Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Vorlesung: Gotteslehre
0. Hinführung 0.1 Das Anliegen der Vorlesung0.1.1 Die Rede von Gott in ihrer Notwendigkeit und
Problematik0.1.1.1 Das Wort „Gott“
Wir Christen glauben an jenen Gott, der sich im Alten und Neuen Bund in
besonderer Weise geoffenbart hat.
Und dieser Gott hat uns ein Heil verheißen, das bereits hier und jetzt
angebrochen ist.
Nicht zuletzt deshalb, weil dieser Gott sich unserer Welt und jedes Menschen
annimmt, d.h.:
Er begleitet Israel auf seinem Geschichtsweg;
Darüber hinaus teilt im Neuen Bund der menschgewordene Gottessohn unser
Lebensschicksal von der Geburt bis zum Tod.
Insofern ist Gott und das von ihm initiierte Heil des Menschen das einende
Thema aller Theologie.
-------------------------------------------------------------------------------------------------Theologie = verantwortete Rede (Logos) von Gott (Theos),
der sich selbst mitgeteilt hat und den Menschen in der
Gemeinschaft mit ihm Heil schenken möchte.
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Was bedeutet das Wort „Gott“?
Nach MARTIN BUBER ist das Wort Gott
„das beladenste aller Menschenworte. Keines ist so besudelt und
zerfetzt worden ... Die Geschlechter der Menschen mit ihren
Religionsparteiungen haben das Wort zerrissen; sie haben dafür
getötet und sind dafür gestorben; es trägt ihrer aller Fingerspur
und ihrer aller Blut. ... Sie zeichnen Fratzen und schreiben Gott
darunter; sie morden einander und sagen in Gottes Namen. ...
Wir müssen die achten, die es verpönen, weil sie sich gegen das
Unrecht und den Unfug auflehnen, die sich so gern auf die
Ermächtigung durch Gott berufen“. (Martin Buber, Begegnung. Autobiographische Fragmente, Stuttgart 21961, 43; vgl. Walter Kasper. Der Gott Jesu Christi 13f.)
Wie also sollen wir verantwortlich von Gott reden? –
Antwortversuche aus der Tradition:
THOMAS VON AQUIN (1225 - 1274): Gott ist der letzte, selbst
grundlose Grund aller Wirklichkeit, der alles trägt und
bewegt, Gott ist das letzte Ziel, das alles lenkt und ordnet. (vgl. S. th. I q. 2 a. 3).
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ANSELM VON CANTERBURY (1033 - 1109): Gott ist etwas, „worüber hinaus nichts Größeres gedacht werden kann“.
(Proslogion 2)
MARTIN LUTHER : „Ein Gott heißet das, wozu man sich versehen soll alles Guten und Zuflucht haben in allen Nöten.“ „Worauf du ... dein Herz hängest und verlassest, das ist eigentlich dein Gott.“[BSLK 560 (=Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirchen, hg. v. Deutschen Evangelischen Kirchenausschuß, Göttingen 31956).]
PAUL TILLICH beschreibt Gott als „das, was den Menschen unbedingt angeht“.(Paul Tillich, Systematische Theologie I, Stuttgart 31956, 21f, bes. 251ff.)
KARL RAHNER sieht in Gott „das heilige Geheimnis“ als das letzte Woraufhin und Wovonher des Menschen. Dieses heilige Geheimnis ist „die Eröffnung meiner eigenen Transzendenz als Freiheit und Liebe“.(Karl Rahner, Grundkurs des Glaubens, Freiburg/Basel/Wien 111980, 74.)
INGOLF U. DALFERTH benennt „Gott als denjenigen Grund des Möglichen und der Wirklichkeit, ohne den nichts möglich wäre.“ (Ingolf U. Dalferth, Religion und Wahrheit. In: ders., Philipp Stoeller (Hg.), Wahrheit in Perspektiven (RPH 14), Tübingen 2004, 195-232 hier: 229.)
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Walter Kasper schreibt, dass Gott „die Antwort auf die
Fraglichkeit des Menschen und der Welt schlechthin“ ist. (Walter Kasper, Der Gott Jesu Christi 15.)
Die Frage nach Gott ist die Frage nach der Wirklichkeit
schlechthin; sie umgreift alles Seiende und sie erkundet die
Bedingung aller Möglichkeiten dieser Wirklichkeit.
Die Gottesfrage ist also keine kategoriale, sondern eine
transzendentale Frage, die nach der unbedingten
Möglichkeit alles Gegebenen fragt - des Seienden ebenso
wie des Denkens.
Weil der Mensch mit der Gottesfrage einerseits ganz und
gar im Bereich des real Gegebenen dieser Welt steht,
andererseits aber nach etwas fragt, was nicht mit den
Gegebenheiten dieser Welt übereinstimmt, sondern als
ihre Möglichkeitsbedingung jenseits dieser Welt
angesiedelt werden muss, ist auch der Gottesverneinung
ein möglicher Raum eröffnet.
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ANSELM VON CANTERBURY bestimmt die Theologie
deshalb als „fides quaerens intellectum“, d.h. als Glaube,
der nach dem Verstehen fragt. (Proslogion, prooem. 1)
These
In der Gotteslehre versucht die Theologie, das dem
Glauben immanente Suchen und Fragen nach Gott zu
systematisieren und zugleich in den jeweiligen
Lebenshorizont des Menschen einzuordnen.
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Antworten in einem dreifachen Rückgriff:
1. Rückgriff: Wir haben auf die Erfahrungen vergangener
Generationen mit Gott und insbesondere auf die
Schriften des Alten und Neuen Bundes zu achten.
2. Rückgriff: Da wir vom Wirken des Hl. Geistes in der
Kirche überzeugt sind, dürfen wir auch darauf
vertrauen, dass in der Tradition,
wahrheitsgemäße Aussagen über Gott getroffen
wurden.
3. Rückgriff: Jede Zeit hat ihre eigenen Denkmodelle und
Sprachmuster. In diesen muss die Theologie die
Wahrheit Gottes zur Sprache bringen, damit sie
beim Menschen „ankommen“ kann.
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Aus: Armin Kreiner, Das wahre Antlitz Gottes oder was wir meinen, wenn wir Gott sagen, Feiburg i. Br. 2006, S. 222.
„Als von Menschen entwickelte und/oder akzeptierte Ideen sind
Gottesvorstellungen von denen, die sie sich zu Eigen gemacht haben,
zu verantworten und zu rechtfertigen. Jede religiöse bzw. theistische
Tradition hat ihre eigene Kriteriologie entwickelt, die Richtlinien
enthält, wie adäquat von Gott zu reden ist. Offenkundig reichen diese
traditionsinternen Richtlinien häufig nicht aus, um alle strittigen
Fragen einigermaßen einvernehmlich zu klären. Als von Glaubenden
zu verantwortende lässt sich die Rede von Gott nicht von jenen
Kriterien und Regeln dispensieren, die allgemein für das Aufstellen
von Behauptungen gelten. Auch die religiöse Rede von Gott sollte
logisch widerspruchsfrei sein, da andernfalls alles dafür spräche, dass
sie unverständlich, nichtssagend oder falsch ist. Sie sollte einen
Beitrag leisten, die Wirklichkeit im Ganzen besser zu verstehen, da sie
andernfalls überflüssig erscheint. Sie sollte schließlich zum Gelingen
eines wie auch immer näher zu qualifizierenden „guten“ Lebens
beitragen, da sie andernfalls schädlich wäre. Diese Kriterien liefern
einen Maßstab für den intra- und interreligiösen Diskurs um das
adäquate Gottesverständnis. Sie können nicht verhindern, dass sich
der Gottesbegriff unterschiedlich explizieren lässt. Aber sie eröffnen
einen ersten Schritt aus der völligen Beliebigkeit.“
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Die dreifache Tatsache, dass
1. Gott sich auf allermenschlichste Weise dem
Menschen offenbart hat,
2. dass diese Selbstmitteilung Gottes in der
Geschichte mit Hilfe der Sprache und des
Denkens weiter bedacht, entfaltet und
verkündet wurde und
3. dass auch wir heute aufgerufen sind, in den
Denkhorizonten unserer Zeit Gottes ureigenes
Wesen zu bedenken und weiterzugeben –
all dies macht deutlich: Eine Gotteslehre ist engstens mit
dem Menschsein verknüpft. Gerade die menschlichen
Anlagen ermöglichen es, dass
a) Gott sich dem Menschen zeigen kann und
b) dass wir von unseren Möglichkeiten her einen Zugang
zu Gott finden können.
