die spezielle relativitätstheorie || einsteins energie-masse- Äquivalenz
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VII Einsteins
Energie-Masse-Aquivalenz
22 Die Tragheit der Energie
Die Abhangigkeit der Masse m eines Teilchens von ihrer Geschwindigkeit u gemaß (167)fuhrt uns nun auf der Grundlage der in jedem Inertialsystem geltenden Gleichungen (168)zu einer Schlussfolgerung von außerster Tragweite.In der klassischen Mechanik erhalt man bekanntlich durch eine skalare Multiplikation
des Zweiten Newtonschen Axioms mit der Geschwindigkeit den Energiesatz29. Wir multi-plizieren daher auch hier die erste Gleichung von (168) skalar mit der Geschwindigkeit udes Teilchens,
u · d
dt
( mo√1− u2/c2
u)= F · u . (174)
Mit a :=du
dt,d(u2)
dt=
d
dt(u · u) = 2u · du
dtgilt
d
dt
mo√1− u2/c2
=a · u/c2√1− u2/c2
3 mo
und damit
u · d
dt(mu) =
dm
dtu · u+mu · du
dt= u · u d
dt
mo√1− u2/c2
+1√
1− u2/c2mo u · a
= u · u u · a/c2√1− u2/c2
3 mo +1√
1− u2/c2mo u · a =
u2/c2 + 1− u2/c2√1− u2/c2
3 mo u · a
= u · a mo√1− u2/c2
3 =d
dt
mo c2√
1− u2/c2=
d
dt(mc2) ,
und fur Gleichung (174) konnen wir schreiben
u · d
dt(mu) =
d
dt
mo c2√
1− u2/c2=
d
dt(mc2) = F · u . (175)
Auf der rechten Seite von (175) steht die Leistung der Kraft F , d. h. die an dem mit derGeschwindigkeit u bewegten Teilchen sekundlich verrichtete Arbeit.
29Der Einfachheit halber eindimensional gerechnet, nehmen wir eine konservative Kraft an, alsoF = − dV/dx und damit mx = − dV/dx. Multiplikation mit x liefert mx x = − dV/dx x alsod/dt( 1
2x2) = −dV/dt und damit den Energiesatz d/dt(m
2x2 + V ) = 0 .
89H. Günther, Die Spezielle Relativitätstheorie, DOI 10.1007/978-3-658-00713-3_7, © Springer Fachmedien Wiesbaden 2013
90 VII Einsteins Energie-Masse-Aquivalenz
Um diese Gleichung zu verstehen, fuhren wir gemaß 1/√1− x2 = 1 + 1
2x2 + 3
8x4 +
516x
6 + . . . fur 1/γ eine Taylor-Entwicklung durch,
mc2 =mo c
2√1− u2/c2
= mo c2
[1 +
1
2
u2
c2+
3
8
(u2
c2
)2
+5
16
(u2
c2
)3
+ . . .
]. (176)
Wir betrachten ein freies Teilchen, z. B. ein Elektron im elektrischen Feld, das zur Zeitto ruht, also u(to) = 0 , und unter der Wirkung der Kraft F zum Zeitpunkt t eineGeschwindigkeit u erreicht hat. Dann liefert die Integration von (175) unter Beachtungvon (176)
t∫to
d
dt(mc2) dt = mc2
∣∣tto
= mc2 −mo c2
= mo c2
[1 +
1
2
u2
c2+
3
8
(u2
c2
)2
+5
16
(u2
c2
)3
+ . . .
]−mo c
2 =
t∫to
F · u dt ,
also
t∫to
F · u dt =
x∫xo
F · dx =1
2mo u
2 +3
8mo c
2
(u2
c2
)2
+5
16mo c
2
(u2
c2
)3
+ . . . . (177)
Die an dem freien Teilchen verrichtete Arbeitx∫
xo
F · dx ist gleich der Vermehrung seiner
kinetischen Energie.In der nichtrelativistischen Mechanik mit ihrer bewegungsunabhangigen Masse tritt dafur
allein der Term 12mou
2 auf. Die Leistung F ·u der Kraft findet ihren Niederschlag in einer
zeitlichen Anderung der klassischen kinetischen Energie Eklkin = 1
2mou2 des Korpers.
Die hoheren Potenzen von u2/c2 in Gleichung (177) konnen wir also als relativistischeKorrektur zur kinetischen Energie des Korpers verstehen,
Erelkin = mc2 −moc
2 .Relativistischekinetische Energie
(178)
Was aber bedeutet der Term moc2 ?
