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Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur-Dynamik-Beziehungen in wasserstoffbrückengebundenen Flüssigkeiten Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften der Fakultät für Chemie der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Holger Nadolny aus Bochum Bochum, Februar 2003

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Dielektrische und NIR-Untersuchungen vonStruktur-Dynamik-Beziehungen in

wasserstoffbrückengebundenen Flüssigkeiten

Dissertation

zur Erlangung des Doktorgrades

der Naturwissenschaften

der Fakultät für Chemie

der Ruhr-Universität Bochum

vorgelegt von

Holger Nadolny

aus Bochum

Bochum, Februar 2003

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Tag der mündlichen Prüfung: 07.04.2003

Prüfungskommission: Referent Prof. Dr. H. Weingärtner

Physikalische Chemie 2

Ruhr-Universität Bochum

Korreferent Prof. Dr. R. Winter

Physikalische Chemie 1

Universität Dortmund

Drittprüfer Prof. Dr. H.-J. Götze

Analytische Chemie

Ruhr-Universität Bochum

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Inhaltsverzeichnis III

Inhaltsverzeichnis

1 Zusammenfassung _________________________________________ 1

2 Einleitung_________________________________________________ 3

3 Theoretische Grundlagen____________________________________ 6

3.1 Die Dielektrizitätskonstante ______________________________________ 63.1.1 Materie im elektrischen Feld _________________________________________ 6

3.1.2 Frequenzabhängigkeit der Dielektrizitätskonstante ________________________ 8

3.1.3 Nichtideale Relaxationsprozesse_____________________________________ 13

3.1.4 Lokales Feld und Kirkwood-Faktor ___________________________________ 18

3.1.5 Statistisch-mechanische Beschreibung des Relaxationsverhaltens __________ 22

3.2 Schwingungsspektroskopische Methoden ________________________ 273.2.1 IR- und NIR-Spektroskopie _________________________________________ 27

3.3 Eigenschaften der gemessenen Systeme__________________________ 313.3.1 Dielektrische Eigenschaften_________________________________________ 31

3.3.2 Spektroskopische Eigenschaften_____________________________________ 34

4 Experimenteller Teil _______________________________________ 35

4.1 Apparatives __________________________________________________ 354.1.1 Dielektrische Messungen___________________________________________ 35

4.1.1.1 Messung der frequenzabhängigen Dielektrizitätskonstante ______________ 35

4.1.1.2 Temperierung der Probe _________________________________________ 37

4.1.1.3 Kalibrierung des Netzwerkanalysators ______________________________ 38

4.1.1.4 Messung der statischen Dielektrizitätskonstante_______________________ 38

4.1.2 Messung des Brechungsindexes_____________________________________ 39

4.1.3 Dichtemessungen ________________________________________________ 40

4.1.4 Nahinfrarotspektroskopische Messung ________________________________ 41

4.1.4.1 Spektrenaufnahme _____________________________________________ 41

4.1.4.2 Optische Hochdruckmesszelle ____________________________________ 42

4.2 Verwendete Chemikalien _______________________________________ 46

4.3 Probenauswahl und Probenvorbereitung__________________________ 474.3.1 Auswahl der zu untersuchenden Systeme______________________________ 47

4.3.2 Probenherstellung ________________________________________________ 47

5 Ergebnisse und Datenauswertung ___________________________ 48

5.1 Auswertung der dielektrischen Messungen ________________________ 48

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Inhaltsverzeichnis IV

5.1.1 Methanol-CCl4 ___________________________________________________ 49

5.1.2 Methanol-Cyclohexan _____________________________________________ 52

5.1.3 n-Butanol-CCl4 ___________________________________________________ 53

5.1.4 n-Butanol-Cyclohexan _____________________________________________ 56

5.1.5 n-Pentanol-CCl4 __________________________________________________ 59

5.1.6 n-Pentanol-Cyclohexan ____________________________________________ 61

5.1.7 3-Pentanol-CCl4 __________________________________________________ 64

5.1.8 tert-Butanol-CCl4 _________________________________________________ 66

5.1.9 TEC-CCl4 _______________________________________________________ 69

5.1.10 DMEP-CCl4 _____________________________________________________ 71

5.1.11 Temperaturabhängigkeit des dielektrischen Verhaltens ___________________ 74

5.2 Betrachtung der Kirkwood-Faktoren______________________________ 78

5.3 Vergleich von dielektrischen Daten mit NMR-Daten _________________ 86

5.4 Auswertung der NIR-Spektren ___________________________________ 92

5.5 Vergleich der Ergebnisse aus dielektrischen und NIR-spektros-

kopischen Messungen _________________________________________ 99

6 Diskussion ______________________________________________ 101

7 Literaturverzeichnis ______________________________________ 106

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1 Zusammenfassung 1

1 Zusammenfassung

Die dielektrische Spektroskopie ist eine der klassischen Methoden, um die

molekulare Dynamik in Flüssigkeiten zu untersuchen. Im Rahmen von grund-

sätzlichen Untersuchungen zur molekularen Dynamik von wasserstoffbrücken-

bildenden Flüssigkeiten wurden in dieser Arbeit dielektrische Untersuchungen

an unterschiedlichen Monoalkoholen in der reinen Flüssigkeit und in

verschiedenen apolaren Lösungsmitteln durchgeführt. Es wurden die Systeme

n-Pentanol in Tetrachlorkohlenstoff (CCl4) und in Cyclohexan (C6H12), 3-

Pentanol in CCl4, 2,2-Dimethyl-ethyl-3-pentanol (DMEP) in CCl4, 3-Ethyl-3-

pentanol (TEC) in CCl4, n-Butanol in CCl4 und C6H12, tert-Butanol in CCl4 und

Methanol in CCl4 und C6H12 bei 298 K untersucht. Bei DMEP, TEC und tert-

Butanol wurden zusätzlich dielektrische Messungen im Temperaturbereich

zwischen 283 und 343 K durchgeführt.

Ergänzend wurden für den verzweigten Alkohol DMEP spektroskopische Unter-

suchungen des ersten Obertons der OH-Streckschwingung im nahen Infrarot

(NIR) durchgeführt, um Informationen über das Verhältnis von Monomeren zu

den gebildeten Assoziaten zu erlangen. Diese wurden mit den Ergebnissen der

dielektrischen Messungen verglichen.

Für Methanol, n-Butanol, n-Pentanol und DMEP lagen Reorientierungszeiten

aus NMR-Untersuchungen von Ludwig et al. vor. Diese wurden mit den

dielektrischen Relaxationszeiten verglichen.

Es konnte in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden, dass die Molekülgröße

und die Molekülstruktur zu großen Unterschieden in den Relaxationszeiten und

der statischen Dielektrizitätskonstante (DK) führen. Die statische DK kann auf

molekularer Ebene durch den Kirkwood-Faktor gK beschrieben werden. Dabei

spiegelt gK > 1 eine bevorzugt parallele und gK < 1 eine bevorzugt antiparallele

Anordnung der Dipole wider. Man kann die in dieser Arbeit betrachteten

Alkohole dabei in zwei Gruppen einteilen. Zum einen DMEP und TEC, die

wegen sterischer Hinderung keine großen Assoziate bilden können und einen

Kirkwood-Faktor gK < 1 aufweisen, zum anderen alle übrigen Alkohole mit

gK > 1.

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1 Zusammenfassung 2

Die Ergebnisse sind mit den aus den NIR-Messungen resultierenden Daten

konsistent.

Durch den Vergleich mit NMR-Daten wurde demonstriert, dass kollektive

Strukturfluktuationen einen wesentlichen Einfluss auf die dielektrische

Relaxation haben. So verlangsamen die resultierenden Kreuzterme in der

Korrelationsfunktion in Systemen mit gK > 1 die dielektrische Relaxation,

während in Systemen mit gK < 1 eine Beschleunigung der dielektrischen

Relaxation verursacht wird. Die Beschleunigung der Relaxation durch

Kreuzterme ist mit den konventionellen Modellen nur schwer zu verstehen. Sie

stimmt aber mit Voraussagen der exakten dielektrischen Theorie überein.

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2 Einleitung 3

2 Einleitung

Wasser spielt in unserer Welt eine herausragende Rolle. Es ist nicht einfach

nur eine chemische Verbindung, sondern es hat auch eine besondere Bedeu-

tung für die Existenz von Leben, das ohne Wasser nicht, zumindest nicht in der

Form, wie wir es kennen, möglich wäre. Einige der Gründe für diese besondere

Rolle sind die, häufig als Anomalien bezeichneten ungewöhnlichen Eigen-

schaften des Wassers [1,2]. Eine der Ursachen dieses Verhaltens ist die

Existenz von Wasserstoffbrücken, im Folgenden mit H-Brücken abgekürzt.

Durch die H-Brücken bilden sich im Wasser, aber auch in anderen protischen

Flüssigkeiten spezielle Strukturen aus, die Gegenstand vieler Untersuchungen

sind.

Eine schon sehr alte und häufig verwendete Methode zur Untersuchung der

Struktur und Dynamik von Fluiden ist die dielektrische Spektroskopie [3-5]. Vor

allem Wasser und wässrige Lösungen wurden mit Hilfe der dielektrischen

Spektroskopie betrachtet. Dabei ging man von einfachen Modellen für

molekulare Bewegungen aus. Grundlagen dieser Modelle war die Vorstellung,

dass die im dielektrischen Spektrum beobachteten Moden durch einfache

Bewegungen wie Umorientierungen von einzelnen Molekülen und größeren

molekularen Aggregaten erklärbar sind. In wässrigen Lösungen unterscheidet

man dabei zwischen dem Beitrag des gelösten Stoffs, dem Beitrag des

Hydratwassers und dem Beitrag des freien Wassers, das vom Gelösten

unbeeinflusst bleibt. Dabei sind die Wassermoleküle, die z. B. ein Ion

umgeben, also die innere Hydratationshülle, gegenüber dem freien Wasser

stark verlangsamt, so dass es sinnvoll ist, von Hydratkomplexen zu sprechen.

Eine Unterscheidung zwischen den unterschiedlich gebundenen Wassermole-

külen ist somit gerechtfertigt.

In der neueren Literatur werden auch dielektrische Untersuchungen an

komplexeren Systemen wie z. B. Biopolymeren, Membranen usw. durchgeführt

[6]. Es zeigt sich aber, dass die üblichen Modelle nicht zur Beschreibung der

Spektren ausreichen. Das wird besonders deutlich, wenn man dielektrische

Daten mit Computersimulationen vergleicht. Da dielektrische Eigenschaften

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2 Einleitung 4

sehr komplex sind, ist es nicht einfach, phänomenologische Modelle aus der

Dielektrik in Ergebnisse der Molekulardynamik und umgekehrt zu übersetzen.

Im Rahmen einer Reihe von Untersuchungen soll eine Brücke zwischen den

gängigen Modellvorstellungen über Lösungsmittelstrukturen und molekularen

Beschreibungen der zeitabhängigen statistischen Mechanik gefunden werden.

Die Erfahrung zeigt, dass Wasserstoffbrückenbildner besonders schwer zu

beschreiben sind. In der dielektrischen Relaxationsspektroskopie wurde ein

sehr unterschiedliches Verhalten von Wasser, Alkoholen und Amiden

beobachtet. Untersuchungen von Wasser und wässrigen Lösungen wurden

bezüglich den in dieser Arbeit auftretenden Fragestellungen bereits im Rahmen

einer Dissertation von Knocks [7] durchgeführt. In dieser Arbeit werden parallel

dazu die dielektrischen Eigenschaften von Alkoholen genauer betrachtet. Die

durch molekulardynamische Simulationen gestützte Analyse der Daten von

Knocks für Lösungen von Zuckern [8] und Proteinen [9] deuten sehr viel

komplexere Mechanismen an, als in phänomenologischen Behandlungen in der

Literatur diskutiert werden. Diese sind durch einfache Beschreibungen nicht

erfassbar. Begründet kann dies dadurch werden, dass die Dielektrik nicht die

Dynamik einzelner Teilchen, sondern kollektive Strukturfluktuationen

widerspiegelt. Dieser Effekt wurde bereits von Madden und Kivelson [10]

beschrieben, wurde allerdings bislang immer vernachlässigt. Zur Zeit laufen in

dieser Arbeitsgruppe Arbeiten von Oleinikova, bei denen ähnliche Einflüsse von

kollektiven Strukturfluktuationen in Proteinlösungen gefunden werden.

In dieser Arbeit soll durch Untersuchungen an Monoalkoholen der Nachweis

erbracht werden, dass kollektive Strukturfluktuationen eine wesentliche Rolle in

der dielektrischen Relaxation spielen. Ein derartiger Einfluss wird in der Theorie

von Madden und Kivelson [10] vorhergesagt. Könnte der Nachweis gelingen,

wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks

gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen möglich.

Der Einfluss der Strukturfluktuationen soll sowohl an den Reinsubstanzen als

auch an Lösungen demonstriert werden. Monoalkohole wurden deshalb

ausgewählt, weil ihre Lösungsstruktur eindimensional ist, im Gegensatz zu

Wasser, das eine dreidimensionale Struktur aufweist. Es ist bekannt, dass sich

Alkohole in längeren Ketten anordnen oder auch zyklische Multimere bilden.

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2 Einleitung 5

Zudem waren Alkohole auch schon Gegenstand einiger Computersimulationen,

in denen kollektive Effekte betrachtet wurden [11,12].

Die Strategie ist es u. a., die in dieser Arbeit gewonnenen dielektrischen Daten

mit NMR-Daten für die Reorientierung einzelner Teilchen, die in einem Projekt

zusammen mit Ludwig (Universität Dortmund) gewonnen wurden, zu

vergleichen. Außerdem werden im Rahmen dieser Arbeit auch NIR-

spektroskopische Untersuchungen zur Bestimmung der Assoziatstruktur

durchgeführt. Ähnliche Untersuchungen, bei denen NIR-Spektren des ersten

Obertons der OH-Streckschwingung betrachtet wurden, wurden bereits in der

Vergangenheit angewendet [13].

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3 Theoretische Grundlagen 6

3 Theoretische Grundlagen

3.1 Die Dielektrizitätskonstante

3.1.1 Materie im elektrischen Feld

Die Kapazität eines Plattenkondensators ist gegeben durch:

ε ⋅= 0

0A

Cd

. (3.1)

Dabei ist C0 die Kapazität des Kondensators im Vakuum, ε0 die elektrische

Feldkonstante, A die Fläche und d der Abstand der Kondensatorplatten.

Bringt man nun ein Dielektrikum zwischen die Kondensatorplatten ein, so

ändert sich seine Kapazität [13]. Bewirkt wird diese Änderung durch die

Polarisation des Dielektrikums. Man unterscheidet dabei zwischen

Orientierungspolarisation orP!

und induzierter Polarisation indP!

, die auch

Verschiebungspolarisation genannt wird. Bei der Orientierungspolarisation

richten sich die permanenten Dipole des Dielektrikums in Richtung des

angelegten elektrischen Feldes hin aus. Ohne den Einfluss eines Feldes sind

die Dipole statistisch verteilt, so dass nach außen hin kein Dipolmoment

resultiert. Bei der Ausrichtung der permanenten Dipole handelt es sich um

einen intermolekularen Vorgang, der hauptsächlich von der Größe der Dipole

und Assoziate und von der Viskosität des Fluids als „reibendes“ Medium

abhängt. Für niedrigviskose Fluide sind die Relaxationszeiten typischerweise

von der Größenordnung 10-10 - 10-11 s.

Bei der induzierten Polarisation entstehen die Dipole durch eine

Ladungsverschiebung innerhalb des Moleküls durch das elektrische Feld. Es

handelt sich hierbei um einen schnelleren, intramolekularen Vorgang (< 10-15

s). Die induzierte Polarisation ist gegeben durch:

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3 Theoretische Grundlagen 7

α= ⋅! !ind locP E . (3.2)

α nennt man die Polarisierbarkeit, die sich aus Elektronenpolarisierbarkeit αE

und Atompolarisierbarkeit αA zusammensetzt. locE!

ist das lokale Feld, das in

Abschnitt 2.1.4 genauer erläutert wird.

orP!

und indP!

bilden in ihrer Summe die Gesamtpolarisation gesP!

. Zwischen gesP!

und dem elektrischen Feld besteht folgender Zusammenhang:

ε ε= −! !

0 ( 1)ges rP E . (3.3)

Ein Maß für die Änderung der Kapazität des Kondensators mit und ohne

Dielektrikum ist die Dielektrizitätskonstante ε, die im Folgenden mit DK

abgekürzt wird. Meistens wird aber die auf die DK des Vakuums ε0 bezogene

relative DK εr, auch Dielektrizitäts- oder Permittivitätszahl genannt, angegeben.

Die DK des Vakuums beträgt im alten cgs-System eins, im SI-System hat sie

einen Wert von ε0 = 8,8542·10-12 AsV-1m-1. Zur Umrechnung zwischen Angaben

im cgs- und SI-System ist der Faktor 1 durch den Faktor 4πε0 zu ersetzen. Die

relative DK ist definiert durch:

ε = 0/r C C . (3.4)

εr ≥ 1 entspricht der Erhöhung der Kapazität eines Kondensators. Es handelt

sich bei εr um eine dimensionslose und stoffspezifische Größe, die von der

Temperatur, dem Druck und der Frequenz des angelegten elektrischen Feldes

abhängig ist.

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3 Theoretische Grundlagen 8

3.1.2 Frequenzabhängigkeit der Dielektrizitätskonstante

Bislang wurde nur Materie im statischen Kondensatorfeld betrachtet.

Polarisation und elektrisches Feld standen also im thermodynamischen

Gleichgewicht. Bei der dielektrischen Spektroskopie betrachtet man aber die

Relaxation der Polarisation aus dem thermodynamischen Nichtgleichgewicht.

Legt man ein elektrisches Feld an und schaltet es ein, so richten sich die

permanenten und induzierten Dipole in dessen Richtung aus [16,17].

Abb. 3.1: Abhängigkeit der Polarisation von der Änderung des elektrischen Feldes

In Abbildung 3.1 ist der Verlauf der Polarisation in Abhängigkeit der Änderung

des elektrischen Feldes dargestellt. Zum Zeitpunkt t1 wird das Feld

eingeschaltet. Die induzierte Polarisation

ε ε∞= −! !

0 0( 1)indP E , (3.5)

bei der es sich um einen sehr schnellen Vorgang handelt, folgt praktisch

zeitgleich der Änderung des Feldes. Die Orientierungspolarisation reagiert

deutlich langsamer. Für eine vollständige Drehung benötigen Moleküle in einer

fluiden Flüssigkeit ca. 10-11 s, in hochviskosen Systemen sind die Bewegungen

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3 Theoretische Grundlagen 9

langsamer. Zum Zeitpunkt t2 wird das Feld verringert. Der Verlauf der

Polarisationsänderung kann im einfachsten Fall durch

τ= −

! !dd

or orP Pt

(3.6)

beschrieben werden. τ bezeichnet man als die mikroskopische Relaxationszeit.

Die Integration von Gleichung (2.6) liefert:

τ= −∫ ∫

!!

d 1 dor

or

Pt

P. (3.7)

Die Abklingfunktion der Orientierungspolarisation kann somit durch das

folgende exponentielle Zerfallsgesetz, das durch die Relaxationszeit τ oder

durch eine Relaxationszeitverteilung g(τ) charakterisiert ist, beschrieben

werden:

τ−

= = ⋅! !

( ) ( 0)t

or orP t P t e . (3.8)

Mit Hilfe dieser Funktion kann die Relaxationszeit bestimmt werden. Da

dielektrische Messungen in der Zeitdomäne, besonders bei sehr schnellen

Relaxationsvorgängen, häufig ungenau sind, bietet sich ein direktes Messen

von τ nur bedingt an. Bessere Ergebnisse erhält man, wenn man ein

dynamisches Verfahren anwendet. Hier bieten sich periodische Wechselfelder

an, bei denen die permanenten Dipole nicht mehr im Gleichgewicht mit dem

ständig wechselnden Feld stehen, sondern ihm immer etwas hinterhereilen.

Man misst dann in der Frequenzdomäne. Der Zusammenhang zwischen Daten

aus der Frequenz- und der Zeitdomäne ist durch die Fourier-Transformation

gegeben.

Im Spezialfall von harmonischen Wechselfeldern gilt für das elektrische Feld in

Abhängigkeit von der Zeit t und der Kreisfrequenz ω πν= 2 :

ω= ⋅0( ) i tE t E e . (3.9)

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3 Theoretische Grundlagen 10

Auch für die Orientierungspolarisation lässt sich ein solcher Ausdruck

annehmen:

ω= ⋅( ) i torP t A e . (3.10)

Während zur Beschreibung der Orientierungspolarisation beim Abschalten des

elektrischen Feldes eine Größe ausreicht, wie in Gl. (3.6) zu sehen ist, benötigt

man zur dynamischen Beschreibung der zeitlichen Änderung der Polarisation

zwei Größen. Es muss hier die Differenz zwischen der statischen Polarisation

im Gleichgewicht und der angenommenen dynamischen Polarisation

berücksichtigt werden.

