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DKMS STIFTUNG LEBEN SPENDEN EINE REIHE DER TÜBINGEN DER ROTE RATGEBER BAND 3 DIE SUCHE NACH DEM PASSENDEN STAMMZELLSPENDER EIN WEGWEISER FÜR BETROFFENE UND ANGEHÖRIGE

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Page 1: DIE SUCHE NACH BAND 3 DEM PASSENDEN · und die allogene Transplantation (Stammzellen sind von einem Spender). Es gibt in Deutschland zurzeit 34 Kliniken bzw. Einheiten, die allogene

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DKMS STIFTUNGLEBEN SPENDEN

EINE REIHE DER

TÜBINGEN

DKMS STIFTUNGLEBEN SPENDEN

DER ROTE RATGEBER

BAND 3

DIE SUCHE NACH

DEM PASSENDEN

STAMMZELLSPENDER

EIN WEGWEISER FÜR BETROFFENE UND ANGEHÖRIGE

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INHALT

3 Vorwort

5 Die beteiligten Institutionen bei der Stammzellspendersuche

8 „Er teilte uns dann mit, dass drei Spender gefunden wären!“

Interview mit Herrn und Frau Muck

13 „Ich habe bei der Suche mitgefiebert …“

Interview mit Frau Schubert

17 Die Spendersuche: Wer passt zu wem?

19 „Mein Bruder erfreut sich heute bester Gesundheit.“

Interview mit Familienspender Herrn Deneberger

21 Die Spendersuche in der Familie

22 „Die meisten Fragen lassen sich bei einem Termin beantworten.“

Interview mit Transplanteur Herrn Prof. Dr. Bornhäuser

25 Der Fremdspender-Suchlauf: Sprint oder Marathon?

30 Was unternimmt die DKMS, um die Suche zu beschleunigen?

31 „Gut aufgeklärte Spender und aktuelle Adressdaten

erleichtern die Suche.“

Interview mit Suchkoordinatorin Frau Dr. Füssel

37 „Ich habe die Funktion einer Mittlerin.“

Interview mit Frau Gawellek, Ansprechpartnerin

für Patienten bei der DKMS

39 In eigener Sache

42 Adressen und Informationen

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Claudia Rutt

Vorwort

liebe Leserinnen, liebe Leser,

durch unsere Arbeit als Knochenmarkspenderdatei

haben wir im Lauf der Jahre viele Kontakte zu Patienten

und Angehörigen bekommen. Die in dieser Zeit gesam-

melten Erfahrungen und immer wiederkehrenden

Fragen im Zusammenhang mit dem Ablauf der

Fremdspendersuche haben uns bewogen, diese

Broschüre zu erstellen. Unser Ziel ist es, Betroffenen die

Unsicherheit in der Zeit des Wartens auf den passenden

Stammzellspender zu nehmen.

Seit Bestehen der DKMS hat sich die Situation bei der

Spendersuche stetig verbessert. 1991, im Gründungs-

jahr der DKMS, konnte nur wenigen Patienten ein

Spender aus Deutschland vermittelt werden, da gerade

mal 3000 potenzielle Stammzellspender registriert

waren. Heute kann für ca. 80 Prozent der Patienten ein

passender Spender gefunden werden.

Trotzdem ist die Verunsicherung auf Seiten der Patien-

ten groß, weil das Suchsystem sehr komplex ist und

viele Institutionen daran beteiligt sind. Das Gespräch

mit dem behandelnden Arzt kann nicht immer alle

Fragen klären. Mit dieser Broschüre aus der Reihe „Der

Rote Ratgeber“ möchten wir den Suchlauf für Sie ver-

ständlicher machen.

Claudia Rutt

Vorstand der

DKMS STIFTUNG LEBEN SPENDEN

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Die beteiligten Institutionen bei der Stammzell-spendersuche

Um Ihnen die Lektüre dieser Broschüre zu erleichtern,

möchten wir Ihnen nachfolgend einen Überblick über

die Personen und Institutionen geben, die in eine

Stammzellspendersuche involviert sind. Im weiteren

Verlauf der Broschüre finden Sie noch Interviews mit

einigen Beteiligten.

Der behandelnde Arzt ist Ihr erster Ansprechpartner für

alle Fragen rund um die Spendersuche. Wenn Sie in

einer Klinik behandelt werden, die selbst nicht trans-

plantiert, kann es sein, dass Sie zur Einleitung der

Fremdspendersuche an eine Transplantationsklinik

überwiesen werden, damit dort bestätigt wird, dass Sie

einen Fremdspender brauchen (s. a. Grafik auf S. 26:

„Voraussetzungen für die Einleitung einer Fremdspen-

dersuche“).

Das Transplantationszentrum ist eine spezialisierte

Klinik oder Einheit einer Klinik, in der Transplantationen

blutbildender Stammzellen durchgeführt werden. Bei

der Transplantation unterscheidet man die autologe

Transplantation (Stammzellen sind von dem Patienten)

und die allogene Transplantation (Stammzellen sind von

einem Spender). Es gibt in Deutschland zurzeit 34 Kliniken

bzw. Einheiten, die allogene Transplantationen durch-

führen.

Das Transplantationszentrum arbeitet mit einem immun-

genetischen Labor zusammen. Hier wird die Typisierung

der Gewebemerkmale des Patienten und ggf. der

55

Die beteiligten

Institutionen bei

der Stammzell-

spendersuche

Behandelnder Arzt

Transplantations-zentrum

ImmungenetischesLabor

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Suchkoordinator

ZKRD

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Familienmitglieder zur Spendersuche innerhalb der

Familie vorgenommen. Auch die sogenannten Bestäti-

gungstypisierungen der Fremdspender, die in die enge-

re Wahl gekommen sind, werden hier durchgeführt.

Der Suchkoordinator arbeitet mit dem immungeneti-

schen Labor und dem Transplantationszentrum zusam-

men und ist für die Koordination der Suche nach dem

passenden Spender zuständig. Während der Suche

nach einem Fremdspender ist er die Kontaktperson zum

ZKRD und zu den Spenderdateien auf der einen Seite

und dem behandelnden Arzt auf der anderen Seite. Der

Suchkoordinator informiert den Transplanteur in regel-

mäßigen Abständen über den Stand der Suche. Die end-

gültige Entscheidung über die Spenderauswahl trifft der

Transplanteur.

Im ZKRD (Zentrales Knochenmarkspender-Register

Deutschland) sind die für eine Suche relevanten

Spenderdaten aller deutschen Spenderdateien in

anonymisierter Form gespeichert. Ferner steht das ZKRD

im direkten Austausch mit allen Registern weltweit.

Dieser Austausch findet in aller Regel über das interna-

tionale Netzwerkprogramm EMDIS, in einigen wenigen

Fällen per Fax, statt. Beim ZKRD startet der

Suchkoordinator die nationale bzw. internationale

Suche nach dem passenden Fremdspender. Außerdem

ist das ZKRD für die Abrechnung mit den nationalen und

internationalen Kostenträgern (in der Regel Kranken-

kassen) zuständig. Bei einem gesetzlich krankenversi-

cherten Patienten zahlt die Krankenkasse zurzeit (Stand:

Juni 2007) eine Suchpauschale von 7.810,– Euro, mit der

die Kosten der Suche vergütet werden.

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Die DKMS Deutsche Knochenmarkspenderdatei gGmbH

und andere Spenderdateien haben es sich zur Aufgabe

gemacht, freiwillige potenzielle Stammzellspender zu

registrieren. Die Kosten der Neuaufnahme finanzieren

die Dateien über Spendengelder. Nur bei den Dateien

sind die persönlichen Daten der Spender gespeichert.

