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Bulletin SEV/VSE 3/03 31 Schaltanlagen technik. Schnittstellen werden verscho- ben, vervielfacht und bekommen spe- zielle Bedeutungen. Im Rahmen der Kos- tensenkung für den Netzbetrieb werden neue Betriebs- und Unterhaltskonzepte realisiert, welche ebenfalls Auswirkun- gen auf die Leit- und Fernwirktechnik mit sich bringen. Ein effizienter und durchgängiger Datenaustausch über alle Netzebenen und auf allen Leitebenen ist somit eine absolute Notwendigkeit ge- worden. Daraus ergeben sich klare Forde- rungen, worauf die zukünftige Leit- und Fernwirktechnik basieren muss, nämlich: auf wohl definierten Schnittstellen zur Primärtechnik nach dem «Plug and Play»-Prinzip; auf Kommunikationsmitteln nach Stand der Mainstream-Kommunika- tionstechnik; auf einheitlichen, erweiterbaren Da- tenmodellen, welche die Anforderun- gen der Netzbetreiber erfüllen; auf Projektierungswerkzeugen für diese durchgängigen und konsistenten Datenmodelle; und auf einer einheitlichen Systembe- schreibung einschliesslich der Doku- mentation. Alle diese Forderungen verlangen nach umfassenden, aufeinander abge- stimmten Standards, welche durchgängig und für alle Anwendungsbereiche an- wendbar sind. Dies kann nur durch eine neue Generation von IEC 2) -Standards er- füllt werden. Heutige Standards des IEC TC 57 für den Netzbetrieb Das IEC TC 57 2) hat bereits Mitte der 60er-Jahren begonnen, internationale Kommunikationsprotokolle für die Fern- wirktechnik zu standardisieren. Dabei musste damals auf die vorhandenen Übertragungsmöglichkeiten genauso Rücksicht genommen werden wie auf das allgegenwärtige, heute immer noch exis- tierende extreme Umfeld des elektrischen Netzes, sowohl in klimatischer Hinsicht als auch bezüglich elektromagnetischer Störungen. Innerhalb der letzten Jahre wurden so verschiedene internationale Standards für die Leit- und Fernwirktech- nik erarbeitet, welche heute zum grössten Teil weltweit breite Anwendung finden. Bild 1 zeigt eine Übersicht über die vor- handenen und in Ausarbeitung stehenden IEC-Standards des TC 57. Neben den Standards der ISO 3) und ITU 4) sind die der IEC die weltweit an- erkannten Standards auf dem Gebiet der Elektrizitätsversorgung, die in der Schweiz durch den CES 5) der Electro- suisse 6) mitbestimmt und europäisch durch die Cenelec 7) übernommen wer- den. In der IEC werden die Standards für die Leit- und Fernwirktechnik durch die Arbeitsgruppen im TC 57 entwickelt, dessen Spiegelgremium in der Schweiz das TK 57 8) ist. Bei der Ausarbeitung eines Standards ist neben der zeitlichen Komponente der Einbezug aller möglichen Beteiligten von grösster Bedeutung. Während die An- wender vor allem bei der Definition der Anforderungen und Testprozeduren ge- fordert sind, ist die Definition des Stan- dards eher eine Aufgabe der Hersteller. Daneben sind jedoch auch Hochschulen, Branchenverbände sowie andere natio- nale und internationale Gremien und Beraterfirmen in den Arbeitsgruppen ver- treten. Oft werden Anforderungen oder Vorschläge von Organisationen wie Cigré 9) , IEEE 10) oder auch nationalen Der Standard IEC 61850 IEC 61850 in Schaltanlagen als Kern einer durchgängigen Kommunikationslösung für den Netzbetreiber Rund zwei Drittel der Endkosten für die elektrische Energie gehen zulasten der Netzbenutzung. Es stellt sich daher klar die Forderung nach mehr Effizienz und Kostensenkung in allen Bereichen durch die Netzbetreiber. Nebst der Primärtechnik – wie etwa Leitungen und Schaltanlagen – ist auch die Leittechnik bis hin zur übergeordneten Netzführung ein nicht zu vernachläs sigender Kostenfaktor. Für diesen Bereich möchte dieser Beitrag einen möglichen Weg aufzeigen, wie durch konsequente Bemü hungen in der Standardisierung eine optimale Lösung erzielt werden kann. Eine durchgängige Lösung für die Leit und Fern wirktechnik bezüglich Informationsaustausch und Datenver waltung vom Sensor bis hin zur Leitstelle kann mit Hilfe des Standards IEC 61850 1) aufgebaut werden. Für den elektrischen Energiemarkt – ob liberalisiert oder nicht – steht lediglich ein einziger Marktplatz zur Verfügung: das elektrische Netz, das – aufgeteilt in die verschiedenen Netzebenen – von einer grossen Anzahl Netzbetreibern unterhalten und betrieben wird. Nebst dem Auftrag der Netzbetreiber für eine sichere und zuverlässige Ener- gieversorgung stellt sich aber je länger je mehr die Forderung nach mehr Effizienz und Kostensenkung, und zwar sowohl für Bau und Unterhalt, Betriebsführung als auch für Verwaltung und Abrechnung. Bedingt durch den Kostendruck kommt es neben der Optimierung und Rationalisierung im eigenen Unterneh- men häufig – und dies wird in Zukunft vermehrt auftreten – zu Fusionen, Über- nahmen oder Kooperationen. Dies hat neben organisatorischen auch viele tech- nische Konsequenzen, insbesondere auch auf die Systeme der Leit- und Fernwirk- Rudolf Baumann, KlausPeter Brand, Christoph Brunner, Wolfgang Wimmer