τ−

=! ! !

(0) ( )or or ordP P P tdt

(3.11)

Unter Berücksichtigung von

ε ε ε∞= −! !

0 0( )or rP E (3.12)

erhält man:

ωε ε ετ

∞− − ⋅=

! !0 ( ) i t

or stdP E A edt

. (3.13)

εst stellt dabei den Wert der DK bei τ"t dar und ist daher mit der relativen DK

εr gleichzusetzen. ε∞ gibt den Wert der DK bei τ#t an. Die

Orientierungspolarisation kann nach Auflösung der Differentialgleichung als

komplexe Funktion geschrieben werden:

ε ε εωτ

∞−=

!0 ( )( )1

storP t

i. (3.14)

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3 Theoretische Grundlagen 11

Unter Berücksichtigung von Gl. (3.3) und Gl. (3.5) erhält man dann in der

Frequenzdomäne die sogenannte Debyefunktion für die komplexe DK ( )ε ω∗

als Funktion der Kreisfrequenz ω:

( )1

st

iε εε ω ε

ωτ∗ ∞

∞−= +

+. (3.15)

Diese komplexe Funktion kann gemäß

( ) '( ) ''( )iε ω ε ω ε ω∗ = − (3.16)

in Real- und Imaginärteil aufgespalten werden. Für den Realteil, auch

Dispersion genannt, ergibt sich:

ε εε ω ε

ω τ∞

−= +

+ 2 2'( )1

st . (3.17)

Der Imaginärteil bzw. die Absorption lässt sich wie folgt darstellen:

ωτε ω ε εω τ∞= −

+ 2 2''( ) ( )1st . (3.18)

Bei der Debye-Relaxation handelt es sich um einen idealisierten Prozess. Eine

Debye-Relaxation liegt vor, wenn sich der Prozess in der Zeitdomäne durch ein

einfaches, exponentielles Zerfallsgesetz beschreiben lässt.

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3 Theoretische Grundlagen 12

Abb. 3.2: Frequenzabhängigkeit der DK

Da Dispersion und Absorption den gleichen Informationsinhalt besitzen, eignen

sich beide zur Auswertung. In Abbildung 3.2 ist der Verlauf von Real- und

Imaginärteil über einen großen Frequenzbereich schematisch dargestellt. Bei

der Auswertung des Realteils wird ε' gegen die Frequenz ν aufgetragen. Aus

der Lage des Wendepunktes erhält man die Relaxationszeit τ. Für niedrige

Frequenzen konvergiert ε' gegen εst, für hohe Frequenzen nähert sich ε' dem

Grenzwert ε∞ an. Bei der Auftragung von ε'' gegen ν erhält man aus der Lage

des Kurvenmaximums die Relaxationszeit τ. Die Höhe des Maximums ist durch

die Differenz ε ε∞−st gegeben. Bei niedrigen und hohen Frequenzen fällt ε'' auf

null ab. In Abbildung 3.2 ist allerdings das dielektrische Spektrum eines

Systems mit geladenen Teilchen dargestellt. Im letztgenannten Fall nimmt ε''

bei tiefen Frequenzen mit fallender Frequenz zu und divergiert im Grenzfall ν →

0. Dieser Anstieg wird durch die Leitfähigkeit auf Grund der Anwesenheit von

Ionen verursacht und spielt in dieser Arbeit keine Rolle.

Der Realteil der DK ist bei niedrigen Frequenzen konstant und entspricht der

statischen DK. Für die in dieser Arbeit untersuchten Systeme erstreckt sich

dieses Gebiet bis ca. 109 Hz. In diesem Frequenzbereich wird der größte Teil

zur DK durch die Dipole, die sich in Richtung des Feldes orientieren,

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3 Theoretische Grundlagen 13

beigetragen. Erhöht man die Frequenz, fällt die DK auf den Wert ε∞ ab, da die

Dipole nicht mehr dem Feld folgen können. In diesem Frequenzbereich spielt

nur noch die Verschiebungspolarisation eine Rolle. Der Wert der DK entspricht

dann dem Quadrat des Brechungsindexes n. Dieser Zusammenhang wird als

Maxwell-Beziehung bezeichnet:

2nε∞ = . (3.19)

In der Praxis setzt man aber in der Regel

21,05 nε∞ = ⋅ , (3.20)

wobei durch den Faktor 1,05 ein geringer Beitrag der sogenannten

Atompolarisation berücksichtigt wird. Damit kann ε∞ aus Brechungsindexdaten

abgeschätzt werden.

3.1.3 Nichtideale Relaxationsprozesse

Bei der im letzten Abschnitt beschriebenen Debye-Relaxation handelt es sich

um einen idealen Vorgang. In den meisten Fällen stellen aber beobachtete

Relaxationen keinen idealen Prozess dar. So treten z. B. bei Alkoholen [18] bis

zu drei jeweils ideale Prozesse auf, die sich überlagern. Der gesamte

Relaxationsprozess kann durch Addition der drei Debye-Prozesse beschrieben

werden:

1 2 31 23

1 2 3

( )1 1 1

st

i i iε ε ε εε εε ω ε

ωτ ωτ ωτ∗ ∞ ∞ ∞∞ ∞

∞− −−= + + +

+ + +. (3.21)

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3 Theoretische Grundlagen 14

ν / Hz

ε '

Abb. 3.3: Realteil eines dreistufigen Relaxationsprozesses

ν / Hz

ε ''

Abb. 3.4: Imaginärteil eines dreistufigen Relaxationsprozesses

In den Abbildungen 3.3 und 3.4 sind Beispielspektren von Real- und

Imaginärteil eines dreistufigen Relaxationsprozesses abgebildet. Man erkennt

deutlich, wie sich die einzelnen Moden zu einem gesamten Spektrum addieren.

Weitere Gründe für das Abweichen vom idealen Verhalten können z. B. das

Vorhandensein vieler Relaxationsprozesse oder eine breite Verteilung der

Relaxationszeit τ sein, d. h. es überlagern sich viele einfache Mechanismen zu

einem gesamten. Um auch diese nichtidealen Vorgänge beschreiben zu

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3 Theoretische Grundlagen 15

können, kann die Debye-Gleichung (3.15) durch Einführung zusätzlicher

Anpassparameter erweitert werden.

So führten K. S. Cole und R. H. Cole [19] in ihrem Modell den empirischen

Parameter α ein, der Werte zwischen 0 und 1 annehmen kann, und erhielten

die sog. Cole-Cole-Gleichung.

10

( )1 ( )

st

i α

ε εε ω εωτ

∗ ∞∞ −

−= ++

(3.22)

Dieser Ansatz geht davon aus, dass es eine Verteilung vieler Relaxationszeiten

gibt. Das Maximum der Verteilung ist durch die sog. kritische Relaxationszeit τ0

gegeben. Wie bei dem Debye-Ansatz erhält man einen zentrosymmetrischen

Verlauf des Realteils und einen symmetrischen Imaginärteil. Der

Korrekturparameter α bewirkt eine Streckung der Kurven. Real- und

Imaginärteil lassen sich durch folgende Ausdrücke darstellen:

0

0

sinh[(1 )ln( )]'( ) 12 cosh[(1 )ln( )] sin0,5

stε ε α ωτε ω εα ωτ πα

∞∞

− −= + ⋅ − − + , (3.23)

0

cos0,5''( )2 cosh[(1 )ln( )] sin0,5

stε ε παε ωα ωτ πα

∞ −= ⋅ − + . (3.24)

Für den Fall, dass α den Wert null annimmt, geht die Cole-Cole-Gleichung in

die Debye-Gleichung über.

Für Relaxationsmechanismen, bei denen der Real- bzw. der Imaginärteil nicht

durch eine zentrosymmetrische bzw. symmetrische Verteilung gegeben ist,

eignet sich der Cole-Cole-Ansatz nicht. Hier können z. B. Methoden nach Cole

und Davidson [20], Havriliak und Negami [21] oder Kohlrausch, Williams und

Watts [22] angewendet werden. An dieser Stelle werden die Ansätze nach

Havriliak und Negami und Kohlrausch, Williams und Watts allerdings nicht

weiter erläutert.

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3 Theoretische Grundlagen 16

Auch der Ansatz nach Cole-Davidson (CD) erweitert die Debye-Gleichung (Gl.

(3.15)) durch einen weiteren Anpassparameter β :

0

( )(1 )

st

i β

ε εε ω εωτ

∗ ∞∞

−= ++

(3.25)

Der Real- und Imaginärteil der DK sind gegeben durch:

'( )= ( )cos cosstβε ω ε ε ε ϕ ϕβ∞ ∞+ − (3.26)

''( )=( )cos sinstβε ω ε ε ϕ ϕβ∞− (3.27)

mit 0arctanϕ ωτ= . Der Ansatz von Cole und Davidson basiert auf der Annahme

einer asymmetrischen Frequenzverteilung der Rotationsbewegung, die zu

hohen Frequenzen hin durch eine Maximalfrequenz abgeschnitten ist. β

charakterisiert die Breite der Verteilung in der Zeitskala und führt zu einer

asymmetrischen Verteilung in der Frequenzskala.

In den Abbildungen 3.5 und 3.6 sind die Realteile von Cole-Cole- und Cole-

Davidson-Funktionen für unterschiedliche Korrekturparameter α bzw. β

schematisch dargestellt. Es ist deutlich zu erkennen, dass die CC-Funktion

symmetrisch gestreckt wird, während bei der CD-Funktion der

Korrekturparameter zu einer unsymmetrischen Verbreiterung führt.

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3 Theoretische Grundlagen 17

log ν / Hz

ε '

Abb. 3.5: Auftragung des Realteils einer Cole-Cole-Funktion für α = 0 (steilste Kurve), α = 0.2

und α = 0.5 (flachste Kurve)

log ν / Hz

ε '

Abb. 3.6: Auftragung des Realteils einer Cole-Davidson-Funktion für β = 1 (steilste Kurve),

β = 0.8, und β = 0.5 (flachste Kurve)

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3 Theoretische Grundlagen 18

3.1.4 Lokales Feld und Kirkwood-Faktor

Vergleicht man Werte, die man für Polarisierbarkeit von Substanzen in der

Gasphase und der flüssigen Phase erhält, fällt auf, dass diese sich

unterscheiden. Grund dafür ist, dass sich das elektrische Feld in einer

Flüssigkeit vom äußeren Feld unterscheidet. Aus diesem Grund wurden

Theorien entwickelt, die beschreiben, welches Feld auf ein Teilchen in einem

Dielektrikum wirkt. Lorentz [23,15] ging davon aus, dass sich das betrachtete

Teilchen innerhalb eines kugelförmigen Hohlraums befindet und dass das

umgebende Medium homogen ist. Man erhält für unpolare Substanzen das

sog. Lorentz-Feld1 LorentzE in Abhängigkeit des äußeren Feldes E und der

Polarisierbarkeit P:

εε

+= + = + =0

( 2)3 3Lorentz KugelP EE E E E (3.28)

Für unpolare Flüssigkeiten leiteten Clausius und Mosotti die nach ihnen

benannte Formel her.

ε αε ε

− = ⋅+ ∑

0

1 12 3 k k

kN , (3.29)

Dabei ist N die Teilchendichte pro cm-3 und α die Polarisierbarkeit des

Teilchens. Der Index k bezieht sich auf die Teilchensorte. Für den Fall, dass es

sich um eine reine Flüssigkeit handelt, reduziert sich die Clausius-Mosotti-

Gleichung zu:

ε αε ε

− =+ 0

12 3

N . (3.30)

1 In diesem Abschnitt wird in Anlehnung an [15] auf die vektorielle Schreibweise verzichtet.

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3 Theoretische Grundlagen 19

Debye berücksichtigte bei der Beschreibung von polaren Stoffen zusätzlich

noch die Orientierungspolarisierbarkeit, die von Langevin eingeführt wurde, und

erhielt die sog. Debye-Gleichung, die allerdings sowohl bei der Orientierungs-

als auch bei der induzierten Polarisation vom Lorentzfeld ausgeht.

ε µαε ε

− = + + ∑

2

0

1 12 3 3

st kk k

kst

Nkt

(3.31)

Mit Hilfe der Debye-Gleichung kann das Dipolmoment bestimmt werden.

Allerdings liefert diese Methode nur für Gase bei geringen Drücken, jedoch

nicht für Flüssigkeiten brauchbare Ergebnisse. Bei Flüssigkeiten muss neben

der Verstärkung des den Dipol umgebenden lokalen Feldes durch die

Polarisation seiner Umgebung auch die Dipol-Dipol-Wechselwirkung von

permanenten Dipolen berücksichtigt werden. Um auch Dipolmomente in

polaren Flüssigkeiten bestimmen zu können, berücksichtigte Onsager [24]

zusätzliche Beiträge: ein Käfig- oder Hohlraumfeld

εε

=+

32 1KE E , (3.32)

das bei Abwesenheit des Dipols durch das äußere Feld resultieren würde, und

ein Reaktionsfeld

1R KE E αα

ƒ ⋅= ⋅− ƒ ⋅

, (3.33)

das sich durch die Polarisation der umgebenden Materie durch Anwesenheit

des Dipols ausbilden würde. ƒ ist der sog. Reaktionsfeldfaktor.

Für das interne Feld Eloc ergibt sich danach:

= +loc d RE E E , (3.34)

wobei

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3 Theoretische Grundlagen 20

1 1 31 1 2 1d KE E Eε

α α ε= ⋅ = ⋅

− ƒ − ƒ +(3.35)

ist. Wenn die Flüssigkeit aus unterschiedlichen Molekülen besteht, müssen die

jeweiligen Felder für jede Molekülsorte einzeln berechnet werden.

1 3( )1 2 1d k

k k

E Eεα ε

= ⋅− ƒ +

(3.36)

Setzt man den so erhaltenen Ausdruck für das lokale Feld in die relevante

Beziehung für die Polarisation ein [15], folgt:

20( 1)(2 1) 1 1

3 1 3 1k

k kk k k k k

NkT

ε ε ε µαε α α

− + = + − ƒ − ƒ ∑ . (3.37)

Näherungsweise folgt daraus [15]

1 (( ) 2)(2 1)1 3(2 ( ) )

k

k k k

ε εα ε ε

+ +=− ƒ +

(3.38)

und man erhält

20( 1) ( ) 2 (( ) 2)(2 1)

2 ( ) 3(2 ( ) ) 3k k k

k kk k k

NkT

ε ε ε ε ε µαε ε ε ε ε

∞ ∞

∞ ∞

− + + += ⋅ + + + ∑ . (3.39)

Für den Fall, dass es sich um eine Flüssigkeit mit Dipolen einer Sorte handelt,

kann α über die Clausius-Mosotti-Gleichung bestimmt werden, und man erhält

die sog. Onsager-Gleichung.

2 02

9 ( )(2 )( 2)

st stOns

A st

kT MN

ε ε ε ε εµρ ε ε

∞ ∞

− += ⋅+

(3.40)

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3 Theoretische Grundlagen 21

Die von Kirkwood [25] und Fröhlich [26] vorgeschlagene Theorie betrachtet

zusätzlich zum Reaktionsfeld die Wechselwirkungen zwischen benachbarten

Molekülen. Diese können Dipol-Dipol-Wechselwirkungen, Wasserstoffbrücken,

sterische Hinderung usw. sein. Die Einbeziehung dieser Wechselwirkungen

führt zu dem sog. Kirkwood-Korrelationsfaktor gK.

,1

1 cosN

K i jj

g=

= + Θ∑ (3.41)

,i jΘ stellt den Winkel zwischen dem Referenzdipol i und einem Dipol j innerhalb

eines betrachteten kugelförmigen Volumens dar.

Die Einführung des Korrelationsfaktors in das Onsager-Modell führt zur sog.

Kirkwood-Fröhlich-Gleichung.

02 2

9 ( )(2 )( 2)

st stK

A gas st

kT MgN

ε ε ε ε ερµ ε ε

∞ ∞

− += ⋅+

(3.42)

Der Kirkwood-Faktor ist ein Maß dafür, wie sich benachbarte Moleküle

zueinander anordnen. Wenn gK = 1 ist, liegt eine statistische Orientierungs-

verteilung vor und die Kirkwood-Fröhlich-Gleichung entspricht der Onsager-

Gleichung (3.40). Ist gK > 1, bevorzugen die Dipole eine parallele Ausrichtung,

ist gK < 1, ordnen sie sich bevorzugt antiparallel an.

Handelt es sich bei dem Dielektrikum um Dipole, wie z. B. Wasser, Alkohole

oder Amide, können auch Mischungen dieser Substanzen betrachtet werden.

Die von den Dipolen gebildeten Assoziate, die Ketten oder Ringe sein können,

werden im Folgenden als Multimere bezeichnet.

Betrachtet man jedes Multimer als eigene Komponente und schließt man eine

gegenseitige Beeinflussung der Gesamtdipolmomente der Assoziate

untereinander aus, kann die Gl. (3.37) angewendet werden. Für den Fall, dass

es sich um ein Dielektrikum P in einem unpolaren Lösungsmittel L handelt,

können Lösungsmittel und Dielektrikum folgendermaßen betrachtet werden:

20

1

( 1)(2 1) 13 1 1 3 1

L L n nn

nL L n n n n

N NkT

ε ε ε α µαε α α α

=

− + = + + ⋅ − ƒ − ƒ − ƒ ∑ . (3.43)

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3 Theoretische Grundlagen 22

Der Index n bezieht sich dabei auf die Multimere, die aus n Dipolen bestehen.2nµ wird über alle Multimere unterschiedlicher Größe gemittelt.

Unter Benutzung der Clausius-Mosotti-Gleichung (3.29) und der Onsager-Ab-

schätzung (3.38) sowie der Annahme, dass die Polarisierbarkeiten und Molvo-

lumina der Multimere proportional zur Anzahl der Dipole sind, erhält man für

binäre Mischungen einer polaren Substanz P in einem unpolaren Lösungsmittel

L in Abhängigkeit der Molenbrüche der beiden Komponenten:

20

29 (2 ) ( 1) 3 ( 1) 3 ( 1)

( 2) (2 1) (2 ) (2 )st st L L L P P

KD A D st st st L L st P

kT V x M x Mgx N

ε ε ε ε ε εµ ε ε ε ε ε ρ ε ε ρ

∞ ∞

∞ ∞

+ − − −= − − + + + + . (3.44)

Dabei ist ( ) /L L P PV x M x M d= + das Molvolumen und xi der Molenbruch der

jeweiligen Komponente. , und i i iM ρ ε sind die Molmasse, die Dichte und die

Dielektrizitätskonstante der jeweils reinen Komponenten (i = P,L).

3.1.5 Statistisch-mechanische Beschreibung des Relaxationsverhaltens

Die auf molekularer Ebene interessante Größe zur Beschreibung des

Relaxationsverhaltens ist die Zeit-Korrelationsfunktion [16]

( ) (0) ( )MM t M M tΦ = ⋅! !

(3.45)

des Gesamtdipolmoments ( )M t!

. Man betrachtet hier die variable Orientierung

des Dipolvektors ( )M t!

zur Zeit t = 0 und t = t und bildet den Ensemble-

Mittelwert. Die Korrelationsfunktion (0) ( )M M t⋅! !

ist z. B. die Größe, mit deren

Hilfe dielektrische Eigenschaften aus Computersimulationen extrahiert werden.

( )M t!

ist die Summe aller einzelnen molekularen Dipolmomente ( )tµ! zum

Zeitpunkt t. Die Zeitkorrelationsfunktion ist über eine Fourier-Laplace-

Transformation mit der frequenzabhängigen DK verknüpft.

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3 Theoretische Grundlagen 23

Zwischen der Zeitkorrelationsfunktion und der dielektrischen Suszeptibilität

besteht der folgende Zusammenhang:

{ }0'( ) ( / 3 )Re ( ( ))MMkTV tχ ω χ ω= − ΦL , (3.46)

{ }''( ) ( / 3 )Im ( ( ))MMkTV tχ ω ω= ΦL . (3.47)

Dabei ist ( ( ))MM tΦL die Fourier-Laplace-Transformation von ( )MM tΦ . Re {...}

und Im {...} bezeichnen den Real- bzw. Imaginärteil. Die komplexe dielektrische

Suszeptibilität und die komplexe DK sind über die Beziehung

( ) '( ) ''( ) ( ) / 4χ ω χ ω χ ω ε ω π∗ ∗= + = ∆ (3.48)

miteinander verknüpft. Bei einer Kreisfrequenz von ω = 0 gilt:

2

0 3

M

kTVχ =

$$!

. (3.49)

Hier ist V das Volumen und T die Temperatur. Im einfachsten Fall kann das

Abklingverhalten von ( )MM tΦ durch eine einfache Exponentialfunktion be-

schrieben werden.