Kommen potenzielle Spender in weitere Typisierungs-

stufen, finden die Betreuung und die Koordination der

weiteren Schritte über die jeweilige Datei statt, in der der

Spender registriert ist. Unter anderem zur Finanzierung

der hier entstehenden Kosten wird die von den Kranken-

kassen gezahlte Suchpauschale eingesetzt.

77

Grafik: Zusammenarbeit der beteiligten Institutionen

DKMS undandere Dateien

Transplantations-zentrum

Sucheinheit/Suchkoordinator

ZKRD

ZentralesKnochenmarkspender-Register Deutschland

und andereSpenderdateien

Spender-Nr.

+ Befund

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Ralf Muck, 46 Jahre alt

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Interview mit

Herrn und Frau

Muck

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Der ehemalige Patient Ralf Muck und seine Frau,Christine Muck, im Interview.

herr Muck, Ihre Diagnose liegt jetzt einige Jahre

zurück. Im Juni 2002 wurde bei Ihnen CML

(chronisch myeloische Leukämie) festgestellt.

Herr Muck: Ja, dabei hatte ich mich gerade im März

selbst typisieren lassen. Es gab bei uns in Bochum

eine Spendenaktion für einen Familienvater und da

habe ich mich registrieren lassen. Dass ich selbst so

bald einen Spender brauchte, konnte ich nicht

ahnen.

Dann brach sozusagen die Diagnose in Ihr Leben ein.

Herr Muck: Das kann man wohl sagen! Ich hatte

zunehmend Beschwerden, bekam Rückenschmer-

zen, und dann hat meine Frau, weil sie als MTA das

kann, ein Blutbild gemacht. Das Ergebnis war

niederschmetternd. Mein Arzt teilte mir mit, dass

CML langfristig nur durch eine Knochenmarktrans-

plantation heilbar sei. Zunächst wurde ich aber

mit Interferon behandelt, was ich nicht vertragen

habe. Danach bekam ich Glivec, das ging gut. Aber

man wusste, dass man damit nicht unbegrenzt

behandeln kann, also blieb die Angst.

Frau Muck: Die Ärzte stellten ein schnelles, aggres-

sives Fortschreiten der Krankheit fest und dann wur-

den wir auch darauf vorbereitet, dass eine

baldige Transplantation geplant sei. Die Spender-

suche wurde eingeleitet, mit allen nötigen

Formalitäten wie Einwilligungserklärung, Kosten-

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Die Spendersuche

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bewilligung der Krankenkasse und Suchauftrag.

Eigentlich haben wir uns nicht darum kümmern

müssen und wussten auch nicht im Einzelnen, wie

das Ganze funktioniert.

Herr Muck: Als Familienspender kam nur mein ein-

ziger Bruder in Frage, der passte aber nicht – wär

auch ein Wunder gewesen! Man sagte uns, dass

dann ein nicht verwandter Spender gesucht würde.

Das war im Juni.

Frau Muck: Wir haben zwei Kinder, die damals 12

und 14 Jahre alt waren – unser 12-jähriger Sohn hat

seine Angst um den Papa so ausgedrückt, dass er

unbedingt seine Stammzellen spenden wollte, ent-

gegen aller Vernunft, da er ja noch zu jung war, er

hat richtig darum gekämpft. Auf jeden Fall will er

sich mit 18 sofort typisieren lassen!

Herr Muck: Drei Monate später sprach mein Arzt uns

an, er müsse mal mit uns reden. Wir kriegten ein

mulmiges Gefühl, erwarteten nichts Gutes. Er teilte

uns dann mit, dass drei Spender gefunden wären!

Alle drei würden passen, man hätte sogar die Wahl,

den besten auszusuchen. Da löste sich die

Spannung bei mir und mir liefen vor Freude die

Tränen.

Die Suche hat also 3 Monate gedauert, und

dann gab es gleich drei passende Spender.

Wahrscheinlich liegt das daran, dass Sie relativ häufige

Gewebemerkmale haben. Wie ging es dann weiter?

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Die Transplantation

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Frau Muck: Ralf bekam dann bald einen Platz in der

Transplantationsklinik und der „Countdown“

begann. Das war eine sehr angespannte Phase,

selbst jetzt, wo das doch schon so lange her ist,

fällt es schwer, darüber zu sprechen. Die größte

Angst war, dass dem Spender was passiert, man ist

ja in dem Moment total abhängig, dass alles

klappt. Am 5. November war dann die

Transplantation.

Herr Muck, der hier bemerkenswert still geworden

ist: Ich konnte gar keine Angst haben, ich war ein-

fach „platt“. Da hat meine Frau mich sehr unter-

stützt.

Frau Muck: Um 10 Uhr abends kam das Trans-

plantat. Der Arzt begutachtete den Inhalt, und

irgendwie beruhigte seine Äußerung, das sei „guter

Stoff“, reichhaltig mit Stammzellen gefüllt. Wir wus-

sten nichts vom Spender, sahen nur, dass auf dem

Beutel „Dresden“ stand und phantasierten, ob der

Spender aus Sachsen sei.

Wie ist es Ihnen danach ergangen?

Herr Muck: Ich bin relativ locker durchmarschiert,

im Vergleich zu anderen, die ich dann kennenge-

lernt habe. Ich hatte keine großen Komplikationen,

keine GvHD (Graft-versus-Host-Disease, übersetzt:

Reaktion des Transplantates gegen den Em-

pfänger). Anfang Dezember konnte ich schon nach

Hause. Nach 16 Monaten habe ich langsam wieder

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Die Begegnung mitdem Spender

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angefangen zu arbeiten, heute arbeite ich voll und

es geht mir mit kleinen Einschränkungen gut, ich

spiele sogar wieder Volleyball.

Sie haben doch nach Ablauf von zwei Jahren Ihren

Spender getroffen. Wie war die Begegnung?

Herr Muck: Als ich ihn auf dem Bahnsteig sah,

wusste ich sofort, dass er der Spender ist. Wir sind

uns auch ein wenig ähnlich, äußerlich, nicht im

Wesen, er ist ruhiger als ich. Durch ihn haben wir

erst erfahren, wie das für die Spenderseite abläuft,

immerhin 5-6 Stunden musste er an den Apparat

zur Entnahme der Stammzellen angeschlossen sein.

Er würde auch jederzeit wieder spenden.

Frau Muck: Wir wollten sehr gerne den Spender

kennenlernen und uns bedanken, denn schließlich

verdankt Ralf ihm sein Leben. Wir sind noch heute

in gutem Kontakt.

Hat die Krankheit Ihr Leben verändert, machen Sie

heute Dinge anders als früher?

Frau Muck: Wir schieben nicht mehr so viel auf die

lange Bank, zum Beispiel Reisen, und planen nicht

mehr so viel für die Zukunft.

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Susann Schubert, 23 Jahre alt

Interview mit

Frau Schubert

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Interview mit der ehemaligen Patientin Susann

Schubert.

w ie wurde Ihre Erkrankung festgestellt?

Das war 2001 – ich hatte damals nach dem

Volleyballspielen immer viele blaue Flecke und habe

mich oft auch schlapp gefühlt.

Welche Krankheit wurde festgestellt?

