doppelwandige folien und leichte autos

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Chemiewirtschaft Doppelwandige Folien und leichte Autos Maren Bulmahn Europäische Spezialitäten und asiatische Massenware, Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen und solche, die sich kompostieren oder rezyklieren lassen – die Kunststoffmesse K 2010 bot nahezu jedes Polymer für fast jeden Zweck. Ulrich Reifenhäuser, Vorsitzender des Ausstellerbeirats der Kunststoff- messe K, sagt: „Die K 2010 fand ge- nau zum richtigen Zeitpunkt statt und hat für neue Impulse gesorgt. Es ist zu spüren, dass sich während der globalen Wirtschafts- und Finanz- krise ein Investitionsstau aufgebaut hatte. Nun steigt weltweit die Nach- frage, und wir registrieren ein über- wältigendes Kundeninteresse.“ 3102 Aussteller und 222 000 Besucher – das sind 22 Aussteller und 20 000 Besu- cher weniger als bei der Kunststoff- messe vor drei Jahren, aber mehr als erwartet. An erster Stelle stand bei über 60 % der Besucher der Maschinen- und Anlagenbau, an Roh- und Hilfs- stoffen interessiert zeigten sich 48 % der Besucher, 7 % mehr als während der K 2007. Für 26 % waren Halb- zeuge und technische Teile aus Kunststoff und Gummi der Haupt- grund ihres Kommens. Spezialitäten aus aller Welt Die Nachfrage nach Spezialche- mikalien für Kunststoffe ist zurzeit so hoch, dass Songwon, der südko- reanische, nach BASF größte Pro- duzent von Kunststoffadditiven, die Liefersicherheit zu den wichtigsten Themen der Messe zählt. Dieter Mo- rath, Vorstandsmitglied bei Song- ser Nachfrage. Die schneller wach- senden Märkte im Nahen Osten, in Indien und in China absorbieren jetzt aber alles, was verfügbar ist. Deshalb sprechen wir hier auf der Messe mit unseren Kunden darüber, wie langfristig Liefersicherheit zu realisieren ist.“ Songwon will mit einem Werk in Korea die Produktionskapazität für Antioxidantien bis August von 55 000 auf 70 000 Tonnen erhöhen, und BASF plant in Bahrain eine neue Anlage für kundenspezifische Mischungen von Anti- oxidantien. Etwa 130 000 Menschen, annähernd 60 % der K-Besu- cher, kamen aus dem Ausland und davon fast die Hälfte, also immerhin 60 000, aus Übersee. Mit etwa 30 000 Teilnehmern stammte die größte nichteuropäische Gruppe aus Asien. Darin stellten 10 500 Fachleute aus Indien den größten Anteil. Aus La- teinamerika reisten etwa ebenso vie- le an, aus den USA und Kanada wa- ren es zusammen 7600. Hier zeigt sich die Globalisierung, die auch für Jean Claude Steinmetz, Vice President Automotive beim fran- zösischen Spezialchemiehersteller Rhodia, zu den wichtigsten Themen während der Messe gehört. Polyamid 66 produziert Rhodia zum Beispiel als eines der letzten Unternehmen noch voll integriert in Europa, also Eine neue Art von Kunststoffwiederverwer- tung zeigte der Bildhauer Matthias Hintz während der Kunststoffmesse: Aus dem Po- lycarbonat von CDs formte er „Datenskulp- turen“. (Foto: Messe Düsseldorf, Tillmann) won, erläutert die Situation bei An- tioxidantien und UV-Stabilisatoren für Polyolefine: „Der Markt wächst um durchschnittlich 5 % pro Jahr. Wir produzieren entsprechend die- 46 Nachrichten aus der Chemie | 59 | Januar 2011 | www.gdch.de/nachrichten

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Page 1: Doppelwandige Folien und leichte Autos

�Chemiewirtschaft�

Doppelwandige Folien und leichte Autos

Maren Bulmahn

Europäische Spezialitäten und asiatische Massenware, Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen

und solche, die sich kompostieren oder rezyklieren lassen – die Kunststoffmesse K 2010 bot nahezu

jedes Polymer für fast jeden Zweck.

