die minentaucher und ihre ausbildung...beantwortung dieser fragen soll auch ein kurzer einblick in...

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Die Minentaucher und ihre Ausbildung Die See ist ruhig, die Sonne scheint und ein schwarzes Speedboat liegt friedlich in der Eckernförder Bucht. Langsam erscheinen auf der spiegelglatten Wasseroberfläche blasenartige Zeichen. Zwei Minentaucher steigen auf und berichten sachlich von dem unter Wasser gemachten Fund. Der Fund ist ein mit Waffen und Munition für Schmuggeltätigkeiten gefüllter Container. Dies geschah während der diesjährigen Großübung NORTHERN COASTS im September 2015 in der Eckernförder Bucht. Der deutsche "Mobile Minentauchertrupp 2" der Minentaucherkompanie übte dort im Rahmen der Einsatzausbildung während des Manövers und erlebte den Höhepunkt zur Erlangung der Einsatzreife. Die Einsatzreife ist der Abschluss eines langen Weges für Trupp 1 und Einzelpersonal. Angefangen bei der Grundlagenausbildung eines Anwärters bis hin zur gesamten teambezogenen Einsatzausbildung der Fähigkeitstrupps. Körperlich und geistig topfitte Minentaucher sind die Träger der Aufgaben der Kampfmittelabwehr im maritimen Umfeld 2 . Sie können verschiedenste Kampfmittel, wie zum Beispiel Seeminen oder Sprengfallen identifizieren und unschädlich machen. Die Minentaucher werden dabei sowohl an Land als auch auf den Minenjagdbooten und Minentauchereinsatzbooten der Flotte eingesetzt und begleiten zudem die Bordeinsatzteams des Seebataillons im Einsatz. Aber wie kann man Minentaucher werden und wie bereiten sich ausgebildete Minentaucher auf Einsätze oder einsatzgleiche Verpflichtungen vor? Was beinhaltet die Ausbildung und auf welche Fähigkeiten und Kenntnisse zielt diese ab? Neben der Beantwortung dieser Fragen soll auch ein kurzer Einblick in die Ausrüstung gegeben werden. Darüber ist es wichtig, Transparenz und vor allem Verständnis für die Tätigkeiten der Minentaucher zu erzeugen. Selbstverständlich rückt auch die Nachwuchsgewinnung in das Blickfeld, da insbesondere dieser spezialisierte Bereich der Bundeswehr seit Jahrzehnten und aktuell mehr denn je mit Aufwuchssorgen kämpft. Anknüpfend an die jüngsten Berichterstattungen in Magazinen wie die "Y" oder "Bundeswehr Aktuell" ist es ein „langer Weg“ bis zum Erhalt des begehrten Abzeichens, aber ein noch längerer bis zum Erreichen der notwendigen Ausbildungsstufen für die Einsatzreife als Minentauchermaat,-bootsmann oder als -offizier im jeweiligen Fähigkeitsgefüge von Seebataillon oder Minensuchgeschwader. Voraussetzungen 1 Die MiTaKp des SeeBtl unterscheidet drei Fähigkeitsstufen mit ihren jeweiligen Trupps: Minentaucherseetrupps, Mobile Minentauchertrupps und Maritime Kampfmittelbeseitigungstrupps. Darüber hinaus verfügt das 3. Minensuchgeschwader an Bord der Minentauchereinsatzboote über feste MiTa – Gruppen. 2 Siehe Erläuterung Aufgaben Minentaucher im Kasten.

