die forstwirtschaftliche ausstellung im jackson park in chicago

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Die Forstwirtschaftliche Ausstellung im Iackjon Park in Chicago. 557 Vit Forstwirtschaftliche Abstellung im Jackson park in Chicago. Von Andreas Simon. I. Unter ben vielen sehenswerten Schauftellungen ber Moria'« Fair nimmt bie in bem Gebaube für Forstwirtschaft untergebrachte Ausstel- lung einheimischer unb frember Holzarten einen hohen Rang ein unb sie verbient es, baß ihr mehr als ein vorübergehenbes Interesse zugewenbet werbe. Die Bauholzinbustrie besonbers ber westlichen Staaten Amerikas hat einen Umfang angenommen, ber auf ber einen Seite einen ebenso tiefen Einblick in bie mit Riesenschritten vorwärts schreitenbe gänzliche Ausnutzung ber bewalbeten Gebiete thun laßt, wie anbererseits auf bie Ausbehnung ber auf biefem Inbustrie- unb Hanbelsfelbe herrschenden Thätigkeit unb bie hier umgesetzten Kapitalien. Ehe ich ben Versuch mache, auf biefe Ausstellung näher einzugehen, sei es mir gestattet, bie Forstkultur biefes Lanbes — wenn von einer solchen überhaupt bie Rebe sein kann — unb bie mit verbrecherischem Leichtsinn vor sich gehenbe Verwüstung unserer Walbungen in Betracht zu ziehen. Die Sitte ber Vaumpflanzung ist sehr alt, wie bas Geschlecht ber Menschen selbst. Schon aus ben Mitteilungen ber alten Klassiker geht hervor, baß bie Pflanzung junger Baumstämme von ben Persern, Griechen, Römern u. s. w. geübt unb ber Baum zu allen Zeiten gepflanzt würbe, um nach Zeit unb Ort bas Anbenken an eine wichtige That ober Begebenheit ber Nachwelt zu überliefern, ein fchöner Brauch, ber sich bis zum heutigen Tage erhalten hat, benn noch heute vertritt ja ber Baum oft bas Denk- mal aus Stein ober Erz. Aber erst bem entschiebenen Aufschwung ber Nutzholzpreise in ben ersten Jahrzehnten biefes Iahrhunberts blieb es vor- behalten, ein lebhaftes unb opferwilliges Interesse an ber Walbkultur zu erwecken unb bem Anbau nutzholztüchtiger Holzarten mehr Aufmerksamkeit zuzuwenben. Die älteren Staaten ber norbamerikanischen Union waren bamals noch so reichlich mit Wälbern gesegnet, baß man sich mit ber Frage, wie lange ber Zolzvorrat wohl reichen werbe, nicht ernstlich zu be- schäftigen schien. Die Geringfügigkeit bes Bebarfs im Verhältnis zu bem riesigen Vorrat von Nutz- unb Brennholz führte bazu, batz weit ausgebehnte bewalbete Gebietsstrecken aller Bäume unb Sträucher verlustig gingen unb ber Boben ber Lanbwirtschaft zugänglich gemacht würbe. Bei ber Verwüstung ber Wälber brachten bie Probukte ber- selben weiter keinen Gewinn, als höchstens ben aus ber Pottasche, welche aus ber Holzasche gewonnen würbe, erzielten Preis. Das Unglück

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Page 1: Die forstwirtschaftliche Ausstellung im Jackson Park in Chicago

Die Forstwirtschaftliche Ausstellung im Iackjon Park in Chicago. 557

Vit Forstwirtschaftliche Abstellung im Jackson park in Chicago.

Von Andreas Simon. I.