Daraus folgt: Ohne Anthropologie können wir keine
Gotteslehre entfalten.
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0.1.1.2 Die Problematik des Wortes „Gott“
1. Die Gottesproblematik im katechetischen Bereich
Die Begriffe und Bilder, die wir oftmals in der Theologie oder auch in
der konkreten Verkündigung nutzen, sind leere, abgenutzte
Worthülsen, die dem zeitgenössischen Menschen nichts sagen.
Insofern ereignet sich keine Mitteilung, keine Kommunikation: es
kommt nichts an, auch Gott nicht.
Nach TILMANN MOSER benennt der Name Gott sogar jene zutiefst
lebensfeindliche Instanz, von der „eine Lähmung aller Initiative
[aus]geht, ein Gefühl von Vergeblichkeit allen irdischen Tuns“. (T. Moser, Gottesvergiftung, Frankfurt/M 1976, 56.)
2. Die Gottesproblematik in der kulturellen Lebenswelt
a) Die mit dem Wort Gott benannte Wirklichkeit ist unsicher
geworden. Aussagen über Gott haben im öffentlichen Bewusstsein
vielfach nur noch den Anspruch einer Behauptung.
b) Mit dem Dasein Gottes ist auch der Inhalt des Wortes „Gott“
problematisch, leer geworden.
Verzicht auf das Wort „Gott“?
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Aber: Nicht nur wird Jesus in seiner Mitte verfehlt, wenn man ihn
nicht aus seiner trinitarischen Vaterbeziehung heraus zu deuten
versucht.
Wenn man darüber hinaus, wie Rahners Denkversuch zeigt, auf
das Wort Gott verzichten, dann „ist der Mensch nicht mehr vor
das eine Ganze der Wirklichkeit als solcher und nicht mehr vor
das eine Ganze seines Daseins als solchen gebracht“. (K. Rahner, Grundkurs Theologie 57.)
„Der Mensch hätte das Ganze und seinen Grund vergessen, und
zugleich vergessen, ... dass er es vergessen hat. Was wäre dann?
Wir können nur sagen: Er würde aufhören, ein Mensch zu sein.
Er hätte sich zurückgekreuzt zum findigen Tier.“ (Ebd. 58)
Dalferth möchte eine handlungsorientierende Gotteslehre
entfalten, weil er weiß, dass in der pluralen Situation der
Postmoderne Gott als letztes Fundament des Denkens theoretisch
nicht mehr erreicht werden kann.
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Daraus folgt:
Aus christologischen, aber auch aus anthropologischen,
handlungsorientierenden Gründen dürfen wir die
Gottesrede nicht aufgeben.
Von daher ist Theologie eine Lehre von einem guten,
befreites Leben, in Beziehungen mit Gott und den
Mitmenschen. Denn Gott hat in Jesus Christus das wahre
Menschensein geschenkt – sowohl in der Schöfpung als
auch in der Menschwerdung des Logos.
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Das ontologische Problem: Wie können wir in der Welt von Gott
sprechen?
Wie überwinden wir die Alternative nach der Gott- entweder: der total Andere ist jenseits unsere Welt, zu
dem wir keinen Zugang haben
- Oder: Teil der Welt ist, und sich die Frage stellt, ob
Gott dann Gott noch Gott sein kann?
Zugang vom endlichen Sein zum absoluten Sein in der Erkenntnis und in der Sprache:
Weil Gott als das absolute Sein das geschaffene Sein in die Wirklichkeit setzt, gibt es eine gewisse Seins-Analogie in Ähnlichkeit und Unterschiedenheit.
D.h. wir finden in der Welt Begriffe, die wir auch auf Gott übertragen können, und zwar so dass wir wissen,
- dass die ÄHNLICHKEIT, welche diese Begriffe zwischen Gott und Welt aussagen
- von ihrer jeweiligen UNÄHNLICHKEIT überwogen wird.
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Welche Sprachform entspricht also Gott?
Theologische Sprache basiert auf der logischen Figur der ANALOGIE .
Man unterscheidet zwischen der UNIVOKEN REDE (1 Ding, verschiedene Wörter: der Wagen ist ein Auto) und der ÄQUIVOKEN REDE (1 Wort für verschiedene Dinge: Wasser-„hahn“, der Hahn am Mist, die „Bank“ im Park, die Sparkasse), und der ANALOGEN REDE (1 Wort für ähnliche Dinge: Sein Eine Lokomotive „schnauft“)
Jüngel schreibt:
„Analogie in diesem Sinn liegt also vor, wenn dasselbe
Wort von verschiedene Dingen weder völlig gleichbedeutet
oder sinnidentisch (univoce) noch extrem mehrdeutig und
völlig sinnverschieden (äequivoce) gebraucht wird,
sondern so, daß es teils Gleiches, teils Verschiedenes
aussagt. ... Dies Ähnlichkeit ist darin begründet, das
dasselbe Wort in die verschiedenen Größe, die durch es
benannt worden, auf ein Gemeinsames anspricht, auf das
sie sich in jeweils verschiedener Weise beziehen.“Eberhard Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt, Tübingen 19783, 367.
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Grenzen der analogen Redeform:
1: Wenn der Theologe Gott Vater nennt, dann ist Gottes Dasein die
Voraussetzung der analogen Rede. Von ihrem ontologischen Grund her muss
man Ähnlichkeit und Unähnlichkeit erläutern.
2: Die Rede vom göttlichen Vater kann nicht in einer asymptotische Bewegung
begründet werden, nach dem Prinzip: vom schlechten Vater, zum guten Vater,
zum göttlichen Vater.
3: Der Sprecher muss richtig interpretieren können, d.h. den entsprechenden
lebensmäßigen oder kulturellen Kontext besitzen, um die Intentionalität der
Analogie freilegen zu können. (Ein Kind erfährt einen schlechten Vater und
wird niemals den Begriff Vater in analoger Rede für Gott nutzen).
Das Problem der analogen Rede liegt in ihrer Schwebe zwischen Univozität und Äquivozität.
Nach ARMIN KREINER , Das wahre Antlitz Gottes oder was wir meinen, wenn wir Gott sagen, Freiburg i.Br. 2006, 91: „Richard Swinburne hält die Analogie-Karte für ein durchaus
legitimes Mittel theologischer Rede. Aber sie dürfe nicht zu oft
gespielt werden. Denn je öfter sie gespielt werde, desto weniger
Information enthalte die betreffende Rede: „Wenn die Theologie
zu viele Worte in einem analogen Sinn verwendet, wird sie mit
dem, was sie sagt, praktisch nichts mehr vermitteln.“
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Die analoge Rede der Bibel arbeitet mit Metaphern. Ihr Verständnis ist ein soziales, lebendiges, Ereignis (Kontext), in dem man in einer unmöglichen Aussage eine neue Mitte findet.
„Dieser Professor ist ein Ungeheuer“: ein Mensch – kein
Ungetüm, sondern ein unmöglicher Mensch.
„Du bist mein Schatz“. Kein Haufen Erz, sondern eine
Bezeichnung der Beziehung zweier Menschen.
DALFERTH spricht von einem „semantischen Experimentieren“, RICOEUR von einem „einkalkulierten Irrtum“, der neue Welten eröffnet.
Von daher ist die Rede von / über Gott immer schwierig, und birgt eine große Herausforderung für jeden Menschen.