( ) dt

MM t A e τ−

Φ = ⋅ (3.50)

Dabei ist dτ die dielektrische Relaxationszeit. Die Funktion (3.50) entspricht

praktisch der Debye-Gleichung (3.15) in der Frequenzdomäne. Liegt eine

Überlagerung von mehreren einfachen Prozessen vor, wie es beim

Relaxationsverhalten von z. B. Alkoholen der Fall ist, erhält man in

Abhängigkeit der einzelnen Amplituden An und Relaxationszeiten ndτ :

( ) dn

t

MM nn

t A e τ−

Φ = ⋅∑ . (3.51)

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3 Theoretische Grundlagen 24

Für die komplexe Suszeptibilität folgt dann:

( )1

n

n

n d

Ai

χ ωωτ

∗ =+∑ . (3.52)

Für den Zusammenhang zwischen der Gesamtkorrelationsfunktion ( )MM tΦ und

der Korrelationsfunktion der einzelnen Dipole

( ) (0) ( )t tµµφ µ µ= ! ! (3.53)

erhält man, wenn man davon ausgeht, dass sich das Gesamtdipolmoment

( )M t$$!

additiv aus den N einzelnen Dipolmomenten ( )tµ! zusammensetzt, den

Ausdruck:

1 1( ) (0) ( ) (0) ( )

N N

MM t M M t tα βα β

µ µ= =

Φ = =∑∑$$! $$! ! ! . (3.54)

Geht man davon aus, dass der Betrag der molekularen Dipolmomente ( )tµ!

nicht von der Zeit abhängig ist, erhält man durch Einführung der Einheits-

vektoren ,uα β

! entlang den Dipolachsen

{ }2 21 1 1( ) ( ) ( ) ( )s c

MM t N C t N C t C tµ µΦ = = +! ! , (3.55)

dabei ist

1 ( ) (0) ( )sC t u u tα α=! !

(3.56)

ein Eigenanteil und

1 ( )1

( ) (0)N

ctC t u uα β

β α≠ =

= ∑! !(3.57)

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3 Theoretische Grundlagen 25

ein Kollektivanteil der Korrelationsfunktion. Dieser spiegelt kollektive Struktur-

fluktuationen wider und ist damit auf intermolekulare Wechselwirkungen sehr

empfindlich. Der Index 1 bedeutet, dass die Zeitkorrelationsfunktionen bei

dielektrischen Prozessen mit Kugelflächenfunktionen erster Ordnung verknüpft

sind [27].

Molekulare Reorientierungen können aber auch bei magnetischen

Relaxationsexperimenten wie z. B. der Kernresonanzspektroskopie (NMR)

beobachtet werden. In diesem Fall ist aber zu beachten, dass die

Korrelationsfunktion des Eigenanteils mit Kugelflächenfunktionen der Ordnung

l = 2 verknüpft ist und nur der Selbstanteil eingeht:

[ ]22 ( ) 3 (0) ( ) 1sC t u u tα α= −

! !(3.58)

Im diffusiven sog. Debye-Limit gilt:

11 ( )

st

sC t e τ−

= , (3.59)

22 ( )

st

sC t e τ−

= . (3.60)

Die beiden Korrelationszeiten 1sτ und 2

sτ , im Folgenden als 1s

sτ τ≡ und

2s

NMRτ τ= bezeichnet, hängen über die Beziehung

3s NMRτ τ= (3.61)

zusammen. Über diese Beziehung kann die Korrelationszeit τs abgeschätzt

werden, die mit der dielektrischen Relaxationszeit τd verglichen werden kann.

Durch einen Vergleich zwischen NMR-Daten und dielektrischen Daten können

also Aussagen über kollektive Fluktuationen erhalten werden. Eine

entsprechende statistisch-mechanische Theorie wurde 1984 von Kivelson und

Madden beschrieben, die einen Zusammenhang zwischen τs und τd liefert.

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3 Theoretische Grundlagen 26

Unter der Voraussetzung, dass eine exponentielle Debye-Korrelationsfunktion

vorliegt, finden Madden und Kivelson [10] den Ausdruck:

'K

d sgg

τ τ= ƒ (3.62)

Hier ist gK der Kirkwood-Korrelationsfaktor, ƒ ist eine Korrektur des inneren

Feldes und bei g' handelt es sich um einen dynamischen Korrelationsfaktor.

Über die Faktoren ƒ und g' ist wenig bekannt. Madden und Kivelson

argumentieren, dass das Verhältnis ƒ / g' von der Größenordnung 1 ist. Damit

sind die beiden Korrelationszeiten über den statischen Kirkwood-Faktor

verknüpft. Die Gleichung (3.62) spiegelt eine Struktur-Dynamik-Beziehung

wider, die in der vorliegenden Form bisher noch nicht experimentell bewiesen

wurde. Eine ähnliche Beziehung wurde jedoch für die dynamische

Lichtstreuung vorausgesagt und dort experimentell bestätigt [28]. Über diese

Beziehung ist es also möglich, Relaxationszeiten aus dielektrischen Messungen

mit denen aus NMR-Untersuchungen zu vergleichen.

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3 Theoretische Grundlagen 27

3.2 Schwingungsspektroskopische Methoden

Zur Untersuchung von Wasserstoffbrückenbindungen werden sehr häufig auch

schwingungsspektroskopische Methoden, also die UV-VIS- und IR-

Spektroskopie, verwendet. Während sich aus Messungen im UV-VIS-Gebiet

nur wenige Informationen über die H-Brücken gewinnen lassen, wenn an ihnen

keine chromophoren Gruppen beteiligt sind [29,30], liefern IR-Messungen recht

gute Ergebnisse. Der IR-Bereich erstreckt sich vom fernen Infrarot (FIR), das

direkt nach dem Gebiet der Dielektrik beginnt, über das eigentliche IR bis hin

zum nahen IR (NIR), das in den sichtbaren Bereich des Spektrums übergeht. In

dieser Arbeit werden Untersuchungen der Wasserstoffbrücken im NIR

durchgeführt.

3.2.1 IR- und NIR-Spektroskopie

Die Existenz von H-Brücken beeinflusst die Bindungsparameter von

Bindungen. Durch diese Beeinflussung ändern sich die Intensität und Frequenz

der zugehörigen Molekülschwingungen. Aus dem Infrarotspektrum können

Informationen über die Beeinflussung gewonnen werden. Von besonderem

Interesse sind dabei die Schwingungen, an denen die Brückenatome A, H und

B beteiligt sind.

In Abbildung 3.7 sind die typischen Schwingungen eines A-H···B Komplexes

dargestellt. Den stärksten Einfluss hat die Wasserstoffbrückenbindung auf die

A-H-Streckschwingung, die deshalb auch häufig untersucht worden ist.

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3 Theoretische Grundlagen 28

1) A-H-Streckschwingung

2) A-H-Biegeschwingung

3)A-H-Torsionsschwingung

4) A-H⋅⋅⋅B-Streckschwingung

5) A-H⋅⋅⋅B-Biegeschwingung

ν(A—H)

δ(A—H)

γ(A—H)

ν(H⋅⋅⋅B)

δ(H⋅⋅⋅B)

γ( H⋅⋅⋅B)

Abb. 3.7: Schwingungen eines Komplexes mit H-Brücke [31]

Abb. 3.8: IR-Spektren von Cyclohexanol in CCl4 [13]

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3 Theoretische Grundlagen 29

Untersuchungen des Einflusses von H-Brücken in Alkohol-Tetrachlor-

kohlenstoff-Mischungen wurden bereits von Luck und Mitarbeitern

durchgeführt, als Beispiel sei die Arbeit von Luck und Ditter über Cyclohexanol-

Tetrachlorkohlenstoff-Mischungen [13] angeführt. In Abbildung 3.8 sind IR-

Spektren von Cyclohexanol bei unterschiedlichen Alkoholkonzentrationen

abgebildet. Die Absorptionsbande des freien Moleküls liegt bei einer

Wellenlänge von ca. 2,75 µm und ist relativ schmal. Betrachtet man die Bande

der Assoziate, ist deutlich zu erkennen, dass die Absorption der OH-

Streckschwingung zu längeren Wellenlängen hin verschoben ist. Die

Verschiebung kommt dadurch zustande, dass die Kraftkonstante der OH-

Bindung im Vergleich zum freien Molekül kleiner wird. Diese Verschiebung ist

ein wichtiger Hinweis auf die Existenz von Wasserstoffbrücken. Zudem ist die

Brückenbande gegenüber der des Monomers stark verbreitert und weist eine

höhere Integralabsorbanz auf. Bei genauer Betrachtung der Spektren sind

außerdem noch Nebenmaxima zu erkennen.

Abb. 3.9: NIR-Spektren von Cyclohexanol in CCl4 [13]

In Abbildung 3.9 sind Absorptionsspektren der gleichen Mischungen abgebildet.

Allerdings sind diese im NIR-Bereich aufgenommen worden und es handelt

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3 Theoretische Grundlagen 30

sich um den ersten Oberton der OH-Streckschwingung. Das NIR-Spektrum der

Oberschwingung weist einige Unterschiede zum IR-Spektrum der

Grundschwingung auf. So ist seine Gesamtintensität wesentlich geringer.

Dieser Umstand kann allerdings durch Verwendung größerer Schichtdicken

ausgeglichen werden. Im Gegensatz zum Grundschwingungsspektrum

entspricht bei der Obertonschwingung die Intensität der Brückenbande

ungefähr der Intensität der Bande des Monomers. Die Wellenlängen-

verschiebung der Brückenbande gegenüber der Monomerbande fällt um einen

Faktor von 1,75 größer aus als im IR-Bereich. Die wesentlich geringere

Intensität der Brückenbande und die größere Wellenlängenverschiebung

erleichtern die quantitative Bestimmung von Monomeren. In Tabelle 2.1 sind

die charakteristischen Daten für Monomer- und Assoziatbanden zusammen-

gefasst.

Die in dieser Arbeit aufgenommenen Spektren wurden unter der Annahme der

Gültigkeit des Lambert-Beerschen Gesetzes ausgewertet.

2

11

0log gesI Bd c dI M

λ λ

λ

λ = ⋅ ⋅∫ (3.63)

Hier ist Bλ der integrierte molare Absorptionskoeffizient, M die Molmasse, d die

optische Weglänge und I und I0 die wellenlängenabhängige Intensität des

Proben- bzw. Referenzsignals.

freies OH H-Brücke ∆ν

Grundschwingung

ν / cm-1

Intensität / mol-1cm2

3623

~ 57

3342

≈ 86

281

Oberschwingung

ν / cm-1

Intensität / mol-1cm2

7072

~ 2,3

~ 6580

~ 0,1

~ 490

Tab. 3.1: Grund- und Obertonschwingung der OH-Streckschwingung von Cyclohexanol [13]

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3 Theoretische Grundlagen 31

3.3 Eigenschaften der gemessenen Systeme

3.3.1 Dielektrische Eigenschaften

Untersuchungen von H-Brückenbindungen sind von großem Interesse. Das

dielektrische Relaxationsverhalten von protischen Flüssigkeiten ist Gegenstand

einer Reihe von Arbeiten [18,32-35]. Ein schematisches dielektrisches,

dreistufiges Relaxationsspektrum, wie es auch bei Alkoholen zu beobachten ist,

ist in den Abbildungen 3.3 bzw. 3.4 abgebildet. Alkohole zeigen im Allgemeinen

drei Relaxationsprozesse. Eine weit verbreitete Erklärung dieser Prozesse

lautet: Der langsamste Vorgang besteht in der Wiederherstellung der durch

das elektrische Feld gestörten Assoziatstruktur der Flüssigkeit. Der zweite

Prozess ist wird von der Reorientierung einzelner Moleküle oder kleiner

Assoziate verursacht. Diese Interpretation ist jedoch fraglich [36]. Der dritte und

schnellste Prozess ist auf intermolekulare OH-Bindungsbewegungen

zurückzuführen. Die genauen Vorgänge sowie die Wechselwirkungen zwischen

Struktur und Dynamik der Relaxation sind noch nicht vollständig verstanden

und sind Gegenstand vieler aktueller Untersuchungen [36-38].

Neben den H-Brückenbindungseffekten müssen bei der Interpretation aber

auch Van-der-Waals-Wechselwirkungen berücksichtigt werden. Sie können

zwischen unpolaren Molekülen z. B. des Lösungsmittels oder auch unpolaren

Molekülgruppen der H-brückenbildenden Flüssigkeit wirken. Zur Untersuchung

des Einflusses der nichtspezifischen Wechselwirkungen sind Alkohole

besonders gut geeignet, da hier durch Veränderungen des Alkylrestes die

VdW-Kräfte variiert werden können. Es existieren eine Reihe von Arbeiten z. B.

von Kaatze et al. [39-43], in denen z. B. Mischungen unterschiedlicher Alkohole

und Alkohole in verschiedenen Alkanen als Lösungsmittel untersucht wurden.

Um den Einfluss der VdW-Wechselwirkungen zu betrachten, kann aber auch

die Position der OH-Gruppe im Molekül variiert werden.

Homologe, unverzweigte Monoalkohole zeigen ein ähnliches dielektrisches

Verhalten. Vergrößert man den Alkylrest, nimmt die statische DK ab. Die

Abnahme ist für die ersten homologen der Reihe CnH2n+1OH am größten. Die

DK des einfachsten Alkohols Methanol beträgt 32,6 [44], für Ethanol ist der

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3 Theoretische Grundlagen 32

Wert bereits auf 24,5 [45], und bei einer Kettenlänge von drei C-Atomen findet

man nur noch einen Wert von 20,5 [45]. Ab n = 6 fällt die DK nicht mehr stark

ab.

Gleichzeitig nehmen die Relaxationszeiten des ersten und zweiten

Relaxationsprozesses τ1 und τ2 mit der Anzahl der C-Atome stark zu. Gründe

dafür liegen in der größer werdenden Molekül- und Clustergröße sowie in der

ansteigenden Viskosität des Solvens.

Für verzweigte Alkohole findet man ein ähnliches Verhalten [45-48]. Auch hier

fällt die DK und steigen die Relaxationszeiten mit wachsendem Alkylrest.

Vergleicht man Isomere untereinander, z. B. 1-Propanol und 2-Propanol, findet

man heraus, dass die DK beim verzweigten Alkohol geringfügig niedriger ist.

Die Relaxationszeiten differieren auch nur wenig.

Die statische DK ist jedoch ein makroskopischer, globaler Parameter, für den

es schwierig ist, eine direkte molekulare Interpretation zu finden. Molekulare

Beschreibungen basieren daher auf dem zugeordneten mikroskopischen

Parameter, nämlich dem Kirkwood-Faktor, der aus der DK berechnet werden

kann. Daraus lassen sich Aussagen über das Assoziationsverhalten treffen. Bei

linearen Alkoholen findet man für gK einen Wert > 1, d. h. die Dipole ordnen

sich bevorzugt parallel an. Es bilden sich Assoziate aus Ketten, bei denen die

Dipole ähnlich einer Perlenkette angeordnet sind. Es können sich aber auch

Ringe bilden, wie man es vom Wasser kennt.

Ein besonders interessanter verzweigter Alkohol, der schon Gegenstand einiger

Untersuchungen war, ist 2,2-Dimethyl-3-ethyl-3-pentanol [11,12,49]. In den

Arbeiten wurden NMR- und IR-Methoden sowie Computersimulationen

verwendet. Dabei konnte gezeigt werden, dass dieser Alkohol auf Grund

sterischer Hinderung durch die Verzweigungen nur Assoziate, die aus Dimeren

bestehen, bilden kann. Daraus ergeben sich interessante Konsequenzen. So

sollte das resultierende Dipolmoment des Dimers sehr gering sein, da sich die

Dipole nur antiparallel anordnen können. Dieses Verhalten sollte im

dielektrischen Spektrum bzw. durch Bestimmung des Kirkwood-Faktors, der

dann < 1 sein müsste, zu sehen sein.

Durch die Verdünnung mit einem unpolaren Lösungsmittel kommt es zu

Veränderungen der intramolekularen Wechselwirkungen. Große Cluster

brechen auf. Es ist seit langem bekannt, dass diese Effekte sowohl

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3 Theoretische Grundlagen 33

Auswirkungen auf die statische DK als auch auf die Relaxationsfunktion

besitzen [15].

Ein bei dielektrischen Untersuchungen in der Literatur oft verwendetes

Lösungsmittel ist Tetrachlorkohlenstoff CCl4, das kein permanentes

Dipolmoment besitzt und daher im Niederfrequenzbereich nicht zum Spektrum

beiträgt. Allerdings hat es ein relativ großes induziertes Dipolmoment, was sich

u. a. an dem für einen unpolaren Stoff hohen DK-Wert bei hohen Frequenzen

von ε∞ = 2,23 zeigt. Diese hohe Elektronenpolarisierbarkeit hat natürlich

Einfluss auf die H-Brückenbildung der Alkohole in Lösungen. Ein deutlicher

Hinweis auf den Einfluss des Lösungsmittels ist, dass Methanol in jeder

Konzentration mit CCl4 mischbar ist. Wechselt man das Solvens und nimmt

statt CCl4 Cyclohexan (C6H12), so tritt eine große Mischungslücke auf.

Die in dieser Arbeit gemessenen Systeme sind alle, bis auf Methanol-

Cyclohexan, über den gesamten Konzentrationsbereich bei Raumtemperatur

vollständig mischbar.

Die statische DK der Alkohole ist von der Temperatur abhängig. Dieses

Verhalten wurde in einigen Arbeiten [47,50,51] untersucht. Allgemein lässt sich

sagen, dass die DK mit steigender Temperatur abnimmt. Dieses Verhalten ist

dadurch zu erklären, dass die schnellere Bewegung auf Grund der höheren

Temperatur der Ausrichtung der Dipole im elektrischen Feld entgegenwirkt.

Zudem können bei höheren Temperaturen H-Brückenbindungen schneller

gelöst werden, wodurch die gebildeten Assoziate im Mittel kleiner sind.

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3 Theoretische Grundlagen 34

3.3.2 Spektroskopische Eigenschaften

Alkohole wie auch andere H-brückengebundene Flüssigkeiten zeigen im IR-

und NIR-Bereich ähnliche Spektren der OH-Streckschwingung. Im Gegensatz

zu Gasphasenspektren, in denen man eine rotationsstrukturierte Monomeren-

bande findet, ist in der flüssigen Phase in den meisten Fällen nur ein über

einen großen Wellenlängenbereich verteilter Peak zu erkennen. Grund dafür ist

die Verschiebung der Streckschwingung durch H-Brückenbindungen zu

größeren Wellenlängen. Liegen, wie in Lösungen von Alkoholen, Assoziate

verschiedener Form vor, werden die entsprechenden Peaks im IR-Spektrum

verschmiert. Es ist daher keine Hochauflösung des Spektrums sichtbar und

somit auch keine direkte Zuordnung einzelner Peaks zu bestimmten Assoziaten

möglich. Allerdings können Assoziatstrukturen natürlich durch

Modellrechnungen ermittelt und daraus berechnete Spektren mit

experimentellen Spektren verglichen werden [11,12]. Als Konsequenz ist bei

sterisch ungehinderten Alkoholen auch heute nicht genau bekannt, welche

Assoziate sich bilden. Grundsätzlich kommen Monomere, Dimere, Trimere,

Tetramere etc. in Frage, die ihrerseits als Ketten oder Ringe vorliegen können,

die miteinander im Gleichgewicht stehen .

Allerdings gibt es Alkohole, die auf Grund ihrer Struktur nur eine begrenzte

Anzahl von Assoziaten bilden und die auch in flüssiger Phase zu einem großen

Teil als Monomer vorliegen. Das ist z. B bei Cyclohexanol [13], DMEP [12] oder

auch TEC der Fall. Wie bereits im letzten Abschnitt erwähnt, liegt DMEP nur als

Mono- und Dimer vor. NIR-spektroskopische Untersuchungen eignen sich

hierbei besonders, weil nur zwei Banden vorliegen sollten.

Als Lösungsmittel eignet sich CCl4 besonders gut, da es unpolar ist und im

beobachteten Wellenlängenbereich keine Banden aufweist.

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4 Experimenteller Teil 35

4 Experimenteller Teil

4.1 Apparatives

4.1.1 Dielektrische Messungen

Im Rahmen dieser Arbeit werden die frequenzabhängigen und statischen

Dielektrizitätskonstanten von Alkohol-Tetrachlorkohlenstoff-Mischungen in Ab-

hängigkeit von der Konzentration des Alkohols bestimmt. Es wird auch die DK

der reinen Alkohole bei unterschiedlichen Temperaturen gemessen.

