diagnostizieren als basis für die leistungsbewertung hier

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3. Leistungen herausfordern, erfassen, rückmelden, dokumentieren und beurteilen 3.2 Diagnostische Verfahren einsetzen, Ergebnisse auswerten und die individuelle Förderplanung sachgerecht gestalten und fortschreiben Diagnostizieren als Basis für die Leistungsbewertung hier dargestellt als systematischer Prozesses hierzu zählt u.a. - Kenntnis der Kategorien von Lernvoraussetzungen z.B. familienbezogene L., kulturelle L., motivationale L. und ihrer Bedeutung für die Diagnose und die Entwicklung von Fördermaßnahmen - Bestimmung von Lerntypen - Verständnis gruppendyna- mischer Prozesse - Vertrauensbasis zwischen Lehrer und Schüler hierzu zählt u.a. - Erkennen, Deuten und Ver- werten von verbalen und non- verbalen Schülersignalen - gemeinsame Reflexion von Lernprozessen mit den Schülern - Fehler der Schüler für Diagnostik nutzen - kollegialer Austausch - Expertenrat wie z.B. schulpsychologischer Dienst d.h. - Lernstand, - Defizite, - Stärken, - Begabungen und ggf. Ermittlung eines Hilfebedarfs z.B. - Binnendifferenzierung bei Aufgabenstellungen, - Individualisierung des Lern- tempos, - Initiierung von Arbeitsgruppen - Teilnahme an Fördermaß- nahme

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Page 1: Diagnostizieren als Basis für die Leistungsbewertung hier

3. Leistungen herausfordern, erfassen, rückmelden, dokumentieren und beurteilen

3.2 Diagnostische Verfahren einsetzen, Ergebnisse auswerten und die

individuelle Förderplanung sachgerecht gestalten und fortschreiben

Diagnostizieren als Basis für die Leistungsbewertung hier dargestellt als systematischer Prozesses

hierzu zählt u.a. - Kenntnis der Kategorien von Lernvoraussetzungen z.B. familienbezogene L., kulturelle L., motivationale L. und ihrer Bedeutung für die Diagnose und die Entwicklung von Fördermaßnahmen - Bestimmung von Lerntypen - Verständnis gruppendyna- mischer Prozesse - Vertrauensbasis zwischen Lehrer und Schüler

hierzu zählt u.a. - Erkennen, Deuten und Ver- werten von verbalen und non- verbalen Schülersignalen - gemeinsame Reflexion von Lernprozessen mit den Schülern - Fehler der Schüler für Diagnostik nutzen - kollegialer Austausch - Expertenrat wie z.B. schulpsychologischer Dienst

d.h. - Lernstand, - Defizite, - Stärken, - Begabungen und ggf. Ermittlung eines Hilfebedarfs

z.B. - Binnendifferenzierung bei Aufgabenstellungen, - Individualisierung des Lern- tempos, - Initiierung von Arbeitsgruppen - Teilnahme an Fördermaß- nahme

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1. Was ist Diagnostik?

Die Pädagogische Diagnostik umfasst alle diagnostischenTätigkeiten, durch die bei Individuen (und den in einer Gruppe Lernenden) (Definition von INGENKAMP 1991, S. 760) - Voraussetzungen und Bedingungen planmäßiger Lehr- und Lernprozesse ermittelt, - Lernprozesse analysiert und - Lernergebnisse festgestellt werden, um individuelles Lernen zu optimieren.

Diagnoseinstrumente: Gewinnung von Erkenntnissen z.B. durch… - Sichten der Schullaufbahn - Analyse von Klassenarbeitsergebnissen - gezieltes Beobachten von Schülern im Unterricht (insbesondere in offenen Arrangements); ggfs. auch mit Hilfe eines Beobachtungsbogens (z.B. Abbildung 1) - Führen von Gesprächen mit Schülern, Kollegen, Eltern, ggfs. Betrieben

- Verfolgung der Lernentwicklung anhand der Portfolio-Methode (Sammlung von Arbeitsergeb- nissen über einen längeren Zeitraum Die Unterrichtsbeobachtung als eines der am häufigsten benutzen Diagnoseinstrumente:

Definition: Die Beobachtung ist die zielgerichtete, aufmerksame Wahrnehmung von Objekten, Phäno- menen oder Vorgängen, gegebenenfalls unter Verwendung technischer Hilfsmittel. Im Ge- gensatz zu Messungen zielen Beobachtungen weniger auf quantitative Erfassung der Ob- jekte als auf qualitative Daten.