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Page 1: Der Standard IEC 61850 - library.e.abb.com · PDF fileIn der IEC werden die Standards für die Leit- und Fernwirktechnik durch die Arbeitsgruppen im TC 57 entwickelt, dessen Spiegelgremium

Bulletin SEV/VSE 3/03 31

Schaltanlagen

technik. Schnittstellen werden verscho-ben, vervielfacht und bekommen spe-zielle Bedeutungen. Im Rahmen der Kos-tensenkung für den Netzbetrieb werdenneue Betriebs- und Unterhaltskonzepterealisiert, welche ebenfalls Auswirkun-gen auf die Leit- und Fernwirktechnikmit sich bringen. Ein effizienter unddurchgängiger Datenaustausch über alleNetzebenen und auf allen Leitebenen istsomit eine absolute Notwendigkeit ge-worden. Daraus ergeben sich klare Forde-rungen, worauf die zukünftige Leit- undFernwirktechnik basieren muss, nämlich: – auf wohl definierten Schnittstellen zur

Primärtechnik nach dem «Plug andPlay»-Prinzip;

– auf Kommunikationsmitteln nach Stand der Mainstream-Kommunika-tionstechnik;

– auf einheitlichen, erweiterbaren Da-tenmodellen, welche die Anforderun-gen der Netzbetreiber erfüllen;

– auf Projektierungswerkzeugen fürdiese durchgängigen und konsistentenDatenmodelle;

– und auf einer einheitlichen Systembe-schreibung einschliesslich der Doku-mentation.

Alle diese Forderungen verlangennach umfassenden, aufeinander abge-stimmten Standards, welche durchgängigund für alle Anwendungsbereiche an-wendbar sind. Dies kann nur durch eineneue Generation von IEC2)-Standards er-füllt werden.

Heutige Standards des IEC TC 57 für den Netzbetrieb

Das IEC TC 572) hat bereits Mitte der60er-Jahren begonnen, internationaleKommunikationsprotokolle für die Fern-wirktechnik zu standardisieren. Dabeimusste damals auf die vorhandenenÜbertragungsmöglichkeiten genausoRücksicht genommen werden wie auf dasallgegenwärtige, heute immer noch exis-tierende extreme Umfeld des elektrischenNetzes, sowohl in klimatischer Hinsichtals auch bezüglich elektromagnetischerStörungen. Innerhalb der letzten Jahrewurden so verschiedene internationaleStandards für die Leit- und Fernwirktech-nik erarbeitet, welche heute zum grösstenTeil weltweit breite Anwendung finden.Bild 1 zeigt eine Übersicht über die vor-handenen und in Ausarbeitung stehendenIEC-Standards des TC 57.

Neben den Standards der ISO3) undITU4) sind die der IEC die weltweit an-erkannten Standards auf dem Gebiet der Elektrizitätsversorgung, die in derSchweiz durch den CES5) der Electro-suisse6) mitbestimmt und europäischdurch die Cenelec7) übernommen wer-den. In der IEC werden die Standards fürdie Leit- und Fernwirktechnik durch dieArbeitsgruppen im TC 57 entwickelt,dessen Spiegelgremium in der Schweizdas TK 578) ist.

Bei der Ausarbeitung eines Standardsist neben der zeitlichen Komponente derEinbezug aller möglichen Beteiligten vongrösster Bedeutung. Während die An-wender vor allem bei der Definition derAnforderungen und Testprozeduren ge-fordert sind, ist die Definition des Stan-dards eher eine Aufgabe der Hersteller.Daneben sind jedoch auch Hochschulen,Branchenverbände sowie andere natio-nale und internationale Gremien undBeraterfirmen in den Arbeitsgruppen ver-treten. Oft werden Anforderungen oderVorschläge von Organisationen wieCigré9), IEEE10) oder auch nationalen

Der Standard IEC 61850 IEC 61850 in Schaltanlagen als Kern einer durchgängigenKommunikationslösung für den Netzbetreiber

Rund zwei Drittel der Endkosten für die elektrische Energiegehen zulasten der Netzbenutzung. Es stellt sich daher klar dieForderung nach mehr Effizienz und Kostensenkung in allenBereichen durch die Netzbetreiber. Nebst der Primärtechnik –wie etwa Leitungen und Schaltanlagen – ist auch die Leittechnikbis hin zur übergeordneten Netzführung ein nicht zu vernachläs�sigender Kostenfaktor. Für diesen Bereich möchte dieser Beitrageinen möglichen Weg aufzeigen, wie durch konsequente Bemü�hungen in der Standardisierung eine optimale Lösung erzieltwerden kann. Eine durchgängige Lösung für die Leit� und Fern�wirktechnik bezüglich Informationsaustausch und Datenver�waltung vom Sensor bis hin zur Leitstelle kann mit Hilfe desStandards IEC 618501) aufgebaut werden.

Für den elektrischen Energiemarkt –ob liberalisiert oder nicht – steht lediglichein einziger Marktplatz zur Verfügung:das elektrische Netz, das – aufgeteilt indie verschiedenen Netzebenen – von

einer grossen Anzahl Netzbetreibernunterhalten und betrieben wird.

Nebst dem Auftrag der Netzbetreiberfür eine sichere und zuverlässige Ener-gieversorgung stellt sich aber je länger jemehr die Forderung nach mehr Effizienzund Kostensenkung, und zwar sowohl fürBau und Unterhalt, Betriebsführung alsauch für Verwaltung und Abrechnung.

