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Der Stand des Ozonproblems (Frühjahr 1944) Von F. W. PAUL GÖTZ (Arosa) (Mit 8 Abbildungen im Text) 1945 werden es 100 Jahre sein, dass der Basler Chemiker SCHÖNBEIN den Nachweis zu erbringen suchte, dass das von ihm entdeckte Ozon sich dauernd in der Atmosphäre finde. Aber erst die spektrographischen Untersuchungen der letzten 25 Jahre') Z ) haben entgegen manchem Zweifel gezeigt, dass dieses spurenhafte Ozon auch in Bodennähe tatsächlich vorhanden ist, dass es sich dabei aber nur um die Ausläufer einer in der hohen Atmosphäre eingelagerten Schicht handelt. An den 8 Kilometern, die das homogen ge- dachte Luftmeer ansteht, ist die Ozonschicht mit kaum 3 Millimeter Ozon- betrag (oder Ozonmenge, d. h. das Ozon der gesamten vertikalen Erstreckung) beteiligt. Was sie trotzdem hochbedeutsam macht, sind die ausgeprägten selektiven Absorptionseigenschaften des Ozons. Wie ein Fenster schirmt die Ozonhülle die unter ihr geborgene Lebenssphäre vor extrem-ultravio- letter Strahlung. Das ursprüngliche Problem hat sich in ungeahnter Weise erweitert. Den Meteorologen beispielsweise interessieren vor allem die Ströme strahlender Energie innerhalb der Atmosphäre; lange stellte er lediglich ab auf die Eigenschaften des Wasserdampfs: nun tritt daneben mehr und mehr aus langer Aschenbrödelrolle das ebenfalls dreiatomige Ozon als gleichberechtigter Partner. Schon zur Gewinnung des unmittelbaren Beobachtungsmaterials beruht bei der spektrographischen Ozonmethode natürlich alles auf einer genauen Kenntnis der Absorptionseigenschaf ten Die mächtige Hartleybande verursacht das vorzeitige Ende des Sonnenspek- trums') nach der ultravioletten Seite, so dass bei leistungsfähiger Apparatur schon die kürzeste Wellenlänge bei einer bestimmten Sonnenhöhe ein Mass des Ozonbetrags abgibt. Üblicherweise wird dieser aus der Schwächung einer von der Ozonschicht noch mit messbarer Intensität durchgelassenen Für Literatur vor 1938 sei verwiesen auf die Zusammenfassungen in: i ) Ergebnisse der kosni. Physik, Bd. I, Leipzig 1931. 2 ) ebendort Bd. III, 1938. 2 ) F. W. P. GÖTZ und PH. CASPARIS, Photographie des ultravioletten Sonnenspektralendes. Zs. f. angew. Photogr. 4, 65, 1942.

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  • Der Stand des Ozonproblems(Frühjahr 1944)

    Von

    F. W. PAUL GÖTZ (Arosa)(Mit 8 Abbildungen im Text)

    1945 werden es 100 Jahre sein, dass der Basler Chemiker SCHÖNBEIN denNachweis zu erbringen suchte, dass das von ihm entdeckte Ozon sich dauerndin der Atmosphäre finde. Aber erst die spektrographischen Untersuchungender letzten 25 Jahre') Z) haben entgegen manchem Zweifel gezeigt, dassdieses spurenhafte Ozon auch in Bodennähe tatsächlich vorhanden ist, dasses sich dabei aber nur um die Ausläufer einer in der hohen Atmosphäreeingelagerten Schicht handelt. An den 8 Kilometern, die das homogen ge-dachte Luftmeer ansteht, ist die Ozonschicht mit kaum 3 Millimeter Ozon-betrag (oder Ozonmenge, d. h. das Ozon der gesamten vertikalen Erstreckung)beteiligt. Was sie trotzdem hochbedeutsam macht, sind die ausgeprägtenselektiven Absorptionseigenschaften des Ozons. Wie ein Fenster schirmtdie Ozonhülle die unter ihr geborgene Lebenssphäre vor extrem-ultravio-letter Strahlung. Das ursprüngliche Problem hat sich in ungeahnter Weiseerweitert. Den Meteorologen beispielsweise interessieren vor allem dieStröme strahlender Energie innerhalb der Atmosphäre; lange stellte erlediglich ab auf die Eigenschaften des Wasserdampfs: nun tritt danebenmehr und mehr aus langer Aschenbrödelrolle das ebenfalls dreiatomigeOzon als gleichberechtigter Partner.

    Schon zur Gewinnung des unmittelbaren Beobachtungsmaterials beruhtbei der spektrographischen Ozonmethode natürlich alles auf einer genauenKenntnis der

    Absorptionseigenschaf ten

    Die mächtige Hartleybande verursacht das vorzeitige Ende des Sonnenspek-trums') nach der ultravioletten Seite, so dass bei leistungsfähiger Apparaturschon die kürzeste Wellenlänge bei einer bestimmten Sonnenhöhe ein Massdes Ozonbetrags abgibt. Üblicherweise wird dieser aus der Schwächungeiner von der Ozonschicht noch mit messbarer Intensität durchgelassenen

    Für Literatur vor 1938 sei verwiesen auf die Zusammenfassungen in:i) Ergebnisse der kosni. Physik, Bd. I, Leipzig 1931.2 ) ebendort Bd. III, 1938.2) F. W. P. GÖTZ und PH. CASPARIS, Photographie des ultravioletten Sonnenspektralendes.