Um diese Frage zu klaren, betrachten wir den total unelastischen Stoß zweier Teilchenohne Einwirkung außerer Krafte, also Fa = 0 , Abb. 31. Es gilt daher der Impulssatz, diedritte Gleichung von (168), und zwar in jedem Inertialsystem, was wir in Kap. 18.2 mitdem Satz (173) nachgewiesen haben.
22 Die Tragheit der Energie 91
�U = 0
Mo
�
�
��
�
�
� mo mo
1 2u −u
u
x′
x
y′y
Σ′Σo
Abb. 31: Die beiden Korper 1 und 2 sollen total unelastisch zusammenstoßen. Nach dem Stoßsind Querstriche gesetzt.
Die Großen nach dem Stoß versehen wir wieder mit einem Querstrich.Beide Teilchen mogen, zunachst im Bezugssystem Σo beobachtet, mit gleichen Ruh-
massen mo1 = mo2 = mo und entgegengesetzt gleichen Geschwindigkeiten vom Betragu auf der x-Achse aufeinander zulaufen, also u1 = (u, 0, 0) , u2 = (−u, 0, 0) , und damitp1 = (mu, 0, 0) , p2 = (−mu, 0, 0) , und derart unelastisch zusammenstoßen, dass sichnach dem Stoß ein einziges neues Teilchen mit der Ruhmasse Mo , der GeschwindigkeitU = (U, 0, 0) und dem Impuls P = (M U, 0, 0) gebildet hat.Nach dem Dritten Axiom in (168) kann sich der Gesamtimpuls durch den Stoß nicht
andern. Im Bezugssystem Σo heißt das P = P mit P = M U und P = p1 + p2 , d. h.
Σo : M U =mo u√
1− u2/c2+
mo (−u)√1− u2/c2
= 0 ,Impulserhaltungin Σo
(179)
also, wie wir auch aus der klassischen Mechanik wissen,
U = 0 −→ M{0} = Mo . (180)
Wegen der Gultigkeit der Gesetze der Mechanik (168) in jedem Inertialsystem gilt dieErhaltung des Gesamtimpulses auch fur ein Inertialsystem Σ′ , das in Bezug auf Σo dieGeschwindigkeit v = u besitzt. Das erste Teilchen ruht dann in Σ′ , also u′
1 = 0 . Das nachdem Stoß gebildete neue Teilchen ruht in Σo , also ist gemaß der elementaren RelativitatU ′ = −u in Σ′ . Die Geschwindigkeit u′
2 des zweiten Teilchens vor dem Stoß berechnenwir aus dem Additionstheorem (106),
u′ =u− v
1− u v/c2,
indem wir hier u fur die Geschwindigkeit v von Σ′ setzen und anstelle von u dieGeschwindigkeit −u des zweiten Teilchens in Σo berucksichtigen. In Σ′ beobachten wirdamit die Geschwindigkeiten
Σ′ :u′1 = 0 , u′
2 =−2u
1 + u2/c2,
U ′ = −u .
⎫⎪⎬⎪⎭ (181)
92 VII Einsteins Energie-Masse-Aquivalenz
Unter Beachtung der Massenformel (167) lautet dann das Dritte Axiom in (168), die
Impulsbilanz in Σ′ , P′= P ′ mit P
′= M U ′ und P ′ = m1u
′1 +m2u
′2 , also mit (181)
Σ′ : P′=
Mo
γU ′U ′ = P ′ =
mo
γu′2
u′2 .
Impulserhaltungin Σ′ (182)
Hier brauchen wir noch die γ-Faktoren. Nun ist offenbar γU ′ = γu , und fur γu′2finden
wir mit (181)
γu′2=
√1− u′2
2 /c2 =
√1− 1
c24u2
(1 + u2/c2)2=
1
c2 + u2
√(c2 + u2)2 − 4c2u2
=1
c2 + u2
√(c2 − u2)2 ,
also insgesamt
γU ′ =√1− u2/c2 , γu′
2=
c2 − u2
c2 + u2. (183)
Mit (183) und (182) finden wir aus der Gultigkeit des Dritten Axioms in (168) fur Σ′
−Mou√1− u2/c2
=c2 + u2
c2 − u2
−2mou
1 + u2/c2, also
Mo√1− u2/c2
=2mo
1− u2/c2,
so dass
Mo =2mo√
1− u2/c2= 2m . (184)
Mit (178) konnen wir dafur schreiben
2 (moc2 + Erel
kin) = Moc2
oder
2(mo +
Erelkin
c2
)= Mo .
