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Prof. Dr. H.-W. Wollersheim
Bildungssystem: Historische, Systematische und vergleichende Betrachtung
4. Wie es wurde, was es ist: Geschichte der
Schule und der Lehrerbildung
4. Wie es wurde, was es ist: Geschichte der
Schule und der Lehrerbildung
5. Wissen allein reicht nicht: Erziehung
5. Wissen allein reicht nicht: Erziehung
3. Wie sag ich’s meinem Kinde? Geschichte der
Wissensvermittlung
3. Wie sag ich’s meinem Kinde? Geschichte der
Wissensvermittlung
1. Überblick 1. Überblick
2. Das Bildungsproblem und
der Streit um das “richtige” Wissen
2. Das Bildungsproblem und
der Streit um das “richtige” Wissen
10. Bildungssysteme im internationalen
VergleichLänderstudien 1
10. Bildungssysteme im internationalen
VergleichLänderstudien 1
6. Begabung und Kompetenz-entwicklung
6. Begabung und Kompetenz-entwicklung
11. Länderstudien 211. Länderstudien 27. Bund und Länder: Kulturföderalismus
7. Bund und Länder: Kulturföderalismus
8. Das Bildungssystem der
Bundesrepublik Deutschland
8. Das Bildungssystem der
Bundesrepublik Deutschland
9. Bildung und Gesellschaft
9. Bildung und Gesellschaft
12. Länderstudien 312. Länderstudien 3
2. Das Bildungsproblem und der Streit um das “richtige” Wissen
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u. vergleichende Perspektive
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Das Bildungsproblem und der Streit um Das Bildungsproblem und der Streit um das „richtige“ Wissendas „richtige“ Wissen
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1.1 Wissen wird problematisch - die These vom 1.1 Wissen wird problematisch - die These vom "richtigen" Wissen"richtigen" Wissen
Variante a) Die Erwählten und die Masse
PindarPindar (ca. 522-445), (vielleicht der bedeutendste) griechische Lyriker, selbst adliger Abstammung, verfaßte u.a. Epinikien (Preisgedichte zu Ehren der Sieger im sportl. Wettkampf). Eingebettet in diese Oden: religiöse u. philosophische Betrachtungen
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Pindar, Olympische Ode 2 (für Theron von Akragas)
‹ŒŒ˜‹.
Ihr Lieder, Herrscherinnen über die Leier: welchen Gott, welchen Heros, welchen Mann sollen wir besingen?...Viele schnelle Pfeile habe ich im Köcher unter dem Arm,verständlich für den Kreis der Erwählten, die Verständigen. Die Masse indessen bedarf der Deuter und Erklärer.Weise ist, wer vieles sieht und erkennt aus seiner Natur.All die, die ihr Wissen nur erlernt haben, die dreist über alles und jedes schwatzen,sie krächzen wie Raben ihr blödes Gekreisch gegen den göttlichen Vogel des Zeus.
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Songs, rulers of the lyre, what god, what hero, what man shall we celebrate? ...I have many swift arrows in the quiver under my arm, [85] arrows that speak to the initiated. But the masses need interpreters. The man who knows a great deal by nature is truly skillful, while those who have only learned chatter with raucous and indiscriminate tongues in vain like crows [ant. 5]against the divine bird of Zeus.
Ihr Lieder, Herrscherinnen über die Leier: welchen Gott, welchen Heros, welchen Mann sollen wir besingen?...Viele schnelle Pfeile habe ich im Köcher unter dem Arm,verständlich für den Kreis der Erwählten, die Verständigen. Die Masse indessen bedarf der Deuter und Erklärer.Weise ist, wer vieles sieht und erkennt aus seiner Natur.All die, die ihr wissen nur erlernt haben, die dreist über alles und jedes schwatzen,sie krächzen wie Raben ihr blödes Gekreisch gegen den göttlichen Vogel des Zeus.
Interpretation?
These: Jenseits des nur erlernten Wissens gibt es ein anderes, wertvolleres, “eigentliches” Wissen von Natur (˜.
Interpretation?