    Zs. f. angew. Photogr. 4, 65, 1942.

  • Jàhrg. 89 F. W. PAUL GöTZ. Der Stand des Ozonproblems. 251

    Wellenlänge erschlossen. Die Absorptionskoeffizienten der sich an, dieHartleybande anlagernden Hugginsbanden sind temperaturabhängig, nachneuen Bestimmungen 4) jedoch durchaus nicht entsprechend der bisherigenAngabe, dass die Absorptionsmaxima unbeeinflusst wären. Unsere bisherigeZurückhaltung in den mit M. NICOLET aufgenommenen Aroser Messungender Temperatur der Ozonschicht war also nicht unbegründet. Die Chappuis-banden im Sichtbaren sind verhältnismässig schwach, sie liegen im Bereichmaximaler Sonnenenergie; auch ihre Temperaturabhängigkeit ist zu berück-sichtigen, wenn man aus der spektral-photometrisch gemessenen Sonnen-intensität, etwa aus Teneriffa nach MÜLLER und KRÖN oder dem riesigenSmithsonian-Material'), Ozonbeträge ableitet. Endlich absorbiert Ozon imlangwelligen, besonders für dunkle Ausstrahlung und Wärmehaushalt inter-essierenden Gebiet. Die Absorptionsbande zwischen 9,0 und 9,7 ist des-wegen besonders bedeutsam, weil sie in dem sonst sehr transparentenatmosphärischen Fenster 8 bis 13,5 ,μc liegt. Nach STRONG übersteigt dieAbsorption der 9,6-,u-Bande die bisherigen Annahmen um wohl das Zehn-fache, sie ist sehr stark druckabhängig etwa entsprechend der 4. Wurzelaus p 6 ). Aus gleichzeitigen Bestimmungen des Ozonbetrags aus dieser Bandeund wie üblich dem Utraviolett kann er so die mittlere Höhe der Ozon-schicht erschliessen, wobei freilich nicht zu übersehen ist, dass sich dievertikale Verteilung des Ozons über einen ziemlichen Druckbereich erstreckt.

    Gleich wichtig wie die Absorption des Ozons ist für die Theorie diejenigedes Sauerstoffs. Hier ist zur Zeit die Frage vor allem, in welchem Umfangfür die ozonerzeugenden Sauerstoffbanden das BEER'sche Gesetz nicht-gültig') 8 ) ist.

    Ozon-Apparaturen

    Während für Einzeluntersuchungen die verschiedensten Apparate ver-wendet sind bis zu den kleinen Kunstwerken bei den unbemannten Auf-

    4) D. BARBIER et D. CHALONGE, Sur les coefficients d'absorption de l'ozone dans la régiondes bandes de Huggins. Ann. de Phys. (11) 17, 272, 1942.

    4a) D. BARRâER et D. CHALONGE, Révision des coefficients d'absorption de l'ozone dansla région 3416-3130 A. Journ. de Phys. Sér. VIII, 1, 217, 1940.

    5) TIEN Km, Etude de l'absorption atmosphérique d'après les observations faites àMontezuma de 1920 à 1930, par la Smithsonian Institution. Publ. Obs. Lyon II, Sér. I,241, 1938.

    6) J. STRONG, On a new method of measuring the mean height of the ozone in theatmosphere. J. FRANKLIN Inst. 231, 121 1941.

    ') W. HEILPERN, Die Absorption des Lichtes durch Sauerstoff bei der Wellenlänge= 2144 A. E. in Abhängigkeit vom Druck. Helv. Phys. Acta 14, 329, 1941.

    8 ) EDGAR MEYER, Ueber die Durchlässigkeit der Erdatmosphäre für Sonnenstrahlungder Wellenlänge 1 = 2144 A.E. EBENDORT 14, 625, 1941.

  • 252 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft iil Zürich. 1944

    Abb. 1Photoelektrisches Spektralphotonieter auf Sphinx-Juugfraujoch 1940

    stiegen REGENER'S und der Ozonradiosonde°), sind die laufenden Reihen desOzonbetrags fast durchweg mit Dobson-Apparaturen gewonnen. Dem Dob-son-Spektrographen folgte das empfindlichere photoelektrische Spektral-photometer, mit dem durchlaufend zur Zeit ausser in England in Tromsö,Aarhus, Potsdam bzw. Dresden und Arosa gemessen wird. Zwecks Einheit-lichkeit des.älteren und neueren Materials sind die Werte des alten Dobson-Spektrographen nach Aroser Vergleichen unabhängig von Sonnenhöhe oderOzonbetrag auf 88 % zu reduzieren. Dies liegt an den ursprünglich zu gerin-gen Absorptionskoeffizienten, bei Verwendung der neuen Absorptionswerteerrechnet sich in guter Übereinstimmung der Korrektionsfaktor 0,87. Übri-gens gibt schon das Observatorium Zi-Ka-Wei seine Dobsonspektrographen-messungen auf Grund geänderter Absorptionskoeffizienten, so dass Vor-sicht geboten ist bei der Zusammenstellung des Materials.