Bedingt durch den Kostendruckkommt es neben der Optimierung undRationalisierung im eigenen Unterneh-men häufig – und dies wird in Zukunftvermehrt auftreten – zu Fusionen, Über-nahmen oder Kooperationen. Dies hatneben organisatorischen auch viele tech-nische Konsequenzen, insbesondere auchauf die Systeme der Leit- und Fernwirk-

Rudolf Baumann, Klaus�Peter Brand,Christoph Brunner, WolfgangWimmer

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Bulletin SEV/AES 3/0332

Normung

Gremien wie VDE11) in die IEC-Arbeits-gruppen eingebracht. Auf diese Art ist ge-währleistet, dass ein Standard breite Ak-zeptanz findet und möglichst alle gestell-ten Anforderungen erfüllt (Bild 2).

Ein Standard im heutigen komplexenUmfeld von Netzwerken und Informatik-anforderungen ist nie ganz fertig und ab-geschlossen. Für seine Akzeptanz undseine Anwendung muss er permanentunterhalten und erweitert werden. Dieserfolgt heute mit Vorteil unter Mitwir-kung von möglichst internationalen Be-nutzergruppen (User Groups), welcheAnwendungserfahrung und neue Anfor-derungen zuhanden der IEC-Arbeitsgrup-pen einbringen.

Der KommunikationsstandardIEC 61850Kommunikation in der Schaltanlage

Das Anwendungsgebiet des StandardsIEC 61850 «Communication Networks

Bild 1 Standards des IEC TC 57Scada: Supervisory Control And Data Acquisition (Grundfunktionen jedes Leitsystems); CIM: Common Information Model von IEC 61970; FW: Fernwirken; ICCP: InterCenter Communication Protocol, entspricht TASE.2 aus IEC 60870�6; THF: Träger�Hochfrequenz (Datenübertragung über Stromleitungen)

Bild 2 Nationale und internationale Normengremien

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Bulletin SEV/VSE 3/03 33

Schaltanlagen

and Systems in Substations» ist die ge-samte Kommunikation für alle Funktio-nen in der Schaltanlage. Das Ziel ist dieInteroperabilität der Geräte verschiede-ner Hersteller, d.h. der Austausch von In-formationen und die Nutzung für die je-weils eigene Funktionalität. Eine Einfüh-rung in diesen Standard findet sich in [1].Durch seinen von der Anwendung her de-finierten Ansatz ist er ein Standard derneuen Generation. Zu beachten ist, dassdie Kommunikation nach IEC 61850auch die Prozessebene mit Echtzeitdatenumfasst, d.h. Abtastwerte, Stellungsmel-dungen, Befehle und Schutzauslösungen.

Der Standard IEC 61850 umfasst heute14 Teile, die schrittweise publiziert wer-den. Er ist weit fortgeschritten und wirdgegen Ende 2003 als InternationalerStandard (IS) vorliegen. Soweit die Teileals IS vorliegen, sind sie bei der IEC1,2)

erhältlich. Dokumente im Entwurfssta-dium sind bei den Nationalen Komitees,d.h. in der Schweiz beim TK 57 verfüg-bar8).

Der Ansatz des IEC 61850Das Funktionsmodell

Zur Identifikation der Kommunika-tionsanforderungen werden in einem ers-ten Schritt alle Funktionen in der Schalt-anlage aus der Sicht der Kommunikationzerlegt, d.h. in die kleinsten Einheiten(logische Knoten bzw. Logical Nodes,LN), die miteinander kommunizieren undso auch alle zu kommunizierenden Datenenthalten. Die Datenstruktur ist objekt-orientiert. Beispiele sind in [1] und Bild 3zu finden. Die standardisierten Typen vonlogischen Knoten (mit standardisiertenNamen, Bild 3) können mehrfach und inbeliebigen Geräten implementiert wer-den.

Die logischen Knoten und ihre Datensind Objekte, auf die mit standardisiertenDiensten (Services) zugegriffen wirdoder die sich mit solchen standardisierten

Diensten melden.Objekte und Diens-te bilden das Funk-tions- oder Appli-kationsmodell undentsprechen denAnforderungen derSchaltanlage bzw.der Schaltanlagen-automatisierung.

Das GerätemodellDas Funktions-

modell ist in derSoftware von Gerä-ten realisiert. Des-halb muss diesesdurch ein Geräte-modell (PhysicalDevice, PD) ergänzt werden, welches diedurch das Gerät gegebenen gemeinsamenEigenschaften beschreibt. Logische Kno-ten werden in logischen Geräten (LogicalDevice, LD) gruppiert. Die gemeinsamenGeräteeigenschaften werden im LNLPHD (Logical Node for Physical De-vice) beschrieben. Ein Beispiel für einGerätemodell, welches die Kombinationvon Schutz und Steuern enthält, ist sche-matisch in Bild 3 gezeigt.

Die Konfigurationsbeschreibungs-sprache

Das Datenmodell mit allen benutztenOptionen, die Zuordnung zu den Geräten,alle Kommunikationsverbindungen unddie Zuordnung zur Primärtechnik werdendurch eine standardisierte Systembe-schreibungssprache (Substation Configu-ration description Language, SCL) alsXML-Dateien beschrieben (Bild 4). DieVerwendung dieser Sprache im Projektie-rungsprozess zum Datenaustausch zwi-schen Projektierungswerkzeugen ver-schiedener Hersteller ist in [1] beschrie-ben.

