die paarungsbalz des schwarzhalstauchers

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[J. Om. 286 [ 110 Die Paarungsbalz des Schwarzhalstauchers Von Hans Franke, Wien Gegen Ende April 1967 bot sich im Seewinkel, Burgenland, eine günstige Gelegen- heit, an zwei Nestern des Schwarzhalstauchers die Paarungsbalz zu beobachten und im Bild, im Farbfilm und mit dem Tonband festzuhalten. Ist dieses Verhalten auch dem des Haubentauchers sehr ähnlich, so ist es doch weniger bekannt und in Einzel- heiten abweichend. Dabei konnte ich keine Beobachtungen über ein ambivaleutes Gehaben der beiden Geschlechter machen. In der Übersicht sind das Verhalten des 2 und des ~, die Dauer und das zeitliche Ineinandergreifen der einzelnen Teilabläufe sowie die diesen zugehörigen Laut- äußerungen dargestellt. Übersicht 9 Stimme Dauer Dauer k*l ü," ",,4 g," ù~ 1. Aufspringen auf den Nestrand zur Aufforde- rungshaltung (steil aufge- richtet, Hals schräg nach vorn unten, Kopfwenden); zwei- oder dreimaliges kurzes Flügelzittern. 2. Niedersinken zur Ein- ladehaltung (Bauch auf dem Nest, Hals und Kopf dar- über hinaus gestreckt, knapp über der Wasseroberfläche); Kopfwenden nach links und rechts, 3. Aufrichten zur Nachbalz- haltung mit Halsstrecken und Kopf wenden. õ 1. Umherscbwimmen (hin- ter, seltener neben ~?; Kopf zum ~ hin) dabei häufiges Federputzen mit raschen Kopfbewegungen zum Rük- ken oder (Seitenlage !) Bauch hin. I [ 2. a Aufspringen zur steil aufgerichteten Kopulations- haltung auf das Rücken- ende des 9. 2. b Lauf (schnell, rasche Fußschläge, aufgerichtet)den Rücken entlang und Ab- sprung neben den Hals des auf den Nestrand. 3. Nachbalzhaltung (auf- recht) mit Halsstrecken u. Kopfwenden. õ V. ~x Das Aufspringen auf das Nest durch das 9 sowie das des ~ auf das Rückenende des liegenden 9 erfolgt durch I--Ierausschnellen aus dem Wasser, wobei fast immer sofort die steil aufgerichtete Körperhahung mit gegrätschten Füßen erreicht wird.

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[J. Om. 286 [ 110

D i e Paarungsba lz des Schwarzhals tauchers

Von Hans Franke, Wien

Gegen Ende April 1967 bot sich im Seewinkel, Burgenland, eine günstige Gelegen- heit, an zwei Nestern des Schwarzhalstauchers die Paarungsbalz zu beobachten und im Bild, im Farbfilm und mit dem Tonband festzuhalten. Ist dieses Verhalten auch dem des Haubentauchers sehr ähnlich, so ist es doch weniger bekannt und in Einzel- heiten abweichend. Dabei konnte ich keine Beobachtungen über ein ambivaleutes Gehaben der beiden Geschlechter machen.

In der Übersicht sind das Verhalten des 2 und des ~, die Dauer und das zeitliche Ineinandergreifen der einzelnen Teilabläufe sowie die diesen zugehörigen Laut- äußerungen dargestellt.

Übersicht

9 Stimme Dauer Dauer

k*l

ü,"

",,4

g,"

ù~

1. Aufspringen auf den Nestrand zur Aufforde- rungshaltung (steil aufge- richtet, Hals schräg nach vorn unten, Kopfwenden); zwei- oder dreimaliges kurzes Flügelzittern.

2. Niedersinken zur Ein- ladehaltung (Bauch auf dem Nest, Hals und Kopf dar- über hinaus gestreckt, knapp über der Wasseroberfläche); Kopfwenden nach links und r e c h t s ,

3. Aufrichten zur Nachbalz- haltung mit Halsstrecken und Kopf wenden.

õ

1. Umherscbwimmen (hin- ter, seltener neben ~?; Kopf zum ~ hin) dabei häufiges Federputzen mit raschen Kopfbewegungen zum Rük- ken oder (Seitenlage !) Bauch hin.

I [

2. a Aufspringen zur steil aufgerichteten Kopulations- haltung auf das Rücken- ende des 9. 2. b Lauf (schnell, rasche Fußschläge, aufgerichtet) den Rücken entlang und Ab- sprung neben den Hals des

auf den Nestrand.

3. Nachbalzhaltung (auf- recht) mit Halsstrecken u. Kopf wenden.

õ

V.

~x

Das Aufspringen auf das Nest durch das 9 sowie das des ~ auf das Rückenende des liegenden 9 erfolgt durch I--Ierausschnellen aus dem Wasser, wobei fast immer sofort die steil aufgerichtete Körperhahung mit gegrätschten Füßen erreicht wird.

