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Gut aufgestellte Teambildung: Bestsellerautor Reinhard Sprenger im SIU-Gespräch Seite 4 www.siu.ch 3/2008 UP Die Schweizer Weiterbildung im Detailhandel Aline Iosca, Logistikleiterin Coop@home Selbstbestimmung statt Motivations- floskeln Erfolgreiche Teambildung: Prof. Rico Baldegger zu Tops und Flops Seite 8 Anspruchsvolle Teambildung: Erfolgstorys aus dem Berner Oberland Seite 6

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Gut aufgestellte Teambildung:Bestseller autor ReinhardSprenger im SIU-GesprächSeite 4

www.siu.ch 3 /2008

UP Die Schweizer Weiterbildung im Detailhandel

Aline Iosca, Logistikleiterin Coop@home

Selbstbestimmungstatt Motivations -floskelnErfolgreiche Teambildung:

Prof. Rico Baldegger zu Topsund Flops Seite 8

Anspruchsvolle Teambildung:Erfolgstorys aus dem BernerOberland Seite 6

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02 PROLOG

03 EDITORIAL

04 INTERVIEWReinhard K. SprengerZusammenarbeit ergibt sich nichtvon selbst

06 REPORTAGEAndré Troxler, LenkWenn die Saisonstelle zurpersönlichen Destination wird

07 REPORTAGEKirchhofer, InterlakenMultikulturelle Teambildung

08 BACKGROUNDRico BaldeggerGibt es so etwas wie Erfolgsgaranten?

10 PORTRÄTAline IoscaDer Schlüssel zur Motivation

12 KOLUMNEVorsicht vor Bob Clubs

13 INPUT / CHECKLISTEBreit abgestützte Teambildung

14 INPUT /GLOSSARMenschen, Teams und Motivierung

15 SIU-POWERExtremsportler Martin Jakob

PROLOGINHALT

«Ein schlechter Manager macht immer gleiche Fehler, ein guter immer neue», sagt Best -sellerautor Reinhard K. Sprenger. Wie und was können wir aus Fehlern und Niederlagenlernen? Lieber einmal zünftig hinfallen, als immer nur fast. Von Thomas Tobler.

Fehlermanagement

Fehler unddie Lehren daraus

Das Finalspiel der Euro 08 verfolgten dieSchweizer Fussballer irgendwo in den

Ferien. Sie schieden bereits in der Vorrundeaus. Dabei hatten sie vor, an diesem Abendin Wien den Pokal zu gewinnen. Zu hoheZiele? Dumm gelaufen, schlecht gespieltoder an den eigenen Mitteln und Mög lich -keiten gescheitert? Man werde nicht nur mitspielerischen Mitteln Meister, soll OttmarHitzfeld, der neue Chef der Schweizer Nati,einmal gesagt haben.

Aus Niederlagen lernenWas unterscheidet erfolglose von erfolgrei-chen Teams? Auch hier ist ein Blick auf dieEuro 08 interessant. Im Schweizer Lagerwar man trotz des Ausscheidens gross-mehrheitlich «stolz auf die gezeigteLeistung und den bewiesenen Charakter».Spielt der tatsächliche Erfolg nur eineNebenrolle? Trotzig wurde erklärte, dassman «trotz Feldüberlegenheit unglücklichverloren» habe. Warum ist man trotzdemausgeschieden? Davon war kaum etwas zuhören. Lieber gängelte man die ungenü-genden Schiedsrichter und das zu passivePublikum. Klar doch, Schiris und Fans soll-ten lieber Tore schiessen, statt zu pfeifen undbloss herumzusitzen.

«Zur Kunst des Verlierens gehört es, dieUrsachen für die Niederlage bei sich undnicht bei den Umständen zu suchen.»Darum gehe es, sagt Reinhard K. Sprenger(vgl. Interview und Buchtipp auf Seiten 4und 5), wenn man aus Niederlagen etwaslernen wolle, das man nur aus Niederlagen

lernen könne. Noch einmal der Blick zurückauf die Euro 08: Für die Holländer war dasAusscheiden nach tollen Vorrundenspielenspeziell bitter. Trotzdem kaum Spuren vonSelbstmitleid und schönfärbenden Recht -fertigungen. Trainer Marco van Basten: «Wirhaben unsere Chancen nicht genutzt undhatten physische Probleme.» Und Spiel -macher Rafael van der Vaart: «Wir habenuns gut vorbereitet, doch die Russen habenwirklich eine gute Mannschaft. Wir habenverdient verloren.» Auch das deutscheRiesentalent Phillip Lahm war sich nach ver-lorener Finalschlacht nicht zu schade, selbst-kritisch ins Mikrofon zu sagen, er habe«ordentlich gespielt, aber leider nicht mehr»und das sei zu wenig gewesen. «Ich kann mitmeiner Leistung nicht zufrieden sein.» Undsein Trainer, Jogi Löw: «Diese Niederlagewird für uns Ansporn sein, die nächsten zweiJahre an einigen Dingen weiter zu arbeitenund einiges zu verbessern, damit wir zurWM kommen und dort eine ähnlich guteRolle spielen wie hier.»

Ob auf dem Fussballrasen oder in derWirtschaft: Man kann und wird immer wie-der verlieren und Fehler machen. Das istunvermeidlich. Die Frage ist bloss, wie mandamit umgeht. Reinhard K. Sprenger: «Es istwissenschaftlich schon lange bewiesen, dassUnternehmen mit gutem Fehlermanagementprofitabler sind als andere.»

Potenziale freisetzen!Bei Problemen ziehen Fussballer unglückli-che Tore, Schiedsrichter, Rasen und Gegner

2 UP 03/2008

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für ihre Probleme zur Verantwortung, imHan del sind es Konjunktur, Gesetze,schlech tes Wetter und sowieso die grossen,meist unfairen Konkurrenten. Unbill ent-steht fast nie im eigenen Geschäft, es wirdvon aussen herein getragen. Im Laden desklagenden Detaillisten erhält man oft einanderes, völlig hausgemachtes Ursachen -bild: Mangelnde Kundennähe, diffuse An -ge bote und Präsen tationen, triste Lange -weile und ein Stim mungs barometer aufdem Null punkt.

An einem Kaderseminar stellte ich kürzlichdie simple Frage: «Was denken Sie, könnenwir bis Ende Jahr den Gesamtumsatz um5% erhöhen?» Klar, dass ich damit Kopf -

schütteln und empörte Kommentare ernte-te. Nicht verwunderlich, in Zeiten, in denender Mehrumsatz oft hinter der Kommastelledümpelt, wenn überhaupt. Ganz anders dieReaktionen auf meine Schlussfrage nacheinem intensiven Arbeitstag: «Was denkenSie, ist es in Ihrem ganz persönlichenEinflussbereich möglich, eine fünfprozenti-ge Umsatzsteigerung zu bewirken?»Praktisch alle stimmten zu. Warum wurdeauf Unternehmensebene verneint, was imeigenen Arbeitsumfeld eigentlich möglichist? Wir sind der Sache gemeinsam auf denGrund gegangen. Fazit: Es war die Angstvor nicht erreichten Zielen und mögli-chen Fehlern und die Furcht vorSanktionen. Dort galt es in der Folge an -zusetzen. Lösungsansätze und Denk an -stös se dazu finden Sie in diesem Heft.Das Gute daran: Für Risiken und Neben -wirkungen brauchen Sie weder IhrenArzt noch Apotheker zu konsultieren.Ihr gesunder Menschenverstand reichtvollauf. �

[email protected]

EDITORIAL

Warum sind Teams erfolgreich?Im Sport wie in der Wirtschaft werdenerfolgreiche Teams benötigt. Was unter-scheidet Spitzenteams von guten, soli-den Teams und was sind die Beding -ungen dafür? Diesen Fragen ist einFor scherteam um Professor WolfgangJenewein der Universität St.Gallenminutiös nachgegangen. Es hat sich inDreamteams wie jenen von Alinghi,Sauber und bei der Deutschen Fussball-Nationalmannschaft umgesehen undderen Führungs prin zi pien und Erfolgs -geheimnisse durchleuchtet. Dabei ka mendie Wissenschaftler zum Schluss, dass esfür den Erfolg eine kompromisslosePersonalauswahl, die erfolgreiche Klä rungder Rollen und Teamstrukturen und ver-bindliche Regeln braucht. Ausserdemmüssen die Ziele und Kräfte kontinuier-lich auf die Erbringung von Höchst leis -tungen gerichtet werden.