Die Auswahl des Kommunikationsstacks IEC 61850 definiert keinen eigenen

Kommunikationsstack nach dem 7-Schichten-Modell von ISO/OSI12), son-dern wählt einen solchen aus der Main-stream-Technologie aus. Im Teil IEC61850-8-1 sind dies Ethernet13) (Schicht1 und 2), TCP/IP14) (Schicht 3 und 4) undMMS15) (Schichten 5 bis 7).

Die Abbildung auf den Kommunikations-stack

Das schaltanlagenspezifische Modellwird eindeutig auf die Applikations-schicht (Schicht 7, hier MMS) des ausge-wählten Stacks abgebildet. Die meistenDaten werden in einer Client-Server-Be-ziehung ausgetauscht. Zeitkritische Tele-

gramme für Blockierungen, Schutzauslö-sungen und analoge Abtastwerte werdendirekt auf die Schicht 2 (hier EthernetLink Layer) abgebildet. Dies ist schema-tisch in Bild 5 gezeigt.

Damit bedeutet eine Änderung in derKommunikationstechnologie (Protokoll)durch den zukünftigen Stand der Technik

Bild 3 Schematische Darstellung des Modells einesGerätesDargestellt sind die logischen Knoten LLN0 (Allge�meine Eigenschaften), PDIS (Distanzschutz), PTOC(Überstromschutz mit Zeitverzögerung), CSWI (Schal�tersteuerung), CILO (Verriegelung) und LPHD (Gerä�teinformation)

Bild 4 Beispiel der SCL�Beschreibung eines Feldteiles

Bild 5 Abbildung des Anwendungsmodells auf dieKommunikation Dargestellt ist der ISO/OSI�Stack mit sieben Ebenen.GOOSE bedeutet «Generic Object Oriented Sub�station Event» und repräsentiert z.B. eine Schutz�auslösung oder eine Verriegelung.

keine Änderung in den Funktionen undDatenbanken, sondern es wird nur eineneue Abbildung benötigt.

Die Benutzung von IEC 61850ausserhalb des Schaltanlagenbereiches

Die grundlegenden Daten-Strukturie-rungsmodelle und Kommunikationsdien-ste von IEC 61850 sind generell für Leit-technik brauchbar, wurden doch Kon-zepte aus der Netzleittechnik (IEC60870-5-1011)), der Stationsleittechnik(IEC 60870-5-1031)) und der indus-triellen Prozessleittechnik (MMS) har-monisiert und integriert. So ist es nichtüberraschend, dass sich auch schon An-

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Normung

wendungsgebiete ausserhalb der Sta-tionsleittechnik gefunden haben.

Das anwendungsspezifische Datenmo-dell definiert kommunikationsmässig nurNamen/Adressen und Datentypen. Diedahinter liegende Semantik ist nur in den Teilen IEC 61850-7-3 und IEC61850-7-4 definiert. Die SCL–Konfigu-rationsdatei beschreibt die projektspezifi-schen Namen und Datentypen. Damit istdie Stack–Implementierung unabhängigvon der semantischen Definition undkann auch für andere Anwendungsge-biete kompatibel genutzt werden. Diesverringert sowohl den Trainingsaufwandals auch den Wartungsaufwand für Kom-munikation. So werden zum Beispiel fürWindkraftwerke durch das TC8816) imIEC 61400-251) spezifische logischeKnoten und Datenobjekte definiert. Dieskönnte auch generell für Kraftwerkegetan werden.

Es liegt nahe, IEC61850 auch ausser-halb der Schaltanlage für die Kommu-nikation zum Netzleitzentrum, denEchtzeitdatenaustausch zwischen Netz-leitzentren und für den Leitungsschutz(Differenzialschutz, Distanzschutz) zuverwenden, da dort die gleichen Datenund Dienste wie bei der Schaltanlagenau-tomatisierung auftreten.

Die Grundlagen einer durch�gängigen Kommunikationzum NetzleitzentrumDurchgängige Kommunikations-protokolle

Bild 1 gibt einen Überblick über dieKommunikationsprotokolle, welche der-zeit bei IEC TC 57 für die Leit- und Fern-wirktechnik auf dem Gebiet der Elektrizi-tätsversorgung spezifiziert sind. Die neu-eren Protokolle inklusive TASE.217) undIEC 60870-5-104 basieren auf TCP/

IP. Die Elektrizi-tätsversorgungs-u n t e r n e h m e n(EVU) setzen ver-mehrt schnelleKommunikations-netzwerke auch zurKommunikat ionzwischen der Leit-stelle und den Un-terstationen ein.Damit steht auchfür diese Kommu-nikat ionsverbin-dung ein TCP/IP-Kanal zur Verfü-gung.

Mit der durch-gängigen Verwen-

dung von TCP/IP von der Netzleitstellebis zum Prozess ist in den unteren Kom-munikationsschichten die grundlegendeInfrastruktur für eine durchgängige Kom-munikation vorhanden. Um jedoch einendurchgängigen Datenaustausch zwischenden Geräten aller Leitebenen zu ermög-lichen, müssen auch die oberen Kommu-nikationsschichten eine gemeinsameSprache sprechen. Dies ist zwischen denheute verwendeten Protokollen nicht derFall.

Die SPAG (Strategic Policy AdvisoryGroup) des TC 57 hat deshalb vorge-schlagen, für die Zukunft IEC 61850nicht nur für die Kommunikation inner-halb der Schaltanlage, sondern auch fürdie Kommunikation zwischen der Schalt-anlage und der Netzleitstelle zu verwen-den. Eine durch die SPAG eingesetzte Ar-beitsgruppe konnte nachweisen, dass dieKommunikationsdienste gemäss IEC61850 die Anforderung für eine Kommu-nikation zwischen Netzleitstelle undUnterstation (Schaltanlage) erfüllen.