⎫⎪⎪⎪⎬⎪⎪⎪⎭ Energiesatz in Σo (185)
Das ist in der Tat die relativistische Form des Energiesatzes:Vor dem Stoß besitzen beide Teilchen zusammen die relativistische kinetische Energie
Erelkin = 2(mc2 −moc
2) . Außerdem ist da noch fur jedes Teilchen ein Term moc2 .
Das nach dem Stoß gebildete Teilchen besitzt wegen seines Ruhezustandes in Σo keinekinetische Energie. Dafur ist aber seine Ruhmasse gegenuber der Summe der Ruhmassen2moc
2 vor dem Stoß um den Betrag Erelkin
/c2 vermehrt.
Erhalten bleibt also die Summe:
Relativistische kinetische Energie + Ruhmasse × Quadrat der Lichtgeschwindigkeit.
22 Die Tragheit der Energie 93
Nach dem Stoß findet sich die gesamte Energie der einlaufenden Teilchen in dem TermMoc
2 wieder, der relativistischen Energie eines ruhenden Teilchens der Ruhmasse Mo .Damit haben wir die Interpretation des Terms moc
2 in (178) gefunden:
In jeder ruhenden Masse mo ist eine Energie, die Ruhenergie Eo = moc2 enthalten.
Die Große mc2 ist die Gesamtenergie des Teilchens, die sich aus der BewegungsenergieErel
kin und der Ruhenegie moc2 zusammensetzt.
Es gilt die Einsteinsche Energie-Masse-Aquivalenz :
Jede Masse m ist einer Energie E aquivalent.Jede Energie besitzt eine trage Masse.
Der Umrechnungsfaktor ist das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit,
E = mc2 . Energie-Masse-Aquivalenz (186)
Fur einen mit der Geschwindigkeit u bewegten Korper ist hier dessen Masse m = m{u}gemaß (167) einzusetzen,
E =mo√
1− u2/c2c2 . (187)
Wichtig ist, dass i. Allg. auch die Ruhenergie moc2 an Energieumsetzungen beteiligt ist
und folglich nicht einfach als lastige Energiekonstante weggeeicht werden kann.Gemaß Gleichung (185) wird aus dem System der beiden Teilchen bei dem Stoß keine
Energie abgefuhrt. Die inneren Krafte konnen nur bewirken, dass eine Energieform, hierdie kinetische Energie der einlaufenden Teilchen, in eine andere Energieform, hier dieRuhenergie des Teilchens nach dem Stoß, umgewandelt wird, vgl. Aufg. 18, S. 371.
Ist ein System allein der Wirkung seiner inneren Krafte uberlassen, dann bleibtdie Energie des Systems erhalten.
In der klassischen Raum-Zeit folgt auch fur den unelastischen Stoß anstelle von (185) derin der klassischen Physik bekannte Erhaltungssatz fur die Ruhmassen, vgl. Aufg. 14, S. 363.Einen Erhaltungssatz fur die Ruhmassen gibt es in der Speziellen Relativitatstheorie nichtmehr. Stattdessen ist die Bilanz der Massen aquivalent mit der Energiebilanz.Handelt es sich bei dem in der Gleichung (185) beschriebenen unelastischen Stoß z. B. um
zwei makroskopische Korper, so kann die Summe der kinetischen Energien dieser KorperEkl
kin nach dem Stoß als Warmemenge Q nachgewiesen werden. In der klassischen Physikformuliert man daher, um das allgemeine Prinzip von der Erhaltung der Energie zu sichern,fur die Energiebilanz beim unelastischen Stoß einen Erhaltungssatz fur die Summe ausder mechanischen und der Warmeenergie. In der relativistischen Physik ist dagegen dieErhaltung der Energie auch beim unelastischen Stoß bereits eine Folge der Bewegungs-gleichungen der Mechanik.