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0.1.1.3 In der Differenz Gott denken/sprechen
Theologie ist nicht die Rede über Gott (als Objekt) sondern die Rede von
Gott (als Dativ), sie ist Ausdruck eines Verhältnisses.
Während Gott absolut in sich selbst in Absolutheit, d.h. in seinen
trinitarischen Beziehungen gründet, ist der endliche Mensch abhängig von
Anderem, nicht zuletzt vom Gegebenen als Geschenk: das eigene Leben, die
Existenz der Mitmenschen, der Welt insgesamt.
Als Ausdruck eines Verhältnisses verstanden bedeutet diese Differenz, dass
Gott die Welt als ein nicht-göttliches Gegenüber in Liebe und Freiheit
geschaffen hat und diese weltliche Wirklichkeit in der Beziehung zu Gott
lebt.
Die Trennung ist also zugleich das Verhältnis von Gott und Welt. Oder wie
Hans-Christoph Askani sagt: „Nicht nur die Schöpfung, einmal getätigt,
geht weiter, sondern, daß sie weitergeht, ist selbst, ist gerade Schöpfung.“Hans-Christoph Askani, Schöpfung als Bekenntnis (Hermeneutische Untersuchungen zur Theologie 50) Tübingen 2006, 61.
In dieser ursprünglichen, schöpferischen Differenz/Trennung, die niemals
aufhört, gründet auch unser Denken. Deshalb kommen wir niemals zu
letzten Ergebnissen oder Letztbegründungen, sondern die Trennung von
Schöpfer und Geschöpf geht in einer steten Bewegung der Transformation
in unser Denken und Sprechen über.
Das Denken über Gott gründet im Denken vor Gott und geht über in das
Beten. Theologie sollte von daher her immer anfänglich sein, das heißt so,
dass Gott uns immer wieder in Anspruch nimmt.
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0.1.2 Die bleibende Grundfrage: Was ist der Mensch?
HANS URS VON BALTHASAR: „Der Mensch trägt sein Frage- und
Ausrufezeichen, auf Transparente gemalt, streikend, im Protestzug durch
die Schöpfung.“ (Hans Urs von Balthasar, Pneuma und Institution (SkTh 4), Einsiedeln 1974, 14.)
a) Zur Sorge des Menschen: Der Mensch sorgt sich um seine Zukunft und um ein gelungenes, glückliches Leben. Mit dieser Sorge nimmt er eine absolute Zukunft in Anspruch.Sie impliziert existenzielle Orientierung in einer konkreten Lebenswelt.
b) Der Mensch und die Kommunikation: Das kommunizierende Ich bedarf des Du und des Wir als gemeinsamen Verstehensraum.Kommunikation bedarf der Freiheit und enthält Eigenschaften der Liebe.Hier offenbart sich eine grundsätzliche Offenheit des Menschen als einem bleibend-transzendentalen Ausgriff - auf Gott hin.
c) Der Mensch bedarf der Intensität: Was geht mich unbedingt an?
Eingebettet in konkrete Lebenserfahrung verhilft der unbedingte Anspruch in seiner Beantwortung zur Orientierung des Lebens.
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Diese drei Grundstrukturen des Menschlichen enthalten
* eine Ästhetik des Menschlichen, da Tieferliegendes an
der Oberfläche erscheint,
* wie auch eine handlungsorientierende horizontale wie
vertikale Dramatik.
So ist die Sorge Ausgriff auf eine Zukunft, die aber auf
uns zukommt.
Kommunikation bedeutet gegenseitig freiheitliche
Öffnung füreinander.
Intensität: Das, was mich unbedingt angeht, trifft mich
vertikal (=Tiefenanspruch) in meinen horizontalen
Bezügen, in meiner Sorge und Kommunikation.
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Daraus folgt: Der Mensch ist ausgespannt zwischen
Himmel und Erde, zwischen Ich und Du.
Der Mensch ist ein unabgeschlossenes, in keine Definition
gesperrtes Wesen. Er lebt in der Immanenz, greift aber
aus auf Transzendenz. Er besitzt ungezählte
Möglichkeiten und ist zugleich schrecklich arm, da er
immer eines anderen bedarf, der ihm Zukunft und
Kommunikation schenkt. Insofern ist der Mensch von
Anfang an auf Liebe hin geschaffen. (Vgl. K. Hemmerle, Ausgewählte
Schriften I: Auf den göttlichen Gott zudenken, 284.)
Und zwar auf eine Liebe hin geschaffen, die kein Mensch
in seiner Begrenztheit erfüllen kann. Unsere Sehnsucht
nach Liebe kann allein in der Liebe selbst in ihrer
vollkommenen Absolutheit befriedigt werden.
Von der Grundveranlagung des Menschen her betrifft
die Gottesfrage den Menschen mitten in seiner
Existenz.
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0.1.3 Die Möglichkeiten einer trinitarischen Gotteslehre
Immanuel Kant zur Trinitätslehre:
„Aus der Dreieinigkeit ... lässt sich
schlechterdings nichts fürs Praktische
machen, wenn man sie gleich zu verstehen
glaubte, noch weniger aber, wenn man
innewird, dass sie gar alle unsere Begriffe
übersteigt. - Ob wir in der Gottheit drei oder
zehn Personen zu verehren haben, wird der
Lehrling mit gleicher Leichtigkeit aufs Wort
annehmen, weil er von einem Gott in
mehreren Personen ... gar keinen Begriff hat,
noch mehr aber, weil er aus dieser
Verschiedenheit für seinen Lebenswandel gar
keine verschiedene Regeln ziehen kann.“ [Immanuel Kant, Der Streit der Fakultäten = WW (Weischedel) IX,
Darmstadt 1971, 303f.]
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Aber auch theologischer/seits führte die Trinitätstheologie lange eher ein
Schattendasein.
So wies Karl Rahner im Jahre 1967 darauf hin, „daß die Christen bei all
ihrem orthodoxen Bekenntnis zur Dreifaltigkeit in ihrem religiösen
Daseinsvollzug beinahe nur ‘Monotheisten’ sind. Man wird also die
Behauptung wagen dürfen, daß, wenn man die Trinitätslehre als falsch
ausmerzen müßte, bei dieser Prozedur der Großteil der religiösen Literatur
fast unverändert bleiben könnte.“(K. Rahner, Der dreifaltige Gott als transzendenter Urgrund der Heilsgeschichte, in: MySal II, 319f.)
Sofern wir jedoch davon ausgehen, dass Gott sich in der Geschichte Jesu
Christi ganz und gar geoffenbart hat (vgl. Hebr 1,1-3), dann ist das trini-
tarische Sein Gottes keine verzichtbare Zusatzauskunft, sondern es ist eine
zentrale Aussage
über Gottes Wesen, die er uns selbst offenbart.
über das Selbstverständnis des Menschen und der gesamten
Wirklichkeit.
Gegen die vernunftmäßige Unfassbarkeit des trinitarischen Geheimnisses
ist auf ursprüngliche Erfahrungen des Menschen zu verweisen:
Abba-Vertrauen Jesu und der Christen
Auferstehungserfahrungen
Der Geist Jesu Christi bewegt die Herzen und die Welt.
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Diese erfahrungsgesättigten Aussagen sind Grundlage für ein
trinitarischen Gottesverständnis, in dessen Geheimnishaftigkeit
wir leben können.
Eine trinitarische Gotteslehre
funktionalisiert Gott keineswegs für unsere Bedürfnisse.
Vielmehr expliziert sie die Gottesoffenbarung in Christus
und im Geist der Liebe konsequent in ihrer Bedeutsamkeit.
entfaltet eine soziale Anthropologie.
bietet zugleich einen kommunikativer Ansatz, nach dem die
Selbstmitteilung Gottes in der Kommunikation seiner
trinitarischen Liebe gründet.
enthüllt die Agape Gottes ebenso kommunikativ wie intensiv
wie auch fürsorgend.
hat eminent praktische Konsequenzen für die menschliche
Existenz.
