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Nur zum internen und privaten Gebrauch ! 1 Einführungsskripte „Numerische Berechnungsverfahren in der GeotechnikTeil I: Übersicht und Literaturhinweise Freiberg: 4/2013 Prof. Dr.-Ing. habil. Heinz Konietzky TU Bergakademie Freiberg Dr. rer. nat. Lothar te Kamp ITASCA Consultants GmbH

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Nur zum internen und privaten Gebrauch !

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Einführungsskripte

„Numerische Berechnungsverfahren in der Geotechnik“

Teil I: Übersicht und Literaturhinweise

Freiberg: 4/2013 Prof. Dr.-Ing. habil. Heinz Konietzky TU Bergakademie Freiberg Dr. rer. nat. Lothar te Kamp ITASCA Consultants GmbH

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Die kleine Skriptreihe, bestehend aus 8 Teilen im pdf-Format, stellt eine einfach verständliche Einführung für Anfänger in das Gebiet der numerischen Berechnungen (Simulationen) in der Geotechnik dar. Inhalt ist es, die wichtigsten Begriffe kurz zu umreißen sowie praktische Hinweise für den Einsatz numerischer Simulationen und die Bewertung numerischer Berechnungsergebnisse zu geben. Für das vertiefende Studium wird die unten aufgeführte Literatur oder aber die Teilnahme an speziellen Kursen empfohlen. Das Skriptmaterial ist nur zum privaten und internen Gebrauch bestimmt !

Inhaltsübersicht zu den Skripten:

1. Skript: Einleitung und Literaturhinweise

2. Skript: Grundlagen Spannungs- und Deformationstensor Grundregeln Tensorrechnung Spannungstensor Deformationstensor Gleichgewichts- und Kompatibilitätsbedingungen

3. Skript: Klassifizierung Berechnungsverfahren

Räumliche vs. zeitliche Diskretisierung Netzbehaftete Methoden und netzfreie Methoden

4. Skript: Matrix-Stoffgesetze

Klassifizierung Grundlagen der Elasto-Plastizität Ausgewählte Matrix-Stoffgesetze

5. Skript: Kluft-Stoffgesetze

Generelle Klufteigenschaften Klassifizierung Ausgewählte Kluft-Stoffgesetze

6. Skript: HTM-Kopplungen

Hydraulische Gesetze Hydro-mechanische Kopplungsmöglichkeiten Thermo-mechanische Gesetze und Kopplungen

7. Skript: Methodik

Besonderheiten der Numerik für geotechnische Problemstellungen Numerik im Methodenspektrum des Geotechnikers Konzeptionelles Modell Numerisches Modell

8. Skript: Praktische Hinweise

Anfangs- und Randbedingungen Vernetzungsregeln und -techniken Modellgröße Kontinuum vs. Diskontinuum / Maßstabseffekte 2D vs. 3D Besonderheiten ei dynamischen Berechnungen Netzabhängigkeit im Nachbruchbereich Parallelisierung Wichtige Termini

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Literaturhinweise: Mechanik und Numerik - allgemein:

Gross, D. u. a. (2002): Technische Mechanik 1 + 2 + 3 + 4, Springer Verlag Becker, W. u. a. (2002): Mechanik elastischer Körper und Strukturen, Springer Verlag Yu, M.-H. u. a. (2006): Generalized Plasticity, Springer Verlag Backhaus, G. (1983): Deformationsgesetze, Akademie Verlag Fung, Y. C. (2001): Classical and Computational Solid Mechanics, World Scientific Da Silva, V. D. (2006): Mechanics and Strength of Materials, Springer Verlag Ottosen, N. S. (2005): The Mechanics of Constitutive Modeling, ELSEVIER Zienkiewicz, O.C. (1992): Methode der finiten Elemente, Hanser Fachbuchverlag

Literaturhinweise: Geotechnik und Numerik - speziell:

Chen, W. F. (1980): Nonlinear Analysis in Soil Mechanics, ELSEVIER Jing, L. u. a. (2007): Fundamentals of Discrete Element Methods for Rock Engineering, ELSEVIER Wood, D. M. (2004): Geotechical Modelling, Spon Press Hudson, J.A. (1993): Comprehensive Rock Engineering, Vol. 1-5, Pergamon Press

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Literaturhinweise: Ausgewählte Zeitschriften:

Int. J. Rock Mechanics and Mining Sciences, Elsevier Computers and Geotechnics, Elsevier Granular Matter, Springer Verlag Acta Geotechnica, Springer Verlag Rock Mechanics and Rock Engineering, Springer Verlag Int. J. Numerical and Analytical Methods in Geomechanics, John Wiley & Sons Tunneling and Underground Space Technology, Elsevier

Literaturhinweise: Ausgewählte Proceedings: Sainsbury, D. et al. (2011): Second International FLAC/DEM Symposium on Numerical Modeling, ICG, USA Detournay, Ch. et al. (2008): First International FLAC/DEM Symposium on Numerical Modeling, ICG, USA Varona, P. et al. (2006): Fourth Int. FLAC Symposium on Numerical Modeling in Geomechanics, ICG, USA Konietzky, H. (2004): Numerical Modeling of Discrete Materials, Taylor & Francis Shimizu, Y. et al. (2004): Numerical Modeling in Micromechanics via Particle Methods, Taylor & Francis Andrieux, P. et al. (2003): FLAC and Numerical Modeling in Geomechanics 2003, Taylor & Francis Billaux, D. et al. (2001): FLAC and Numerical Modeling in Geomechanics, Taylor & Francis Konietzky, H. (2002): Numerical Modeling in Micromechanics via Particle Methods, Taylor & Francis Detournay, Ch. (1999): FLAC and numerical Modeling in Geomechanics, Taylor & Francis Die Vorträge bzw. Proceedings können kostenfrei heruntergeladen werden: http://www.itascacg.com/software/symp.php

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Nur zum internen und privaten Gebrauch !

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Sehr detaillierte Beschreibungen zur Theorie, der praktischen Anwendung sowie dem Umgang mit geotechnischer Numerik-Software finden sich in den mehrbändigen Handbüchern zu den einzelnen Software-Produkten der Firma ITASCA: FLAC/FLAC3D (Kontinuumsmechanik auf Basis der expliziten und impliziten FDM und FEM), UDEC/3DEC (Diskrete Elemente Methode) sowie PFC/PFC3D (Partikelsimulation). Zusammen mit den ‚Studentenversionen‘ der Programme (Versionen mit voller Funktionalität, aber begrenzter Elementanzahl) lassen sich diese für jeden Interessenten kostenfrei von der Homepage www.itascacg.com herunterladen und nutzen. Weitere Informationen finden sich auch unter: www.cae-wiki.com

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Einführungsskripte

„Numerische Berechnungsverfahren

in der Geotechnik“

Teil II:

Spannungs- und Deformationstensor

Freiberg: 4/2013

Prof. Dr.-Ing. habil. Heinz Konietzky TU Bergakademie Freiberg

Dr. rer. nat. Lothar te Kamp ITASCA Consultants GmbH

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0. Einleitung

Alle numerischen Berechnungen müssen den folgenden 3 grundlegenden Beziehun-

gen genügen bzw. berücksichtigen:

Gleichgewichtsbedingungen

Kompatibilitätsbedingungen

Stoffgesetz

Die Kopplung zwischen den Spannungen und den Deformationen erfolgt über das

Stoffgesetz, auch konstitutive Beziehung genannt. Spannungen und Deformationen

werden dabei durch Tensoren 2. Stufe gebildet. Das Stoffgesetz wird durch einen

Tensor 4. Stufe bzw. entsprechende funktionale Zusammenhänge beschrieben. Für

statische Problemstellungen ohne Diskontinuitäten müssen innere und äußere Kräfte

so bilanziert sein, dass sie sich im Gleichgewicht befinden und die Verschiebungen

müssen mit den Deformationen in einer solchen Beziehungen stehen, dass die Kom-

patibilitätsbedingungen erfüllt sind. Das folgende Schema illustriert das Zusammen-

wirken dieser Komponenten, wobei in den nachfolgenden Kapiteln die einzelnen

Größen näher erläutert werden.

innere + äußere Kräfte FI, FA

Verschiebungen ui

Gleichgewichts- bedingungen

Kompatibilitäts- bedingungen

Spannungen

ij

Stoffgesetze Verzerrungen

ij

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1. Vorbemerkung zu Tensoren

Vereinfacht können Tensoren als spezielle mehrdimensionale Matrizen bezeichnet

werden, die bestimmte Eigenschaften besitzen. Für die Geomechanik sind insbeson-

dere die Transformationseigenschaften von Bedeutung (Transformationsalgebra).

Es existieren verschiedene Darstellungsformen für Tensoren (Matrizen), z. B.:

- mittels Indizes: phys. Beispiel

a Skalar = Tensor 0. Stufe 1 Wert Dichte

ai Vektor = Tensor 1. Stufe 3 Werte Verschiebung

aij Dyade = Tensor 2. Stufe 9 Werte Spannung

aijk Triade = Tensor 3. Stufe 27 Werte -

aijkl = Tensor 4. Stufe 81 Werte Steifigkeitsmatrix

- mittels unterschiedlicher Klammern:

a Skalar

a Vektor = Tensor 1. Stufe

a Dyade = Tensor 2. Stufe

a = Tensor 4. Stufe

- mittels Zeichen über Symbolen:

a Skalar

a Vektor = Tensor 1. Stufe

a Dyade = Tensor 2. Stufe

a = Tensor 4. Stufe

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2. Besondere Tensoren

Einige häufig verwendete Tensoren, die insbesondere bei Transformationen Ver-

wendung finden, werden international einheitlich definiert:

Einheitstensor oder Kronecker-Symbol

100

010

001

ij (1.1-1)

mit

1ij für i = j (1.1-2)

0ij für i j (1.1-3)

Der Einheitstensor ist vollständig symmetrisch.

Permutationssymbol (Epsilon - Tensor = Levi-Civita-Symbol)

ijk =

1 wenn ijk gerade Permutation von 1, 2, 3

-1 wenn ijk ungerade Permutation von 1, 2, 3

0 wenn mindestens 2 Indizes gleich sind (keine Permutation)

gerade Permutation = Komposition einer geraden Anzahl von 2-er Zyklen

312

Bsp. 123 321 123 gerade Permutation (2 Zyklen)

231

Der -Tensor ist vollständig antisymmetrisch

123 = 231 = 312 = -321 = -132 = -213 = 1 (1.1-4)

alle anderen Elemente sind gleich Null!

Nulltensor

alle Elemente sind Null, z. B.

000

000

000

aij (1.1-5)

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3. Beispiele

Im Folgenden werden exemplarisch einfache Tensoroperationen vorgestellt:

1. Transformation von Vektoren

jij'i xax

x'i

x j

ij

(1.1-6)

j'iij x,xcosa (1.1-7)

ija Transformationsmatrix

2. Elastisches Stoffgesetz

klijklij E (1.1-8)

3. Inverse bzw. transponierte Matrix

ji

1ij

Tij aaa

332311

322212

312111

1

333231

232221

131211

aaa

aaa

aaa

aaa

aaa

aaa

(1.1-9)

4. „Austauschregel“

kiki aa ik = Kronecker-Symbol (1.1-10)

Wechsel der Indizes: von k auf i

oder z.B: pij

effektiv

ij

total

ij

5. Ableitungen (Differentialquotienten)

j

ij,i

x

uu

(1.1-11)

6. Einsteinsche Summationskonvention

(über gleiche Indizes wird summiert)

aii = a11 + a22 + a33 (1.1-12)

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7. Additionsregel Summentensor

(nur Tensoren gleichen Formats können addiert bzw. subtrahiert werden)

ai1 ….. in + bi1 ….. in = si1 …..in (1.1-13)

ai + bi = si (1.1-14)

8. Produktregel Produkttensor

(alle Elemente des Linksfaktors m-ter Stufe werden unter Beachtung der Reihenfolge

mit allen Elementen des Rechtsfaktors n-ter Stufe multipliziert, d. h. die Multiplikation

eines Tensors m-ter Stufe mit einem Tensor n-ter Stufe ergibt einen Tensor

(m + n) -ter Stufe)

Beachte: Das Produkt zweier Tensoren ist i. d. R. nicht kommutativ!

ijji

jm...1jin...1ijm...1jin...1i

pba

pba

(1.1-15)

9. Überschiebung

Überschiebung entsteht, wenn beim Produkt zweier Tensoren ein Index des Links-

faktors gleich einem Index des Rechtsfaktors ist. Eine Überschiebung erniedrigt die

Stufe des Produkt-Tensors um 2.

ikqjqijk

ijij

cba

cba

(1.1-16)

10. Verjüngung

Werden in ein und demselben Tensor der Stufe n 2 zwei Indizes gleichgestellt, so

spricht man von Verjüngung. Die Stufe des Tensors erniedrigt sich dabei um 2.

kiik ba (1.1-17)

Das gleiche Ergebnis erhält man durch Überschiebung mit dem Kronecker-Symbol:

Kijkij ba (1.1-18)

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4. Der Spannungstensor

Belastungen resultieren aus äußeren Kräften FA (Flächenkräfte) und inneren Kräften

FI (Volumenkräfte) gemäß Abb. 1.2-1.

Abb. 1.2-1: Körper mit Volumen- und Flächenkräften

Für einen beliebig orientierten Schnitt erhalten wir den Spannungsvektor t, wobei vo-

rausgesetzt wird, dass nur Kräfte und keine Momente übertragen werden.

A

Flimt

0A (1.2-1)

Gemäß Abbildung 1.2-2 lässt sich der Spannungszustand in einem kartesischen Ko-

ordinatensystem darstellen.

Abb. 1.2-2: Spannungskomponenten am Würfel

Auf den drei Schnitten des Würfels erhalten wir drei Spannungsvektoren t1, t2, t3:

3

2

1

i

i

i

it

(1.2-2)

In ausführlicher Form:

wobei {i1, i2, i3} die 3 Spannungskomponenten

der jeweiligen Würfelfläche (Abb. 1.2-2) darstellen.

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zzzyzx

yzyyyx

xzxyxx

T

ij ttt

333231

232221

131211

321 ,, (1.2-3)

Der erste Index gibt die Normalenrichtung der Bezugsebene an, der zweite Index die

Wirkungsrichtung der Spannungskomponente. Gemäß Gleichung 1.2-3 hat der

Spannungstensor 9 Elemente.

Wenn man unterstellt, dass die Summe der Momente gleich Null ist, so erhält man

paarweise gleiche Schubspannungen (Boltzmann-Axiom) (Abb. 1.2-3):

zyyzzyyzyz

zxxzzxxzxz

yxxyyxxyxy

llllM

llllM

llllM

22

22

22

440

440

440

(1.2-4)

yy

xx

yy

xx

yx

xy

xy

yx

l

Abb. 1.2-3: Gleichgewichtsbetrachtung am Volumenelement (2D, x-y-Ebene)

Aus (1.2-3) folgt, dass der Spannungstensor symmetrisch ist, das heißt:

T

jiij .bzw (1.2-5)

Damit reduziert sich der Spannungstensor von 9 auf 6 Größen (paarweise gleiche

Schubspannungen = Ausschluss von Rotationen).

Der Zusammenhang zwischen Spannungsvektor und Spannungstensor ergibt sich

auf der Basis der Gleichgewichtsbedingungen in Richtung der Koordinaten xi

(Abb.1.2-4):

ii x,ncosn (1.2-6)

dAi = ni dA (1.2-7)

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ni = Einheitsnormalenvektor

Abb. 1.2-4: Spannungstensor und Spannungsvektor

3332231133

3322221122

3312211111

dAdAdAdAt

dAdAdAdAt

dAdAdAdAt

(1.2-8)

Unter Nutzung von (1.2-6) und (1.2-7) vereinfacht sich 1.2-8 zu:

3332231133

3322221122

3312211111

nnnt

nnnt

nnnt

(1.2-9)

(1.2-9) lässt sich tensoriell wie folgt schreiben:

nn

nnt

T

jijjjii

(1.2-10)

Gleichung 1.2-10 dokumentiert die Gleichheit zugeordneter Schubspannungen. Der

so beschriebene Tensor 2. Stufe wird auch als Cauchy’scher Spannungstensor oder

auch „wahrer“ Spannungstensor oder auch Eulerscher Spannungstensor bezeichnet.