� Ulrich Reifenhäuser, Vorsitzender des Ausstellerbeirats der Kunststoff-messe K, sagt: „Die K 2010 fand ge-nau zum richtigen Zeitpunkt statt und hat für neue Impulse gesorgt. Es ist zu spüren, dass sich während der globalen Wirtschafts- und Finanz-krise ein Investitionsstau aufgebaut hatte. Nun steigt weltweit die Nach-frage, und wir registrieren ein über-wältigendes Kundeninteresse.“

3102 Aussteller und 222 000 Besucher – das sind 22 Aussteller und 20 000 Besu-cher weniger als bei der Kunststoff-messe vor drei Jahren, aber mehr als erwartet.

An erster Stelle stand bei über 60 % der Besucher der Maschinen- und Anlagenbau, an Roh- und Hilfs-stoffen interessiert zeigten sich 48 % der Besucher, 7 % mehr als während der K 2007. Für 26 % waren Halb-zeuge und technische Teile aus Kunststoff und Gummi der Haupt-grund ihres Kommens.

Spezialitäten aus aller Welt

� Die Nachfrage nach Spezialche-mikalien für Kunststoffe ist zurzeit so hoch, dass Songwon, der südko-reanische, nach BASF größte Pro-duzent von Kunststoffadditiven, die Liefersicherheit zu den wichtigsten Themen der Messe zählt. Dieter Mo-rath, Vorstandsmitglied bei Song-

ser Nachfrage. Die schneller wach-senden Märkte im Nahen Osten, in Indien und in China absorbieren jetzt aber alles, was verfügbar ist. Deshalb sprechen wir hier auf der Messe mit unseren Kunden darüber, wie langfristig Liefersicherheit zu realisieren ist.“

Songwon will mit einem Werk in Korea die Produktionskapazität für Antioxidantien bis August von 55 000 auf 70 000 Tonnen erhöhen, und BASF plant in Bahrain eine neue

Anlage für kundenspezifische Mischungen von Anti -oxidantien.

Etwa 130 000 Menschen, annähernd 60 % der K-Besu-

cher, kamen aus dem Ausland und davon fast die Hälfte, also immerhin 60 000, aus Übersee. Mit etwa 30 000 Teilnehmern stammte die größte nichteuropäische Gruppe aus Asien. Darin stellten 10 500 Fachleute aus Indien den größten Anteil. Aus La-teinamerika reisten etwa ebenso vie-le an, aus den USA und Kanada wa-ren es zusammen 7600.

Hier zeigt sich die Globalisierung, die auch für Jean Claude Steinmetz, Vice President Automotive beim fran-zösischen Spezialchemiehersteller Rhodia, zu den wichtigsten Themen während der Messe gehört. Polyamid 66 produziert Rhodia zum Beispiel als eines der letzten Unternehmen noch voll integriert in Europa, also

Eine neue Art von Kunststoffwiederverwer-

tung zeigte der Bildhauer Matthias Hintz

während der Kunststoffmesse: Aus dem Po-

lycarbonat von CDs formte er „Datenskulp-

turen“. (Foto: Messe Düsseldorf, Tillmann)

won, erläutert die Situation bei An-tioxidantien und UV-Stabilisatoren für Polyolefine: „Der Markt wächst um durchschnittlich 5 % pro Jahr. Wir produzieren entsprechend die-

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vom Butadien bis zum Polymer. Poly-merisiert wird allerdings nicht nur in Europa, sondern auch in Brasilien und Korea. Von dort geht es dann nach Bedarf weiter in die Compoun-dierfabriken, in denen Füllstoffe und Additive hinzugemischt werden: nach Polen, Frankreich, Brasilien, China oder Korea.

