhR Wandtke/Bullinger Vor §§ 97 ff. Rn. 78, 79.
44 UWG Köhler/Bornkamp § 12 Rn. 3.15.
45 a.a.O.
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Gerade bei Urheberrechtsverstößen im Internet erfährt der Verletzte oft erst durch Zufall, dass
seine Schutzrechte durch öffentliches Zugänglichmachen unbefugter Dritter verletzt werden.
Wie lange die Rechtsverletzung bereits andauert, lässt sich meist nachträglich nicht mehr fest-
stellen und könnte allenfalls durch Geltendmachung des Auskunftsanspruches vom Verletzter
selbst in Erfahrung gebracht werden. Zudem erschließt sich die Reichweite der Urheberechts-
verletzungen erst mit der Zeit, wenn der Verletzte neben dem ersten Verstoß nach und nach
weitere Verstöße auf den Internetseiten des Verletzters ausfindig macht. Wurden hunderte
Produktbilder unbefugt übernommen, kann bereits die Ermittlung der Anzahl der Verstöße und
deren Beweissicherung mehrere Tage in Anspruch nehmen.
In der Praxis ergeht in den meisten Fällen eine Entscheidung über den
Verfügungsantrag ohne mündliche Verhandlung. Will sich nun der An-
tragsgegner rechtliches Gehör verschaffen, hat er die Möglichkeit, durch Hinterlegung einer
sog. Schutzschrift eigene Verteidigungsmittel gegen den zu erwartenden einstweiligen Verfü-
gungsantrag vorzubringen. Die Schutzschrift ist gesetzlich nicht vorgesehen, aber insbeson-
dere in Wettbewerbssachen gebräuchlich.46
Durch die Einreichung der Schutzschrift kann der Antragsgegner erreichen, dass das Gericht
zu den Schluss kommt, dass kein dringender Fall vorliegt und eine mündliche Verhandlung an-
beraumt, was zu einer Verzögerung des Antrages um mehrere Wochen führen kann.
Problematisch für den Antragsgegner ist, dass beim Vorliegen des "fliegenden Gerichtsstan-
des" mehrere Gerichte in Frage kommen, mit der Folge, dass die Schutzschrift bei allen in
Frage kommenden Gerichten eingereicht werden müsste.
Sobald dem Antrag auf Erlass der einstwei-
ligen Verfügung entweder durch Beschluss
(ohne mündliche Verhandlung) oder durch Urteil (nach mündlicher Verhandlung) stattgegeben
worden ist, muss der Antragsteller bzw. sein Prozessbevollmächtigter für die Zustellung der
Verfügung an den Antragsgegner bzw. dessen Prozessbevollmächtigten selbst sorgen. Die Zu-
stellung muss innerhalb eines Monats nach Zustellung der Beschlussverfügung bzw. nach Ver-
kündung der Urteilsverfügung erfolgen, ansonsten ist die einstweilige Verfügung unheilbar un-
wirksam! Zwar wird das Urteil bei einer Urteilsverfügung den Parteien vom Gericht zugestellt,
da eine Zustellung von Amtswegen jedoch keine Vollziehung darstellt, muss der Verfügungs-
kläger das Urteil nochmals an den Gegner im Parteibetrieb zustellen.
46 ZPO Baumbach/Lauterbach Grdz § 128 Rn. 7.
7.5. Die Schutzschrift
7.6. Die Vollziehung der einstweiligen Verfügung
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Da die erlassene einstweilige Verfügung nur die Regelung eines
vorläufigen Zustandes darstellt, wäre für eine endgültige Rege-
lung die Durchführung des Hauptsacheverfahrens erforderlich. Wenn nun der Antragsteller in
der Hauptsache Klage erhebt, kann der Gegner nach § 93 ZPO den Anspruch sofort anerken-
nen, mit der Folge, dass der Antragsteller die Kosten des Hauptsacheverfahrens zu tragen hat.
Um das Kostenrisiko des sofortigen Anerkenntnisses zu umgehen, sollte der Antragsteller den
Antragsgegner mit einem sogenannten Abschlussschreiben zur Abgabe eine Abschlusserklä-
rung innerhalb einer bestimmten Frist auffordern.
In der Abschlusserklärung erklärt der Schuldner, dass er die einstweilige Verfügung als endgül-
tige Regelung anerkennt und auf alle in Frage kommenden Rechtsbehelfe verzichtet.