Beim Cauchy’schen bzw. Eulerschen Spannungstensor ij wird der aktuelle Kraftvek-

tor auf das aktuelle (deformierte) Flächenelement bezogen.

jjii dAdF (1.2-11)

Fi: aktueller Kraftvektor

Aj: aktuelles Flächenelement dAj = njdA

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Alternativ dazu kann man den aktuellen Kraftvektor Fi auch auf das Ausgangsflä-

chenelement A° (d.h. vor der Deformation !) beziehen. Diesen Spannungstensor be-

zeichnet man auch als Nennspannungstensor, Lagrangeschen Spannungstensor

oder 1. Piola-Kirchhoff-Tensor Tij:

jjii dATdF (1.2-12)

Der Spannungstensor lässt sich in Normal- und Scherkomponente zerlegen (n: Nor-

malenvektor; m: Tangentenvektor). Dabei gilt (siehe Abbildung 1.2-5):

jijiiin nntn (1.2-13)

bzw.

jijiiin nmtm (1.2-14)

Ausführlich bedeutet dies:

333323231313

323222221212

313121211111n

nnnnnn

nnnnnn

nnnnnn

(1.2-15)

Aus (1.2-15) folgt z. B.:

0

0

1

n 11n

1

0

0

n 33n

Für die Scherspannung bedeutet dies:

333323231313

323222221212

313121211111n

nmnmnm

nmnmnm

nmnmnm

(1.2-16)

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Aus (1.2-16) folgt z. B.:

0

0

1

n ;

0

1

0

m 21n

1

0

0

n ;

0

1

0

m 23n

Wenn jjiin nm , dann

0

0

1

n ;

0

1

0

m 12n

n

m

t

.

n

m

Abb.: 1.2-5: Zerlegung des Spannungsvektors t in Normal- und Schubspannung

Dabei gilt stets: ni ni = 1 bzw. mi mi = 1

Betrachten wir nun ausgesuchte Richtungen, in denen es nur eine Normalspannung

, also keine Scherspannung , gibt. Für solch eine Konstellation gilt:

ti = ij nj bzw. ti = ij nj (1.2-17)

mit

nj kennzeichnet die Hauptspannungsrichtung

100

010

001

ij (1.2-18)

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Durch Gleichsetzen der beiden Ausdrücke in (1.2-17) erhält man:

ij nj = ij nj bzw. (ij - ij ) nj = 0 (1.2-19)

Gleichung 1.2-19 beschreibt ein Eigenwertproblem mit den Eigenwerten und nj. Für

die nichttriviale Lösung muss die Koeffizientendeterminante von (1.2-19) verschwin-

den:

det (ij - ij) = 0 (1.2-20)

bzw.

0

332313

232212

131211

(1.2-21)

Die Lösung von 1.2-21 führt auf eine charakteristische Gleichung 3. Grades:

0III 322

13 (1.2-22)

wobei gilt:

ijij332211KK1I (1.2-23)

231

223

212331133222211

3332

2322

3331

1311

2221

1211jiijjjii2

2

1I

(1.2-24)

31231221233

21322

22311332211

KKjiijKijKijKKjjiiij3

2

2

3

2

1

3

1detI

(1.2-25)

Die Werte I1, I2, I3 werden Haupt-Invarianten (I1: erste Haupt-Invariante, I2: zweite

Haupt-Invariante, I3: dritte Haupt-Invariante) des Spannungstensors genannt, d. h.,

sie sind unabhängig von Änderungen des Koordinatensystems (Translation, Rotati-

on). Neben diesen Haupt-Invarianten gibt es noch die so genannten Grund-

Invarianten, die als spezielle „Teilmenge“ der Haupt-Invarianten angesehen werden

können: Sie lauten:

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32131kijkij3

221jiij2

1kk1

IIII3

1

3

1J

II2

1

2

1J

IJ

(1.2-26)

Neben der kartesischen Darstellung ist auch eine Darstellung in Form der

Hauptspannungen möglich:

I1 = 1 + 2 + 3 (1.2-27)

I2 = 12 + 23 + 13 (1.2-28)

I3 = 123 (1.2-29)

Eine interessante Zerlegung des Spannungstensors ist möglich, in dem man eine

mittlere Hauptspannung definiert:

332211KK03

1

3

1 (1.2-30)

0 wird auch als „hydrostatischer Spannungszustand“ oder „Kugeltensor“ bezeichnet.

Der Spannungstensor lässt sich nun folgendermaßen schreiben:

ijij0ij s (1.2-31)

In Matrixschreibweise lautet dies:

333231

232221

131211

0

0

0

0333231

2302221

1312011

0

0

0

333231

232221

131211

sss

sss

sss

00

00

00

00

00

00

(1.2-32)

sij wird als deviatorischer Spannungsanteil bezeichnet.

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Sowohl für den Kugeltensor als auch den Spannungsdeviator lassen sich die Invari-

anten angeben. Für den Kugeltensor lauten die Haupt-Invarianten:

303

20201 I

2

3I3I

(1.2-33)

Die Grund-lnvarianten lauten:

303

20201 J

2

3J3J

(1.2-34)

Für den Deviator lauten die Haupt-Invarianten:

0sI 033022011kkD1 (1.2-35)

231

223

212033011033022022011

jiijjjiiD2 ssss

2

1I

(1.2-36)

kkjiijkijkijkkjjii

ijD3

sss2

3ssssss

2

1

3

1

sdetI

(1.2-37)

Für den Deviator lauten die Grund-lnvarianten:

0sJ kkD1 (1.2-38)

2

13

2

32

2

21

2

31

2

23

2

12

2

1133

2

3322

2

2211

2

31

2

23

2

12

2

033

2

022

2

0112

6

1

6

1

2222

1

2

1

jiij

D ssJ

(1.2-39)

030201kijkijD3 sss

3

1J (1.2-40)

Weiterhin häufig verwendet werden die in der Oktaederebene liegenden Spannun-

gen. Die Oktaederebene entsteht, indem der Normalenvektor mit der Raumdiagona-

len (hydrostatische Achse) zusammenfällt. Die Hauptspannungen wirken in x1-, x2-

und x3-Richtung und es gilt:

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3

2

1

ij

00

00

00

x1

x2

x3

2

3

1

t j

nj

1

2

3

7,54

3

1cosarc

321j ,,t

Abb. 1.2-6: Darstellung der Oktaederspannungen

Der Spannungsvektor tj ist durch seine 3 Hauptspannungskomponenten 1, 2 und

3 bestimmt. Bezüglich der Normalen auf der Oktaederebene hat der Span-

nungvektor tj folgende kartesische Komponenten:

jijNi nt

3

1n j (1.2-41)

Die Projektion und Summation dieser Komponenten auf den Vektor nj (hydrostati-

sche Achse) bildet die Oktaedernormalspannung:

0321321

OCT3

1

3333

1

(1.2-42)

Die Oktaedernormalspannung ist also identisch mit dem Kugeltensor (mittlere Nor-

malspannung). Die Subtraktion der Oktaedernormalspannung von den Hauptspan-

nungen führt zu den Deviatorspannungen:

s1 = 1 - 0

s2 = 2 - 0 (1.2-43)

s3 = 3 - 0

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Diese Deviatorspannungen werden ebenfalls als kartesische Komponenten bezüg-

lich der Oktaederebene dargestellt:

3

st

3

st

3

st 3s

32s

21s

1 (1.2-44)

Die vektorielle Addition führt zur Oktaederschubspannung:

ijij

D

2

2

3

2

2

2

1

2

3

2

2

2

1

2

3

2

2

2

1OCT

ss3

1J

3

2

sss3

1

3

s

3

s

3

s

ttt

(1.2-45)

Eine ebenfalls häufig verwendete Größe ist die Vergleichsspannung nach von-Mises

F. Sie basiert auf dem von ihm entwickelten Festigkeitskriterium, das die einaxiale

Fließspannung F mit dem Spannungsdeviator verknüpft:

2F

D2J30 (1.2-46)

Daraus folgt:

ijijD2F ss

2

3J3 (1.2-47)

bzw. F

2

FOCT3

2

3

2 (1.2-48)

Hauptspannungen und Hauptspannungsrichtungen

Der Spannungstensor als symmetrisch linearer Operator hat die Eigenschaft, dass er

diagonalisiert werden kann, d. h., es existiert eine Orientierung im Raum, bei der bei

drei senkrecht aufeinander stehenden Flächen die Normalspannungen Extremwerte

annehmen (= Hauptnormalspannungen) und gleichzeitig die Schubspannungen ver-

schwinden. Damit sind nur die Elemente der Spur des Tensors besetzt:

3

2

1

ij

00

00

00

(1.2-49)

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Nur zum internen und privaten Gebrauch ! 17

Die den Flächen zugehörigen Spannungsvektoren fallen bezüglich der Richtung mit

dem Normalenvektor zusammen und besitzen daher nur eine Komponente. Damit gilt

für den Spannungsvektor auf der betrachteten Fläche:

ii nt

bzw.

3333

2222

1111

nnt

mnt

lnt

(1.2-50)

Der Einheitsnormalenvektor n,m,lni beschreibt die Hauptnormalspannungsrich-

tung. Gleichzeitig gilt für einen Einheitsnormalenvektor generell:

3

1i

2222

i 1nmln (1.2-51)

Quadriert man Gleichung 1.2-50, so erhält man:

23

223

22

222

21

221

nt

mt

lt

(1.2-52)

bzw.

23

232

22

222

21

212

tn

tm

tl

(1.2-53)

Die Addition der Gleichungen 1.2-53 liefert unter Beachtung der Beziehung 1.2-51:

1ttt

23

23

22

22

21

21

(1.2-54)

Gleichung 1.2-54 entspricht der Gleichung eines Ellipsoides in Hauptachsenform,

d.h. die Werte 1, 2 und 3 stellen die Halbachsen des Ellipsoides dar. Die Oberflä-

che des Ellipsoides stellt die Menge aller möglichen Spannungsvektoren dar. Sind

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Nur zum internen und privaten Gebrauch ! 18

zwei der Hauptspannungen gleich, so entsteht ein Rotationslellipsoid. Wenn alle

Hauptspannungen gleich sind (isotroper Spannungszustand), so entsteht eine Kugel.

Abb. 1.2-7: Spannungsellipsoid (Wenn jeweils einer der Einheitsnormalenvektoren

Null wird, so entstehen Spannungsellipsen.)

In der Geomechanik, insbesondere der Bodenmechanik, haben sich noch spezielle

Darstellungen unter Verwendung der Deviatorebene (siehe Abb. 1.2-8) durchgesetzt.

Abb. 1.2-8: Zerlegung des Spannungsvektors im Hauptspannungsraum

t = Spannungsvektor zum Spanungspunkt T

1

3

2

t

h

s

Hydrostatische Achse

12

3

const.Deviatorebene

1 2 3

T (1 2 3

3

3arccos

(1.2-55)

(1.2-56)

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Nur zum internen und privaten Gebrauch ! 19

13213

3

3

3 h

D

2

2

3

2

2

2

1 J2ssss

Auf der Deviatorebene gilt:

.const321

(1.2-57)

Die Deviatorebene durch den Koordinatenursprung wird auch als -Ebene bezeich-

net.

Abb. 1.2-9: Darstellung des Lode-Winkels θ in der -Ebene

2

3

2

3

2

3

2

3

)(2

33arccos

3

1

2

333cos:

D

D

D

D

J

J

J

JgiltEs

'1

'2

'3

T

(1.2-58)

(1.2-59)

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Nur zum internen und privaten Gebrauch ! 20

Abb. 1.2-10: Darstellung des Lode-Winkels im Hauptspannungsraum

In der Geotechnik werden häufig folgende abgewandelte Invarianten verwendet:

Roscoe-Invarianten p und q und Lode-Winkel θ.

2

3

2

3

2

1

)(2

33arccos

3

1

3

3

1:

D

D

D

J

J

Jq

pgiltDabei

Für den Triaxialversuch ergeben sich dann folgende Ausdrücke:

321

2

31

31

31

63)63(arccos3

1

)2(3

1

sssss

q

p

(1.2-60)

(1.2-61)

(1.2-62)

(1.2-63)

(1.2-64)

(1.2-65)

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Nur zum internen und privaten Gebrauch ! 21

5. Der Deformationstensor

Für die Koordinaten eines Punktes im Ausgangs- bzw. deformierten Endzustand gibt

es folgende inverse Beziehungen:

j

o

ii xxx und

ji

o

i

o

xxx

Die Definition des Deformationstensors kann in zwei Systemen erfolgen:

1. in Bezug auf das undeformierte Ausgangssystem

(= Lagrangesche Betrachtungsweise), d. h., ui ist Funktion der Ausgangskoor-

dinaten

jii xuu (1.3-1)

2. in Bezug auf das deformierte Endsystem

(= Eulersche Betrachtungsweise), d. h., ui ist Funktion der Endkoordinaten.

j

~

ii xuu (1.3-2)

x

x

x

2

1

3

x2

x3

x1

ui

P

P

„Lagrange“

x

x

x

2

1

3

x2

x3

x1

ui

P

P

„Euler“

Abb. 1.3-1: Euler’sche und Lagrange’sche Betrachtungsweise der Deformationen

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Nur zum internen und privaten Gebrauch ! 22

Die allgemeine Definition des Deformationstensors lautet:

j

K

i

Kij

L

x

x

x

x

(Lagrange) (1.3-3)

j

K

i

KE

ijx

x

x

x

(Euler) (1.3-4)

Mit Hilfe der Gradiententensoren (= Verschiebungsgradienten)

j

i

x

u

bzw.

j

i

x

u

kann

der Deformationstensor wie folgt definiert werden:

1. „Lagrange“:

iiii xuxx

j

iij

j

i

x

u

x

x

(1.3-5)

Kj

ii

K

j

j

KjK

K

iij

j

iij

L

jK

xx

uu

x

u

x

u

x

u

x

u

(1.3-6)

2. „Euler“: jii xuxx

j

iij

j

i

x

u

x

x

(1.3-7)

Kj

ii

j

K

K

ijK

E

jKux

uu

x

u

x

u

(1.3-8)

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Nur zum internen und privaten Gebrauch ! 23

Zur Verdeutlichung des Unterschiedes Euler - Lagrange:

a) Lagrange gleiche Netzknoten, aber andere „geografi-

sche“ Koordinaten

A (2, 2)

B (2, 4)

B (2, 4)

A (2, 2)

original deformiert

b) Euler neue Netzknoten, aber alte „geografische“

Koordinaten

A (2, 2)

B (2, 4)

B (2, 2)

A (2, 1)

original deformiert

Während bei Lagrange das Netz den Deformationen folgt und sich der neuen Form

anpasst, fließt das Material bei Euler durch das starre Netz.

Neben dem Verschiebungsgradienten und dem Deformationstensor besitzt der De-

formationsgradient Fij fundamentale Bedeutung:

)1(ij

i

jEijij

j

iLij F

x

xF.bzwF

x

xF

(1.3-9)

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Nur zum internen und privaten Gebrauch ! 24

Der Deformationsgradient ist ein Tensor 2. Stufe. Er bildet den Linienelementvektor

ids (Ausgangskonfiguration) auf den Linienelementvektor sd

(aktuelle Konfiguration)

ab. Dabei werden stets die beiden reellen materiellen Punkte betrachtet (Abb. 1.3-2).

y

x

Bahnlinien d s

d s°

Abb. 1.3-2: Darstellung der Deformationsgradienten

Dabei gilt:

jiji dsFds

bzw. (1.3-10)

j)1(

iji dsFds

Der Deformationszustand lässt sich ingenieurmäßig gemäß (1.3-6) besser wie folgt

definieren:

Kj

ii

j

K

K

j

jK

L

Ki

G

ij

xx

uu

x

u

x

u

2

1

2

1

(1.3-11)

bzw. gemäß (1.3-8):

Kj

ii

j

K

K

j

E

jKjK

A

jK

xx

uu

x

u

u

u

2

1

2

1

(1.3-12)

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Nur zum internen und privaten Gebrauch ! 25

Den Ausdruck 1.3-11 bezeichnet man auch als Greenschen Deformationstensor, den

Ausdruck 1.3-12 als Almansischen Deformationstensor. In der Ingenieurpraxis wird

meist der Greensche Deformationstensor verwendet, wobei das quadratische Glied

vernachlässigt wird (Annahme, dass

j

i

x

u

<< 1). Damit lautet der vereinfachte De-

formationstensor (Green):

i

j

j

iij

x

u

x

u

2

1 (1.3-13)

Der Deformationstensor 1.3-13 lässt sich wie folgt erweitern, um Rotationen zu be-

rücksichtigen:

Rotation

ij

Verzerrung

ij

i,jj,ii,jj,iij

we

uu2

1uu

2

1

(1.3-14)

Abb. 1.3-3: Darstellung von Rotation und Verzerrung (2D-Fall)

Dabei gilt:

3223

3113

2112

3231

2321

1312

ij

ww

ww

ww

mit

0ww

w0w

ww0

w

(1.3-15)

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Nur zum internen und privaten Gebrauch ! 26

3223

3113

2112

333231

232221

131211

ij

ee

ee

ee

mit

eee

eee

eee

e

(1.3-16)

Damit lässt sich der Deformationstensor wie folgt schreiben:

3332323131

2323222121

1313121211

ij

ewewe

weewe

wewee

(1.3-17)

bzw.

jiijij2

1e und jifür

2

1w jiijij (1.3-18)

eij wird als Verzerrungstensor bezeichnet, wij als Drehtensor. Es gilt weiterhin:

jifür2

1e ijij (1.3-19)

ij sind die Schubverformungen.

e11, e22 und e33 sind die Dehnungen bzw. Stauchungen.