Somit bietet IEC 61850 die Grundlagefür eine durchgängige Kommunikationauf allen Kommunikationsschichten. DieForderungen für einen effizienteren Netz-betrieb, wie sie einleitend beschriebenwurden, verlangen jedoch für die ganzeLeit- und Fernwirktechnik unter anderemauch einheitliche Datenmodelle.

Aspekte einheitlicher DatenmodelleIEC 61850 beschreibt die Daten der

Schaltanlage als hierarchische, objekt-orientierte Struktur, welche für die Über-tragung der Daten in Echtzeit optimiertist. IEC619701) definiert ein Datenmo-dell des gesamten Energienetzes zur Ver-wendung innerhalb der Leitstelle, dasCIM (Common Information Model). Die-ses Datenmodell beinhaltet die für dieLeitstelle relevante Sicht der Daten ausder Schaltanlage. Um der Anforderung

nach einem effizienten Netzbetrieb ge-recht zu werden, müssen die Daten ausder Schaltanlage möglichst nahtlos in dasCIM übernommen werden. Dabei müs-sen die folgenden Schritte umgesetztwerden:– Die für die Netzleitstelle relevanten

Daten der Schaltanlage müssen in derFernwirk-Anbindung zusammenge-fasst und mit Hilfe von IEC61850 zurNetzleitstelle übertragen werden.Dabei werden die in IEC 61850 spezi-fizierten Datenstrukturen verwendet.Das Prinzip ist in Bild 6 dargestellt.

– In der Netzleitstelle müssen die emp-fangenen Daten in das CIM-Datenmo-dell abgebildet werden. Die beidenSpezifikationen sind soweit harmoni-siert, dass eine Abbildung der Daten-punkte der Schaltanlage auf das CIMder Netzleitstelle möglich ist.Dies alleine reicht jedoch nicht, um

automatisch CIM-Daten mit Daten nachIEC 61850 in Beziehung setzen zu kön-nen. Zusätzlich ist eine systemweit ein-heitliche Benennung aller Objekte zu-mindest als «Technical Key» (technischeObjektidentifikation) notwendig. SCL,die Konfigurationssprache von IEC61850, und CIM stellen die Mittel dafürzur Verfügung, der Inhalt muss durch dieEVU definiert werden, z.B. auf der Basisvon IEC 613461) .

Die Forderung nach einmaliger Daten-projektierung wird durch eine durchgän-gige Systembeschreibung erfüllt. Die Be-schreibung der Schaltanlage durch SCLbeinhaltet nicht nur die für die Sekundär-technik relevanten Konfigurationsdaten,sondern auch die Topologie der Primär-technik. Die dabei verwendete Hierarchie(Station – Spannungsebene – Feld –Gerät) stimmt mit der Hierarchie desCIM überein. Netzmanagementsystemekönnen die SCL-Datei einlesen und dar-aus z.B. die Netzdatenbank generieren.Der Ablauf ist in Bild 7 schematisch dar-gestellt.

IEC 61850 als durchgängige Kommu-nikation bis zur Netzleitstelle zusammenmit IEC 61970 als Datenmodell zur Ver-wendung innerhalb der Netzleitstelle er-

Bild 6 Zusammenfassung der für die Netzleittechnik relevanten Daten («ControlCenter View») in der Fernwirkanbindung (Gateway)

Bild 7 Austausch der Konfigurationsdaten

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Schaltanlagen

füllen somit alle Anforderungen für eineneffizienten Netzbetrieb.

Nutzungsmöglichkeiten derdurchgängigen Kommunikation Wartung

Geräte, welche IEC-61850-kompatibelsind, werden durch eine SCL-Gerätedateibeschrieben. Dies erlaubt einen standar-disierten Einbezug aller Geräte in dieSystem-Projektierung – etwa bei Retrofitoder bei Erweiterungen. KomplexereGeräte können direkt mit dieser Dateikonfiguriert werden, oder die Datei kannzumindest aus dem jeweiligen Gerät ge-lesen werden. Aber auch sehr einfacheGeräte, welche gar nicht oder nur be-schränkt konfigurierbar sind, müssendurch solch eine Datei beschrieben sein.

Die Systemkonfiguration und die kom-munikationsbezogene Gerätekonfigura-tion von Stationsleitsystemen nach IEC61850 sind in SCL-Systemdateien be-schrieben (Bild 5 in [1]). Damit ist dersystembezogene Konfigurationsteil un-abhängig vom Gerätetyp oder der Geräte-Version. Beim Ersatz durch ein funktio-nell kompatibles Gerät können die«alten» Systemdaten wieder geladen wer-den.