Heft 3] 1969 ] Die Paarungsbalz des Schwarzhalstauchers 287

W~ihrend der Aufforderungshaltung (~, 1.) sdawankt der KSrper in Verbindung mit dem Fliigelzittern etwas auf und ab. Der Kopf wird langsam hin und her ge- wendet. Das Fliigelzittem ist nidat unmittelbar zu beobachten, da die Fliigel dabel fast vSllig in ihren Tasdaen bleiben, sondern nur aus der Auflockerung und Riittel- bewegung der Federn an den rotbraunen Flanken zu ersehen.

Paarungsbalz yon Podiceps nigricollis. ~_ 1.: Aufforderungshaltung (rearing posture), yon der Seite, mit Fliigelzittem (wings trembling) und yon vorne; ~ 2. Einladehaltung (invitatory posture);

3. Nachbalzhaltung (post-courtship display). ~ 1. Umherschwimmen (swimming behind the female); (~ 2. Kopulatlonshaltung (copulation posture); (~ 3. Nachbalzhaltung (post-courtship display).

Unten: Paarungsduett (Schema) (copulation-duet).

Die yore d unmittelbar aus dem Aufsprung heraus eingenommene aufredate Kopulationshaltung (~ 2. a), bei der das Kopfgefieder gestr~iubt ist, dauerte immer nur 4--6 Sekunden. Die Anzeichen einer erfolgten Kopulation, etwa irgend einen Ruck des K~Srpers zu Beginn oder am Ende der tats~idalidaen Vereinigung, konnte ida jedoda nie deutlich wahrnehmen. Dies, noda viel mehr aber die unglaublich hohe Anzahl soldaer Balzabl~iufe liefl mandamal die Frage nada dem Sinn dieses Handelns

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(nur Synchronisation der Partner?) auftauchen. So zählte ich an einem Tag während zwölf Beobachtungsstunden ungefähr einhundert vollständig durchgeführte Paarungs- balzabläufe, was mehrere Tage weiterging, wenn auch nicht mit gleicher Intensität. Hier spielte sich fast alles am Tage ab, entgegen anderslautenden Berichten. Hingegen fanden die lärmenden Versammlungen der Schwarzhalstaucher mit Vorliebe in der Dämmerung statt.

Ab und zu glückte dem ~ der Aufsprung nicht richtig; es gab eine Bauchlandung, nach der es gleich weiter rutschte, statt zu rennen (~ 2. b), um neben dem Hals des 9 ins Wasser eben nur hineinzugleiten, anstatt wie sonst zu springen. Auch in einem solchen Fall wurde anschließend die Nachbalz von beiden durchgeführt. Ferner gab es Störungen durch andere Schwarzhalstaucher, zumal gerade die Umgebung von Nest 1 ein beliebter Versammlungs- und Tummelplatz von oft zwanzig oder dreißig dieser Vögel war. Meist wurde das 9 schon während der Aufforderungs- oder der Einladehaltung angesprungen und verjagt, ob von einem beliebigen Störenfried aus der Schar oder einem bestimmten Nebenbuhler, ließ sich nicht feststellen. Beim Nest 2, das abseits lag, richteten sich oft zwei ~ ~, dicht nebeneinander schwimmend, zum Aufspringen her, bis schlie£1ich eines das 9 vertrieb. Erst jetzt kam es zu Verfolgungskämpfen.

Nach der Kopulation läuft das ~ eilig, immer noch aufgerichtet, über den Rücken des 9, springt klatschend in das seichte Wasser des Nestrandabfalles, faßt dort dicht an der Brust des 9 Fuß und nimmt einen Augenblick früher als dieses die Nachbalz- haltung (@ 3.) ein, da sich das 9 erst jetzt auf dem Nest erheben kann (9 3.). So kommt dieses etwas erhöht schräg hinter dem @ zu stehen. Die Körper schauen, falls das c~ nicht in tieferes Wasser abgerutscht ist, in die gleiche Richtung. Während der Gesamtdauer dieser Nachbalzhaltung m ungefähr 10 Sekunden m werden die Köpfe ständig langsam und ziemlich ausgiebig nach rechts und links gewendet, wobei die roten Augen wie die golden glänzenden Ohrfächer besonders hell einmal auf der einen und gleich danach auf der anderen Seite aufleuchten. Gegen Ende der Nach- balz erfolgt manchmal ein einmaliges Scheinputzen.

BANDORr (1968) führt ohne Quellenangabe aus: . . . . bei P. nigricoUis fehlt die Nachbalz vollkommen. « Ferner heißt es im Abschnitt über den Zwergtaucher in einer Anmerkung, die offenbar die jüngsten Beobachtungen über P. rul~collis betrifft und frühere abweichende ergänzt: ,Nach jeder der 20 Paarungen fand eine Nachbalz statt, bei der ein oder beide Partner auf dem Nest weilten und Gegenüberstellung in starker Erregung zeigten. « Damit ergibt sich eine neue Übereinstimmung oder zumindest eine Vergleichsmöglichkeit zwischen dem etwas abweichenden, von BAN- Doxr so eingehend untersuchten Verhalten des Zwergtauchers mit dem des t-lauben- tauchers und damit auch des Schwarzhalstauchers. Einige Angaben von BANDOXF über die stimmlichen Äußerungen von P. rul~colIis während der Paarungsbalz lassen erwarten, daß sich auch da manche bisher verborgen gebliebene Ähnlichkeit ergeben wird.