Unter ben vielen sehenswerten Schauftellungen ber Moria'« Fair nimmt bie in bem Gebaube für Forstwirtschaft untergebrachte Ausstel-lung einheimischer unb frember Holzarten einen hohen Rang ein unb sie verbient es, baß ihr mehr als ein vorübergehenbes Interesse zugewenbet werbe. Die Bauholzinbustrie besonbers ber westlichen Staaten Amerikas hat einen Umfang angenommen, ber auf ber einen Seite einen ebenso tiefen Einblick in bie mit Riesenschritten vorwärts schreitenbe gänzliche Ausnutzung ber bewalbeten Gebiete thun laßt, wie anbererseits auf bie Ausbehnung ber auf biefem Inbustrie- unb Hanbelsfelbe herrschenden Thätigkeit unb bie hier umgesetzten Kapitalien.

Ehe ich ben Versuch mache, auf biefe Ausstellung näher einzugehen, sei es mir gestattet, bie Forstkultur biefes Lanbes — wenn von einer solchen überhaupt bie Rebe sein kann — unb bie mit verbrecherischem Leichtsinn vor sich gehenbe Verwüstung unserer Walbungen in Betracht zu ziehen.

Die Sitte ber Vaumpflanzung ist sehr alt, wie bas Geschlecht ber Menschen selbst. Schon aus ben Mitteilungen ber alten Klassiker geht hervor, baß bie Pflanzung junger Baumstämme von ben Persern, Griechen, Römern u. s. w. geübt unb ber Baum zu allen Zeiten gepflanzt würbe, um nach Zeit unb Ort bas Anbenken an eine wichtige That ober Begebenheit ber Nachwelt zu überliefern, ein fchöner Brauch, ber sich bis zum heutigen Tage erhalten hat, benn noch heute vertritt ja ber Baum oft bas Denk-mal aus Stein ober Erz. Aber erst bem entschiebenen Aufschwung ber Nutzholzpreise in ben ersten Jahrzehnten biefes Iahrhunberts blieb es vor-behalten, ein lebhaftes unb opferwilliges Interesse an ber Walbkultur zu erwecken unb bem Anbau nutzholztüchtiger Holzarten mehr Aufmerksamkeit zuzuwenben.

Die älteren Staaten ber norbamerikanischen Union waren bamals noch so reichlich mit Wälbern gesegnet, baß man sich mit ber Frage, wie lange ber Zolzvorrat wohl reichen werbe, nicht ernstlich zu be-schäftigen schien. Die Geringfügigkeit bes Bebarfs im Verhältnis zu bem riesigen Vorrat von Nutz- unb Brennholz führte bazu, batz weit ausgebehnte bewalbete Gebietsstrecken aller Bäume unb Sträucher verlustig gingen unb ber Boben ber Lanbwirtschaft zugänglich gemacht würbe. Bei ber Verwüstung ber Wälber brachten bie Probukte ber-selben weiter keinen Gewinn, als höchstens ben aus ber Pottasche, welche aus ber Holzasche gewonnen würbe, erzielten Preis. Das Unglück

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558 Anbreas Simon:

aber war, baß die Urbarmachung von Ackerländern vor sich ging, ohne daß die möglichen Erforberniffe ber Zukunft in Bezug auf Holz für bas Bauhandwerk, Möbelfabriken u. s. w. berücksichtigt würben; ebenfo wenig verstand man es, der Erhaltung bestimmter Walbstrecken als Schutz-barritzren gegen bie Wut ber Stürme Wert beizulegen. Die Folge hier-von ist, daß der Holzuorrat immer knapper wird unb bie Preist immer mehr in bie Höhe gehen.

I n den Prairiestaaten unb Territorien hat sich ber Mangel an Walbungen von allem Anfang an in fehr ernster Weise fühlbar gemacht, unb foweit biefer Mangel auf Bau- unb Brennholz Bezug hatte, konnte ihm in befcheibenem Maße nur durch die Darbringung von mehr oder minder fchweren Opfern abgeholfen werden, indem bas Material aus anberen, zum Teil ziemlich entfernt liegenben Landesteilen herbeigeschafft werden mußte,