Zu beachten ist, dass in der Praxis dem Antragsgegner nach Zustellung der einstweiligen Ver-
fügung eine Überlegungsfrist von etwa 2 Wochen einzuräumen ist. Nach Ablauf der Überle-
gungsfrist ist dem Antragsgegner wiederum im Abschlussschreiben eine Frist von mindestens
2 Wochen zur Abgabe der Abschlusserklärung einzuräumen.47
Sind beide Fristen fruchtlos verstrichen, kann der Antragsgegner bei Klageerhebung nicht mehr
sofort anerkennen, da er nun durch sein Verhalten Anlass zu Klageerhebung gegeben hat. Die
Kosten des (außergerichtlichen) Abschlussverfahrens hat der Antragsgegner und nunmehr
Beklagte ebenfalls, wie die Kosten des Abmahnverfahrens zu tragen.
In dem Hauptsacheverfahren können neben dem Unterlas-
sungs- und Beseitigungsanspruch, zudem noch Schadenser-
satzansprüche geltend gemacht werden, die zum einen die nachträglichen Lizenzgebühren als
auch die Kosten der Abmahnung und des Abschlussverfahrens umfassen.
In der EU und in der Schweiz sind die Schutz-
rechte und die Verfahren ähnlich ausgestaltet.
Auch sind die Urteile deutscher Gerichte in den EU-Staaten vollstreckbar.
Hat der Verletzer seinen Wohnsitz in einem EU-Staat kann er, gemäß der Verordnung
über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Ent-
scheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) vor einem deutschen Gericht ver-
klagt werden.
Beispiel: Der Verletzer hat seinen Wohnsitz in den Niederlanden. Der Verletzte hat seinen Sitz in
Nordrhein-Westfalen. Die Internetseiten des Verletzers beinhalten deutschsprachige Angebote.
Da diese rechtsverletzenden Angebote im ganzen Bundesgebiet abrufbar sind (fliegender
47 UrhR Wandtke/Bullinger Vor §§ 97 ff. Rn. 142
7.7. Das Abschlussverfahren
8. Das Hauptsacheverfahren
9. Internationale Anspruchsdurchsetzung
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Gerichtsstand aufgrund des Tatorts der unerlaubten Handlung), wäre eine örtliche Zuständig-
keit z.B. des Landgerichts Köln Artikel 1 Abs. 1, Artikel 3 Abs. 1, Artikel 5 Nr. 3 EuGVVO i.V.m.
§ 105 UrhG i.V.m. VO GO NW und § 32 ZPO eröffnet.
Zu beachten ist, dass eine Vollstreckung, speziell der Verfahrenskosten 1-2 Jahre dauern kann.
10. Die Störerhaftung bei Internetplattformen
Nach wie vor brisant ist die Frage, in wie weit Internetplattform-Anbieter wie Ebay oder Ama-
zon Marketplace haftbar zu machen sind. Werden auf den von ihnen angebotenen Internet-
plattformen rechtswidrige Inhalte durch Dritte öffentlich zugänglich gemacht, stellt sich die
Frage, ob die Plattformbetreiber als Störer haftbar gemacht werden können.
Generell sind Plattformbetreiber als Diensteanbieter nach dem Telemediengesetz (TMG) zu
keiner allgemeinen Überwachung verpflichtet. So muss der Diensteanbieter gem. § 10 TMG
erst einschreiten, wenn er Kenntnis von einer Rechtsverletzung erlangt hat.
Die fehlende Vorabprüfungspflicht für Plattformbetreiber führt jedoch nicht zu einem generellen
Ausschluss der Störerhaftung. Prüfungs- und Vorsorgepflichten können sich insbesondere
dann ergeben, wenn der Plattformbetreiber einen konkreten Hinweis auf eine Urheberrechts-
verletzung erhalten hat. So kommt eine Haftung des Plattformbetreibers nach den Grundsätzen
der Störerhaftung in Frage, wenn er von einem konkreten Urheberrechtsverstoß Kenntnis er-
langt hat, und dessen ungeachtet nicht die gebotenen Maßnahmen ergreift, um diesen Verstoß
zu unterbinden.
Zudem kommt einer Störerhaftung der Plattformbetreiber in Betracht, wenn dieser selbst mit
sog. AdWords-Werbeanzeigen für konkrete Auktionen seiner Nutzer wirbt.48
48 zum Markenrecht EuGH C-324/09 "L'oreal"; zum Urheberrecht OLG Hamburg 5 U 45/07 "Tripp Trapp"
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Checkliste Vorgehen bei Urheberechtsverletzungen
Prävention: eigene Bilder mit digitalen Wasserzeichen versehen, Inanspruchnahme Bild-
Tracking-Dienste
1. Ausmaß und Umfang der Urheberechtsverletzungen ermitteln und sichern (Screens-
hots, Internetseiten speichern, Zeugen)
2. Wer ist Inhaber der Urheber- und ausschließlichen Verwertungsrechte?
3. Verantwortliche der Urheberechtsverletzung ermitteln: Impressum, DENIC-Auskunft.
Privatperson? Gegner solvent?