Die Forschergruppe hat die Erfolgs fak to -ren aus dem Sport mit denen der Wirt -schaft verglichen. Ihr Fazit: Die Er fah -rungen aus dem Sportbereich sind ohneweiteres auf die betriebliche Praxis in derWirtschaft anwendbar. Mehr dazu undviele weitere Denkansätze und Lösungs -vorschläge aus der Praxis gibt’s in diesemHeft.

Attilia ChiaviGeschäftsleiterin SIU im Detailhandel

[email protected]

Fehler-Management– Fehler vermeiden– Ursachen beheben, nicht Schuldigesuchen

– Fehler als Lernchancen nutzenReinhard K. Sprenger

Buch-TippHighperformance TeamsWolfgang Jenewein und Marcus Heidbrink –Die fünf Erfolgsprinzipien für Führung und ZusammenarbeitSchäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart, 2008, CHF 62.–,191 Seiten, ISBN: 3-7910-2293-8

Dreamteams – was Spitzenteams einfach besser machenWas unterscheidet durchschnittliche Teams von denen, die dasAussergewöhnliche schaffen? Was zeichnet gute Teamführung aus? Und

wie lässt sich das berühmte letzte Quäntchen Energie, das für Höchstleistungen erforderlich ist,mobilisieren? Anhand von fünf Erfolgsprinzipien zeigen die Autoren, wie Teamführung aufhöchstem Niveau praktiziert werden kann. Beispiele von Dreamteams aus Wirtschaft undSport zeigen den Weg an die Spitze. Mit dabei auch das DFB-WM-Team 2006. Dr. Wolfgang Jenewein ist Managing Director des Executive MBA an der UniversitätSt.Gallen sowie Dozent für Leadership und Entrepreneurship an den Universitäten St.Gallen,Innsbruck und Toronto. Er berät zahlreiche internationale Konzerne in den BereichenFührung und Personalmanagement. Dr. Marcus Heidbrink ist Diplom-Psychologe undGeschäftsführer der Heidbrink Unternehmensberatung in Köln und arbeitet als Dozent fürFührung und Persönlichkeitsentwicklung an der Universität St.Gallen.

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UP: Herr Sprenger, in Ihrem neustenBuch sagen Sie, dass es sich kaum aus-halten liesse, wenn man dauerndHöhepunkte hätte. Was motiviert Sie,trotz Ihren Erfolgen und Höhenflügenselber immer wieder zu neuenSturmläufen auf Bestsellerlisten undRednerpulte anzusetzen?

DR. REINHARD K. SPRENGER: Dieehrlichste Antwort lautet: Mir fällt nichtsBesseres ein! Ich arbeite einfach gerne undhabe noch nichts gefunden, was michmehr reizt.

Sollten wir Sie für diese Leistung loben?Auch in mir steckt das Kind, das sich überLob freut. Aber ich hatte genug Zeit zumErwachsenwerden.

Wer sich wie Sie pointiert exponiert,eckt zwangsläufig an und ruft Kritikerauf den Plan. Wie gehen Sie selber mitKritik um?Heute anders als früher. Ich bin heute derAuffassung, dass eine gegenteilige Meinungebenso gültig ist. Man kann die Dingeeben auch anders sehen. Davon gibt es fürmich nur eine Ausnahme: Freiheit. Undzwar die «kleine» Freiheit als Abwesenheitvon Zwang.

Wo positionieren Sie Lob und Kritik inder Mitarbeiterführung?Wer Mitarbeiter zu Kindern machen will,kritisiert und lobt. Er bekommt dann ebenauch Infantilität und Anpassung. Selbst -

INTERVIEW

Reinhard K. Sprenger ist kein Mann der leisen Töne: «Ein Manager ist gut beraten, sich selbst als demotivierenden Faktor nichtaus dem Auge zu verlieren.» Seine provozierenden Thesen mögen da und dort anecken und verärgern, bedenkenswert und unge-mein anregend sind sie allemal. Zum Beispiel beim selbstkritischen Hinterfragen der eigenen Führungsleistung.

Bestsellerautor und Managementberater Dr. Reinhard K. Sprenger im UP-Gespräch

Zusammenarbeit ergibt sichnicht von selbst

verantwortung und Innovation wird manin einem solchen Umfeld nicht finden.

In diesen Bereichen liegen klare Füh rungs -defizite. Können diese einfach materiellüber Gehalt und Incentives quasi abgegol-ten werden?Zum Thema Motivation gibt es nun einen

wissenswerten Gedanken: Jeder geht da hin,wo er sich wahrgenommen fühlt. Auch dasGehalt ist ein Ausdruck dieser Wert -schätzung. Incentives sind das Gegen teil.

Bis zu welchem Punkt motiviert der Lohn?Den Punkt, von dem Sie sprechen, gibt esnicht. Selbst wenn es ihn gäbe, läge er bei

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«Wenn Mitarbeiter in Befragungen sagen, in unserer Firma wird zuweniggelobt, dann meinen sie damit eigentlich ein Defizit an Wärme, an Kontakt»sagt Reinhard K. Sprenger.

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Zeit. Und die verbringen die meisten Füh -rungskräfte eben lieber mit Sach auf gaben.

Erfolgreiche Fussballer und Trainer ler-nen aus den Fehlern, wie in Ihrem Buchanschaulich dargestellt. Was hindert dieFührungsleute eigentlich daran, aus ihrenFehlern zu lernen?Weil sie sich Fehler selten selbst zurechnen.Das so genannte «beste Selbst» in jedemMenschen wehrt sich beharrlich gegenTrübungen. Die Lektionen, die in jedemFehler stecken, werden dann jedoch auchnicht genutzt: Das Lernen und die Demut.

Was heisst Führung für Sie und welcheVoraussetzungen muss sie erfüllen?Der Kern von Führung ist die Förderung derLeistung und der Lebensqualität der Mit -arbeiter. Ohne eine Beziehung, die von Ver -trauen geprägt ist, wird das nicht gelingen.

Wie entsteht Motivation und was kön-nen Führungsleute tatsächlich dazu bei-tragen?Der legendäre Fussballtrainer GiovanniTrappattoni hat das Wesentliche dazugesagt: Ein Trainer kann ein Team zu 10Prozent besser machen, aber zu 50 Prozent

schlechter. Das gilt auch für das Mana -gement. Es ist gut beraten, sich selbst alsdemotivierender Faktor nicht aus demAuge zu verlieren.

Was macht ein gutes Team aus und wielassen sich gute Teams bilden?Zusammenarbeit ergibt sich nicht vonselbst. Dazu muss man zunächst Leute ein-stellen, die gerne mit anderen zusammenar-beiten und das auch können. Dann ist etwaswichtig, was uns die Anthropologie sagt:Was uns wirklich und auf natürliche Weisezusammenführt, das sind gemeinsameProbleme. Probleme, die wir nur ge meinsamlösen können. Zusammen ar beit erwächstaus der Verständigung darüber. Ziele sinddafür nur ein schwacher Ersatz. �

www.campus.dewww.sprenger.com

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den Einkommensmaximierern ganz woan-ders als bei den wirklichen «Künstlern»,denen Geld wenig, Applaus alles bedeutet.Langfristige und stabile Motivationkommt von innen und aus der Freude ander Aufgabe.