Während einer Blutuntersuchung beim Hausarzt

wurde festgestellt, dass ich sehr wenige Throm-

bozyten habe. Beim Hämatologen wurde dann eine

Thrombozytopenie diagnostiziert. Ich hatte damals

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Die Spendersuche

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auch häufig Durchfall und wurde deswegen 2003 in

Dresden untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass

auch meine roten Blutkörperchen immer weniger

wurden. Die Diagnose war jetzt schwere aplastische

Anämie. Ich musste immer wieder Bluttransfusionen

bekommen, weil meine Werte so schlecht waren.

Wie dringend war die Suche nach einem Spender damals?

Im September 2003 bekam ich Pferdeeiweiß; das

sollte das Knochenmark stimulieren. Doch schon im

Dezember war klar, dass diese Therapie nicht

anschlug und ein Stammzellspender nötig war.

Sicher wurde der Versuch unternommen, einen

Familienspender zu finden. Wie war der Ablauf?

Mein Bruder, der damals 21 Jahre alt war, wurde auf

seine Gewebemerkmale untersucht, aber er kam als

Spender nicht in Frage. Also wurde im Dezember

2003 auch die Suche nach einem Fremdspender ein-

geleitet.

Wie lange hat es gedauert, bis feststand, dass ein

Spender gefunden war? Wie ging es Ihnen in dieser

Zeit?

Ich habe bei der Suche mitgefiebert, aber schon

nach 2-3 Wochen sagte man mir, dass 3 mögliche

Spender gefunden worden waren und einer davon

zu 100 Prozent passte. Ich war superglücklich, weil

ich wusste, dass es nun Hoffnung gibt.

Wie wurden Sie auf die Transplantation vorbereitet?

Zuerst musste ich sehr viele Untersuchungen

machen lassen und ich hatte Aufklärungsgespräche.

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Später wurde mir ein Venenkatheter eingesetzt und

ich bekam über ihn 3 Chemos und 4x Haseneiweiß.

Nach einer Ganzkörperbestrahlung gab es einen

Ruhetag. Ich fühlte mich in dieser Zeit sehr schlapp

und mir war übel. Aber dann endlich war der

Augenblick gekommen – meine 2. Geburt!

Wie war der Tag der Transplantation für Sie?

Wussten Sie etwas über Ihren Spender?

Ich habe trotz meiner Erkrankung meine Lehre als

Bürokauffrau abgeschlossen. Ich habe darum gebe-

ten, meine schriftliche Prüfung abzuschließen,

obwohl ich in dieser Zeit noch im Krankenhaus lag.

Die Ärzte gaben mir eine Transfusion und ich wurde

2 Tage vor meiner Prüfung entlassen. Am 26. Febru-

ar 2004 fand dann meine Transplantation statt. Auf

der Station habe ich im Bett gelegen, mein Freund

David hat mir die Hand gehalten und meine Mutter

war auch dabei, als die Ärztin den Beutel mit den

Stammzellen brachte. Als die Stammzellen in mei-

nen Körper liefen, sagte sie, die stammten von

einer kerngesunden Frau von 25 Jahren. Ich hatte

erst mal eine Gänsehaut am ganzen Körper und

dann habe ich vor Erleichterung geweint. Nach

einer Stunde bekam ich Schüttelfrost und ich war

kaputt, aber superglücklich.

Sie haben Ihre Spenderin bereits kennengelernt. Wie

war damals das Treffen?

Das Treffen ist von der DKMS vorbereitet worden.

Ich war vorher sehr aufgeregt. Als ich dann vor mei-

ner Spenderin Silke stand, war das ein berauschen-

des Gefühl – ich musste sie einfach in den Arm neh-

Die Transplantation

Die Begegnung mitder Spenderin

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men. Dann habe ich ihr eine Kerze als Zeichen für

das Leben geschenkt. Im Sommer wollen wir sie an

der Nordsee besuchen.

Wie geht es Ihnen heute?

Ab November 2006 habe ich zunächst 10 Stunden

in meinem Beruf gearbeitet, nun sind es schon 20

bis 25 Stunden. Insgesamt geht es mir gut, nur

kann ich noch nicht voll arbeiten und hoffe deshalb,

dass ich eine Teilrente zugesprochen bekomme.

Haben Sie noch Tipps für die Patienten? Etwas, was

Sie ihnen mitgeben möchten?

Das Wichtigste ist: auf keinen Fall aufgeben und

sich immer wieder hochrappeln! Es gibt immer

einen Weg, aber man muss Geduld haben. In der

schweren Zeit hat mir Gott Kraft gegeben und

meine Familie, meine Freunde und meine

Bekannten haben mich sehr unterstützt.

Im Krankenhaus habe ich mich immer abgelenkt

und zum Beispiel mein Laptop dabeigehabt. Man

muss darauf achten, dass man auch die schönen

Dinge sieht! Ich wusste, es gibt immer einen Weg

zum Leben, auch wenn er bergig war.

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Die Spendersuche:

Wer passt zu wem?

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Die Spendersuche: Wer passt zu wem?

grundsätzlich unterscheidet man Transplantationen

mit eigenen Stammzellen (autologe Transplan-

tation) von Transplantationen mit nicht eigenen

Stammzellen (allogene Transplantation). Bei allogenen

Transplantationen kann man zwischen Spendern aus

der Verwandtschaft und nicht verwandten Spendern

(Fremdspender) unterscheiden.

Um festzustellen, ob ein Mensch als Spender für einen

bestimmten Patienten in Frage kommt, müssen die

Gewebemerkmale, die sogenannten HLA-Merkmale

(HLA = Humane Leukozyten-Antigene), des Patienten mit

denen der potenziellen Spender verglichen werden. Ein

passender Spender ist derjenige, dessen HLA-Merkmale

mit denen des Patienten möglichst vollständig überein-

stimmen.

Die Gewebemerkmale sind Oberflächenstrukturen auf

den Körperzellen, aufgrund deren das Immunsystem

eigenes von fremdem Gewebe unterscheiden kann.

Jeder Mensch besitzt für ihn typische Merkmale.

Bei einer nicht vollständigen Übereinstimmung der

Gewebemerkmale kann es bei der Transplantation der

Stammzellen zu Abstoßungsreaktionen kommen, der

sogenannten GvHD = Graft-versus-Host-Disease. Das

zusammen mit dem Knochenmark transplantierte

Immunsystem des Spenders erkennt die Körperzellen

des Patienten als fremd und reagiert dagegen.

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Eine Übereinstimmung der Blutgruppe ist bei einer

Knochenmarktransplantation nicht wichtig. Gegebe-

nenfalls wird der Empfänger nach der Transplantation

die Blutgruppe des Spenders haben.

Entscheidend für die Passgenauigkeit von Spender und

Empfänger sind mindestens sechs von bis zu zehn

Gewebemerkmalen. Bei der Typisierung (der Bestim-

mung der Gewebemerkmale) werden die Gewebemerk-

male mittels molekularbiologischer Methoden bestimmt

und in Form einer Zahlenkombination wiedergegeben.

Diese Zahlenkombination (Typisierungsbefund) des

Patienten wird mit der möglicher Spender verglichen.

Ziel ist es, einen Spender zu finden, der in allen Werten

mit denen des Patienten übereinstimmt. Abweichungen

nennt man “mismatch“. Ob der Grad der Übereinstim-

mung für eine Transplantation ausreichend ist, muss

vom Suchkoordinator (siehe Interview mit Dr. Füssel) in

Zusammenarbeit mit den Transplantationsärzten (siehe

Interview mit Prof. Dr. Bornhäuser) beurteilt werden.