Der Additivhersteller Songwon hat dagegen neben südkoreanischen Produktionsstätten bisher nur eine in China, plant aber eine in Indien. Dieter Morath sagt dazu: „Indien bietet ein Sprungbrett in den Nahen Osten und außerdem bauen wir in Europa unsere Kundenstruktur aus. Einer der nächsten Schritte wird sein, hier auch zu produzieren. Bis-her veredeln wir in Europa nur. Wenn es um Spezialitäten geht, muss man vor Ort sein, muss schnell reagieren. Das machen wir hier in Deutschland in den neuen Län-dern.“

Der saudi-arabische Chemiekon-zern Sabic wird in Europa wohl kei-ne neuen Produktionsstätten bauen, hat aber Wachstumsambitionen: Aus zurzeit 9 Mio. Jahrestonnen pro-duzierten Polymeren sollen in drei bis vier Jahren bis zu 13 Mio. wer-den. Dieter Hollmann, Business Di-rector Europe bei Sabic sagt: „Unsere europäischen Produktionskapazitä-ten werden wir erhalten und pflegen, aber die zusätzlichen Mengen pro-duzieren wir im Nahen Osten und in Asien. Wachstum ist aber nicht nur ein Mengenspiel, sondern wir wol-len auch ein für Sabic gewinnbrin-gendes Wachstum generieren. Also werden wir neue Anwendungsgebie-te erschließen, neue Produkte ent-wickeln und einen Teil unseres Ge-schäfts in die höherwertigen Anwen-dungen im Commodity-Geschäft hi-nein entwickeln. Das zeigt sich auf unserem Stand auf der K: Eine Ecke enthält Haushaltsprodukte, eine an-dere Gesundheitsanwendungen. Da waren wir bisher nicht stark vertre-ten, nun wollen wir die Produktpa-lette, die dafür erforderlich ist – vom Polypropylen über HDPE bis zu LDPE –, mit den notwendigen Rein-heiten für pharmazeutische Anwen-dungen anbieten.“

Dieter Morath von Songwon sieht die Zukunft ebenso in Spezialitäten: „Ein europäischer Produzent muss sich immer mehr Spezialitäten zu-wenden. Mit Standardpolymeren, in Europa produziert, ist man schnell auf dem Holzweg. Wir wollen den europäischen Markt mit effizienten Additivkonzepten beim Trend hin

zur Spezialisierung unterstützen.“ Er denkt dabei „an solche Dinge wie das Elektroauto. Man braucht dafür Polymere, die ganz neue Eigenschaf-ten haben. So etwas werden wir nicht im Nahen Osten produzieren oder in Indien. Dort entstehen All-zweckprodukte wie Polyethylen für Tragetaschen. Aber Abdeckungen

Das elektrisch angetriebene Konzept-Pendlerfahrzeug ( Urban Commuter, UC?) von Rinspeed soll sich leicht in Inter-

city-Waggons verladen lassen. Die Kunststoffe für UC? lieferte Ticona, den Lack Akzo Nobel. (Fotos: Bulmahn)

� Kunststoffunternehmen zur europäischen Gesetzgebung Reach

ist schon implementiert. Das

läuft.“

Dieter Morath von Songwon:

„Reach und behördliche Zulas-

sungen beschäftigen den Markt.

Wir sehen uns als Marktführer im

Hinblick auf das Bekenntnis zu

und den Einsatz für regulatori-

sche Aktivitäten. Wir haben mehr

als 200 Moleküle in der Reach-

Zertifizierung und für uns ist das

Zulassungsmanagement kein

notwendiges Übel, sondern wir

sehen das als Marketingwerk-

zeug. Europa war der Vorreiter,

aber China kommt jetzt mit na-

hezu den gleichen Vorschriften

und Amerika auch. Insofern ist

Reach elementar für unser Ge-

schäft. Wir beschäftigen uns gern

damit, weil es zur Sicherheit des

Konsumenten beiträgt.“

Jean Claude Steinmetz von Rho-

dia: „Reach ist ein Thema für uns,

aber wir haben dafür alles erle-

digt, von A bis Z, und die Produk-

te, die wir dazukaufen, müssen

schon Reach-genormt sein.“

Dieter Hollmann von Sabic: „Mit

Reach gibt es überhaupt kein Pro-

blem. Weder mit dem Material,

das wir in Europa herstellen,

noch mit dem aus Saudi-Arabien.