Auf welche typischen Fehler im Füh -rungs verhalten stossen Sie immer wieder? Man könnte es das Schachfiguren-Para dig manennen. Mitarbeiter werden als willenloseund hin und her zu schiebende Schach -figuren betrachtet. Zu ihnen hat man einausgesprochen «instrumentelles» Verhält nis.Eine Leistungspartnerschaft auf Augen höheist leider immer noch selten. Aber es gibt sie.

Wo orten Sie in diesem Zusammenhangdie hauptsächlichen Fallstricke und Off -side-Fallen?Wer einem Mitarbeiter häufiger in dieAugen schaut, muss ihm weniger auf dieFinger sehen. Aber dafür ist ein Preis fällig:

«Wer Mitarbeitendezu Kindern machen will,kritisiert und lobt.»

Kurzporträt und Buch-TippDr. Reinhard K. Sprenger (54) gilt im deutschsprachigen Raum als einer der einflussreichsten Beraterfür Personal- und Managemententwicklung. «Wenn ein Managementberater in den letzten Jahrenwirklich etwas bewegt hat, dann ist das Reinhard Sprenger.» (Neue Zürcher Zeitung) Der promovier-te Philosoph lebt in Zürich und Santa Fe (USA). Er ist Lehrbeauftragter an verschiedenen Uni ver si -täten und Bestsellerautor. Seine Bücher haben Kultstatus und erzielen Rekordauflagen.

Was kann eine Führungskraft von Hitzfeld und Co. lernen?Viel, meint Managementdenker Sprenger und zieht spannende Parallelen zwischen dem Profifussball unddem Alltag in Unternehmen. In seinem neusten Buch (siehe unten) öffnet er für seine Leserinnen und Leser

die «Trickkisten» prominenter Fussballer und Trainerlegenden. Gekonnt führt er den Ball durch die Platzhälften des Profifussballs und derUnternehmensführung. Mit satten Weitschüssen, überraschenden Hackentricks und virtuosen Dribblings deckt er Schwächen undFehlverhalten auf, lässt überholte Strategien ins Offside laufen und vergisst bei seinen schlüssigen Analysen weder das schelmischeAugenzwinkern noch die sportliche Fairness.

Reinhard K. Sprenger, Gut aufgestellt – Fussballstrategien für Manager, 2008, 222 Seiten; CHF 44.–, Campus Verlag,Frankfurt/New York, ISBN 978-3-593-38628-7

«Langfristige undstabile Motivationkommt von innen undaus der Freude ander Aufgabe.»

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Vom Kirchturm schlägt es halb vier, eswird langsam dunkel. In den festlich

geschmückten Läden hat man noch Zeit füreinen gemütlichen Schwatz, kauft letzteGeschenke ein. Noch ist es ruhig im ver-schneiten Dorf ganz hinten im Simmental.Es ist Heiligabend in der Lenk. Szenen -wechsel: Mit den eintreffenden Gästen ver-wandelt sich das beschauliche 2500-Seelen-Dorf innert Stunden in eine putzlebendigeKleinstadt mit 10000 Einwohnern. «Dannherrscht bei uns Action pur, aber auch einetolle Stimmung», freut sich André Troxler. Inseinem Sport- und den beiden Mode -geschäften haben die drei härtesten Wochendes Jahres begonnen. Auch zum Vorteil sei-nes Standorts. «Ein attraktiver Detailhandelist für unsere Gäste und Einheimischen sehrwichtig», sagt Marianne Tschanz von LenkTourismus.

Teamstärken bewusst fördernDas Troxler-Team hat sich frühzeitig für die«knallharte Zeit» fit gemacht. Unmittelbarvor dem Saisonstart ist es wie im Fussball.Für spezielle Massnahmen und Reden istjetzt nicht mehr der Moment. Alle sindbereit und wollen endlich loslegen! Die prak-tischen und mentalen Vorbereitungen sindbis Mitte Dezember abgeschlossen worden,die ruhigere Zeit vor dem Saisongeschäftkonzentriert für Teamgespräche und Schu -lungen genutzt. Dabei haben die älterenRoutiniers den Jüngeren geholfen und untersich viele Gespräche geführt. Der Dialog istfür André Troxler sehr wichtig. An denTeamsitzungen werde stark beachtet, dass es

REPORTAGE

Fachhändler, Gründer und Leiter einer Alpin-Schule, Sportcrack in vielen Disziplinen, ACS-Rettungschef: André Troxler ist einMultitalent. Davon profitieren seine drei Läden und sein Team in der Lenk im Berner Oberland. «Gegen grosse Konkurrentenim Unterland haben wir nur eine Chance, wenn wir unsere Fähigkeiten im Team voll ausschöpfen.»

Erfolgreiche Teambildung im Saisongeschäft

Wenn die Saisonstelle zurpersönlichen Destination wird

neben Organisatorischem und Fachlichemimmer auch viel Platz für Neues gebe. «Allemüssen sich mit Haut und Haar, mit eige-nen, auch verrückten Ideen einbringen. Dasbringt uns als Team weiter!» Schlaraffenlandpur? Keineswegs. «In der Teambildung darfman das Fordern nicht vergessen. Es nütztniemandem etwas, wenn man nur versprichtund palavert und keine Massnahmen ergreift,die Resultate bringen», stellt Troxler klar.

Chancen flexibel nutzen«Als Saisongeschäft können wir nicht alleMitarbeitenden das ganze Jahr behalten.»Das sei jedoch für viele attraktiv, weil sie eineSaisonstelle ideal mit anderen Lebenszielenvereinbaren können. «Die einen gehen aufReisen oder bilden sich weiter, andere sindals Tennislehrer engagiert oder arbeiten aufeinem Golfplatz.» Weil die Rekrutierungs -möglichkeiten im Berner Oberland be -schränkt sind, findet Troxler gute Leute über

Berufsverbände, im Kollegenkreis und auchüber Spontanbewerbungen. «Die Lenk ist alsDestination immer attraktiver geworden.Zudem ist unser Team gut bekannt und hateine starke Anziehungskraft.» Troxler alsDestination? Mag sein, das falle aber nie-manden in den Schoss. «Ich arbeite hartdaran und nutze die Chancen der kleinerenGeschäfte.» Dazu zählt Troxler die mitver-antwortliche, selbständige Arbeit undMitgestaltung im Einkauf, das familiäreUmfeld und die vielen gemeinsamenAktivitäten wie Fachkurse, Schneeschuh-Tage, Lawinenrettungsübungen, Bootfahrtenoder ein sackstarkes Beach-Soccer-Turnier.«Die Stimmung war so toll, dass jemandtrotz zwei gebrochenen Zehen beim Apéround Grillfeuer wieder dabei war.» �

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KurzporträtAndré Troxler (45): Lehre als Detail -handelsangestellter Sportartikel im BernerWarenhaus Loeb. Dipl. Branchen spe zia -list. «Mein Traum war schon damals, eineigenes Geschäft mit vielen eigenenSportaktivitäten zu verbinden.» Als 23-Jähriger Übernahme des Lenker Inter -sport-Geschäfts. «Ich arbeitete sehr hart,verfolgte klare Ziele und musste auf vielesverzichten, was Gleichaltrige damals hat-ten.» Umwandlung der Einzelfirma ineine AG im Herbst 2008. Troxler beschäf-tigt in seinen drei Fachgeschäften 8 Mit -arbeiter (Winter 13)www.troxler-lenk.ch

Mit voller Kraft voraus:«Wir setzen gemein-sam alles daran, um als Team zu funktio -nieren», sagt Steuermann André Troxler.