Geräteparameter und Gerätekonfigura-tion sind in geräte- bzw. herstellerspezifi-schen Dateien beschrieben. Das bedeutet,dass beim Retrofit entweder ein auch hierkompatibler Gerätetyp benutzt oder einfunktionell gleiches Gerät entsprechendprojektiert werden muss, bevor die SCL-Systemdaten geladen werden können.Die Verwaltung aller Konfigurationsda-ten inklusive des Ladens auf alle Gerätekann jedoch herstellerunabhängig gelöstwerden. Alle Typen von Konfigurations-dateien lassen sich mit Standard-Metho-den (FTP18) oder IEC 61850) auch vonfern – z.B. von einem zentralen Konfigu-rationsverwaltungssystem – auf ein Sta-tionsleitsystem bringen und von dort indie Geräte laden, was sowohl lokal alsauch von fern veranlasst werden kann. Esist klar, dass entsprechende Fernladevor-gänge auch entsprechende Sicherheits-merkmale aufweisen müssen. Aber schondie zentrale Archivierung und das Zu-rückholen zentral archivierter Konfigura-tionsdaten vom fernen Server auf die Sta-tionsebene bringt eine grosse Erhöhungder Datenkonsistenz und der Datensi-cherheit. Damit kann korrektive Wartungfür alle Geräte – unabhängig von Herstel-ler oder Typ – mit den gleichen Software-Werkzeugen durchgeführt werden.

Wie bereits angedeutet, erlauben dieherstellerunabhängigen Datei-Manage-ment-Dienste und die herstellerunabhän-

gige Systembeschreibung eine zentraleVerwaltung aller Systemkonfigurations-dateien mit Versionsverwaltung voneinem zentralen System aus. Dabei mussallerdings die Benutzungsstrategie fest-gelegt werden. So stellt sich beispiels-weise die Frage, ob das zentrale Systemnur als Archiv verwendet und mit den de-zentral vorhandenen Dateien gearbeitetwird, oder ob alle Änderungen zentral ge-plant, vorprojektiert und dann die resul-tierenden, geänderten Konfigurationsda-teien verteilt werden.

Die herstellerunabhängige Gerätebe-schreibung erlaubt ferner, dass auch Sys-temerweiterungen später noch durchführ-bar sind, soweit eine eventuell nötigeNachführung der Funktionsprojektierungin den alten Geräten – z.B. für Verriege-lungen – gelöst werden kann. Bei Er-weiterungen muss ferner bedacht werden,dass die Umkonfiguration oder funktio-nelle Erweiterung von Geräten immernoch mit proprietären Software-Werk-zeugen erfolgt. Eine Erweiterung um Zu-satzfunktionen wie reine Überwachung,die keine Änderungen an bestehenderFunktionalität erfordert, ist jedoch immereinfach möglich.

Geplante Systemerweiterungen kön-nen in Form von SCL-Dateien mit zu-sätzlichen Funktionsbeschreibungen spe-zifiziert und an Hersteller abgegebenwerden, die damit Machbarkeit und Kos-ten schneller und einfacher bestimmenkönnen. Ausserdem wird die Spezifika-tion um einiges genauer. Dies ist natür-lich auch für Neuanlagen möglich, ob-wohl dort die SCL-Datei noch um eine

genauere Spezifikation der Funktionalitätder logischen Knoten ergänzt werdenmuss, welche bei einer bestehenden An-lage in der Regel schon vorhanden ist.

Einbindung der Stationsleittechnik inÜberwachung, Asset Managementund Planung

Die Definitionen des IEC 61850 sindauch auf eine standardisierte Leittechnik-Schnittstelle in der Primärtechnik an-wendbar. Dazu müssen die Primärtech-nikgeräte natürlich über eine Elektronikverfügen, die es ermöglicht, auch Mana-gementdaten wie Geräte-Seriennum-mern, Hersteller, Gerätetyp und gerätebe-zogene Überwachungsdaten wie Zahl derSchaltungen, Kontaktabbrand usw. direktvon diesen Primärtechnikgeräten abzu-fragen. Eine durchgängige Kommunika-tion und das standardisierte Datenmodellerlauben es, diese Daten auch für ein zen-trales Asset-Managementsystem direktaus den Schaltgeräten zu erhalten, umz.B. dessen Datenbanken aufzubauenoder um die Konsistenz der Asset-Mana-gementdaten und der realen Primärtech-nik automatisch zu prüfen. Damit könnenviele Probleme der Datenbankpflege ge-löst werden.

Eine solche Lösung empfiehlt sich je-doch nur, wenn die Daten wirklich direktaus der Primärtechnik ausgelesen werdenkönnen. Die Verwaltung von Manage-mentdaten beispielsweise in weiteren Da-tenbanken auf Stationsebene, nur weildas IEC-61850-Datenmodell dies erlaubt,schafft eher zusätzliche Probleme, dadann bei Anlageänderungen mehrere geo-

Bild 8 Die Benutzung des LN PSCH (Schutzschema) für den Leitungsschutz basierend auf dem Distanzschutz(LN PDIS)Andere logische Knoten sind PTOC (Überstromschutz mit Zeitverzögerung), PTRC (Auslösekonditionierung) undXCBR (Leistungsschalter).

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Normung

grafisch verteilte Datenbanken angepasstwerden müssen.

Die standardisierten Erweiterungs-möglichkeiten in IEC 61850 erlauben esauch, existierende logische Knoten wieZLIN für Leitungen oder ZGEN fürGeneratoren um Planungsdaten – bei-spielsweise Leitungsdaten für Netzbe-rechnungen – zu erweitern. Weiter kön-nen zusätzliche logische Knoten definiertwerden, etwa für dynamische Daten wie der momentane Spannungszustand(Spannung, geerdet, passiv) an topologi-schen Knoten. Alternativ können solcheDaten ins CIM integriert werden, falls sienicht schon darin enthalten sind. Umgrösstmöglichen Nutzen zu haben, solltedie Art und Weise für allgemein benutzteDaten zumindest innerhalb eines EVU –wenn nicht international – entschiedenund standardisiert werden. Sowohl SCLals auch CIM als Konfigurationsbeschrei-bungssprachen sind methodisch für sol-che Erweiterungen vorbereitet. Je nach-dem, ob die unterstützte Funktionalitätschon auf Stationsebene oder erst imNetzbereich gebraucht werden kann undwie wichtig der Kommunikationsaspektbei den zugehörigen dynamischen Datenist, kann entschieden werden, auf welcheWeise sie in das allgemeine Modell ein-geführt werden.