Als Reach kam, haben wir ein Pro-

jekt eingerichtet mit Mitarbei-

tern, die sich darum kümmern,

dass wir das vernünftig umset-

zen. Wenn ich meinen Business-

plan ansehe – für die nächsten

vier Jahre steht da alles drin, was

wichtig ist: Wie wir wachsen wol-

len, in welche Segmente wir wol-

len, wo wir Risiken sehen. Reach

werden Sie da nicht finden. Das

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für einen Elektro- oder Dieselmotor lassen sich aus Standardkunststoffen nicht herstellen. Dazu sind hoch-komplexe Polymere notwendig und dabei wollen wir den europäischen Markt begleiten. Deshalb sitzt unse-re Anwendungstechnik in Europa. Wir haben zwar die Labore in Korea, aber das Wissen, das Know-how sitzt hier in Europa bei europäischen Mitarbeitern.“

Leichter ist grüner

� „Wir wollen nicht nur über Stan-dardprodukte, sondern über Speziali-täten weiterkommen“, sagt Jean Claude Steinmetz von Rhodia. Für ihn hat die Kunststoffindustrie in Sa-chen Innovationen das Feld zu lange der Stahlindustrie überlassen. End-lich gebe es wieder neue Produkte – zum Teil auch erzwungen durch die

Gesetzgebung zur CO2-Reduzierung. Dieser zu entsprechen, lässt sich mit leichten Bauteilen erreichen. Stein-metz sagt: „Gewichtsreduzierung ist eines der großen Themen auf der Messe. Außerdem geht es um grüne Polymere, die Umwelt und Wieder-verwertung von Produkten.“

Während der K 2010 dokumen-tierte die Sonderschau „Visions in Polymers“ die Themen Energieeffi-zienz und Ressourcenschonung. In Filmsequenzen, mit Exponaten und in Diskussionen wurde deutlich, welche Anwendungen die Zukunft bringen kann: Kunststoffe als Schlüssel zur ressourcenschonenden Technik. Dies gilt für Wärmedäm-mung von Gebäuden ebenso wie bei Leichtbaukonstruktionen im Auto, Bus, Zug und Flugzeug.

Bei Sabic sieht Dieter Hollmann den Aspekt von Leichtbaukon-

struktionen differenziert und sagt: „Im Foliensegment geht es darum, Materialien zu Mehrschichtfolien zu kombinieren. Wir stellen die Kunststoffe zur Verfügung und Filmhersteller liefern das Know-how. Dabei geht es um Reißfestig-keit, aber auch um dünne Folien mit gleichen Eigenschaften wie di-cke.“ Das gelte aber nicht überall. So hat ihm „ein Kollege aus China erzählt, dass die Kunden von dün-nen Folien für Tragetaschen gar nicht so viel hören wollen wie wir in Europa. In Asien haben sie lieber dickere Taschen, weil sich darin zu Hause im Keller Kartoffeln besser lagern lassen.“

Neben dieser Art von Recycling unterstützt Sabic unter anderem ein Projekt in England: Dort sollen ge-brauchte Milchflaschen aus HDPE gesammelt und chemisch rezykliert wieder zu Milchflaschen werden. „Nicht zu Mülltonnen oder Paletten, sondern zu Milchflaschen. Solche Initiativen erhöhen das Image von Kunststoffen insgesamt“, sagt Dieter Hollmann.

Bei Rhodia gibt es ein Recycel-Programm: Das Unternehmen nimmt zum Teil Produkte nach Ge-brauch direkt vom Kunden zurück. Die Kunststoffe gehen dann in einen chemischen Optimierungsprozess, um beste Eigenschaften des neuen Produkts zu erzielen. Jean Claude Steinmetz sagt: „Das begann mit ein-fachen Produkten für Endverbrau-cher: mit Seilen für Bergsteiger. Jetzt bauen wir mit der Automobilindus-trie ein ähnliches System auf. Ich glaube, das wird sehr wichtig: Ers-tens weil die Rohmaterialien selte-ner und damit teurer werden. Zwei-tens wegen der Umwelt. So lassen sich CO2-Bilanzen optimieren.“

Kunststoffe automobil

� Neuheiten gibt es zu jeder K vor allem für Automobile: So zeigte BASF ein glasfaserbeständiges Poly-amid, das Spitzenbelastungen bis 240 °C aushält und damit nah am Motor einsetzbar ist. Songwon machte Polypropylen temperatursta-biler und Polyethylen UV-stabiler.