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Page 1: Die Minentaucher und ihre Ausbildung...Beantwortung dieser Fragen soll auch ein kurzer Einblick in die Ausrüstung gegeben werden. Darüber ist es wichtig, Transparenz und vor allem

Die Minentaucher und ihre Ausbildung

Die See ist ruhig, die Sonne scheint und ein schwarzes Speedboat liegt friedlich inder Eckernförder Bucht. Langsam erscheinen auf der spiegelglattenWasseroberfläche blasenartige Zeichen. Zwei Minentaucher steigen auf undberichten sachlich von dem unter Wasser gemachten Fund. Der Fund ist ein mitWaffen und Munition für Schmuggeltätigkeiten gefüllter Container. Dies geschahwährend der diesjährigen Großübung NORTHERN COASTS im September 2015 inder Eckernförder Bucht. Der deutsche "Mobile Minentauchertrupp 2" derMinentaucherkompanie übte dort im Rahmen der Einsatzausbildung während desManövers und erlebte den Höhepunkt zur Erlangung der Einsatzreife.

Die Einsatzreife ist der Abschluss eines langen Weges für Trupp1 und Einzelpersonal.Angefangen bei der Grundlagenausbildung eines Anwärters bis hin zur gesamtenteambezogenen Einsatzausbildung der Fähigkeitstrupps. Körperlich und geistigtopfitte Minentaucher sind die Träger der Aufgaben der Kampfmittelabwehr immaritimen Umfeld2. Sie können verschiedenste Kampfmittel, wie zum BeispielSeeminen oder Sprengfallen identifizieren und unschädlich machen. DieMinentaucher werden dabei sowohl an Land als auch auf den Minenjagdbooten undMinentauchereinsatzbooten der Flotte eingesetzt und begleiten zudem dieBordeinsatzteams des Seebataillons im Einsatz.

Aber wie kann man Minentaucher werden und wie bereiten sich ausgebildeteMinentaucher auf Einsätze oder einsatzgleiche Verpflichtungen vor? Was beinhaltetdie Ausbildung und auf welche Fähigkeiten und Kenntnisse zielt diese ab? Neben derBeantwortung dieser Fragen soll auch ein kurzer Einblick in die Ausrüstung gegebenwerden. Darüber ist es wichtig, Transparenz und vor allem Verständnis für dieTätigkeiten der Minentaucher zu erzeugen. Selbstverständlich rückt auch dieNachwuchsgewinnung in das Blickfeld, da insbesondere dieser spezialisierte Bereichder Bundeswehr seit Jahrzehnten und aktuell mehr denn je mit Aufwuchssorgenkämpft. Anknüpfend an die jüngsten Berichterstattungen in Magazinen wie die "Y"oder "Bundeswehr Aktuell" ist es ein „langer Weg“ bis zum Erhalt des begehrtenAbzeichens, aber ein noch längerer bis zum Erreichen der notwendigenAusbildungsstufen für die Einsatzreife als Minentauchermaat,-bootsmann oder als-offizier im jeweiligen Fähigkeitsgefüge von Seebataillon oderMinensuchgeschwader.

Voraussetzungen

1 Die MiTaKp des SeeBtl unterscheidet drei Fähigkeitsstufen mit ihren jeweiligen Trupps: Minentaucherseetrupps, Mobile Minentauchertrupps und Maritime Kampfmittelbeseitigungstrupps. Darüber hinaus verfügt das 3. Minensuchgeschwader an Bord der Minentauchereinsatzboote über feste MiTa – Gruppen.

2 Siehe Erläuterung Aufgaben Minentaucher im Kasten.

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Im Minentaucherdienst der Deutschen Marine unterscheidet man üblicherweiseverschiedene Laufbahnen. So gibt es die Minentaucherunteroffiziere und dieMinentaucheroffiziere. Die Minentaucherunteroffiziere beginnen ihre Ausbildung sofrüh wie möglich und starten, solange sie keine Quereinsteiger aus anderenVerwendungsbereichen sind, in der Dienstgradgruppe der Mannschaften direkt nachder Grundausbildung Land in der Verwendungsreihe Minentaucher. Je nachQualifikation bei der Eignungsfeststellung ist es möglich, als Maat oder alsBootsmannanwärter seinen Weg anzutreten. Die Offiziere dagegen absolvieren vorder Minentaucherausbildung neben ihrer allgemeinen militärischen Qualifizierungnoch das Studium an einer der beiden Universitäten der Bundeswehr sowie in Teilenauch schon speziellere operative Ausbildungen. Im Dienstgrad als Leutnant oderOberleutnant zur See finden sie sich zusammen zur Ausbildung mit den Maat- oderBootsmannanwärtern.