Da es zurzeit über 2.600 bekannte Gewebemerkmale

gibt, die in Abertausenden Kombinationsmöglichkeiten

auftreten können, ist die Wahrscheinlichkeit, einen

geeigneten Spender in der nicht verwandten Bevöl-

kerung zu finden, relativ gering (1 :20.000 bis 1 : mehre-

ren Millionen). Trotzdem kann heute einem Großteil der

Patienten durch die mittlerweile weltweit über 11

Millionen registrierten Spender geholfen werden. Die

Suche nach einem passenden Spender beginnt inner-

halb der Familie.

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Interview mit

Familienspender

Herrn Deneberger

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Interview mit Familienspender Herrn Deneberger

herr Deneberger, Sie sind als Familienspender

typisiert worden und haben Ihrem Bruder

Stammzellen gespendet. Erzählen Sie uns bitte

davon.

Mark Deneberger: Ja, das war so: Mein Bruder hat

die Diagnose Leukämie bekommen. Und dann

wurde der normale Standardweg beschritten, dass

die Familienangehörigen, vor allem die Geschwis-

ter, typisiert werden. Da kam es glücklicherweise zu

dem positiven Ergebnis, dass ich als Spender in

Frage kam. Ich habe dann dieses unspektakuläre

Procedere über mich ergehen lassen und habe

dabei festgestellt, dass man mit einem (vergleichs-

weise) klitzekleinen Aufwand ein Leben retten kann!

Mein Bruder erfreut sich heute bester Gesundheit.

Dabei hätten Sie es ja bewenden lassen können. Sie

haben sich dann aber mit Ihren Daten auch bei der

DKMS registrieren lassen, um auch für andere

Patienten zur Verfügung zu stehen. Wie ging das im

Einzelnen?

Für mich war es überhaupt keine Frage, mich in

einer Datei aufnehmen zu lassen. Als ich von der

Arbeit der DKMS erfahren habe (über die Klinik

Tübingen, Prof. Dr. Ehninger, mein Bruder wurde

dort behandelt), habe ich gar nicht lange überlegt,

für mich war das klar, dass ich auch anderen

Patienten zur Verfügung stehen wollte. Dann

brauchte ich nur die Einverständniserklärung zu

unterschreiben. Die Daten wurden dann mit meinem

Mark Deneberger,34 Jahre alt

Die Aufnahme in dieSpenderdatei

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Einverständnis abgefragt, wurden einfach übernom-

men, denn ändern tun die sich nicht! Und somit

sind dann auch Kosten gespart worden und meine

Daten sind bis heute in der Datei.

Sie sind ja seit 1991 in der Datei. Sind Sie denn noch

einmal als Spender angefragt worden?

Ja, einmal war ich in einer weiteren Typisierung

(1997) und war aufgeregt und erfreut, dass es wie-

der losgehen sollte, weil es eine sehr schöne Sache

ist, jemandem helfen zu können. Aber ich muss

sagen: Leider kam ich dann doch nicht in Frage.

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Die Spendersuche

in der Familie

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Die Spendersuche in der Familie

innerhalb der Familie ist die Wahrscheinlichkeit einer

Übereinstimmung der Gewebemerkmale von Spender

und Patient am größten, da diese vererbt werden. Ein

Kind erhält die Gewebemerkmale je zur Hälfte von Vater

und Mutter. Bei etwa 30 Prozent der Patienten findet

man deshalb einen geeigneten Familienspender. Da die

Wahrscheinlichkeit der Übereinstimmung unter

Geschwistern am höchsten ist, werden diese in der

Familie zuerst als mögliche Spender getestet.

Wenn die Suche bei den Geschwistern erfolglos ist,

testet man eventuell die weitere Verwandtschaft. Die

Eltern eines Patienten haben eine Wahrscheinlichkeit

von rund einem Prozent, der passende Spender zu sein.

In aller Regel wird ein Stammbaum der Familie mit den

entsprechenden Gewebemerkmalen erstellt.

Zu beachten ist, dass die getesteten Familienmitglieder

nicht automatisch für andere Patienten als mögliche

Spender zur Verfügung stehen. Die Gewebemerkmale

werden nur mit denen des erkrankten Angehörigen ver-

glichen. Sollten Angehörige eine Registrierung auch für

andere Patienten wünschen, müssen sie sich z. B. bei der

DKMS Deutsche Knochenmarkspenderdatei aufnehmen

lassen. Der behandelnde Arzt oder die DKMS können

hier Auskunft erteilen. Gibt es in der Familie keinen pas-

senden Spender, wird die Suche nach einem Fremd-

spender eingeleitet.

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Interview mit

Transplanteur

Herrn Prof. Dr.

Bornhäuser

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interview mit Prof. Dr. Martin Bornhäuser, Leiterder Transplantationseinheit am Universitäts-klinikum Carl Gustav Carus, Dresden

Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Bornhäuser, wie viele

Patienten werden im Jahr ca. bei Ihnen transplantiert?

Wir transplantieren jährlich etwa 120 Patienten mit

Familien- oder Fremdspendern.

Wie viele Patienten werden davon mit einem nicht

verwandten Spender transplantiert?

Das sind jährlich etwa 90.

Wie beurteilen Sie rückblickend die Entwicklung der

letzten Jahre hinsichtlich der Erfolgsaussichten,

einen passenden Spender zu finden?

In den letzten 10 Jahren haben sich die

Erfolgsaussichten deutlich verbessert. Für etwa 70

bis 80 Prozent der Patienten kann ein passender

Spender gefunden werden. Zusätzlich haben sich

die Suchzeiten halbiert. Das liegt im Wesentlichen

an der Größe der Dateien und damit an der höhe-

ren Zahl der verfügbaren Spender, aber auch an der

Vernetzung der Dateien.

Hat die Geschwindigkeit der Suche Auswirkungen

auf die Therapieentscheidung/den Therapieerfolg?

Unbedingt. Eine frühzeitige Transplantation kann

das Rückfallrisiko bei einem Patienten mit einer

Leukämie deutlich reduzieren. Je schneller man den

Spender findet und transplantieren kann, umso

weniger Zeit haben die Leukämiezellen, sich nach

einer Chemotherapie wieder zu vermehren. Das

heißt, bei einem Hochrisikopatienten sollte man

Prof. Dr. MartinBornhäuser

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Häufige Fragen

2233

innerhalb von 14 Tagen nach Diagnosestellung

schon den Spender identifiziert haben. Das wäre

ideal.

Sie haben ja häufig Kontakt mit Patienten, die auf einen

passenden Spender angewiesen sind. Was sind aus

Ihrer Sicht die häufigsten Fragen/Bedenken hinsichtlich

der Suche, mit denen Sie konfrontiert werden?

Die erste Frage ist immer: Wie groß sind meine indi-

viduellen Chancen als Patient, einen Spender zu fin-

den? Wie groß ist die Chance, mit meinen

Gewebemerkmalen jemanden zu finden? Eine der

häufigsten Fragen ist auch: Sitzen diese Spender im

Inland oder im Ausland? Dann gibt es manchmal

noch die Frage, ob es passieren kann, dass der

Spender, nachdem er identifiziert wurde, wieder

sekundär abspringt. Womöglich während der

Ganzkörperbestrahlung oder während der Chemo-

therapie. Viele Patienten fragen: Was passiert,

wenn meinem Spender etwas zustößt, während ich

behandelt werde? Was passiert, wenn der Spender

einen Unfall hat oder wenn er erkrankt? Was pas-

siert dann mit mir? Und oft kommt auch die Frage:

Wie kommen die Zellen oder das Transplantat zu

mir? Kommt der Spender zu mir ins gleiche

Krankenhaus? Oder werden die Zellen zu mir trans-

portiert? Wie ist der Weg des Transplantats vom

Spender bis zu mir?