94 VII Einsteins Energie-Masse-Aquivalenz
Wir schreiben die erste Naherung von Gleichung (185) auf, die den klassischen Erhal-tungssatz der Ruhmassen korrigiert,
Mo c2 ≈ 2mo c
2 + 2mo
2u2 = 2mo c
2 + Eklkin = 2mo c
2 +ΔMoc2 . (188)
Wegen Q = Eklkin vermehrt daher die Warmeenergie Q die trage Masse um den Betrag
ΔMo =Q
c2=
mou2
c2. (189)
Durch Erwarmung erhohen wir die Ruhmasse eines Korpers. Wir haben hier die Umset-zung von kinetischer Energie in Ruhenergie anhand des unelastischen Stoßes gezeigt.Den beruhmtesten Satz der Speziellen Relativitatstheorie, die Energie-Masse-Aquivalenz,
haben wir unter Ausnutzung der Aquivalenz der Inertialsysteme fur die Gesetze derMechanik auch allein aus der Mechanik geschlossen. Die Elektrodynamik war dabei eben-sowenig notwendig wie bei der Herleitung der Lorentz-Transformation.Historisch war das anders. A. Einstein[4] hat die Aquivalenz von Energie und Masse
zuerst fur die Energie des elektromagnetischen Feldes entdeckt. Den uberaus lehrreichenEinsteinschen Gedankengang skizzieren wir im nachsten Kapitel, mathematisch erganztdurch Aufg. 35, S. 406.In der relativistischen Mechanik konnen Erzeugungs- und Vernichtungsprozesse von Ele-
mentarteilchen gemaß den Grundgleichungen (168) als Stoßprozesse behandelt werden.Bleiben die Ruhmassen aller Teilchen ungeandert, dann spricht man von einem elastischenStoß. Andern sich die Ruhmassen der Teilchen oder werden dabei Teilchen vernichtet oderneue Teilchen erzeugt, dann nennen wir das einen unelastischen Stoß.30
Die bekanntesten Beispiele dafur sind die Kernspaltung und die Kernfusion, vgl. Aufg. 17,S. 369. In beiden Fallen wird ein Teil der Ruhenergie der Ausgangsmassen als kinetischeEnergie der Reaktionsprodukte oder als Energie der elektromagnetischen Strahlung freibzw. danach in diese umgesetzt.Prinzipiell steht die Ruhenergie bei beliebigen Energieumsatzen zur Verfugung, wenn nur
die physikalischen Reaktionsbedingungen erfullt sind.Gemaß der Energie-Masse-Aquivalenz wird nicht Masse in Energie umgewandelt, auch
Ruhmasse nicht. Das ist schon aus Dimensionsgrunden unmoglich. Die Summe der Massenbleibt ebenso konstant wie die Summe der Energien. Es kann aber Ruhmasse vernichtetwerden, z. B. zugunsten der Masse der elektromagnetischen Strahlung oder der kinetischenEnergie. Wenn eine Energieform in eine andere umgewandelt wird, dann geht das einher miteiner Umwandlung der entsprechenden Massen. Jede Masse kann in eine ihr aquivalenteEnergie umgerechnet werden, namlich gemaß (186) mit dem Umrechnungsfaktor c2 (sowie wir aus der Zahl der Kuhe auf die Zahl der Hufe schließen, ohne dabei die Kuhe inHufe umzuwandeln). Jeder Energie ist uber die ihr aquivalente Masse eine entsprechendeTragheit zugeordnet. Fur die Einsteinsche Formulierung aus dem Jahr 1905, Einstein[4],dass
”die Tragheit eines Korpers von seinem Energieinhalt abhangig“ ist, hat sich der
verkurzende Sprachgebrauch von der Tragheit der Energie eingeburgert.
30In Kap. 34, Gleichung (449), S. 175, zeigen wir, dass Energie und Impuls eines Teilchens in der Spe-ziellen Relativitatstheorie zu einer Große verschmelzen, die in verschiedenen Inertialsystemen in verschie-dene Bestandteile zerfallt. Der Zusammenhang zwischen physikalischen Großen, die uns aus der klassi-schen Physik als unabhangig voneinander bekannt sind, hier Energie und Impuls eines Teilchensystems,hangt eng mit der Lorentz-Transformation zusammen und spielt bei der mathematischen Formulierungrelativistischer Theorien eine grundsatzliche Rolle.
23 Einsteins Idee der Energie-Masse Aquivalenz 95
23 Einsteins Idee der Energie-Masse-Aquivalenz
Nur wenige Monate nach seiner großen Arbeit uber die Spezielle Relativitatstheorie, s.Einstein[2], hat Einstein[4] einen uberraschend einfachen Gedankengang vorgetragen, mitdem er die Aquivalenz von Masse und Energie begrundete. Im Unterschied zu allen anderenAussagen der Speziellen Relativitatstheorie gab es dazu keine Vorlaufer. Wir wollen hierdie Einsteinsche Idee darstellen und besprechen die komplizierteren mathematischenDetails, die auch etwas Elektrodynamik voraussetzen, in Aufg. 35, S. 406.Ein Korper B moge im System Σo ruhen und dort die Energie Uo besitzen. In
einem begrenzten Zeitintervall soll der Korper nun eine Lichtmenge vom EnergiewertΔE/2 in eine Richtung k und zugleich eine ebensolche Lichtmenge von demselbenEnergiewert in die entgegengesetzte Richtung ausstrahlen. Mit einem Querstrich wollenwir Großen nach dem Strahlungsvorgang kennzeichnen. Der Korper B befindet sich nachder Abstrahlung ebenfalls in Ruhe. Seine Energie bezeichnen wir dann also mit Uo .Der Energiesatz verlangt, dass die Energie Uo des Korpers vor der Abstrahlung mit derSumme der Energien nach der Abstrahlung ubereinstimmt, die sich aus den Energiewertender beiden abgestrahlten Lichtmengen und der Energie Uo des zuruckbleibenden Korperszusammensetzt, also
Uo = Uo +
[ΔE
2+
ΔE
2
].