4. Strategische Vorüberlegungen, Imagefragen: Verletzer zunächst nur auffordern In-
halte zu entfernen oder direkte Abmahnung oder einstweiliges Verfügungsverfahren
(Kostenerstattung beachten).
5. Ermittlung der Schadenshöhe und des Gegenstandswertes: Soll Schadensersatz
geltend gemacht werden oder nur Beseitigung und Unterlassung fordern.
6. Bei massiven Rechtsverletzungen: zusätzlich Strafanzeige oder Strafantrag nach §§
106 ff.
7. Bereits vor Versendung der Abmahnung klären, ob einstweiliges Verfügungsverfahren
bei Erfolglosigkeit der Abmahnung durchgeführt werden soll, Kostenrisiko beachten.
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Übersicht: Ablauf eines Abmahnverfahrens
anwaltliches Abmahnschreiben mit
Aufforderung
1. zur Unterlassung des rechtwidrigen
Verhaltens innerhalb einer kurzen Frist
(z.B. 1 Woche) und
2. Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung
3. zur Zahlung der anwaltlichen
Abmahnkosten
4. ggf. Geltendmachung von
Schadensersatz z.B. nach Tarif MFM:
pro Lichtbild 100,- € bis 290,- €; nach
Tarif VG Wort: pro DIN A4 Seite Text
50,- €; ggf. zzgl. 100%
Verletzerzuschlag für Nichtnennung des
Urhebers
wenn 1. - 4. erfüllt: Angelegenheit beendet
Verletzter: - reagiert nicht - beseitigt rechtswidrigen Zustand, aber keine Abgabe der Unterlassungserklärung - Verweigerung Zahlung der Abmahnunkosten und Schadensersatz
einstweiliges
Verfügungsverfahren vor
Landgericht: einstweilige
Verfügung wird meist
innerhalb weniger Tage
erlassen
Klage zur Hauptsache
ggf. verbunden mit
Zahlung der
außergerichtlichen
Anwaltskosten (3.)
und/od.
Schadensersatz (4.)
Verletzer gibt Abschlusserklärung
ab und übernimmt Kosten des eV-
Verfahrens -> Sache beendet
Bei der unerlaubten Nutzung von Lichtbildern od. Textwerken: Erforderliche Schutzhöhe erreicht?
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Muster Abmahnschreiben
An die XY-GmbH
Frankfurt am Main, den 12.01.2012
Sehr geehrter Herr S,
ich zeige mittels anliegender Vollmacht die anwaltliche Vertretung der Fa. U. an.
I.
Gegenstand meiner Beauftragung ist, dass Sie auf Ihrer Internetseite www.plagia-xy.de
urhebererrechtlich geschützte Lichtbilder ohne die erforderlichen Nutzungsberechtigungen
öffentlich zugänglich machen.
Laut DENIC-Auskunft sind Sie Inhaber und Betreiber der Internetseite www.plagia-xy.de und
somit für den Inhalt dieser Webseiten verantwortlich.
Die von Ihnen auf Ihrer Internetseite eingestellten Lichtbilder meiner Mandantin stellen gem. § 2
Abs.1 Nr. 5 Urheberrechtsgesetz (UrhG) urheberrechtlich geschützte Lichtbildwerke dar.
Indem Sie die urheberrechtlich geschützten Lichtbildwerke auf Ihre eigene Internetseite gestellt
haben, und somit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden, haben Sie die Verwertungs-
rechte meiner Mandantin aus §§ 15 und 19a UrhG verletzt, so dass meiner Mandanten Unter-
lassungs- und Schadensersatzansprüche sowie Erstattungsansprüche der anwaltlichen Ab-
mahnkosten zustehen.
Sie haben insgesamt 4 Lichtbildwerke, # 001, # 002, # 003 und # 004, welche in der Anlage
dieses Schreibens abgebildet sind, ohne entsprechende Nutzungserlaubnis, öffentlich zugäng-
lich gemacht.
II.
Auch wenn Sie die Lichtbilder bereits von Ihrer Internetseite entfernt haben, ist es nach ständi-
ger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht ausreichend, lediglich das verletzende Verhalten
einzustellen, da nach wie vor eine sog. Wiederholungsgefahr gegeben ist.
So ist eine Wiederholungsgefahr durch eine bereits begangene Rechtsverletzung indiziert, BGB
GRUR 1961, 138.