These: Jenseits des nur erlernten Wissens gibt es ein anderes, wertvolleres, “eigentliches” Wissen von Natur (˜.
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Interpretation:
˜von Natur
sophos
Œvieles sehen
und erkennen
nur durch Lernen Kluge
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Heraklit von EphesusHeraklit von Ephesus (ca. 540-480)
ein (sehr) selbstbewußter Philosoph, der u.a. bekannt wurde durch seine spöttische Unterscheidung zwischen Vielwisserei und Verstand:
„“„Viel zu wissen allein lehrt nicht, Verstand zu haben.“
Variante b) Der Aufklärer und die Trägen im Geiste
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194 Gegenüber dieser unzweifelbar richtigen Darstellung erweisen sich die Menschen immer als verständnislos, und zwar sowohl bevor sie sie gehört haben als auch danach. Denn obwohl alles in Übereinstimmung mit dieser Darstellung geschieht, gleichen sie unerfahrenen Leuten, sobald sie sich an solchen Worten und Werken versuchen, wie ich sie auseinandersetze, indem ich jeden einzelnen Gegenstand auseinandersetze und erkläre, wie es sich damit verhält. Den anderen Menschen [den Nichtphilosophen] entgeht all das, was sie im Wachen tun, ebenso wie sie alles vergessen, was sie im Schlaf tun.
194 Gegenüber dieser unzweifelbar richtigen Darstellung erweisen sich die Menschen immer als verständnislos, und zwar sowohl bevor sie sie gehört haben als auch danach. Denn obwohl alles in Übereinstimmung mit dieser Darstellung geschieht, gleichen sie unerfahrenen Leuten, sobald sie sich an solchen Worten und Werken versuchen, wie ich sie auseinandersetze, indem ich jeden einzelnen Gegenstand auseinandersetze und erkläre, wie es sich damit verhält. Den anderen Menschen [den Nichtphilosophen] entgeht all das, was sie im Wachen tun, ebenso wie sie alles vergessen, was sie im Schlaf tun.
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HeraklitHeraklit meinte offensichtlich von sich, Zugang zu einer allumfassend wichtigen Wahrheit über die Beschaffenheit der Welt zu haben.
Die große Mehrheit versäumt es s.E., diese Wahrheit zu erkennen, die doch “allgemein” ist: sowohl gültig für alle Dinge als auch zugänglich für alle Menschen, wenn sie ihre Beobachtungen und ihre Erkenntnis nur benutzen.
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1.2 Was erfahren wir aus den Texten?1.2 Was erfahren wir aus den Texten?
Gemeinsamkeiten:
Es gibt unterschiedliche Arten von Wissen, wertvolles und weniger wichtiges; dieses Wissen ist ungleich verteilt zwischen Besonderen und Alltagsmenschen.
Unterschiede:
Woher kommt die Ungleichheit, woher das relevante Wissen?
Pindar: ˜= von Natur, die Besten ( aristoi) haben es, die anderen nicht. Die Aristoi haben ihr relevantes Wissen unmittelbar durch göttliche Eingebung.
Heraklit:Das relevante Wissen ist der (Logos), zugänglich über philosophisch geschultes kritisches Denken. Alltagsmenschen sind ungeschult.
Texte erzählen unterschiedliche Geschichten über das „richtige“ Wissen und seine Herkunft und verweisen auf Entwicklungen mit widersprüchlichen Tendenzen in der Gesellschaft.
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Soziale und kulturelle Veränderungen im 6. und 5. Jh massiv spürbar.
Bei Heraklit und Pindar indirekt thematisiert. Bei beiden fehlt aber noch völlig die Idee, mit organisierter Bildung den individuellen Erwerb des relevanten Wissens möglich zu machen.
Um die Mitte des 5. Jahrhunderts ändert sich das grundsätzlich durch das Auftreten der Sophisten, die ein pädagogisches Programm präsentieren (Th. Ballauff, 1969: „erste Grundlegung der Pädagogik“).