Die Volumendehnung v erhält man wie folgt:

332211KKvdV

dV

(1.3-20)

Die mittlere Dehnung bzw. Stauchung 0 lautet:

vKK03

1

3

1 (1.3-21)

In den meisten Fällen werden die Rotationen vernachlässigt und es gilt:

3113

3223

2112

333231

232221

131211

ij

ee

ee

ee

mit

eee

eee

eee

(1.3-22)

In völliger Analogie zum Spannungstensor gibt es auch beim Deformationstensor

entsprechende Invarianten:

3322111 eeeI (1.3-23)

3311332222112 eeeeeeI (1.3-24)

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Nur zum internen und privaten Gebrauch ! 27

3322113 eeeI (1.3-25)

In der Boden- und Felsmechanik müssen oft große Deformationen berücksichtigt

werden. Dazu gibt es zwei Möglichkeiten:

A. Anwendung des kompletten Deformationstensors gemäß 1.3-11 bzw. 1.3-12

B. Berechnung im „small strain mode“ gemäß 1.3-13, aber zusätzlich up-daten der

Koordinaten gemäß (1.3-26)

Meist wird die Variante B verwendet.

tuxx)

2

tt(

i)t(

i)tt(

i

(1.3-26)

6. Die Kompatibilitätsbedingungen (= Verträglichkeitsbedingung)

Die Kompatibilitäts- oder auch Verträglichkeitsbedingungen regeln die Beziehungen

zwischen den Verzerrungskomponenten so, dass ein eindeutiges „reguläres“ Ver-

schiebungsfeld garantiert ist. Bei eindeutigen Verschiebungen dürfen die Verzerrun-

gen nicht unabhängig voneinander sein, d. h. sie müssen bestimmten Bedingungen

(= Kompatibilitätsbedingungen) genügen.

Ausgangspunkt ist der Deformationstensor:

ijjiij uu ,,2

1 (1.4-1)

Durch 2-fache Ableitung des Ausdruckes (1.4-1) bei entsprechendem Index-

Vertauschen erhält man folgende 4 Ausdrücke:

jikllikjikjl

ijlkkjlijlik

kijllijkijkl

ikljjkliklij

uu

uu

uu

uu

,,,

,,,

,,,

,,,

2

1

2

1

2

1

2

1

(1.4-2)

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Da die Differenziationsreihenfolge beliebig ist, erhält man durch Addition bzw. Sub-

traktion der Gleichungen (1.4-2) folgenden Ausdruck:

0,,,, ikjljlikijklklij (1.4-3)

Aus Gleichung (1.4-3) lassen sich die 6 Kompatibilitätsbedingungen angeben, wenn

gilt: jiij für i j

0

0

0

02

02

02

23,3113,3233,1212,33

12,2332,2122,3131,22

31,1221,1311,2323,11

13,1333,1111,33

23,2322,3333,22

12,1211,2222,11

(1.4-4)

Etwas anschaulicher lässt sich beispielsweise die erste Gleichung aus (1.4-4) in kar-

tesischen Koordinaten so schreiben:

yx2

xy

xy2

2

y y2

2xx

2

(1.4-5)

Geometrisch bedeutet dies, dass die 2. Ableitungen der Längsdehnungen bzw.

Stauchungen in einer bestimmten Relation zur 2. Ableitung der Winkeländerung ste-

hen müssen.

Im ebenen Verzerrungszustand verschwinden alle Verzerrungskomponenten in der

dritten Raumrichtung und alle Ableitungen nach dieser Koordinate (siehe Gleichung

1.4-4), d. h., es bleibt nur Gleichung 1.4-5.

Gemäß Gleichung (1.4-1) lässt sich aus den Verschiebungskomponenten der Defor-

mationstensor eindeutig berechnen durch Differenziation. Will man jedoch umgedreht

aus den Deformationen durch Integration die dazugehörigen Verschiebungen ermit-

teln, so benötigt man die Kompatibilitätsbedingungen, um zu gewährleisten, dass die

Verschiebungen das Kontinuum nicht verletzen (Auftrennung, Durchdringung …)

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Neben der oben diskutierten technischen Dehnung, auch Cauchy-Dehnung genannt,

gibt es noch die logarithmische Dehnung (Hencky-Dehnung). Beide sind nur bei klei-

nen Dehnungen bzw. Stauchungen nahezu identisch:

Technische Dehnung:

Logarithmische Dehnung:

7. Die Gleichgewichtsbedingung

Abb. 1.5-1: Kräftegleichgewicht am Volumenelement (Fi: Volumenkräfte)

Für ein beliebiges aus dem Körper herausgeschnittenes Volumenelement müssen

angreifende Kräfte bzw. Momente im Gleichgewicht stehen. Es wird in der Regel an-

genommen, dass der Körper keine Rotationen ausführt und daher die Summe der

Momente Null ist.

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Gemäß der Abbildung 1.5-1 gilt:

dzdydxFdydx

dydxdzz

dxdz

dxdzdyy

dzdydzdydx

F

xzx

zxzxyx

yx

yxx

x

xx

x

:0

(1.5-1)

dzdydxFdydx

dzdydxx

dydz

dydxdzz

dzdxdzdxdyy

F

yzy

xy

xyxy

zy

zyy

y

y

y

:0

(1.5-2)

dzdydxFdzdy

dzdydxx

dzdx

dzdxdyy

dydxdydxdzz

F

zxz

xzxzzy

zy

zyz

y

zz

z

:0

(1.5-3)

Die Gleichungen 1.5-1 bis 1.5-3 vereinfachen sich folgendermaßen:

0Fzyx

xzxyxx

(1.5-4)

0Fzyx

yzyyxy

(1.5-5)

0Fzyx

zzyzxz

(1.5-6)

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Nur zum internen und privaten Gebrauch !

1

Einführungsskripte

„Numerische Berechnungsverfahren in der Geotechnik“

Teil III: Klassifizierung

Freiberg: 4/2013 Prof. Dr.-Ing. habil. Heinz Konietzky TU Bergakademie Freiberg Dr. rer. nat. Lothar te Kamp ITASCA Consultants GmbH

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Nur zum internen und privaten Gebrauch !

2

Aus praktischer Sicht ist eine Klassifizierung der numerischen Berechnungsverfahren nach zwei Gesichtspunkten sinnvoll:

nach der räumlichen Diskretisierung nach der zeitlichen Diskretisierung.

Nach der räumlichen Diskretisierung kann man unterscheiden in: Netzbehaftete Methoden Netzfreie Methoden

- Finite Elemente Methode (FEM)

- Finite Differenzen Methode (FDM)

- Randelemente Methode (BEM)

- Volumen Elemente Methode (VEM)

- Diskrete Elemente Methode (DEM)

- Smooth Particle Hydrodynamics

(SPH)

Nach der zeitlichen Diskretisierung kann man unterscheiden in:

explizite Methoden implizite Methoden

Praktisch sind verschiedenste Kombinationen zwischen zeitlicher und räumlicher Diskretisierung in Form von Berechnungsalgorithmen realisiert, z. B. implizite FEM, explizite FEM, explizite DEM etc. Typische Vertreter von in der Geotechnik angewendeten Programmtechniken sind Explizite Finite Differenzen Codes und Implizite Finite Differenzen Codes. Tabelle 1 zeigt im Vergleich einige typische Charakteristika.

Charakterisierung der numerischen Methoden: Im Folgenden werden die generellen Vor- und Nachteile (mit + bzw. – gekennzeichnet) der verschiedenen numerischen Berechnungsverfahren kurz zusammengefasst: Integralmethoden (BEM – Boundary Element Method)

+ einfache Vernetzung (nur Oberfläche) + exakte Formfeldbeschreibung + minimaler Diskretisierungsfehler + hohe Rechengeschwindigkeit, geringer Speicherbedarf + kein Problem mit singulären Punkten - Problem bei Inhomogenitäten, Anisotropien, Kopplungen

Differenzialmethoden (FEM – Finite Element Method, FDM – Finite Difference

Methode, VEM – Volume Element Method) + geeignet für Inhomogenitäten, Anisotropien, Kopplungen, Nichtlinearitäten + hohe Flexibilität für kontinuumsmechanische Probleme - höhere Rechenzeiten, höherer Speicherbedarf - komplizierte Vernetzung - Schwierigkeiten bei signifikanten Punkten - Diskretisierungsfehler

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Nur zum internen und privaten Gebrauch !

3

Netzfreie Methoden (DEM – Discrete Element Method, SPH – Smooth Particle Hydrodynamics) + geeignet für diskontinuumsmechanische Problem + geeignet für Bruch- und Schädigungsmechanik + geeignet für Partikelsimulation und Massentransport + geeignet für exakte Abbildung der geometrischen Struktur - sehr lange Rechenzeiten - komplizierter Modellaufbau - komplizierte Parameterbestimmung

Aus obiger Zusammenstellung wird klar, dass die Randelemente-Methode (BEM) heutzutage nur noch geringe Bedeutung für die Geotechnik besitzt, da sie kaum in der Lage ist, die wirklich wichtigen Phänomene, wie Inhomogenitäten und Anisotropien sowie Kopplungen abzubilden. Explizite Verfahren, wie z.B. in den Programmen LSDYNA, PAM-CRASH, ABAQUS-explicit, FLAC, FLAC3D, UDEC, 3DEC, PFC, PFC3D verwendet, haben den großen Vorteil, auch physikalisch instabile Prozesse numerisch stabil abbilden zu können. So werden die zuvor genannten Codes z.B. zur Crash- und Umformsimulation, zur Abbildung von verfahrenstechnischen Prozessen oder Massenbewegungen oder auch Bruchprozessen eingesetzt. Da viele geotechnisch zu modellierende Prozesse auch physikalisch instabile Phasen, Bruchprozesse und Materialvermischungen (z.B. Massenbewegungen, Interaktion Geogitter – Boden etc.) beinhalten, sind sie für den Geotechniker besonders geeignet.

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Nur zum internen und privaten Gebrauch !

4

Tab. 1: Exemplarischer Vergleich von expliziten FD und impliziten FE - Methoden

Merkmale Explizite FD Implizite FE

Berechnungs- bzw. Zeitschritt

Zeitschritt muss kleiner als kritischer Wert (physikalisch begründet) sein.

Berechnungsschritt kann unter Wahrung der numerischen Stabilität beliebig groß sein.

Operationen pro Berechnungs- bzw. Zeitschritt

Wenige Rechenoperationen pro Zeitschritt, aber viele Operationen bis zur Lösung.

Viele Rechenoperationen pro Rechenschritt, aber weniger globale Operationen.

Rechenzeit als Funktion der Knotenpunktanzahl N

Für „self-similar“Probleme steigt die Rechenzeit mit N

3/2.

Für „self-similar“Probleme steigt die Rechenzeit mit N

2 oder N

3.

Qualität der Elemente Innerhalb der Elemente ist nur eine lineare Interpolation möglich.

Höherwertige Elemente erlauben nichtlineare Ansätze innerhalb der Elemente.

Behandlung großer Deformationen

Die Behandlung großer Deformationen erfordert nur minimalen zusätzlichen Rechenaufwand.

Die Behandlung großer Deformationen erfordert größeren zusätzlichen Rechenaufwand.

Matrizen und Speicherbedarf

Es werden keine Matrizen aufgestellt, der Speicherbedarf ist minimal.

Matrizen werden erzeugt, müssen optimiert (Bandweitenoptimierung) und gespeichert werden. Insbesondere bei unsymmetrischen Matrizen kann der Speicherbedarf enorm sein.

Behandlung von nichtlinearem Materialverhalten

Keine Iteration nötig, um nichtlinearem Materialverhalten zu folgen.

Zusätzliche Iterationsprozesse notwendig, um nichtlinearem Materialverhalten zu folgen.

Behandlung physikalisch instabiler Prozesse

Keine numerischen Instabilitäten bei physikalisch instabilen Prozessen.

Physikalische Instabilitäten sind nur eingeschränkt und unter hohen numerischen Aufwand behandelbar.

Implementierung von Stoffgesetzen

Implementierung von beliebig nichtlinearen Stoffgesetzen ist numerisch stets stabil und relativ einfach. Die physikalische Plausibilität ist separat nachzuweisen.

Notwendigkeit des Nachweises, dass der Berechnungsalgorithmus die Stoffgesetze numerisch stabil behandelt und sie einem physikalisch möglichen Weg folgen. Die Implementierung ist komplizierter, z. T. gelingt sie überhaupt nicht.

Dämpfung Zum Erreichen der stabilen Lösung ist eine globale oder im Materialgesetz enthaltene Dämpfung notwendig.

Statische Lösungen benötigen keine Dämpfung.

Vernetzung von Bereichen mit hohen Spannungsgradienten

Viele Elemente niedriger Ordnung.

Wahlweise viele Elemente niedriger Ordnung oder weniger Elemente höherer Ordnung (höher Flexibilität).

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1

Nur zum internen und privaten Gebrauch !

Einführungsskripte

„Numerische Berechnungsverfahren in der Geotechnik“

Teil IV: Matrix-Stoffgesetze

Freiberg: 4/2013 Prof. Dr.-Ing. habil. Heinz Konietzky TU Bergakademie Freiberg Dr. rer. nat. Lothar te Kamp ITASCA Consultants GmbH

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2

Nur zum internen und privaten Gebrauch !

Stoffgesetze, auch konstitutive Beziehungen oder Materialgesetze genannt, kann man für voluminöse Körper (Volumenelemente) definieren (z.B. zur Abbildung von Boden, Fels, Beton, Mauerwerk etc.) – dann spricht man von Matrix-Stoffgesetzen. Andererseits kann man analoge Spannungs-Deformations-Beziehungen auch für Diskontinuitäten (Klüfte, Störungszonen, Materialgrenzen etc.) definieren. Dann spricht man von Kluft- oder Kontaktstoffgesetzen (siehe Skript V). Eine Klassifizierung der Stoffgesetze (SG) kann unter verschiedenen Gesichtspunkten erfolgen: A) bezüglich der Zeit:

zeitunabhängige SG; z.B. elastische oder elasto-plastische zeitabhängige SG; z.B. visko-elasto-plastische oder Kriechgesetze

B) bezüglich der Elastizität:

elastische SG ; z.B. linear-elastische oder nichtlinear-elastische inelastische SG; z.B. elasto-plastische oder visko-elasto-plastische

C) bezüglich der Tropie:

isotrope SG; z.B. isotrop elastische anisotrope SG ; z.B. transversalisotrop elastische

D) bezüglich der Plastizität:

ideal elasto-plastische SG SG mit Ver- und Entfestigung

E) bezüglich der Inelastizität:

SG der klassischen Plastizitätstheorie Hypoplastische SG bruch- und schädigungsmechanische SG

F) bezüglich des Mediums:

SG der Bodenmechanik SG der Felsmechanik

G) bezüglich der Strukturkomponente

SG für Matrix SG für Diskontinuitäten

Tab. 1 zeigt die wesentlichen Unterschieden in den relevanten Materialeigenschaften zwischen Boden und Fels. Die Berücksichtigung dieser Unterschiede führt zur Entwicklung sehr spezifischer Materialgesetze.