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0.2 Systemtheoretische Rechtfertigung einer trinitarischen
Gotteslehre
Bei Thomas:
Vorordnung von De Deo Uno vor De Deo Trino, allerdings nur aus didaktischen Gründen!
Theologiegeschichtlich hat dies dazu geführt, dass man über Gott
als den Einen eher im Horizont der Metaphysik und nicht dem
der Heiligen Schrift gehandelt hat.
Für die moderne Theologie, die von der Selbstoffenbarung Gottes
her denkt, wird die Trinitätslehre dagegen zur „Grammatik“ der
gesamten Theologie:
1. Statt einer am inneren immanenten Wesen Gottes orientierten
Gotteslehre, die metaphysisch-philosophisch orientiert geprägt
ist, vielmehr heilsgeschichtlich-biblischer (ökonomisch) Ansatz.
Es geht nach Walter Kasper darum, „die abstrakte Lehre vom
Wesen Gottes wieder in die Lehre von der konkreten
Wesensoffenbarung Gottes und damit in die Trinitätslehre zu
integrieren“. (W. Kasper, Der Gott Jesu Christi 381.)
2. Auf diese Weise entsprechen wir der frühen Glaubenspraxis.
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- Taufliturgie
Mt 28,19
Did. 7,1.3
Iust., 1 apol. 61,3.10-13
- Trinitarische Struktur des Betens
Gal 4,4-6
Röm 8,15
Orig., or.: BKV 48, 147
- Aufbau des eucharistischen Hochgebetes
Iust., 1 apol. 67
Hipp., trad. apost. 4
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I. Teil: Die Frage nach Gott in der Neuzeit und in
der Gegenwart
1. Gott im neuzeitlichen Denken: philosophische
Erkenntnisse
Streitpunkt: die Autonomie des Menschen!
Der sog. spätmittelalterliche Nominalismus steigert den
Gedanken der Allmacht und Freiheit Gottes bis zum Extrem
eines absolutistischen Willkürgottes.
Der zu neuem Selbstbewusstsein erwachende Mensch wehrt
sich in einer Revolte gegen einen Unterdrücker-Gott.
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1.1 Gottes notwendige Existenz: R. Descartes
Idee: Einheitliche Universalwissenschaft mit exakter mathematisch-geometrischer Methode
Spaltung von Subjekt/res cogitans und Objekt/res extensa
Der Weg des radikalen Zweifels führt zum „cogito, ergo sum“ als erstem, unerschütterlichem Grundsatz der Philosophie.
Das Ich besteht aus Denken und Bewusstsein.
Gott bzw. die Idee des Unendlichen ist der transzendentale Grund des Bewusstseins.
Problematisch ist die Verknüpfung des Gottesgedankens mit unendlicher und vollkommener Allmacht sowie der Vollkommenheit Gottes mit der Unveränderlichkeit.
Bedeutung: Mit Descartes erreicht das abendländische Denken einen markanten Wendepunkt, weil der Ort ursprünglicher Gewissheit nicht mehr in Gott liegt, sondern in den Menschen verlegt worden ist.
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Zum radikalen Zweifel
Descartes schreibt in seinem Werk „Von der Methode des richtigen Ver-
nunftgebrauchs und der wissenschaftlichen Forschung“:
„Alsbald aber fiel mir auf, daß, während ich auf diese Weise zu
denken versuchte, alles sei falsch, doch notwendig ich, der es
dachte, etwas sei. Und indem ich erkannte, daß diese Wahrheit:
‘ich denke, also bin ich’, so fest und sicher ist, daß die
ausgefallensten Untersuchungen der Skeptiker sie nicht zu er-
schüttern vermöchten, so entschied ich, daß ich sie ohne
Bedenken als ersten Grundsatz der Philosophie, die ich suchte,
ansetzen könne.“
In den „Meditationes“ führt Descartes diesen Gedanken noch fort:
„Er [Gott] täusche mich, soviel er kann, // niemals jedoch wird er
es fertigbringen, daß ich nichts bin, solange ich denke, daß ich
etwas sei“ (Med II,3).
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Folie: dtv Atlas Philosophie, DTV München 2005, 106 (A), 104.
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Folie 29 unter Adobe
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Zur Existenz Gottes
Während Thomas gut aristotelisch von einer ersten Ursache ausging, auf
die alles zurückgeführt werden muss, ist der Ansatzpunkt des Descartes die
im Geiste vorfindliche Idee des Unendlichen.
Von dieser Idee wird auf das Dasein Gottes geschlossen.
Gott ist das absolute Wesen – das absolute Da-Sein (von daher kein
Trugschluss)
Wesen – Da-Sein
Existenz
Aber: Nach Pannenberg kann die Intuition des Unendlichen in der Tat
Voraussetzung für die Erkenntnis sein, die Realität eines Vollkommenen
jenseits des Endlichen wird aber damit keineswegs gesichert.
Von der biblischen Offenbarung her erscheint weiterhin fragwürdig, dass
1. Descartes hat mit dem Gedanken Gottes eine unendliche und
vollkommene Allmacht verbunden.
2. Mit der Idee der Vollkommenheit Gottes ist zugleich engstens
seine Unveränderlichkeit verknüpft. (Gott = absolute
mathematische Beweise)
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Zum Gott - Mensch - Verhältnis
Durch Descartes ist der Ort ursprünglicher Gewissheit von Gott
in den Menschen verlagert worden. Damit erhält das menschliche
Subjekt, selbst wenn Gott noch als transzendentaler, ontologisch
realer Grund gedacht wird, einen größeren Stellenwert.
Descartes selbst treibt keine ausgesprochen christliche Philo-
sophie, sondern unterscheidet streng zwischen Vernunft und
Glaube, setzt sie jedoch zugleich in ein Verhältnis zueinander:
Der Glaube weist allergrößte Gewissheit auf, weil er nicht
ein Akt des Intellektes, sondern des von Gott beeinflussten
Willens ist (Gnade-Intellekt-Dualismus).
Die Vernunft hat die Aufgabe, durch Deduktion oder
Intuition die Fundamente des Glaubens rational zu
begründen.
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1.2 Gott als sittliches Postulat: Immanuel KantDer frühe Kant betont die Erhabenheit Gottes, zu der die an Sinneseindrücke gebundene Vernunft nicht vordringen kann, als Grund einer zufälligen, aber autonom nach immanenten Gesetzen funktionierenden Welt.
Erkenntnistheorie: Eine objektive Gotteserkenntnis ist nicht möglich, da die
Erfahrung unserer subjektiven Vernunfttätigkeit entspringt (Raum und Zeit als apriorische Anschauungsformen des Subjekts; apriorische Kategorien des Verstandes).
Gott ist eine regulative Idee der theoretischen Vernunft. Der Gottesgedanke ist in anthropozentrische Aussagen zur
Vernunftkritik eingeebnet und nicht mehr konstitutiv für das menschliche Bewusstsein.
Moralphilosophie: Freiheit, Unsterblichkeit und Gott sind die drei Postulate der
praktischen Vernunft, ohne die die sittliche Bestimmung des Menschen nicht ausreichend zu denken ist.
Damit die Glückseligkeit sichergestellt werden kann, die der Mensch in seinem moralischen Handeln anstrebt, ist die Annahme der Existenz Gottes praktisch (nicht ontologisch) notwendig.
Kategorischer Imperativ: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allge-meines Gesetz werde“. Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten 420f.