4.1.1.1 Messung der frequenzabhängigen Dielektrizitätskonstante

Zur Messung der Relaxationen wurde ein Netzwerkanalysator der Firma

Hewlett Packard HP 8720 C, der mit dem Probenkopf HP 8570 B verbunden

ist, benutzt. Der Messbereich des Analysators erstreckt sich über einen

Frequenzbereich von 0,05 bis 200 GHz. Allerdings liefert der Probenkopf erst

ab einer Frequenz von ca. 0,2 GHz zuverlässige Messwerte. Es wurden pro

Messung 1000 Messpunkte aufgenommen, die logarithmisch verteilt waren.

Das Messprinzip, das in den Abbildungen 4.1 und 4.2 schematisch dargestellt

ist, beruht auf der sogenannten Koaxialmessmethode [53]. Dabei wird die

elektrische Welle über ein Koaxialkabel mit offenem Ende in die Flüssigkeit

eingestrahlt. Eine nähere Beschreibung der Funktionsweise und der mathe-

matischen Behandlung ist in der Literatur zu finden [54-57].

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4 Experimenteller Teil 36

Abb. 4.1: Vereinfachtes Messverfahren Abb. 4.2: Schematische Darstellung

eines Hochfrequenzmesskopfes

Abb. 4.3: Schematische Darstellung des Messprinzips

Der Probenkopf, der über ein abgeschirmtes Koaxialkabel mit dem Netzwerk-

analysator verbunden ist, taucht in die zu messende Flüssigkeit. Dabei ist

darauf zu achten, dass er möglichst fest fixiert ist und sich während der

Messung oder nach der Kalibrierung nicht verschieben kann. Die vom

Probenkopf ausgesandte Welle trifft auf die Flüssigkeit. An der Phasengrenze

wird ein Teil der eingestrahlten Welle reflektiert, der andere Teil durchdringt die

Substanz mit der charakteristischen komplexen DK rε ∗ . Dieses geschieht bei

unterschiedlichen Frequenzen, in diesem Fall bei 1000 Punkten zwischen 50

MHz und 20 GHz, die der Analysator durchläuft.

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4 Experimenteller Teil 37

Man kann mit dieser Technik die dielektrische Relaxation sowohl über die

Absorption als auch über die Reflexion der Welle messen. In der vorliegenden

Arbeit wurde die Reflexionsmethode verwendet. Die reflektierte Welle, deren

Phase gegenüber der ausgesandten Welle verschoben ist und deren Amplitude

sich geändert hat, wird dabei wieder vom Koaxialkabel aufgenommen und läuft

zurück zum Analysator, wobei sie mit dem vorher ausgeblendeten Primärstrahl

verglichen wird. Das Verfahren misst den Betrag sowie die Phase der

reflektierten Welle. Aus diesen Werten kann die komplexe Impedanz, und

damit Real- und Imaginäranteil der DK, nach einem Algorithmus von Nicolson

und Ross [56] bestimmt werden.

Der größte Vorteil dieser Methode liegt in der Geschwindigkeit, bei der viele

Messwerte über einen großen Frequenzbereich aufgenommen werden können.

Bis zur Entwicklung der Messverfahren mit Hilfe von Netzwerkanalysatoren war

die Messung der frequenzabhängigen DK sehr zeit- und materialaufwendig, da

für große Frequenzbereiche mehrere Apparate erforderlich waren [58].

4.1.1.2 Temperierung der Probe

Das Probengefäß samt Probenkopf wird von einem Temperiermantel umgeben.

Als Temperiermedium wird Wasser bzw. ein Wasser-Triethylenglykol-Gemisch

benutzt, das mit einem Thermostaten (Typ mgw Lauda RM6) durch das

Temperiergefäß gepumpt wird. Zur Temperaturbestimmung im Probengefäß

mit eingetauchter Messsonde wird ein Thermoelement (Typ Thermocoax TKA

05/10/DIN) benutzt, das gegen ein geeichtes Platin-Widerstandsthermometer

(Pt 200, XSYS Corporation) kalibriert wurde.

Die Proben und der Probenkopf werden zuerst getrennt voneinander temperiert

und erst kurz vor der Messung zusammengeführt, um die Temperierzeiten

möglichst klein zu halten. Dies gilt im Besonderen für Messungen, die weit

entfernt von der Raumtemperatur durchgeführt werden. Für alle Messungen der

frequenzabhängigen DK kann eine Temperaturgenauigkeit von 0,1 K

angenommen werden.

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4 Experimenteller Teil 38

4.1.1.3 Kalibrierung des Netzwerkanalysators

Da das Messsystem selbst zu den gemessenen Kapazitäten beiträgt und nur

relative Werte gemessen werden, ist eine Kalibrierung des Systems

erforderlich. Es wird gegen drei Standards (Luft, kurzgeschlossener Kreis und

Kalibriersubstanz bekannter Relaxationsfunktion) kalibriert. Probleme bereitet

dabei die Wahl der Kalibriersubstanz. So können auf Grund der

Softwarevorgaben nur Substanzen verwendet werden, die ein einstufiges

Relaxationsverhalten aufweisen. Dieses muss allerdings nicht ideal sein, da

eine Cole-Cole-Funktion (siehe Gl. (3.22)) als Kalibrierfunktion vorgegeben ist.

Alkohole können wegen ihres mehrstufigen Relaxationsverhaltens [44]

demnach nicht benutzt werden. Eine Ausnahme stellt Methanol dar, dessen

Relaxationskurve durch drei Stufen gegeben ist, die jedoch so nah beieinander

liegen, dass sich das Realverhalten auch durch einen Cole-Cole-Ansatz

wiedergeben lässt. Weiterhin zeigte sich in Vorversuchen, dass die statische

DK der Kalibriersubstanz nicht zu weit von der DK der zu messenden Substanz

entfernt liegen sollte. Völlig unbrauchbare Ergebnisse erhält man, wenn die DK

der Kalibriersubstanz kleiner ist als die DK der gemessenen Substanz. Einige

Kalibrierparameter wurden bereits im Rahmen einer Diplomarbeit [59] ermittelt.

In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass die Änderung der Temperatur

nach der Kalibrierung keinen negativen Einfluss auf die Messergebnisse hat.

Es ist im Gegenteil sinnvoller, bei 298 K mit einer Substanz geeigneter DK zu

kalibrieren und danach die gewünschte Temperatur einzustellen, als z. B.

Wasser bei der Messtemperatur zur Kalibrierung zu nutzen.

4.1.1.4 Messung der statischen Dielektrizitätskonstante

Die statische DK der gemessenen Systeme wurde zusätzlich an einem

Dipolmeter der Firma WTW Modell DM 01 bei einer festen Frequenz von 2

MHz gemessen. Zur Messung wurden die temperierbaren Messzellen MFL 1/S

und MFL 2/S, die jeweils einen bestimmten Bereich der DK auf Grund ihrer

unterschiedlichen Geometrie abdecken, benutzt. Das Dipolmeter funktioniert

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4 Experimenteller Teil 39

nach dem sog. Resonanzverfahren. Der Kondensator der Messzelle liegt

parallel zu einem Generatorschwingkreis. Füllt man nun ein Dielektrikum in den

Kondensator, ändert sich seine Kapazität und es tritt eine Verstimmung

zwischen Generatorschwingkreis und Anzeigeschwingkreis ein, die mit einem

Messdrehkondensator kompensiert werden kann. Die Änderung des

Messdrehkondensators wird in Skalenteilen skt angezeigt. Zwischen den vom

Dipolmeter angezeigten Skalenteilen skt und der statischen DK des

gemessenen Stoffs besteht ein streng linearer Zusammenhang, der allerdings

von der verwendeten Messzelle abhängt. In der vorliegenden Arbeit wurden

zwei Messzellen benutzt.

MFL 1/S: ( ) 1,3261 0,001957st skt sktε = + ⋅ 1 ≤ εst ≤ 7 (4.1)

MFL 2/S ( ) 3.5150 0.006438st skt sktε = + ⋅ 5 ≤ εst ≤ 15 (4.2)

Zur Temperierung der Messzelle diente ein Thermostat der Firma mgw Lauda

Modell RM6. Die Temperatur in der Messzelle wurde mit einem

Thermoelement bestimmt. Die Temperaturgenauigkeit beträgt hier 0,1 K.

4.1.2 Messung des Brechungsindexes

Der Brechungsindex, der zur Bestimmung von ε∞ benötigt wird, wurde bei 298

K und einer Wellenlänge von 589 nm (Na-D-Linie) gemessen. Zur Messung

stand ein Abbé-Refraktometer Modell G der Jenoptik Jena GmbH zur

Verfügung, das mit einem Thermostaten (Haake FE) temperiert wurde.

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4 Experimenteller Teil 40

4.1.3 Dichtemessungen

Die Dichtemessungen erfolgten nach der Biegeschwingmethode, die nach dem

folgenden Prinzip funktioniert [60]: Die Messsubstanz wird in ein an den

offenen Enden eingespanntes U-Rohr eingefüllt. Das U-Rohr schwingt durch

elektronische Anregung mit seiner mechanischen Eigenfrequenz. Die

Schwingungsdauer kann mit sehr hoher Genauigkeit gemessen werden. Aus

der Schwingungsdauer wird dann die Masse des Präparatvolumens errechnet.

Es wurde der Biegeschwinger DMA 60 + DMA 602 T der Firma Anton Paar K.

G. (Graz) in Kombination mit einem Thermostaten (Haake F3) benutzt. Die

Temperaturbestimmung erfolgte im U-Rohr mit Hilfe eines Thermoelements.

Der Zusammenhang zwischen der gemessenen Schwingungsdauer und der

Dichte ist durch folgende Beziehung gegeben:

2Probe Probe( )A T Bρ = − . (4.3)

Dabei sind A und B temperaturabhängige Geräteparameter, die durch

Kalibriermessungen bestimmt werden können. TProbe ist die Schwingungsdauer

der Probe. Zur Kalibrierung wurden die Schwingungsdauern von Wasser und

Luft [61] bei unterschiedlichen Temperaturen gemessen. In Tabelle 4.1 sind

Geräteparameter für unterschiedliche Temperaturen aufgelistet.

T / K A B

283,2 0.63776 1.742068

298,2 0.63910 1.738436

313,2 0.64030 1.735018

333,2 0.64174 1.730784

338,2 0.64213 1.729809

Tab. 4.1: Geräteparameter für Biegeschwinger bei der

Einstellung Period Select 5 k

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4 Experimenteller Teil 41

4.1.4 Nahinfrarotspektroskopische Messung

Es wurden im Rahmen dieser Arbeit nahinfrarotspektroskopische (NIR)

Messungen an drei Alkohol-Tetrachlorkohlenstoff-Systemen durchgeführt.

Diese Messungen wurden unter Normaldruck in Küvetten, aber auch unter

Druck bis 1200 bar in einem Autoklaven gemacht.

4.1.4.1 Spektrenaufnahme

Zur Aufnahme der Spektren diente ein Lambda-9-Spektrometer von Perkin-

Elmer. Es handelt sich beim Lambda-9 um ein dispersives Zweistrahl-

UV/VIS/NIR-Spektrometer mit Zweifach-Monochromator, das die Aufnahme

von Spektren in einem Wellenlängenbereich von 185 bis 3200 nm ermöglicht

[62].

Die Küvettenmessungen können mit einem thermostatisierbaren Küvettenhalter

im Spektrometer durchgeführt werden. Der Küvettenhalter wurde mit einem

mgw Lauda RM6 temperiert. Die Temperatur wurde vor und nach jeder

Spektrenaufnahme in der Küvette mit einem Thermoelement bestimmt. Die

Temperaturgenauigkeit beträgt 0,1 K. Für die Messungen in der Druckzelle wird

das Spektrometer über Lichtleiter mit dem Autoklaven verbunden. Dazu wird

der Lichtstrahl über einen Umlenkspiegel in den Lichtleiter gelenkt. Der Leiter

wird direkt vor den Saphirfenstern des Autoklaven platziert. Der Strahl

durchläuft die Druckzelle und wird dann über einen anderen Lichtleiter in das

Spektrometer zurückgeführt, wo er auf einen PbS-Detektor trifft. Ein Nachteil in

der Verwendung von Lichtleitern besteht darin, dass hohe Intensitätsverluste

auftreten. Daher muss der Referenzstrahl mit einem Gitter, das in den

Strahlengang gebracht wird, auf 10 % seiner eigentlichen Intensität abge-

schwächt werden. Ein weiterer Nachteil ist der begrenzte nutzbare

Spektralbereich der Lichtleiter. Die hier benutzten Polyfaserleiter erlauben

Messungen im Bereich von 800 bis 2400 nm. Die Handhabung von

Polyfaserlichtleitern ist relativ einfach, da sie in Hülsen vor den Zellenfenstern

gesteckt werden können und, nach genauer Einstellung der Umlenkspiegel,

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4 Experimenteller Teil 42

keine weiteren Justierungen vorgenommen werden müssen. Es ist allerdings

darauf zu achten, dass die Temperatur der Messzelle nicht über eine längere

Zeit über ca. 110 °C steigt, da sonst die Lichtleiter beschädigt werden.

Im Rahmen dieser Arbeit wurde das vorhandene Spektrometer (Lambda-9) der

Firma Perkin-Elmer zu einem Spektrometer des Typs Lambda-19 aufgerüstet.

Dadurch konnte auf die beim Lambda-9 nötige Computereinheit verzichtet

werden. Das von Maiwald [62] entwickelte Steuerungs- und Daten-

aufnahmeprogramm wurde durch eine neue, kommerziell erhältliche Software

(Perkin-Elmer UV WinLab 2.0) ersetzt. Dadurch wurde es u. a. möglich,

Grundlinienspektren der Lichtleiter, die vor jeder Messreihe aufgenommen

werden, ohne großen Aufwand durchzuführen, was eine große Arbeits- und

Zeitersparnis darstellt. Auch die weitere Datenverarbeitung gestaltet sich

wesentlich einfacher.

Die Kalibrierung des Spektrometers erfolgte werkseitig durch Holmiumgläser.

Bei jedem Einschalten kalibriert sich das Gerät automatisch an der Deuterium-

Linie bei 656,1 nm.

4.1.4.2 Optische Hochdruckmesszelle

In Abbildung 4.4 ist ein Querschnitt der verwendeten Hochdruckmesszelle

dargestellt. Der Autoklav besteht aus Edelstahl (Nimonic 90) und hat ein

Füllvolumen von 45 ml. Er ist für einen Temperaturbereich von 290 bis 450 K

und Drücke bis 2000 bar ausgelegt. Bei tieferen Temperaturen treten, wie es

sich im Rahmen dieser Arbeit gezeigt hat, Probleme mit der Dichtigkeit auf.

Zur Aufnahme von Spektren sind zwei jeweils gegenüberliegende Fensterpaare

in der Autoklavenwand, von denen sich eines in der Mitte und das andere im

unteren Bereich des Autoklaven befindet. Die Fenster bestehen aus

synthetischem Saphir, die nach dem Poulter-Prinzip dichten. Zwischen den

oberen Zellenfenstern ist eine Weglänge von doben = 20,0 mm. Die unteren

Fenster sind dagegen nur dunten = 2,2 mm. Es ist dadurch möglich, einen

großen Konzentrationsbereich abzudecken.

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4 Experimenteller Teil 43

Abb. 4.4: Optische Hochdruckmesszelle aus [62]

Nach außen wird der Zelleninnenraum folgendermaßen angedichtet: ein mit

dem Autoklaven verschraubter Flansch drückt auf einen Druckring, der eine

Teflondichtung gegen einen Bridgemanstempel und die Zelleninnenwand

presst. Mit dem Bridgemanstempel ist ein Trennkolbenbehälter verschraubt, in

dem sich der Trennkolben zur Variierung des Innenvolumens der Zelle bewegt.

Der Kolben wurde von Haarhaus [63] entwickelt und besteht aus einem Oberteil

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4 Experimenteller Teil 44

mit einer kleinen Bohrung, einem Unterteil und einer Teflondichtung, die

zwischen Ober- und Unterteil zusammen gequetscht wird. Durch die kleine

Bohrung im Oberteil wurde die Druckhysterese stark vermindert, allerdings zu

Lasten des selbstdichtenden Prinzips. Es traten unter anderem deshalb

Dichtigkeitsprobleme bei Messungen unter Druck und tiefen Temperaturen auf.

Um die Position des Trennkolbens zu ermitteln, ist dieser mit einer

Weicheisenspitze verschraubt. An diese Spitze ist ein unmagnetischer

Stahldraht gelötet. Die Zuleitungskapillare, in der sich der Draht befindet, ist

von einem Induktionsspulenpaar umschlossen, das einen Teil einer

Wheatstone-Brücke darstellt. Durch Messung der Induktivität der Spulen kann

die Position des Weicheisenkerns innerhalb des Magnetfelds bestimmt werden,

indem die Spulen mit einer Mikrometerschraube so weit verschoben werden,

bis die Brücke abgeglichen ist. Die Positionsbestimmung des Kolbens ist

wichtig, damit dieser nicht auf das Rührsystem trifft.

Im Innenraum der Zelle befindet sich eine Gewindestange, an der Rührflügel

und vier Kobalt-Samarium-Magnete, die in einen V2A-Mantel angeschweißt

sind, befestigt sind. Die Ummantelung ist notwendig, um die Magneten vor

Korrosion zu schützen. Angetrieben wird diese Konstruktion durch ein

kreisendes Magnetfeld, das von vier um den Autoklaven verteilten

Elektromagneten erzeugt wird. Die Gewindestange erstreckt sich durch den

gesamten Probenraum. Dadurch wird eine effiziente Durchmischung

gewährleistet.

Zur Temperierung ist der Autoklav mit einem Kupfermantel umgeben. Daran

sind acht Heizpatronen mit jeweils 250 Watt und ein Pt100-Temperaturfühler

befestigt. Unterhalb des Autoklavs ist eine Aluminiumplatte, in der sich zwei

Heizpatronen mit jeweils 200 W befinden, angebracht. Der komplette Autoklav

ist mit einem Keramikvlies zur Isolierung umgeben. Der Temperaturgradient

innerhalb des Autoklavs beträgt laut Swaid [64] weniger als 0,4 K.

Die Heizpatronen werden von einem Lauda R25 PID-Regler mit integrierter

Relaisbox R3 gesteuert.

Für Messungen unterhalb der Raumtemperatur ist auf der Außenseite des den

Autoklaven umgebenden Kupfermantels eine Kühlschlange angeschweißt. Als

Kühlmedium wird Trietylenglykol benutzt, das von einem Kryostaten (mgw

Lauda Modell RM6) durch die Kühlschlange gepumpt wird.

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4 Experimenteller Teil 45

Die Temperatur wird direkt in der Zelle mit einem Cromel-Alumel-

Stahlthermoelement gemessen, das gegen ein Pt200-Widerstandsthermometer

(Modell X2001 der Firma XSYS Corp.) kalibriert wurde.

Abb. 4.5: Schematische Übersicht der gesamten spektroskopischen Hochdruckapparatur

In Abbildung 4.5 ist der schematische Aufbau der gesamten Apparatur

dargestellt. Zur Druckerzeugung wird eine Spindelpresse benutzt. Das

druckübertragende Medium ist n-Heptan, das gegenüber anderen üblichen

Druckmedien einige Vorteile bietet. So stört es bei Messungen nicht so stark

wie etwa Wasser, falls geringe Mengen in den Probenraum gelangen. Zudem

lässt es sich besser handhaben als etwa Siliconöl, da es relativ flüchtig ist.

Zur Druckbestimmung dienen zwei Heise Präzisionsmanometer, die an einer

Druckwaage kalibriert wurden und die für einen Druckbereich bis 1000 bar (M1)

und 3000 bar (M2) geeignet sind. Ein drittes Manometer (M3) wurde benötigt,

um den Druck nach dem Befüllen oder Entleeren der Spindelpresse wieder

voreinzustellen, damit es nicht zu einem plötzlichen Druckabfall in der

Messzelle kommt. Nach Messungen von Maiwald beträgt die Druckhysterese

weniger als 4 bar [62].

Das Einfüllen der zu messenden Substanz gestaltet sich etwas problematisch,

da die Zelle ursprünglich so geplant wurde, dass ein Gas in die Zelle

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4 Experimenteller Teil 46

einkondensiert werden kann. Das Befüllen mit Flüssigkeiten war nicht

vorgesehen. Es ist aber möglich, über ein Dosierventil DV (siehe Abb. 4.5) die

Lösung in den evakuierten Autoklaven mit einer Spritze hineinzudrücken. Bei

Flüssigkeiten, die eine hohe Viskosität aufweisen, ist das allerdings langwierig

und es gelangt eine relativ große Menge Luft in den Probenraum.