Diese Notwendigkeit hatte in jenen waldarmen Gegenden zur Folge. baß bie Anpflanzung von Walbungen von ber Bevölkerung als ein Gegen­stand von weitgehender Bebeutung aufgefaßt wurde unb heute finben wir, baß überall in diesen Staaten sich ein weit regeres Interesse für diese Sache kunb giebt, als in den Landesteilen, die bisher von einem solchen Mangel noch nicht merklich betroffen worden find. Doch von nachdenken-den, überlegenden Leuten in ben älteren, Waldungen besitzenden Staaten, ist die sinnlose Verwüstung der Holzbestände unb bie vollstänbige Aus-nutzung eines Forstes nach bem andern mit wachsender Besorgnis ver-folgt worden, mit Gefühlen, von welchen Leute selbstverständlich erfüllt fein müssen, bie bie Zustänbe ins Auge fassen, welche notwenbigerweise sich vor bem Zeitpunkt noch einstellen werben, an welchem bie jetzige Ge-neration einer neuen Platz macht und bie sich ber Verantwortlichkeit ber Gegenwart mit Bezug auf bie Zukunft bewußt sind.

Es kann, ohne stichhaltige Einwände befürchten zu müssen, behauptet werden, daß die Anpflanzung unb Erhaltung von Walbungen, Schatten unb Schutz gegen bie verberbliche Gewalt ber Organe, für bas Gebeihen der Landwirtschaft unentbehrlich sind.

Arndt sagt in seiner Abhandlung über Erhaltung und Pflege der Wälder:

„Die ganze Atmosphäre ändert sich mit den zerstörten Wäldern und das Land wird dürr und häßlich und stellt bas Bilb bar, als wäre es auf ewig ausgebraucht und erschöpft. Wer den Ländern die Wälder aus-zieht, und besonders wer die Berge und Höhen entwalbet, ber beraubt den Menschen an seinem köstlichsten Teil."

Unsere staatlichen Einrichtungen bringen es nun einmal so mit sich,

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Die Forstwirtschaftliche Ausstellung im Jackson Park in Chicago. 559

baß alle Ländereien, mit Ausnahme solcher, die von der Bundesregierung oder einzelnen Staaten zu bestimmten öffentlichen Zwecken oder zu fpäterem Verkauf oder Schenkung noch im Besitz gehalten werden, allobial unb absolutes Eigentum der Besitzer sinb, fo baß sich die Regierung da keine Eingriffe gestatten darf, somit auch nicht bie unbeschränkte Macht besitzt, bie Zwecke vorzuschreiben, benen solche Privatlänbereien bienen sollen. Die Regierung jeboch hat sich burch bas eminent domain-Gesetz das Recht gesichert, irgend welches Privateigentum, wenn solches zur Förde-rung ber Volkeswohlfahrt benötigt sein sollte, nach dafür geleisteter Zahlung in Besitz zu nehmen, und unter diesem Gefetz ist der Regierung das un= antaftbare Recht gegeben, die Benutzung von Privateigentum zu verhindern, wenn dadurch die Rechte anberer geschädigt werden. Sie könnte also, wenn sie wollte, durch Besitzergreifung von Waldländereien unter den Be-stimmungen des erwähnten Gefetzes diefe mittels zweckdienlicher Beauf-Nchtigung vor Zerstörung bewahren und „die Rechte anderer", d. h. die Interessen der Landwirtschaft und die Vorteile, welche nachkommenden Generationen aus der Erhaltung oder Anpflanzung von Waldungen ent-stehen würden, schützen.