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3

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Tab. 1: Charakteristische Merkmale des mechanischen und hydro-mechanischen Verhaltens von Boden, Fels und ‚Soft Rocks‘

Lockergestein „Soft Rock“ „Hard Soil“

Fels

weich: E-Modul < 10 6 Pa hart: E-Modul > 10 9 Pa

volumetrische Kompaktion volumetrische Kompaktion

Matrix: Zugfestigkeit

Kohäsion

Matrix: Zugfestigkeit

Kohäsion

Matrix: Matrixstoffgesetze Matrix: Matrixstoffgesetze Diskontinuitäten: Kluftstoffgesetze

Porenwasser, Porenwasserhydraulik, poröse Matrix

doppelt poröse Medien

Kluftwasser, Kluftwasserhydraulik

Bedeutung von

Kappenfließgrenzen

Bedeutung von

Kappenfließgrenzen

große Deformationen Starrkörperbewegungen (Rotation, Translation)

Matrix-Dilatanz Kluft-Dilatanz

REV REV

Versagensmechanismus: Matrix

Versagensmechanismus: Diskontinuitäten

Spezialeffekte; z. B. Bodenverflüssigung

Spezialeffekte; z. B. Salzkriechen

Die folgenden beiden Übersichten zeigen mögliche Klassifizierungen für elastische und elasto-plastische Stoffgesetze. Diese beiden Stoffgesetzgruppen sind die mit großem Abstand gebräuchlichsten in der Geotechnik und werden daher im Folgenden etwas näher erläutert.

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Klassifizierung der elastischen Stoffgesetze

Elastizität

zeitunabhängig zeitabhängig

lineare Elastizität (Hooke)

nichtlineare Elastizität (Hyperelastizität, Hypoelastizität)

Visko-Elastizität

isotrop anisotrop isotrop anisotrop Visko-Elastizität auf Basis

rheologischer Grundelemente

empirische Ansätze

physikalisch motivierte Ansätze

isotrop anisotrop isotrop anisotr. isotrop anisotr.

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Klassifizierung der plastischen bzw. elasto-plastischen Stoffgesetze

Plastizität

zeitunabhängig zeitabhängig

klassische Elasto-Plastizität

Schädigungs-mechanik

Hypo-

Plastizität

Visko-Plastizität auf

Basis rheologischer

Grundelemente

empirische Ansätze

physikalisch motivierte Ansätze

schädigungs-mechanisch motivierte Ansätze

ideale Plastizität Ver- und Entfestigung

isotrop anisotr. isotrop anisotr. isotrop anisotr

assoziiert nicht

assoziiert isotrop kinema-

tisch gemischt isotrop anisotr.

isotrop anisotr. isotrop anisotr.

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Elastische Stoffgesetze: Die einfachste Beschreibungsform ist das linear-elastische Gesetz von Hooke:

ijKlijKlij BE

ijB

Abb. 1: Linear-elastisches Gesetz nach Hooke Die erweiterte Form des Hooke’schen Gesetzes wird Cauchy-Elastizität genannt und schließt auch nichtlinear-elastisches Verhalten ein:

Klijij F

Fij: elastische Antwortfunktion Diese Gleichung bedeutet eine eindeutige, lineare oder nichtlineare Beziehung zwischen Spannung und Deformation. Das Verhalten der Cauchy-Elastizität ist pfad-unabhängig und reversibel. Diese Form beinhaltet also keinerlei Beschränkungen bezüglich des Belastungspfades und des Energieerhaltungssatzes. Damit sind auch energetisch unmögliche Belastungszyklen darstellbar. Um dieses energetische Problem zu lösen, muss die Unabhängigkeit der Formänderungsarbeit von Verformungsweg garantiert werden, d. h. die Formänderungsarbeit muss allein durch den Verzerrungszustand charakterisiert sein. Erreicht wird dies durch die Verknüpfung der Spannungs-Deformations-Beziehung mit einem elastischen Potenzial W:

ij

ijij

W

(1)

Diese Art der Elastizität nennt man „Hyperelastizität“ (Green-Elastizität)

Wenn man das Materialgesetz in inkrementeller Form schreibt, d. h.,

Klmnijij ,F

bzw.

Klmnijij ,F

oder KlmnijKlij dC (2)

so spricht man von „Hypo-Elastizität“. Hypo-elastische Materialgesetze sind pfadabhängig und erlauben die Formulierung wegabhängiger nichtlinearer Beziehungen.

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Das lineare Hooke’sche Gesetz lautet (Fijkl wird Steifigkeitsmatrix genannt und lässt sich durch elastische Konstanten ausdrücken):

KlijKlij F (3)

MatrixMatrixMatrix

3x39x93x3

oder in Elementdarstellung mit 9 Gleichungen:

33333313331312331211331133

33123313121312121211121112

33113313111312111211111111

E...EEE

E...EEE

E...EEE

(4)

Für jeden isotropen Tensor 4. Grades gilt (, , = Konstanten):

jkiljlikklijijklE (5)

Unter Beachtung, dass ij = ji, ergibt sich aus obigen Gleichungen:

ijkkijij (6)

Nun setzt man = und ( + ) = 2 . und werden auch Lame’sche Konstanten

genannt. Damit wird ergibt sich:

ijkkijij 2 (7)

31

23

12

33

22

11

31

23

12

33

22

11

200000

020000

002000

0002

0002

0002

Daraus folgt:

kkkk 23 bzw. für ij mit ji : ijij 2 (8)

Es gilt: = G wobei: G: Schubmodul

K3

223

3

1 wobei: K: Kompressionsmodul (9)

Eine Umstellung liefert:

kkkk K3 (10)

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Diese Gleichungen erlauben eine physikalisch-geometrische Interpretation durch eine Zerlegung in reine Volumenänderung und reine Gestaltsänderung: der Kompressionsmodul K beschreibt den Widerstand gegen Volumenänderung, der Schermodul G den Widerstand gegen Gestaltsänderung (Winkeländerung). Eine weitere Darstellung des elastischen Gesetzes lässt sich wie folgt ableiten:

ij ij ij kk

ij ij ij kk

1

2 2

1 1

2 2 3 2

(11)

Durch Einführung des Elastizitätsmoduls E und der Querdehnungszahl lässt sich

obige Gleichung folgendermaßen schreiben:

kkijijijEE

1

(12)

wobei: 1 1

2 E

und

E232

(13)

Auch die Größen E und haben eine direkte anschauliche physikalisch-geometrische Bedeutung: Der E-Modul ist der Proportionalitätsfaktor zwischen einaxialer Belastung und entsprechender Deformation, die Querdehnungszahl beschreibt dabei das Verhältnis zwischen Querdehnung und Längsdehnung. Somit existieren drei

austauschbare Paare von Materialkennwerten für das linear elastische Gesetz: E und ,

K und G, sowie und . Bei anisotrop-elastischem Verhalten erhöht sich die Anzahl der Parameter entsprechend des Anisotropiegrades.

Elasto-plastische Stoffgesetze: Die Beschreibung der Plastizität erfordert drei Beziehungen:

Grenzzustandsbedingungen, bei deren Erfüllung plastische Deformationen einsetzen

plastisches Potenzial, aus dem die Richtungen der plastischen Deformationen abgeleitet werden

Ver- oder Entfestigungsregel, aus der die Magnituden der plastischen Deformationen abgeleitet werden.

Begrifflich sind duktile und spröde Materialien zu unterscheiden. Während bei spröden Materialien gilt:

Fließbedingung Bruchbedingung Grenzzustandsbedingung gibt es bei duktilem Material einen signifikanten Unterschied zwischen Fließbedingung und Bruchbedingung gemäß Abb. 2.

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sprödes Material

Bruchbedingung

duktiles Material

BruchbedingungFließ-bedingung

Abb. 2: Spannungs-Dehnungs-Verhalten von sprödem und duktilem Material Im Rahmen der erweiterbaren Plastizitätstheorie mit Verfestigung (Hardening) und Entfestigung (Softening) verschmelzen die Begriffe Fließbedingung, Bruchbedingung und Grenzzustandsbedingung immer mehr. Wegen der grundlegenden Beziehungen zwischen Spannungen, Deformationen und Energie können die Grenzzustandsbedingungen (GZ) auch in diesen drei Arten formuliert werden, nämlich als:

Dehnungs-Grenzzustandsbedingungen Energie-Grenzzustandsbedingungen Spannungs-Grenzzustandsbedingungen

Beispiele für Dehnungs-Grenzzustandsbedingungen: Schubverzerrungs-Grenzzustandsbedingung:

GZ = 1 - 3 (14)

Vergleichsdehnungs-Grenzzustandsbedingung:

213

232

221

12

2GZ

(15)

Oktaederdehnung:

3213

1GZ (16)

Beispiele für Energie-Grenzzustandsbedingungen: Formänderungsarbeit:

332211ijij2

1dGZ

(17)

Volumenänderungsenergie:

2321E6

21GZ

(18)

Gestaltsänderungsenergie:

213

232

221

E6

1GZ

(19)

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Viele im Spannungsraum definierte Grenzzustandsbedingungen beinhalten nur die maximale und minimale Hauptspannungskomponente. Grundlage ist die (umstrittene) Hypothese, dass die mittlere Hauptnormalspannung keinen nennenswerten Einfluss auf das Bruchkriterium hat. Einige in der Fels- und Bodenmechanik häufig verwendete Grenzzustandsbedingungen sind:

Mohr-Coulomb-Grenzzustandsbedingung

beschreibt Versagen durch Überschreiten der Scherfestigkeit (Abb. 3):

ctan0 (20)

c: Kohäsion

: Reibungswinkel

bzw. im Hauptspannungsraum:

sin1

cosc2

sin1

sin10 31 (21)

D310 (22)

D: einaxiale Druckfestigkeit

Es folgen daraus für die einaxiale Zugfestigkeit z bzw. die einaxiale Druckfestigkeit D:

sin1

cos2

cZ bzw.

sin1

cos2

cD (23)

C

3

D

1

Abb. 3: Mohr-Coulomb-Grenzzustandsbedingung im Normal-Schubspannungs-diagramm und im Hauptspannungsdiagramm Drucker-Prager Grenzzustandsbedingung

beschreibt das Versagen durch Überschreiten der Scherfestigkeit (Abb. 4):

K3

qss2

10 kk

ijij

(24)

KqJ0 0D2 (25)

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q

0

K

D2J

Abb. 4: Drucker-Prager-Grenzzustandsbedingung im Invariantenraum Erweiterte Cam-Clay-Grenzzustandsbedingungl

beschreibt das Versagen im Zug-, Druck- und Scherbereich (Abb. 5):

c002D

2ckkkk2

ijij pMJ3p3

1

3

1Mss

2

30

(26)

ijij ss2

3

kk3

1

2

Mpc

Abb. 5: Erweiterte Cam-Clay-Grenzzustandsbedingung im Invariantenraum Hoek-Brown-Bruchkriterium Hierbei handelt es sich um ein empirisches Bruchkriterium, das dem experimentell nachgewiesenen nichtlinearen Charakter der Hüllkurve entspricht (Abb. 6):

a

1

3bu31 sm

(27)

mb, a, s: Materialparameter

u: einaxiale Bruchfestigkeit

a 0,5

1

3

s4mm

2

2bb

ut

sua

Abb. 6: Hoek-Brown-Bruchkriterium im Hauptspannungsraum

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Ist die Grenzzustandsbedingung erreicht, so treten plastische Deformationen auf:

plastischij

elastischijij ddd (28)

Die plastischen Deformationen lassen sich aus dem plastischen Potenzial Q ableiten:

ij

ijP

ij

Qdd

(29)

wobei d den plastischen Index (plastischer Multiplikator) darstellt. Bei idealer Plastizität gilt:

0F ij und 0dF ij , d. h., die Fließfläche ist unbeweglich.

Der Differenzialquotient impliziert, dass die Fließbedingung im Spannungsraum eine konkave Oberfläche besitzt und der Vektor des plastischen Verformungszuwachses senkrecht auf dem plastischen Potenzial steht. Sind plastisches Potenzial und Fließbedingung identisch, so spricht man von assoziierter Fließregel, sonst von nicht-assoziierter Fließregel (Abb. 7):

Q = F = 0

i

j

d

dP

..

.

i

j

dP

F = 0

Q = 0

d.

assoziierter Fließregel nicht-assoziierter Fließregel

Abb. 7: Assoziierte und nicht-assoziierte Fließregel Nach Erreichen der Spitzenfestigkeit (peak strength) kann sich Material entfestigen, verfestigen oder ideal plastisch verhalten. Es gilt deshalb (Abb. 8):

0k,,F Pijij plastisches Materialverhalten

0k,,F Pijij elastisches Materialverhalten

0k,,F Pijij unzulässig

Verfestigung (strain hardening)

ideale Plastizität

Entfestigung (strain softening)

Spitzenfestigkeit(peak strength)

Abb. 8: Plastizität im Nachbruchbereich

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Dabei stellt k eine Ver- oder Entfestigungsfunktion dar. Ver- und Entfestigung bedeutet, dass sich die Fließfläche im Raum verschiebt und/oder ihre Form ändert. Man unterscheidet zwischen isotroper (form- und lagegetreue Vergrößerung oder Verkleinerung der Fließfläche) und kinematischer (reiner Verschiebung der Fließfläche im Raum) Ver- oder Entfestigung (Abb. 9).

isotrope Ver- und Entfestigung

kinematische Ver- und Entfestigung

gemischte Ver- und Entfestigung

anisotrope Ver- und Entfestigung

Abb. 9: Typen der Ver- und Entfestigung Magnitude und Richtung der plastischen Deformationen im Rahmen der sich verändernden Fließfläche werden folgendermaßen berechnet:

ij

Pij

Qdd

(30)

mit

mnmn

dF

H

1d

(31)

Im Falle mehrerer Fließflächen gibt es gekoppelte und entkoppelte Mechanismen:

F1 F2

entkoppelt Gekoppelt Abb. 10: Gekoppelte und entkoppelte Ver- und Entfestigung

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1

Einführungsskripte

„Numerische Berechnungsverfahren in der Geotechnik“

Teil V: Kontakt-Stoffgesetze

Freiberg: 4/2013 Prof. Dr.-Ing. habil. Heinz Konietzky TU Bergakademie Freiberg Dr. rer. nat. Lothar te Kamp ITASCA Consultants GmbH

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2

In Analogie zu den Stoffgesetzen für die Volumenelemente (Matrix-Stoffgesetze) gibt es auch elastische, elasto-plastische bzw. visko-elasto-plastische Materialgesetze für die Kontakte. Kontakte stellen Berührungspunkte zwischen Teilvolumina (Blöcken) dar, die starre oder deformierbare Kontinua bilden. Kontakt-Stoffgesetze werden in der Geomechanik zur Abbildung von Diskontinuitäten verschiedenster Art verwendet, wie z.B. für Klüfte, Störungszonen, Risse, Schichtgrenzen, Fugen – aber beispielsweise auch für die Wechselwirkung von Lockergesteinspartikeln. Das geometrisch entscheidende Kriterium für die rein mechanische Interaktion ist, dass die räumliche Ausdehnung senkrecht zum Kontakt gering ist und somit der Kontaktbereich 2-dimensional als Linie und 3-dimensional als Fläche dargestellt werden kann („Interface“). Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich auf das Verhalten von Gesteinsklüften, sind aber weitgehend auch übertragbar auf andere Diskontinuitäten. Das grundlegendste und einfachste Kontaktstoffgesetz beschreibt die elastische Reaktion, wobei die physikalischen Größen meist in Komponenten normal und tangential zur Kontaktfläche zerlegt werden:

K s

Kn

Abb. 1: Prinzip des elastischen Kontaktstoffgesetzes Kn = Normalsteifigkeit Ks = Schersteifigkeit Damit gilt für die Spannungsinkremente:

eNnn uK (1)

eSss uK (2)

wobei: eNu : elastisches Normalverschiebungsinkrement eSu : elastisches Scherverschiebungsinkrement

Eine sinnvolle Erweiterung auf nicht-elastisches Verhalten wäre die Berücksichtigung von Zug- und Scherversagen:

0nttn (3)

max,sssmax,ss usign (4)

Die Gleichungen 3 und 4 ergeben das in Abbildung 2 gezeigte Verhalten.