4.2 Verwendete Chemikalien

Substanz, Summenformel Reinheit Hersteller Molgewicht / g/mol

Tetrachlorkohlenstoff, CCl4 > 99% J. T. Baker 153,82

Chloroform, CHCl3 > 99,8% J. T. Baker 119,38

Cyclohexan, C6H12 > 99% J. T. Baker 84,16

Methanol, CH4O > 99,5% J. T. Baker 32,04

n-Butanol, C4H10O > 99% Acros 74,12

tert-Butanol, C4H10O > 99,5% Riedel-de Haën 74,12

n-Pentanol, C5H12O > 99% Acros 88,15

3-Pentanol, C5H12O > 98% Acros 88,15

3-Ethyl-3-pentanol, C7H16O > 98% Acros 116,20

2,2-Dimethyl-3-ethyl-3-

pentanol, C9H20O

> 98% Aldrich 144,26

Cyclohexanol > 99% Riedel-de Haën 100,16

Tab. 4.2: verwendete Chemikalien

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4 Experimenteller Teil 47

4.3 Probenauswahl und Probenvorbereitung

4.3.1 Auswahl der zu untersuchenden Systeme

Da der Frequenzbereich des verwendeten Netzwerkanalysators beschränkt ist,

können nur Alkohole bis zu einer bestimmten Kettenlänge gemessen werden.

Sind die Alkylketten zu lang, nehmen, wie in Abschnitt 2.3.1 beschrieben, die

Relaxationszeiten zu und der Hauptrelaxationsprozess mit der Zeit τ1 liegt nicht

mehr im Messbereich, was eine Auswertung stark erschwert oder gar

unmöglich macht. Ab einer Kettenlänge von sieben C-Atomen können die

gemessenen Spektren nur noch mit unbefriedigendem Erfolg ausgewertet

werden.

Bei den Voruntersuchungen im NIR-Bereich zeigte sich, dass Cyclohexan

wegen Bandenüberlappungen nicht als Lösungsmittel geeignet ist. Somit wurde

als Lösungsmittel CCl4 ausgewählt.

4.3.2 Probenherstellung

Zur Probenherstellung wurden die jeweiligen Alkohole auf einer Analysenwaage

Typ 2444 von Sartorius eingewogen. In das gleiche Gefäß wurde auch das

Lösungsmittel eingewogen. Die Lösung wurde direkt nach Einwaage temperiert

und gemessen. Während des Temperierens und der Messung wurde die

Probenlösung mit einem Magnetrührer gerührt, um eine gleichmäßige

Temperatur- und Konzentrationsverteilung zu gewährleisten.

Aus Kostengründen wurde das eingesetzte 2,2-Dimethyl-3-ethyl-3-pentanol

zurückgewonnen. Dazu wurde der Alkohol über eine Zinke bei 590 mbar und

153 °C überdestilliert. Zur Reinheitskontrolle wurde der Brechungsindex

gemessen, der exakt mit dem Literaturwert von 20 1,4420Dn = übereinstimmte.

Um mögliche Wasserspuren auszuschließen, wurden alle Chemikalien über

Molekularsieb gelagert.

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 48

5 Ergebnisse und Datenauswertung

5.1 Auswertung der dielektrischen Messungen

Die Auswertung erfolgt im Allgemeinen durch Anpassung von dielektrischen

Relaxationsfunktionen (siehe z. B. Gl. (3.15), (3.21), (3.22), (3.25)). Daraus

erhält man dann die spezifischen Größen des Dielektrikums wie τ, εst oder ε∞.

Lässt sich das dielektrische Spektrum durch einen einzelnen Debye-Prozess

beschreiben, ist eine Anpassung relativ einfach. Schwieriger ist es, Daten aus

Spektren zu erhalten, die sich aus mehreren Prozessen zusammensetzen, da

dazu meist eine große Anzahl von Parametern angepasst werden muss. Um

die Relevanz der Anpassung zu erhöhen, wurden die statische DK und der

Brechungsindex getrennt bestimmt, so dass die Zahl der anzupassenden

Parameter reduziert wurde.

Die Anpassung der Funktionen erfolgte mit dem kommerziellen Programm

TableCurve 2d v4 der Firma Jandel, Erkrath [65].

Es wurden die Alkohole Methanol, n-Butanol, tert-Butanol, n-Pentanol, Pentan-

3-ol, 3-Ethyl-3-pentanol und 2,2-Dimethyl-3-ethyl-3-pentanol in Tetrachlor-

kohlenstoff über einen Konzentrationsbereich von x = 0,2 bis 1 untersucht. Um

den Einfluss des Lösungsmittels genauer zu betrachten, wurden zusätzlich

Lösungen von n-Butanol und n-Pentanol in Cyclohexan untersucht. Auch hier

wurden Mischungen von x = 0,2 bis 1 gemessen. Da Methanol über einen

großen Bereich nicht mit Cyclohexan mischbar ist, wurden nur Messungen an

Mischungen einer Konzentration von x = 0,9 und 0,2 durchgeführt. Alle

Mischungen mit Ausnahme von tert-Butanol-CCl4 wurden bei 298 K gemessen.

DMEP wurde zudem bei unterschiedlichen Temperaturen (275 bis 338 K)

untersucht.

Von TEC und tert-Butanol wurde die statische DK in Abhängigkeit der

Temperatur gemessen.

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 49

5.1.1 Methanol-CCl4

Die gemessenen Spektren wurden nach zwei unterschiedlichen Methoden

ausgewertet. Um die Kalibrierung zu überprüfen, wurde eine Cole-Davidson-

Funktion (Gl. (3.25)) sowohl an den Real- als auch an den Imaginärteil des

Spektrums des reinen Alkohols angepasst. Die Spektren der Mischungen

wurden durch eine aus drei idealen einzelnen Prozessen zusammengesetzte 3-

stufige Debye-Funktion angepasst (siehe Gl. (3.21)). Dabei wurde die dritte

Stufe festgehalten, indem die Werte für τ3 und ε∞3 vorgegeben wurden. Dieses

Vorgehen ist dadurch zu rechtfertigen, dass die Intensität der dritten Stufe sehr

gering im Vergleich zu den ersten beiden ist. Zudem liegt sie mit einer

Relaxationszeit von ca. 3 ps außerhalb des Messbereichs. In der Literatur wird

z. B. von Kaatze et al. die dritte Stufe komplett vernachlässigt und stattdessen

der Wert von ε∞2 entsprechend angepasst [66].

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

0

10

20

30

40

ε'

Abb. 5.1: Dispersion von Methanol in unterschiedlichen Konzentrationen

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 50

In Abbildung 5.1 ist der Realteil von Methanol in CCl4 bei unterschiedlichen

Konzentrationen aufgetragen. Deutlich ist die Abnahme der DK mit

zunehmender Verdünnung, wobei die statische DK wesentlich schneller kleiner

wird als ε∞3. Wie bereits erwähnt, wurden die Werte für ε∞3 beim Anpassen der

Funktionen vorgegeben. Die Werte für ε∞3 wurden mit Hilfe der Beziehung

(3.20) abgeschätzt. Für die Relaxationszeit τ3 wurde bei allen Fits der Wert 3 ps

angenommen. Aus der Dispersion wurden die Werte für εst, ε∞1 und ε∞2

ermittelt. Die Relaxationszeiten des ersten und zweiten Prozesses wurden aus

der Absorption bestimmt, die in Abbildung 5.2 dargestellt ist. Hier ist zu

erkennen, wie sich das Maximum des ersten Prozesses mit zunehmender

Verdünnung zu niedrigeren Frequenzen hin verschiebt, da die Relaxationszeit

τ1 ansteigt. In Tabelle 5.1 sind alle ermittelten Daten zusammengefasst.

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

0

5

10

15

ε''

Abb. 5.2: Absorption von Methanol in unterschiedlichen Konzentrationen

Page 55: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 51

x / mol% εst ε∞1 ε∞2 ε∞3 τ1 /ps τ2 / ps τ3 / ps

1,00 32,55 8,80 5,74 1,80 52,5 42,2 3,0

0,90 26,10 7,99 4,84 1,88 73,6 40,6 3,0

0,80 20,97 6,26 4,29 1,94 95,7 36,8 3,0

0,70 16,65 5,34 3,90 1,94 120,3 34,7 3,0

0,60 12,88 4,72 3,56 1,98 143,3 34,0 3,0

0,50 9,65 4,13 3,24 2,02 159,4 30,7 3,0

0,40 7,03 3,67 3,00 2,06 164,3 26,9 3,0

0,30 5,08 3,29 2,79 2,10 156,9 25,1 3,0

0,20 3,61 2,91 2,55 2,16 130,1 17,5 3,0

0,10 2,74 2,58 2,25 2,20 54,4 7,1 3,0

Tab. 5.1: Angepasste Parameter für Methanol-CCl4-Mischungen

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

0

50

100

150

200

τ / p

s

τ1τ1τ2τ2

Abb. 5.3: Konzentrationsabhängigkeit der Relaxationszeiten τ1 und τ2

In Abbildung 5.3 sind die Relaxationszeiten τ1 und τ2 gegen die Konzentration

aufgetragen. Es ist deutlich zu sehen, dass τ1 erst mit zunehmender

Verdünnung ansteigt. Offensichtlich führt die Zugabe von CCl4 zu einer

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 52

verstärkten Selbstassoziation der Alkoholmoleküle auf Grund solvophober

Kräfte [67]. Bei weiterer Zugabe des Solvens nimmt τ1 stark ab, da jetzt die H-

Brücken aufbrechen. τ2 nimmt kontinuierlich ab. Dieses Verhalten wurde nicht

erwartet, da Buchner und Barthel bei Untersuchungen von Methanol-CCl4-

Mischungen in einem Konzentrationsbereich von xMeOH = 0,4 bis 1 ein

Anwachsen von τ2 festgestellt hatten [38]. Allerdings ist die Intensität der

zweiten Stufe sehr gering, so dass eine endgültige Aussage nur schwer

möglich ist.

Die Abnahme der statischen DK beruht teilweise auf der geringer werdenden

Anzahl der Methanolmoleküle. Berücksichtigt man diese Konzentrations-

abnahme, bleibt die Intensität der zweiten Stufe nahezu konstant, während die

erste Stufe stark abnimmt.

5.1.2 Methanol-Cyclohexan

Da Methanol und CCl4 über einen großen Bereich bei Raumtemperatur nicht

mischbar sind, wurden nur Mischungen mit Methanolkonzentrationen von xMeOH

= 0,9 und 0,1 gemessen. Die gemessenen Spektren wurden mit einer

dreistufigen Debyefunktion angepasst, wobei die ε∞3 und τ3 vorgegeben

wurden. Man findet hier das gleiche Verhalten für Methanol wie in CCl4. Die

Relaxationszeit steigt bei Verdünnung zunächst an und fällt dann wieder ab.

x / mol% εst ε∞1 ε∞2 ε∞3 τ1 /ps τ2 / ps τ3 / ps

1,00 32,55 8,80 5,74 1,80 52,5 42,2 3,0

0,90 25,11 7,99 4,62 1,82 77,2 38,8 3,0

0,10 2,51 2,39 2,30 2,10 37,9 18,1 3,0

Tab. 5.2: Angepasste Parameter für Methanol-Cyclohexan-Mischungen

Page 57: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 53

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

0

10

20

30

40

ε'

Abb. 5.4: Dispersion von Methanol in C6H12 bei unterschiedlichen Konzentrationen

5.1.3 n-Butanol-CCl4

Bei der Auswertung der Spektren von Butanol in CCl4 wurde eine dreistufige

Debyefunktion angepasst. Neben τ3 und ε∞3 wurden auch Werte für εst

vorgegeben, da eine geringe Änderung von εst große Auswirkungen auf die

Relaxationszeit τ1 hat. In Abbildung 5.5 und 5.6 sind Dispersion und Absorption

verschiedener Butanol-CCl4-Mischungen abgebildet. Es ist zu sehen, dass ein

Teil des Spektrums nicht mehr erfasst werden kann, da die

Hauptrelaxationszeit τ1 im Vergleich zu Methanol wesentlich größer ist. Sie liegt

aber noch im Messbereich des Netzwerkanalysators. Das ist deutlich in

Abbildung 5.6 an der Lage der Maxima der Absorptionsspektren zu erkennen.

In Tabelle 5.3 sind alle Messwerte aufgeführt. Während die statische DK stark

abnimmt, bleiben die Intensitäten der beiden anderen Stufen relativ konstant.

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 54

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

0

5

10

15

ε'

Abb. 5.5: Dispersion von Butanol in CCl4 bei unterschiedlichen Konzentrationen

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

0

2

4

6

8

ε''

Abb. 5.6: Absorption von Butanol in CCl4 bei unterschiedlichen Konzentrationen

Page 59: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 55

x / mol% εst ε∞1 ε∞2 ε∞3 τ1 /ps τ2 / ps τ3 / ps

1,00 17,60 3.78 3,08 2,02 502,1 28,6 3,0

0,86 15,10 3.65 2,99 2,08 525,2 27,7 3,0

0,69 11,71 3.49 2,90 2,12 514,1 26,5 3,0

0,40 7,56 3.30 2,78 2,18 435,1 27,0 3,0

0,20 3,15 2.81 2,46 2,20 181,3 16,3 3,0

Tab. 5.3: Angepasste Parameter für n-Butanol-CCl4-Mischungen

In Abbildung 5.7 sind die Relaxationszeiten τ1 und τ2 gegen die Konzentration

von n-Butanol aufgetragen. Anders als bei Methanol findet man kein so stark

ausgeprägtes Maximum für τ1. Zudem nehmen die Relaxationszeiten schon bei

höheren Alkoholkonzentrationen ab. Offensichtlich führt bei Butanol die Zugabe

eines unpolaren Lösungsmittels nicht zu einer solch starken Vergrößerung von

Clustern wie bei Methanol. Die Relaxationszeit τ2 verändert sich durch die

Zugabe des Lösungsmittels kaum. Im reinen Alkohol und bei hohen

Konzentrationen ist sie etwas geringer als τ2 von Methanol.

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

0

200

400

600

τ / p

s

τ1τ1τ2τ2

Abb. 5.7: Relaxationszeiten τ1 und τ2 in Abhängigkeit der n-Butanolkonzentration

Page 60: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 56

5.1.4 n-Butanol-Cyclohexan

Bei diesem System wurde zunächst ebenfalls versucht, die Spektren durch

Anpassung einer dreistufigen Debyefunktion auszuwerten. Mit zunehmender

Verdünnung war eine befriedigende Anpassung aber nicht mehr möglich. Es

wurde daher versucht, die Spektren durch eine andere dreistufige Funktion zu

beschreiben, bei der die erste Stufe einer Cole-Davidson-Funktion entspricht

und die zweite und dritte ideale Debye-Funktionen sind.

1 2 31 23

1 2 3

( )(1 ) 1 1

st

i i iβ

ε ε ε εε εε ω εωτ ωτ ωτ

∗ ∞ ∞ ∞∞ ∞∞

− −−= + + ++ + +

(5.1)

Mit dieser Funktion konnten die Spektren gut angepasst werden. Auch hier

wurde wieder die dritte Stufe vorgegeben. Ein ähnliches Anpassungsverfahren

wurde von Kaatze et al. [39] für n-Alkohole in n-Alkanen angewendet.

Allerdings verwendet Kaatze eine zweistufige Funktion, die aus einer Cole-

Davidson- und einer Debye-Funktion besteht. In den Abbildungen 5.8 und 5.9

sind Absorption und Dispersion von n-Butanol in Cyclohexan für

unterschiedliche Konzentrationen dargestellt.

In Tabelle 5.4 sind die ermittelten Parameter aufgelistet. Interessant ist der

Parameter β, der für den reinen Alkohol fast eins ist, was einem reinen Debye-

Verhalten entspricht. Verdünnt man n-Butanol mit Cyclohexan, nimmt β stetig

ab. Dieses Verhalten wurde schon von Kaatze [39] beschrieben. Da dieses

Verhalten bei verschiedenen n-Alkohol-n-Alkan-Systemen auftritt und in dieser

Arbeit auch bei der Verwendung eines zyklischen Lösungsmittels demonstriert

werden konnte, scheint es nicht von spezifischen Zusammensetzungen des

Systems abzuhängen. Es kann eher angenommen werden, dass es besondere

Eigenschaften der Flüssigkeiten widerspiegelt. β bewirkt eine unsymmetrische

Verteilung der Relaxationszeit. Die genauen Ursachen für dieses

unsymmetrische Verhalten sind allerdings noch nicht bekannt.

Page 61: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 57

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

0

5

10

15

ε'

Abb. 5.8: Dispersion von Butanol in Cyclohexan bei unterschiedlichen Konzentrationen

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

0

2

4

6

8

ε''

Abb. 5.9: Absorption von Butanol in Cyclohexan bei unterschiedlichen Konzentrationen

Page 62: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 58

x / mol% εst ε∞1 ε∞2 ε∞3 τ1 /ps τ2 / ps τ3 / ps β

1,00 17,66 3,74 3,01 2,00 506,3 24,6 3,0 0,991

0,80 13,46 3,28 2,75 2,05 591,1 20,1 3,0 0,957

0,60 9,40 2,91 2,50 2,10 652,8 14,8 3,0 0,869

0,40 5,30 2,64 2,35 2,10 610,4 13,9 3,0 0,675

0,20 2,77 2,35 2,15 2,1 261,7 10,6 3,0 0,619

Tab. 5.4: Angepasste Parameter für Butanol-C6H12-Mischungen

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

0

200

400

600

800

τ / p

s

τ1τ1τ2τ2

Abb. 5.10: Relaxationszeiten τ1 und τ2 in Abhängigkeit der n-Butanolkonzentration

In Abbildung 5.10 sind die Relaxationszeiten τ1 und τ2 gegen die Konzentration

von n-Butanol aufgetragen. τ1 steigt zunächst bis zu einer Alkoholkonzentration

von x ≈ 0,5 an und fällt dann steil ab. Es ergeben sich für τ1 und τ2 kaum

Unterschiede zum System n-Butanol-CCl4, lediglich die Zunahme von τ1 ist

etwas größer.

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 59

5.1.5 n-Pentanol-CCl4

Beim System n-Pentanol-CCl4 wurden die Spektren durch Anpassen einer

dreistufigen Debyefunktion ausgewertet. Die Auswertung gestaltete sich etwas

schwieriger als bei n-Butanol, da die Relaxationszeit τ1 etwas größer ist und

dadurch, wie in den Abbildungen 5.11 und 5.12 zu sehen ist, ein größerer Teil

der Spektren nicht mehr vom Netzwerkanalysator erfasst werden kann. Daher

wurde die statische DK für jede Konzentration zusätzlich gemessen und beim

Fit vorgegeben.

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

2

4

6

8

10

12

ε'

Abb. 5.11: Realteil von n-Pentanol in CCl4 in Abhängigkeit der Konzentration

Page 64: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 60

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

0

1

2

3

4

5

6

7

ε''

Abb. 5.12: Imaginärteil von n-Pentanol in CCl4 in Abhängigkeit der Konzentration

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

0

200

400

600

800

τ / p

s

τ1τ1τ2τ2

Abb. 5.13: Relaxationszeiten von n-Pentanol in CCl4 in Abhängigkeit der Alkoholkonzentration

Page 65: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 61

Das Hauptmaximum des Imaginärteils liegt aber noch im Frequenzbereich des

Netzwerkanalysators und kann somit recht genau bestimmt werden.

Auf Grund der höheren Viskosität und der Molekülgröße ist τ1 von n-Pentanol

größer als τ1 von n-Butanol. Durch die Verdünnung mit CCl4 nimmt die

Viskosität ab. Gleichzeitig werden die gebildeten Assoziate nur unwesentlich

größer. In Abbildung 5.13 ist zu erkennen, dass die Hauptrelaxationszeit daher

nur noch ein sehr kleines Maximum durchläuft, da beide Effekte sich

gegenseitig beeinflussen.

x / mol% εst ε∞1 ε∞2 ε∞3 τ1 /ps τ2 / ps τ3 / ps

1,00 15,21 3,57 2,92 2,11 672,2 44,5 3,0

0,88 13,51 3,49 2,87 2,12 672,5 42,6 3,0

0,79 11,68 3,43 2,82 2,13 639,4 40,3 3,0

0,71 10,27 3,37 2,79 2,14 606,4 39,7 3,0

0,58 7,93 3,30 2,71 2,15 536,9 38,3 3,0

0,50 6,39 3,22 2,67 2,16 462,8 36,2 3,0

0,40 4,66 3,08 2,59 2,17 352,6 32,0 3,0

0,20 2,97 2,72 2,40 2,18 119,4 17,4 3,0

0,10 2,61 2,50 2,21 2,20 61,8 9,1 3,0

Tab. 5.5: Angepasste Parameter für n-Pentanol-CCl4-Mischungen

5.1.6 n-Pentanol-Cyclohexan

Wie beim System n-Butanol-Cyclohexan wurden die Spektren durch Anpas-

sung einer dreistufigen Funktion ausgewertet, wobei die erste Stufe durch eine

Cole-Davidson-Funktion beschrieben und die dritte Stufe vorgegeben wurde.