Zunächst verpflichtend ist ein körperliches Eignungsfeststellungsverfahren im Vorfeldder Zulassung. Danach erfolgt die allgemeine schiffstechnische Taucherausbildung,kurz der Schwimmtaucherlehrgang am Einsatzausbildungszentrum SchadensabwehrMarine in Neustadt/ Holstein. Hier erfolgt die Vermittlung von Verfahren derTauchtechnik für Tauchen mit Atemluft (Pressluft), schiffstechnischen Grundlagen imUnterwasserbereich wie zum Beispiel Leckabwehr und Fertigkeiten alsRettungsschwimmer Marine. Anschließend wechseln die Minentaucheranwärter daserste Mal nach Eckernförde und werden dort von dem Sportlehrer des Seebataillonserwartet.

Im Rahmen des Vorbereitungslehrganges Minentaucher erfolgt die körperliche wieauch psychologische finale Festigung für die bevorstehende Minentaucher-ausbildung. Ein diplomierter Sportpädagoge ist der Hauptverantwortliche für gutsechs Wochen, in welchen die bereits schon recht versierten Anwärtertrainingsmethodische Verbesserungen sportphysiologischer und sensomotorischerArt erhalten. Hierzu stehen ihm neben den Hörsälen für theoretische Aspekte dieEinrichtungen des Marinestützpunktes sowie die landschaftlich anspruchsvolleUmgebung Eckernfördes zur Verfügung.

Minentauchergrundlehrgang

Gut gerüstet und mental bestens eingestimmt, beginnen die Soldaten danach dietatsächliche Ausbildung zum Minentaucher. Der Grundlehrgang, kurz„Minentaucherfachlehrgang 1“, dauert insgesamt knapp fünf Monate und beinhaltetdie Vorausbildung (Hallenausbildung), die Freiwasserausbildung mit Tieftauchtrainingund Lehrseefahrt, die Kraftbootausbildung, die Sprengausbildung sowie eineabschließende Ausbildung zum Kampfmittelaufklärer im maritimen Umfeld. ImEinzelnen heißt dies, dass die Anwärter zu Beginn eine fünfwöchige Vorausbildungerneut in Neustadt/ Holstein erhalten.

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In den fünf Wochen der Vorausbildung haben fünf Ausbilder unter Führung einesMinentaucherfachdienstoffiziers sowie von zwei Tauchmedizinern3 die Aufgabe, denAnwärtern die Notwendigkeiten im Umgang mit dem Element Wasser bei Tauchenmit eigener Atemluft4 ohne Tauchgerät vertraut zu machen, tauchmedizinischeThemen zu lehren, das Minentauchereinsatztauchgerät Divex Stealth EOD Mauszubilden und sie durchgehend mit weiterer körperlicher Ertüchtigung zuversehen. Die Minentaucheranwärter lernen im Kontext hoher körperlicher Belastungdie Tauchtechniken, die ersten Ausrüstungsgegenstände wie Taucheranzüge und dasEinsatztauchgerät sowie die ersten Verfahren kennen und beherrschen. Hierbeigelten hohe körperliche wie auch geistige Anforderungen, welche nach dem Prinzipvom leichten zum schweren geltend gemacht werden und stets mit denunabdingbaren Sicherheitsaspekten beim Tauchen versehen sind. Daher ist eskonsequent und nachvollziehbar, dass am Ende der Vorausbildung durchaus einigeder Anwärter abgelöst werden oder sich teilweise sogar selbst ablösen lassen.