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Rund drei Viertel aller Logiernächtekommen in Interlaken von Gästen aus

Übersee. Tendenz steigend. Mehr Über-nachtungen bringen auch mehr Nachfrage,speziell aus dem fernöstlichen Raum. Gästeaus asiatischen Ländern sind wichtig, weilsie deutlich mehr ausgeben als etwaDeutsche oder Schweizer. Das weiss auchJürg Kirchhofer, Inhaber und CEO dergleichnamigen Interlakner Uhren- undBijouterie-Gruppe. Er legt grössten Wert

auf Vielsprachigkeit und Respekt vor ande-ren Kulturen. «In unseren Läden werdennicht einfach 18 verschiedene Sprachengesprochen. Wir wollen die Mentalitätenverstehen.» Nur so lasse sich eine multikul-turelle Teambildung und die wichtigeVertrauensbasis nach innen und aussen rea-lisieren. «Ein asiatischer Kunde fasst

REPORTAGE

Kulturelle Unterschiede gibt es viele: In den Erwartungshaltungen, Wahrnehmungs-, Denk- und Lernmustern, in der Kommuni ka -tion, bei Kritik und Konflikten. Wie ein Experte der multikulturellen Teambildung mit abweichenden Auffassungen, Gewohnheitenund Erwartungen umgeht, zeigt Jürg Kirchhofer in seinen weltweit renommierten Uhren- und Bijouteriegeschäften.

Multikulturelle Teambildung

«Wir wollen die verschiedenenMentalitäten gut verstehen»

schneller Vertrauen zu einer Person, dieseine Sprache spricht als zu jemandem auseinem anderen Kulturkreis.» Als sein Vatervor 30 Jahren die erste japanisch sprechen-de Verkäuferin einstellte, wurde er noch alsspleeniger Pionier belächelt…

Viel subtileres Vorgehen«Auch nach langen Jahren machen wirnoch Fehler», schmunzelt Kirchhofer underzählt von einer neu eingestellten Japa -nerin, der man jeden Tag eine Tasse Teeangeboten habe, die sie stets ablehnte. «Alswir nach 30 Tagen damit aufhörten, wolltesie gehen. Sie war überzeugt, dass wir sienicht mehr wollten.» Spannungs felder undStolpersteine wohin man blickt? Kirch hoferwinkt ab. Es gelte einfach viel subtiler vor-zugehen, abzuklären, zu erklären und vorallem: Zuhören, zuhören und noch einmalzuhören. «Ich nehme mir sehr viel Zeit fürdie Probleme und Sorgen meinerMitarbeiter und suche mit ihnen nachLösungen.» Nur ein glücklicher Mit arbei -ter könne ein erfolgreicher Mitarbeitersein, lautet sein klares Credo. Alle könnenmit dem Chef reden, der sich gern alsSchlichter zwischen den Kulturen bezeich-net, und müssen nie länger als zwei Tagedarauf warten. Es sei denn, der Chef sei aufeiner seiner vielen Promotionsreisen durchdie wichtigsten Kundenländer, wo er eige-ne Repräsentanten beschäftigt.

Mund-zu-Mund-WerbungEin Stelleninserat habe er noch nie geschal-tet. Seine Mitarbeitenden melden sich

spontan auf Grund von Empfehlungen ausdem Familien- oder Freundeskreis. Auchpflege man seit vielen Jahren enge Kon -takte zu allen wichtigen Botschaften undTourismusschulen. Zur Mund-zu-Mund-Werbung tragen, so Kirchhofer, auch dievielen Massnahmen zur Teamförderungbei. Ganz wichtig sei dabei, dass sich alleim Team für einander und für die verschie-denen Kulturen interessieren und Anteilnehmen. Diese kulturelle Durchmischungwird aktiv unterstützt durch sehr regelmässi-ge Mitarbeiteranlässe, Welcome- und Fair -well-Partys, durch gut integrierte Lands leuteals Gotte oder Götti und nicht zuletztdurch sehr persönliche Gesten, wie zumBeispiel der überraschende Besuch im Spitalmit Spezialitäten aus dem Heimatland. �

KurzporträtDie 1944 gegründete, inhabergeführteKirchhofer AG (Haupt sitz Interlaken) istseit 2 Generationen im Besitz der FamilieKirchhofer. Sie gehört zu den Branchen -leadern im CH-Uhren- und Schmuck -markt und betreibt 6 Fili alen in Inter -laken, Brienz, Grindelwald und auf demJungfraujoch (höchstgelegener Uhren la -den der Welt!). Zur Gruppe gehören: Tra -ditionshaus Grand Restau rant & CaféSchuh, Interlaken und die Res tau rant ket -te Hooters (Interlaken, Thun, Zürich).Die Gruppe beschäftigt 250 MA und pu -bliziert keine Umsatzzahlen.www.kirchhofer.com

Englisch ist die Kirchhofer-Umgangs sprache.Auch für Kham (Thailand), Pierre(Holland), Kwon (Korea) und Tsai(Taiwan). Foto zvg

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Führung von Mitarbeitenden lässt kaumjemanden unberührt. In der Führung

schlagen sich zentrale Beziehungsthemennieder wie Macht, Unterordnung, Ab häng -ig keit, Nähe und Wertschätzung. Die Wirt -schaftspraxis hat sich in den letzten Jahrenvermehrt damit auseinandergesetzt, wo beivor allem der Nutzen in der Per so nal auswahlund im Führungstraining gesehen wird.

Motivation als schillernder BegriffDie personale Führung wird massgebendbeeinflusst durch die Person der Füh rungs -kraft und ihr Führungsverhalten, durch dasVerhalten der geführten Mit arbeiter, dieTeambildung und durch die jeweiligeFührungssituation. Bei diesen Einfluss -grös sen ist in Theorie und Praxis derStellenwert der Motivation unbestritten.Über das Thema Motivation wird disku-tiert und debattiert und teilweise werdenirrationale Motivationsmethoden verherr-licht. Verschiedenste Begriffe wurden ent-wickelt, wie beispielsweise extrinsische undintrinsische Motivation oder die gelerntenMotive: Kontaktmotiv (need for affiliation),Machtmotiv (need for power) und Leis tungs -motiv (need for achievement). Nicht dieDiskussion der verschiedenen Ansätze bisins Detail ist entscheidend, sondern einzigund allein der Führungserfolg, der aufeiner teamkonformen Motivation auf baut.

Menschen ernst nehmenAus der Perspektive der Erfolgswirksamkeitbetrachtet, führt Motivation immer über dieEigenmotivation. Dabei sollte das wichtig-

BACKGROUND

Zahlreiche Studien auf der ganzen Welt zeigen immer wieder ein identisches Fazit: Beruflicher Erfolg lässt sich etwa je zur Hälfteauf Fachkompetenz und Soft Skills zurückführen. Einige davon sind echte Erfolgsgaranten. Welche das sein können und wo dieStolpersteine liegen erklärt der Fribourger Professor und SIU-Referent Rico Baldegger in seinem Artikel.

Motivation und Teambildung

Gibt es so etwas wieErfolgsgaranten?

ste Ziel nie aus den Augen verloren gehen,alle Mitarbeitenden so weit zu bringen, dassihre Eigenmotivation hoch und langfristigerhalten bleibt. Zur Eigenmotivation gehö-ren klare, realistische Ziele, eine möglichstgrosse Übereinstimmung zwischen Arbeits-und Privatleben und die Überwindunginnerer Widersprüche. Je bewusster Mit ar -bei tende ihre Arbeit ausführen, desto erfolg-reicher sind sie und können regelmässigereSpitzenleistungen erbringen.

Je nach Situation haben Mitarbeitende Hilfe -stellungen nötig und ein respektvoller un -ter stützender Umgang kann ihnen helfen,ihre Probleme zu lösen und wieder Bodenunter den Füssen zu bekommen. Somitheisst motivieren stets auch, Menschenernst nehmen.