Theologische Anknüpfungspunkte: Gott kann nicht wie andere Gegenstände erkannt werden. Aus der reinen Vernunft ist Gottes Existenz nicht ableitbar. Der ganze Mensch kann Gott als die alles bestimmende
Wirklichkeit induktiv mit der Wirklichkeit erfahren.Folie 32
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Folie 33 = Folie 7d in SCHOEPF 07
Folie 33
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Neue Endlichkeit bei KANT
║ Objekte → Verstand ← VernunftMeta- ║ │ │Physik ║ Sinne ↓ (apriorisch)(Gott als ║ │Objekt) ║ │ Synthesis
║ (aposteriorisch) ↓↑ ║ Erkenntnis
║ ↑keine Gott ist nur ein Postulat dieserErkenntnis! Einheit des Denkens:
Gott ist kein Objekt Gott ist keine Realität
- die WeltDer biblische Gott, der Schöpfer trägt - das Denken der Menschen
Transzendentalität
SCHLEIERMACHER (+ 1834)
Folie 34
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1.2.4 Kant in der Kritik
Subjektivismusverdacht
SCHULZ’ dialektischer Wirklichkeitsbegriff:„Wirklichkeit ist ... weder eine vorgegebene Objektwelt noch beruht sie auf einer Setzung des Subjektes. Wirklichkeit ist vielmehr ein Geschehenszusammenhang, in dem Objekt und Subjekt miteinander verflochten sind in der Weise gegenseitiger Bedingung: das Subjekt wird vom Objekt ebenso bestimmt, wie es dieses bestimmt.“W. Schulz, Philosophie in der veränderten Welt, Pfullingen 1972, 841; vgl. Küng, Existiert Gott?, 598
SCHAEFFLERS dialogische Theorie der Bezogenheit von Welt und Verstand/Vernunft:- Der Anspruch der je größeren Wirklichkeit- Dialogische Perspektivität- Grenzgängigkeit des Dialogs
Von daher - ist der Mensch nur ein Geschöpf, der in seinem endlichen
Denken, eingebettet in die endliche Welt, ausschließlich in der Beziehung zu Gott denken kann.
- kann sowohl eine profane wie eine religiöse Erfahrung in der Welt einen entscheidenden Anspruch des Je-Mehr vernehmen, der ein einheitliches Denken und Leben ermöglicht in Beziehung von Ego, Welt und Gott.
Während der kantische Gott eher als Postulat zu benennen ist, ist der christliche Gott ein geschichtlich-aktueller Anspruch an die Menschen, der sich als Vertrauengeschichte zwischen Anspruch/ Gott und den Menschen entwickelt.
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1.3 Gott als Geist in Geschichte: G. W. F. HegelKantkritik:
Der bei Kant absolut gesetzte Widerspruch zwischen dem Erkenntnissubjekt und den Dingen an sich ist - z. B. mittels des Gedankens der Liebe in eine höhere Einheit hinein aufzuheben.
Hegel wendet sich gegen die aufklärerische Paradoxie, einerseits die von der Übermacht Gottes befreite eigene Endlichkeit zu unterstreichen, andererseits das endliche Ich absolut und an die Stelle Gottes zu setzen.
Gott als Geist: Das menschliche Bewusstsein wird sich im Absoluten seiner
selbst bewusst, während umgekehrt das Absolute sich im menschlichen Selbstbewusstsein verwirklicht.
Im Christentum als höchster Stufe der Religion wird durch die Inkarnation des Logos das Endliche als zum Unendlichen gehörig erkannt, während das Unendliche sich dadurch als unendlich erweist, dass es seine Jenseitigkeit aufgibt und in Jesus ein endlicher Mensch wird, dessen Tod als letzte Entäußerung des göttlichen Absoluten zu gelten hat.
Die gesamte Weltgeschichte ist ein allumfassender Versöhnungsprozess, insofern von Gott als Geist her alle Gegensätze der Welt umgriffen werden.
Gott als Subjekt: Wahrhaft unendlich ist nur das, was im Gegensatz zum
Endlichen steht und dennoch diesen Gegensatz zum Endlichen überwindet: Das absolute Subjekt ist bei sich selbst, indem es sich entäußert.
Probleme: Die Gleichrangigkeit der trinitarischen Personen Rein philosophische Ableitung der Trinität ohne Bezug auf die
Offenbarung Jesu Christi
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Folie: dtv-Atlas Philosophie, DTV München 2005, 152
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1.3.3 Kritische Anfragen an Hegel
Die grundlegende Differenz von Endlichem und Unendlichem droht ausgelöscht zu werden.
Schöpfung und Mensch werden in ihrer Freiheit und Eigenständigkeit nicht bewahrt, insofern sie nur das Durchgangsstadium zur absoluten Idee darstellen.
Die Dialektik der Erkenntnis ist durch eine Dialektik gelebter Liebe zu ergänzen, da andernfalls Versöhnung nur gemeint, nicht aber vollzogen wird.
Es ist fragwürdig, den Prozess der Weltgeschichte und des Geistes als absolut vernünftig und notwendig zu bestimmen:
Gott ist Gefangener seiner selbst. Die Schöpfung ist ewig notwendig. Der Sündenfall und das Erlösungsgeschehen sind rationali-
siert. Ein dynamischer Fortschrittsglaube ist rational unabdingbar.
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2. Die Ablösung Gottes durch den Menschen: philosophische Atheismen
Wendung zur Anthropozentrik v.a. aus zwei Gründen:
1. Grund: Im Europa des 17. Jahrhunderts wird nach den
Religionskriegen, die Rechtsordnung und das
Staatsdenken neu begründet; und zwar im Rückgriff
auf die allgemeine Natur des Menschen und nicht -
wie bisher - im Rückgriff auf Gott.
2. Grund: Die Hauptrichtungen der Philosophie reagieren gegen
das Hegelsche System und wenden sich radikal dem
Menschen zu - als Abwendung von Gott.
Aber: Gefahr der Selbstverabsolutierung des Menschen
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2.1 Gott als Projektion des Menschen: L. Feuerbach
Das konkrete sinnliche Dasein des Menschen ist Gegenstand der Philosophie.
Die Anthropologie ist die Basis religiöser Vorstellungen.
Der Gottesgedanke ist eine entfremdete Gestalt des menschlichen Selbstbewusstseins und Ergebnis einer Projektion.
Die Unendlichkeit der Menschengattung wird auf ein unendliches Wesen projiziert.
Religion ist das Verhalten des Menschen zu seinem eigenen Wesen.„Im Bewußtsein des Unendlichen ist dem Bewußten die Unendlichkeit des eigenen Wesens Gegenstand.“Und weiter: „das absolute Wesen, der Gott des Menschen ist sein eigenes Wesen. Die Macht des Gegenstandes über ihn ist daher die Macht seines eigenen Wesens.“ Ludwig Feuerbach, Das Wesen des Christentums 3. umgearbeitet und erweiterte Aufl. (1849 Bd. VII der von Feuerbach im Verlag O. Weigand herausgegebenen sämtlichen Werke) nach der mit den Ausgaben von 1841 und 1843 verglichenen kritischen Ausgabe von W. Schuffenhauer, Bde. I-II (Berlin 1956) 37.41.
Der Atheismus ist das Geheimnis der Religion.
Die Bedeutung Feuerbachs für die Theologie:
Theologie hat den Menschen so in den Blick zu nehmen, daß eine Gotteslehre immer nur in ihrer Bedeutsamkeit für den Menschen zu erarbeiten ist.
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Theologie hat strikt von der Selbstoffenbarung Gottes auszugehen und von dorther die Erfüllung menschlicher Existenz aufzuweisen.
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2.1.3 Kritische Anmerkungen zu Feuerbach
a) Die unendliche Dynamik des Bewusstseins beweist kein
unendliches menschliches Wesen. Der wirkliche Mensch
ist eine individuelle Person und nicht eine amorphe
Menschheitsgattung.
b) Auch die Tatsache menschlicher Projektion ist kein
schlagendes Argument gegen eine Existenz Gottes. Denn
das Glücksstreben des Menschen könnte seinen Grund in
einem realen Ziel haben, das ihm absolute Erfüllung
schenkt.