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1.3 Die Sophisten und Sokrates/Plato: Widerstreitende 1.3 Die Sophisten und Sokrates/Plato: Widerstreitende Diskurse über BildungDiskurse über Bildung
Der Begriff (Sophistes) wurde ursprünglich gleichbedeutend mit gebraucht. sophistes bezeichnet jeden, der sich durch ein besonderes Wissen oder Können vom Durchschnitt abhebt.
Erst im 5. Jh bekommt das Wort eine wenig schmeichelhafte Nebenbedeutung, vor allem durch den großen Gegner: Platon (428-348).
Vertreter: Protagoras aus Adbera (485-420)Gorgias aus Leontinoi (483-378)Prodikos aus Keas (470-400)Hippios aus Elis (5. Jh)
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Sophisten treten ausdrücklich als Lehrer auf. Das ist ein völlig neues gedankliches Modell.
Sie reagieren damit auf:
Verändertes Bildungsbedürfnis mehr und anders, Demokratisierung, politische Partizipation des einzelnen
Fernhandel und Reiseberichte (Herodot), in der Folge davon:
Kulturrelativismus, Frage nach einem „Naturzustand“ menschlicher Kultur
Philosophische Tendenzen
verstärkend: Erkenntniskritik (Empirismus), Religionskritik (Xenophanes), Ethik
gegenwirkend: Abwertung der phänomenalen Welt gegenüber einer verborgenen Wahrheit
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1.3.1 Protagoras‘ Programm1.3.1 Protagoras‘ Programm:
(paideuein anthropous)
Elemente des Bildungsdiskurs der Sophisten:
Erfolg in allen Bereichen der Gesellschaft beruht auf Tüchtigkeit (arete) und auf der Befähigung (zur aktiven Teilhabe am demokratischen Leben.
ist nicht angeboren, sondern prinzipiell lernbar und lehrbar. Sie beruht im wesentlichen auf drei Kompetenzen: (politike techne) (rhetorike techne) (dikamike techne)Dem Diskurs korrespondierende Praktiken: Unterricht„Normales“ Curriculum der Sophisten (Platon Prot. 318c)„nach der Schule“ folgt Unterricht in „Rechnen, Astronomie, Geometrie, Musik“
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Bei Protagoras zusätzlich:
Klugheit in eigenen Angelegenheiten (also kaufmännische und juristische Fähigkeiten)
Klugheit in den Angelegenheiten des Staates (also Politik als Beruf)
Die Sophisten bieten mit ihrem Programm einer erfolgs- und karriereorientierten Schicht die entsprechenden „Kurse“ und lassen sich für diese Tätigkeit gut bezahlen.
Das sophistische Lehrprogramm markiert in seinen wesentlichen Inhalten die (enkyklios paideia) als einen festen Kanon von Lehrinhalten. Ein „enzyklopädisches“ Wissen soll als geistiges Rüstzeug für eine erfolgreiche Bewältigung aller politischen und kulturellen Aufgaben dienen. (Grammatik, Rhetorik, Dialektik / Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Harmonie werden später als „septem artes liberales“ wirksam werden.)
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1.3.2 Der sokratisch-platonische Bildungsdiskurs1.3.2 Der sokratisch-platonische Bildungsdiskurs
Sokrates 470-399
reagierte auf das neue Modell „Bildung“ der SophistenProbleme:- Erziehung zur arete überhaupt möglich?- Kehrseite der Praxis sophistischer Bildung
Lösung:Orientierung durch kritische Phil.
Platon (428-348)
setzt diesen Ansatz fort und baut ihn aus
Problem der Erziehung und Theorie der Bildunghat zentralen Stellenwert
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Sophisten versprechen, dass ihre Kunden vom ersten Tag an „besser“ werden.Im sophistischen Diskurs: besser = erfolgreicher
Sokrates/Platon: „besser“ - Bedeutung und Konnotation?
(beltíon), Komparativ zu (agathos), gut (auch im Sittlichen) Superlativ: (aristos). || verwandt: (aristeus) Fürst, Herrscher, und (areté) Tüchtigkeit, Tugend.
Kernbegriffe des sophistischen Bildungsdiskurses sind also in der Umgangssprache des 5. Jahrhunderts moralisch aufgeladen.