Nicht nur eine Sache von WortenBei all dem sind die individuellen Zielenicht aus den Augen zu verlieren. Damit

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«In der Mitarbeiterführung schlagen sich zentrale Beziehungsthemen nieder wie Macht,Unterordnung, Abhängigkeit, Nähe und Wertschätzung», sagt Rico Baldegger.

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wohin man gemeinsam gehen möchteund welche Gipfel man gemeinsam errei-chen will.

Weil wir es mit Menschen zu tun habenund somit immer wieder Fehler passierenkönnen, ist es entscheidend, wie wir damitumgehen. Nicht dem einzelnen Mit arbei -ter Schwächen unter die Nase zu reiben,sondern ihn zu Fortschritten zu animierenist der Schlüssel. Dem Mitarbeiter ist viel-mehr seine Rolle zu erklären und er ist mitLob und Verstärkung vorwärts zu bringen.Laute Kritik ist grundsätzlich keine über -zeugende Motivation. Und weil sich einTeam aus unterschiedlichen Persön lich -keiten zusammensetzt, ist die mentaleMoti vation im direkten Einzelgesprächwichtig.

Die Führungskraft ist selbstverständlichauch selber gefordert, will sie Mit arbei -tende und Teams vorwärts bringen. Werselber stehen bleibt, wird fachlich nicht auf

sind nicht nur die persönlichen, sonderngenau so die übergeordneten Ziele desTeams und im weitesten Sinn auch jeneder Unternehmung angesprochen. In die-sem Umfeld sind positive Ziele zu setzen,die dem klaren Motto folgen: Nicht dieNiederlage der anderen, sondern dereigene Erfolg bringt mich und dasUnternehmen weiter. Diese Ziele sindimmer wieder zu thematisieren und wenn

immer möglich, kreativ und unerwartetmitzuteilen. Motivation ist nicht blosseine Sache von Worten! Vielmehr geht esdarum, Ziele visuell und wenn immermöglich symbolhaft zu vermitteln und sieaktiv zu verkaufen. Und es geht darum,Mitarbeitenden Bilder zu vermitteln,

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«Laute Kritik ist grund-sätzlich keine über -zeugende Motivation.»

KurzporträtProf. Dr. Rico J. Baldegger ist Professorfür Management und Entrepreneurshipan der Hochschule für Wirtschaft Frei -burg (CH) mit Studien an den Uni ver -sitäten St.Gallen und Freiburg/Schweiz.Er hat verschiedene Bücher und Artikelpubliziert und ist seit Anfang der 1990erJahre Geschäftsführer einer Firma fürUn ternehmungsentwicklung. Baldeggerist SIU-Referent in den Bereichen Ar -beits technik und Unternehmens füh -rung (Detailhandelsökonom). Sein 2007 erschienenes Standardwerk«Management / Strategie – Struktur –Kultur» richtet sich in gut verständlicherSprache an alle, die sich solide be triebs -wirtschaftliche Grundkennt nisse aneignenwollen. Es ist grundlegend für Stu die ren -de der Wirtschafts wissen schaf ten an Fach -hochschulen und Universitäten und sollFüh rungskräfte dazu inspirieren, neueWege einzuschlagen. Growth Pub li sher,Fribourg/Bern/New York, 550 Seitenmit vielen Illustrationen, ISBN 978-2-940384-00-6, CHF 95.– / EUR 60.–

Orientierung am Erfolg: Nicht die bis ins Detail gehende Diskussion der verschiedenenTheorieansätze ist massgebend, sondern einzig und allein der Führungserfolg, der aufeiner teamkonformen Motivation aufbaut.

dem neusten Stand sein und jene Fähig -keiten entwickeln können, die im tägli-chen Umgang mit den Mitarbeitendenwesentlich sind. So haben beispielsweiseSprach kenntnisse und Kenntnisse andererKultu ren eine immer wichtigere Be deu tung

bei einer aus unterschiedlichen Nationa li -täten zusammengesetzten Belegschaft. Auchin diesem Zusammenhang gilt: Wer ande-re motivieren will, darf nicht selber ste-hen bleiben und muss seine Eigenmoti -vation vorleben. �

«Nicht die Niederlageder anderen, sondernder eigene Erfolg bringtmich weiter.»

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Wir stehen mit Aline Iosca auf demgrossen Parkplatz von coop@home

in Spreitenbach. Nach einem drückendheissen Tag ziehen dunkle Gewitterwolkenauf. Es ist kurz nach 16 Uhr, die ersten der60 Lieferfahrzeuge kehren in die an der A1gelegene Logistikzentrale des Internet-Supermarkts zurück. «Mit dem hauseige-nen Lieferdienst beliefern wir ein Gebietmit 60% der Schweizer Haushalte, die rest-lichen Regionen übernimmt die SchweizerPost», erklärt uns die Leiterin Logistik -center. Pro Jahr werden um die 220000Auslie fe rungen mit einem durchschnittli-chen Einkaufswert von rund 210 Frankendirekt an die Wohnungstüre gebracht. DerOn line-Shop erreichte 2007 einen Umsatzvon 47 Mio. Franken, 16 Prozent mehr alsim Vorjahr. 2003 waren es noch knapp 11Mio. CHF.

Unterdessen giesst es wie aus Kübeln. AlineIosca unterhält sich unter dem schützen-den Vordach mit den zurückgekehrtenFahrern. Die Stimmung ist entspannt. MitInteresse hört sie den Berichten der Männerzu. Sie führe mindestens einmal pro Wochemit jedem direkt unterstellten Mit arbei -tenden ein Gespräch, wird sie uns später inihrem Büro erklären, dessen Türe für alleoffen steht. «Diese Gespräche sind wichtig,

PORTRÄT

Floskeln und Alibi-Übungen im Motivationsumfeld sind Aline Iosca ein Graus. «Als Coach muss ich die Eigenverantwortungfördern und fordern. Das ist mit Lob und Motivationsappellen allein nicht zu schaffen.» Auf einem Rundgang durch ihreArbeitswelt erklärt sie uns, auf was es ihr in der Teambildung und Mitarbeiterführung ankommt.

Aline Iosca – Leiterin Logistikcenter coop@home

Der Schlüssel zur Motivationliegt in mir selber

weil sie direkt das Bild prägen, das die Mit -ar bei tenden von mir mitnehmen.» VieleFührungs feh ler seien darauf zurückzufüh-ren, dass das so genannte «Normal -verhalten» und damit das Rückgrat der täg-lichen Arbeit zu wenig beachtet werde. Sieglaube aus eigener Erfahrung ohnehinnicht an das, was landläufig über Moti va -tion geschrieben und geredet werde.«Andere Kriterien wie etwa Authentizitätund persönliche An teil nahme sind substan-zieller», ist die erfreulich offene Kaderfrauüberzeugt. Es seien immer die Umständeund Inhalte, die mo tivieren und demoti-vieren. «Die Selbst be stim mung zulassenund fördern ist wesentlich nachhaltiger alsirgendwelche Moti vationsaktionen. AlsVorgesetzte muss ich viel mehr darauf ach-ten, nicht zu demotivieren.» Darum gehesie konsequent davon aus, dass jeder seinBestes gebe, also bereits in hohem Massmotiviert sei. Das gelte auch für sie.«Andere können mich nicht motivieren.Der Schlüs sel zu meiner Motivation liegtin mir selber, weil ich etwas gern macheund davon überzeugt bin.»