Gelingt es Ihnen, die Fragen der Patienten innerhalb

eines Aufklärungsgesprächs zu beantworten und die

Ängste zu beseitigen?

In vielen Fällen schon, wobei in manchen Fällen

auch ein zweites Gespräch noch einmal auf der

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Station geführt wird. Ein Aufklärungsgespräch reicht

nicht bei allen Patienten, aber die meisten Fragen,

die wir oben angesprochen haben, lassen sich bei

einem Termin beantworten.

Bieten Sie ggf. andere Möglichkeiten der Informa-

tionsbeschaffung an?

Wir geben den Patienten und Angehörigen zusätz-

lich eine Informationsbroschüre an die Hand, in der

neben der Transplantation auch noch einmal das

Spenderthema aufgegriffen wird. Und natürlich

biete ich auch manchen Patienten an, sich auf spe-

ziellen Internetseiten, gerade auch bei der DKMS, zu

informieren, wenn es z. B. Rückfragen zum Ablauf

der Spende gibt. Wenn die Patienten zwei Jahre

nach der Transplantation ihren Spender kennenler-

nen möchten, verweise ich auf den Suchkoordinator

als Kontaktperson. Die Fragen, die im Rahmen der

eigentlichen Suche aufkommen, sollten von mir als

Arzt beantwortet werden. Also zum Beispiel die

Fragen: Wie lange dauert es noch? Sind schon

Blutproben gekommen? Das erfrage ich dann beim

Suchkoordinator und gebe die Antworten an den

Patienten weiter.

In Dresden spenden viele Spender ihre Stamm-

zellen für Patienten irgendwo in der Welt. Somit

haben Sie schon viele Spender persönlich kennenge-

lernt. Was ist Ihr Eindruck von den Spendern?

Die Spender sind zunehmend besser aufgeklärt, das

muss man sagen. Ich mache diese Arbeit jetzt seit

12 Jahren, und in den ersten Jahren gab es schon

manchmal Missverständnisse. Zum Beispiel kam

immer wieder das Thema Rückenmark/ Knochen-

mark – selbst bei den Voruntersuchungen war das

Spender

2244

WeitereInformationen

RoterRatgeber_Mai07_RZ.qxd 01.06.2007 12:08 Uhr Seite 24

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Der Fremdspender-

Suchlauf: Sprint

oder Marathon?

2255

nicht allen Spendern klar. Die Spender sind jetzt

jedoch gerade z. B. durch Kontakte mit der DKMS

sehr gut aufgeklärt und wissen über die

Spendearten auch sehr viel. Der größte Teil der

Spender ist sehr motiviert, sehr enthusiastisch und

auch sehr verlässlich, was die Einhaltung der

Termine betrifft.

Gibt es vielleicht eine nette Geschichte, die Ihnen in

Erinnerung geblieben ist?

Ich habe zum Beispiel schon Spender getroffen,

die kamen aus meinem Heimatort in Baden-

Württemberg – mit einigen bin ich sogar in dieselbe

Schule gegangen.

Der Fremdspender-Suchlauf: Sprint oder Marathon?

wenn Sie und Ihre Ärzte sich für eine allogene

Stammzelltransplantation entschieden haben und

kein passender Familienspender zur Verfügung

steht, kann der Suchlauf für einen nicht verwandten

Spender starten. Formelle Voraussetzung ist, dass ein ärzt-

liches Gutachten über die Diagnose vorliegt, die Kranken-

kasse des Patienten die Kostenübernahme der Suchpau-

schale bescheinigt und der Patient sein Einverständnis

zur Suche erklärt. Das immungenetische Institut/die

Sucheinheit erteilt dem Zentralen Knochenmarkspen-

der-Register Deutschland (ZKRD) in Ulm in Absprache

mit dem behandelnden Arzt den Auftrag zur Suche eines

Fremdspenders. Beim ZKRD sind alle deutschen

Spenderdaten anonym registriert. Ferner besteht eine

Vernetzung mit den meisten internationalen Registern.

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2266

Bei der Suche nach einem Spender sind mindestens

sechs von insgesamt zehn Gewebemerkmalen entschei-

dend. Zunächst werden die potenziellen Spender von den

Knochenmarkspenderdateien in der Regel nur auf vier

Merkmale ausgetestet. Zurzeit sind 53 Prozent des

Bestandes an Spendern in Deutschland in sechs

Merkmalen getestet (rund zwei Drittel davon sind DKMS-

Spender).

Neben der Anzahl der typisierten Gewebemerkmale ent-

scheidet bei der Spendersuche auch die Genauigkeit,

Grafik: Voraussetzungen für die Einleitung einer Fremdspendersuche

Das ZKRD benötigt folgende Unterlagen:

• Einverständniserklärung des Patienten

• Indikationsstellung durch Knochenmark-transplantationszentrum

• Auftrag durch die Sucheinheit des TZ

• Kostenzusage der Krankenkasse

Suchkoordinator Transplantationszentrum

ZKRD

ZentralesKnochenmarkspender-Register Deutschland

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2277

d. h. der Auflösungsgrad der vorliegenden Untersu-

chungsergebnisse. Dieser ist mit der Einstellung des

Vergrößerungsfaktors bei einem Mikroskop vergleichbar:

Zu sehen ist das gleiche Material, man kann aber umso

mehr Details erkennen, je höher die Vergrößerung einge-

stellt ist. Je aufgeschlüsselter/aufgelöster die Gewebe-

merkmale sind, desto einfacher und schneller fällt die

Entscheidung, ob der Spender passt. Liegen zum Beispiel

keine hochauflösenden Gewebemerkmale vor, werden

diese gegebenenfalls in weiteren Testschritten ermittelt.

Finden sich unter den in allen Merkmalen ausgetesteten

Spendern welche, die möglicherweise mit dem Patienten

übereinstimmen, wird ein Confirmatory Typing (= CT;

übersetzt: Bestätigungstypisierung) durchgeführt. Im

Rahmen dieser Typisierung wird Blut des Spenders zum

immungenetischen Labor der Transplantationsklinik des

Patienten geschickt und diese Ergebnisse werden dort mit

denen des Patienten verglichen. Außerdem wird in die-

sem Schritt das Blut des Spenders auf Infektionserreger

(z. B. HIV, Hepatitisviren) geprüft, um mögliche Infektions-

krankheiten auszuschließen. Sollte der Spender nach

Abschluss der Tests noch geeignet sein, wird abschlie-

ßend untersucht, ob evtl. Erkrankungen vorliegen, die ein

Risiko für ihn oder den Patienten darstellen. Jetzt muss

der Spender final schriftlich erklären, dass er mit einer

Stammzellspende einverstanden ist. Ist dies geschehen,

kann eine Transplantation vorbereitet werden.

Sollte kein Spender auf diesem Weg gefunden werden,

schaut man in den Bestand der Spender, die mit weniger

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2288

Gewebemerkmalen oder in geringerer Auflösung in der

Datei gespeichert sind. Sind dort geeignete Spender, wer-

den diese zu einem weiteren Test aufgefordert (stimmen

die Ergebnisse dann mit denen des Patienten überein,

erfolgt der weitere Verlauf wie oben beschrieben). Der

Suchkoordinator erteilt den Auftrag dafür, welche der

möglichen Spender zu weiteren Tests aufgefordert wer-

den sollen. Wie viele Spender aufgefordert werden und in

welchen ausländischen Dateien gesucht wird, wird durch

die Erfolgsaussicht bestimmt und vom Suchkoordinator

veranlasst.