Beobachtung in der Sozialforschung: Beobachtung ist neben der Befragung und der Inhaltsanalyse eine wichtige Methode der Sozialwissenschaften. Mit ihr soll soziales Verhalten erfasst werden. Beobachtung bezeichnet Methoden des systematischen Verfolgens von sozialer Interaktion unter Zuhilfenahme von eigenen Notizen, Protokollen oder medialer Aufzeichnungen.

Die Beobachtung wird differenziert

nach dem Grad der Strukturiertheit, als unstrukturiert, teilstrukturiert, vollstrukturiert,

ob offen oder verdeckt.

nach Selbst- oder Fremdbeobachtung,

indirekt oder über Medien oder direkt im Kontakt mit den Beobachteten stehend. Strukturierte und unstrukturierte Beobachtung

Unstrukturierte Beobachtung: Es werden nur ein grober Rahmen und Leitlinien, sowie nur wenige Beobachtungskategorien vorgegeben. Dadurch bleibt eine gewisse Flexibilität und Offenheit des Beobachters für den Beobachtungsgegenstand.

Strukturierte Beobachtung: Es wird ein festes Beobachtungsschema angewandt. Hierfür muss ein Merkmals- oder Kategoriensystem erstellt werden.

Offene und verdeckte Beobachtung

offene Beobachtung: Der Beobachter gibt sich den Probanden als Beobachter zu erkennen. Ein mögliches Problem der offenen Beobachtung ist Reaktivität und das Auftreten sozialer Erwünschtheit.

Verdeckte Beobachtung: Der Beobachter gibt sich nicht als solcher zu erkennen. Eine verdeckte Beobachtungsmethode ist das Mystery Shopping. Die verdeckte Beobachtung wirft besonders nachdrücklich wissenschaftsethische Fragen auf.

Diagnostizieren im Berufskolleg meint: • Lernvoraussetzungen, • Lernschwächen und Lernstärken wahrnehmen, • Bewerten und Gewichten von Informationen, • Vergleichen, (Bezugspunkte sind das eigene Verhalten, das Verhalten anderer oder vorgegebener

Verhaltensnormen (z.B. Richtlinienbezug)) • Prognostizieren • Schlussfolgerungen von einem Verhalten/Lernstand auf zukünftiges Verhalten/Lernentwicklung

ziehen und entsprechende Handlungsmöglichkeiten entwickeln, um gezielte pädagogische Maßnahmen einleiten zu können.

Die Zielsetzung von pädagogischer Diagnostik liegt damit in dem Verstehen, dem Beurteilen und Optimieren von Lernprozessen, orientiert an entwicklungspsychologischen und fachdidaktischen Grundlagen. Pädagogische Diagnostik ist somit auch als Instrument der Qualitätssicherung zu verstehen.

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2. Wie erkenne ich den jeweiligen Lernstand, die Lernfortschritte sowie individuelle Lernprobleme und Leistungsmängel meiner Schülerinnen und

Schüler?

Die Portfoliomethode

Eine Möglichkeit, v.a. in höheren Schulstufen die Lernentwicklung der Schülerinnen und Schüler genau zu verfolgen, ist die Portfolio-Methode. Portfolios sind Sammlungen von zusammengestellten Belegstücken. Ein Portfolio ist z. B. die „Mappe“, mit der man sich für ein Kunststudium bewirbt, oder die in einem Ordner gesammelten Arbeiten eines Journalisten für ein Vorstellungsgespräch, wobei die Praxis, eine Dokumentation von Arbeitsergebnissen vorzulegen, sich immer mehr auch in anderen Berufen durchsetzt. In der Schule bezeichnet man damit eine Sammlung von Schüler-arbeiten über einen längeren Zeitraum, d.h. für die Zeit eines Quartals, eines Halbjahrs, eines Schuljahres oder gar einer Schulstufe. Es dreht sich dabei also um "ein Sichtbarmachen von Lernspuren". Es gibt im Bereich Schule mehrere Arten von Portfolios, z.B.:

- Work-Portfolios, bei denen die in einem Fach anfallenden Arbeitsergebnisse kontinuierlich gesammelt werden