Zuwendung statt FloskelnAm späteren Nachmittag arbeiten in denweitläufigen Lagerhallen und Kühlräumennur noch wenige der 120 in der Lager -logistik Beschäftigten. Sie bereiten die ers -ten für den nächsten Tag eingegangenenBestellungen vor. Über 10000 Artikel destäglichen Bedarfs liegen in langen Regalenbereit. Darunter viele Frisch- und Tief kühl -produkte sowie rund 1000 Jahrgangs weine,

Geschenke, Bücher und Blumen, Die be -stellten Artikel werden von Hand in diePapiertaschen verpackt, die der Kunde beisich zu Hause in Empfang nehmen wird.«Wir sind eine Art elektronischer Milch -mann, der die bestellte Ware pünktlichnach Hause liefert», schmunzelt AlineIosca. Auf unserem Rundgang durch diegrossen Lagerhallen wird sie häufig inGespräche verwickelt oder sucht sie selber.Wie sie es als Vorgesetzte mit dem Lobhalte, wollen wir wissen. Das sei nicht ihr

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«Als Vorgesetzte mussich viel mehr daraufachten, nicht zu demoti-vieren.»

Die hilfsbereite Erreichbarkeit undlösungs orientierte Anleitung zur eigen -verantwortlichen Arbeit sind für AlineIosca zentrale Elemente der Mitarbeiter -führung und Teambildung.

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hielt auch nach dem Lehrabschluss an: Zu -satz lehre als Detailhandelsangestellte Plus,Be rufs matura, Lehrmeisterausweis, Weiter -bil dung zur Detailhandelsökonomin unddieses Jahr die Höhere Fachprüfung zur eidg.

dipl. Leiterin Logis tik- IT. Als 20-Jährige warsie stellvertretende Geschäfts führerin einerCoop-Filiale und ein Jahr später stellvertre-tende Geschäfts führerin des Coop Online-Super markts in Zürich mit 40 Mit ar bei -tenden, wo sie ab 2003 die logistischenPro jekte leitete. 2004 wurde sie von derGeschäftsleitung angefragt, ob sie das aufzu-bauende Logistik center in Satigny bei Genfleiten wolle. Sie sagte zu, obwohl sie auch

Bedenken hatte: Wie werde ich als jungeDeutschschweizerin verstanden und akzep-tiert? Wird man überhaupt mit mir zusam-menarbeiten? Die Entwarnung folgte schonbald. «Weil ich alle Mit arbei tenden rekru-tierte und aufbaute und über alle anfallendenArbeiten ganz genau Be scheid wusste, hatteich das Wissen auf meiner Seite. Das brach-te mir ganz natürlich den Respekt.»

Ein Meilenstein sei ihre Weiterbildung zurDetailhandelsökonomin am SIU Zürichge wesen. «Ich lernte meine persönlichenGrenzen kennen und war wahnsinnig stolzauf meine parallelen Erfolge in der Wei ter -bildung und mit dem Aufbau pro jekt in derWestschweiz.» Ohne den Weiter bildungs -entscheid hätte sie wohl weder das einenoch das andere geschafft, ist Aline Ioscaüberzeugt. �

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Ding, weil es in eine falsche Richtung kon-ditioniere. «Eigenverantwortung erkennenund übernehmen ist etwas ganz anderes, alsin bestimmten Situationen auf ein erwarte-tes Lob hin zu wirken.» Statt auf lobendeFloskeln zu bauen, achte sie stark darauf,Interesse, Verständnis und Zuwendung zuzeigen, aufmerksam und lösungsorientiertzuzuhören und fair zu bleiben. Fairness inder Führung heisse für sie, auch gegenüber

sich selber streng und diszipliniert zu sein:Bin ich integer? Leite ich genügend an,selbständig zu arbeiten und Problemeeigenverantwortlich anzupacken? «In mei-ner Führungsarbeit darf ich mich nicht nurauf das Funktionierende konzentrieren,sondern muss auf die Verbesserungs chan cenachten.» Dazu brauche sie das ganze Team.«Einem guten Coach muss es überzeugendgelingen, den Kontakt unter den Mitar bei -ten den zu fördern, damit sie die Problemegemeinsam angehen.» Überzeugungskraft seinicht lernbar. Sie entspringe dem eigenenfesten Glauben an etwas. Aus dieser Über -zeugungskraft, in Kombination mit Cha -rakter, Know-how und einer klug dosiertenPrise Dominanz, entstehe das Wichtigste inder Führungsarbeit, die Glaubwürdig keit.

Respekt dank WissenEs sei ihr nichts in den Schoss gefallen,blickt die 28-Jährige zurück. Während derSekundarschule in Winterthur waren ihrdie Hobbys weit wichtiger als Schule undNoten. Die Landung im Berufsleben warentsprechend brutal. «Die rund 80 erfolg-losen Bewerbungsschreiben gingen mirsehr, sehr nah.» Umso dezidierter packte siedie Chance, als sie bei Coop eine Lehrstelleals Detailhandelsangestellte erhielt. «Ichwollte das in mich gesetzte Vertrauen unbe-dingt rechtfertigen.» Der entstandene Drive

«Ich achte bewusstdarauf, mindestens ein-mal pro Woche einGespräch mit allenmir unterstellten Mit -arbeitenden zu führen.»

Aufmerksamkeit Offene Fachdiskussionen gehören zum Führungsalltag von Aline Iosca.«Dafür wende ich entsprechend viel Zeit auf.»

Weitere Infos zu coop@homegibt es unter www.coop.ch.

«Selbstbestimmungist weit wichtiger alsirgendwelcheMotivationsaktionen.»

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Bob ist speziell in Amerika ein millio-nenfach verbreiteter Vorname. Kein

Wunder, dass es dort jede Menge BobClubs gibt. Denn wer ein richtiger Bobsein will, gehört einem der vielen Clubs an,die seinen Namen tragen. Dort trifft sich,wer etwas für wohltätige Zwecke tun oderdafür Geld sammeln will, eine flotte RundeGolf spielen, essen oder seine Geschäfts be -ziehungen aufmotzen möchte. Bob Clubs

KOLUMNE

Ohne zuverlässige Bezüge, Routinen und Automatismen würden wir vermutlich nicht lange überleben. Wer sich allein durch sieleiten lässt, lebt trotzdem gefährlich. Zu viel Sicherheit und Geborgenheit lullt ein und vernebelt schnell einmal die Ver -änderungen und Gefahren um uns herum. Wer in Sicherheit untergeht, ist trotzdem weg. Von Thomas Tobler

Gefährliche Teambildungen

Vorsicht vor Bob Clubs undKonsorten!

gibt es überall und für praktisch jedenZweck. Sie sind längst ein fester Teil desamerikanischen Way of Life und als solcheraus dem amerikanischen Leben nicht weg-zudenken. Die Bedingung für eineMitgliedschaft in einem der Bob Clubs istdenkbar einfach: Man muss Bob heissenoder mindestens zu einem Bob in seinemLeben eine innige Beziehung pflegen.That’s all.

Auf Grund seiner immensen Popularitätsteht der Bob Club in Businesskreisen auchals Modell einer sehr homogenen, fastschon «verschworenen» Gemein schaft, diesich gleichen Ansichten, Interessen undZielen verpflichtetet fühlt. In dieser Ge -bor genheit lassen sich wichtige men sch -liche Urbedürfnisse nach Nähe, Ver bun -denheit, Harmonie und Sicherheit lindern.Nach einem Besuch seines Bob Clubs gehtman friedlich und beruhigt wieder nachHause zurück oder ins Geschäft. Manweiss wieder, dass es auch andere Men -schen gibt, die gleich denken, fühlen undhandeln. Auch die anderen Bobs werdenvon gleichen Sorgen geplagt und setzen diegleichen Mittel ein wie du. Ruhe sanft, lie-ber Bob.