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2.2 Gottes Tod: F. Nietzsche
Kulturkritik: Kulturpessimismus Drang, Trieb, Leben, Wille Rationalität, Geist Wider Fortschrittsoptimismus (Darwin), Idealismus (Hegel),
Mitleiden (Schopenhauer)
Gegen-Religion: Der proklamierte Tod Gottes ist der Zusammenbruch alles
bisher Gegebenen (v.a. Religion und Moral) und führt in bodenloses Nichts und Chaos. Erschrecken über die Konsequenzen des Gottesmordes Aber: Kein Glaube an eine letzte Ordnung mehr möglich
Der Übermensch: Der Übermensch ist bestimmt durch den Willen zur Macht
sowie durch die ewige Wiederkehr des Gleichen. Er hat jegliche Hoffnung über diese Erde hinaus abgelegt.
Zur Bewertung: Die eigene Position bleibt von der sonst umfassenden
Infragestellung der Wirklichkeit durch Sinnlosigkeit, Zwiespältigkeit, Nichtigkeit, Wertlosigkeit ausgenommen.
Die Rede von der ewigen Wiederkehr des Gleichen erhebt den Anspruch einer mythischen Offenbarung.
Die Kritik am Christentum geht von einem Zerrbild des Christlichen aus: Gott als kleinlicher Moralist.
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Demgegenüber ist zu sagen, dass
- der Vater-Gott Jesu Christi kein Feind des Lebens und der
Sinnlichkeit ist;
- dieser Gott keinen kirchlichen Machtapparat stützt, sondern
umgekehrt die Kirche Ministerium, Dienstamt, für Gott sein.
Für uns Theologen bedeutet dies:
1. Wir haben Sehnsüchte, Ängste, Hoffnungen des Menschen in
seiner Leiblichkeit und Weltverbundenheit; das ist konkret-
ernst zu nehmen, weil sich diese Sehnsüchte, diese
Transzendenz ansonsten an anderer Stelle befriedigen. Dabei
müssen wir unsere Hoffnungstranszendez nicht wiederum mit
Projektion überlagern.
2. Wir haben als Theologen vom Vater-Gott Jesu Christi
auszugehen, dessen Menschwerdung ist Basis sowohl für die
Christologie als auch für die Anthropologie.
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3. Fazit: Der autonom gewordene Mensch und „sein Gott“
Kritische Philosophien der Neuzeit animieren die Theologie,
die Denkvoraussetzungen solcher Philosophien auf ihre Tragfähigkeit hin zu befragen und
die theologischen Aussagen, die der Kritik unterzogen werden, in ihrem Gehalt zu prüfen.
Einzelthemen:
Als positive Schöpfungsgüter müssen Autonomie und Freiheit des Menschen nicht in einem Gegensatz zum Gottesglauben stehen.
Der Ansatz bei der Inkarnation schließt den Verdacht der Projektion aus und gewährleistet, dass die Sinnsuche des welteingebundenen Leib-Geist-Wesens Mensch ernst genom-men wird. D.h.:- keine Reduktion des Menschen auf bloße Subjektivität,- sondern Einbindung in den Anspruch einer größeren Wirklichkeit
Die Theologie hat eine kritische Gottesrede zu entfalten, die sich Rechenschaft über ihre Aussagen gibt.
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4. Gotteserfahrung und Gotteserkenntnis heute
4.1.1 Erfahrung
meint nicht nur objektive, experimentell nachweisbare, empirische Fakten
meint aber auch nie ausschließlich ein subjektives Erlebnis
„umgreift beides: objektives Widerfahrnis und subjektive Empfindung. Sie ergibt sich aus dem Zusammenspiel von objektiver Wirklichkeit und subjektivem Umgang mit der Umwelt und Mitwelt. Erfahrung ist in einem das Betroffensein durch die Wirklichkeit und die Interpretation dieses Widerfahrnisses in Worten, Bildern, Symbolen und Begriffen. Erfahrung ... ist geschichtlich“ Walter Kasper, Der Gott Jesu Christi 111.
in ihrer Geschichtlichkeit ist Umgang mit und Deutung der Wirklichkeit auf dem Hintergrund gemachter Erfahrungen anderer Generationen
meint aber auch die Weitergabe eigener Erfahrungen an andere Generationen
kann von vielfältigem Charakter sein: gefährliche Erinnerung KontrasterfahrungErfahrung mit der Erfahrung
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In letzterer fragen wir nach dem Ganzen der Wirklichkeit:
Walter Kasper schreibt dazu:
„Die Erfahrung, die wir mit unserer Erfahrung machen,
ist letztlich eine Erfahrung der Endlichkeit und der
Geheimnishaftigkeit unserer Erfahrung. Damit haben
wir die Dimension der religiösen Erfahrung erreicht. Die
religiöse Erfahrung ist keine unmittelbare, sondern eine
mittelbare Erfahrung, eine Erfahrung, die wir ‘mit, in
und unter’ unseren sonstigen Erfahrungen machen. ... In
der religiösen Erfahrung geht uns in anderer
Erfahrung ... die Dimension des Geheimnisses auf, aus
dem alle Erfahrung kommt und in das alle Erfahrung
weist.“
Walter Kasper, Der Gott Jesu Christi 113f.
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4.1.2 Glaube und Erfahrung
Kontext der Postmoderne als einer total pluralistischen Welt
Ansatz bei konkreten Erfahrungen, die jeweils Ansprüche implizieren und als Ur-Erfahrung durch Sprache gedeutet werden müssen
=►Kommunikationsspiel um die Wahrheit
Gott als unvergleichbarer Anspruch
- Jahwe hat sich in der Geschichte als der einzige Gott
erwiesen.
- Aufgrund der Auferstehung des Gekreuzigten hat sich
eine neue Grammatik des Sprechens und Denkens
ergeben, die unser Gotteserfahrungen prägen.
Pluralität christologischer Aussagen schafft einen kirchlichen Raum, in den die einzelnen Erfahrungen der Gläubigen eingebettet sind
=►Dogma und Gotteserfahrungen als kommunikatives und communionales Ereignis.
=►Geistgetragene Differenz zwischen endlichem Menschen und unendlichem Gott
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4.2 Die Erkenntnis Gottes4.2.1 Was ist Erkenntnis?
Der Brockhaus, Bd. III, S. 523 definiert: „Erkenntnis [ist] der Vorgang der Einsicht (das Erkennen), durch den ein dem betrachteten Sachverhalt adäquates Wissen erworben wird.“
Erkenntnis impliziert also zwei Elemente: Ein Erkenntnisvorgang ist ein gesamtmenschliches
Ereignis, das den Menschen ganzheitlich einfordert.
Erkenntnis bezieht sich zwar auf Erfahrung, ist zugleich aber immer mehr als Erfahrung, da die Erkenntnis als Reflexion eine gewisse Ver-arbeitungsdistanz zum Objekt voraussetzt.
Daraus folgt:
Jede Erkenntnis ist somit auch eine Reflexion im Sinne eines Freiheitsgeschehens.
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4.2.2 Natürliche Gotteserkenntnis und natürliche Theologie
„Natürliche“ Theologie: in vorchristlicher Zeit und in den ersten christlichen
Jahrhunderten: die argumentativ entwickelte Gotteslehre der Philosophen.
Barock-Theologie: „Natürlich“ = „der Natur des Menschen gemäß“: Natur deutlich von der Gnade geschieden.
Bibel: Gleichnisreden Jesu - Apg 14,16f - Röm 1,19f; 2,14: die Natur als Gleichnis Gottes =► Zusammengehörigkeit von Schöpfungs und Erlösungsordnung nach Paulus
Väter: Gott kann sowohl aus den natürlichen Dingen wie aus der Seele erkannt werden.IRENÄUS sagt: „Denn die Schöpfung weist hin auf den einen Schöpfer, das Werk verlangt einen Meister, und die Welt/-ordnung offenbart den Ordner“. (Adv. haer. II, 9,1)
Hochscholastik: Gratia supponit naturam / fides supponit rationem.