- Best-Practice-Portfolios, in denen die Lerneden die gelungensten Arbeiten sammeln und Die schulbezogenen Portfolios haben mehrere Funktionen, und zwar diagnostische wie pädagogische. Die diagnostische Funktion besteht darin, - den Lehrkräften, den Eltern aber auch den Lernenden selbst den erreichten Lernstand anzuzeigen und - eine pädagogisch sinnvolle Grundlage für Leistungsbewertungen abzugeben. - Über einen längeren Zeitraum betrieben, ist es eine Entwicklungsdokumentation, die im günstigen Fall den Beteiligten die Lernfortschritte anzeigt. - Bei einem ungünstigen Lernverlauf lassen sich Krisenanzeichen in Form von Schwankungen oder Stagnation und Leistungsabfall erkennen und - es lässt sich nachvollziehen, an welcher Stelle ein Lernprozess ins Stocken geraten ist, mithin, wo evtl. wesentliche Lernschritte nicht vollzogen oder automatisiert wurden und nachgeholt werden müssen. - Von nicht geringerem Wert ist der Pädagogische Nutzen: Vor allem als Sammlung von Best-Practice-Arbeiten regt es die Lernenden an zur Ausbildung eines Gütebewusstseins. - Es regt an, Eigenverantwortung für den eigenen Lernprozess zu übernehmen. - Es regt an zu einer eigenständigen Auseinandersetzung mit einem Thema, da auch andere Arbeiten honoriert werden, die über die unterrichtlichen Mindestanforderungen hinaus gehen. - Es regt an zum Nachdenken über das eigene Arbeitsverhalten und zur Optimierung des eigenen Lernverhaltens - Es bietet Gelegenheit zu einer vertieften pädagogischen Kommunikation zwischen den Ler- nenden und der Lehrerperson, denn die Lernenden haben die Möglichkeit, das Portfolio, um eine bessere Beurteilung zu erzielen, zu ergänzen und zu modifizieren und zwar auf der Basis der Rückmeldung durch die Lehrperson.

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3. Welche Rolle hat der Leistungsdialog unter Lernenden und wie kann er förderlich gestaltet werden?

Wechselseitige Bewertung als eine mögliche Bewertungsmethode Das Thema der wechselseitigen Bewertung überschneidet sich darüber hinaus mit der For-derung nach einer neuen Lernkultur, hier im Zusammenhang einer entwickelten Feedback-Kultur im Klassenzimmer (Gudjons 2006, S. 114). Feedback unter den Lernenden und zwi-schen Lernenden und Lehrenden wird als »gemeinsame Suchbewegung« hin zu Verbesse-rung von Lern- und Arbeitsatmosphäre und sozialer Interaktionen im Klassenraum verstan-den und wird als Instrument der Unterrichtsentwicklung eingesetzt (Bastian et al. 2007).

Wechselseitige Bewertung – was ist das? Wechselseitiges Bewerten macht nur Sinn, wenn es in eine kooperative Planung, Gestal-tung und Reflexion des Lernprozesses integriert ist. Der Beitrag zeigt, wie wechselseitige Bewertungen intensive Gespräche über Lernen und Selbstständigkeit ermöglichen. Der Begriff der wechselseitigen Bewertung begegnet vor allem bei Felix Winter (2004) und seiner Auseinandersetzung mit einer Reform schulischer Leistungsbewertung. Hier spielen die Fragen nach der Beteiligung der Lernenden an der Beurteilung von Leistungen eine entscheidende Rolle. So definiert Winter den Begriff folgendermaßen: »Bei der wechselsei-tigen Bewertung beurteilen sich Schüler im Rahmen einer Zusammenarbeit (z. B. Lernpart-nerschaften). Wechselseitige Bewertung dient der Förderung der metakognitiven Lern- und Urteilskompetenzen – aber auch der sozialen Kompetenz. (…) sie dient nicht nur der sachgerechten Einschätzung von Lernprozessen und Produkten, sondern der Ausbildung der Fähigkeit zur Reflexion und Bewertung«(ebd., S. 236 ff.). Vor dem Hintergrund lernpsychologischer Erkenntnisse sieht er in der wechselseitigen Bewertung eine Vorstufe zur Fähigkeit der Selbsteinschätzung und -bewertung. Es sei günstig im Unterricht, von der Fremdbewertung zur Selbstbewertung zu schreiten, da es einfacher sei, fremde Produkte und Prozesse zu beurteilen als die eigenen. Die in der Fremdbewertung gewonnenen Erfahrungen, Kriterien und Regeln könnten die Lernenden dann auf sich selbst beziehungsweise ihre Lernergebnisse anwenden (ebd., S. 242). Zum einen gewinnt die wechselseitige Bewertung die Bedeutung eines Mittels zur Förderung der Kompetenz, das Lernen selbstständig zu steuern und zu gestalten, also metakognitive Lern- und Urteilskompetenzen und eine Expertise über das eigene Lernen auszubilden (vgl. Weinert 2000, S. 10). Zum anderen werden auch demokratiepädagogische Bildungsziele mit der wechselseitigen Bewertung verbunden: »Beispielsweise erweitern und erwerben sie (die Schülerinnen und Schüler) die Fähigkeit Hilfe und Rat aus ihrer sozialen Umgebung anzunehmen, aber auch die Fähigkeit und Bereitschaft das Lernen der anderen wahrzu-nehmen und begleitend zu beraten« (Häcker/Winter 2010, S. 302).