Erweiterte Anwendung im SchutzDer Standard IEC61850 ist von seiner

Aufgabenstellung her auf die Kommuni-kation in Schaltanlagen ausgerichtet. Dajedoch dieselben Informationen undÜbertragungsmechanismen (Objekte undDienste) auch für den Leitungsschutz(Distanzschutz: Freigaben, Verriege-lungen, Auslösungen, Zonen- und Rich-tungsinformation; Differenzialschutz:Abtastwerte oder Zeiger) benötigt wer-den, ist die Anwendung von IEC 61850eine erhebliche Vereinfachung: Datenmüssen nicht umkodiert oder umgerech-net werden, sondern stehen an beidenLeitungsenden mit gleicher Syntax, Se-mantik und Codierung zur Verfügung.Gleiches gilt auch für zukünftige Funk-tionen wie die Verriegelung und der Ein-bezug der Trenner und Erderstellung amjeweils anderen Ende der Leitung. Spe-ziell für den Leitungsschutz ist sowohlein LN PSCH («Schutzschema») als auchein LN MDIF («Differenzialdaten») imStandard enthalten (Bilder 8 und 9).

Selbstverständlich könnten auch an-dere Stacks verwendet werden. Beispiels-weise könnte der Physical Layer statt aufGlasfaser auch auf Funk basieren, odermoderne Hochgeschwindigkeitsnetzewie SDH19) könnten einbezogen werden.Da Single-Mode-Fasern aber bereits Dis-

tanzen von etwa 130 km ermöglichen, istfür viele Zwecke eine direkte Anwen-dung von IEC 61850 naheliegend.

Einbindung von Business-SystemenDie Informationen für den Energiehan-

del werden in den Stationen erfasst undüber IEC61850 innerhalb der jeweiligenStation und eventuell auch nach aussenweitergeleitet. Die Schnittstelle zu denBusiness-Systemen erfolgt jedoch sinn-vollerweise auf der Netzleitebene. Des-halb sollte diese Verbindung durch eineErweiterung des CIM geschehen.

Bewertung Der Standard IEC61850 ist ein leis-

tungsfähiger Standard einer neuen Gene-ration, der die heutigen und zukünftigenAnforderungen an die Interoperabilitätabdeckt. Er kann so den Grundstein füreine durchgängige Kommunikationslö-sung für Netzbetreiber bilden. Erste Akti-vitäten dazu laufen bereits.

Der Standard ist sehr umfangreich (bisheute 14 Teile) und wird als komplex an-gesehen. Seine Anwendung wird jedochdurch seine Objektorientierung für denBenutzer sehr einfach. Die Applikationenbenutzen ein Datenmodell mit klarerSyntax und eine Semantik aus dem Be-nutzeralltag. Regeln erlauben eine Erwei-terung um Daten mit neuer Semantik,ohne die Vorteile des Standards zu op-fern. Spezielles Kommunikationswissenwie beispielsweise Nummerncodes oderAdressierung ist nicht notwendig. Derphysikalische Systemaufbau beschränkt

sich auf das Zusammenstecken der Ge-räte mit bekannten Kommunikations-komponenten aus der Ethernet-Welt,deren Konfiguration allerdings bei kom-plexeren Systemen so entworfen werdenmuss, dass die Systemperformance insbe-sondere der Echtzeitfunktionen gewähr-leistet ist.

Die Komplexität ist damit zu den Ent-wicklern der kommunizierenden Geräteund der Projektierungs- und Planungs-werkzeuge verschoben, d.h. zu den Sys-temlieferanten. Neben einer einfacherenKommunikation bringt dies den Anwen-dern auch einfachere Nutzungskonzepteund eine einfachere Systempflege.

Ausblick auf Internet�Technologien

Der Aufbau des IEC61850, der dasApplikationsmodell mittels eines Map-ping von einem vorliegenden Protokoll-Stack trennt, erlaubt es sehr einfach, die-ses auf andere Stacks zu übertragen. ImSinne einer offenen Kommunikation sinddafür auch Internet-basierende Technolo-gien oberhalb von TCP/IP durchaus ange-bracht.

Ein Mapping des Client-Server-Teilsvon IEC61850 (Bild 5) auf HTTP/XML– beispielsweise mit SOAP-basiertenServices – erlaubt es, Internet-Technolo-gien und Anwendungs-Entwicklungsum-gebungen direkt zu verwenden. Dieskann ein Standardbrowser als Client seinoder auch eine Anwendung, welche mitden üblichen Entwicklungsumgebungenfür Web-Anwendungen geschrieben

Bild 9 Das Schema eines Leitungsdifferenzialschutzes mit Anwendung des LN PDIF (Differenzialschutz) unddes LN MDIF (Differenzialdaten)Die anderen aufgeführten LNs sind TCTR (Stromwandler), PTRC (Auslösekonditionierung) und XCBR (Leis�tungsschalter).