Der Korrekturparameter β fällt hier allerdings nicht so weit ab wie bei n-Butanol.

Für verdünnte Lösungen scheint β sogar wieder anzusteigen und nähert sich

somit einem reinen Debye-Verhalten. Genaue Aussagen über das Verhalten

von β bei stark verdünnten Lösungen sind allerdings wegen der geringen

Intensität der Stufe schwierig. Somit ist eine endgültige Aussage nicht möglich.

Page 66: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 62

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

2

4

6

8

10

ε'

Abb. 5.14: Realteil von n-Pentanol-Cyclohexan-Mischungen

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

0

2

4

6

ε''

Abb. 5.15: Imaginärteil von n-Pentanol-Cyclohexan-Mischungen

Page 67: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 63

x / mol% εst ε∞1 ε∞2 ε∞3 τ1 /ps τ2 / ps τ3 / ps β

1,00 15,11 3,50 2,93 2,10 704,6 31,3 3,0 0,982

0,90 12,90 3,29 2,67 2,10 739,5 24,0 3,0 0,971

0,80 11,84 3,21 2,59 2,10 759,8 20,3 3,0 0,967

0,71 9,80 3,08 2,51 2,10 749,2 19,1 3,0 0,956

0,60 8,11 2,98 2,41 2,10 738,1 18,1 3,0 0,955

0,50 6,29 2,83 2,39 2,10 708,7 18,0 3,0 0,910

0,40 4,49 2,67 2,34 2,10 604,6 17,2 3,0 0,751

0,30 3,37 2,56 2,29 2,10 467,6 16,8 3,0 0,760

0,20 2,64 2,43 2,22 2,10 235,5 15,4 3,0 0,910

Tab. 5.6: Angepasste Parameter für n-Pentanol-C6H12-Mischungen

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

0

200

400

600

800

τ / p

s

τ1τ1τ2τ2

Abb. 5.16: Auftragung der Relaxationszeiten gegen die Konzentration

In Abbildung 5.16 ist zu sehen, dass τ1 durch die Zugabe von Cyclohexan bis

zu einer Alkoholkonzentration von x = 0,7 leicht ansteigt. Dieses Verhalten

unterscheidet sich vom System n-Pentanol-CCl4 und wurde bereits bei

Mischungen von n-Butanol mit Cyclohexan beschrieben.

Page 68: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 64

5.1.7 3-Pentanol-CCl4

Bei diesem System wurden die Spektren wieder durch Anpassen einer

dreistufigen Debyefunktion ausgewertet, bei der die dritte Stufe vorgegeben

wurde.

Während sich die Relaxationszeiten des reinen 3-Pentanols nur unwesentlich

von denen des n-Pentanols unterscheiden, ist die Differenz bei der statischen

DK relativ groß. Dieses dürfte daran liegen, dass sich die Dipolmomente

unterscheiden. Das Verhalten der Relaxationszeit τ1 bei der Zugabe von CCl4ist ebenfalls anders als bei den zuvor beschriebenen n-Alkoholen. Wie in

Abbildung 5.19 zu sehen ist, nimmt sie bei 3-Pentanol sofort stark ab, während

sie bei den anderen Alkoholen erst anstieg bzw. konstant blieb. Anscheinend

führt die Verdünnung mit einem unpolaren Lösungsmittel hier nicht zur Bildung

größerer Assoziate, sondern es brechen eher Cluster auf.

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

3

5

7

9

ε'

Abb. 5.17: Realteil von 3-Pentanol in CCl4 in Abhängigkeit der Konzentration

Page 69: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 65

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

0

2

4

6

ε''

Abb. 5.18: Imaginärteil von 3-Pentanol in CCl4 in Abhängigkeit der Konzentration

x / mol% εst ε∞1 ε∞2 ε∞3 τ1 /ps τ2 / ps τ3 / ps

1,00 13,50 3,39 2,82 2,10 673,7 57,0 3,0

0,84 9,90 3,37 2,80 2,11 443,3 46,1 3,0

0,76 7,90 3,36 2,79 2,12 363,3 41,0 3,0

0,71 7,17 3,35 2,78 2,13 332,0 38,7 3,0

0,61 5,69 3,32 2,75 2,14 262,1 37,1 3,0

0,52 4,61 3,18 2,68 2,15 202,8 28,8 3,0

0,41 3,76 3,03 2,58 2,16 140,9 22,1 3,0

0,20 2,85 2,68 2,30 2,18 48,4 10,5 3,0

0,10 2,60 2,56 2,21 2,20 36,8 10,2 3,0

Tab. 5.7: Ermittelte Parameter für 3-Pentanol-CCl4-Mischungen

Page 70: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 66

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

0

200

400

600τ /

ps

τ2τ2τ!τ!

Abb. 5.19: Auftragung der Relaxationszeiten gegen die Konzentration

5.1.8 tert-Butanol-CCl4

Die tert-Butanol-CCl4-Mischungen wurden bei 299 K gemessen, da tert-Butanol

unterhalb dieser Temperatur als Feststoff vorliegt.

Die beschreibenden Parameter der tert-Butanol-Spektren wurden durch

Anpassen einer dreistufigen Debyefunktion ermittelt. Die statische DK liegt mit

12,7 deutlich niedriger als beim n-Butanol (εst = 17,6), 3-Pentanol (εst = 13,5)

oder auch 3-Propanol (εst = 19,4), die alle eine ähnliche Struktur aufweisen. Die

Relaxationszeit τ1 ist ungefähr so groß wie die von n-Butanol, was dafür spricht,

dass die gebildeten Assoziate eine ähnliche Größe haben. Wie auch beim 3-

Pentanol nimmt τ1 in der Mischung mit CCl4 schnell ab.

Page 71: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 67

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

2

4

6

8

10

12

ε'

Abb. 5.20: Realteil von tert-Butanol in CCl4 bei verschiedenen Konzentrationen

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

0

2

4

6

ε''

Abb. 5.21: Imaginärteil von tert-Butanol in CCl4 bei verschiedenen Konzentrationen

Page 72: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 68

x / mol% εst ε∞1 ε∞2 ε∞3 τ1 /ps τ2 / ps τ3 / ps

1,00 12,71 3,52 2,91 2,01 460,4 56,0 3,0

0,87 9,09 3,47 2,86 2,02 341,7 40,9 3,0

0,75 6,80 3,46 2,82 2,03 278,9 39,0 3,0

0,67 5,28 3,36 2,81 2,04 206,1 36,0 3,0

0,59 4,39 3,21 2,74 2,05 160,5 29,1 3,0

0,47 3,61 3,00 2,58 2,07 110,9 18,2 3,0

0,38 3,30 2,89 2,42 2,10 97,0 13,1 3,0

0,18 2,72 2,60 2,33 2,15 31,1 10,1 3,0

0,10 2,60 2,54 2,22 2,20 11,5 10,0 3,0

Tab. 5.8: Angepasste Parameter für tert-Butanol-CCl4-Mischungen

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

0

200

400

τ / p

s

τ1τ1τ2τ2

Abb. 5.22: Auftragung der Relaxationszeiten gegen die Konzentration

Page 73: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 69

5.1.9 TEC-CCl4

Bei diesem System wurden die Spektren durch Anpassung einer zweistufigen

Debyefunktion ausgewertet, da der zweite und dritte Relaxationsprozess in der

Frequenz sehr eng beieinander liegen und eine Aufteilung der Stufen schwierig

ist.

Auf Grund der geringen Intensität wurde die statische DK zusätzlich mit Hilfe

des Dipolmeters bestimmt. Beim Fit wurde dann der Bereich für εst

entsprechend eingeschränkt, ohne εst festzuhalten.

Im Vergleich zu tert-Butanol ist die statische DK wesentlich niedriger. Sie

beträgt bei TEC nur noch ein Viertel des Wertes von tert-Butanol. Da sich die

Dipolmomente der einzelnen Alkoholmoleküle jedoch kaum unterscheiden,

muss diese starke Abnahme mit der Größe der gebildeten Assoziate

zusammenhängen. TEC bildet keine großen Cluster aus, die ein größeres

kollektives Dipolmoment aufweisen. Dafür spricht auch, dass die

Relaxationszeit des ersten Prozesses mit 49 ps relativ klein ist.

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

2.25

2.75

3.25

3.75

ε'

Abb. 5.23: Realteil von TEC in CCl4 bei unterschiedlichen Konzentrationen

Page 74: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 70

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

ε''

Abb. 5.24: Imaginärteil von TEC in CCl4 bei unterschiedlichen Konzentrationen

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

0

20

40

τ / p

s

τ1τ1τ2τ2

Abb. 5.25: Auftragung der Relaxationszeiten gegen die Konzentration

Page 75: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 71

x / mol% εst ε∞1 ε∞2 τ1 /ps τ2 / ps

1,00 3,24 2,87 2,10 49,3 9,4

0,81 3,17 2,86 2,11 41,1 8,9

0,58 3,03 2,84 2,12 34,5 8,5

0,47 2,96 2,80 2,13 34,0 8,4

0,36 2,84 2,74 2,14 29,2 8,1

0,25 2,69 2,61 2,15 19,0 8,1

Tab. 5.9: Angepasste Parameter für TEC-CCl4-Mischungen

5.1.10 DMEP-CCl4

Bei DMEP liegt ein wesentlicher Teil des Spektrums bereits oberhalb des

zugänglichen Frequenzbereichs bis 20 GHz. Trotzdem ist ein genügend großer

Teil des Spektrums sichtbar, um die beiden Hauptrelaxationsstufen

anzupassen. Allerdings macht es, wie bei TEC auch, keinen Sinn, den zweiten

und dritten Relaxationsprozess getrennt zu behandeln. Daher wurde eine

zweistufige Debyefunktion an die Spektren angepasst, wobei die Werte für ε∞2

vorgegeben wurden. Die statische DK wurde unabhängig an einem Dipolmeter

bestimmt. Beim Anpassen wurde allerdings nicht ein fester Wert vorgegeben,

sondern nur der Bereich für εst eingeschränkt. In den Abbildungen 5.26 und

5.27 sind Dispersion bzw. Absorption für einige Konzentrationen dargestellt. Bei

der Auswertung der Spektren wurden nur Messwerte ab einer Frequenz von 1

GHz berücksichtigt, da die Messpunkte zu niedrigeren Frequenzen hin auf

Grund der geringen Intensität der Spektren stark streuen.

Die statische DK ist wie bei TEC relativ gering, was an der Tatsache liegt, dass

dieser Alkohol auf Grund sterischer Hinderung keine großen Assoziate bilden

kann und sich die Moleküle stattdessen bevorzugt antiparallel anordnen.

Dieses Verhalten wurde durch Arbeiten von Ludwig et al. [49] bereits durch

Computersimulationen und NMR-spektroskopische Unersuchungen gezeigt.

Die Relaxationszeit τ1 ist mit knapp 40 ps im reinen Alkohol ebenfalls klein.

Page 76: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 72

Durch die Verdünnung mit CCl4 nimmt τ1 ab, wobei die Abnahme dem Verlauf

der Viskosität, die in Abbildung 5.28 dargestellt ist, ungefähr entspricht.

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

2.25

2.75

3.25

3.75

ε'

Abb. 5.26: Realteil von DMEP in CCl4 bei unterschiedlichen Konzentrationen

1e+08 1e+09 1e+10 1e+11ν / Hz

0

0.2

0.4

0.6

ε''

Abb. 5.27: Imaginärteil von DMEP in CCl4 bei unterschiedlichen Konzentrationen

Page 77: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 73

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

0

20

40

τ / p

sτ1τ1τ2τ2

Abb. 5.28: Auftragung der Relaxationszeiten gegen die Konzentration

x / mol% εst ε∞1 ε∞2 τ1 /ps τ2 /ps

1,00 3,48 3,27 2,11 38,7 7,5

0,81 3,28 3,16 2,12 36,9 7,4

0,71 3,24 3,10 2,13 30,7 7,0

0,61 3,21 3,03 2,14 26,8 6,5

0,51 3,13 2,95 2,15 22,5 6,3

0,41 3,03 2,81 2,16 18,8 6,3

0,31 2,85 2,65 2,17 15,1 5,8

0,21 2,78 2,55 2,18 13,9 5,7

Tab. 5.10: Angepasste Parameter für DMEP-CCl4-Mischungen

Page 78: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 74

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

0

1

2

3

4

η / c

P

Abb. 5.29: Viskosität von DMEP in CCl4 in Abhängigkeit Konzentration

5.1.11 Temperaturabhängigkeit des dielektrischen Verhaltens

Im Rahmen dieser Arbeit wurde die Temperaturabhängigkeit der

frequenzabhängigen DK von DMEP untersucht. Die über einen Temperatur-

bereich von 283 bis 338 K gemessenen Spektren wurden durch Anpassung

einer zweistufigen Debyefunktion ausgewertet. Zusätzlich wurde die statische

DK davon unabhängig gemessen.

T / K εst ε∞1 ε∞2 τ1 /ps τ2 /ps

283 3,34 3,17 2,20 56,7 8,6

293 3,39 3,22 2,20 55,8 8,3

298 3,48 3,27 2,11 38,7 7,5

313 3,46 3,30 2,15 38,7 6,8

323 3,43 3,34 2,15 38,4 6,8

338 3,39 3,32 2,20 33,6 6,6

Tab. 5.11: Angepasste Parameter für DMEP

Page 79: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 75

280 300 320 340T / K

0

20

40

60

τ / p

sτ1τ1τ2τ2

Abb. 5.30: Auftragung der Relaxationszeiten τ1 und τ2 von DMEP gegen die Temperatur

Man erkennt in Abbildung 5.30, dass beide Relaxationszeiten mit steigender

Temperatur abnehmen. Allerdings ist die Streuung gerade von τ1 relativ groß,

da die Intensität der ersten Stufe gering und somit die Bestimmung der Zeit

schwierig ist. Auch die aus den Spektren ermittelten Werte für εst zeigen eine

leichte Abweichung von der statischen DK, die mit dem Dipolmeter bestimmt

wurde und zur besseren Unterscheidung mit ε0 bezeichnet wird. Von TEC

wurden keine temperaturabhängigen Spektren aufgenommen. Die Werte der

statischen DK von DMEP, TEC und tert-Butanol sind in Tabelle 5.12 aufgelistet.

Für tert-Butanol konnten keine Messungen unterhalb von 298 K durchgeführt

werden, da dieser Alkohol bei 298 K kristallisiert.

In den Abbildungen 5.31 und 5.32 ist die statische DK gegen die Temperatur

aufgetragen. Für DMEP und TEC findet man einen Anstieg mit ansteigender

Temperatur. Bei DMEP fällt die DK ab einer Temperatur von ≈ 315 K wieder ab,

während dieses Maximum bei TEC erst über 343 K auftreten dürfte. Der

Anstieg fällt zudem bei TEC stärker aus als bei DMEP.

Page 80: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 76

DMEP TEC tert-Butanol

T / K ε0 ρ / g·cm-3 ε0 ρ / g·cm-3 ε0 ρ / g·cm-3

283 3,342 0,886 3,073 0,853 - -

293 3,436 0,877 3,271 0,843 - -

298 3,471 0,872 3,349 0,839 12,211 0,7791

303 3,489 0,868 3,444 0,834 11,36 0,776

308 3,499 0,863 3,504 0,829 10,48 0,770

313 3,500 0,859 3,570 0,825 9,66 0,765

318 3,500 0,854 3,631 0,820 8,97 0,760

323 3,494 0,849 3,680 0,815 8,29 0,754

328 3,488 0,845 3,709 0,810 7,77 0,749

333 3,472 0,840 3,741 0,805 7,26 0,743

338 3,451 0,836 3,753 0,800 6,75 0,737

343 3,424 0,831 3,761 0,795 6,25 0,731

Tab. 5.12: Angepasste Parameter für DMEP

270 290 310 330 350T / K

3

3.2

3.4

3.6

3.8

ε 0

DMEPDMEPTECTEC

Abb. 5.31: Auftragung der statischen DK εo von DMEP und TEC gegen die Temperatur

1 Statische DK und Dichte bei 299 K

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 77

Bei niedrigeren Temperaturen bilden die Moleküle bevorzugt Di- und Trimere

aus, deren resultierende Dipolmomente kleiner sind als die der einzelnen

Moleküle, da die Dipole in ihnen antiparallel angeordnet sind. Bei einer

Temperaturerhöhung brechen sie vermehrt auf und die DK steigt an. Erhöht

man die Temperatur weiter, sinkt die DK auf Grund der schnelleren Bewegung

der Dipole wieder ab. Bei tert-Butanol findet man einen starken Abfall der DK

bei einer Temperaturerhöhung. Hier lösen sich ebenfalls H-Brückenbindungen

auf Grund der steigenden Temperatur. Allerdings bildet tert-Butanol größere

Assoziate mit einer bevorzugt parallelen Anordnung der Dipole, wodurch die

hohe DK zu Stande kommt. Eine genauere Betrachtung der gebildeten

Assoziate wird in Abschnitt 5.3 bei der Beschreibung der Kirkwood-Faktoren

erfolgen.

300 310 320 330 340 350T / K

6

9

12

ε 0

Abb. 5.32: Auftragung der statischen DK εo von tert-Butanol gegen die Temperatur

Page 82: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 78

5.2 Betrachtung der Kirkwood-Faktoren

Zur mikroskopischen Beschreibung der durch H-Brücken gebildeten Assoziate

eignet sich besonders der Kirkwood-Faktor. Dieser kann mit Hilfe von

Gleichung (3.44) aus der statischen DK und der Dichte der Lösungen

berechnet werden. Für das Dipolmoment des isolierten Moleküls wurde in allen

Fällen ein Wert von 1,7 D angenommen [15].

x / mol % εst ρ / g·cm-3 gK

1,00 32,55 0,787 2,77

0,90 26,10 0,949 2,77

0,80 20,97 1,081 2,74

0,70 16,65 1,186 2,69

0,60 12,88 1,273 2,57

0,50 9,65 1,343 2,38

0,40 7,03 1,403 2,15

0,30 5,08 1,455 1,91

0,20 3,61 1,502 1,58

0,10 2,74 1,547 1,32

Tab. 5.13: stat. DK, Dichte und Kirkwood-Faktor von Methanol-CCl4

x / mol % ε0 ρ / g·cm-3 gK

1,00 15,09 0,811 3,10

0,90 13,58 0,886 2,99

0,80 11,86 0,948 2,87

0,70 10,03 1,006 2,69

0,60 8,08 1,108 2,29

0,46 5,69 1,173 1,88

0,40 4,72 1,255 1,54

0,20 2,88 1,412 0,89

0,10 2,49 1,478 0,81

Tab. 5.14: stat. DK, Dichte und Kirkwood-Faktor von n-Pentanol-CCl4

Page 83: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 79

x / mol % εst ρ / g·cm-3 gK

1,00 15,11 0,811 3,10

0,90 12,90 0,806 2,95

0,80 11,84 0,802 2,95

0,71 9,80 0,798 2,69

0,60 8,11 0,793 2,53

0,50 6,29 0,789 2,20

0,40 4,49 0,785 1,66

0,30 3,37 0,782 1,27

0,20 2,64 0,778 0,78

Tab. 5.15: stat. DK, Dichte und Kirkwood-Faktor von n-Pentanol-Cyclohexan

x / mol % ε0 ρ / g·cm-3 gK

1,00 13,37 0,818 2,69

0,90 10,98 0,885 2,35

0,80 8,69 0,953 1,98

0,70 6,94 1,024 1,66

0,60 5,38 1,096 1,33

0,44 3,82 1,217 0,96

0,36 3,40 1,281 0,88

0,20 2,74 1,413 0,74

0,10 2,49 1,500 0,71

Tab. 5.16: stat. DK, Dichte und Kirkwood-Faktor von 3-Pentanol-CCl4

x / mol % ε0 ρ / g·cm-3 gK

1,00 3,35 0,839 0,46

0,81 3,24 0,928 0,48

0,58 3,11 1,080 0,55

0,36 2,91 1,236 0,63

0,25 2,75 1,334 0,68

Tab. 5.17: stat. DK, Dichte und Kirkwood-Faktor von TEC-CCl4

Page 84: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 80

x / mol % ε0 ρ / g·cm-3 gK

1,00 3,49 0,872 0,59

0,80 3,39 0,928 0,66

0,61 3,25 1,040 0,67

0,40 3,02 1,161 0,73

0,21 2,73 1,346 0,79

Tab. 5.18: stat. DK, Dichte und Kirkwood-Faktor von DMEP-CCl4

x / mol % ε0 ρ / g·cm-3 gK

1,00 12,21 0,777 2,10

0,90 9,27 0,857 1,71

0,80 7,07 0,938 1,36

0,69 5,33 1,026 1,07

0,50 4,46 1,178 0,80

0,40 3,68 1,259 0,65

0,30 3,28 1,339 0,69

0,20 2,72 1,419 0,66

0,10 2,43 1,499 0,57

Tab. 5.19: stat. DK, Dichte und Kirkwood-Faktor von tert-Butanol-CCl4

x / mol % εst ρ / g·cm-3 gK

1,00 17,60 0,806 3,27

0,86 15,10 0,970 3,00

0,69 11,71 1,132 2,71

0,50 7,56 1,283 2,18

0,20 3,15 1,433 1,19

Tab. 5.20: stat. DK, Dichte und Kirkwood-Faktor von n-Butanol-CCl4

Page 85: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 81

x / mol % εst ρ / g·cm-3 gK

1,00 17,66 0,806 3,28

0,80 13,46 0,796 3,10

0,60 9,40 0,789 2,76

0,40 5,30 0,782 2,03

0,20 2,77 0,777 1,02

Tab. 5.21: stat. DK, Dichte und Kirkwood-Faktor von n-Butanol-Cyclohexan

DMEP TEC tert-Butanol

T / K gK gK gK

283,2 0,45 0,34 -

293,2 0,57 0,42 -

298,2 0,60 0,46 2,101

303,2 0,62 0,50 1,97

308,2 0,64 0,53 1,84

313,2 0,65 0,57 1,71

318,2 0,67 0,60 1,60

323,2 0,68 0,63 1,49

328,2 0,69 0,66 1,40

333,2 0,70 0,69 1,32

338,2 0,70 0,71 1,22

343,2 0,71 0,72 1,13

Tab. 5.22: Kirkwood-Faktor von DMEP, TEC und tert-Butanol

1 gK-Faktor von n-Butanol bei 299,2 K

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 82

Es ist bekannt, dass reine, unverzweigte Alkohole ungewöhnlich hohe gK-

Faktoren aufweisen [15]. Daraus kann geschlossen werden, dass sich die

Dipole über H-Brückenbindungen bevorzugt parallel in Ketten anordnen.