Sind die anspruchsvollen Wochen der Vorausbildung geschafft, kehren Ausbilder undLehrgangsteilnehmer nach Eckernförde zurück und setzen dort die Ausbildung nunerstmalig auch im Freiwasser fort. Die kommende Phase von knapp drei Monatenwird bestimmt durch das Tauchen und das Trainieren der verschiedenstenEinsatzsuchverfahren im Hafen, wie auch im nahen Ostseebereich von Eckernförde.Dabei wechseln sich eine Vielzahl von notwendigen Unterrichten fürEinsatztechniken, Munitionskunde, Kampfmittel eigener und fremder Streitkräfte mitAusbildungsabschnitten in Tauchmedizin und Tauchsicherheit ab. Parallel wird mitdem Schwerpunkt im Umfeld von Eckernförde die körperliche Weiterbildung derAnwärter weitergeführt.

Weitere Höhepunkte der zweiten Phase sind dann noch das Tieftauchtraining ineinem Bergwerksstollen im bayerischen Bad Reichenhall, wo die Schüler sicherbegleitet durch einen Ausbilder in einer Tauchersicherheitsglocke an die besonderenUmstände von Tauchgängen tiefer als 30 Meter herangeführt werden. Außerdem wirdeine Schülerfahrt auf einem der zwei Minentauchereinsatzboote der Marinedurchgeführt.5 Dort sollen den Schülern auf der Nord- oder Ostsee die Widrigkeitenund Herausforderungen des Tauchens, der Einsatzverfahren und desseemännischen Verhaltens nähergebracht werden.

Der Abschluss dieses Teils der Ausbildung ist die sogenannte kombinierteAbschlussübung. Sie zeichnet sich gleichzeitig durch die ersten wirklichenemotionalen Prägungen im Leben eines Minentauchers aus. Neben einer forderndenAufteilung in Geländelauf und „längerem“ Schwimmen in der Ostsee ist gerade der

3 Ein Taucherarzt sowie ein tauchermedizinischer Assistent

4 Apnoe aus dem griechisch – lateinischen = eigentlich Atemnot oder Atemstillstand

5 Minentauchereinsatzboote BAD RAPPENAU und ROTTWEIL des 3. Minensuchgeschwaders

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Empfang durch die Minentaucherkameradschaft am Strand vom MarinestützpunktEckernförde etwas Einzigartiges. Mit dem Gefühl des „Ich habe es vollbracht“ werdensie durch die angetretenen Minentaucher des Seebataillons willkommen geheißenund schon nahezu in die Gemeinschaft aufgenommen. Das "nahezu" bezieht sich aufdie noch fehlenden Elemente der Ausbildung. Diese sind der Kraftbootlehrgang, derSprenghelferlehrgang und das abschließende Modul zur Kampfmittelerkennung anLand wie auch unter Wasser, die in den verbleibenden Wochen im Anschluss an dieFreiwasserausbildung durchgeführt werden. Mit diesem Abschluss haben dieAnwärter die fachliche Ausbildungshöhe „Minentauchermaat“ erlangt. Diese befähigtsie, zusammen mit der direkt folgenden truppendienstlichen Unteroffizierausbildungan der Marineunteroffizierschule Plön innerhalb der Minentaucherkompanie oder anBord der Minentauchereinsatzboote als Taucher und Kampfmittelaufklärer eingesetztzu werden. Für die Bootsmannanwärter und die Offiziere ist dagegen die Ausbildungnoch nicht beendet. Sie wechseln in die nächste Stufe und erhalten je nachErfahrungsstand6 den aufbauenden Lehrgang "Minentaucherfachlehrgang 2".

Minentauchereinsatzleiter– und Kampfmittelabwehrausbildung

Die erwähnte "Minentaucherfachausbildung 2" ist der Anknüpfpunkt zumGrundlehrgang und der Führungslehrgang für den Minentaucherdienst. In diesem istes die Absicht, im Schwerpunkt den zukünftigen Minentaucherbootsleuten dieFertigkeiten und Fähigkeiten für einen Minentauchereinsatzleiter und komplettenKampfmittelabwehrspezialisten im maritimen Umfeld zu vermitteln. Die Offiziere sindhierbei differenziert zu betrachten, da sie grundsätzlich für den Dienst alsWachoffiziere für Minenjagd- oder Minentauchereinsatzboote und zumMinentauchereinsatzleiter vorgesehen sind, aber nicht zu komplettenKampfmittelspezialisten ausgebildet werden. Ihr Schwerpunkt ist derOperationsdienst der Seeminenkriegführung an Bord. Dennoch kann es bei denOffizieren vereinzelt Vertreter des Operationsdienstes Land mit dem SchwerpunktMinentaucher im Kampfmittelabwehrdienst geben. Diese durchlaufen dann die nunzu beleuchtende gleiche "Fachausbildung 2" wie die Minentaucherbootsleute.