Der behandelnde Arzt erhält vom Suchkoordinator regel-

mäßig Zwischenberichte über den Stand der Suche. Er ist

also Ihre erste Anlaufstelle für Rückfragen zur Suche.

Sollte er nicht alle Fragen beantworten können, empfiehlt

es sich, bei Unklarheiten in Absprache mit Ihrem behan-

delnden Arzt ggf. direkt mit Ihrem zuständigen

Suchkoordinator oder dem ZKRD Rücksprache zu halten.

Für grundsätzliche Fragen zum Ablauf der Suche steht

Ihnen darüber hinaus die DKMS jederzeit zur Verfügung.

Aufgrund des rapiden Anwachsens der Spenderdateien in

Deutschland stehen mittlerweile die Chancen recht gut,

einen geeigneten Spender zu finden, obwohl es leider bei

seltenen Gewebemerkmalskombinationen noch nicht

immer gelingt. Nach Auskunft des ZKRD wird aber zurzeit

in rund 80 Prozent der Fälle ein Spender innerhalb von

drei Monaten gefunden. Damit soll zum Ausdruck

gebracht werden, dass es sicherlich nicht viel Sinn macht,

täglich nachzufragen, aber ein freundliches Hinterfragen

beizeiten sicher nicht verkehrt ist.

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Registrierungmit Gewebemerkmals-

typisierung

Erkrankung undDiagnose

Start: Suche nacheinem Fremdspender

Chemotherapieund/oderGanzkörper-bestrahlung

Stammzell-/Knochenmark-

entnahmeStammzell-/Knochenmark-transplantation

Spendervor-untersuchung

Ggf. weitereGewebetypisierungen und

Untersuchungsschritte

Bestätigungs-typisierung

Bestätigungs-typisierung

Bei periphererStammzellentnahme:

Gabe von G-CSF

Kein Spender in derFamilie

Patient Spender

Grafik: Die Suche aus Sicht des Patienten und des Spenders

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Was unternimmt

die DKMS, um

die Suche zu

beschleunigen?

3300

Um die Suche im Interesse der Patienten zu verkürzen,

führt die DKMS verschiedene Programme zur Verbes-

serung ihrer Spenderdaten mit eigenen Mitteln durch.

So kann z.B. ein behandelnder Arzt das Hochrisiko-

Programm der DKMS in Anspruch nehmen, wenn ein

Erkrankungsfall vorliegt, bei dem ein Spender besonders

schnell gefunden werden muss. Die DKMS bietet dabei

unentgeltlich zusätzliche Typisierungen, um die Suche für

diesen Patienten so schnell wie möglich zu einem positi-

ven Ergebnis zu führen. Voraussetzung ist, dass die

offizielle Suche bereits eingeleitet wurde. Hierbei können

pro Patient bis zu 400 Typisierungen bei der DKMS ange-

fordert werden.

Seit Anfang 2006 wird ein Großteil der neu registrierten

Spender in acht der wesentlichen Gewebemerkmale

hochauflösend typisiert, so dass zeitraubende Test-

schritte entfallen.

Ferner schreiben wir alle unsere Spender einmal jährlich

an, um die Adressdaten auf dem aktuellen Stand zu hal-

ten. So können die DKMS-Spender im Falle des Falles

schnellstmöglich erreicht werden.

Was unternimmt die DKMS, um die Suche zu be-schleunigen?

RoterRatgeber_Mai07_RZ.qxd 01.06.2007 12:08 Uhr Seite 30

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Interview mit

Suchkoordinatorin

Frau Dr. Füssel

Interview mit SuchkoordinatorinDr. Monika Füssel

dr. Monika Füssel ist die Suchkoordinatorin der Sucheinheit

Dresden. Die Sucheinheit Dresden leitet die Fremdspender-

suche für die Universitätsklinik Dresden und andere Trans-

plantationszentren. In Deutschland gibt es derzeit 17 Such-

einheiten. In Abhängigkeit von der Anzahl der durchzuführenden

Suchen (mindestens 20 bis 500 pro Jahr) sind teilweise mehrere

Suchkoordinatoren in einer Sucheinheit im Auftrag mehrerer

Transplantationszentren beschäftigt.

Was ist Ihre Aufgabe?

Als Suchkoordinatorin leite ich die Suche nach

einem nicht verwandten Blutstammzellspender ein

mit dem Ziel, einen geeigneten Spender zu identifi-

zieren. Alle Suchanfragen laufen in Deutschland

über das Zentrale Knochenmarkspender-Register

(ZKRD) in Ulm. Das ZKRD führt eine zentrale

Datenbank mit allen relevanten Daten der in

Deutschland registrierten Stammzellspender in

anonymisierter Form.

Wie funktioniert die Suche und was ist Ihre Auf-

gabe dabei?

Ein behandelnder Arzt oder eine Transplantations-

einheit stellt für einen Patienten mit der Indikation

zur Transplantation von Blutstammzellen einen

Suchauftrag. Dieser beinhaltet:

1. ärztliches Gutachten über die Diagnose des

Patienten

2. Einverständniserklärung des Patienten inkl.

Angabe der Krankenversicherung

3. Antrag zur Einleitung der Suche

Dr. Monika Füssel

Der Suchauftrag

3311

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Page 32: DIE SUCHE NACH BAND 3 DEM PASSENDEN · und die allogene Transplantation (Stammzellen sind von einem Spender). Es gibt in Deutschland zurzeit 34 Kliniken bzw. Einheiten, die allogene

Eine Kostenübernahmeerklärung kann vom behan-

delnden Arzt, von der Transplantationseinheit oder

vom ZKRD bei den Kostenträgern eingeholt werden.

Vor Einleitung der Fremdspendersuche müssen vom

Patienten zwei HLA-Testergebnisse aus getrennt

gewonnenen Blutproben vorliegen, um Fehltypisie-

rungen auszuschließen.

Nach Übermittlung der obigen Unterlagen aktiviert

das ZKRD die Spendersuche. Wenige Minuten nach

elektronischer Datenübermittlung stellt das ZKRD

Listen möglicher passender Spender zur Verfügung.

Dabei erhalte ich eine Übersicht über die Verteilung

passender Spender weltweit. In dieser Tabelle wird

die Anzahl der Spender mit einem bestimmten

Gewebetypus pro „Spenderregister“ dargestellt.

Nationale Spender und Spender bestimmter auslän-

discher Register werden in einer gesonderten Über-

sicht detailliert mitgeteilt. Sie sind entsprechend dem

Grad der Übereinstimmung der Gewebemerkmale

und dem Alter sortiert.

Die Suchstrategie wird zwischen der Sucheinheit und

dem zuständigen Arzt der Transplantationsklinik

abgestimmt.

Folgende Fragen sind zu klären:

- Verfügbarkeit von Spendern?

- Stammzellspendersuche auf nationaler Ebene

oder international?

- Zeitpunkt der Stammzelltransplantation?

- Werden Mismatche (Differenzen in den

Gewebemerkmalen) akzeptiert?

- Welche und wie viele Mismatche werden

akzeptiert?

3322

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3333

- Wird ein bestimmtes Geschlecht beim Spender

gewünscht?

- Ist der CMV (Cytomegalie-Virus)-Antikörper-

Status des Spenders entscheidend?

- Sollen bei der Suche auch Blutstammzell-

präparate aus Nabelschnurblut eingeschlossen

werden?