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3

Nu

N

t

Su

S

S, max

Abb. 2: Elasto-plastisches Spannungs-Verschiebungs-Verhalten (links: Zug; rechts: Scherung) Häufig wird ein nichtlineares Verhalten der Kluftöffnung unter Normalspannung beobachtet.

nnn uK nichtlinear (5)

nichtlinear linear

un

n

Abb. 3: Kluftverhalten: Normalspannungen vs. Normalverschiebungen Kn, Ks Normal- und Scherfestigkeit

un, us Normal- und Scherverschiebung

n, s Normal- und Scherspannung

K, Materialkonstanten Bei wechselseitiger Beeinflussung der Komponenten (gegenseitige Beeinflussung von Scher- und Normalenrichtung), gilt folgendes:

s

n

sssn

nsnn

s

n

jiji

u

u

KK

KK

uK

(6)

nsnssss

snsnnnn

uKuK

uKuK

(7)

Nichtlineares Verhalten der Kluftöffnung lässt sich auch mittels hyperbolischer Abhängigkeit beschreiben, indem die Steifigkeit normalspannungsabhängig modifiziert wird:

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4

nnmax

n

nneu

n

Ku1

KK (8)

wobei umax die max. Zusammendrückung (Verschiebung) der Kluft darstellt. Wenn die Spannungen gering sind, gilt:

n

neu

n KK , wenn die Spannungen hoch sind, gilt: neu

nK . (9)

Die Beobachtung lehrt, dass bei einer Scherbewegung auf einer Diskontinuität auch

eine Bewegung senkrecht dazu stattfindet. Diese wird über den Dilatanzwinkel beschrieben:

Sd

yd

ds

dytan

(10)

Abb. 4: Dilatanz am Kontakt Beobachtungen zeigen weiterhin, dass der Dilatanzwinkel nicht konstant ist. Ein konstanter Dilatanzwinkel würde zudem dazu führen, dass bei langen Scherwegen die Volumenvergrößerung unrealistisch groß werden würde. Die einfachste Form einer realistischen Darstellung besteht darin, den Dilatanzwinkel bei Erreichen eines kritischen Wertes auf Null zu setzen (siehe Abb. 5):

0uu

0.constuu

C,SS

C,SS

(11)

Nu

SuS,Cu

Abb. 5: Normalverschiebung (Dilatanz) als Funktion des Scherweges

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5

Die Grenzscherspannung s,max ist keine Konstante, sondern eine Funktion der

Normalspannung N, des Reibungswinkels und der Kohäsion c (Coulombsches Reibungsgesetz):

cNs tanmax, (12)

Damit ergeben sich folgende Kurven unter Scherbelastung:

S

Su

SK1

N

S,Cu

Nu

Su

N

Abb. 6: Coulombsches Reibungsgesetz Das Scherverhalten von Diskontinuitäten ist durch ‚softening’ charakterisiert, wie in abstrahierter Weise in Abb. 7 gezeigt:

S

Su

SPeak

SRes

Abb. 7: „Displacement – softening“ beim Scherversuch

Nach Erreichen der Spitzenfestigkeit PeakS fällt die maximal übertragene

Schubspannung allmählich auf die Restfestigkeit RESS . Die numerische Umsetzung

erfolgt über eine entsprechende Softening-Funktion, z. B.:

SS uf bzw. Suf (13)

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6

Experimente haben weiterhin gezeigt, dass die Spitzenfestigkeit PeakS nichtlinear mit

der Normalspannung zunimmt und in erster Näherung durch eine bilineare Beziehung beschrieben werden kann (Patton 1966): Patton (1966):

Aufgleiten Abscheren

c

B+i

B

NK

R

Abb. 8: Bi-lineares Kluft-Festigkeitsgesetz nach Patton

NKBNc

NKBN

für

füri

tan

tan (14)

B Basisreibungswinkel ( Restreibungswinkel R)

i Aufgleitwinkel

G Winkel der inneren Reibung

c Scherfestigkeit der Unebenheiten Der Aufgleitwinkel Φi lässt sich gemäß BARTON über die Kennwerte JRC und JCS ermitteln:

i = JRC log (JCS/N) (15)

wobei: JRC: Joint roughness coefficient JCS: Joint compressive strength

Zudem kann B über ein einfaches Experiment mit glatten Kluftflächen ermittelt werden. Weitere Gesetze wurden von diversen Autoren publiziert – einige werden im Folgenden kurz aufgelistet.

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7

Scheider (1975):

s

nRN

u

utanarctan (16)

NK0nn euu

(17)

wobei:

us Scherverschiebung

un0 max. Aufgleithöhe bei N = 0 K Materialkonstante Barton (1977):

R

NN

JCSlogJRCtan (18)

JRC Rauhigkeitskoeffizient JCS Druckfestigkeit Kluftwände Indraratna und Haqune (2000):

npR

Rp1

0

N

N0N

itantan1

itantan

T

u2cosb

2

b

A

K (19)

N0 initiale Normalspannung AN Kluftfläche b0, b1 Fourier-Koeffizient T Periode Diese Beziehung gilt für CNS-Bedingungen (Constant Normal Stiffness).

} aus Analyse des Oberflächenprofils

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8

Byerlee (1968): Von großer praktischer Bedeutung für die Felsmechanik/Gebirgsmechanik/Gesteins-mechanik ist das Gesetz von Byerlee unter Annahme der Existenz von kohäsionslosen Klüften bzw. Störungszonen:

= 0,85 für < 200 MPa (20)

= 50 MPa + 0,6 für 200 < < 1700 MPa (21)

Gemäß Mohr-Coulomb gilt dann:

ctanc nn (22)

Für Drücke bis ca. 200 MPa bzw. Teufen bis ca. 8 km gilt der Ansatz von Byerlee (Annahme: c = 0):

n85,0 (23)

85,0tan 40 25

Reibungswinkel

24

Bruchwinkel

1

3

Unter Beachtung von Fluiddruck gilt:

pn P85,0 (24)

Pp – Fluiddruck Die Ausdrücke (20-24) geben lediglich das Verhältnis von Schub- zu Normalspannung an, wobei die kritische räumliche Orientierung der Bruchfläche unterstellt wird (= normal fault). Anderson hat die Byerlee-Beziehung so umgeschrieben, dass ein Bezug auf die vertikale Spannungskomponente erfolge und somit 3 Konstellationen zu betrachten sind:

Normal fault 1v :

1

Pc2

2

pv

31 (25)

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9

Reserve fault 3v :

1

Pc2

2

pv

31 (26)

Strike slip 2 v :

1

Pc2

2

pv

31

(27)

Mit der Annahme von Byerlee (c = 0 und = 0,85) lassen sich die Gleichungen (25-27) wie folgt vereinfachen:

Normal fault 1v :

pv

pv

31 P786,0162,2

P7,1

(28)

Reserve fault 3v :

pv

pv

31 P680,3462,0

P7,1

(29)

Strike slip zv :

pv

pv

31 P296,1312,1

P7,1

(30)

v = vertical stress = hg

Genauere Untersuchungen haben gezeigt, dass das Scherverhalten von Gesteinen auch zeit-, geschwindigkeits- und verschiebungsabhängig ist (Abb. 9 und 10):

mit 0 a ln(t) (31)

Dieterich (1978): Da Gleichung (31) negative Werte für t < 1 sec liefert, wurde von Dieterich (1978) ein zweiter Ansatz empfohlen:

0

0t

t1lna mit 0t 1s (32)

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10

Die Formeln (31 und 32) belegen ein leichtes Anwachsen des statischen

Reibungswinkels (Reibungskoeffizienten) mit der Haltezeit t (= Zeit, unter der und sinken). Gleichungen (31) bzw. (32) gelten für den statischen Reibungswinkel.

t

0

Abb. 9: Abhängigkeit des statischen Reibungskoeffizienten von der Haltezeit t Entfestigung kann unter zwei Gesichtspunkten betrachtet werden: 2 Arten

Geschwindigkeitsabhängige Entfestigung

verschiebungsabhängige Entfestigung

Zeit

u,.

u.

Verschiebung Abb. 10: Entfestigungsfunktionen

Reibungskoeffizient u Verschiebung

u Verschiebungsgeschwindigkeit Der dynamische Reibungskoeffizient zeigt eine Abnahme mit zunehmender Schergeschwindigkeit:

d 0

0

daln 1

V t

(33)

wobei: V = Schergeschwindigkeit d = charakteristischer asperity Durchmesser a, d = Konstanten

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11

Minkley (2008): Ein komplexes Modell, das den Übergang von Haft- auf Gleitreibung, Entfestigung und Geschwindigkeitsabhängigkeit berücksichtigt, wurde von Minkley (2008) vorgeschlagen:

max N c (34)

Dabei wird der Reibungskoeffizient in einen Gleitreibungsterm K und einen

Haftreibungsterm H zerlegt:

HK 1 (35)

K

N2K

0RK eitan (36)

K

N1K

VELHH e

(37)

io = Aufgleitwinkel

R = Restreibungswinkel K1, K2 = Krümmungsparameter

K = Druckfestigkeit der Kontaktfläche Der Kraftreibungskoeffizient wiederum hängt von der Schergeschwindigkeit V ab:

VELMAXVELH f (38)

mit

KVEL

V

Vlogbhtan1

2

1f (39)

wobei: b = Geschwindigkeitsfaktor Vk = Kritische Schergeschwindigkeit Gleichzeitig wird eine verschiebungsabhängige Entfestigung (= Reduktion des Haftreibungskoeffizienten) berücksichtigt, die inkrementell über den plastischen Verschiebungsweg berechnet wird:

1

PSVEL

HVELH

VELH

L

uALTALTNEU

(40)

wobei: PSu = plastische Scherverschiebung

L1 = Entfestigungsdistanz (Parameter)

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12

Mit zunehmender Scherverschiebung wird durch Zerstörung der Rauigkeit der Aufgleitwinkel i0 abgemindert:

2

PS

000L

uALTiALTiNEUi

(41)

L2 = Entfestigungsdistanz (Parameter)

PSu = plastische Scherverschiebung

Der Dilatanzwinkel i bestimmt sich wie folgt:

)arctan()arctan( K

N

i

(42)

Die wichtigen Charakteristiken des Minkley-Schermodells zeigen die folgenden Abbildungen 11-14:

u

V

V

Abb. 11: Einfluss der Schergeschwindigkeit

N

1

2

3

Abb. 12: Verläufe der einzelnen Reibungskomponenten

1: NRtan Restreibung

2: N

K

0RK

N2

eitan

Gleitreibung

3: ce1eitan N

KK

0RK

N1

K

N2

max. Festigkeit

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13

u

u

N

N

SN

N Abb. 13: Dilatanzverhalten in Abhängigkeit der Normalspannung

u

N

N

S Abb. 14: Einfluss der Normalspannung auf das Scherverhalten Cundall und Lemos (1990) Ein weiteres Modell ist das so genannte "Continuously yielding joint"-Modell von Cundall und Lemos (1990). Das Verhalten normal zur Kluftfläche wird dabei inkrementell folgendermaßen beschrieben:

NnN uK (43)

wobei: en

nnn aK (44)

an, en: Parameter Das Verhalten parallel zur Kluftfläche wird durch folgende inkrementelle Beziehung beschrieben:

SS ukF (45)

wobei: es

nSS aK (46)

aS, eS: Parameter

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14

Die Krümmung der Su - Kurve wird bei konstanter Normalspannung durch den

Parameter F bestimmt:

r1

1

F m

(47)

Für den Ausgangszustand gilt r = 0, wenn aber Scherrichtungswechsel auftritt, so wird

r = /m und damit F = 1. Der Faktor r sorgt dafür, dass bei Lastwechsel stets wieder mit

elastischem Verhalten und Anfangssteifigkeit begonnen wird. Die Grenzfestigkeit m ist wie folgt definiert:

SmNm usgntan (48)

Der Reibungswinkel m entspricht dem Maximalwert bei maximaler Dilatanz und wird durch zunehmende Schädigung gemäß folgendem Ansatz reduziert:

P

Smm uR

1 (49)

P

Su = plastische Scherverschiebung

m = max. (initialer) Reibungswinkel gemäß Festigkeitsbedingung R = Materialparameter für Rauigkeit

= Basisreibungswinkel wobei:

sPs uF1u (50)

F Faktor zur Reduktion des Anstiegs Weiterhin gilt:

Lastumkehrbei

nScherbeginbei0

r

m

(51)

Das Modellverhalten kann mit folgenden Diagrammen illustriert werden:

us

s

us

uN

Abb. 15: Modellverhalten des "Continuously yielding joint“ - Modells

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15

Die maximale Scherfestigkeit wird erreicht, wenn die anwachsende Scherspannung die abnehmende Grenzscherfestigkeit schneidet. In diesem Punkt ist F = 0, danach wird F

negativ und die Spannung nimmt ab (Entfestigung). Der Dilatanzwinkel ergibt sich aus folgendem Ausdruck:

N

1tan (52)

m

su

F k s.

Abb. 16: Kurve der Maximalfestigkeit und typische Arbeitslinie

m

su

m

Abb. 17: Einfluss unterschiedlicher initialer Reibungswinkel bei gleicher Auflast

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16

Ausblick Partikelkontaktstoffgesetze

Neben den oben beschriebenen Kluftstoffgesetzen gibt es in Analogie dazu die sogenannten Stoffgesetze für Partikelkontakte, wie sie bei Partikelsimulationen (z.B. Programme PFC oder Yade) eingesetzt werden. Die einfachste Wechselwirkung zwischen Partikeln ist eine elastische Wechselwirkung, die jeweils über eine Feder in Normalenrichtung und Tangentialrichtung abgebildet wird. Diesen Federn wird eine Steifigkeit (Materialparameter) zugeordnet.

s

i

ss

i

i

nnn

i

ukF

nukF

A B

Abb. 18: Zwei Partikel A und B im Kontakt Die Kontaktsteifigkeiten als Materialparameter können auf verschiedene Weise definiert werden, wobei geomechanisch häufig auf das lineare Kontaktmodell sowie das Hertz-Mindlin-Modell zurückgegriffen wird. (a) Linear elastisches Kontaktmodell

;KK

KKK

KK

KKK

s

B

s

A

s

B

s

As

n

B

n

A

n

B

n

An

n i = Einheitsnormalenrektor u n = Normalverschiebung u s = Scherverschiebung k n = Normalsteifigkeit k s = Schersteifigkeit

(53)

(54)

(55)

(56)

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17

(b) Hertz-Mindlin-Kontaktmodell

3

13

1

2

)(2

))1(3(2

)1(3

22

n

i

s

nn

FRG

K

uRG

K

wobei: G = Schubmodell

= Querdehnzahl R = Radius Kugel Die Partikelkontakte können durch kohäsive Anteile im Kontaktstoffgesetz erweitert werden. Dadurch wird es möglich, auch Festgestein mit Zugfestigkeiten und Kohäsion abzubilden und Schädigung, Bruch oder Zerkleinerung zu simulieren. Neben den Partikelwechselwirkungen bei direkter Berührung gibt es auch weitreichende Partikelwirkungen, z.B. über elektro-statische Felder, magnetische Wirkungen etc. Ein diesbezüglich sehr bekannter Ansatz auf atomarer Ebene ist der von Lennard-Jones, der sowohl anziehende als auch abstoßende Kräfte abstandsabhängig verarbeitet. (c) Lennard-Jones-Potential (weitreichende Kraftwirkung)

ji

6

2

ji

6

2

ji

2

ji

N

ji1j

i dd

21dd

124F

(62)

d i j = x j - x i = Potentialtiefe

= Nulldurchgang des Potentials Partikel i und j an Orten x i und x j

)(2

1

)(2

1

2

BA

BA

BA

BA

GGG

RR

RRR

(57)

(58)

(59)

(60)

(61)

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18

Vereinfacht wird die Reichweite oft begrenzt auf dcut = 2,5 , d. h., Fi = 0 für di j > d cut (63) Das Lennard-Jones-Potential besteht aus 2 Teilen: den anziehenden von-der-Waals-Kräften und den abstoßenden Pauli-Kräften.

Abb. 19: Kraftverlauf bei Wechselwirkung zwischen 2 Partikeln gemäß dem Lennard-Jones-Potentials Abschließend sei erwähnt, dass kugelförmige Partikel die geometrisch und rechentechnisch einfachste Darstellungsform sind. Darüber hinaus gibt es aber auch andere Partikelformen (z.B. Ellipsoide oder sogenannte ‚Clumps’, eine Verschachtelung mehrerer Kugeln zu einem neuen Partikel oder auch Polyeder verschiedenster Art). Die Partikel selbst können dabei entweder starr oder deformierbar sein.

Kraft

abstoßend

anziehend

0

Partikelabstand

0 = Kontakt

Lennard-Jones

linearHertz-M

indlin

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1

Einführungsskripte

„Numerische Berechnungsverfahren in der Geotechnik“

Teil VI: HTM-Kopplungen

Freiberg: 4/2013 Prof. Dr.-Ing. habil. Heinz Konietzky TU Bergakademie Freiberg Dr. rer. nat. Lothar te Kamp ITASCA Consultants GmbH

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2

Der Untersuchungsgegenstand der Geotechnik (Fels oder Boden) ist ein Multiphasen-system, bestehend aus einer festen, einer flüssigen und einer gasförmigen Phase. Diese Phasen interagieren miteinander auf verschiedene Weise und bestimmen so das Verhalten des Bodens bzw. Felses als Mehrphasensystem. Man spricht diesbezüglich in der Geotechnik von einer hydro-thermo-mechanisch-chemischen Kopplung (HTMC-Kopplung).