    Bei künstlicher Lichtquelle für spektrale Bestimmungen des Ozons inner-halb einer verhältnismässig geringen Erstreckung, wofür PENNDORF zurUnterscheidung vom Ozonbetrag eine Einigung auf den Namen

  • Jahrg. 89 F. W.. PAUL Gärz. .Der Stand ' des • Ozonproblems. 253

    übrigens bei der Wünschbarkeit eines auf einfache Weise zu gewinnendenumfangreicheren Materials in vermehrtem Masse nun auch wieder verbes-serten chemischen Methoden zu. Der Kunstgriff von V. H. REGENER")besteht in der Verwendung einer nur ganz kleinen Menge Reaktionslösung;Kondensieren des Ozons an tiefgekühltem Silicagel nach BRINER 1) sowieEDGAR und PANETH') wäre ausser für Standardmessungen zu zeitraubend;dagegen geben PANETH und GLÜCKAUF13 ) eine sehr rasch arbeitende elek-trochemische Methode an. Solche chemischen Messungen des Ozongehaltssollten auch rein klimatologisch interessieren als Kriterium reiner Luft, beider Herausarbeitung von Land- und Stadtklima, des alpinen Hang- und Tal-klimas u. a.

    Die Verteilung des Ozonbetrags iiber die-Erde-

    Als gedrängten Überblick geben wir eine Isoplethendarstellung des mitt-leren Ozonbetrags. Ein «mit den Jahreszeiten wandernder Gürtel maximalenOzons»') wurde schon vor dem Vorliegen irgendwelcher Messungen ver-mutet. Nach Abb. 2, in der er strichpunktiert miteingezeichnet ist, liegt erim Herbst und vor allem im Winter in etwa 60° n. Br., scheint sich imFrühjahr allerdings gegen den Pol zurückzuziehen und tritt im Sommer, wiedie Königsbucht-Messungen gezeigt haben, zunächst als sekundäres Neben-maximum auf. Immer und immer wieder betonte ich die Wichtigkeit vonMessungen im hohen Norden bis zu der zugespitzten Formulierung: «EinJahresgang des Ozons über dem Pol mit seiner halbjährigen Nacht, unddieses Problem wäre gelöst (Umschau 1935)». In Tromsö hat nun E. TONS-BERG seit einer kleinen gemeinsamen Arbeit vom Winter 1934/35 dauerndgemessen und seine Ergebnisse sind ganz ausserordentlich interessant. Derbekannte Abfall vom Frühjahr zum Herbst verläuft in Tromsö von 0,340 cmzu Anfang März stetig auf 0,200 cm im November; dann aber sackt dasOzon ab, besonders ausgeprägt zwischen 12. Dezember und 8. Januar, umwieder geradezu eruptionsartig bis Monatsende auf den doppelten Betragemporzuschnellen. Der Mittelwert des Lochs ist 0,150, einzelne Werte gehenherunter bis 0,050, was etwa auch der tiefste von HAMILTON 16 ) in der Polar-

    10)V. H. REGENER, Messungen des Ozongehaltes der Luft in Bodennähe. Met. Zs. 55,459, 1938.

    11)E. BEINrR, Adsorption et dosage de l'ozone de l'air au moyen du gel de silicerefroidi. Verh. Schweiz. Naturf. Ges. Chur 1938, S. 151.

    12) J. L. EDGAR and F. A. PANETH, The separation of ozone from other gases. Journ.Chem. Soc. 1941, pg. 511.

    13)F. A. PANETH and E. GLÜCKAUF, Measurement of atmospheric ozone by a quickelectrochemical method, Nature 147, 614, 1941.

    1") F. W. P. GÖTZ, Heber Ortshelligkeit im ultravioletten Licht. Verh. Schweiz. Naturf.Ges. II, 109, Luzern 1924.

    10 ) R. A. HAMILTON, High latitude ozone measurements. Quart. J. 65, 210, 1939.

  • Jan. Febr. Mai Okt.uliJuni Aug. NP/.Nov,Sept.

    254 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1944

    Abb. 2Isoplethen des Ozonbetrags

    nacht Nordostlands gemessene Betrag ist, dessen Ergebnisse wegen derUnsicherheit der Skalengleichheit übrigens für unsere Abbildung nicht mit-verwertet sind. Eine gewisse Fehlermöglichkeit der Berechnung des Ozon-betrags liegt in der unbekannten mittleren Höhe der Ozonschicht in derPolarnacht. Es steht mir nicht zu, Herrn TÖNSBERG I °) mit einer ausführ-lichen Diskussion seines hoffentlich bald zur Veröffentlichung kommendenMaterials vorzugreif en. Interessant müsste es auch sein, einmal währendeines Winters den Ozonverlauf in Tromsö und gleichzeitig einer Nachbar-station in der Breite des Polarkreises zu verfolgen. Die starken Gradientendes Polarwinters gehen Hand in Hand mit starken Schwankungen des Ozons.Während im Sommerhalbjahr keine grossen meridionalen Unterschiededer interdiurnen Veränderlichkeit bestehen — sie ist Juli/August in Indien0,005, in Arosa 0,009, in Tromsö 0,010, in Spitzbergen 0,007 cm — steigt sieim Dezember in Tromsö bis 0,056, worauf auch PENNDORF 17) zur Betonungder Wichtigkeit der Advektion hinweist. — Auch der Jahresgang gemässigterund südlicher Breiten ist durchaus keine ideale Sinuskurve. Das MaximumArosas Ende April ist ein Buckel. Dem Jahresgang von Zi-Ka-Wei (Shanghai)ist August bis Oktober ein sekundäres Maximum überlagert, und ähnliches

    10) Tromsö, Aarhus und Arosa stehen in gegenseitigem Austausch ihrer Messungen.17) Herr PENNDORF gab mir freundlichst Einblick in ein Manuskript «Beiträge zum

    Ozonproblem lb.