Der meiner Mandantin gem. § 97 Abs.1 zustehende Unterlassungsanspruch entfällt nur durch
Abgabe einer uneingeschränkten und unbedingten strafbewehrten Unterlassungs- und Ver-
pflichtungserklärung.
Deshalb fordere ich Sie hiermit auf, die beigefügte strafbewehrte Unterlassungserklärung spä-
testens bis
Mittwoch, dem 19.01.2012
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an unsere Kanzleiadresse unterzeichnet zurückzusenden.
Entscheidend für den Zugang ist der Eingang der Erklärung bei unserer Kanzleiadresse, wobei
zur Fristwahrung die Erklärung vorab per Telefax übermittelt werden kann.
III.
Sie haben die Lichtbildwerke meiner Mandantin ohne eine entsprechende Nutzungsgenehmi-
gung zu besitzen, über das Internet öffentlich zugänglich gemacht. Als ausschließlicher
Rechteinhaberin an den Lichtbildern und Sprachwerken hat meine Mandantin gemäß § 97
Abs.2 UrhG wegen Ihrer unbefugten Nutzung Anspruch auf Schadensersatz.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist in einem solchen Fall eine nachträgli-
che Lizenzgebühr im Rahmen der sog. Lizenzanalogie zu ermitteln. Hierbei wird die Lizenzge-
bühr ermittelt, die bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein
vernünftiger Lizenzgeber gewährt hätte, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung beide Parteien
die gegebene Sachlage gekannt hätten, BGHZ 44, 372-382. Bei der Ermittlung der Schadens-
ersatzhöhe ist für jeden Einzelfall Dauer, Art, Ort und Umfang der Verletzungshandlung zu be-
rücksichtigen, OLG Hamburg MMR 2002, 677.
Für die Ermittlung der Höhe der Lizenzgebühr wird nach der Rechtsprechung bei der uner-
laubten Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke im Internet, auf vorhandene Tarifwerke
zurückgegriffen.
Bei der unberechtigten Nutzung von Lichtbildern werden regelmäßig die Honorartabellen der
Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing (MFM) als Ausgangspunkt für die richterliche Scha-
densschätzung berücksichtigt, vgl. OLG Brandenburg 6 U 37/08, OLG Düsseldorf 20 U 138/05.
Nach den vorgenannten Kriterien wird im vorliegenden Fall, nach der Honorartabelle MFM
2010, für die Einblendung eines Lichtbildes auf einer Unterseite bei einer Nutzungsdauer von
bis zu einem Jahr ein Honorar in Höhe von 310,00 € pro Lichtbild veranschlagt.
Nach Addierung des sog. Verletzerzuschlages in Höhe von 100 % nach § 13 UrhG ergibt sich
somit ein Betrag in Höhe von 620,00 € pro Lichtbild an nachträglichen fiktiven Lizenzkosten.
Somit ergibt sich für die unerlaubte Nutzung der Lichtbilder ein Schadensersatzanspruch in
Höhe von insgesamt 2.480,00 € (4 Lichtbilder x 620,00 €)
Zudem haben Sie die Kosten meiner anwaltlichen Beauftragung gemäß § 97 Abs.1 S.2 UrhG
zu erstatten. Meine entsprechende Kostenaufstellung finden Sie am Ende dieses Schreibens.
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Ich erwarte den Kostenausgleich bis spätestens
zum 26.01.2012
auf das angegebene Anwaltskonto.
Für den Fall, dass die beigefügte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung und der Ge-
samtbetrag nicht fristgerecht eingehen, werde ich meiner Mandantin empfehlen, umgehend
gerichtliche Schritte einzuleiten.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
Anlagen: Vollmacht, Auflistungen Lichtbilder, Unterlassungserklärung, Kostennote
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Muster Unterlassungserklärung
Strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung
Die XY-GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer S
- nachfolgend Schuldnerin genannt -
verpflichtet sich gegenüber
der AB-GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer R
- nachfolgend Gläubigerin genannt –
I. ab sofort, die unter den in der Anlage dieser Erklärung nachfolgend aufgeführten Internet-
links hinterlegten Dienstleistungsangebote und Sprachwerke, deren ausschließlichen Nut-
zungsrechtebei der Gläubigerin liegen, von dort zu entfernen.
II. Die Schuldnerin wird es ab sofort unterlassen, bei Vermeidung einer Vertragsstrafe in Höhe
von 5.100 € für jeden Fall der Zuwiderhandlung, die aufgeführten Sprachwerke oder sons-
tige Dienstleistungsangebote deren ausschließlichen Nutzungsrechte bei der Gläubigerin
liegen ohne ihre Zustimmung im Internet oder auf sonstige Art und Weise zu vervielfältigen
und/oder der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
III. Die Schuldnerin verpflichtet sich zu dem, der Gläubigerin einen Schadensersatzbetrag in
Höhe von 2.400,- € zu zahlen.