In der Abbildung 5.33 sind die Kirkwood-Faktoren von n-Pentanol und n-

Butanol in CCl4 und C6H12 als Lösungsmittel aufgetragen. Es ist zu erkennen,

dass der gK-Faktor bei der Verdünnung mit C6H12 (ausgefüllte Symbole)

zunächst langsamer abnimmt als bei CCl4. Bei größerer Verdünnung sinkt der

Wert allerdings unter den Wert für CCl4. Für hohe Verdünnungen fällt der gK-

Faktor bei beiden Lösungsmitteln unter eins. Eine mögliche Erklärung dafür ist

die Existenz zyklischer Dimere mit verschwindendem oder nur sehr geringem

Dipolmoment [68]. Für unendliche Verdünnung, bei der die einzelnen Dipole

isoliert vorliegen, sollte gK = 1 sein. Man kann also ein Minimum in der

Konzentrationsabhängigkeit von gK bei einem Molenbruch von ca. x ≈ 0,1

erwarten.

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

0

1

2

3

g K

n-Butanol - CCl4n-Butanol - CCl4n-Butanol - C6H12n-Butanol - C6H12n-Pentanol - CCl4n-Pentanol - CCl4n-Pentanol - C6H12n-Pentanol - C6H12

Abb. 5.33: Auftragung der gK-Faktoren für n-Butanol und n-Pentanol in CCl4 und C6H12

Page 87: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 83

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

0

1

2

3

g K3-Pentanol3-Pentanoltert-Butanoltert-ButanolMethanolMethanol

Abb. 5.34: Auftragung der gK-Faktoren für Methanol, tert-Butanol und 3-Pentanol in CCl4

Die gK-Faktoren der nicht-linearen Alkohole 3-Pentanol und tert-Butanol zeigen

ein ähnliches Verhalten wie die gK-Faktoren der n-Alkohole. Für die reinen

Alkohole hat gK von 3-Pentanol einen ähnlich hohen Wert wie von 1-Pentanol.

Für tert-Butanol findet man einen niedrigeren Wert als für n-Butanol. Daraus

kann man schließen, dass die Anordnung der Dipole nicht mehr so streng

parallel ausfällt. Zudem findet man für tert-Butanol und 3-Pentanol einen

schnelleren Abfall von gK mit abnehmender Alkoholkonzentration als bei den

linearen Alkoholen, wie in Abbildung 5.34 zu sehen ist. Bei geringen

Konzentrationen fällt gK unter eins. Man findet somit auch bei diesen beiden

Alkoholen ein Minimum in der Konzentrationsabhängigkeit von gK.

In der Abbildung 5.34 ist auch der gK-Faktor von Methanol dargestellt. Im

Bereich hoher Konzentrationen entspricht das Verhalten den linearen

Alkoholen. Entweder tritt in diesem Fall kein Minimum von gK in Abhängigkeit

der Alkoholkonzentration auf, oder es liegt unterhalb des in dieser Arbeit

untersuchten Konzentrationsbereichs.

Page 88: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 84

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

0

1

2

3g K

TECTECDMEPDMEPn-Pentanoln-Pentanol

Abb. 5.35: Auftragung der gK-Faktoren für TEC, DMEP und n-Pentanol in CCl4

Betrachtet man die gK-Faktoren von DMEP und TEC, die in Abbildung 5.35

dargestellt sind, findet man ein ganz anderes Verhalten. Für den reinen Alkohol

ist gK von TEC und DMEP wesentlich kleiner als z. B. n-Pentanol. Man findet

Werte, die unter eins liegen. Die Dipole müssen sich somit bevorzugt

antiparallel anordnen. Dieser Effekt ist schon seit längerem bekannt [69]. Auf

Grund sterischer Hinderung können sich keine längeren Ketten von H-

brückengebundenen Dipolen bilden. Stattdessen bilden sich zyklische Dimere.

Dadurch heben sich die beiden Dipolmomente gegenseitig auf. Sinkt die

Alkoholkonzentration, steigt gK langsam an, da die Anzahl von freien

Monomeren und damit auch das Gesamtdipolmoment der Lösung zunimmt. Für

unendliche Verdünnung geht gK definitionsgemäß gegen eins, da hier ein

einzelner Dipol isoliert vorliegen muss.

Page 89: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 85

280 300 320 340T / K

0

1

2g K

DMEPDMEPTECTECtert-Butanoltert-Butanol

Abb. 5.36: Auftragung der gK-Faktoren für TEC, DMEP und tert-Butanol gegen T

In Abbildung 5.36 sind die gK-Faktoren von TEC, DMEP und tert-Butanol gegen

die Temperatur aufgetragen. Obwohl es sich bei allen um tertiäre Alkohole

handelt, findet man ein unterschiedliches Verhalten. Für tert-Butanol findet

man, dass gK mit steigender Temperatur sinkt, während bei TEC und DMEP ein

Anwachsen zu erkennen ist. Verursacht wird dieses unterschiedliche Verhalten

durch schon erwähnte Unterschiede der gebildeten Strukturen innerhalb der

Flüssigkeiten. Bei tert-Butanol zerfallen auf Grund der schnelleren Bewegung

der Dipole größere Assoziate, in denen die Dipole parallel angeordnet sind. Der

gK-Faktor nähert sich für hohe Temperatur eins an. Das Gleiche gilt für TEC

und DMEP. Allerdings öffnen sich hier zyklische Di- und Trimere, daher nähert

sich gK von „unten“ dem Wert eins.

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 86

5.3 Vergleich von dielektrischen Daten mit NMR-Daten

Für den Fall, dass es sich bei dem Relaxationsprozess um einen einstufigen

Debye-Prozess handelt, kann Gl. (3.60) als gültig angesehen werden und es

gilt 2 1 / 3s sNMRτ τ τ≡ = . Ein Vergleich zwischen dielektrischer und magnetischer

Relaxation ist dann direkt möglich. Wie bereits im Rahmen dieser Arbeit zu

sehen war, kommt ein einstufiger Prozess nur selten in realen Systemen vor.

Man findet im Gegenteil häufig kompliziertere dielektrische Spektren, die

entweder einen mehrstufigen Relaxationsprozess widerspiegeln oder durch

eine nichtexponentielle Zeitkorrelationsfunktion bestimmt sind. Im letzten Fall

sollte man auch nichtexponentielle Zeitkorrelationsfunktionen bei der

magnetischen Relaxation erwarten. Dann gibt die Korrelationszeit τNMR nur

eine Hauptkorrelationszeit

( )2

0

( )sNMR C t dtτ

= ∫ (5.2)

wieder und die Datenanalyse muss auf Näherungen zurückgreifen.

Um eine einfache Auswertung zu Grunde legen zu können, kann die

Datenanalyse auf den niederfrequenten Teil beschränkt werden. Zudem

nimmt man an, dass die Hauptkorrelationszeit τNMR hauptsächlich durch

diese Mode bestimmt wird [36]. Diese Näherung ist bei Methanol, n-Butanol

und n-Pentanol auf Grund der Amplituden ∆ε der einzelnen

Relaxationsstufen über nahezu den gesamten Konzentrationsbereich

zulässig. Bei DMEP ist diese Annahme auf Grund der gemessenen

dielektrischen Daten zweifelhaft, da hier die Amplitude der ersten Stufe

kleiner ist als die der zweiten. Daher erschien es sinnvoll, die Korrelationszeit

τNMR mit einer dielektrische Relaxationszeit

10

( )d C t dtτ∞

= ∫ , (5.3)

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 87

die über das gesamte dielektrische Spektrum gemittelt wurde, zu

vergleichen. In den Abbildungen 5.37 bis 5.40 sind τNMR, 3τNMR und

dτ aufgetragen. Für den Fall, dass keine dipolaren Kreuzkorrelationen

auftreten, müsste 3d NMRτ τ≅ sein. Die hier tabellierten Werte für τNMR wurden

aus den angegeben Arbeiten entnommen. Für die Berechnung von g'

wurden die Korrelationszeiten auf die jeweiligen Konzentrationen interpoliert.

Methanol n-Pentanol

x τNMR / ps x τNMR / ps

1,00 5,06 1,00 72,0

0,85 5,93 0,88 65,6

0,60 6,83 0,79 60,8

0,30 6,67 0,71 56,6

0,20 6,13 0,58 50,0

0,10 5,54 0,50 45,9

0,07 5,07 0,40 40,7

0,05 4,67 0,20 27,0

0,10 12,7

Tab. 5.23: Korrelationszeiten τNMR von Methanol [68] und n-Pentanol [70] in CCl4

n-Butanol DMEP

x τNMR / ps x τNMR / ps

1,00 49,5 1,00 19,04

0,80 43,9 0,80 15,94

0,60 37,6 0,60 12,58

0,40 30,0 0,40 8,53

0,20 21,4 0,20 3,30

0,10 15,7 0,10 1,95

0,05 12,5 0,05 1,39

0,03 9,8 0,03 1,15

Tab. 5.24: Korrelationszeiten τNMR von DMEP [71] und n-Butanol [70] in CCl4

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 88

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

0

50

100

τ / p

sτdτdτNMRτNMR3τNMR3τNMR

Abb. 5.37: Vergleich von τNMR, 3τNMR und dτ von Methanol

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

0

300

600

τ / p

s

τdτdτNMRτNMR3τNMR3τNMR

Abb. 5.38: Vergleich von τNMR, 3τNMR und dτ von n-Pentanol

Page 93: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 89

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

0

200

400

τ / p

sτdτdτNMRτNMR3 τNMR3 τNMR

Abb. 5.39: Vergleich von τNMR, 3τNMR und dτ von n-Butanol

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

0

20

40

60

τ / p

s

τdτd3 τNMR3 τNMRτNMRτNMR

Abb. 5.40: Vergleich von τNMR, 3τNMR und dτ von DMEP

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 90

Es fällt sofort auf, dass die Kreuz-Korrelationen für Methanol, n-Pentanol und

n-Butanol die dielektrische Relaxation verlangsamen. Bei DMEP hingegen

beschleunigen sie die Relaxation.

Dieses Verhalten ist mit Gleichung (3.62) vereinbar, wenn man annimmt,

dass der Kirkwood-Faktor die bestimmende Größe für die Beschreibung der

Beziehungen zwischen dτ und 3τNMR ist. Diese Vermutung kann durch

Betrachtung der in den Abbildungen 5.41 und 5.42 aufgetragenen Größen gK

und g' = / 3d NMRτ τ bestätigt werden. g' zeigt zumindest qualitativ das gleiche

Verhalten wie gK. Für n-Pentanol findet man sogar das Minimum bei

geringen Konzentrationen, das auch beim gK-Faktor auftritt. Für die reinen

Alkohole findet man ebenfalls eine gute Übereinstimmung zwischen gK und

g'.

Bei Methanol fällt allerdings auf, dass es im mittleren Konzentrationsbereich

einen großen Unterschied zwischen gK und g' gibt. Während gK nur im

konzentrierten Bereich ein sehr geringes Maximum durchläuft, steigt g' bis zu

einem Molenbruch von ca. 0,5 stark an. Hier scheint die Annahme für den

gK-Faktor nicht zu stimmen, da vermutlich der in Gleichung (3.62)

verwendete Korrekturfaktor des inneren Feldes für Mischungen von

Alkoholen in unpolaren Lösungsmitteln nicht der gleiche ist wie für reine

Alkohole. Es bilden sich durch die Zugabe größere Cluster, die sich

langsamer als im reinen Alkohol reorientieren können. Bei einer

Konzentration von x ≅ 0,5 brechen die großen Cluster auf. Dadurch sinkt die

Relaxationszeit stark ab. Dieser Effekt ist bei Methanol am stärksten und

nimmt mit Anwachsen der Alkylkette bei n-Alkoholen ab, wie in den

Abbildungen 5.41 und 5.42 bei n-Butanol und n-Pentanol zu sehen ist.

Bei DMEP findet man ein anderes Verhalten. Hier stimmt der qualitative

Verlauf von g' und gK recht gut überein. Man findet hier ein Anwachsen der

Faktoren mit zunehmender Verdünnung. Ein Minimum in der

Konzentrationsabhängigkeit von g' und gK scheint nicht aufzutreten.

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 91

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

1

3

5g K

, g'

Butanol g'Butanol g'Butanol gKButanol gKMethanol g'Methanol g'Methanol gKMethanol gK

Abb. 5.41: Vergleich von g' und gK von Methanol und n-Butanol

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1x

0

1

2

3

g K ,

g'

n-Pentanol g'n-Pentanol g'n-Pentanol gKn-Pentanol gK

DMEP g'DMEP g'DMEP gKDMEP gK

Abb. 5.42: Vergleich von g' und gK von n-Pentanol und DMEP

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 92

5.4 Auswertung der NIR-Spektren

Im Rahmen dieser Arbeit wurden Untersuchungen an Cyclohexan, TEC und

DMEP durchgeführt. Es wurden konzentrationsabhängige Messungen von

Lösungen der Alkohole in CCl4 durchgeführt. Von DMEP wurden auch

Spektren über einen Temperaturbereich von 275 bis 343 K bei Normaldruck

und bei 500 bar aufgenommen. Die Messungen von Cyclohexan wurden

durchgeführt, um Erfahrungen im Umgang mit dem Spektrometer und der

Druckzelle zu sammeln. Die ermittelten Daten wurden mit den Ergebnissen

von Luck und Ditter verglichen [13]. Sie sollen aber hier nicht weiter

thematisiert werden. Von TEC wurden Spektren bei unterschiedlichen

Konzentrationen aufgenommen, die allerdings nicht ausgewertet wurden, da

sich herausstellte, dass TEC anders als DMEP nicht nur als Mono- und

Dimer vorliegt, sondern auch als Trimer. Dieses wurde durch Computer-

simulationen von Hülsekopf bestätigt [72]. Dadurch wird eine Auswertung

des Spektrums wesentlich schwieriger, zumal im Rahmen dieser Arbeit keine

molaren Absorptionskoeffizienten bestimmt werden. In Abbildung 5.43 sind

Spektren unterschiedlicher Konzentrationen von TEC abgebildet. Die

Spektren wurden in einer 10 mm Küvette bei 298 K aufgenommen.

6000 6300 6600 6900 7200 7500 7800cm-1

0

1

2

A 1,01,0

0,20,20,30,3

0,40,40,50,5

Abb. 5.43: NIR-Spektren von TEC in CCl4 bei unterschiedlichen Konzentrationen

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 93

3200 3300 3400 3500 3600 3700ν / cm-1

0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

A

Abb. 5.44: IR-Spektrum von DMEP bei 298 K [73]

6400 6600 6800 7000 7200 7400ν / cm-1

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

A

298 K298 K

276 K276 K

283 K283 K

308 K308 K

Abb. 5.45: NIR-Spektren von DMEP bei unterschiedlichen Temperaturen

In Abbildung 5.44 ist ein IR-Spektrum von DMEP bei 298 K abgebildet. Man

erkennt deutliche Unterschiede zu den NIR-Spektren, die in Abbildung 5.45

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 94

dargestellt sind. Im IR ist die Dimerbande (3300 - 3650 cm-1) gegenüber der

Monomerbande ähnlich wie bei Cyclohexanol stark erhöht. Im NIR

erstrecken sich die Dimer- und Monomerbande zudem über einen wesentlich

größeren Bereich.

Die temperaturabhängigen Spektren von DMEP wurden zuerst mit einer 2

mm Küvette aus optischem Spezialglas aufgenommen. Die Messungen

wurden danach noch einmal in dem Autoklaven wiederholt, da die

Temperaturgenauigkeit dort größer war. In Abbildung 5.45 ist deutlich zu

erkennen, dass der Peak des Monomers bei 7090 cm-1 mit steigender

Temperatur anwächst, während die relativ breite Bande des Dimers

abnimmt, die sich über einen Bereich von ca. 6600 bis 7150 cm-1 erstreckt.

Die Bande von ca. 7160 bis 7470 cm-1 zeigt praktisch keine

Temperaturabhängigkeit. Sie wurde deshalb nicht bei der Auswertung der

Spektren berücksichtigt und linear vom Spektrum abgezogen, wie in

Abbildung 5.46 zu sehen ist. Es wurde auch probiert, die Bande durch eine

Funktion anzupassen und diese dann vom Spektrum abzuziehen. Man

erhielt dabei aber nahezu die gleichen Ergebnisse wie bei der linearen

Methode.

6400 6600 6800 7000 7200 7400ν / cm-1

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

A

Abb. 5.46: Grundlinienkorrektur eines NIR-DMEP-Spektrums

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 95

Zur Auswertung wurden die Spektren, die das Spektrometer in Abhängigkeit

der Wellenlänge aufnimmt, in Wellenzahlenspektren umgewandelt. Zur

weiteren Auswertung wurde dann eine aus drei einzelnen Gaußfunktionen

bestehende Funktion, wie sie von Ludwig und Hülsekopf bei der Auswertung

von IR-Spektren verwendet wurde [74], an die Dimerbande angepasst, um

die Fläche der Bande bestimmen zu können. Die Dimerbande wurde vom

Spektrum abgezogen. Danach wurde eine ebenfalls dreiteilige Gaußfunktion

an die Monomerbande angepasst. Da in dieser Arbeit keine molaren

integralen Absorptionskoeffizienten bestimmt wurden, wurde das Verhältnis

der Absorptionskoeffizienten von Monomer- und Dimerbande bestimmt.

Dazu wurden die aus den temperaturabhängigen Messungen ermittelten

Intensitäten der Banden gegeneinander aufgetragen. Man erhält dabei einen

linearen Zusammenhang, der von Hülsekopf anhand von IR-Spektren

gezeigt wurde [72], zwischen beiden Intensitäten. Für die lineare Regression

gilt:

1 1 1 2 2 2 2 1 und (1 )I k x I k x k x= ⋅ = ⋅ = ⋅ − , (5.4)

11 1 2

2

kI k Ik

= − ⋅ . (5.5)

Hier sind k1 und k2 Absorptionskonstanten und x1 und x2 der Molenbruch der

Dimere und Monomere. k1 entspricht in der Auftragung dem Achsenabschnitt

und k1/ k2 der Steigung. Nach der Bestimmung von k1 und k2 können die

Populationen x1 und x2 berechnet werden.