  • Jahrg. 89 F. W. PAUL GÖTZ. Der Stand des Ozonproblems. 255

    zeigt Chiplonkar 18 ) für Bombay. Für den Äquator weisen A. und E. VASSY15)gar auf zwei Hauptmaxima hin, die Senke zwischen ihnen beträgt nach denspärlichen Beobachtungen allerdings nur 1 % und bedarf so weiterer Be-stätigung. Schliesslich zeigt die Südhalbkugel nach der Isoplethendarstellungausgesprochen mehr Ozon als die Nordhemisphäre, was wir noch aus ihrergrösseren Turbulenz verstehen werden, sind doch ihre meridionalen Tem-peraturunterschiede grösser.

    Theoretische vertikale Ozonverteilung. Die Hohe maximalen Ozongehalts ist vorgegeben.

    Die photochemische Ozonbildung

    Den Schlüssel zum Verständnis dieser Verhältnisse haben wir in derphotochemischen Theorie des Ozons. Das Ozon wird bei der Absorptionder Wellenlängen um rund 2000 Â im Sauerstoff gebildet, während längereWellenlängen, die im Ozon absorbiert werden, dann dieses wieder zersetzen;so bildet sich nach E. REGENER eine Gleichgewichtskonzentration aus. Nurso ist ja auch das dauernde Vorkommen eines so schweren Gases in derhohen Atmosphäre denkbar. Die grundlegende Theorie der vertikalen Ein-lagerung einer derartigen photochemischen Gleichgewichtsschicht in derAtmosphäre gab R. MECKE. Als Gleichgewichtsbetrag sind schon im Ergeb-nisband I') die 0,16 bis 0,17 cm vermutet, wie sie nicht nur am Äquator, son-dern optimal auch im Herbst mittlerer Breiten gefunden werden. Nun istdas Gleichgewicht stark temperaturabhängig, tiefe Temperatur erlaubt einesehr viel höhere Konzentration. HARTECK wies so 1931 darauf hin, dass nach

    18)M, W. CHIPLONKAR, Measurements of atmospheric ozone at Bombay. Proc. Ind. Acad.(A) 10, 105, 1939.

    19)A. et E. VASSy, Sur l'origine des variations de l'épaisseur réduite de l'ozone atmo-sphérique. C. R. 212, 301, 1941.

  • 256 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1944

    der kalten Polarnacht die Ozonmenge bei wiedererscheinender Sonne be-sonders stark zunehmen müsse, bis die nachhinkende Erwärmung schliess-lich wieder das Ozon abbaut. Unwillkürlich hält man sich den Jahresgangvon Tromsö vor Augen. Aber ist dies schon _ausreichend? Warum haben wirdenn entgegen aller Theorie gerade die geringen Ozonbeträge über demÄquator mit seiner zudem kalten Stratosphäre, woher das wetterhafte An-schwellen des Ozons? So ist schon an der ebengenannten Stelle darauf hin-gewiesen, dass die photochemische Theorie nur haltbar sei bei gleichzei-tiger Einbeziehung atmosphärischer Verfrachtungen. In dieser Hinsichthaben beim weiteren Ausbau der Theorie O. R. WULF und DEMING einensehr aufschlussreichen Beitrag gegeben durch Berechnung der Halbwerts-zeit, in der eine etwa infolge Konvektion erfolgte Störung des photochemi-schen Gleichgewichts durch die Sonne wieder rückgebildet wird. In 50 kmHöhe, also an der oberen Grenze der Ozonschicht, geschieht dies schon inwenigen Minuten; in 25 bis 30 km Höhe braucht es schon Tage; hier istalso konvektiv oder advektiv verfrachtetes Ozon schon in «geschütztem Be-reich». Mir einen Ozonstrom aus dem hohen Quellgebiet gab JAUMOTTE inter-essante Ansätze, nur müsste an Stelle der unzulänglichen Diffusion der Aus-tausch gesetzt werden, womit sich seit Jahresfrist H. U. DÜTSCH auf meineAnregung befasst.

    Beobachtungsergebnisse tier vertikalen Verteilung

    Die vertikale Verteilung wurde erschlossen teils indirekt aus Messungendes Zenithlichts auf Grund des Umkehreffekts, teils in direktem Durch-stossen der Schicht mittels unbemannten Ballons, Stratosphärenballons oderRadiosonde. Die Verteilung des Ozongehalts auf verschiedene Höhen nachZentimeter Ozon pro Kilometer ist für verschiedene Ozonbeträge in Ab-bildung 4 zusammengestellt. Nach dem Umkehreffekt liegt je die Hälftedes Ozons bei geringen Ozonbeträgen über 23 km bzw. unter 23 kmü. M.; bei hohem Ozonbetrag liegt diese mittlere Höhe in 21 km. Die ausdem Umkehreffekt analytisch erschlossene Blockverteilung in Ergebnis-band III 2 ) zeigt nun klar, wie sich bei Aroser mittleren Verhältnissen schonbei einem Ozonbetrag 0,280 der oberen Gleichgewichtsschicht von 0,160 einetiefere geschützte Schicht von 0,120 unterschiebt, diese untere schwillt beiweiterer Zunahme des Ozonbetrags entsprechend an, wobei dann auch dieursprünglich scharfe Trennung der beiden Schichten in etwa 20 km Höheetwas verschwommener wird. Für Ozonbetrag 0,280 ergab sich die mittlereHöhe der tieferen Schicht in 11, die Höhe der oberen in 29 km Höhe, wobeiallerdings zunächst nicht einzusehen ist, warum die Gleichgewichtsschichtnun höher liegen sollte. Dass diese Doppelschichtung noch von keiner direk-ten Methode erbracht werden konnte, berechtigt wohl zu dem Appell, dass