Lehramt:I. Vatikanisches Konzil (1869/70): „Dei Filius“
Gegen Rationalismus wie FideismusII. Vatikanische Konzil (1962-65):
Die Aussagen des I. Vatikanischen Konzils werden wiederholt (DV 6), zugleich wird die heilsgeschicht-liche Perspektive unterstrichen.Leider keine Vermittlung mit transzendentalem Ansatz
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Fazit
Die Natur ist als Voraussetzung für Gottes Gnaden-
wirken am Menschen immer schon in die göttliche
Gnadendynamik hineingenommen.
Die Natur ist auf eine Erfüllung hin angelegt, die sie
sich selbst nicht geben kann, sondern durch die
Gnade erst erhält.
Wo die Natur sich dieser Gnade durch die Sünde
versperrt, gerät sie in einen tiefen Selbst-
widerspruch.
Für die vernunft/hafte Gotteserkenntnis bedeutet
dies, daß die Vernunft durchaus Gott erkennen
kann, dazu aber der Befähigung der Gnade bedarf.
(Hinweis auf die Differenz)
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Zur Vernünftigkeit des Glaubens
1. Aufgrund vernünftiger Argumente muss der Nichtwiderspruch von Schöpfungs- und Heilsordnung aufweisbar sein.
2. Der Glaube muss sich auf vernünftige Art und Weise als sinnvolle Interpretation der Wirklichkeit ausweisen lassen.
3. Sofern der Glaube an den Gott Jesu Christi nach christlichem Verständnis den Anspruch erhebt, die universale Wahrheit des Heils für alle Menschen zu sein, muss dieser Glaube kommunikabel, sinnvoll mitteilbar sein (vgl. 1 Petr 3,15).
4. Die Vernünftigkeit der Glaubens- und Gotteserkenntnis setzt keineswegs eine neutrale Vernunft voraus, sondern eine vom Geist Gottes getragene Erkenntnisfähigkeit.
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„Natürliche Theologie“
„Die natürliche Theologie entspringt aus einer
transzendentalen Reflexion des Glaubens auf seine
eigenen Bedingungen der Möglichkeit“ (vgl. W.
Kasper, Der Gott Jesu Christi, 104) und ist darum
bemüht, „die innere Vernünftigkeit des in sich und
aus sich selbst begründeten Glaubens zu erweisen“
(vgl. W. Kasper, Der Gott Jesu Christi, 99).
Dies darf aber nicht in einer vollkommen abstrakten
transzendentalphilosophischen Reflexion geschehen,
sondern der Begriff „Natur“ bezieht sich auf den
Menschen als freiheitliches Subjekt in geschichtli-
cher Eingebundenheit.
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4.2.3 Die Gottesbeweise
als begründeter Appell an die Entscheidungsfreiheit des Menschen für Gott
Die verschiedenen Typen der Argumentation:
kosmologisch: Als Ausgangspunkt wird die erfahrbare Welt genommen, nach deren tragendem Grund und nach deren leitendem Ziel gefragt wird.
ontologisch: Ausgangspunkt ist eine Analyse des menschlichen Denkens.
anthropologisch: Ausgangspunkt ist die Reflexion des Menschen auf sich selbst.
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4.2.3.1 Der kosmologische Ansatz
kausale Überlegungen: sie fragen nach der Ursache von Wirkungen.
1. Frage: Wer bewegt die Welt?
2. Frage: Welches ist die Ursache aller Ursachen?
3. Frage: Wer ist die Notwendigkeit hinter allen Zufälligkeiten?
4. Frage: Gibt es unter den Werten einen absoluten Wert?
Teleologische Überlegungen: sie fragen nach Zweck und Ziel (telos).
Wer hat diese Welt zweckmäßig geordnet?
Gottesbeweise als induktive und von weltlichen Erfahrungen ausgehende Wege, die den Gottglauben bereits voraussetzen!
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4.2.3.2 Der ontologische Gottesbeweis
Anselm von Canterbury (+ 1109): Aliquid (etwas) quo nihil maius cogitari potest.
Kritisch dazu Kant: Deduktion als unerlaubter Übergang von der Ordnung des Denkens in die Ordnung des Seins.
neuere Theologie: Weil das reine Denken von unten nach oben in eine Aporie gerät (siehe Kant), setzt man bei der geschichtlich gegebenen Gottesidee an, die den Menschen von oben, von außen her angeht. Dieser dem Denken vorgegebene Gottesbegriff als alles bestimmende Wirklichkeit hat sich nun an der Weltdeutung zu bewähren.
Folgen:a) Im Blick auf die Gottesidee: die vormals
unbestimmte Gottesidee ist geschichtlich (!) vom Selbsterweis Gottes her inhaltlich gefüllt.
b) Im Blick auf den denkenden Menschen: denkerisch greift die Vernunft auf jenen absoluten Sinn hin aus, der sich konkret im Menschen Jesus von Nazaret offenbart hat.
c) Im Blick auf den Menschen im Beziehungsgeflecht von Gott und Mitwelt: die Gottesidee hat sich in der denkenden Betrachtung der Wirklichkeit von Welt, Mensch und Geschichte zu bewähren.
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4.2.3.3 Der anthropologische Ansatz Ausgangspunkt der Überlegungen ist der innere Mensch im
Nachdenken über sich selbst, sein Glücksverlangen und das ihn tragende Grundvertrauen.
Transzendentale Reflexion auf den unendlichen Ausgriff auf Sinn und Erfüllung
Vertreter:AugustinusKantRahner
4.2.3.4 Theologische Auswertung Induktion sind faktisch nie vollständig. Deduktionen können nicht zu letzten/ersten Voraussetzungen
vorstoßen. Die anthropologisch-transzendentalen Überlegungen betonen
die Bezogenheit des Menschen auf Gott.=► Gottesbewährung nur in konkreten Lebensvollzügen Verortung der Gottesfrage in der Sinnfrage (KREINER) Praktische Orientierungsleistung (DALFERTH) Der höchste Begriff des Absoluten als erfahrungsgesättigter
Begriff von Gott
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Halten wir fest:
- Die sogenannten Gottesbeweise können Gottes Existenz nicht
objektiv oder kausal bewiesen werden.
- Gott ist die tragende Gesamtwirklichkeit, die uns Menschen
anspricht: im Denken und Handeln.
- In den sozialen Bezügen hat die Sinnfrage besonders in den
Differenzen ihren Ort. In diesen Differenzereignissen/
Ansprüchen muss der Mensch seine Identität und ihren Sinn
finden, wobei sich dies in einem umfassenden Horizont vollzieht.
In diesen Erfahrungen kann man dann von jenem Gott
sprechen, der uns Wirklichkeit und Möglichkeit schenkt, und
uns dazu die Freiheit gibt, Gott begegnen zu können.
- - zusammen mit dem Lebenszeugnis vieler religiös überzeugter
Menschen machen die sog. „Gottesbeweise“ es möglich, dass es
einen Gott gibt.
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Der trinitarische Gott hat in Wirklichkeit und Möglichkeit Welt
geschaffen:
Horizont/Erfahrungen/Ansprüche/Tradition
Wirklichkeit menschl. Identität
Welt Differenzen Ich glaube an Gott
Möglichkeit Gottesglaube
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4.2.4 Gotteserkenntnis im Glauben und in der Liebe
Offenbarungen = indirekte Erfahrungen, d.h.
Erfahrungen mit Erfahrungen und solchermaßen auch
immer deutebedürftig.
Höhepunkt und Vollendung der Offenbarung = der
menschgewordene Logos.
Joh 14,9: Wer ihn sieht, sieht den Vater; vgl. 2 Kor 4,4
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OffenbarungChristlich - theologischer Offenbarungsbegriff:
Altes Testament: keine Sachwahrheit wird offengelegt, sondern ein personaler Gott (Ex 20,2) teilt sich in kommunikativer, dialogischer Weise dem Menschen mit.
Neues Testament: Jesus Christus ist die personale, eschatologische Selbstdefinition Gottes an uns Menschen (Joh 14,9; vgl. 2 Kor 4,4) und zugleich die Selbstübereignung des Menschen an Gott.