Mechanik

Hydraulik Thermik

Chemie

Abb. 1: HTMC-Kopplung Wie Abbildung 1 zeigt, wirkt die Kopplung stets beidseitig. Wie stark die einzelnen Kopplungsmechanismen das Verhalten des Bodens bzw. Felses beeinflussen, hängt von den konkreten Umgebungsbedingungen und den Eigenschaften des Geomaterials ab. Welche Kopplungsmechanismen der Geotechniker in seiner Betrachtung berücksichtigen muss, hängt zudem stark von der konkreten Aufgabenstellung ab. Neben den zusätzlichern konstitutiven Beziehungen werden auch zusätzliche thermische, hydraulische und chemische Anfangs- und Randbedingungen benötigt. HM-Kopplung: Der wichtigste Kopplungsmechanismus ist der hydro-mechanische (HM-Kopplung). Bezüglich der fluidalen Phase unterscheidet man Ein- und Mehrphasenströmung, bezüglich der festen Phase Strömung durch die poröse Matrix und Strömung entlang von Fließkanälen (z.B. Kluftströmung). Abb. 2 zeigt die verschiedenen Modellierungsansätze in Abhängigkeit der konkreten Permeabilitäts- und Porositätsverhältnisse. Wichtig für die Wahl des optimalen hydraulischen Modellansatzes ist die Frage nach dem betrachteten Volumen (Modellgebiet) im Vergleich zum Repräsentativen Elementarvolumen (siehe Abb. 3). Typische HM-Phänomene sind: Quellen und Schrumpfen, Konsolidation, Erosion, Injektion, Bodenverflüssigung, Kapillareffekte, Spannungskorrosionen, Lösungs-prozesse, Tau-Frost-Wechsel, Auftrieb, Strömungskräfte, Effektivspannungskonzept, Festigkeitsreduktion.

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3

doppel-porösesKontinuum

doppel-porösesDiskontinuum mitdiskreten Klüften

porösesKontinuum

Diskontinuum mit diskreten Klüften

Kluftporosität

Matrixporosität

Klu

ftperm

eabili

tät

Matr

ixperm

eabili

tät

Abb. 2: Numerische Abbildungsmöglichkeiten der HM-Kopplung

Typischer Verlauf für jeweils eine Probe

Diskontinuum(diskret)

Kontinuum(porös)

REV Volumen

Permeabilität

Abb. 3: Permeabilität und Repräsentatives Elementarvolumen (REV) Die wichtigsten hydraulischen Parameter sind Permeabilität (Kluft- oder Matrixpermeabilität), Porosität bzw. Kluftöffnungsweiten, Kompressibilität bzw. Kompressionsmodul des Fluids sowie Viskosität des Fluids. Für die Simulation der Fluidströmung durch die poröse Matrix wird meist das Darcy-Gesetz verwendet:

j

ijix

pkq

(1)

wobei: q – Volumenstrom kij – Permeabilitätstensor p – Fluiddruck

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4

Für die Simulation der Fluidströmung durch Klüfte wird meist das so genannte kubische Fließgesetz (Fluidfluss durch planparallel Platten) verwendet:

l

pkaq

3 (2)

wobei: a – hydraulische Kluftöffnungsweite l – Länge des Kluftabschnittes k - Kluftpermeabilität Die hydro-mechanische Wechselwirkung selbst kann sehr vielgestaltig sein. Sehr häufig benötigt wird das Effektivspannungskonzept, welches den Porenwasserdruck σpp berücksichtigt:

pp

ij

total

ij

effektiv

ij (3)

Die Einbeziehung der hydro-mechanischen Wechselwirkung in die Simulationen kann auf verschiedene Weise erfolgen:

1. Rein mechanische Berechnung, aber mit modifizierten Parametern, die den Fluideinfluss berücksichtigen.

2. Rein mechanische Berechnung, aber mit Berücksichtigung eines unveränderlichen, aber möglicherweise auch inhomogen verteilten Poren- bzw. Kluftwasserdrucks (z.B. Berücksichtigung Effektivspannungskonzept oder Auftrieb).

3. Hydro-mechanische Kopplung mit nur einer Kopplungsrichtung, d.h. mechanische Komponente beeinflusst hydraulische oder umgekehrt. Eine solche Vorgehensweise ist z.B. sinnvoll, wenn die Permeabilität gering ist und die Laständerung schnell erfolgt, d.h., das Fluid nicht drainieren kann (undrainierte Betrachtung).

4. Hydro-mechanische Kopplung mit beidseitiger Kopplungsrichtung, d.h., beide Komponenten beeinflussen sich gegenseitig.

TM-Kopplung: Die Erwärmung eines Körpers, der mechanisch keiner Bewegungseinschränkung unterliegt, führt zu thermischen Deformationen (thermische Ausdehnung). Wenn aber kinematische Zwangsbedingungen oder inhomogene Temperaturverteilungen vorliegen, so werden thermische Spannungen induziert. Die Stärke dieser Effekte wird materialseitig durch den thermischen Ausdehnungskoeffizienten α bestimmt. Weitere wesentliche thermische Parameter sind die spezifische Wärmekapazität und die thermische Leitfähigkeit. Thermisch induzierte Dehnungen werden zu den elastischen superponiert:

th

ij

.elast

ij

Gesamt

ij (4)

Daraus folgt:

th

kl

Gesamt

klijklij E (5)

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5

Die thermischen Dehnungen errechnen sich aus der Temperaturdifferenz T und dem

Tensor des thermischen Ausdehnungskoeffizienten ij:

Tij

th

ij (6)

bzw. im isotropen Fall:

Tij

th

ij (7)

Für das elastische, isotrope Material gilt dann:

ijijKKijij TEE

1

(8)

THM-Kopplung: Die Besonderheit der THM-Kopplung liegt darin, dass der Wärmetransport auf verschiedene Weise erfolgen kann:

durch Wärmeleitung über das Gestein (reine Konduktion, Fourier-Gesetz) durch Wärmeleitung über das Fluid (reine Konvektion: erzwungen durch

hydraulischen Gradienten und/oder frei aufgrund von Dichte- und Temperaturunterschieden)

Kopplung von Konduktion und Konvektion Abschließende Bemerkung: Eine zunehmende Anzahl von Kopplungsmechanismen in der Simulation bringt folgende Probleme mit sich:

Ausgeprägte Verlängerung der Rechenzeiten Bedarf an vielen Parametern bzw. funktionellen Anhängigkeiten Probleme bei der Überwachung der Simulationen Probleme bei der Überprüfung / Interpretation der Ergebnisse

Daher sollten folgende Grundsätze beachtet werden:

Nur die Kopplungsmechanismen anwenden, die unbedingt notwendig sind Modellberechnungen so vornehmen, dass Kopplungen schrittweise integriert

werden und jeder Schritt intensiv analysiert wird (schrittweise Ertüchtigung des Modells)

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1

Einführungsskripte

„Numerische Berechnungsverfahren in der Geotechnik“

Teil VII: Methodik

Freiberg 4/2013 Prof. Dr.-Ing. habil. Heinz Konietzky TU Bergakademie Freiberg Dr. rer. nat. Lothar te Kamp ITASCA Consultants GmbH

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2

Die besonderen Anforderungen in der Bearbeitungsmethodik geomechanischer Probleme (insbesondere im Vergleich zur Mechanik von Werkstoffen) ergeben sich aus folgenden Aspekten:

ausgeprägte Anisotropie und Inhomogenität bezüglich der Verformungs- und Festigkeitseigenschaften (geologische Schichtung, Klüfte, Störungen, Schieferungen etc.)

sehr begrenzte Datenbasis (geringe Kenntnisse über das Deformations- und Festigkeitsverhalten, Untergrundaufbau nur partiell bekannt etc.)

ausgeprägte Maßstabseffekte in Raum und Zeit ausgeprägte Wechselwirkungen des Bodens bzw. Felses mit anderen

Komponenten, wie Fluiden, Wärme oder chemischen Einwirkungsfaktoren (hydro-thermo-chemo-mechanisch gekoppelte Probleme)

Spezifika im Belastungszustand, den Anfangs- und Randbedingungen sowie im Materialverhalten,

überwiegend kompressive Belastung signifikante Unterschiede im Be- und Entlastungsverhalten inelastische Prozesse, wie z.B. elasto-plastische Spannungsumlagerungen,

Ver- und Entfestigungsprozesse oder hysteretisches Verhalten gehören zum typischen Erscheinungsbild

typische Probleme sind im Halbraum oder gar im Vollraum zu betrachten es stehen meist keine „Prototypen” zum Test zur Verfügung

Der Einsatz numerischer Rechentechniken zur Lösung geotechnischer Aufgaben (im Wesentlichen Standsicherheitsnachweise und Nachweise zur Gebrauchstauglichkeit) ist stets im Kontext des gesamten Methodenspektrums des Geotechnikers zu sehen, die folgende Methoden umfassen:

geschlossene analytische Lösungen semianalytische Lösungen empirische Beziehungen physikalische Modelle Laboruntersuchungen Feldmessungen / in-situ Großversuche / natürliche Analoga

Die einzigartigen Potenzen der numerischen Verfahren, aber auch deren Einbettung in die anderen Methodiken lassen sich wie folgt charakterisieren: Geschlossene analytische Lösungen: Sie liefern im mathematischen Sinne exakte Lösungen und besitzen einen hohen Grad der Verallgemeinerung. Mit geschlossenen Lösungen lassen sich ganze Problemklassen mit geometrischer Ähnlichkeit untersuchen. Analytische Lösungen sind leicht nachvollziehbar. Für eine Vielzahl von Problemklassen liegen die Lösungen bereits vor, ihr Einsatz ist für den praktisch arbeitenden Geotechniker relativ einfach und überschaubar. Die Beschränkung liegt darin, dass geschlossene analytische Lösungen nur für sehr einfache Problemstellungen zu erhalten sind. Insbesondere bei Inhomogenitäten in den Materialparametern, komplizierteren Geometrien, Nichtlinearitäten im Materialverhalten oder gekoppelten Prozessen können analytisch meist keine geschlossenen Lösungen erhalten werden. Der Einsatz geschlossener analytischer Lösungen birgt daher oft die Gefahr der übermäßigen Vereinfachung in sich. In Bezug auf numerische

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3

Berechnungen werden analytische Lösungen zur Verifizierung von numerischen Rechenprogrammen oder zur überschlägigen Beurteilung benutzt. Semianalytische Lösungen: Unter semianalytischen Lösungen sind hier zusammenfassend alle ingenieurmäßigen Methoden für Deformations-, Spannungs- und Standsicherheitsnachweise zu verstehen, die über die geschlossenen analytischen Lösungen hinausgehen, aber noch nicht die Komplexität der anspruchsvollen numerischen Methoden erreichen. Sie beinhalten grafische, tabellarische, analytische und „primitive“ numerische Elemente. Ihr Vorteil besteht in der leichten Handhabung, Nachvollziehbarkeit (Prüfung), langjährigen Praxiserprobung und dem Fakt, dass sie in Vorschriften und Empfehlungen Eingang gefunden haben. Gegenüber den geschlossenen analytischen Lösungen erlauben sie eine Behandlung von Problemen höherer Komplexität. Im Vergleich zu den numerischen Verfahren haben sie jedoch einige wesentliche Nachteile: Mit den semianalytischen Verfahren können Deformationen, Spannungen, Strömungen sowie Standsicherheits- und Stabilitätsprobleme nur isoliert mit verschiedenen Techniken behandelt werden. Außerdem sind die zugrunde liegenden physikalischen Ansätze stark vereinfacht bzw. müssen rein empirisch zu bestimmende Parameter Verwendung finden. Nach einer langen Phase des parallelen Einsatzes beider Techniken verdrängen die „hochwertigen“ numerischen Verfahren zunehmend die semianalytischen Verfahren. So wird z.B. für statische Nachweise im Tunnelbau (traditionell z.B.: gebetteter Stabzug), Setzungs- bzw. Konsolidationsprognosen (traditionell z.B.: Steifemodulverfahren, Bettungsmodulverfahren), Spannungsermittlungen (traditionell z.B.: grafische und tabellarische Verfahren) oder auch Standsicherheitsnachweise von Böschungen (traditionell z.B.: Lamellenverfahren) heute zunehmend der Einsatz numerischer Verfahren verlangt. Die Bedeutung der semianalytischen Verfahren wird zu Gunsten der „hochwertigen“ numerischen Verfahren weiter zurückgehen. Empirische Beziehungen: Empirische Beziehungen entstehen durch die Verallgemeinerung von Erfahrungswerten qualitativer und/oder quantitativer Art bei der Analyse von Problemklassen. Empirische Beziehungen existieren daher auch nur für sehr typische, häufig anzutreffende Konstellationen. Basis für empirische Beziehungen sind entweder Erfahrungen aus der Baupraxis oder aus Versuchsserien mittels physikalischer Modelle oder Laborexperimente. Empirische Beziehungen sind rein phänomenologischer Art und nicht direkt aus physikalischen Gesetzmäßigkeiten abgeleitet. Insofern erlauben sie keine tieferen Einsichten in die Ursachen von Verhaltensmustern und gestatten auch keine physikalisch begründeten Analysen bzw. Entscheidungsfindungen. Vorsicht ist geboten, wenn diese erprobten Gesetzmäßigkeiten auf Gebiete extrapoliert werden, die über das Gebiet der Erprobung hinausgehen. Für den Geomechaniker sollte es stets Ziel sein, empirische Beziehungen nachträglich physikalisch zu untermauern, z.B. mittels numerischer Simulationen. Physikalische Modelle: Physikalische Modelle beinhalten die Modellierung des interessierenden Objektes mittels äquivalenter Materialien unter Beachtung der Gesetze der physikalischen Ähnlichkeit. Mittels physikalischer Modelle können auch relativ komplizierte Aufgabenstellungen, die zum Beispiel mittels geschlossener analytischer Lösungen nicht mehr zu untersuchen sind, gelöst werden. Eine wesentliche Einschränkung liegt darin, dass mittels eines physikalischen Modells jeweils nur ein spezifischer Fall

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untersucht werden kann (der Versuch endet meist mit der vollständigen Zerstörung des Modells). Da diese Methodik sehr kosten- und zeitaufwendig ist, wurde sie in den letzen Jahren zunehmend von numerischen Methodiken abgelöst oder zumindest ergänzt. Zur punktuellen Validierung numerischer Simulationsergebnisse haben sie heute noch, wenn auch eingeschränkt, Bedeutung. Laboruntersuchungen: Laboruntersuchungen beinhalten die messtechnische Untersuchung des Verhaltens von Boden- bzw. Felsproben unter definierten Belastungsbedingungen und die Ableitung definierter Kennwerte. Diese Methodik ist eine der Möglichkeiten, quantitative Parameter zum Materialverhalten des Bodens bzw. Felses zu erhalten. Beachtet werden muss dabei, dass stets nur sehr kleinmaßstäblich und oft nur gestört untersucht wird und somit die gewonnenen Parameter unter Beachtung von Maßstabseffekten und in-situ Bedingungen auf den Boden bzw. die Felsmasse übertragen werden müssen. Der Vorteil dieser Methodik liegt darin, dass unter kontrollierten Bedingungen kosten- und zeiteffektiv Analysen durchgeführt werden können. Die Ergebnisse von Laboruntersuchungen können zur Definition des Materialgesetzes sowie dessen Materialparameter im numerischen Modell verwendet werden. Feldmessungen / in-situ Versuche / natürliche Analoga: In-situ Versuche, Messungen oder auch Beobachtungen gestatten die Erfassung der Charakteristiken der Felsmasse bzw. des Bodens unter natürlichen Bedingungen. Sie sind gegenüber Laboruntersuchungen zwar oft wesentlich kostenaufwendiger, geben aber wegen der ungestörten Verhältnisse und des Originalmaßstabes ein realistisches Bild bezüglich qualitativer und quantitativer Ergebnisse. In-situ Messungen dienen sowohl der Bestimmung von Parametern für verschiedene Phasen der Planung und Dimensionierung von geotechnischen Projekten als auch der Überwachung und Rückrechnung. Feldmessungen spielen eine wichtige Rolle bei der Bauüberwachung und sind Motor bei der Anpassung des Designs an die aktuelle geomechanische Situation (z.B. NÖT). In Bezug auf die numerischen Methoden dienen sie der Parameteridentifikation, der Validierung oder auch der Backanalysis. Die Lösung einer geotechnischen Aufgabenstellung mittels numerischer Modelltechniken lässt sich in zwei Phasen einteilen (siehe auch Abb. 1 + 2): Phase 1: Konzeptionelles Modell Phase 2: Numerisches Modell Das Erstellen des konzeptionellen Modells erfordert die Analyse folgender Komplexe:

Aufgabenstellung (was ist das Ziel der numerischen Simulation ? Welche Ergebnisse werden erwartet ?)