Der Schuldner verpflichtet sich ferner die Kosten der anwaltlichen Inanspruchnahme für die
Abmahnung nach einem Gegenstandswert in Höhe von 25.000,- € (1,3 Geschäftsgebühr
gem. Ziff. 2300 VV RVG zzgl. Auslagenpauschale gem. Ziff. 7002 VV RVG) zu übernehmen.
Ort, Datum Unterschrift
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Muster Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
An das Landgericht
Kammer für Urheberrechtstreitigkeiten
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
der AB-GmbH
- Antragstellerin -
Verfahrensbevollmächtigte: RAe CD
g e g e n
die YZ-GmbH
- Antragsgegnerin -
wegen Urheberrechtsverletzungen
Streitwert (vorläufig geschätzt): 50.000,- €
Wir bestellen uns zu Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin und beantragen, der An-
tragsgegnerin - der besonderen Dringlichkeit wegen nach Möglichkeit ohne mündliche Ver-
handlung durch den Vorsitzenden allein - im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben,
es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ord-
nungsgeldes von bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft von bis
zu 6 Monaten zu u n t e r l a s s e n,
die auf der Internetseite www.plagia.te der Antragsgegnerin unter den folgenden Internetadres-
sen abgebildeten und eingestellten Lichtbilder
1. www.plagia.te/webshop_product_info.php?cPath=1
ohne Zustimmung der Antragstellerin im Internet oder auf sonstiger Art und Weise zu verviel-
fältigen und/oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Wir beantragen ferner, die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen.
Unterschrift RA
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Seite 39
Literaturverzeichnis
Kommentar zum Urheberrechtsgesetz
Thomas Dreier, Gernot Schulze
3. Auflage, München 2008
Praxiskommentar zum Urheberrechtsgesetz
Artur-Axel Wandtke, Winfried Bullinger
3. Auflage, München 2009
Beck‘sche Kurz-Kommentare
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb - UWG
Helmut Köhler, Joachim Bornkamp
28. Auflage, München 2010
Schlussbetrachtung des ZVEH
Wer es mit dem dreistufigen Fachvertrieb speziell von Installationsmaterial im Bereich
Elektrotechnik ernst meint, ist aufgerufen, zu handeln. Aber nicht nur dies, grundsätzlich gilt:
Wer Urheberrechte sein eigen nennt, und das sind sehr viele Anbieter, muss diese Rechte auch
verteidigen. Rechtsverzicht führt sonst zum Rechtsverlust.
Der Online-Handel ist eine Realität, niemand zieht dies in Zweifel. Die Markenartikel-Hersteller
haben das Recht, den Vertrieb ihrer Produkte zu regeln, zu kanalisieren, fern von Willkür mit
nachvollziehbarer Begründung. Als bedauerlich erachtet der ZVEH die gelegentlich wahrnehm-
bare Einschätzung, die „Abwehr des Online-Handels“ gleiche dem Kampf gegen Windmühlen-
flügel. Um Abwehr dieser Handelsform geht es hier nicht. Es geht um das Verteidigen eigener
Rechte an Wort und Bild, um im Ergebnis die ebenso eigene Vertriebspolitik – in diesem Fall
den dreistufigen Fachvertrieb – abzusichern. Es gilt somit auch hier: Wer A sagt, muss auch B
sagen … und dann entsprechend handeln.
Der ZVEH wird die Markenartikel-Hersteller in diesem Zusammenhang nicht an ihren Worten
messen, sondern an ihren Taten – pro Fachvertrieb über den Großhandel, pro Service- und
Beratungsangebot gegenüber den eigenen gewerblichen Kunden und eben nicht gegenüber
anderen Kunden, z.B. Endnutzern. Nicht selten verweisen Online-Händler auf den Beratungs-
service des Herstellers oder des Handwerks vor Ort – im Sinne: „Dort wird Ihnen geholfen.“
Nein, so kann es ganz gewiss nicht gehen. Verkauft wird ohne Werkstatt, ohne entsprechende
erweiterte Infrastruktur, kassiert wird allein, und wenn es um aufwendige Beratung, um erfor-
derlichen Service geht, dann kneift man und verweist auf Dritte. Solchen Marktteilnehmern ge-
bührt eine marktgerechte Antwort in rechtlicher Absicherung.
_____________________________________________________________________________________
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Lilienthalallee 4 – 60487 Frankfurt a.M. – www.zveh.de