Energiesatzin Σo
(190)
Das System Σ′ bewege sich in x-Richtung von Σo mit der Geschwindigkeit v . VonΣ′ aus beobachtet, besitzt der Korper vor und nach der Abstrahlung die Energien U ′
v
und U′v . Einstein[2] hatte nachgewiesen, dass die Gleichungen der Elektrodynamik
unverandert in jedem Inertialsystem gelten. Die Theorie dazu behandeln wir in Kap. 35.In Aufg. 35, S. 406, wird dann gezeigt, wie wir auf dieser Grundlage den Energiewert derabgestrahlten Lichtmengen von Σ′ aus berechnen konnen. Dafur erhalten wir den Betrag1γ
[ΔE2 + ΔE
2
]und damit den von Σ′ aus bewerteten Energiesatz nach Gleichung (1352)
gemaß
U ′v = U
′v +
1
γ
[ΔE
2+
ΔE
2
].
Energiesatzin Σ′ (191)
Aus (190) und (191) folgt(U ′v − Uo
)−
(U
′v − Uo
)=
[1
γ− 1
]ΔE . (192)
Die Energie Uo des in Σo ruhenden Korpers kann sich von seiner Energie U ′o , wenn
er in Σ′ ruht, nur um eine willkurliche Konstante unterscheiden, die hochstens furverschiedene Inertialsysteme unterschiedlich vereinbart sein mag. Also gilt vor und nachdem Stoß
Uo = U ′o + C , Uo = U
′o + C . (193)
Gleichung (193) in (192) eingesetzt, liefert(U ′v − U ′
o − C)−
(U
′v − U
′o − C
)=
[1
γ− 1
]ΔE . (194)
96 VII Einsteins Energie-Masse-Aquivalenz
Die Große(U ′v −U ′
o
)ist gleich der kinetischen Energie U ′
kin des Korpers in Σ′ vor der
Abstrahlung, und ebenso ist(U
′v − U
′o
)gleich seiner kinetischen Energie U
′kin nach der
Abstrahlung. Fur (194) konnen wir damit schreiben
U ′kin − U
′kin = ΔU ′
kin =
[1
γ− 1
]ΔE . (195)
Im System Σ′ wird also beobachtet, dass die kinetische Energie des Korpers infolgeder Ausstrahlung elektromagnetischer Wellen abnimmt, obwohl sich seine Geschwindigkeitdabei nicht andert. Es kann also nur die Masse des Korpers sein, die sich durch die Abstrah-lung andert. Die abgestrahlte Energie der Wellen ist einer abgestrahlten Masse aquivalent.Den Umrechnungsfaktor kann man aus der ersten, nichtverschwindenden Naherung able-sen.Fur die klassische Naherung der kinetischen Energie schreiben wir bei Δv = 0
ΔU ′kin ≈ Δ
(m2v2
)=
1
2v2Δm . (196)
Und mit der Taylorschen Naherung in v/c gemaß
1/γ =(1− v2/c2
)−1/2 ≈ 1 + (1/2)v2/c2
gilt fur die klassische Naherung der rechten Seite von (195)(1
γ− 1
)ΔE ≈
(1 +
1
2
v2
c2− 1
)ΔE =
1
2
v2
c2ΔE . (197)
Die rechten Seiten von (196) und (197) stimmen uberein, wenn
Δm =ΔE
c2. (198)
Akzeptiert man die Gultigkeit dieser Aquivalenz fur alle Energieumsetzungen, so dassausnahmslos jeder Massenanteil Δm einem Energieanteil ΔE aquivalent ist, dann liefertdie Aufsummation von (198)
E = mc2 .EinsteinsEnergie-Masse-Aquivalenz
(199)