I n allen Ländern und zu allen Zeiten hat man beobachtet, daß Bäume, welche zu Handelszwecken benutzt werben konnten oder der land-wirtschaftlichen Kultur im Wege ftanben, ben Gegenstand rücksichtsloser Zerstörung bildeten und zwar nicht selten in einem so großen Umfange, daß der Holzmarkt mit einem Vorrat überhäuft wurde, der außer allem Verhältnis zu der Nachfrage stand. Gar viele der wertvollsten Walb-länbereien in ben Ver. Staaten sind Holzdieben zum Opfer gefallen und gar mancher Waldbestand, welcher brauchbares Baumaterial oder vielleicht Holz für Faßdauben enthielt, ist ohne Rücksicht auf die Rechte des Besitzers geraubt und an ebenso gewissenlose Händler verkauft werben. I n nicht feltenen Fällen wirb, um bie Spuren ber Frevel wirksam zu verwischen, an bie den Schauplatz ber Diebereien umgebenden Bestände Feuer gelegt und wenn ein solches in den Spänen eines Shingle camp oder unter dem dürren Reisig gefällter Bäume seinen Ursprung nimmt, wird gar oft ein weit größerer Schaden verursacht, als der war, welcher durch den Holzdiebstahl angerichtet wurde.

Diese Schilderung von Waldverwüstung bezieht sich durchaus nicht nur auf vereinzelt dastehende Fälle, fondern ist auf die Waldstaaten des Ostens und Südens ebenfo anwendbar, wie auf bie des Norbwestens. Die St. Lawrence-Grenze des Staates New Jork wurde von canabifchen Holzbieben ihrer wertvollsten Eichenbestände beraubt, noch ehe dort bas Werk ber Ansieblung begann. Die Fichtenwaldungen Pennfylvaniens

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560 Literarische Berichte.

würben, lange ehe man bahinter kam, von Holzräubern stark gelichtet unb bie Bergwerksgegenben bes Westens zeigen Beifpeile von Walbver-Wüstungen auf, welche solche in anderen Landesteilen ganz bebeutenb an Ausbehnung überragen. Und doch sind die Wälder und Bäume ber Länber schönste Zierbe!

I I I . KMerarische Gerichte.

Nr. 41. D a s Gefamt-Berficherungsgefetz. Entwurf eines bie gesamte Ar-

beiterversicherung umfassenben unb vereinfachenben Gesetzes nebst Er-läuterungen von Karl Seybo lb , kais. Forstmeister in Masmünster, Oberelsaß.

Weil bie bermalige Einrichtung unseres Versicherungswesens „ben Anforberungen ber Praxis" nicht entspricht, macht ber Verfasser mit Aus-

. arbeitung eines förmlichen Gefetzentwurfs den Versuch, „das Arbeiter-Versicherungswesen nach Maßgabe der praktischen Erprobung" weiter zu bilden und hält sich bazu für verpflichtet, als zu ben Mannern gehörig, bie sich mit ber Sache in ber täglichen Praxis zu befassen haben. Hier-nach burfte man ben thatsächlichen Verhältnissen aufs beste angepaßte Vorschläge erwarten, beren Anwenbbarkeit sofort jebermann einleuchten follte, deren Begründung unanfechtbar ist.

Diefer Erwartung wird nicht entfprochen. Wer die Arbeiter-Ver-sicherung überblickt und sich vergegenwärtigt wie sehr, den Sitten und Gewohnheiten der verschobenen beutschen Stämme Berücksichtigung an-gebeihen zu lassen, bas Bestreben bes Gefetzgebers gewesen ist; wer bessen eingebenk ist, baß bie Schonung bestehender Einrichtungen unb die Beachtung eigenartiger Verhältnisse bestimmter Verusskreise als eine besonders wich-tige Aufgabe betrachtet wurde, der wird den der Arbeiterversicherung gemachten Vorwurf „fast rein theoretischer Entwickelung'', den der „Kompromißmosaik" ungerechtfertigt finden. Den Weg praktischer An-pafsung verlassen und theoretischer Spekulation „einheitlichen Regeln" zu liebe eingeschlagen zu haben, dies wird man mit viel größerem Recht dem Verfasser selbst vorwerfen müssen, wie sich fofort aus nachfolgen-der kurzen Skizze bes Broschüreninhalts ergiebt,

Einer in VII Punkten abgeteilten Einleitung, bie manche, zwar nicht neue aber treffenbe Bemerkung, und manche beherzigenswerte, wenn auch unbestrittene, Wahrheiten, neben recht anfechtbaren Behauptungen enthält,