� Sind die mannshohen Rohre ein Ergebnis von Sabics Wachstum?

Hollmann: Das andere Produkt er-

höht die Spannungsrissbeständig-

keit von Rohren. In der Vergangen-

heit mussten in der Erde verlegte

Rohre etwa 50 Jahre halten, mitt-

lerweile sollen es 100 Jahre sein.

Auch diese Kunststoffqualität ha-

ben einige unserer Mitbewerber

schon, aber wir bieten eine Test-

methode dafür an. Etablierte Test-

methoden brauchen üblicherwei-

se zwei bis drei Jahre. Unsere lie-

fert innerhalb weniger Tage oder

Wochen ein Ergebnis, wie lange

ein Rohr wirklich hält.

Dieter Hollmann: Sabics wichtigs-

tes Wachstumssegment bei HDPE

ist das Rohrsegment. Wir haben

dafür vor zwei Jahren in Gelsenkir-

chen eine neue Anlage in Betrieb

genommen und jetzt zwei neue

Produkte auf den Markt gebracht:

Eines ist ein Produkt für Rohre mit

bis zu zwei Meter Durchmesser.

Das haben wir zusammen mit ei-

nem Rohrhersteller in Norwegen

entwickelt.

Nachrichten: Wofür braucht man

solche Rohre?

Hollmann: Für Gas, für Wasser. Der

Trinkwassertransport wird in der

Welt immer wichtiger. Wenn Sie

nach Asien gehen oder nach Sau-

di-Arabien, wo unsere Mutterge-

sellschaft zu Hause ist, da müssen

Riesenmengen an Trinkwasser

transportiert werden. Ich sage

nicht, dass wir da mehr haben als

z. B. Borealis. Die können das auch.

Aber das ist unser erster Schritt,

um im Rohrsegment mit den

Wettbewerbern auf Augenhöhe zu

sein.

Nachrichten: Welches ist das zweite

Produkt für Rohre?

�Blickpunkt� Chemiewirtschaft 48

Nachrichten aus der Chemie | 59 | Januar 2011 | www.gdch.de/nachrichten

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stellen jetzt PA 6 als Pulver vor. Die Teilchen sind sehr rund und sehr klein: 50 bis 60 Mikrometer im Durchmesser. Damit erreichen wir beim Sintern 99 % der Dichte des Spritzgießens. PA 6 ist temperatur-beständiger als 11.“ Die Automobil-industrie fertigt mit Pulver-PA-6 Prototypenteile für den Motor -innenraum innerhalb von drei Tagen statt wie bisher drei Monaten. Au-ßerdem lässt das Material sich ein-färben, die Lackierung entfällt. Das ist auch gut für eine Kleinserienpro-duktion.

„Still using plastic?“ Dieser Text hing über dem Stand von Api, dem italienischen Hersteller von Apinat. Dieser Kunststoff ist aus nachwach-senden Rohmaterialien produzierbar und für Alltagsgegenstände vom Armband bis zur Zahnbürste zu ge-brauchen. Anschließend wird er kompostiert und wieder verarbeitet. „Immer noch und immer mehr“ war wohl die Antwort der meisten Teil-nehmer der K 2010 auf die scheinbar empörte Frage am Api-Stand.

Maren Bulmahn, Düsseldorf

Außerdem liefert das Unternehmen neue Produkte, die Fasern stabilisie-ren. Die hohe Steifigkeit von Poly-carbonat nutzt Bayer für den Pro-totyp einer fugenlose Heckklappe mit integrierter Scheibe. Evonik zeigte den Schwerpunkt Leichtbau auf der Messe am Rennsportwagen Lotus Exige.

Eine Neuentwicklung zum Stan-dardkunststoff PA bei Rhodia be-schreibt Jean Claude Steinmetz: „Seit langem dienen Pulver der Pro-totypenherstellung beim Laser -sintern, zum Beispiel PA 11. Wir

Kurz notiert

trennt sich BASF von den Cognis-Ge-schäften mit Hydroxymethacrylaten sowie multifunktionellen Methacry-laten und deren Addukten. Das Un-ternehmen verkauft außerdem die Cognis-Produktionsanlagen für Poly-alkylenglykole und darauf basierende Schmierstoffe.