Sie ist überall dort von besonderer Bedeutung, wo schulisches Lernen auf die Selbstständigkeit und Selbsttätigkeit der Lernenden setzt und ihnen dabei große Räume an Gestaltungsfreiheit und Partizipation eröffnet (Huber 2000), in Unterrichtsformen also, in denen die Lernenden in komplexen Anforderungssituationen ihre Arbeitsprozesse selbst gestalten und ihre Lernprozesse weitgehend selbst planen, steuern und kontrollieren. Damit dies gelingen kann, müssen die Schüler lernen, ihr Lernen zu reflektieren und ihre Lernergebnisse zu bewerten. Dazu brauchen sie nicht nur konkrete Anregungen und Anlässe, sondern vor allem Rückmeldung und Beratung. Einen Teil dieser Rückmeldung und Beratung können sie sich selbst geben.

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Portfolios als Grundlage wechselseitiger Bewertung In den letzten Jahren wurden die Fragen der Selbsteinschätzung und des Leistungsdialogs besonders im Zusammenhang mit der Portfolioarbeit thematisiert. Das Portfolio eignet sich deshalb so gut, weil es über einen längerfristigen Prozess des Sammelns und Auswählens von Lern- und Leistungsdokumenten entsteht und sehr verschiedene Arten von Dokumen-ten enthält – wie z. B. Lernprodukte aus dem Unterricht, Reflexionstexte zu diesen Doku-menten und Rückmeldungen dazu. Lernprozesse vergegenständlichen sich im Portfolio, werden sichtbar. Damit bietet es sowohl eine materielle Grundlage in den Produkten als auch im Prozess seiner Entstehung zahlreiche Anlässe für die wechselseitige Bewertung. Am Beispiel eines Portfolioprozesses wird dargestellt, an welchen Stellen und zu welchen Zeitpunkten wechselseitige Bewertungen sinnvoll und nützlich sind (Abb. 1).

Abb. 1: Portfolioprozess – an welchen Stellen und zu welchen Zeitpunkten wechselseitige Bewertung sinnvoll und nützlich ist. In Anlehnung an Winter 2009, S. 15

Wie kann die Lehrperson wechselseitige Bewertung anregen und unterstützen? Die Aufgabe der Lehrperson besteht darin, für die Bewertung genügend Zeit im Unterricht einzuräumen und ein Gespür für die Momente zu entwickeln, wann Reflexion und Bewer-tung sinnvoll sind. Eine wechselseitige Bewertung kann als Rückmeldung zu Entwürfen, Austausch von Ideen und Weitergabe von Methodenkenntnissen zur tragendenden Struktur eines Unterrichtsvor-habens gemacht werden. Eine weitere Möglichkeit, wechselseitige Bewertung anzuregen, liegt im Einsatz von Rückmeldebögen, die die Lernenden als Ausgangspunkt und Grundla-ge für die Leistungsbewertung ihrer Mitschüler verwenden können. Diese sind besonders nützlich, wenn wechselseitige Bewertung neu gelernt und in Lerngruppen ritualisiert genutzt werden soll oder wo Lernende eine stärkere Orientierung für die wechselseitige Bewertung brauchen. Der Rückmeldebogen in Abb. 2 z.B. kann in Deutschkursen für Präsentationen, Buchvor-stellungen und kleinere Vorträge verwendet. Die Vortragenden bekommen diesen Bogen ausgefüllt ausgehändigt und können sich in ihrer abschließenden Selbstbewertung ihrer Leistungen darauf beziehen. Auch die Lehrperson nimmt in ihrer schriftlichen Beurteilung sowohl auf die Selbsteinschätzung als auch auf die Bewertung der Mitschüler Bezug. So ergibt sich ein ganzheitlicheres und differenzierteres Bild der individuellen Lernprozesse und ihrer Ergebnisse. Es führt zu intensiven Gesprächen über das Lernen und seine Gegenstände und trägt zur einer lebendigen und nachhaltigen Kultur des selbständigen Lernens bei, die über die Schule und ihren Unterricht hinausweist.