Zu Beginn bekommen die Schüler eine Ausbildung zum Einsatzleiter im BereichTauchen und Tauchmedizin. Hierbei absolvieren sie ein achtwöchiges Training, die ineiner praktischen Prüfungsphase in See und an Bord einesMinentauchereinsatzbootes mündet. Im Vordergrund des bedeutsamen undselektiven Unterrichtes stehen Lehrinhalte wie Vorschriftenkunde, Tauchmedizin,Taucherunfallmanagement und Tauchersicherheitsaspekte. Vorausgesetzt dieEinsatzleiterschulung wird erfolgreich bestanden, wechseln die Lehrgangsteilnehmerin die Ausbildung zum Fachkundigen und Kampfmittelabwehrsoldaten Marine/Minentaucher über.

6 Die Bootsmannanwärter absolvieren nach dem Grundlehrgang ein mehrmonatiges Praktikum in derMiTaKp oder an Bord der MiTaEinsBoote.

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Die Deutsche Marine vollzieht hierbei als aktuell einzige Teilstreitkraft eineRückdrehung der Ausbildungskonzeptionen. Die zentrale Fachkundeausbildung,welche üblicherweise für alle Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche an derTechnischen Schule des Heeres in Aachen abgebildet ist, wurde aufgrund derBesonderheiten des Minentaucherdienstes erstmalig mit dem Jahr 2015 auf denLehrgang „Fachkunde Munition Minentaucher“ im Ausbildungszentrum desSeebataillons ausgeweitet. Somit ist die Marine und damit der Minentaucherdienstunter den Vorgaben der entsprechenden Fachaufsichtsbehörde „FachkundeMunition“ in der Lage, die Ausbildung situations-, personen- und vor allemzeitgerecht durchzuführen.

In Zusammenarbeit mit der Marinetechnikschule in Parow, in welcher dienaturwissenschaftlichen Grundlagen unterrichtet werden, führt dasAusbildungszentrum in knapp zwölf Monaten die "Fachausbildung 2" mit demAbschluss "Kampfmittelabwehr Minentaucher" durch. In dieser Ausbildung findensich die beschriebenen Ausbildungsabschnitte Minentauchereinsatzleiter, dieFachkundemodule Munition, die Sprengleiterschulung sowie die AnteileKampfmittelbeseitigung Unterwasser (EOD Uw), welche im Anschluss noch umstreitkräftegemeinsame und fachspezifische Englischanteile zu ergänzen sind. DerVorteil der Neustrukturierung der Ausbildung liegt im Wesentlichen in derFokussierung der dem Minentaucherdienst naheliegenden elementaren Belange unddem Faktor zur schnelleren Zuführung von einsatzfähigem Personal. Die eigentlichabschließende streitkräftegemeinsame Kampfmittelabwehrausbildung (EOD/IEDD)am Kampfmittelabwehrstützpunkt in Stetten am kalten Markt erfolgtpersonenbezogen und nach Ablauf von ersten Phasen in einer der Einsatzeinheitenund nicht wie vorher direkt im Anschluss an die Fachkundeausbildung. Mit Abschlussdes "Minentaucherfachlehrganges 2" endet die Individual– beziehungsweiselehrgangsgebundene Ausbildung der Minentaucher und geht über in dieBetrachtungen zu Team- und Einsatzausbildungen.