Was ausserhalb des Bob Clubs passiert, istweit weniger wichtig und braucht nichtsehr ernst genommen zu werden. Dakönnte ja jeder kommen! Schliesslich wis-sen die Bobs dieser Welt am allerbesten,was ein richtiger Bob braucht und wasnicht. Und überhaupt! Nur logisch, dasses in dieser geschlossenen Gesellschaft oftsehr lange dauert, bis jemand viel zu spätmerkt, wie schlecht es um die Welt derBobs als Ganzes steht. Augenzeugenberichten dann und wann, dass ein Bobauf dem untergehenden Schiff klagendgerufen haben soll: «Warum hat uns nie-mand gewarnt!?» Warnende Stimmen undkritische Geister hätte es schon gegeben.Zuhauf sogar. Nur waren es leider keineBobs. �

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Willkommen im Bob Club! Harmonie und Zufriedenheit so weit man blickt. Und vor allem: Keine kritischen Einwände und neuen Ideen, die den Frieden störenkönnten. Cartoon zvg

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Die gute Teamauswahl bestimmt den Teamerfolg. Allerweltsrezepte gibt es nicht. Erfolgversprechender sind der unverstellte Blickauf das eigene Geschäft, dessen Chancen und Risiken, die objektive Beurteilung von Leistungsfähigkeiten- und -möglichkeitenund folgerichtige Rückschlüsse. Dazu will die in Breite und Tiefe offene SIU-Checkliste Impulse und Denkanstösse geben.

Gewusst wie:

Teambildung mit breitabgestützten Blickrichtungen

INPUT / CHECKLISTE

1. Grundsätzliche AspekteGute Personalplanung basiert auf klarenUnternehmenszielen, Prozessen und Fak tenüber benötigte Teamstrukturen.

2. Personalplanung� �Wer ist für die Personalplanung

eindeutig verantwortlich?� �Erfolgt die Personalplanung kurz-,

mittel- oder langfristig?� �Wie gut beschäftigen wir uns mit lang -

fristigen, Mitarbeiter und Unter neh -mung fördernden Entwicklungs zielen?

� �Wie viel planerische Zeit widmen wirdiesem strategischen Schwerpunkt?

� �Wie ist der (interne und externe)Arbeitsmarkt für qualifizierteMitarbeitende?

� �Sind die Konsequenzen darausgenügend berücksichtigt?(Stichwort: War for talents)

� �Welche Bedeutung hat der Personal -bereich bei strategischenEntschei dungs prozessen?

� �Wird er eingebunden, angehörtoder nur informiert?

3. Intern zu lösende Konsequenzen� �Mangel an erfolgreichen Fachleuten� �Abgänge/Fluktuationsrisiken� �Nötige Qualifizierungsmassnahmen� �Anstehende gewichtige Abgänge u.a.

Fluktuationsrisiken� �Weiterbildungsbedürfnisse u.a.

Qualifizierungsmassnahmen

4. Extern zu lösende Konsequenzen� �Bringt uns externes Know-how weiter?� �Macht die Mitwirkung in Erfa-Grup -

pen, Verbänden, Organisationen Sinn?� �Sind temporäre Lösungen sinnvoll?� �Helfen Vergabungen von Diplom -

arbeiten (Hochschule, SIU u.a)?

5. ErfolgspositionenAuf welchen Triebkräften beruht unsereStärke?� �Management� �Mitarbeitende (Fach- und

Sozialkompetenzen)� �Sortiments- Marketing-, Preis-,

Innovationspolitik

Wer sichert unsere Erfolgspositionen?� �Eher jüngere oder eher ältere/erfahrene

Mitarbeitende� �Kreative, innovative Querdenker � �Guter Mix aus allen

6. Chancen und Risiken� �Welche Veränderungen haben unser

Kern geschäft in den letzten 2 Jahren starkbeeinflusst (positiv/negativ auflisten)?

� �Welche Veränderungen werden unserKerngeschäft in den nächsten 2 Jahrenmassgeblich beeinflussen(Chancen/Risiken auflisten)?

� �Was wurde aus obigen Erkenntnissenerfolgreich geplant und umgesetzt(neue, angepasste Prozesse, organisato-rische Abläufe und/oder Strukturen,Marketingmassnahmen,Mitarbeiterentwicklung usw.)?

SIU-Download-ServiceDiese Checkliste ist nur auszugs weiseabgedruckt. Die komplette Version mitvielen weiteren Prüfpunkten können Siebequem auf Ihren Computer herunter-laden. www.siu.ch/checkup

� �Was wurde nicht aufgegriffen/unter-lassen/vergessen usw.?

7. Strategische Engpässe� �Personal� �falsche Marktleistungen� �technologische Probleme� �Innovationsfähigkeit� �Weitere

8. Teamfähigkeit� �Wo liegen unsere Team-Stärken und

-Schwächen?� �Sind die Befugnisse und Kompetenzen

klar?� �Wer leitet die Teamarbeit und wie gut

geschieht dies?� �Wie sind die Teams untereinander/mit

der Unternehmung vernetzt?

9. Teamstruktur� �Wie gut ist die altersmässige Struktur

(«alte Füchse/junge Wilde»)?� �Sind wichtige berufliche und persönli-

che Fähigkeiten genügend gut vertreten?� �Wie gut wird vorhandenes und neues

Wissen ausgetauscht?� �Erfolgt dieser Wissenstransfer auch

nach aussen?

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�INPUT / GLOSSAR

UP bringt in jeder Ausgabe wichtige Begriffe zum Thema des Hefts. Verständlich auf den Punkt gebracht. Damit ein Begriff nichteinfach nur gut tönt, sondern bei der Anwendung und Umsetzung weiterhilft.

Begriffe auf den Punkt gebracht.

Von Menschen, Teams undMotivierung

Anthropologie kann vereinfacht als dieLehre (Wissenschaft) vom Menschen be -zeichnet werden. Sie setzt sich mit der Ent -wicklung des Menschen in Raum, Zeit undseinen biologischen Verschiedenheiten aus-einander. Die Online-Enzyklopädie Wiki pe -dia grenzt den Begriff weiter ein: Im deutschenSprachraum und in vielen europäischenLändern wird unter dem Uni versitätsfach«Anthropologie» in erster Linie die naturwis-senschaftliche oder physische Anthropologieverstanden.

Extrinsisch motiviert (motivationstheore-tischer Begriff) ist eine Person, wenn sie aufGrund von äusseren Anreizen handelt: Lohn,Status, Symbole, öffentliches Lob, Zeugnisseund Diplome usw. Es sind dem zu Folge,nicht im Menschen inhärente (inne wohnen-de) Anreize, die zu einer Handlung motivie-ren, sondern von aussen herangetragene.

Intrinsisch motiviert meint, dass eineHandlung durch ein inhärentes Motiv(Antrieb) ausgelöst wird. Diese aus völligemEigenantrieb vorgenommene Handlungerfolgt auch dann, wenn weder Lohn nochBelohnung damit verbunden sind. Ein spe-zielles Interesse motiviert zur Lektüre.Begeisterte Mitarbeitende gehen für über-zeugende Vorgesetzte (bildlich gesprochen)durchs Feuer.

Paradigma (Plural: Paradigmen/Paradigmata)steht umgangssprachlich für Vorbild, (Denk-)Muster, Leitbild oder Lehrmeinung. Ein we -sentliches Merkmal ist deren breite, vorherr-

schende Akzeptanz (Konsens). Ein Para dig -mawechsel entsteht, wenn ein Paradigmaauf Grund von bedeutsamen Änderungenund/oder umfassend neuen Erkenntnissendurch tief greifend neue Denkmodelle, Ziele,Methoden und Mittel ersetzt werden muss.

Personale Führung (Personalführung)Unmittelbare, absichtliche und zielbezogeneEinflussnahme von (Führungs-) Personen aufeinen unterschiedlich grossen Kreis von(unterstellten) Mitarbeitenden. Die dabeiver wendeten Kommunikationsmittel sinddirekter sprachlicher (Besprechung, Tel efo nat)aber auch nonverbaler Natur (Mimik, Gestik,Kleidung usw.). Weitere Kommunikations -mittel sind z.B.: (Rund-) Briefe, Video,Tonaufzeichnungen, Reglemente, Leitbilderusw. Relativierend: Über 2/3 der in der Per -sonalführung eingesetzten Arbeitszeit istkommunikatives Handeln, das zu grossenTeilen aus nicht geplanter, spontaner Kom -munikation besteht – mit entsprechenden«Grauzonen» und Abstrichen bezüglich dereingangs erwähnten absichtlichen und ziel -bezogenen Einflussnahme.