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Abb. 2: Rückmeldung für einen Vortrag (nach Winter 2003)

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4. Wie kann ich aus den Diagnoseergebnissen Konsequenzen für die

individuelle Förderung der Schüler und Schülerinnen ableiten? Lehrkräfte können anhand der Portfolios ihren Unterricht passend zu den Lernständen der Ler-nenden planen. Das gilt vor allem bei einem Wechsel der Lehrperson oder der Schulstufe. Die Lehrerin, der Lehrer kann sich anhand der Portfolios vergewissern, welche Inhalte wie intensiv bearbeitet wurden. Er oder sie kann sich ein Bild machen, was wiederholt und verfestigt werden muss bzw. was eine überflüssige Doppelung wäre. Und vor allem bilden die Portfolios eine Grund-lage für die innere Differenzierung. Ein Portfolio soll die Anstrengungen und die Stärken des Lernenden belohnen. Das setzt voraus, dass er Gelegenheit hat, Stärken wahrzunehmen und zu entwickeln. In dem Fall ist die Form des Produkts besonders wichtig. Die Arbeit mit dem Portfolio impliziert ein mehrschrittiges Arbeiten: - Entwerfen, - Überarbeiten und korrigieren, - Gestalten, - Präsentieren. Die Aufgabe der Lehrperson ist, behutsam Rückmeldung zu geben, anzuregen, zu ermutigen, Hilfestellung zu geben. Von der Diagnose zum Förderplan Diagnoseergebnisse zu erzielen ist das eine, sie adäquat pädagogisch zu beantworten ist das andere. Diagnosen sind wertlos, mitunter sogar kontraproduktiv, wenn sie nicht dazu führen, dass Lernende besondere, an ihre Lernausgangslage angepasste Angebot erhalten. Natürlich wird man in einer Klasse mit 25 Lernenden nicht die Bedarfe jedes einzelnen Lernenden bis in die allerfeinsten Verästelungen verfolgen können. Aber sich klar zu werden: - welche Hilfestellungen braucht Dirk - welches ist der Lernstand von Natascha und welche Angebote muss sie erhalten –das kann für Lehrer wie Schüler hilfreich sein, denn der Lernerfolg der Lernenden ist ja auch der beruflich Erfolg der Lehrenden. Ein Hilfsmittel, diagnostische Angebote adäquat zu beantworten ist der individuelle Entwicklungs-plan.

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Mögliche Kolloquiumsfragen:

1.

Erläutere den Zusammenhang zwischen den Begriffen „Diagnostik“ und „Leistungsbewertung“.

2.

Nenne jeweils zwei Beispiele für innerschulische, außer-schulische und personale Leistungsbedingungen.

3.

Erläutere jeweils einen Vor-teil und einen Nachteil von

Ziffernbeurteilung gegenüber verbalen Beurteilungen.

4.

Erläutere zwei Möglichkeiten der Beteiligung von Schülern bei der Leistungsbewertung.

5.

Erläutere zwei Vorteile der Leistungsbewertung mit

Schülerbeteiligung gegen-über einer lehrerzentrierten

Bewertung.

6.

Erläutere je zwei Pro- und Kontra-Argumente der

Leistungsbewertung durch Kopfnoten.

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7.

Bei einer Gruppenarbeit plant jede Gruppe ihre Vorgehensweise und

führt die Arbeitsschritte durch. Nenne die fünf verschiedenen

Einschätzungsfälle der Beurteilung bei der Verlaufsbeobachtung.