Einsatzausbildung Minentaucher

Die Minentaucherkompanie untergliedert sich in ihren Fähigkeiten zur Erfüllung allerAufgaben im Minentaucherdienst wie oben ausgeführt in drei große Bereiche.Angefangen von den Seetrupps in Stärke von vier Personen und eingesetzt auf denMinenjagdbooten, über die Mobilen Minentauchertrupps in Stärke von acht Personenfür das Spektrum des gesamtes maritimen Umfeldes, bis hin zu den MaritimenKampfmittelbeseitigungstrupps in Stärke von vier Personen für Einsätze derBundeswehr sowie auch bei Landoperationen, sind neben der noch verbleibendenDienstpostenausbildung insbesondere drei Stufen der Einsatzausbildung infestgelegten mehrjährigen Zyklen zu durchlaufen. Hierbei liegt der Fokuskonsequenterweise in der Ausrichtung auf Einsatzaufgaben.

Während die ersten beiden Stufen der Einsatzausbildung, das heißt Teamfindungund Wahrnehmung von einfacheren waffensystemspezifischen Aufgaben, in derEinsatzkompanie absolviert werden, ist die dritte und höchste Stufe – die Fähigkeit

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zur Wahrnehmung von Einsatzaufgaben – nur in Zusammenarbeit mit demAusbildungszentrum zu erreichen. Mit der Aufstellung des Seebataillons und demdazugehörigen Ausbildungszentrum erfolgte erstmalig im Minentaucherdienst dieEtablierung des Bereiches Einsatzausbildung. Strukturell angepasst an dieFähigkeitsgruppen der Minentaucherkompanie finden sich im AusbildungszentrumEinsatzausbilder für die genannten Bereiche. Die für Einsatzaufgaben anstehendenTrupps werden hierzu temporär der Gruppe Einsatzausbildung zugeführt underhalten in mehrwöchigen Modulen ihren letzten Schliff sowie abschließend inAbstimmung mit der Führung der Minentaucherkompanie den Einsatzstatus,beziehungsweise die Einsatzreife zugesprochen. Die Teilnahme an multinationalenManövern mit der Möglichkeit, Lagen des gesamten Spektrums zu trainieren, stelltdabei eine großartige Gelegenheit für den Abschluss dar. Zurück zu denaufgetauchten Minentauchern am Schmuggelcontainer der Übung NORTHERNCOASTS zeigt sich der Erfolg der Ausbildung. In routinierter und professionellerManier absolvierte der Trupp die Herausforderung der Übungslage und konnteentscheidend zur Erreichung des Gesamtauftrages beitragen. In den vergangenendrei Monaten durchlief der „Mobile Minentauchertrupp 2“ der Minentaucherkompanieeine solche Einsatzausbildung und fand im Manöver die Möglichkeit zum Trainingund Bewertung ihrer Fähigkeiten.

Schlussbetrachtungen

Die Ausbildung ist und bleibt das Grundfundament für die Bereitstellung von Personalund Fähigkeiten in aktuellen und künftigen Einsatzszenarien. Ohne eine sorgfältige,besonnene und qualitativ hochwertige Ausbildung sind kein Einsatz und keineEinsatzvorbereitung vorstellbar. Auch wenn der Minentaucherdienst schon seitJahren mit Nachwuchssorgen und immer wieder neuen Herausforderungenumzugehen hat, schaffen es die Minentaucher dennoch durchgehend und qualitativhochwertig, ihre Aufgaben und Aufträge zu erfüllen. Dieses darf durchaus mit denbeständig hohen Ansprüchen an Geist und Körper während der Ausbildung inVerbindung gebracht werden. Abstriche bei der Qualität der Ausbildung darf man sichnicht leisten, da das Element Wasser wie auch die komplexe Kampfmittelwelt diesenicht verzeihen würden.