Team bezeichnet grundsätzlich eine Klein -gruppe (Laden, Abteilung, Arbeitsgruppe,Projektteam usw.), deren Mitglieder perma-nent oder über längere Zeit direkt, zweck-und zielorientiert, kooperativ und koordi-niert zusammenarbeiten. Potenzielle Vorteile:Optimale Nutzung von (speziellen) Kom -petenzen und Kenntnissen. Lösungen undLeistungen, die von Einzelnen nicht erbrachtwerden können. Identität (Teamgeist). Krea -

tivere Lösungsfindung auf Grund von inter-aktiven, gruppendynamischen Prozessen.Potenzielle Nachteile:Negative Gruppen stim -mung beeinflusst Prozesse und Lösungen.Entwicklung von Gruppen-Routinen (feh-lende Kreativität). Schwieriger Überblick fürAussenstehende (Führung/andere Teams).Zu starke Konzentration von Wissen (Ab -häng igkeiten). Diffuse Entscheidungs ver -antwortung. Unsolidarische Teamstruktur(Team = Toll ein anderer macht’s. (Zu)hohe Anforderungen an die Teamführung,die das Team – quasi als Teamverstärker –zielgerichtet und leistungsfördernd zu leitenhat. Stichwörter: Einsatz stimmiger Methodenund Prozesse, Struktur und Organisation,Kritik und Kritikfähigkeit, Gruppen bezieh -ungen, Klima, Leistungsniveau.

Als Team bil dung im engsten Sinn wird dieRekru tie rung der Teammitglieder verstanden.Mit Blick auf die klaren Zielvorgaben, diestark arbeitsteilige Verantwortung innerhalbdes Teams und die Leistungsbereitschaft imTeam erhält die fach- und sozialkompetenteZusammensetzung eine überragende Be deu -tung. Stichwörter: Personalführung, Per so nal -entwicklung, Personaleinsatz plan ung.

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Race across America (RAAM) ist der ulti-mative Härtetest für Radrennfahrer.

Sieger ist, wer die rund 5000 Kilometer und30000 Höhenmeter von der West- zurOstküste am schnellsten zurücklegt. Etap pengibt es keine, dafür 57 zu passierende Kon -troll stellen, ein Zeitlimit von 12 Tagen und 5Stunden und pro Tag rund zwei Stun denSchlaf. Von den 25 Gestarteten erreichten 17das Ziel im Bundesstaat Mary land. Un terihnen auch Martin Jakob aus Solothurn.Seine 10 Tage, 19 Stunden und 59 Minutenbrachten ihn im hoch karätigen Teilnehmer -feld auf den sensationellen fünften Rang.

Das legendäre Radrennen unter den bestenZehn beenden zu können, habe sich bei ihmzu einer «berauschenden Idee» entwickelt,sagt Martin Jakob. «Ich hin überzeugt, dassein Mensch zu Aussergewöhnlichem fähigist.» Angefangen bei der Team-Bildung überdie Team-Arbeit bis hin zur Kommunikationseien die Parallelen zwischen dem Berufs-und Sportleben enorm. Der SIU-Referentfür Arbeitstechnik und Kommunikation willdieses Thema in einem speziellen Seminar

SIU-POWER

Für Griechenlandferien ist das Flugzeug wohl die erste Wahl. Aber nicht für Martin Jakob. Gut möglich, dass er sich für die rund4000 Kilometer von Solothurn nach Athen und zurück auf sein Velo schwingt. Allein letztes Jahr absolvierte er das Vierfache anTrainingskilometern und landete diesen Sommer den Super-Coup: 5. Rang am härtesten Radrennen der Welt!

Martin Jakob: Extremsportler, Manor-Geschäftsführer und SIU-Referent

Viele Parallelen zwischenSpitzensport und Management

eingehend aufzeigen. «Im Beruf wie imSport geht es darum, hartnäckig und gleich-zeitig offen und flexibiel zu bleiben.» DasRennen habe die 9-köpfige Equipe zu echtenFreunden zusammen geschweisst. «Wirhaben das grosse Wort ‹Team› wirklich gelebtund als Team gewonnen!»

Mit Abertausenden von Trainings kilo me -tern, 24-Stunden-Rennen und Fern fahrtenhabe er sich während zwei Jahren körperlichund mental gezielt auf den amerikanischenHärtetest vorbereitet. Dabei nutzte er auchein weiteres Hobby. «Zum Jassen mitFreunden fuhr ich jeweils mit dem Velo. Diewohnen aber nicht wie ich in Solothurn,sondern in Regensdorf bei Zürich oder imluzernischen Eschenbach.» Nein, es sei nichtimmer einfach gewesen, nach einem geselli-gen Nachtessen und einem feinen Glas Weinum Mitternacht aufs Velo zu steigen, habeaber seine mentale Stärke stark gefördert.

Im Vorfeld des Rennens habe er von Hallu -zinationen, Verwirrtheit und Depressionenwährend des Rennens gelesen. Obwohl sieim Team auch damit gerechnet hätten, seiendiese Phänomene glücklicherweise ausge-blieben. An einen Abbruch des Rennenshabe er nie gedacht. «Ich war zu jeder Zeitvöllig klar und konnte das ganze Rennengeniessen!» Nächstes Jahr will der 41-Jährigeam 24 Stunden-Rennen von Schötz seinenRekord von 939 Kilometern angreifen undim kommenden August an der erstmalsdurchgeführten «Tour Tortour» teilnehmen.Das Langstreckenrennen startet in Schaff -

hau sen führt über 1300 Kilometer und 10Al penpässe rund um die Schweiz. «Das istwieder eine neue Heraus forderung, die ichmit Begeisterung anpacken werde!», freutsich Manor Solomart-Geschäfts führer Jakobschon jetzt. �

ImpressumHerausgeber SIU im Detailhandel · 8004 ZürichTelefon 043 243 46 66 · [email protected] Redaktion Tobler+Tobler · Bremgarten/BEwww.tobler-tobler.ch Fotos Stephan Hanslin · NassenGestaltung Vides · Rapperswil-Jona · www.vides.ch DruckKalt-Zehnder-Druck · Zug

Weitere Infos und packende Bilderzum Renngeschehen und Extrem-Radsportler Martin Jakob gibt es unter:www.jakob-racing.ch undwww.raceacrossamerica.org.Das SIU im Detailhandel unterstützteMartin Jakob als einer der Haupt -sponsoren.

Spitzenleistungen im Beruf und Sport:Solomart-Geschäftsführer Martin Jakob

«Der Mensch ist zu Aussergewöhnlichemfähig», ist Extremsportler und SIU-Referent Martin Jakob überzeugt.

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Vorbereitungskurse auf dieHöhere Fachprüfung im Detailhandel als eidg. dipl.

Detailhandelsökonom/in

Vorbereitungskurse auf dieeidg. Berufsprüfung im Detailhandel als

Detailhandelsspezialist/inTextildetailhandelsspezialist/inPharma-Betriebsassistent/in

Kurse für Berufsbildner/innen im Detailhandel

KursorteZürich, Bern, Lausanne, LuganoAarau, Basel, Chur, Luzern, Olten, Schaffhausen, Siders, Sion, Solothurn, St.Gallen, Winterthur, Zuoz

Wir beraten Sie und senden Ihnen gerne das Detailprogramm. Rufen Sie uns an.

Die Schweizer Weiterbildung im Detailhandel

Hauptsitz:SIU im DetailhandelVerena Conzett-Strasse 23CH-8004 ZürichTel. +41 (0) 43 243 46 66 · Fax +41 (0) 43 243 46 [email protected] · www.siu.ch