8.

Welche Funktionen hat die Leistungsbewertung?

1. mögliche Antwort:

„Diagnostik“: - möglichst genaue Einschätzung (der Methoden-, Fach-, Sozial-,

Humankompetenzen) der Lerngruppe und des einzelnen Schülers. - darunter versteht man Maßnahmen zur Aufhellung von Proble- men, zur Messung des Lehr-, Lernerfolgs und zur Messung der Bildungsmöglichkeiten des Einzelnen.

„Leistungsbewertung“: Die Regelung der Leistungsbeurteilung, als Teil des Schulrechts, fällt in die Kompetenz der Bundesländer. Noten werden im jewei-ligen Fach durch die unterrichtende Lehrkraft anhand der bewerte-ten Leistungen unter Beachtung des pädagogischen Ermessens-spielraumes ermittelt. Die rein arithmetische Notenberechnung wird der Vielfalt der Schüler nicht gerecht und ist unerwünscht.

Die Diagnostik ist die Voraussetzung für die Leistungsbewertung. Maßgeblich ist der Bewertungsmaßstab, der in der Bildungsgang- konferenz festgelegt wird.

2. mögliche Antwort: Innerschulische Leistungsbedingungen: - Lehrer, Raum, Medien, Material… Außerschulische Leistungsbedingungen: - familiäre Situation, Freunde, Betrieb,… Personale Leistungsbedingungen: - Fähigkeiten, Fertigkeiten, Motivation,…

3. mögliche Antwort: Vorteil Ziffernbeurteilung: - Eindeutigkeit - Vergleichbarkeit Nachteil: - nicht immer nachvollziehbar - nicht differenziert

4. mögliche Antwort:

Beteiligung von Schülern bei der Leistungsbewer-tung durch: - gemeinsame Festlegung von Beurteilungskriterien - Selbsteinschätzung - Fremdeinschätzung

5. mögliche Antwort: Vorteile der Leistungsbewertung mit Schülerbeteil-igung gegenüber einer lehrerzentrierten Bewertung: - Transparenz - Beschäftigung der Schüler - höhere Akzeptanz, Motivation - Stärkung der Urteilsfähigkeit - Entwicklung der Selbsteinschätzungsfähigkeit…

6. mögliche Antwort:

Pro-Argumente Kopfnoten: - soziale Kompetenz bekommt höheren Stellenwert - Chance für schlechte Schüler - Feedback für Ausbilder / förderlich für Bewerbung - positives Feedback z.B. für Pünktlichkeit - gute Reflexionsmöglichkeiten - entspannte Lernatmosphäre

Kontra-Argumente Kopfnoten: - keine Vergleichbarkeit - geforderten Kompetenzen werden nicht als Fach Unterrichtet - Gefahr der Stigmatisierung von Schülern - Schuldzuweisung an die Eltern - Subjektivität, Verantwortung der Lehrer

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7. mögliche Antwort: Es sind fünf verschiedene Enschätzungsfälle der Selbst-, Fremd- und Gruppenbeurteilung möglich: Fall A: Lehrer schätzt Lerner ein (Fremdbeurteilung) Fall B: Gruppenmitglied schätzt Lernen ein (Fremdb.) Fall C: Lerner schätzt sich selbst ein (Selbstbeurt.) Fall D: Lehrer schätzt Gruppe ein (Gruppenbeurt.) Fall E: Lernende schätzen Gruppe ein (Gruppenb.)

8. mögliche Antwort: Der Leistungsbewertung werden verschiedene Funktionen zugeschrieben: Rückmeldung Sozialisation Vergleich Prognose Allokation Legitimation Selektion Motivation

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3.2 Diagnostische Verfahren einsetzen, Ergebnisse auswerten und die individuelle Förderplanung sachgerecht gestalten und fortschreiben

1. Was ist Diagnostik? Die Pädagogische Diagnostik umfasst alle diagnostischenTätigkeiten, durch die bei Individuen (und den in einer Gruppe Lernenden) (Definition von INGENKAMP 1991, S. 760) - Voraussetzungen und Bedingungen planmäßiger Lehr- und Lernprozesse ermittelt, - Lernprozesse analysiert und - Lernergebnisse festgestellt werden, um individuelles Lernen zu optimieren.