Die in der Bundeswehr ab 2016 einzuführende Soldatenarbeitszeitverordnung wirdzudem künftig auch die Ausbildung zum Minentaucher betreffen und zu aktuell nochnicht in Gänze abzuschätzenden Anpassungen in der Ausbildung führen.Abschließend sei dem Autor noch erlaubt auszuführen warum es aus seiner Sichtunverändert attraktiv ist, Minentaucher werden zu wollen: Minentaucher wird man,weil es einer der attraktivsten, abwechslungsreichsten, herausforderndsten,komplexesten, kameradschaftlichsten und charakterbildendsten Verwendungen derBundeswehr ist. Darüber hinaus wächst der Anwärter nach Bestehen in eine derschönsten Gemeinschaften überhaupt hinein und kann dann seine Frau oder seinenMann für die bedeutsamen Aufträge der maritimen Kampfmittelabwehr im Frieden, imGrundbetrieb wie auch bei bewaffneten Kriseneinsätzen stehen.

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Korvettenkapitän Mario Fink, Leiter des Ausbildungszentrums Seebataillon undMinentaucherstabsoffizier

Einschub Eins – Aufgaben der Minentaucher

- Suchen, Lokalisieren, Identifizieren von Seeminen und anderen Kampfmittelnin küstennahen Seegebieten, Hafenanlagen und ausgewähltenBinnengewässern weltweit (Kampfmittelaufklärung, EOR – ExplosiveOrdnance Reconnaissance)

- Sprengen, Neutralisieren, Bergen und Demontieren von Seeminen undanderen Kampfmitteln weltweit im Rahmen der rechtlichen Zuständigkeit(Kampfmittelbeseitigung, EOD – Explosive Ordnance Disposal)

- Suchen und Beseitigung von behelfsmäßigen Spreng- undBrandvorrichtungen während der Auslandseinsätze der Bundeswehr (IEDD –Improvised Explosive Device Disposal)

- Absuchen / Freiräumen von Flachwassergebieten, Stränden undHafenanlagen

- Suche und Bergung von verlorenem Material und Gerät jeglicher Art- Amtshilfe von Polizei, Feuerwehr und Länderkampfmittelräumdienste

bei einer Einsatztiefe bis 54 Meter.

Einschub zwei

Ausbildungsstruktur Minentaucher schematisch

Ablauf Ausbildung zum MiTa-UO/PUO

Monat 1 – 3 Grundausbildung (Plön oder Parow)

Monat 4 – 5 Schwimmtaucherlehrgang (Neustadt/ Holstein)

Monat 6 – 7 Sportvorbereitungslehrgang MiTa (Eckernförde)

Monat 8 Vorausbildung MiTa (aktuell Neustadt/ Holstein)

Monat 9 – 11 MiTa-Ausbildung Teil 1 (Eckernförde)

Monat 12 Mita-Ausbildung Teil 2 (Eckernförde)

Monat 13 Kraftbootführerschein und Sprengausbildung ( Eckernförde)Ernennung zum Minentaucher nach Abschluß dieser Module!

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Monat 14 – 16 Lehrgang an der Marineunteroffizierschule (Nur Unteroffizieranwärter)

Für Unteroffiziere Ende der Ausbildung und Einsatz als MiTa-Maat an Bord oderin der MiTaKp.

Monat 14 – 25 Praktikum in der MitaKp oder an Bord für die PUO-Anwärter (Eckernförde oder Kiel)

Monat 26 – 30 Lehrgänge an der Marineunteroffizierschule (Plön)

Monat 31 – 32 Lehrgang „Naturwissenschaftliche Grundlagen“ (Parow)

Monat 33 – 34 Ausbildung zum MiTa-Einsatzleiter (Eckernförde)

Monat 35 – 43 Ausbildung Fachkunde Munition für MiTa (Eckernförde)

Monat 44 – 46 Englischlehrgang (An einer Ausbildungseinrichtung der SKB)

Monat 47 Englischausbildung für Fachkunde Munition (Aachen)

Ernennung zu Mita-Einsatzleiter und Munitionsfachkundigen. Einsatz als MiTaBootsmann an Bord oder in der MiTaKp. Nach einer Stehzeit von zwei bis drei Jahren sowie bei Bedarf und einer entsprechenden Restdienstzeit, Teilnahme am Lehrgang „Kampfmittelabwehr-Feldwebel“ (6 Monate) bei der VI. Inspektion der Pionierschule im Ausbildungsstützpunkt Kampfmittelabwehr in Stetten a.k.M.