Datenlage (Welche Daten sind in welcher Qualität verfügbar ?) Projektphase (In welcher Phase eines Projektes befindet man sich ?) Modellaspekte (Welche Aspekte der Modellierung müssen beachtet werden ?)

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Abb. 1: Schema ‚Konzeptionelles Modell’

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Abb. 2: Schema ‚Numerisches Modell’

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Je nachdem, in welcher Phase eines Projektes man sich befindet, werden auch die Aufgabenstellung und der Einsatz der numerischen Berechnungsmethoden unterschiedlich sein. In der Phase der Vorplanung oder auch Variantenuntersuchung liegt meist eine sehr begrenzte Datenbasis vor, der Kostenrahmen ist eingeschränkt und die Erwartungen an die Ergebnisse sind bezüglich ihrer Präzision geringer. Daher wird sich auch die Modellbildung auf vereinfachte Geometrien, gröbere Netze, einfachere Materialgesetze und wenige zwischenzustände beschränken. Für die Phase der Detailplanung / Dimensionierung müssen sowohl bezüglich des Baugrundes als auch der Konstruktion hochwertige Daten vorliegen. Materialverhalten sowie Interaktion Baugrund-Bauwerk müssen über sehr realitätsnahe Materialgesetze abgebildet werden. Die Phasen des Monitoring und der Rückrechnung sind dadurch gekennzeichnet, dass zusätzlich in-situ Messdaten und Beobachtungen zur Interaktion Baugrund-Bauwerk vorliegen. Die numerische Simulation hat hier die Aufgabe, das Baugeschehen zu begleiten (Optimierung, Überwachung, Interpretation …) oder aber die Ursachen für Versagensfälle oder unerwartetes Materialverhalten aufzudecken. Die Grundlagen- und angewandte Forschung zeichnet sich dadurch aus, dass je nach Aufgabenstellung ganz unterschiedliche Anforderungen vorliegen. Während in den zuvor genannten Phasen nur hinreichend verifizierte und validierte Berechnungsansätze verwendet werden können, zeichnet sich die Forschung dadurch aus, unkonventionelle Ansätze zu benutzen (Pionierarbeit). Nachdem man sich über die zutreffende Projektphase im Klaren ist, müssen die verschiedenen Modellaspekte gemäß Abb. 1 diskutiert werden. Dabei sind insbesondere folgende Fragen zu beantworten:

Muss das Problem 3-dimensional modelliert werden, oder reichen 2-dimensionale Betrachtungen bzw. die Annahme von Rotationssymmetrie (Quasi-3D) aus ? Wenn letzteres gilt: Wie sind die Symmetrielinien definiert ? Beachte auch, dass diese Symmetrie nicht nur für die Geometrie, sondern alle Aspekte, wie z.B. Lasten, den Primärspannungszustand oder das Materialverhalten gilt.

Ist für die Lösung der Aufgabenstellung ein kontinnumsmechanischer Ansatz geeignet oder muss ein diskontinnumsmechanischer gewählt werden. Dies entscheidet grundlegend darüber, welche Software verwendbar ist.

Welche Stoffgesetzklassen sind für die Beschreibung der zu betrachtenden Geomaterialien ins Auge zu fassen ? (z.B. elastische, elasto-plastische, visko-elasto-plastische, hypoplastische, schädigungsmechanische, bruch-mechanische, ….)

Kann die Simulation rein mechanisch erfolgen oder müssen Kopplungen zu anderen Phasen betrachtet werden, z.B. hydro-mechanische, thermo-mechanische, hydro-thermo-mechanische oder gar hydro-thermo-mechanisch-chemische Kopplungen ?

Betreffen die Betrachtungen statische Zustände oder schließen sie dynamische Effekte (Wellenausbreitung) ein ?

Welche Zwischenphasen (gemäß Ausbruchsequenz, Sicherungsmaßnahmen etc.) müssen abgebildet werden, um der Spannungspfadabhängigkeit des Materialverhaltens einerseits und den bautechnischen Anforderungen an die Berechnungsergebnisse andererseits Rechnung zu tragen ?

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Welche prinzipiellen Anfangs- und Randbedingungen sind zu berücksichtigen (z.B. initiale Spannungen und Fluiddrücke, Verschiebungs- oder Spannungsrandbedingungen) ?

Die Beantwortung aller Fragen gemäß Abb. 1 führt zum ‚Konzeptionellen Modell‘. In einem zweiten Schritt muss nun das ‚Numerische Modell‘ erarbeitet und abgearbeitet werden, welches in detaillierter Weise den Modellaufbau, sowie Berechnung und Auswertung enthält. Diese zweite Phase beginnt zunächst damit, dass eine sehr detaillierte Analyse der Datenlage erfolgt und gleichzeitig vorausgedacht wird, welche Ergebnisse in welcher Darstellungsform für die Modellauswertung und Berichterstattung benötigt werden. Danach erfolgt der Modellaufbau durch Vorgabe des Netzes, der Anfangs- und Randbedingungen, der Berechnungssequenz, der Wahl der Materialgesetze und deren Parameter etc. in Form eines Eingabeskriptes oder im Dialog mit entsprechenden Programm-Menüs. Bei Unsicherheiten oder zu Testzwecken lohnt es sich, an dieser Stelle kleine Teilmodelle (im Extremfall bis hinunter zum 1-Element-Modell) zu erstellen und Testrechnungen solange durchzuführen, bis das Problem erschöpfend geklärt ist. Nun werden die numerischen Simulationen gestartet und die Ergebnisfiles zur nachfolgenden Auswertung abgespeichert. Vor jeglicher Berichterstattung müssen die Berechnungsergebnisse überprüft werden, da es viele potentielle Fehlerquellen gibt. Dazu stehen folgende Methoden zur Verfügung:

Prüfung auf Plausibilität, d.h. sind die berechneten Werte physikalisch überhaupt möglich ?

Vergleich mit Erfahrungswerten, d.h. entsprechen die Werte von der Größenordnung her den bisherigen Erfahrungen und wenn nicht, sind die Abweichungen physikalisch begründbar und logisch nachvollziehbar ?

Im günstigsten Fall liegen Messwerte vor, die direkt zum Vergleich Modell – Realität herangezogen werden können.

Wenn möglich, so sollten vergleichend auch andere Berechnungsmetoden (z.B. anderes numerisches Verfahren oder semi-analytische Verfahren) eingesetzt werden.

Sollte die Ergebnisprüfung positiv ausfallen, so kann die Berichterstattung erfolgen oder aber weitere Simulationen, z.B. in Form einer Parameterstudie, Variantenbetrachtung, Sensitivitätsanalyse, Optimierung, Robustheitsanalyse etc. sind erforderlich. Sollte die Ergebnisprüfung allerdings negativ ausfallen, so muss zunächst geprüft werden, ob es sich um einen prinzipiellen konzeptionellen Fehler handelt oder aber Fehler im Detail des numerischen Modells vorliegen. Je nachdem muss im Ablauf an die entsprechende Stelle zurückgegangen werden, die Korrektur ausgeführt werden und das Schema ab diesem Punkt in vollem Umfang erneut abgearbeitet werden. Es wird nachdrücklich empfohlen, die geotechnische Simulation von Anfang an projektbegleitend, d.h. von der Vorplanung bis zur Rückrechnung, durchzuführen. Dies ist letztendlich nicht nur kostensparend, sondern eröffnet auch die Möglichkeit, kurzfristig auf problematische Situationen zu reagieren und das Projekt zu optimieren. Bei einer solchen Vorgehensweise wird das numerische Modell Schritt für Schritt verfeinert bzw. bezüglich der zunehmend besser werdenden Datenbasis kalibriert bzw. modifiziert.

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Einführungsskripte

„Numerische Berechnungsverfahren in der Geotechnik“

Teil VIII: Praktische Hinweise

Freiberg: 4/2013 Prof. Dr.-Ing. habil. Heinz Konietzky TU Bergakademie Freiberg Dr. rer. nat. Lothar te Kamp ITASCA Consultants GmbH

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Dieses Skript enthält ausgewählte praktische Hinweise zur Erstellung und Parametrisierung von numerischen Modellen.

Anfangs- und Randbedingungen: Die Lösung (auch die numerische) von Differenzialgleichungen verlangt die Spezifizierung von Anfangs- und Randbedingungen. Unter Randbedingungen versteht man dabei zeitunabhängige oder zeitabhängige mechanische, thermische, hydraulische, chemische … Bedingungen, die am inneren oder äußeren Modellrand angreifen. Unter Anfangsbedingungen (initiale Bedingungen) versteht man die zum Zeitpunkt t = 0 (Beginn der numerischen Simulation) vorherrschenden Zustände (wiederum mechanischer, hydraulischer, thermischer … Art). Beispiele für Randbedingungen:

Spannungen Kräfte Geschwindigkeiten Beschleunigungen Verschiebungen Wasserdrücke Temperaturen

Beispiele für Anfangsbedingungen:

primärer Spannungszustand primärer Deformationszustand primärer Poren- /Kluftwasserdruck Ausgangstemperaturfeld

Verschiebungsrandbedingungen werden auch Dirichlet-Bedingung genannt, Kraft- bzw. Spannungsrandbedingungen dagegen werden auch als Neumann-Bedingungen bezeichnet. Besondere Bedeutung kommt der Wahl der äußeren Randbedingungen zu. Für statische Berechnungen kommen Spannungs- und Verschiebungsrandbedingungen in Betracht. Beide entsprechen nicht der Realität, wobei i.d.R. (aber nicht immer !) gilt, dass Verschiebungsrandbedingungen die Bewegungen im Inneren zu klein und Spannungsrandbedingungen die Bewegungen in Inneren zu groß prognostizieren. Wenn jedoch die äußeren Ränder weit genug vom interessierenden Inneren entfernt sind, so nähern sich beide Varianten an. Wenn keine Erfahrungen oder analytische Überschlagsrechnungen zur Verfügung stehen, so wird empfohlen, sowohl Entfernung (Modellgröße) als auch Typ der Randbedingungen in einer Parameterstudie vorab zu testen. Abbildung 1 demonstriert exemplarisch, wie sich bei rein elastischer Berechnung die Verschiebungswerte und Spannungen in 2 ausgesuchten Beobachtungspunkten mit dem Verhältnis der Modellgröße zum inneren Modellgebiet (2 Hohlräume) verändern. Außerdem zeigt die Abbildung den Einfluss von Verschiebungs- und Spannungsrandbedingungen jeweils im Vergleich zur exakten Lösung. Man erkennt, dass bei hinreichendem Abstand der Modellränder zum interessierenden inneren Modellgebiet beide Typen von Randbedingungen näherungsweise die exakte Lösung erzeugen. Vielfach bietet es sich auch an, gemischte Randbedingungen zu verwenden. So kann es z.B. für einen tiefliegenden Tunnel sinnvoll sein, den oberen Modellrand mit einer Spannungsrandbedingung gemäß seiner Teufe zu belegen und die seitlichen sowie den

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unteren Rand mit Verschiebungsrandbedingungen zu belegen. Zusätzlich müsste auch der adäquate primäre Spannungszustand gemäß Teufe eingeschrieben werden. Die Spezifizierung der Randbedingungen erfolgt ja nach gewähltem Koordinatensystem komponentenweise, d.h. z.B. im kartesischen System bezüglich der Komponenten x, y und z oder in Form der Normal- und Scherkomponenten am Rand.

Abb. 1: Normalisierte Spannungen und Verschiebungen an 2 Beobachtungspunkten in Abhängigkeit des Typs der Randbedingungen und des Verhältnisses Modellgröße zur Hohlraumgröße

Vernetzungsregeln: Bei der ebenen oder räumlichen Diskretisierung (Vernetzung) des Objektes sind drei grundlegende Aspekte zu beachten:

Wahl geeigneter Elementtypen Wahl einer geeigneten Vernetzungsdichte Wahl eines geeigneten Vernetzungsverfahrens

Prinzipiell sind folgende Elementtypen zu unterscheiden:

Volumenelemente (z.B. Dreieck- oder Rechteckelemente in 2D bzw. Tetraeder oder Quader in 3D – Verwendung z.B. für Gebirge, massiven Beton)

Schalenelemente (flächenförmige Elemente mit vernachlässigbarer Dicke, aber Berücksichtigung von Momenten und Membranspannungen – Verwendung z.B. für Spritzbetonschalen, geringmächtiges Mauerwerk)

Stabelemente (eindimensionale Elemente – Verwendung z.B. für Anker, Streben, Pfähle)

Des Weiteren kann innerhalb eines Elementtyps noch nach der Ansatzfunktion unterschieden werden, d.h. nach der Art der Interpolation zwischen den Knoten. Bei der Wahl der Vernetzungsdichte (Knotenpunktabstand) müssen zwei konkurrierenden Forderungen beachtet werden:

Vernetzungsgrad , damit höhere Genauigkeit und bessere Auflösung

Vernetzungsgrad , um Rechenzeiten und Speicherbedarf zu minimieren

Für die Vernetzung gelten folgende praktische Regeln: Mehrere Elemente niedriger Ordnung (lineare Ansatzfunktion) bringen

äquivalente Werte wie wenige Elemente höherer Ordnung (nicht lineare Ansatzfunktion)

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höhere Netzfeinheit ist da erforderlich, wo hohe Spannungs- bzw. Deformationsgradienten erwartet werden, d.h. z.B. an freien Oberflächen, Gebieten mit hohen Steifigkeitskontrasten, Gebieten mit Ausbau- und Sicherungselementen, Gebieten mit Lasteinträgen

Elemente möglichst äquidistant gestalten, d. h. Verhältnis maximale zu minimale Kantenlänge < 10

Elemente möglichst nach erwarteten Spannungstrajektorien ausrichten Übergang zwischen groben und feinen Netzbereichen möglichst ohne

Sprünge (allmählicher Übergang)

Vernetzungstechniken: Die Vernetzung im weiteren Sinne umfasst zwei Etappen: die Geometrieerstellung und die eigentliche Vernetzung (Füllen des Körpers mit Elementen). Man unterscheidet prinzipiell zwischen:

„free meshing“: unstrukturiertes Netz, das lediglich allgemeine Kriterien erfüllt

(z.B. Kantenlänge vorgegebener Wert) „mapped meshing“: strukturiertes, z.B. an der Objektgeometrie oder den vermuteten Spannungstrajektorien ausgerichtetes Netz

Zur Netzgenerierung sind folgende Techniken gebräuchlich:

Erzeugung der Geometrie (z. B. CAD-basiert mit Boolscher Algebra) und nachfolgend automatische Vernetzung als ‚free’ oder ‚mapped meshing’

Konstruktion über mit Elementen gefüllte Basiskörper Verzerrung eines Basisnetzes bzw. dessen Erweiterung durch Kopieren/Spiegeln Aufbau des Modells aus importierten Punkt- und Elementkoordinaten

Während eine 2D-Vernetzung heutzutage mit verschiedensten Techniken relativ problemlos, schnell und nahezu vollautomatisch erfolgen kann, ist die 3D-Vernetzung, insbesondere mit hochwertigen Quaderelementen und komplizierter Geometrie, wie beispielsweise einer Tunnelverschneidung, immer noch schwierig und zeitaufwändig. Für 3D-Modelle wird meist folgender Ablauf gewählt:

Erzeugung der Geometrie in einem CAD-Programm Export der CAD-Geometrie in ein Standardformat (z.B. IGES, STEP, STL etc.) Import der CAD-Geometrie in ein Vernetzungstool und Durchführung der

Vernetzung sowie Auslesen in ein für das Numerik-Tool lesbares Format Einlesen der Vernetzungsstruktur inkl. Zusatzinfos in das Numerik-Tool

Die folgenden Abbildungen zeigen exemplarisch einige Vernetzungstechniken.