Solange das auf dem Nest während der Kopulation liegende P. nigricollis-9 sein B auf dem Rücken trägt, also von dessen Aufsprung bis zu seinem Absprung (c~ 2. a und 2. b), bringt jeder Partner eine eigene Tonreihe von ungefähr 8 Sekunden Dauer hervor. Die des 9 besteht aus etwa 16 tiefen, mehr gequakten, leicht näselnden und ein wenig abgebogenen ,goa ~, die zunächst leise und fast zögernd gebracht werden.

Heft 3] Die Paarungsbatz des Schwarzhalstauchers 280 1969 J

Bald aber geht es beschleunigt fast bis zum Schlu£ weiter, vor dem Tonstärke und Tempo ein wenig absinken. Das $ beginnt seine Reihe mit einem gedehnten, leicht gebogenen, sehr hohen »sih « (Tonhöhe bei a4), dem noch drei oder vier solche, jedoch etwas schwächere und kürzere »sih" folgen. Nach zwei oder drei weiteren ganz kurzen ,sih «, die den schnellen Lauf über den Rücken des ~? entweder einleiten oder begleiten, ertönt dann am Schluß, wohl schon während des Absprungs, ein eindringliches und fast eine Sekunde dauerndes recht klangvolles »irrrr" (eine ge- bogene Kette dicht gereihter perlender Töne), in das sich die klatschenden Laute mischen, die beim Aufschlagen der noch immer trommelschlägelartig bewegten Füße auf das Wasser entstehen. Dieser leise Zwiegesang verdient es wohl, ,Paarungsduett « genannt zu werden. Es ist unbekannt, ob andere Taucherarten ihre Paarung nicht auch mit einem Duett begleiten.

Den gleichen Zusammenklang aus hohen und tiefen Lauten, a11erdings in wirrem Durcheinander, vernahm ich auch, wenn sich 20 oder 30 Schwarzhalstaucher zu einer ihrer lärmenden Versammlungen eingefunden hatten. Es liegt nahe, daß es sich bei diesen Zusammenrottungen um ein erstes Treffen der Geschlechter, eine Art gemein- samer Vorbalz zum Zwecke der Paarbildung auf einem gewählten ,Turniere-platz handelt. Dabei singen nach meiner Ansicht allein die 99 »goa", beide Partner jedoch die sehr hohen Laute ,bi «, ,bibi «, ,biwit « und das besonders kennzeichnende zwei- silbige ,diidi «. Das oben erwähnte klangvolle , irrr « bringen offenbar nur die $ ~. Es bildet immer den Schluß der Rufreihe des c~, aber ich vernahm es auch beim Pinguintanz, auf dessen Höhepunkt das 9 »goa = und das c3 , irrr = ruft.

Zum Schluß muß ich noch über den weiteren Verlauf der Ereignisse um die Schwarzhalstaucher berichten. Beim Nest 1 legten beide Vögel ab und zu Material auf, wie dies wohl alle Taucher tun, solange sie ein Nest benützen. Auch ein anderes Paar begann, unweit im lockeren Schilf ein Nest zu bauen, wobei nicht bloß nach Baustoff getaucht, sondern auch Algenbüschel von den Rohrhalmen abgelesen wurden. Geschickt konnte auch ein junger Schilfspro£ umgebogen und in das Nest eingebaut werden. Nach drei Stunden sprang das 9 bereits zur Aufforderungshaltung hinauf (Nestbaubeginn am 30. 4., um 8.00, erster Aufsprung um 11.02).

Zusammenfassung

Die Paarungsbalz von Podiceps nigrlcollis konnte eingehend beobachtet werden. Während der Aufforderungshaltung und zu Beginn der Einladehaltung schwimmt das ~ hinter dem umher, dabei sich häufig putzend, bis es zur Kopulation aufspringt. Während dieser und beim darauffolgenden Lauf über den Rücken des 9 ertönt das Paarungsduett. Zum Absdxlu£ vollführen beide Partner eine Nachbalz.

Summary

The Pairing behaviour of the Black-necked Grebe is described. During the rearing posture and during the begin of the invitatory posture of the female the male swims behind her. Then he propels himself out of the water to his copulation posture, runs along the back of the female and springs near her neck into the water at the rim of the nest. Now the female raises and both partners show a fine post-courtship display. While the female bears the male at her back both «sing » their copulation-duet.

290 HANS FRANKE [J. Ol'n. [ 11o

Literatur

BANDORr, H. (1968): Beiträge zum Verhalten des Zwergtauchers (Podiceps rt~]~collis). Ver- halten und Lautäußerungen, Heft 1, Berlin.

BA~r~R, K., und U. GLUTZ V. BLOTZIXEIM (1966): Handbucl~ der Vögel M[tteleuropas 1. Frank- furt.