Strukturmomente des Offenbarungsereignisses:
a) Christliche Offenbarung ist nie Mitteilung eines
Sachgehaltes, sondern personale Selbstmitteilung.
b) Diese Offenbarung hebt die Göttlichkeit Gottes in
seiner Geheimnishaftigkeit nicht auf, sondern führt den
Menschen tiefer in Verhältnis der Liebe ein.
c) Indem der Mensch sich auf Gott als Grund und
Horizont der Welt einläßt, kann er sich an dem Leben
Christi orientieren.
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Hans Urs von Balthasar
- „Die Liebe ist kein Gegenstand, der unbeteiligt
kontempliert und darin objektiviert werden könnte, sie
wird als das, was sie ist, nur erblickt im Ergriffensein von
ihr. ...; der Blick für absolute Liebe kann nur von dieser
selbst her ermächtigt werden.“ (H. U. von Balthasar, Herrlichkeit. Eine
theologische Ästhetik, Bd. III,2 Theologie, Teil 2 Neuer Bund, Einsiedeln 1969, 271)
- „Das Geschaute (Wort-Bild-Licht des Vaters) bestimmt
nicht nur die Sehkraft des Schauenden, sondern prägt ihn
als ganzen, prägt sich ihm ein. Es ist nicht nur das
Ein-Leuchtende, sondern das Formgebende,
Zu-sich-hin-Umformende.“ (Ebd. 272f)
- „Diese entrückende Macht geht so weit, daß sie die Glau-
bend-Liebenden nicht nur zu sich hinzieht, sondern aus
dem eigenen Ursprung (aus Gott) mitgeboren sein läßt
(Joh 1,13).“ (Ebd. 272.)
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4.3 Die Denkbarkeit Gottes
Die Denkbarkeit einer Gegebenheit ist nicht identisch mit
ihrer Erfahrungs-Erkenntnis.
Problem:
- Es war zwar möglich, ein höchstes Wesen, Gott,
außerhalb des Menschen zu denken, aber:
- Die Existenz dieses höchsten Wesens konnte nur durch
den denkenden Menschen festgestellt werden. Allein das
Ego war der Ort der Anwesenheit Gottes.
Nietzsche
hat den Tod eines derart gespaltenen Gottes verkündet.Denn wenn das denkende Ich über die Existenz Gottes entscheidet, kann es keinen Gott geben.
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E. Jüngel, Gott als Geheimnis der Welt. Zur Begründung der Theologie des Gekreuzigten im Streit zwischen Theismus und Atheismus, Tübingen 1977
„Gott denken heißt: Gott allein als denjenigen denken, der de
deo etwas zu sagen hat.“
„Der Gedanke eines von sich aus redenden Gottes schließt ...
aus, dass das Gott denkende Denken sich zunächst
unabhängig von dem zu denkenden Gott begründet.“ (Ebd.
210)
„Die Vernunft ist vernünftig, wenn sie begreift, dass sie von
sich aus keinen Gott konstruieren kann. Die Vernunft ist
vernünftig, wenn sie begreift, dass ein Gott überhaupt nur
dann als Gott gedacht wird, wenn er als sich offenbarender
Gott gedacht ist.“ (Ebd. 211)
=►Der inkarnierte Logos als Wort Gottes! D.h.:
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Theologisches Fazit:
Das Wort = Ausdrucksform des Denkens.
menschlich-gesprochenes Wort = Ort unseres
Gottesgedankens
a) Im menschgewordenen Logos vollzieht sich Gottes Existenz
so, dass zugleich sein Wesen offenbar wird (vgl. 1 Joh 4,8f).
1. Johannesbrief 4,8f:
„Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist die
Liebe. Die Liebe Gottes wurde unter uns dadurch
offenbart, daß Gott seinen einzigen Sohn in die Welt
gesandt hat, damit wir durch ihn leben.“
b) Jesus Christus ist das fleischgewordene Wort, das sich dann
in menschlichem Wort (Evangelium) in die Zeit hinein auslegt
und bis heute an unser Ohr dringt.
Die Verobjektivierung des menschgewordenen Wortes im
verschriftlichten Offenbarungswort des Evangeliums vollzieht
sich kraft des Heiligen Geistes.
Der Geist Jesu Christi hebt das objektive Heil auf die Ebene der
subjektiven Fruchtbarkeit.
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4.4 Die Sagbarkeit Gottes
Theologie = verantwortete Rede von Gott.
Das Wort von Gott ist angewiesen:
a) auf den Gott der Offenbarung
b) auf unser verantwortendes Denken Gottes
c) das zeugnishafte Denken
Die theologische Verantwortlichkeit des Denkens besteht
darin, dass Gott als Gott selbst in einem Wort anwesend
sein kann und nicht nachträglich erst hinzutreten darf.
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4.4.1 Negation als angemessene Rede von Gott in seiner
Geheimnishaftigkeit
THOMAS VON AQUIN zitiert Johannes Damascenus (um
650): „Im Blick auf Gott können wir nicht sagen, was er
ist.“
DIONYSIOS AREOPAGITA: Jeder Superlativ ist nochmals zu übersteigen.
Dem Gott, der über allem Sein und Seienden ist, entspricht
man nur, wenn man all das verneint, was er nicht ist.
Aber: Sturz ins Bodenlose der Unsagbarkeit Gottes
widerspricht dem Faktum der Offenbarung.
DALFERTH:
In der negativen Theologie können wir keine Aussagen über
Gottes Wesen an sich machen. Vielmehr es sind praktische
Gottesdiskurse, in denen man sich orientieren kann.
Negative Gottesaussagen sind nicht Aussagen über Gott,
sondern es geht um die Orientierung menschlichen Lebens
in Bezug auf Gott .
=►Differenz von Gott und Mensch als negative Theologie!
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4.4.2 Die analoge Rede von Gott
Die Analogie versucht:
a) diese Menschlichkeit der Gottesrede zu nutzen
b) die damit jedoch gegebenen negativen Konsequenzen
eines Anthropomorphismus zu kennzeichnen und auf diese
Weise
c) zu positiven Aussagegehalten zu gelangen.
→ Zulassung menschlicher Bilder und Vorstellungen, aber
als negativ qualifizierte!
Dreischritt scholastischer Theologie:
1. Schritt: via affirmationis: positive Aussage (Gott ist
gerecht).
2. Schritt: via negationis: verneinende Aussage (Gott
ist nicht gerecht, wenn man die
Fehlerhaftigkeit menschlicher Gerechtigkeit
bedenkt).
3. Schritt: via eminentiae: überbietende Aussage
(Gott ist in vollkommener, unausschöpflicher
Weise gerecht).
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Analoge Rede
Ana - logon (gr.), die Verhältnismäßigkeit,
die Ähnlichkeit, die Übereinstimmung.
Analogien = Entsprechungen.
Beachte:
Bei der theologischen Analogie ist die Unähnlichkeit
der analogen Rede immer größer als die
Ähnlichkeit!
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Die Übertragung von Aussageweisen auf Gott (Analogielehre) W. Breuning, Gotteslehre, in: W. Beinert, Glaubenszugänge I, 343
Aussageweise Bedeutung Beispiel Existenzaus-sagenüber Gott
Konsequenz
univok odereindeutig
Begriff und Wirklichkeittreffen sich
Mann Gott ist Hans ist
Pantheismus(Gottesverlust)
äquivok oder mehrdeutig
Der Begriffbezeichnetuntereinandervöllig ver-schiedeneWirklichkeiten
Bank-Sitzgele- genheit
-Geldinsti- tut)
Gott ist Hans istWeder natürlichenoch über-natürlicheGotteserkenntnisist möglich
analog oderteils ein-, teilsmehrdeutig
Der BegriffbezeichneteinanderähnlicheWirklich-keiten
gesund-Körper-Hautfarbe-Medizin
Gott ist
Hans ist
Natürliche undübernatürlicheGotteserkennt-nissind möglich
W. Breuning, Gotteslehre, in: Beinert, Glaubenszugänge I 257.
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