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Abb. 2: Mit Elementen gefüllte Basiskörper, die mit weiteren zu einem Gesamtmodell zusammengesetzt werden können (‚LEGO-Baukasten-System‘)

Abb. 3: Zusammenbau von Teilnetzen durch Verbinden und Spiegeln

Abb. 4: Erzeugung des finales Netz durch Beschneiden, Deformation und partielles Löschen eines Ausgangsnetzes

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Abb. 5: Erzeugung des finalen Netzes durch sukzessive Geometrieadaption und Netzverfeinerung

Modellgröße: Das Verhältnis Modellgröße (Außenabmessungen des numerischen Netzes) zur Objektgröße (z.B. Hohlraumdimension) spielt für die korrekte Berechnung eine große Rolle. Hier gilt es, ein Optimum aus 2 konkurrierenden Forderungen zu finden:

möglichst großes Verhältnis Modellgröße / Objektgröße, um Randeinflüsse zu minimieren.

möglichst kleines Verhältnis Modellgröße / Objektgröße, um Rechenzeiten und Speicherkapazitäten zu minimieren.

Ein zweiter, insbesondere für elastische und einfachere elasto-plastische Berechnungen bedeutender Aspekt ist die Abhängigkeit der Setzungen und Hebungen von der Modellgröße. Bei großen Modellabmessungen kommt es dabei zu unrealistischen Verschiebungsgrößen. Bei rein elastischer Berechnung sind Setzungen und Hebungen eine Funktion der Modellgröße (Widerspruch mit Praxis!). Abhilfe schaffen können komplexere Stoffgesetze oder die Annahme erhöhter E-Moduli in ausreichender Entfernung vom Objekt.

Kontinuum versus Diskontinuum - Maßstabseffekt: Defacto sind die meisten Geo- und Baumaterialien auf einer bestimmten Skala, d.h. bei bestimmter Auflösung bzw. einem bestimmten Maßstab Diskontinua: z.B. Sand oder Kies in Form der Sandkörner oder geklüfteter Fels in Form der Kluftkörper – aber auch geotechnische Konstruktionen wie z.B. die Verbundkonstruktionen Tunnelschale/Gebirge, Spundwand/ Boden, Anker/Gebirge oder Geotextil/Boden. Ob man diese realen Diskontinua modelltechnisch, d.h. im numerischen Modell, als Diskontinua oder Kontinua abbildet, hängt von 3 Faktoren ab:

Verhältnis des Repräsentativen Elementarvolumens (REV) zum Gesamtvolumen Aufgabenstellung (interessierende Phänomene) Verfügbarkeit der Software

REV bezeichnet dabei das kleinste Volumen, aus dem Messungen, Parameter bzw. Reaktionen entnommen werden können, die repräsentativ für den Gesamtkörper sind.

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In Bezug auf Diskontinua bedeutet dies: das REV ist das kleinste kontinuums-mechanische Volumen, welches statistisch äquivalent zum realen Diskontinuum ist. Abbildung 6 zeigt den Verlauf von 2 Eigenschaften npm und nfr als Funktion des betrachteten Volumens. Man erkennt, dass mit zunehmendem Volumen die Schwankungsbreite der Eigenschaft (z.B. Festigkeitskennwert, Deformationsmodul, Permeabilität etc.) abnimmt und sich einem repräsentativen (nahezu konstanten) Wert nähert. Ab einem bestimmten Volumen Vmin, welches das REV darstellt, ändert sich der Materialwert über einen größeren Volumenbereich bis Vmax praktisch nicht mehr. Wie Abbildung 6 auch zeigt, kann der Bereich Vmin - Vmax für verschiedene Eigenschaften durchaus unterschiedlich sein. In diesem Fall wäre der Bereich Rfp als repräsentatives Volumen anzusehen.

Abb. 6: Darstellung des Verlaufs von Parametern als Funktion des betrachteten Volumens (Maßstabseffekt).

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Intensiv geklüftetes Gebirge

Viele Kluftscharen

Zwei Kluftscharen

Einzelne Kluftschar

Intaktes Gestein

Abb. 7: Zusammenhang zwischen Struktur und betrachtetem Volumen am Beispiel des Gebirges/Felses (Maßstabseffekt). Je nach betrachtetem Volumen stellt sich die Gebirgsstruktur unterschiedlich dar. Demzufolge sind auch unterschiedliche Modellierungstechniken zu empfehlen (siehe auch Abb. 7). Im Falle eines sehr kleinen Volumens ist es möglich, dass nur intaktes Gestein vorliegt und somit ein klassischer kontinuumsmechanischer Ansatz mit gesteinsmechanischen Parametern empfehlenswert ist. Bei einem größeren Volumen trifft man einzelne Kluftscharen an, die man am besten mit einem diskontinuumsmechanischem Ansatz (z.B. mittels Diskrete Elemente Methode) darstellt, wobei der Gesteinsmatrix und den Diskontinuitäten explizit unterschiedliche Parametersätze zugeordnet werden. Wenn sehr viele Kluftscharen bzw. intensiv geklüftetes Gebirge vorliegt, so ist es sinnvoll, wiederum zu einem kontinuumsmechanischen Ansatz zurückzukehren, wobei jetzt die Wirkung der Diskontinuitäten nicht mehr diskret, sondern ‚verschmiert‘ mittels reduzierter Festigkeits- und Steifigkeitsparameter abgebildet wird. Der Maßstabseffekt spielt insbesondere beim Gebirge/Fels eine entscheidende Rolle und ist bei der Parameterisierung der Materialgesetze zu beachten, wobei die Gebirgsklassifikationen in folgender Weise genutzt werden können:

Bestimmung gesteinsmechanischer Kennwerte im Labor Ingenieurgeologische Aufnahme (Kernansprache, Kluftstatistik etc.) Durchführung der Gebirgsklassifizierung (z.B. RMR, Q, GSI, RQD) auf Basis der

ingenieurgeologischen Aufnahme und der gesteinsmechanischen Parameter Ableitung von Gebirgsparametern für entsprechende Materialgesetze (z.B. Hoek-

Brown, Mohr-Coulomb etc.) auf Basis der Gebirgsklassifizierung

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2D versus 3D: Vor jeder Modellerstellung sind zwei Fragen zu beantworten:

Muss die Berechnung in 3D erfolgen, oder ist eine 2D-Betrachtung zulässig? Gibt es Symmetrielinien oder –ebenen, die eine Modellreduktion erlauben?

Eine 3D-Modellierung ist immer dann erforderlich, wenn

das Streichen der geologischen Elemente (Schichten, Klüfte …) nicht mit der Längsachse der geotechnischen Konstruktion zusammenfällt

die Achsen der Materialanisotropie nicht mit den Achsen der geotechnischen Konstruktion zusammenfallen

die Richtungen der Hauptspannungen weder parallel noch senkrecht zu den Achsen der geotechnischen Konstruktion ausgerichtet sind

die Abmaße der geotechnischen Konstruktion bzw. des geologischen Körpers in den drei Raumrichtungen in etwa gleich groß sind

sich mehrere Bauwerkskomponenten schneiden (z. B. Tunnelkreuzung) angreifende Größen (Kräfte, Geschwindigkeiten ….) Komponenten in allen drei

Raumrichtungen berühren Wenn Symmetriebedingungen erfüllt sind, so lassen sich Modelle auf die Hälfte, ein Viertel oder gar von 3D auf 2D (Rotationssymmetrie) vereinfachen. Allerdings muss beachtet werden, dass sich die Symmetriebedingungen auf mehrere Aspekte beziehen, die alle gleichzeitig erfüllt sein müssen:

Symmetrie bezüglich der Geometrie Symmetrie bezüglich des Spannungszustandes Symmetrie bezüglich des Materialgesetzes (Ebenen der Anisotropie,

Orientierung der Klüfte etc.) Symmetrie bezüglich der Modellierungssequenz (Baufortschritt, Aushubsphasen,

Sicherungsphasen etc.) Symmetrie bezüglich der Randbedingungen Symmetrie bezüglich der Ausbau- und Sicherungsmaßnahmen (Anker, Schalen,

Spritzbeton, Streben etc.) Symmetrie bezüglich der Kopplungen (hydraulisch und thermisch)

Abbildung 8 illustriert mögliche Modellreduktionen auf Basis rein geometrischer Betrachtungen, wie sie beispielweise für eine Schacht- , Tunnel- oder Bohrlochproblematik bzw. eine Baugrube oder einen Graben Anwendung finden könnte.

Abb. 8: Exemplarische Beispiele für Modellreduktionen aufgrund von geometrischen Symmetriebedingungen (Vollmodell, Halbmodell und Viertelmodell)

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Besonderheiten bei Simulation dynamischer Prozesse: Die Simulation hochdynamischer Prozesse beinhaltet die Wellenausbreitung und erfordert die Beachtung von vier wesentlichen Aspekten.

Zur sauberen Abbildung der Wellenbewegung muss der maximale

Knotenpunktabstand hp,s deutlich kleiner als die Wellenlänge p,s sein, d. h.

f

11

1E

f

c1010h S

PP

f

G

f

c1010h S

SS

hP: maximaler Knotenpunktabstand für P-Welle (Longitudinalwelle bzw. Kompressionswelle) hS: maximaler Knotenpunktabstand für S-Welle (Transversalwelle bzw. Scherwelle) cp: Ausbreitungsgeschwindigkeit P-Welle cs: Ausbreitungsgeschwindigkeit S-Welle f: Frequenz E: E-Modul

: Querdehnungszahl

Die Modellränder müssen aus dynamischer Sicht so gestaltet werden, dass Reflexionen weitestgehend vermieden werden (Aufbringen von reflexionsarmen Randbedingungen).

Dynamische Festigkeiten sind in der Regel höher als statisch ermittelte (bis ca.

1,5-fach). Deshalb sind die Festigkeitsparameter anzupassen.

Der Algorithmus muss eine physikalisch korrekte Dämpfung der Wellenausbreitung beinhalten. Häufig verwendete Algorithmen sind:

o massenproportionale Dämpfung o steifigkeitsproportionale Dämpfung o lokale Dämpfung o Rayleigh-Dämpfung

Das Dämpfungsverhalten kann zutreffend über den seismischen Gütefaktor Q beschrieben werden. Der seismische Gütefaktor selbst ist frequenzunabhängig, bewirkt aber eine zunehmende Dämpfung mit ansteigender Frequenz, so wie sie für Geomaterialien charakteristisch ist. Deshalb sind frequenzunabhängige Dämpfungsalgorithmen gemäß Q zu bevorzugen. Diesem Anspruch wird die lokale Dämpfung und über einen weiten Frequenzbereich die sehr populäre Rayleigh-Dämpfung gerecht (siehe Abb. 9).

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massenproportional

Steifigkeitsproportional

Rayleigh

lokal

Frequenz

Dämpfung

Abb. 9: Dämpfungsverhalten verschiedener Dämpfungsalgorithmen als Funktion der Frequenz Die wesentliche praktische Konsequenz ist, dass dynamische Berechnungen i.d.R. ein wesentlich feineres Netz als statische Berechnungen benötigen und die Rechenzeiten deutlich ansteigen. Weiterhin ist es oft nötig, die dynamischen Anregungssignale so zu filtern, dass unzulässig hohe Frequenzen unterdrückt werden.

Netzabhängigkeit im Nachbruchbereich: Das Nachbruchverhalten ist durch die so genannte „Lokalisierung“ charakterisiert. Lokalisierung bedeutet die zunehmende Fokussierung (Akkumulation) von Mikrobrüchen in einer makroskopischen Bruchebene. Dieser Prozess kann numerisch durch das so gennannte ‚strain softening‘ abgebildet werden, wird aber stark von der Netzstruktur beeinflusst, d.h., das Spannungs-Deformationsverhalten im Nachbruch-bereich wird stark von der Netzfeinheit beeinflusst. Zur Lösung dieses unbefriedigenden Zustandes gibt es prinzipiell 3 Lösungen.

Kalibrierung an einer fixen Netzstruktur (diese muss in allen Modellen unverändert bleiben)

Adaptives Re-meshing im aktiven Bruchbereich (Netzverfeinerung) Erweiterung des Materialgesetzes durch eine interne Skalierungsgröße

a b c da, b, c

, d

Abb. 9: Spannungs-Deformations-Verhalten mit strain-softening und unterschiedlich feiner Vernetzung a,b,c und d ohne Korrekturmaßnahmen zum Netzeinfluss

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Parallelisierung: Da große numerische Modelle extreme Rechenzeiten beanspruchen (Tage bis Wochen), lohnt eine Parallelisierung (= Einsatz mehrere Prozessoren). Die Parallelisierung kann auf verschiedene Weise erfolgen, z. B. mittels Hyper-und Multi-threading oder physische Aufteilung des Modells auf Prozessoren (dies können im einfachsten Fall mehrere Prozessoren auf einem Rechnerboard sein, aber auch miteinander im Netzwerk verbundenen Rechner bzw. Cluster). Dabei steigt die Rechengeschwindigkeit allerdings nicht linear mit der Anzahl der Prozessoren, sondern folgt dem Amdahl’schen Gesetz:

N

ff

1S

ps

m

wobei Sm Geschwindigkeitszuwachs N Anzahl der Prozessoren fp Anteil parallelisierter Code fs Anteil serieller Code Es gilt fs + fp = 1, wobei fp < 1, da zumindest die Kommunikation zwischen den Prozessoren in serieller Weise realisiert werden muss. Abbildung 10 illustriert das Amdahl’sche Gesetz.

S

N

m

Abb. 10: Amdahl’sches Gesetz: Rechengeschwindigkeitszuwachs als Funktion der Anzahl der Prozessoren

Um die Effizienz einer Parallelisierung zu bewerten, kann man ein Effizienzmaß definieren (siehe Abb. 11):

n

s

TN

T

wobei Ts Berechnungszeit bei 1 Prozessor Tn Berechnungszeit bei N Prozessoren N Anzahl der Prozessoren

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1

N

Anzahl der Zonen

Abb. 11: Recheneffizienz η als Funktion der Anzahl der Prozessoren N und der Elementanzahl Die Effizienz der Parallelisierung steigt mit zunehmender Anzahl der Elemente und sinkt mit zunehmender Anzahl der Prozessoren.

Wichtige Begriffe:

Verifikation (verifizieren = wahrmachen) Prüfung auf Korrektur: Prozess der Überprüfung der korrekten rechentechnischen Umsetzung des konzeptionellen Modells (meist durch Vergleich mit analytischen Lösungen oder geprüften numerischen Lösungen – oft auch „Benchmarks“ genannt).

Validierung (validieren = gültig machen) Prüfung auf Funktionalität: Prozess zur Ermittlung, in welchem Grad das zugrunde gelegte Modell die Realität unter dem gewählten Blickwinkel richtig widerspiegelt (meist realisiert durch Vergleiche mit Beobachtungen und Messungen im Feld und Labor).

Realität

KonzeptionellesModell

NumerischesModell

Programmierung

Sim

ula

tion

Analyse

ModellValidierung

ModellVerifizierung

Abb. 12: Rolle der Verifizierung und Validierung im Rahmen von Simulation und Softwareentwicklung

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Kalibrierung (Eichung): Prozess der Justierung der Modellparameter, sodass gemessene Werte exakt reproduziert werden. Dies setzt erfolgreiche Verifizierung und Validierung voraus. Erreicht wird die Kalibrierung entweder durch trial-and-error-Verfahren, durch mathematische Parameteridentifikation auf Basis von in-situ oder Labormesswerten oder durch Opimierung. Sensitivitätsanalyse: Untersucht die Sensitivität der Systemantwort (Modell-output) als Funktion variierender Eingangsparameter. Sie kann in Form einer Parameterstudie oder mathematisch anspruchsvoller als „stochastic sampling“ mit statistischer Auswertung erfolgen. Parameterstudien: Das Modell wird mit verschiedenen Parametersätzen berechnet und die Modellantwort als Funktion dieser Daten ausgewertet. Unsicherheitsanalyse: Probabilistische Modellierung zur Ermittlung des Einflusses der Unschärfe (Unsicherheit, Schwankungsbreite, Verteilungsfunktion) der Eingangsparameter auf die Modellantwort. Robustheitsanalyse: Probabilistische Modellierung zur Ermittlung der Robustheit (Stabilität) einer Modellantwort als Funktion schwankender Eingangswerte. Zuverlässigkeitsanalyse: Die Zuverlässigkeitsanalyse untersucht die Grenzüberschreitungen des System-verhaltens, sprich das Versagen. Die Versagenswahrscheinlichkeit ist der Quotient aus der Anzahl von Modellrechnungen mit Versagen zur Gesamtzahl der Modellrechnungen.