Sokratische Lesart des sophistischen Diskurses: Sophisten versprechen, dass sie ihre Kunden (auch moralisch) besser machen.
Gegendiskurs: Lehrbarkeit der Tugend? Was ist für den Menschen wirklich wichtig, notwendig und gut? Was ist unter diesen Umständen das Wesen der Erziehung?
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Bildung ist ein innerer Prozess und beruht auf individueller Einsicht.
Höhlengleichnis (Platon Pol. VII): Von Kindheit an gefesselt leben Menschen in einer Höhle. Auf der gegenüberliegenden Wand sehen sie Schatten von Dingen, die hinter ihrem Rücken vorbeigetragen werden und von ihnen für wirkliche Dinge gehalten werden. Würde man sie aus ihrer Höhle befreien, dann würden sie sich erst nur langsam an das Licht gewöhnen, allmählich die Dinge selbst und schließ-lich die Sonne sehen können. Bei einer Rückkehr in die Höhle würden die Dortgebliebenen den Berichten keinen Glauben schenken.
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sophistischer Diskurs mächtiger im Rahmen der Bildungspraxis
Isokrates (436-338) bemüht sich um Vermittlung:
Von den Sophisten übernimmt er den Gegenstand des Unterrichts, von Sokrates/Platon den Bildungsanspruch
These: Bildungswert der Rhetorik besteht darin, dass Verständigkeit und gutes Redevermögen zusammen entstehen.
Typisch sophistisch auch seine Sicht der Voraussetzungen dafür, ein guter Redner zu werden:1. Naturanlage2. praktische Übung3. entsprechende Ausbildung oder Erziehung
Akzeptanzvorsprung: Bildung erscheint operationalisierbar und von außen beeinflussbar.
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Cicero (106-43v) knüpft an das stoische Humanitätsideal und an Isokrates‘ Idee der Gleichursprünglichkeit von inhaltlichem Verstehen und richtiger sprachlicher Darstellung an. sin quaerimus quid unum excellat ex omnibus, docto oratori palma danda est; quem si patiuntur eundem esse philosophum, sublata controversia est; sin eos diiungent, hoc erunt inferiores, quod in oratore perfecto inest illorum omnis scientia, in philosophorum autem cognitione non continuo inest eloquentia; quae quamvis contemnatur ab eis, necesse est tamen
aliquem cumulum illorum artibus adferre videatur.“ (de oratore, III, 143)
Es gibt nur eine, unteilbare Unterweisung (doctrina), die sowohl zur Gelehrsamkeit als auch zur Beredsamkeit führt. Der vollkommene Redner ist notwendigerweise ein gebildeter Mensch und umgekehrt.
Quintilian (35-100 nChr) setzt diesen Ansatz fort und überhöht ihn: Nur ein moralisch guter Mensch kann ein vollkommener Redner werden.
Fragen wir aber, was den Vorrang vor allen verdient, so ist dem kenntnisreichen Redner die Siegerpalme zuzuerkennen. Läßt man diesen nun zugleich Philosoph sein, so ist der Streit aufgehoben; trennt man sie aber voneinander, so werden die Philosphen die unterlegenen sein, weil der vollkommene Redner auch deren ganze Wissenschaft besitzt, im Wissen der Philosophen hingegen die Beredsamkeit nicht enthalten ist. Und wie sehr diese von den Philosophen auch verachtet sein mag, muß man doch notwendig einsehen, daß sie den Wissenschaften eine Art Gipfel ihrer selbst hinzufügt.
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2. Humanismus
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Francesco PetrarcaFrancesco Petrarca (1304-1374) und das “finstere Mittelalter“
• studia humaniora
• Ziel: humanitas• erreichbar über Sprachstudium antiker
Quellen (ad fontes!)