  • I ^ II ^ I il

    E. W. PAUL GÖTZ. Der Stand des Ozonproblems. 257

    Geringer 0zopbelrag: 0200 cm

    — nach „Umkehrellekl", Arosa Slralospharenllug, U. S. A

    dasselbe mil Korrekllon

    Jahrg. 89

    km

    45

    40

    35

    Milllerer Omnbelrag: 0.280 cm— Aegislnerbalton, Stuttgarl

    A. —•—•— nach „Umkehrellekr. home,V

    -a

    10

    5

    0,004- 0.008 0,0,2 0,0,6

    • Ozongehalt cm km0.004 0.008 0.0,2 00,6 • Ozongehalt cm km

    0,004 0.008 0.0,2 0.0,6 0.020 • Ozongeha cm/km

    Abb. 4Messungen der vertikalen Ozonverteilung

    dem Umkehreffekt auch heute noch weitere Pflege zugewandt werdenmöchte. Von anderer Seite wird nun neuerdings auf ganz anderem unab-hängigem Wege eine Advektionsschicht in 11 km Höhe nachgewiesen. Damitnähern wir uns schon mehr dem

    bodennahen Bereich

    mit seinen meteorologischen Faktoren, die kürzlich E. REGENER 20) sehreindringlich dargelegt hat, worauf ganz besonders verwiesen sei. Die Fried-richshafener chemischen Messungen21) 22) zeigen in Bestätigung der Tages-gänge von Cauer sehr schön das Aufräumen stagnierender, ozonarmer Luftunmittelbarer Bodennähe durch die Turbulenz. Dem von AUER gegebenenOzongang beim Föhn des 21. November 1938 (Abb. 5) entspricht gut einAroser Beispiel vom 14. Oktober 1939, bei dem allerdings der Gesamt-betrag, als «Ozonwolke> 23 ) gemessen ist (Abb. 6); der weitere Verlauf am15. mit dem Einbruch von Saharastaub illustriert wohl in hübscher Weisedie Ausführungen auf Seite 262 der eben zitierten Arbeit von E. REGENER.— Nun auch noch

    die obere Grenze der Ozonschicht.

    20)E. REGENER, Ozonschicht und atmosphärische Turbulenz. Met. Zs. 60, 253, 1943.21)R. AUER, Lieber den täglichen Gang des Ozongehaltes der bodennahen Luft. Gerl.

    Beitr. z. Geoph. 54, 137, 1939.22)In Y°) wird ein Bericht. von A. EHMERT über gleichzeitige Messungen in verschie-

    denen Höhen angekündigt.23) F. W. P. GÖTZ, Ozonwolken. Helv. Phys. Acta 13, 3, 1940.

  • 100 h^

    90

    70

    60

    50

    16 18 20

    Föhneinbruch 14.10.1939 15. 10.1939

    E-Wind

    rti

    S-W-Wind

    Ozonbetrag

    221

    90

    0

    — Arosa

    1 ,8

    — 50

    — 40

    24"

    cm1km

    0.002

    0 001

    C ID

    0.205

    0.200

    0.195

    258 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Züric. 1944

    21. 11. 1938 re l. Feuchtigkeit.l

    •Ozongehalt

    Friedrichshafen/0

    Föhndauer

    I I I

    _

    I I I

    Abb. 5 und 6Tagesgänge des Ozons bei Föhn

    Eine schöne Möglichkeit bestünde nach Ergebnisband I im Studium derMondfinsternisse im Ultraviolett, da hier die ganze Ozonschale ja eineneinheitlichen Lichtschirm bildet. Mein alter Lehrer Professor M. WOLF hatsich auf der Sternwarte Königstuhl–Heidelberg in seinen letzten Lebens-jahren auf meine Bitte hin in dieser Richtung bemüht, doch hatten die da-maligen spektralen Hilfsgeräte des Waltzreflektors nicht die nötige Licht-stärke. Hier dürften wohl Interferenzfilter für Ultraviolett künftig weiter-führen. Neuerdings gelangen BARRIER, CHALONGE und VIGROUx 24) zu Aus-sagen bis vorläufig 16 km Höhe, sie betonen auch die Möglichkeit, solcher-massen etwaige weitere unbekannte Spurengase der Atmosphäre zu ent-decken. Von den verschiedenen andern Möglichkeiten zu einer Aussageüber die obere Grenze des Ozons interessiert neuerdings vor allem dieNatriumschicht. Als BERNARD aus dem Dämmerungseffekt ihre Höhe zu60 km angab, wies ich unter der Annahme, dass es sich nicht um Resonanz-fluoreszenz, sondern um Photolumineszenz") handle, in Ergebnisband III

    25) D. BARBIER, D. CHALONGE et E. VIGROUX, Utilisation des éclipses de lune 2 l'étudede la haute atmosphère. C. R. 214, 983, 1942. — Etude spectrophotométrique de l'éclipsede lune des 2 et 3 mars 1942. Ann. Astrophys. 5, 1, 1942.

    76 ) R. MECKE weist auf dle Seriengrenze des Natriums bei 2412 Â hin.