Auf Basis der Suchstrategie ist es meine Aufgabe,

schnellstmöglich den passenden Spender zu finden.

In den meisten Fällen liegen von den Spendern nur

Teildatensätze vor (d. h., nur ein Teil der Gewebe-

merkmale wurde untersucht bzw. liegt mit einem

geringeren Auflösungsgrad vor). Je nach Dringlich-

keit der Suche werden dann zunächst weiterführen-

de Typisierungen veranlasst. Vor einer Entscheidung

für einen nicht verwandten Blutstammzellspender

werden die HLA-Merkmale ausgewählter potenziell

passender Spender bei der CT (Confirmatory Typing)

überprüft. Das Ergebnis der CT wird an den behan-

delnden Arzt bzw. die Transplantationseinheit über-

mittelt. Parallel dazu werden dieselben Daten

umgehend über das ZKRD an die Spenderdatei

weitergeleitet, mit der Angabe, ob der Spender für

den betreffenden Patienten reserviert werden soll.

Die endgültige Auswahl des Spenders obliegt dem

transplantierenden Arzt.

Wie lange dauert es nach Ihrer Erfahrung, bis ein

Spender gefunden ist? Wie oft wird kein Spender

gefunden?

Für etwa 50 Prozent der Patienten steht nach einem

Monat ein HLA-kompatibler Spender zur Verfügung;

bei weiteren ca. 30 Prozent dauert die Suche etwa

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Page 34: DIE SUCHE NACH BAND 3 DEM PASSENDEN · und die allogene Transplantation (Stammzellen sind von einem Spender). Es gibt in Deutschland zurzeit 34 Kliniken bzw. Einheiten, die allogene

Spendersuche auf internationaler Ebene

3344

drei Monate. Für ca. 20 Prozent wird trotz intensiver

Suche kein vollständig passender nicht verwandter

Spender gefunden. Wenn auf absehbare Zeit ein

identischer Spender nicht verfügbar ist, kann auch

ein Spender mit einer Abweichung (Mismatch) her-

angezogen werden. Bei klinischer Dringlichkeit kann

auch ein Spender mit mehreren Mismatchen erwogen

werden. In diesen Fällen wären eine Transplantation

mit Nabelschnurblut oder eine Transplantation der

Stammzellen von Vater oder Mutter oder einem

anderen Familenangehörigen denkbar.

Und wie funktioniert die weltweite Suche?

Der anonymisierte Datenaustausch auf internationa-

ler Ebene erfolgt über das ZKRD. Dabei sind eine

Vielzahl ausländischer Register über das EMDIS-

Programm direkt mit dem ZKRD vernetzt, andere

Länder müssen per Fax zur Bereitstellung ihrer

Spenderdaten aufgefordert werden. Diese werden

deshalb nicht alle auf einmal gemeldet, sondern

können über mehrere Tage hinweg eintreffen.

Wie wichtig ist die Kommunikation zwischen Ihnen

und dem behandelnden Arzt?

Ziel der immungenetischen Spendersuche ist die

Identifikation von mindestens einem HLA-identi-

schen nicht verwandten Spender. Es gibt klinische

Situationen, in denen eine umgehende Stammzell-

transplantation mit einem nicht HLA-identischen,

aber sofort verfügbaren Spender für den Patienten

lebensrettend sein kann. Daher ist eine enge

Kooperation zwischen Sucheinheit und der entspre-

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3355

chenden Transplantationseinheit im gesamten

Verlauf der Spendersuche notwendig. Dies beinhal-

tet einerseits eine umgehende Mitteilung des

zuständigen Arztes der Transplantationseinheit über

jede Änderung der Suchstrategie, andererseits müs-

sen Daten über Verfügbarkeit von Spendern,

Eingang von CT-Ergebnissen, Informationen über

Infektionsmarker der Spender usw. schnell weiter-

geleitet werden.

Wie informieren Sie die behandelnden Ärzte, für deren

Patienten Sie suchen?

Mit den mindestens wöchentlich stattfindenden Ar-

beitsbesprechungen zwischen Such- und Transplan-

tationseinheit in Dresden ist die Situation ideal. Bei

Suchen für Patienten anderer Transplantationsein-

heiten muss natürlich auch ein kontinuierlicher

Informationsaustausch über den Stand der Spender-

suche und den Fortbestand der Indikation gewährlei-

stet sein. Nach Aktivierung der Suche nach einem

nicht verwandten Spender erhält der behandelnde

Arzt einen Bericht zur Spendersituation. Ergebnisse

von CT-Testungen von potenziellen Spendern und

deren Infektionsmarker werden zeitnah übermittelt.

Mindestens einmal im Monat wird eine aktuelle

Spenderübersicht zusammengestellt.

Welchen Ermessensspielraum für die Erweiterung der

Suche haben Sie?

Für die Suche nach einem nicht verwandten

Blutstammzellspender ist ein bestimmtes Budget

durch die Kostenträger (meist Krankenkassen) vorge-

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3366

geben. Die Sucheinheit ist angehalten, Einnahmen

und Ausgaben insgesamt ausgeglichen zu halten. Bei

schwierigen Suchen sollte die Suchstrategie mit dem

ZKRD abgestimmt werden. Seltene Gewebemerkmale

sind manchmal in anderen ethnischen Populationen

häufiger, in diesem Fall sollte die Suche gezielt auf

jene Regionen ausgedehnt werden.

Was verlangsamt, was beschleunigt die Suche?

Manchmal kommt es zu Verzögerungen der CT, weil

Spender nicht erreicht werden können oder aus ande-

ren Gründen nicht verfügbar sind. Hier hilft oft ein

Anruf bei der betreuenden Datei, um die Gründe zu

erfahren und auf alternative Spender auszuweichen.

Generell kann man sagen, dass gut aufgeklärte

Spender und aktuelle Adressdaten die Suche erleich-

tern. Hier sind die DKMS und deutsche Dateien füh-

rend.

Was könnte am Spendersuchlauf verbessert

werden?

Derzeit sind weltweit über 11 Millionen Spender regi-

striert, davon rund 3 Millionen in Deutschland. Leider

sind nur 53 Prozent der Spender in Deutschland voll-

ständig (also HLA-A-, -B- und -DRB1-) typisiert. Für

eine schnelle und effiziente Spendersuche ist das

Vorhandensein von mehr vollständig typisierten

Spendern von großer Bedeutung. Besonders junge

Spender sollten bei der Aufnahme in eine Datei mög-

lichst komplett mit höherem Auflösungsgrad typisiert

werden.

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Interview mit

Frau Gawellek,

Ansprechpartnerin

für Patienten

bei der DKMS

3377

Interview mit Andi Gawellek, die bei der DKMS dieAnsprechpartnerin für Patienten ist.

w as ist Ihre Aufgabe? Ich versuche die Patienten bei allen Fragen zu

unterstützen, die sie im Zusammenhang mit derSuche nach einem Fremdspender haben. DiesesAngebot gilt für alle Patienten.

Mit welchen Fragen bzw. Problemen wenden sich die

Patienten an Sie?

Das sind ganz verschiedene Fragen. Einmal geht es

um den gesamten Themenkomplex rund um die

Spendersuche, wie ein Suchlauf funktioniert und wel-

chen Anteil die DKMS daran hat. Wie das mit der

Kostenübernahme ist usw. Natürlich kommen in

einem Gespräch auch andere Fragen auf, die die

Patienten bewegen. Je nachdem, in welcher Phase

sie sich an mich wenden, sind das z. B. auch Fragen

zur Familientypisierung, an welche Kliniken man sich

wenden kann, wenn man eine Zweitmeinung möch-

te, oder bei welchen Stellen man finanzielle Unter-

stützung bekommen kann.