Ablauf Ausbildung zum MiTa-Offizier

In den ersten Jahren (3-5) der Offizierausbildung werden je nach Verwendungsplanung verschiedenste Offizierlehrgänge und das Studium absolviert, bevor eine Einsteuerung in die MiTa-Ausbildung erfolgt.

Monat 1 – 2 Schwimmtaucherlehrgang (Neustadt/ Holstein)

Monat 3 – 4 Sportvorbereitungslehrgang MiTa (Eckernförde)

Monat 5 Vorausbildung MiTa (aktuell Neustadt/ Holstein)

Monat 6 – 8 MiTa-Ausbildung Teil 1 (Eckernförde)

Monat 9 – 10 Ausbildung zum MiTa-Einsatzleiter (Eckernförde)

Monat 11 Sprengausbildung (Eckernförde)

Monat 12 MiTa-Ausbildung Teil 2 (Eckernförde)

Abschluss der Ausbildung mit Ernennung zum Minentaucher und Einsatzleiter mit nachfolgender Verwendung an Bord und/ oder weitere Lehrgänge, um als Wachoffizier an Bord eingesetzt werden zu können.

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Ist in Einzelfällen eine Verwendung als MiTaOffz in der MiTaKp vorgesehen, wird die MiTa-Ausbildung um nachfolgende Ausbildungen verlängert:

Monat 12 – 13 Lehrgang „Naturwissenschaftliche Grundlagen“ (Parow)

Monat 14 – 22 Ausbildung Fachkunde Munition für MiTa (Eckernförde)

Monat 23 Englischausbildung für Fachkunde Munition (Aachen)

Monat 24 – 27 Ausbildung zum Kampfmittelabwehr-Offizier (Stetten a.k.M.)

Einschub drei

Bilderauswahl

Das Einsatztauchgerät Divex Stealth EOD M

Die gesamte Ausrüstung ist einsatzbedingtmagnetisch vermessen und geräuscharm.Das Tauchgerät ist ein sog. elektronischerSelbstmischer d. h. der Sauerstoffgehalt desKreislaufgases im geschlossenenKreislaufsystem wird elektronisch überwachtund in Abhängigkeit von der Tiefe nacheinem voreingestellten Profil reguliert. DerTaucher kann den Status des Tauchgerätesjederzeit auf einer an der Maskeangebrachten grünen oder rotlichtemittierenden Diodenanzeige (LED-Gerätestatusanzeige) ablesen. AktuelleTauchparameter sowie Zusatzinformationenzu den LED-Gerätestatusanzeigen werdenauf einem Displaymodul dargestellt.

Bildquelle: Bienert, A. Bundeswehr

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Minentaucher im Sprengsplitterschutzanzug bei der Arbeit im Hafenbereich

Quelle: Deutsche Marine

Ferngelenkter Kampfmittelbeseitigungsroboter tEODor im Einsatz gegen eine mögliche improvisierte Sprengvorrichtung im Hafenbereich

Quelle: Deutsche Marine

Minentaucher bei einem Suchverfahren

Quelle: Deutsche Marine

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Minentaucheranwärter während der Hallenausbildung mit dem Einsatztauchgerät Stealth EOD M

Quelle: PIZ Marine

Schlauchbootminenabwehr vom Typ Boomeranger mit Minentauchern nach dem Einsatz im Bereich Minentauchereinsatzboot ROTTWEIL.

Quelle: MiTaEinsBoot ROTTWEIL

Minentaucher bei der Freiwasserausbildung mit Einsatztauchgerät und Oberflächenboje

Quelle: PIZ Marine

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Lehrmodelle von Seeminen in der Munitionsmuster Lehrsammlung des Ausbildungszentrums

Quelle: PIZ Marine