  • Jahrg. 89 F. W. PAUL GÖTZ. Der Stand des Ozonproblems. 259

    kurz darauf hin, dass entsprechend auch hier die Höhe der Ozonschicht alsgewissermassen den festen Erdkern vergrössernd wieder hinzugeschlagenwerden müsste. In der Tat fanden dann VEGARD und TÖNSBERG26) eineobere Natriumgrenze von 116 km. PENNDORF27) hat unter schärferer Defini-tion der Ozonschattengrenze die Absorptionsverhältnisse unterhalb derObergrenze der Ozonschicht durchgerechnet mit dem Ziel l7 ), gerade dieObergrenze der Ozonschicht möglichst genau zu erfassen. Auch CARLO undSTILLE sollen an Stelle ihrer früheren auf Resonanzfluoreszenz beruhendenAngaben28 ) nun neue Messungen gemacht haben, die eine Ozonobergrenzevon 54 km ergeben. Übrigens mag das Natriumleuchten mitunter gewisser-massen unmittelbar sichtbar werden in den Leuchtstreif en, für die sieh am27. I. 1941 nach einer etwas ungenauen parallaktischen Höhenbestimmungals Höhe die untere Jonosphäre ergab 29 ). — Eine genaue Ozonverteilung ander Obergrenze ist natürlich sehr erwünscht für die Theorie der

    «warmen Schicht»,

    an die uns der anormale Schall zur Zeit leider nur allzuoft erinnert, ein Ge-biet, das nach Kriegsende vielleicht wieder mehr gepflegt wird, nachdem sichmit den heutigen ausgedehnten aerologischen Daten die Schallbahn vielsicherer festlegen lassen muss als vor 20 Jahren. An der gelegentlich nochbestrittenen Existenz der warmen Schicht ist schwerlich zu zweifeln; aktuel-ler ist zur Zeit wohl, dass das Ozon auch für die

    Temperatur der tieferen, kalten Stratosphäre

    mehr und mehr bedeutungsvoll wird. Nach einer Veranschaulichung vonRAET}IJEN 80) ergibt schon der elementarste Ansatz für das Strahlungsgleich-gewicht

    2 Ö Ts4•ks, S•ks+L•k,•,

    in dem die rechte Seite das aus Sonnenstrahlung S und tellurischer Strah-lung L bei den Absorptionskoeffizienten k Absorbierte, die linke Seite dasvon beiden Seiten der stratosphärischen Schicht zur Kompensation Ausge-strahlte bedeuten, das Verhältnis

    S ks0,18 für 15 km HöheL k,, 1,0 für 30 km Höhe

    90) L. VEGARD und E. TÖNsBERG, Investigations on the auroral and twilight lumines-cence ..., Geophys. Publ. 13, Nr. 1, 1940.

    27) R. PENNDORF, Die Ozonverteilung zwischen 40 und 50 km Höhe und die Lage derOzonschattengrenze bei Sonnenuntergang. Met. Zs. 60, 401, 1943.

    28)G. CARIO und U. STILLE, Bestimmung und Deutung der Natrium-Fluoreszenzstrah-lung im Dämmerungsleuchten. Z. f. Phys. 116, 122, 1940.

    20 ) F. W. P. GÖTZ, Das Nachthimmelslicht. Handb. der Geoph. VIII, S. 415, 1943.30 ) P. RAETHIEN, Zum Strahlungsgleichgewichtsproblem. Met. Zs. 57, 317, 1940.

  • 260 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich. 1944

    Reine Wasserdampfabsorption würde selbst dem oberen Wert schon nichtmehr gerecht, zumal sie nach den neueren Daten nach ELSÄSSER undSTRONG viel weniger ausgibt (die Absorption in atmosphärischem Wasser-dampf ist viel geringer als in Dampf). Da ist die Kohlensäure: Sie absorbiertzwischen 13 und 17 µ fast total, ihre Ausstrahlung wird darum erst in derStratosphäre wirksam, aber wegen ihres überall sich gleichbleibenden An-teils kann sie die stratosphärischen Temperaturunterschiede zwischen Tropenund gemässigten Breiten auch nicht erklären. Deren Ursache sieht F. MÖL-LER") so in der veränderlichen Schutzwirkung des über der Kohlensäureliegenden, im genannten Spektralbereich ebenfalls absorbierenden Ozons:Am Äquator bedeutet das dort geringe Ozon vermehrte Ausstrahlungsfähig-keit der Kohlensäure und entsprechend niedrigere Temperaturen der Tro-popause. Noch unmittelbarer ist die zum selben Ergebnis kommende Dar-stellung von DOBSON 32 ). Nachdem nicht nur der Wasserdampf an Bedeutungverloren, sondern andererseits die 9,6 u-Ozonabsorption sehr gewonnenhat, mag man wohl in erster Annäherung nun Wasserdampf, Kohlensäureund Ozon als gleich starke Absorber einschätzen. Wasserdampf und vor allemKohlensäure haben wohl eine Strahlungsgleichgewichtstemperatur unter200 G abs. Für die Ozongleichgewichtstemperatur darf man natürlich nichtdie hohen Werte setzen, die an der einer vollen Intensität der kurzwelligenSonnenstrahlung ausgesetzten Ozonobergrenze die warme Schicht schaffen.Aber selbst unter der Annahme, dass alles kurzwellige Licht schon weg-gefiltert ist und so das Ozon der tieferen Stratosphäre nur terrestrische Strah-lung absorbiert, kommt man schon auf 250° abs; einige kurzwellige Strah-lung wird aber zweifellos absorbiert und wird die Temperatur erhöhen. Sowäre für unsere Breiten die rohe Bilanz