Diagnostizieren im Berufskolleg meint: • Lernvoraussetzungen, • Lernschwächen und • Lernstärken wahrnehmen

und entsprechende Handlungsmöglichkeiten entwickeln. Diagnoseinstrumente: Gewinnung von Erkenntnissen z.B. durch… - Sichten der Schullaufbahn - Analyse von Klassenarbeitsergebnissen - gezieltes Beobachten von Schülern im Unterricht (insbesondere in offenen Arrangements); ggfs. auch mit Hilfe eines Beobachtungsbogens (z.B. Abbildung 1) - Führen von Gesprächen mit Schülern, Kollegen, Eltern, ggfs. Betrieben

- Verfolgung der Lernentwicklung anhand der Portfolio-Methode (Sammlung von Arbeitsergeb- nissen über einen längeren Zeitraum

Abbildung 1 Durchführung von Unterrichtsbeobachtung: Die Beobachtung ist die zielgerichtete, aufmerksame Wahrnehmung von Objekten, Phänomenen oder Vor-gängen, ggf. unter Verwendung technischer Hilfsmittel. Im Gegensatz zu Messungen zielen Beobachtungen weniger auf quantitative Erfassung der Objekte als auf qualitative Daten. Beobachtung ist neben der Befragung und der Inhaltsanalyse eine wichtige Methode der Sozialwissenschaf-ten. Mit ihr soll soziales Verhalten erfasst werden. Beobachtung bezeichnet Methoden des systematischen Verfolgens von sozialer Interaktion unter Zuhilfenahme von eigenen Notizen, Protokollen oder medialer Aufzeichnungen. Die Beobachtung wird differenziert

nach dem Grad der Strukturiertheit, als unstrukturiert, teilstrukturiert, vollstrukturiert,

ob offen oder verdeckt.

nach Selbst- oder Fremdbeobachtung,

indirekt oder über Medien oder direkt im Kontakt mit den Beobachteten stehend.

Page 13: Diagnostizieren als Basis für die Leistungsbewertung hier

2. Wie erkenne ich den jeweiligen Lernstand, die Lernfortschritte sowie individuelle Lernprobleme und Leistungsmängel meiner Schülerinnen und Schüler?

Die Portfoliomethode Eine Möglichkeit, v.a. in höheren Schulstufen die Lernentwicklung der Schülerinnen und Schüler genau zu verfolgen, ist die Portfolio-Methode. Portfolios sind Sammlungen von zusammengestellten Belegstücken. Ein Portfolio ist z. B. die „Mappe“, mit der man sich für ein Kunststudium bewirbt, oder die in einem Ordner gesammelten Arbeiten eines Journalisten für ein Vorstellungsgespräch, wobei die Praxis, eine Dokumentation von Arbeitsergebnissen vorzulegen, sich immer mehr auch in anderen Berufen durchsetzt. In der Schule bezeichnet man damit eine Sammlung von Schüler-arbeiten über einen längeren Zeitraum, d.h. für die Zeit eines Quartals, eines Halbjahrs, eines Schuljahres oder gar einer Schulstufe. Es dreht sich dabei also um "ein Sichtbarmachen von Lernspuren". Es gibt im Bereich Schule mehrere Arten von Portfolios, z.B.: Work-Portfolios, bei denen die in einem Fach anfallenden Arbeitsergebnisse kontinuierlich gesammelt werden oder Best-Practice-Portfolios, in denen die Lernenden die gelungensten Arbeiten sammeln.