Es wurden für die Konstanten folgende Werte ermittelt.

k1 164,3

k2 140,4

Tab. 5.25: ermittelte Absorptionskonstanten

Page 100: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

5 Ergebnisse und Datenauswertung 96

50 75 100I2

50

75

100

I 1

Abb. 5.47: Auftragung der Intensitäten I1 gegen I2

270 290 310 330 350T / K

0

0.5

1

x 1 ,

x 2

Monomer p = 1 barMonomer p = 1 barDimer p = 1 barDimer p = 1 barMonomer p = 500 barMonomer p = 500 barDimer p = 500 barDimer p = 500 bar

Abb. 5.48: Monomer- und Dimer-Population von DMEP gegen T bei 1 bar und 500 bar

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 97

p = 1 bar p = 500 bar

T / K x1 x2 x1 x2

275 0,34 0,66

278 0,38 0,62

283 0,39 0,61 0,39 0,61

288 0,43 0,57 0,43 0,57

293 0,43 0,57 0,44 0,56

298 0,45 0,55 0,46 0,54

303 0,51 0,49 0,52 0,48

308 0,53 0,47

313 0,55 0,45 0,53 0,47

318 0,57 0,43

323 0,59 0,41 0,58 0,42

328 0,61 0,39

333 0,63 0,37 0,60 0,40

338 0,64 0,36

343 0,65 0,35 0,65 0,35

Tab. 5.26: ermittelte Monomer- und Dimer-Populationen von DMEP

In Abbildung 5.48 sind die Monomer- und Dimer-Populationen gegen die

Temperatur aufgetragen. Wie zu erwarten war, liegen bei niedrigen

Temperaturen mehr DMEP-Moleküle als Dimere vor. Erhöht man die

Temperatur, nimmt der Anteil der Monomere linear zu. Bei ca. 300 K hat

man gleich viele Mono- und Dimere. Bei 343 K liegen bereits 65 % der

Moleküle als Monomer vor. Diese Ergebnisse stimmen gut mit NMR-

Untersuchungen, Untersuchungen im Bereich der IR-Grundschwingung und

theoretischen Vorhersagen von Ludwig und Hülsekopf überein [11,12,72].

Für die Messungen bei 500 bar findet man nahezu die gleichen

Populationen. Anscheinend ist dieser Druck noch zu gering, um deutliche

Veränderungen im Monomer-Dimer-Verhältnis bewirken zu können.

Für die Auswertung der Spektren der DMEP-CCl4-Mischungen wurden

ebenfalls die hier ermittelten Konstanten k1 und k2 verwendet. Einige

Spektren sind in Abbildung 5.49 zu sehen. Es ist deutlich zu erkennen, dass

der Monomerpeak, relativ zur Dimerbande gesehen, nur wenig abnimmt. Die

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 98

Dimerbande nimmt dagegen stark ab und verläuft mit zunehmender

Verdünnung immer flacher.

6400 6600 6800 7000 7200 7400ν / cm-1

0

0.2

0.4

0.6

0.8

1

A

1,01,00,80,8

0,40,40,60,6

0,20,2

Abb. 5.49: NIR-Spektren von DMEP in CCl4 bei unterschiedlichen Konzentrationen

xDMEP x1 x2

1,00 0,47 0,53

0,81 0,54 0,46

0,71 0,59 0,41

0,61 0,61 0,39

0,51 0,67 0,33

0,41 0,71 0,29

0,31 0,78 0,22

0,21 0,91 0,09

Tab. 5.27: ermittelte Monomer- und Dimer-Populationen von DMEP in CCl4

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 99

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1xDMEP

0

0.5

1

x 1 ,

x 2DimerDimerMonomerMonomer

Abb. 5.50: Monomer- und Dimerpopulation von DMEP in CCl4

In Abbildung 5.50 sind die Monomer- und Dimer-Populationen in

Abhängigkeit der Alkoholkonzentration aufgetragen. Erwartungsgemäß steigt

die Anzahl der freien Moleküle mit sinkender Konzentration.

5.5 Vergleich der Ergebnisse aus dielektrischen und NIR-spektroskopischen Messungen

Zum Vergleich von NIR-spektroskopischen mit dielektrischen Messungen

eignet sich beim DMEP besonders der Kirkwood-Faktor. Trägt man diesen

und die Monomerpopulation in einem Diagramm auf, erhält man einen

sowohl qualitativ als auch quantitativ sehr ähnlichen Verlauf, wie in den

Abbildungen 5.51 und 5.52 zu sehen ist. Daraus kann geschlossen werden,

dass lediglich die Monomere einen Beitrag zur DK leisten. Die Dipole, die

antiparallel in den Dimeren angeordnet sind, heben sich gegenseitig auf und

leisten nur einen sehr geringen Beitrag zur DK.

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5 Ergebnisse und Datenauswertung 100

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1xDMEP

0

0.5

1

x 1 ,

g K

x1 Monomeranteil aus NIR-Spektrenx1 Monomeranteil aus NIR-SpektrengK -FaktorgK -Faktor

Abb. 5.51: Monomerpopulation und gK-Faktor von DMEP in CCl4

270 290 310 330 350T / K

0

0.5

1

x 1 ,

g K

gK-FaktorgK-Faktorx1 Monomeranteil aus NIR-Spektrenx1 Monomeranteil aus NIR-Spektren

Abb. 5.52: Monomerpopulation und gK-Faktor von DMEP in Abhängigkeit der Temperatur

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6 Diskussion 101

6 Diskussion

In dieser Arbeit wurden Alkohole, die sich in der Kettenlänge, dem Grad der

Verzweigung und der Position der OH-Gruppe unterscheiden, untersucht. Es

konnte gezeigt werden, dass die Struktur der Alkohole großen Einfluss

sowohl auf statische als auch dynamische, dielektrische Eigenschaften hat

und das Verhalten der statischen mit denjenigen der dynamischen

Eigenschaften korreliert ist.

Nimmt die Kettenlänge der Alkohole zu, fällt die DK stark ab, wie an der

homologen Reihe Methanol, n-Butanol und n-Pentanol zu sehen ist. Die

Abnahme der DK beruht aber in erster Linie auf der geringeren Dipoldichte.

In reinem Methanol beträgt die Dipolkonzentration 24,6 mol/l. In n-Butanol

und n-Pentanol findet man 15,2 mol/l bzw. 10,9 mol/l. Berücksichtigt man die

Konzentrationsabnahme, würde die DK entgegen den Beobachtungen sogar

ansteigen.

Weil sich die Dipolmomente der Alkohole nicht stark unterscheiden, muss

die DK auch von den strukturellen Unterschieden des Dielektrikums abhän-

gen. Diese können mit dem Kirkwood-Faktor beschrieben werden. Der gK-

Faktor beträgt für Methanol 2,77, für n-Butanol 3,11 und für n-Pentanol 3,06.

Daraus lässt sich schließen, dass in n-Butanol und n-Pentanol eine

ausgeprägtere parallele Ausrichtung der Dipole vorhanden ist.

Für Alkohole wie z. B. 3-Pentanol mit einer anderen Stellung der OH-Gruppe

findet man eine niedrigere statische DK. Da die Dipoldichte genauso groß

wie bei n-Pentanol ist, sollten die Assoziate im erstgenannten Fall kleiner

und/oder die parallele Ausrichtung der Dipole weniger ausgeprägt sein. Dies

wird durch den niedrigeren gK-Faktor gK = 2,69 bestätigt.

Führt man eine zusätzliche Kettenverzweigung ein, sinken die statische DK

und der gK-Faktor stark ab, wie es am Beispiel des tert-Butanol zu sehen ist.

Zwar ordnen sich die Moleküle auch hier bevorzugt parallel an (gK =2,10),

aber es bilden sich auf Grund der sterischen Hinderung keine langen Ketten

von aneinander gereihten Dipolen aus. Noch deutlicher wird dieser sterische

Einfluss, wenn man noch stärker verzweigte Alkohole betrachtet. Die

statische DK von DMEP bzw. TEC ist wesentlich geringer als diejenige

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6 Diskussion 102

unverzweigter Alkohole und der gK-Faktor ist kleiner als eins. In DMEP und

TEC ordnen sich die Dipole bevorzugt in Di- und Trimeren antiparallel an,

wodurch sich ihre Dipolmomente gegenseitig aufheben. In dieses Bild passt

auch die Temperaturabhängigkeit der DK und des gK-Faktors. Bei DMEP

und TEC steigen sowohl die statische DK als auch der gK-Faktor mit der

Temperatur an, während bei allen zuvor besprochenen Alkoholen das

Gegenteil der Fall ist.

Besonders interessant sind die Unterschiede im Verhalten der Kirkwood-

Faktoren der verschiedenen Alkohole, wenn man Verdünnungsreihen mit

einem unpolaren Lösungsmittel betrachtet. Für Methanol, n-Butanol und n-

Pentanol nimmt gK im höher konzentrierten Bereich langsam ab. Erst ab

einer Konzentration von x ≅ 0,6 findet man einen steileren Abfall von gK. Für

sehr geringe Konzentrationen findet man ein Minimum, und bei unendlicher

Verdünnung geht gK gegen eins. Bei tert-Butanol und 3-Pentanol findet man

ein anderes Verhalten. Hier fällt gK sofort stark bis auf einen Wert unter eins

ab und nähert sich für hohe Verdünnungen eins an. Die Kirkwood-Faktoren

von DMEP und TEC steigen leicht mit abnehmender Alkoholkonzentration

an. Der Anstieg wird dadurch verursacht, dass H-Brückenbindungen in Di-

und Trimeren gelöst werden und so die Anzahl von Monomeren ansteigt.

Durch NIR-spektroskopische Untersuchungen des ersten Obertons der OH-

Streckschwingung konnte gezeigt werden, dass die Monomeren-

konzentration genau dem Verlauf des Kirkwood-Faktors entspricht. Dadurch

wurde demonstriert, dass allein die Monomere einen Beitrag zur DK leisten.

Der bestimmende Prozess in dielektrischen Spektren ist bei protischen

Flüssigkeiten mit einem gK-Faktor gK > 1 der langsamste, mit der

Relaxationszeit τ1, da er wegen seiner großen Intensität die beiden anderen

Stufen überlagert. Die Intensität des zweiten Prozesses mit der

Relaxationszeit τ2 ist um einen Faktor 10 geringer. Der dritte Prozess hat

ungefähr die gleiche Amplitude wie der zweite. τ1 hängt von der

Molekülgröße ab. Man findet einen starken Anstieg der Relaxationszeit,

wenn der Alkylrest größer wird. Bei Methanol beträgt τ1 52,5 ps, bei n-

Butanol findet man bereits 502,3 ps und bei n-Pentanol 672,2 ps. Verursacht

wird dieser Anstieg durch die unterschiedliche Größe der Moleküle und der

daraus resultierenden Assoziatgröße.

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6 Diskussion 103

Befindet sich die OH-Gruppe an einer anderen Position im Molekül, hat das

keinen großen Einfluss auf die Relaxationszeit, wie man bei 3-Pentanol (τ1 =

673,7 ps) und tert-Butanol (τ1 = 460,4 ps) sehen kann.

Eine Aussage über den Mechanismus der zweiten Relaxationsstufe ist

allerdings auch nach dieser Arbeit immer noch nicht möglich. Hier könnten

molekulardynamische Simulationen bei der Aufklärung helfen. Bei dem

dritten Prozess handelt es sich um einen intramolekularen Vorgang. Somit

sollte τ3 relativ unabhängig von der Molekülstruktur sein.

Bei den Alkoholen DMEP und TEC ist τ1 trotz der Molekülgröße wesentlich

kleiner (τ1 = 38,7 bzw. 56,7 ps), was dadurch zu erklären ist, dass nur kleine

Assoziate in den Flüssigkeiten vorliegen. Außerdem ist bei DMEP und TEC

die Intensität der ersten Stufe sehr gering. Dies stimmt gut mit dem

Verhalten des Kirkwood-Faktors überein, der eine antiparallele Anordnung

der Dipole beschreibt. Durch diese Ausrichtung resultiert praktisch kein

Dipolmoment. Die Alkoholmoleküle werden dadurch dielektrisch unsichtbar.

Besonders interessant ist das Verhalten der Relaxationszeit, wenn der

Alkohol mit einem unpolaren Lösungsmittel wie CCl4 verdünnt wird. Bei

Methanol kann man einen starken Anstieg beobachten, der wahrscheinlich

dadurch zustande kommt, dass die Dipole durch solvophobe Kräfte zunächst

größere Assoziate bilden. Dieser Effekt tritt auch bei n-Butanol und n-

Pentanol auf, allerdings ist er dort wesentlich schwächer bzw. fast nicht mehr

vorhanden. Verwendet man Cyclohexan als Lösungsmittel, ist der Effekt

stärker ausgeprägt. Methanol ist allerdings über einen großen

Konzentrationsbereich nicht mit Cyclohexan mischbar. CCl4 scheint auf

Grund seiner freien Elektronenpaare an der Bildung von H-Brücken beteiligt

zu sein, so dass es nicht zu Entmischung kommt.

Ein weiterer Effekt, der bei Cyclohexan als Lösungsmittel auftritt, ist, dass

sich der erste Relaxationsprozess nicht mehr durch eine Debye-Funktion

beschreiben lässt. Man findet hier eine asymmetrische Verteilung der

Relaxationszeit.

Bei 3-Pentanol und tert-Butanol nimmt τ1 bei der Verdünnung mit CCl4 sofort

stark ab. Hier bilden sich anscheinend keine größere Cluster auf Grund

solvophober Kräfte. Ein ähnliches Verhalten findet man auch bei DMEP und

TEC.

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6 Diskussion 104

Die in dielektrischen Spektren beobachtete Zeitkorrelationsfunktion spiegelt

nicht nur die Reorientierung von molekularen Dipolen wider. Sie enthält nach

Ergebnissen dieser Arbeit zusätzlich Kreuzterme zwischen den Dipol-

momenten von verschiedenen Teilchen, die kollektive Strukturfluktuationen

reflektieren. Zur Untersuchung der Kreuzterme wird in dieser Arbeit die

Gleichung (3.62), die einen dynamischen Korrelationsfaktor g' und eine

interne Feldkorrektur ƒ mit einbezieht, verwendet. Der dynamische

Korrelationsfaktor wird aus NMR-Daten, die die Reorientierung einzelner

Dipole beschreiben, und der gemittelten dielektrischen Relaxationszeit

bestimmt. Dieser Ansatz wird mit traditionellen Interpretationen verglichen.

Zum einen gibt es Systeme wie z. B. n-Alkohole oder Amide mit Kirkwood-

Faktoren gK > 1, in denen der Relaxationsprozess bei niedrigen Frequenzen

das gesamte Spektrum dominiert. Dass dieser Vorgang ungewöhnlich

langsam ist, ist seit langem bekannt [15] und wurde auch in dieser Arbeit

gezeigt. Gewöhnlich wird dies damit begründet, dass die dielektrische

Relaxation eher die Bewegung großer, langsam reorientierender dipolarer

Assoziate als die Reorientierung einzelner Dipole widerspiegelt. Für n-

Butanol und n-Pentanol findet man, sowohl für den reinen Alkohol als auch

für den verdünnten Bereich, eine gute Übereinstimmung zwischen dem

Kirkwood-Faktor und dem dynamischen Korrelationsfaktor. Bei Methanol ist

der qualitative Verlauf auch ähnlich, allerdings zeigen sich über einen großen

Konzentrationsbereich starke Abweichungen zwischen gK und g'. Es lässt

sich aber abschließend feststellen, dass die Kreuzkorrelation im Fall von

parallel angeordneten Dipolen die Relaxationen verlangsamen.

Auf der anderen Seite gibt es auch Systeme mit gK < 1. Ein Kirkwood-Faktor

kleiner als eins deutet auf eine antiparallele Anordnung der Dipole hin, wie

es bei DMEP der Fall ist. Aber auch n-Butanol und n-Pentanol liegen bei

geringen Konzentrationen in CCl4 als antiparallel angeordnete Dipole vor. Bei

höheren Konzentrationen bilden sich größere Aggregate. In allen drei Fällen

beschleunigt die Kreuzkorrelation die Relaxation. Dieses sehr ungewöhn-

liche Verhalten widerspricht dem üblichen Bild, das man über die

Auswirkungen der Aggregatbildung auf Reorientierungsbewegungen hat.

Nach den üblichen molekularen Vorstellungen führt die Bildung von

Assoziaten zu einer Verlangsamung der Molekülbewegungen. Beispiels-

Page 109: Dielektrische und NIR-Untersuchungen von Struktur … · wäre auch eine genauere Interpretation der in der Arbeit von Knocks gefundenen Moden im dielektrischen Spektrum von Proteinen

6 Diskussion 105

weise ist in einem einfachen hydrodynamischen Bild die Umorientierungszeit

eines in einer Kugel eingebetteten Dipols proportional zur dritten Potenz des

Radius der Kugel [15]. Es ist kein anschaulicher Mechanismus vorstellbar,

bei dem eine Assoziatbildung zur Beschleunigung von molekularen

Bewegungen führt.

Die Beobachtung kollektiver Fluktuationseffekte hat wesentliche Auswirkun-

gen auf die Interpretation dielektrischer Spektren in Lösungen. Auf Grund

der Kreuzterme sind im dielektrischen Spektrum Bewegungsprozesse nicht

unbedingt bei denjenigen Frequenzen zu finden, bei denen der gleiche

Prozess in anderen Experimenten wie z. B. NMR-Relaxationsexperimenten

auftritt. Wird diese Frequenzverschiebung sehr groß, könnten dadurch

eigene dielektrische Absorptionsgebiete auftreten, die z. B. in NMR-

Experimenten nicht gefunden werden und der kollektiven Dynamik

zuzuordnen sind. Dies stützt wesentlich den aus den Messungen von

Knocks [7] und parallel dazu durchgeführten Simulationen von Steinhauser

resultierenden Befund, dass ein Teil der Absorptionsgebiete in wässrigen

Lösungen von Proteinen kollektiven Bewegungen zuzuschreiben ist [9].

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106

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[71] H. Weingärtner, H. Nadolny, A. Oleinikova und R. Ludwig, J. Chem.

Phys., eingereicht

[72] M. Hülsekopf, Dissertation, Universität Dortmund, 2003

[73] M. Hülsekopf, unveröffentlichte Daten

[74] M. Hülskopf, persönliche Mitteilung

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Danksagung

Ich danke Herrn Prof. Dr. H. Weingärtner für die interessante

Themenstellung und die stets gewährte Unterstützung während der

Durchführung dieser Arbeit.

Herrn Prof. Dr. R. Winter danke ich herzlich für die Übernahme des

Korreferats.

Herrn Prof. Dr. H.-J. Götze danke ich für seine Bereitschaft, in der

Disputation als Drittprüfer zu fungieren.

Des Weiteren bedanke ich mich herzlich bei Herrn PD Dr. R. Ludwig und

Herrn M. Hülsekopf für die gute Zusammenarbeit und interessante

Diskussionen.

Ich danke allen Mitarbeitern des Lehrstuhl für Physikalische Chemie 2, die

mich bei der Durchführung dieser Arbeit unterstützt haben.

Diese Arbeit wurde unterstützt durch das Graduiertenkolleg „Struktur-

Dynamik-Beziehungen in mikrostrukturierten Systemen“.

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Lebenslauf

Persönliche Daten:Name: Holger Günter Nadolny

Geburtsdatum: 04.07.1973

Geburtsort: Herne

Familienstand: ledig

Ausbildung:1979-1983 Grundschule in Bochum-Somborn

1983-1992 Lessing-Gymnasium in Bochum-Langendreer

16.06.1992 Abitur

WS 1992 Studium der Chemie an der Ruhr-Universität

Bochum

13.10.1995 Vordiplom

26.11.1998 Diplom

Thema der Diplomarbeit: „Dielektrische

Ionenpaarspektroskopie in unpolaren

Lösungsmitteln“

seit 01.1999 Anfertigung der vorliegenden Dissertation am

Lehrstuhl für Physikalische Chemie 2 der Ruhr-

Universität Bochum unter Anleitung von Prof. Dr.

H.Weingärtner

seit 05.2002 Mitglied des Graduiertenkollegs „Struktur-

Dynamik-Beziehungen in mikrostrukturierten

Systemen“

Arbeitsverhältnisse

04.11.1996-31.12.1998 stud. Hilfskraft am Lehrstuhl für Phys. Chem. 2

01.01.1999-30.04.2000 wiss. Hilfskraft am Lehrstuhl für Phys. Chem. 2

AG Prof. Dr. Weingärtner

seit 01.05.2000 wiss. Mitarbeiter am Lehrstuhl für Phys. Chem. 2

AG Prof. Dr. Weingärtner

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Veröffentlichungen

- H. Nadolny, A. Volmari and H. Weingärtner, "Orientational Dynamics of

Hydrogen-Bonded Liquids. A Comparative Study of Dielectric and Nuclear

Magnetic Relaxation in n-Butanol-Tetrachloromethane Mixtures", Ber.

Bunsenges. Phys. Chem. 102, 866 (1998)

- H. Weingärtner, H. G. Nadolny, S. Käshammer, "Dielectric Properties of

an Electrolyte Solution at Low Reduced Temperature", J. Phys. Chem. B

103, 4738 (1999)

- H. Nadolny and H. Weingärtner, "Ion Pair - Ion Pair Correlations Near

Critical Points of Ionic Fluids", J. Cem. Phys. 114, 5273 (1999)

- H. Weingärtner, H. Nadolny, A. Oleinikova und R. Ludwig, "Collective

Contributions to the Dielectric Relaxation of Hydrogen-bonded Liquids", J.

Chem. Phys., eingereicht