    0, 260°CO., 200°H00 200°

    was sich sehr annehmbar ausnimmt.

    im Mittel 220° abs.,

    Ozonbetrag und Wetter

    Dass eine enge Beziehung zwischen Ozon und selbst Bodenwetterkarte (inSchanghai sind umgekehrt zu Mitteleuropa höhere Ozonwerte in der Anti-zyklone), vor allem aber den meteorologischen Daten der Stratosphäre be-steht, zeigten DOBSON, DUCKERT und in einer besonders gründlichen Studie

    91 ) FRITZ MÖLLER, Zur Erklärung der Stratosphärentemperatur. Naturw. 31, 148, 1943.— F. LINER .und F. MÖLLER, Langwellige Strahlungsströme in der Atmosphäre und dieStrahlungsbilanz. Handb. d. Geoph. VIII, 651, 1944.

    3') G. M. B. DORSON, Atmospheric radiation and the temperature of the lower strato-sphere. Qu. J. 68, 202, 1942.

  • Jahrg. 89 F. W. PAUL GÖTZ. Der Stand des Ozonproblems. 261

    MEETHAM. Überraschend eng ist die positive Korrelation des Ozonbetragsund der potentiellen Temperatur in 18 km Höhe; negativ ist sie zur Dichte,zum Druck und zur Höhe der Tropopause 33 ). Als Gedächtnisregel diene fol-gendes Schema in der Art des Gegenläufigkeitsgesetzes:

    tief Ozonbetrag hoch

    tief Stratosphärentemperatur hochI I

    hoch Tropopausenhöhe tiefI I

    hoch Troposphärentemperatur tief

    T Luftmasse A

    Man ist versucht, einen ursächlichen Zusammenhang entsprechend denDarlegungen des letzten Abschnitts zu suchen. Falls die Druckminderung inhöheren Schichten eine Folge erhöhten Ozons ist, so müsste sich durch-schnittlich die negative Korrelation zwischen Ozonbetrag und der absolutenHöhe der 500 mb- bzw. 250 mb-Fläche des Folgetags grösser ergeben alsdie gleiche Korrelation am Vortag. Nach einer derzeitigen Untersuchungvon F. BAUD. und GÖTZ erfolgt aber Ab- und Zunahme des Ozonbetrags fastgleichzeitig mit der Hebung und Senkung der Flächen gleichen Luftdrucks,also genau dasselbe Ergebnis, das schon früher MEETHAM für Ozon undpotentielle Temperatur erhielt. Wenn etwas Derartiges existiert, wird es offen-bar vollkommen überdeckt durch die Strömungsvorgänge, und das Ozonwäre als konservative Eigenschaft im wesentlichen dann nur deren «Indi-kator>> (CHAPMAN). Aber auch dies rechtfertigt schon voll ausreichend dasInteresse des Meteorologen. Wenn man seit Jahren Tag für Tag den Ozon-betrag misst und immer wieder sieht, wie bei einem Einbruch von Arktik-luft der Ozonbetrag steigt, und bei einer Ozonabnahme auf einen Vorstossdes Azorenmaximums hofft, so bleibt nicht der geringste Zweifel an derüberwiegenden Rolle advektiver Vorgänge, wenn diese streng natürlichauch nur mittels der modernen Höhenwetterkarten verfolgt werden können,die mir persönlich übrigens nicht zugänglich sind. Auch die Übereinstim-mung der wetterhaften und der Gegenläufigkeit in meridionaler Richtung(«kosmischeny. Gegenläufigkeit) erklärt sich am einfachsten durch Advek-tion. Aber ebensowenig wie die Advektion es allein erklären kann, warum dieTropopause in tiefen Zyklonen weiter herabreicht (PALMS N'scher Tropo-pausentrichter) als je in polaren Gebieten, finden sich auch bei der Neu-bildung von Zyklonen höhere Ozonbeträge, als sie durch Advektion alleinherangeschafft werden könnten. Eine junge Mittelmeerdepression mag den

    33) H. JOI-HANSEN, Eine aerologische Untersuchung mittels Radiosondlerungen in Tromsöwährend der Zeit vom 31. März bis 30. April 1939. (Abschnitt III, Ozonvariationen in Zu-sammenhang mit Tropopausen- und Temperatùrvariationen.) Met. Annaler 1, 54, 1942.

    3 ') A. et E. VASSY, Etude de l'ozone dans ses rapports avec la circulation atmosphérique.La Mét. No. 19, 1939.