Im Zusammenhang mit der Spendersuche: Welche

Erfahrungen machen die Patienten?

Meist ist das größte Problem, dass die Patienten sich

nicht genügend informiert fühlen über den Stand der

Suche und den zeitlichen Ablauf.

Häufige Fragen

Andi Gawellek

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3388

Unterstützung

Wie können Sie dabei unterstützen?

Ich kann ihnen den Ablauf der Fremdspendersuche

erklären und gegebenenfalls mit Einverständnis und

auf Wunsch der Patienten den Kontakt mit dem Arzt

oder Sucheinheit aufnehmen. Das Verhältnis zwischen

Patient und Arzt soll und darf dabei keinesfalls

gestört werden. Insgesamt geht es darum, den

Patienten und deren Angehörigen die Wartezeit zu

erleichtern.

Was wünschen Sie sich für „Ihre“ Patienten im

Zusammenhang mit der Spendersuche?

Ich wünsche mir, dass der Kommunikationsfluss zwi-

schen Patienten und den behandelnden Ärzten opti-

miert wird, denn so kann sich der Patient besser auf

die Zeit des Wartens einstellen.

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In eigener Sache

3399

In eigener Sache – die DKMS STIFTUNG LEBEN SPENDEN

selbsthilfegruppen nach besten Kräften unterstüt-

zen und Patienten aktiven Beistand leisten, das

hat sich die DKMS STIFTUNG LEBEN SPENDEN zum

Ziel gesetzt. Das Motto lautet: „Gemeinsam im Kampf

gegen Leukämie“ – aber natürlich auch gegen andere

Erkrankungen des blutbildenden Systems, bei denen

eine Transplantation nötig sein kann.

Seit 1997 ist die Stiftung die Mutterorganisation der

DKMS Deutsche Knochenmarkspenderdatei gemeinnüt-

zige Gesellschaft mbH und seit 2002 der DKMS LIFE

(früher Aktiv gegen Krebs gemeinnützige Gesell-

schaft mbH/AGK). Sie unterstützt die Aktivitäten der

DKMS und der DKMS LIFE, fördert Forschungsprojekte

zur Stammzellspende und -transplantation und enga-

giert sich im Rahmen der Patientenaufklärung und

-betreuung. Seit 1999 unterstützt die DKMS STIFTUNG

LEBEN SPENDEN den bundesweiten Patientenkongress

der Deutschen Leukämie- & Lymphom-Hilfe e. V. für Leu-

kämie- und Lymphompatienten, Angehörige, Pflege-

kräfte und Ärzte.

Im Bereich der Patientenversorgung fördert die Stiftung

den Auf- und Ausbau des Hilfeangebotes von Selbst-

hilfegruppen, die Leukämiepatienten und deren Ange-

hörige unterstützen wollen. Vorrangig bedeutet das:

finanzielle Starthilfe, um die Grundlage für eine erfolg-

reiche Entwicklung zu schaffen. Die Übernahme von

Personalkosten zählt dabei genauso dazu wie die

Unterstützung von Maßnahmen der Öffentlichkeitsar-

beit. Dies sind nur einige wenige Beispiele, an welchen

Stellen die Unterstützung der DKMS STIFTUNG LEBEN

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Der Mechtild-Harf-Preis

DKMS

4400

SPENDEN greift. Um neue Ideen, Innovationen und

Initiativen im Kampf gegen die Leukämie zu fördern, ver-

leiht die DKMS STIFTUNG LEBEN SPENDEN seit dem Jahr

2001 den Mechtild-Harf-Preis. Er ist benannt nach

Mechtild Harf, deren Schicksal den Anstoß zur Gründung

der DKMS STIFTUNG LEBEN SPENDEN und der DKMS

gab. Er wird einmal im Jahr an Wissenschaftler sowie für

ehrenamtliche Arbeit vergeben. Der Preisträger des

Wissenschaftspreises wird durch den Stiftungsrat und

ein internationales Nominierungskomitee, bestehend

aus namhaften Ärzten und Wissenschaftlern des

Fachbereiches Hämatologie und Onkologie, gewählt.

Viele Betroffene oder Angehörige möchten während der

Spendersuche nicht tatenlos warten und wenden sich

mit ihrem Schicksal an die Öffentlichkeit. Obwohl die

Wahrscheinlichkeit durch die Planung und Durchführung

der eigenen Typisierungsaktion den passenden Spender

zu finden sehr gering ist, so besteht doch durch die ste-

tig steigende Anzahl der Aktionen und Spender eine

immer größere Chance, dass für Patienten der ,geneti-

sche Zwilling’ im weltweiten Verbund gefunden wird.

Diese öffentlichen Typisierungsaktionen haben ganz

entscheidenden Anteil daran, dass in der DKMS mittler-

weile über 1,5 Millionen potenzielle Stammzellspender

registriert sind und über 11.000 Patienten eine Chance

auf Leben gegeben werden konnte. Die DKMS steht bei

der Planung und Durchführung solcher Aktionen mit

langjähriger Erfahrung und Kontakten vor Ort zur Seite.

Wenn auch Sie eine Aktion durchführen möchten, finden

Sie weitere Informationen unter: www.dkms.de

Oder wenden Sie sich direkt an unser Aktionsteam in

Köln unter: 02 21/94 05 82-0.

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Die DKMS-Familie

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Adressen und

Informationen

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Literatur

Kontakt

Adressen und Informationen

Bei Fragen rund um das Thema Fremdspendersuche ist der

behandelnde Arzt Ihr erster Ansprechpartner.

Eine Liste aller akkreditierten Suchzentren finden Sie

unter: www.zkrd.de

Zu grundsätzlichen Fragen rund um die Spender-

suche steht Ihnen die DKMS jederzeit zur Verfügung.

Weitere umfangreiche Literatur zu ähnlichen Themen

erhalten Sie außerdem über die

Deutsche Leukämie- & Lymphom-Hilfe e.V.

www.leukaemie-hilfe.de oder die

Deutsche Krebshilfe e.V.

www.krebshilfe.de.

Die DKMS STIFTUNG LEBEN SPENDEN stellt Betroffenen

folgende Broschüren zur Verfügung:

- Hermann Delbrück

Knochenmark- und Stammzelltransplantation

nach Krebs

- DER ROTE RATGEBER, BAND 2

Diagnose Leukämie & Lymphome – was nun?

Kontakt zur DKMS für Patienten

DKMS Deutsche Knochenmarkspenderdatei gGmbH

Kressbach 1, 72072 Tübingen

www.dkms.deFrau Andi Gawellek

Tel.: o7 07 1 / 94 31 38, E-Mail: [email protected]

Mehr Informationen zu unseren Kosmetikseminaren

finden Sie unter: www.dkms-life.de

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Kressbach 1 · 72072 Tübingen · Tel.: 07071/943-0 · Fax: 07071/943-117E-Mail: [email protected]

Spendenkonto 242 89 89 · Kreissparkasse Tübingen · BLZ 641 500 20

DKMS STIFTUNGLEBEN SPENDEN

EINE REIHE DER

TÜBINGEN

DKMS STIFTUNGLEBEN SPENDEN

DER ROTE RATGEBER

BAND 3

DIE SUCHE NACH

DEM PASSENDEN

STAMMZELLSPENDER

EIN WEGWEISER FÜR BETROFFENE UND ANGEHÖRIGE

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