• Verbindung von Moralität, sittlichem Handeln und sprachlich-geistiger Bildung
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humanistischeshumanistisches BildungsidealBildungsideal::
• sprachlich-kritische Bildung
• Selbstzweck der Bildung
• Ziel: Vervollkommnung des Menschen (perfectio hominis)
Ein neues Menschenbild:Ein neues Menschenbild:
• alle Aktivität dient der Selbstentfaltung und Selbstgestaltung des Menschen
• der Mensch ist frei
• der Mensch ist für sich und seine Bildung selbst verantwortlich
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zunächst gemeinsames Ziel der Bildung des MenschenHumanismus Neugestaltung der SchuleReformation allgemeine Bildung und geordneter
Unterricht für alle
MartinMartin LutherLuther (1483-1546)
Kirche wird der weltlichen Obrigkeit unterstellt
Rechtfertigungslehre:
die Bildungsbemühungen des Menschen bewirken keine Erlösung
Humanismus und ReformationHumanismus und Reformation
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zentrale Persönlichkeit der beginnenden Institutionalisierung von Wissen und Bildung im staatlichen Kontext
• versucht humanistische und reformatorische Positionen zu vermitteln
• wird tätig als Schulreformer, Unterrichtsreformer, Universitätsreformer
Philipp MelanchthonPhilipp Melanchthon (1497-1560)“Praeceptor Germaniae”
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15181518 Melanchthons Antrittsvorlesung in Wittenberg
• Klage über den Verfall der Wissenschaft und Kultur,
• Verlust des Griechischen und
• der Kenntnis der christlichen Antike
• Kritik an der bestehenden Kirche
sein humanistisches Studienprogramm gegen diese Fehlentwicklungen:
septem artes liberales septem artes liberales
+ Poesie + Geschichte + Griechisch + Mathematik+ Poesie + Geschichte + Griechisch + Mathematik
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15261526 Melanchthon hält die Nürnberger Schulrede
“...nec ad respublicas gubernandas quisquam satis idoneus est sine scientia earum litterarum, quibus ratio omnis regendarum civitatum continetur.”
humanistische Bildung ist erforderlich, um dem Staat ein ausreichendes Potential fachlich befähigter und sittlich geeigneter Führungskräfte zur Verfügung zu stellen
Grundstein einer umfassenden Neuorganisation des Schulwesens gelegt
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3. Neuhumanismus und Klassik
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3.1Verschiebung der Bezugsnorm: Das neue Interesse an der anderen Antike
Im 17. Jh. hatten sich umfassende Veränderungen ergeben:- „realistische“ Grundtendenz - Bevorzugung von Naturwissenschaft, Technik, Praktischem- sprachliche Bildung: Muttersprache, Französisch, weniger: Latein
Beispiel:Christian Wolff (1679-1754), populärer Philosophder Aufklärung, ab 1707 Professor in HalleVorlesungen in deutscher Sprachestarke Betonung der „Nützlichkeit“
VerschiebungHumanismus (14./15. Jh) Rationalismus (17. Jh)Bezugsnorm: AntikeBezugsnorm: FrankreichGelehrtensprache: Latein Gelehrtensprache: Französisch
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Neuhumanismus: Gegenströmung zum Leitbild bloßer Nützlichkeit und (in Deutschland) zur Dominanz des Französischen
Neuer Ansatz zur Beschäftigung mit der Antikenicht „Wiederbelebung“ / Eloquenz / Cicero wie im Humanismusnicht Mittel zur Erschließung des Bibelwortes wie im „Schulhumanismus“ (konfessionionell gebundene Gelehrtenschule)
sondern Neuhumanismus:wissenschaftliches Interesse (neu entstehende Altertumswissenschaft, Philologie)undästhetisches Interesse - Orientierung am Griechentum
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Formierung der Altertumswissenschaft
Johann Matthias Gesner (1691-1761), 1730 Rektor der Thomasschule/Leipzig, 1734 Prof. Univ. Göttingen, methodisch wie inhaltlich bahnbrechend
Johann August Ernesti (1707-1781), Nachf. Gesners als Rector Thomanae, ab 1743 Prof. Univ. Leipzig,Philologe, Beherrschung des klassischen LateinsAutor der „Erneuerten Schulordnung“ Sachsen 1769/73
Christian Gottlob Heyne (1729-1812), Schüler Ernestis, Nachfolger Gesners auf dem Göttinger Lehrstuhl ab 1761
1770 Inspekteur des Pädagogiums Ilfeld
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Johann Joachim Winckelmann (1717-1768)
Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke in der Malerei und Bildhauerkunst (1755)
neues Interesse: griechische Antike
griechische Kunst als Inbegriff eines künstlerisch durchgeformten Schönheits-ideals
„vorzügliches Kennzeichen“ der griechischen Meisterwerke sind „eine edle Einfalt und eine stille Größe, so recht in der Stellung als im Ausdruck“
Begriff der klassischen Kunst
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Die Etablierung der Philologie als Wissenschaft und die Idee der formalen Bildung
Friedrich August Wolf (1759 - 1824),
1777 Immatrikulation Göttingen als erster „studiosus philologiae“1783-1807 Prof. Univ. Halle (Nachfolge Trapps, Pädagogikprofessur), Leiter der pädagogischen Seminars; später Umwandlung in ein philologisches Seminar
dem klassischen Altertum wird einzigartiger Bildungswert zuerkannt: „was durch historische Untersuchungen des Altertums und durch Bekanntschaft mit den Sprachen und den unsterblichen Werken desselben zur harmonischen Ausbildung des Geistes und Gemüts gewonnen wird“, läßt sich auf keinem anderen Weg erreichen.