Die schulbezogenen Portfolios haben mehrere Funktionen, und zwar diagnostische wie pädagogische. Die diagnostische Funktion besteht darin, - den Lehrkräften, den Eltern sowie den Lernenden selbst den erreichten Lernstand anzuzeigen und eine pädagogisch sinnvolle Grundlage für Leistungsbewertungen abzugeben. - Über einen längeren Zeitraum betrieben, ist es eine Entwicklungsdokumentation, die im günstigen Fall den Beteiligten die Lernfortschritte anzeigt. - Bei einem ungünstigen Lernverlauf lassen sich Krisenanzeichen in Form von Schwankungen oder Stagnation und Leistungsabfall erkennen und - es lässt sich nachvollziehen, an welcher Stelle ein Lernprozess ins Stocken geraten ist, mithin, wo evtl. Lernschritte nicht vollzogen oder automatisiert wurden und nachgeholt werden müssen. - Von nicht geringerem Wert ist der Pädagogische Nutzen: Vor allem als Sammlung von Best-Practice-Arbeiten regt es die Lernenden an zur Ausbildung eines Gütebewusstseins. - Es regt an, Eigenverantwortung für den eigenen Lernprozess zu übernehmen. - Es regt an zu einer eigenständigen Auseinandersetzung mit einem Thema, da auch andere Arbeiten honoriert werden, die über die unterrichtlichen Mindestanforderungen hinaus gehen. - Es regt an zum Nachdenken über das eigene Arbeitsverhalten und zur Optimierung des eigenen Lernverhaltens - Es bietet Gelegenheit zu einer vertieften pädagogischen Kommunikation zwischen den Lernenden und der Lehrerperson, denn die Lernenden haben die Möglichkeit, das Portfolio, um eine bessere Beurteilung zu erzielen, zu ergänzen und zu modifizieren und zwar auf der Basis der Rückmeldung durch die Lehrperson.

3. Welche Rolle hat der Leistungsdialog unter Lernenden und wie kann er förderlich gestaltet werden?

Wechselseitige Bewertung als eine mögliche Bewertungsmethode Das Thema der wechselseitigen Bewertung überschneidet sich darüber hinaus mit der Forderung nach einer neuen Lernkultur, hier im Zusammenhang einer entwickelten Feedback-Kultur im Klassenzimmer. Feedback unter den Lernenden und zwischen Lernenden und Lehrenden wird als »gemeinsame Suchbewegung« hin zu Verbesserung von Lern- und Arbeitsatmosphäre und sozialer Interaktionen im Klassenraum verstanden. Wechselseitiges Bewerten macht nur Sinn, wenn es in eine kooperative Planung, Gestaltung und Reflexion des Lernprozesses integriert ist. Der Beitrag zeigt, wie wechselseitige Bewertungen intensive Gespräche über Lernen und Selbstständigkeit ermöglichen. Winter definiert den Begriff folgendermaßen: »Bei der wechselseitigen Bewertung beurteilen sich Schüler im Rahmen einer Zusammenarbeit (z. B. Lernpartnerschaften). Wechselseitige Bewertung dient der Förderung der metakognitiven Lern- und Urteilskompetenzen – aber auch der sozialen Kompetenz. (…) sie dient nicht nur der sachgerechten Einschätzung von Lernprozessen und Produkten, sondern der Ausbildung der Fähigkeit zur Reflexion und Bewertung«(ebd., S. 236 ff.).

4. Wie kann ich aus den Diagnoseergebnissen Konsequenzen für die individuelle Förderung der Schüler und Schülerinnen ableiten?

Lehrkräfte können anhand der Portfolios ihren Unterricht passend zu den Lernständen der Lernenden planen. Das gilt vor allem bei einem Wechsel der Lehrperson oder der Schulstufe. Die Lehrerin, der Lehrer kann sich anhand der Portfolios vergewissern, welche Inhalte wie intensiv bearbeitet wurden. Er oder sie kann sich ein Bild machen, was wiederholt und verfestigt werden muss bzw. was eine überflüssige Doppelung wäre. Und vor allem bilden die Portfolios eine Grundlage für die innere Differenzierung. Ein Portfolio soll die Anstrengungen und die Stärken des Lernenden belohnen. Das setzt voraus, dass er Gelegenheit hat, Stärken wahrzunehmen und zu entwickeln. In dem Fall ist die Form des Produkts besonders wichtig. Die Arbeit mit dem Portfolio impliziert ein mehrschrittiges Arbeiten: Entwerfen, Gestalten, Präsentieren, Überarbeiten und Korrigieren. Die Aufgabe der Lehrperson ist, behutsam Rückmeldung zu geben, anzuregen, zu ermutigen, Hilfestellung zu geben. Diagnoseergebnisse zu erzielen ist das eine, sie adäquat pädagogisch zu beantworten ist das andere. Diagnosen sind wertlos, mitunter sogar kontraproduktiv, wenn sie nicht dazu führen, dass Lernende an ihre Lernausgangslage angepasste Angebot erhalten. Ein Hilfsmittel, diagnostische Angebote adäquat zu beantworten ist der individuelle Entwicklungsplan.

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Beispiel Beobachtungsbogen Beispiel Förderplan Beispiel Lernvereinbarung