Stabile Beschäftigungslage

� Etwa ein Drittel der Chemieunter-nehmen will im Jahr 2011 neue Mitar-beiter einstellen. Das ergab die Um-frage des Führungskräfteverbands Chemie zur Beschäftigungsentwick-lung in der chemischen Industrie. Et-wa die Hälfte der befragten Unterneh-men rechnet damit, dass die Zahl der Beschäftigten konstant bleibt, 16 % planen dagegen einen Stellenabbau; etwa 2300 Arbeitsplätze wären davon betroffen. Die befragten Unterneh-men beschäftigen knapp 75 % aller Arbeiter der chemischen Industrie.

Chemikalienpreise gestiegen

� Im Durchschnitt waren Chemika-lien und Pharmazeutika im letzten Jahr etwa 3 % teurer als ein Jahr zu-vor. Klaus Engel, der Präsident des Verbands der Chemischen Industrie, sagte dazu: „Mit der wachsenden Nachfrage fiel es den Unternehmen leichter, steigende Rohstoffkosten an die Kunden weiterzugeben.“

Deutsche Forschungsausgaben

� Die deutsche Wirtschaft will in diesem Jahr mehr als 60 Mrd. Euro in Forschung und Entwicklung (F+E) investieren. Das prognostiziert der Stifterverband für die deutsche Wis-senschaft. Das vorläufige Ergebnis für die F+E-Ausgaben im Jahr 2010 be-trägt 58,4 Mrd. Euro; im Jahr 2009 waren die Investitionen auf 55,9 Mrd. Euro gesunken, 2,4 % weniger als im Vorjahr. Die Chemieindustrie steckte nicht zurück: Sie investierte in beiden Jahren etwa je 3,6 Mrd. Euro in F+E. In den Jahren 2010 und 2011 sollen es je 3,9 Mrd. Euro sein.

Kathrin Wildemann

Chemiegroßhandel bestraft

� Das Bundeskartellamt hat gegen zwölf Chemiegroßhändler Bußgel-der in Höhe von insgesamt etwa 15 Mio. Euro wegen wettbewerbs-widriger Absprachen verhängt. Es ermittelt noch gegen weitere 16 Un-ternehmen. Vertreter der Handels-unternehmen hatten über mehrere Jahre Preise und Lieferquoten für standardisierte Industriechemika-lien abgesprochen und Kunden-schutzvereinbarungen getroffen. Die Kartelle umfassten nur den Vertrieb der Chemiegroßhändler. Direktliefe-rungen der Chemikalienproduzen-ten waren davon nicht betroffen.

Nanotechnik und Chemie

� Etwa 60 000 Beschäftigte in Deutschland arbeiten nach Schätzun-gen des Vereins Deutscher Ingenieure an nanotechnischen Themen. Jeder dritte dieser Angestellten ist in der Chemie tätig. 60 Chemieunterneh-men generieren fast 40 % des Umsat-zes der deutschen Industrie mit Na-notechnik.

Weltmeister im Chemieexport

� Mit Ausfuhren im Wert von fast 140 Mrd. Euro belegte Deutschland im Jahr 2008 zum vierten Mal in Fol-ge im Chemieexport den Weltspit-zenplatz. 63,3 % der deutschen Che-mieexporte gingen in andere EU-Mit-gliedstaaten. Den Großteil der Aus-fuhren in Nicht-EU-Länder bezogen andere Industrienationen. Die wach-senden Schwellenländer holten je-doch als Abnehmer auf. Deutsch-lands Exportüberschuss im Chemie-handel betrug 41,8 Mrd. Euro.

Claudia Schierloh, Frankfurt

BASF übernimmt Cognis

� Für 3,1 Mrd Euro hat BASF im De-zember den Spezialchemiehersteller Cognis endgültig übernommen. Die Europäische Kommission hatte die Transaktion Ende November geneh-migt. Gemäß den Auflagen der EU

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