Formale Bildung der Geisteskräfte anstelle von nützlichkeitsorientierter Ausbildung
Bildung als harmonische Kräftebildung
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Johann Wolfgang Goethe (1749 - 1832)
„Überhaupt ist mir alles verhasst, was mich belehrt, ohne mich gleichzeitig zu beleben.“
Wilhelm Meisters Lehrjahre (1795/96)
Bildung als Wertbegriff: Bildung erhebt den Menschen zu dem, was er sein soll
Ziel: harmonische Bildung der Persönlichkeit
Vermeidung von Einseitigkeit
Mannigfaltigkeit der Tätigkeit
Vollendung der Humanität durch vollentfaltete menschliche Tätigkeit
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2. Klassik in der Literatur: Kurze Hinweise auf den kulturellen Kontext
Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803)
neues Pathos
Messias (1748)
neue Poesie, Hexameter (Homer!)
Neues Kultur- und Bildungsideal: harmonisch-ästhetische Vollendung
Gotthold Ephraim Lessing (1729 - 1781)
neuer Typus des gebildeten Menschen: der Literat
Literaturbriefe (mit zahlreichen pädagogischen Erörterungen)
Erziehung des Menschengeschlechts (1777)
Humanität als Zielformel (Nathan der Weise, 1779)
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Christoph Martin Wieland (1733 - 1813)
Die Geschichte des Agathon (1767) erster Bildungsroman
nicht Kindererziehung, sondern umfassende Bildung (auch) durch das LebenRomanfiguren werden als Bildungstypen gestaltet: Einfluß von Erziehung und Milieu wird gewürdigt
Johann Gottfried Herder (1744-1803)
ab 1776 Generalsuperintendent und Ephorus des Schulwesens in Weimar
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3. Polemiken: Bildung statt Ausbildung
Ernst August Evers (1779 - 1823)Student bei F.A.Wolf in Halle, 1804 Organisator u. Rektor der Kantonschule in Aarau, 1817 Inspektor der Ritterakademie Lüneburg
1806 Über die Schulbildung zur Bestialität
Friedrich Immanuel Niethammer (1766 - 1848)ab 1808 Zentralschul- u. Oberkirchenrat in München
1808 Der Streit des Philanthropinismus und des Humanismus ...
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Wilhelm von Humboldt (1767 - 1835)
1809/10 Leiter der Sektion Kultus im Preuß.Innenministerium
Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirk-samkeit des Staates zu bestimmen (1792)
Theorie der Bildung des Menschen (1793?)
Der Königsberger und der Litauische Schul-plan (9/1809)
„Der wahre Zweck des Menschen ... Ist die höchste und proportionierlichste Bildung seiner Kräfte zu einem Ganzen. Zu dieser Bildung ist Freiheit die erste und unerlassliche Bedingung. Allein ausser der Freiheit erfordert die Entwikkelung der menschlichen Kräfte noch ... Mannigfaltigkeit der Situationen.“