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    262 Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zurich. 1944

    Ozonwert in Arosa plötzlich emporschnellen lassen. Neben der Advektionspielen sicher auch Vertikalbewegungen eine nicht zu vernachlässigendeRolle. Die alte Scheidewand zwischen Stratosphäre und Troposphäre ist jalängst gefallen"); in der Zyklone (Tropopausentrichter) wird Luft herunter-gesaugt aus höherem ozonreicherem Niveau, sei es nach üblicher Darstellungaus der sich photochemisch spontan wieder erneuernden Gleichgewichts-schicht oder aus einer durch Advektion sich wieder erneuernden sekundärenAdvektionsschicht. PALMEN 30 ) sieht sowohl Tropopausentopographie wieOzonverteilung als Effekt der dreidimensionalen Luftströmung. Ein weite-rer Fortschritt kann hier nur erreicht werden durch Schaffung eines dichtensynoptischen Beobachtungsnetzes. — Die besprochene Verknüpfung von«Tropopausenwellen» und Ozon führt uns nun auf die Frage von

    Ozonwellen")

    ganz allgemein. Da vom Luftdruck kaum schon ausreichend lange Reihenaus den für die Frage der Steuerung interessierenden Höhen vorliegen,

    Abb. 7Spiegelungspunkte

    sollte Indikator Ozon eine willkommene Ergänzung bieten. Bei der in Bäldezur Veröffentlichung kommenden Aroser Reihe 33 ) wurden die Abständebenachbarter Ozon-Spiegelungspunkte (Abb. 7) abgegriffen. An erster Stellestehen Wellen von 27 und 31 Tagen, weniger häufig finden sich auch 36,5,10 oder 20 und 15,5 Tage. Bei Durchsicht der Reihen zeigt sich manches,das im Einzelnen näher untersucht werden sollte. Der starke Einsatz desOzonbetrags im Winter 1939/40, dem ersten der kalten Winter, zeigt sichin Arosa deutlich in wellenartigen Schüben, die im Abstand von 24 Tageneinsetzen, der aus den Leipziger Untersuchungen bekannten polaren meri-dionalen troposphärischen Welle. Vor allem wird nun aber der langjährigeVerlauf interessieren (Abb. 8). Ich möchte kaum daran zweifeln, dass in

    35)Siehe Abb. 1 bei A. REFSDAL, Met. Zs. 50, 216, 1933.36)E. PALMÉN, Ueber die dreidimensionale Luftströmung in einer Zyklone und die

    Ozonverteilung. Procès-Verbaux Assoc. de Mét. Washington 1939 II, Bergen 1940, pg. 75.37)F. W. P. GÖTZ, Ozonwellen. Verh. Schweiz. Naturf. Ges., Schaffhausen 1943, S. 87.38) Die Ausmessung wurde durch die Stiftung Dr. J. DE GIACOMI und die Stiftung für

    wissenschaftl. Forschung an der Universität Zürich unterstützt.

  • Jahrg. 89 F. W. PAUL GÖTZ. Der Stand des Ozonproblems. 263

    Abb. 8

    Langjähriger Gang des Ozonbetrags Arosa in halbjährig übergreifenden Jahresmitteln.

    dieser Reihe eine 31/2 jährige Periode steckt, die der von BAUE und SCHUBERTuntersuchten dreijährigen Luftdruckwelle entspricht. Wir haben zur AroserOzonreihe den Luftdruckgang im Mittel einiger Höhenstationen invers bei-gezeichnet (Abb. 8). Während eines ganzen Jahrzehnts verhältnismässigschwacher Ausschläge im Jahresmittel des Ozongangs brachte nur 1933 einenhöheren Betrag; in jenem Jahr meldeten JAUMOTTE und ZISTLER bei hohenAufstiegen eine stärkere Temperaturzunahme als üblich; wie mag es sichhier bei dem starken Ozonanstieg der letzten Jahre verhalten haben?

    Die 27tägige Welle berechtigt uns schliesslich, kurz auch noch auf dieimmer gerne diskutierte Frage

    Ozon und Sonnenaktivität

    einzugehen. Während die wetterhaften Ozonschwankungen, wie wir sahen,in relativ tiefen Schichten vor sich gehen, sollte ein Einfluss der Sonnen-aktivität, mindestens primär, die Gleichgewichtsschicht treffen. Immer wiederfindet man in der Literatur noch wie selbstverständlich die Annahme hoherOzonwerte im Sonnenfleckenmaximum. Aber nur eine sehr starke Ände-rung der solaren Spektralverteilung liesse hier etwas erwarten. Mir schiender sicher nicht grosse Einfluss immer eher in der Richtung zu liegen, dassim Gegenteil das Sonnenfleckenmaximum den Ozongehalt vermindert. InAbb. 8 liegt im Sonnenfleckenminimaljahr 1933 der Ozonbetrag eher höher,als der Ausschlag der Luftdruckkurve erwarten liesse; umgekehrt bleibt erbeim Sonnenfleckenmaximum 1937 entschieden zurück. Den Einfluss imEinzelnen, etwa bei magnetischen Stürmen, würde man vorteilhaft an nächt-lichem Ozonmaterial verfolgen. Den Mechanismus könnte ich mir so denken,dass sich mit steigender Sonnenaktivität irgendwelche weitere hochatmo-

    30) Inzwischen noch erschienene Ozonarbeiten: G. DÉJARDÏN, Cahiers de Phys. Nr. 16,1, 1943. R. PENN/DORF, Met. Zs. 61, 231, 1944.

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    sphärische Schichten bilden, die gerade die ozonerzeugende Sonnenstrah-lung schwächen; vielleicht ausgehend von den in Arosa bei zwei Nordlich-tern nachgewiesenen Stickstoffatomen. Aber wir wollen weitere Spekula-tionen bis zum nächsten möglicherweise ebenfalls nochmals starken Sonnen-fleckenmaximum zurückstellen.

    Es wäre schön, wenn bis dahin mein Wunsch vom Ergebnisband IIIwenigstens in etwas sich erfüllte, dass sich ein. Spezialinstitut in gutemKlima voll und ganz dem Ozonproblem widmen könnte.