Page 7: Der Standard IEC 61850 - library.e.abb.com · PDF fileIn der IEC werden die Standards für die Leit- und Fernwirktechnik durch die Arbeitsgruppen im TC 57 entwickelt, dessen Spiegelgremium

Bulletin SEV/VSE 3/03 37

Schaltanlagen

La norme CEI 61850 CEI 61850 dans les postes de couplage, élément cruciald’une solution intégrale de communication pourl’exploitant de réseau

Les coûts définitifs de l’énergie électrique sont pour les deux-tiers environ im-putables à l’exploitation du réseau. Il est donc évident que les exploitants deréseau doivent augmenter l’efficacité et réduire les coûts dans tous les domaines.Outre la technique primaire – comme les lignes et les postes de couplage – la tech-nique de commande représente, jusqu’à la commande supérieure du réseau, unfacteur de coûts non négligeable. Dans ce domaine, l’article tente de présenter unepossibilité d’obtenir une solution optimale par des efforts conséquents de standar-disation. Une solution intégrale pour la technique de commande et de téléactionpour l’échange d’informations et la gestion des données, du palpeur au poste decommande, peut être réalisée à l’aide de la norme CEI 618501).

wird. Insbesondere für Wartungsdiensteoder auch für Überwachungs- und Asset-Managementanwendungen bietet sichdamit eine kostengünstige Implementie-rung, wodurch sich alle Investitionen indie IEC-61850-Modell-basierten Anwen-dungen und Projektierungswerkzeugewiederverwenden lassen. Für zeitkriti-sche Funktionen ist diese Nutzung jedochnicht zu empfehlen. Für Verteilnetzauto-matisierung oder verteilte Erzeugung(Mikroturbinen, Virtual Utility) könntesie effiziente und kostengünstige Imple-mentierungen und Synergien mit Main-stream-Kommunikationstechnologienbieten. Die Leistungsfähigkeit bezüglichAntwortzeit und Durchsatz müsste dannjedoch sorgfältig untersucht werden.

Referenz[1] K. P. Brand, W. Wimmer: Der Standard IEC 61850

– Offene Kommunikation in Schaltanlagen im de�regulierten Strommarkt. Bulletin SEV/VSE 93, 1(2002) 9�13

Angaben zu den AutorenRudolf Baumann ist bei der Etrans AG zuständig

für die übergeordnete Projektleitung und IT�Koordi�nation sowie für Fragen der Strategie und Unterneh�mensentwicklung. Er ist Vorsitzender des Schweizeri�schen TK57, des Spiegelkomitees des TC57 der IECund Mitglied verschiedener Arbeitsgruppen.Etrans AG, CH�5080 Laufenburg, [email protected]

Klaus�Peter Brand ist in der ABB University Swit�zerland der ABB Schweiz AG für Schulung, Ausbil�dung und Beratung u.a. im Bereich Power System Ma�nagement tätig. Er ist Mitglied im SC B5 der Cigré, imTK 57, in der WG 10 des TC 57 der IEC und im Editor�team für den IEC 61850 und IEEE Senior Member. ABB Schweiz, CH�5401 Baden, klaus�[email protected]

Christoph Brunner ist in der ABB Schweiz AG imBereich Hochspannungsprodukte zuständig für dieprozessnahe Kommunikation. Er ist Mitglied im TK57, Vorsitzender der WG 12 des TC 57 der IEC undMitglied im Editorteam für den IEC 61850 und IEEEMember. ABB Schweiz AG, CH�8050 Zürich, [email protected]

Wolfgang Wimmer ist in der ABB Schweiz AG imBereich Utility Automation als System�Ingenieur fürdie Entwicklung von Systemen für Substation, Auto�mation und Monitoring tätig. Er ist Mitglied in derWG 11 des TC 57 der IEC und im Editorteam für denIEC 61850.ABB Schweiz AG, 5401 Baden, [email protected]

1 Bezug von allen publizierten IEC-Normen: http://www.normenshop.ch2 IEC: International Electrotechnical Commission, Genf,http://www.iec.ch3 ISO: International Organization for Standardization,http://www.iso.org4 ITU: International Telecommunication Union, http://www.itu.int5 CES: Comité Electrotechnique Suisse – Schweizeri-sches Elektrotechnisches Komitee, http://www.electrosuisse.ch6 Electrosuisse: Verband für Elektro- Energie- und Infor-mationstechnik, http://www.electrosuisse.ch

7 Cenelec: Comité Européen de Normalisation Electro-technique – Europäisches Komitee für elektrotechnischeNormung, Brüssel, http://www.cenelec.be8 TK 57: Technisches Komittee «Netzleittechnik und zu-gehörige Kommunikationstechnik», Electrosuisse9 Cigré: Conseil International des Grands Réseaux Elec-triques (à haute tension), Paris, http://www.cigre. org10 IEEE: Institute of Electrical and Electronics Engi-neers, http://www.ieee.org11 VDE: Verband der Elektrotechnik Elektronik Infor-mationstechnik, http://www.vde.de12 Kommunikationsstack nach ISO/OSI 7498: Aufbau insieben Schichten mit definierter Funktionalität13 Ethernet: IEEE 802.3 und ISO/IEC 8802-314 TCP/IP: Transmission Control Protocol/Internet Pro-tocol, siehe z.B. http://www.ietf.org15 MMS: Manufacturing Message Standard, ISO/IEC950616 TC 88: Wind Turbine Systems – Project Team «Com-munication Standards for Control and Monitoring ofWind Turbine Plants», http://www.iec.ch 17 TASE.2: definiert in IEC 60870-6, identisch mit ICCP18 FTP: File Transfer Protocol, siehe z.B. http://www.ietf.org19 SDH: Synchronous Digital Hierarchy