04.12.2015
IL GIARDINO ARMONICOGIOVANNI ANTONINI LEITUNGANNA PROHASKA SOPRAN
SAISON 2015/2016 ABONNEMENTKONZERT 3
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 2 11.11.15 13:43
02 | PROGRAMMABFOLGE
Freitag, 04. Dezember 2015 | 20 Uhr
Hamburg, Laeiszhalle, Großer Saal
IL GIARDINO ARMONICOGIOVANNI ANTONINI LEITUNG
ANNA PROHASKA SOPRAN
Ouvertüre zu „Dido and Aeneas“ (1689)
„Ah! Belinda, I am prest“ aus: „Dido and Aeneas“
„Holdestes Lispeln der spielenden Fluthen“
aus: „Dido, Königin von Karthago“ (1707)
„Non voglio amar“
aus: „Giulio Cesare in Egitto“ (1676)
„The Tempest“ (1667)
Suite für Streicher (Auszüge)
„A Dio regni, a Dio scettri“
aus: „La Cleopatra“ (1662)
„Quando voglio“ aus: „Giulio Cesare in Egitto“
„Dance for the chinese man and woman“
aus: „The Fairy Queen“ (1692)
„Der Himmel ist von Donner... Infi do Cupido“
„Agitato da tempeste“
aus: „Dido, Königin von Karthago“
DIDO & CLEOPATRA
HENRY PURCELL
(1659 – 1695)
CHRISTOPH GRAUPNER
(1683 – 1760)
ANTONIO SARTORIO
(1625 – 1680)
MATTHEW LOCKE
(1621 – 1677)
DANIELE DA CASTROVILLARI
(1613 – 1678)
ANTONIO SARTORIO
HENRY PURCELL
CHRISTOPH GRAUPNER
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 3 11.11.15 13:43
Pause
Concerto grosso c-Moll, op. 6 Nr. 8 HWV 326 (1736)
Allemande: Andante / Grave / Andante allegro / Adagio
Siciliana: Andante / Allegro
„Già si desta la tempesta“
aus: „Didone abbandonata“ (1742)
„Se pietà di me non senti“
aus: „Giulio Cesare in Egitto“ (1724)
Sonata decimasesta a quattro
aus: Sonate concertate, Libro II (1644)
„Re de’ Getuli altero“
aus: „La Didone“ (1641)
„Morte col fi ero aspetto“
aus: „Marc’ Antonio e Cleopatra“ (1725)
Passacaglia
„Oft she visits“
„Thy hand, Belinda … When I am laid“
aus: „Dido and Aeneas“
Das Konzert wird am Freitag, den 26. Februar 2016,
um 20.05 Uhr auf NDR Kultur gesendet.
PROGRAMMABFOLGE | 03
GEORG FRIEDRICH HÄNDEL
(1685 – 1759)
JOHANN ADOLF HASSE
(1699 – 1783)
GEORG FRIEDRICH HÄNDEL
DARIO CASTELLO
(1600 – 1658)
FRANCESCO CAVALLI
(1602 – 1676)
JOHANN ADOLF HASSE
LUIGI ROSSI
(1598 – 1653)
HENRY PURCELL
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 4 11.11.15 13:43
BESETZUNG
04 | BESETZUNG
IL GIARDINO ARMONICO
LEITUNG Giovanni Antonini
ERSTE VIOLINE Stefano Barneschi
Ayako Matsunaga
Liana Mosca
Fabio Ravasi
ZWEITE VIOLINE Marco Bianchi
Francesco Colletti
Carlo Lazzaroni
Maria Cristina Vasi
VIOLA Gianni De Rosa
Alice Bisanti
VIOLONCELLOPaolo Beschi
Elena Russo
KONTRABASSGiancarlo De Frenza
FAGOTTAlberto Guerra
THEORBEMichele Pasotti
CEMBALORiccardo Doni
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 5 11.11.15 13:43
IL GIARDINO ARMONICO | 05
BESETZUNG
Il Giardino Armonico wurde 1985 in Mailand
gegründet und vereint eine variable Anzahl von
Musikern, die sich auf das Spiel von Original-
instrumenten spezialisiert haben. Den Schwer-
punkt im Repertoire des Ensembles bildet
die Vokal- und Instrumentalmusik des 17. und
18. Jahrhunderts; je nach Anforderung des Pro-
gramms finden sich 3 bis 35 Musiker zusammen.
Auftritte bei internationalen Musikfestivals
sowie in den bedeutenden Konzertsälen Euro-
pas, Nord- und Südamerikas, Russlands und
Japans haben Il Giardino Armonico weltweit
bekannt gemacht. Dabei arbeitet die Formation
mit Gesangs- und Instrumentalsolisten wie
Cecilia Bartoli, Giuliano Carmignola, Christophe
Coin, Bernarda Fink, Katia und Marielle Labèque
und Viktoria Mullova zusammen. Die CD-Auf-
nahmen – beispielsweise mit Werken Antonio
Vivaldis und Johann Sebastian Bachs – wurden
mehrfach mit Preisen ausgezeichnet, nicht zu-
letzt die beiden mit Cecilia Bartoli entstandenen
Einspielungen „Vivaldi Album“ und „Sacrificium“
aus den Jahren 2000 bzw. 2009. Auch an
Opernproduktionen mit Werken von Monteverdi,
Pergolesi, Händel und anderen war das Ensem-
ble beteiligt. In Konzerten der Stiftung Berliner
Philharmoniker gastierte Il Giardino Armonico
unter der Leitung von Giovanni Antonini erstmals
im Februar 2008 – mit einem Programm unter
dem Motto „A Venezia“ – sowie zuletzt im Febru-
ar 2012 mit Werken von Georg Philipp Telemann
und Johann Sebastian Bach.
IL GIARDINO ARMONICO
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 6 11.11.15 13:43
06 | LEITUNG
Giovanni Antonini studierte an der Civica Scuola
di Musica in seiner Heimatstadt Mailand sowie
am Centre de Musique Ancienne in Genf. Er ist
Gründungsmitglied des Barockensembles Il Giar-
dino Armonico, das er seit 1989 leitet und mit
dem er als Dirigent und als Solist auf der Block-
und Traversflöte in ganz Europa, in den USA,
Kanada, Südamerika, Australien, Japan und
Malaysia aufgetreten ist. Er hat mit einer Vielzahl
angesehener Künstler zusammengearbeitet,
darunter Cecilia Bartoli, Isabelle Faust, Viktoria
Mullova, Giuliano Carmignola, Giovanni Sollima,
Sol Gabetta, Katia und Marielle Labèque, Sumi
Jo und Kristian Bezuidenhout. Antonini ist auch
als Gastdirigent bei vielen führenden Orchestern
gefragt und hat u.a. die Berliner Philharmoniker,
das Concertgebouw-Orchester, das Tonhalle-
Orchester Zürich, das Mozarteumorchester Salz-
burg, das Gewandhausorchester Leipzig und
das Orquesta Nacional de España dirigiert. Eine
enge Zusammenarbeit verbindet ihn mit dem
Kammerorchester Basel. Zu seinen Opernpro-
duktionen zählen „Le nozze di Figaro“ und
„Alcina“ an der Mailänder Scala und eine Neu-
produktion von „Alcina“ am Opernhaus Zürich.
Zu Pfingsten 2012 gab er mit „Giulio Cesare“
sein Debüt bei den Salzburger Festspielen,
wohin er 2013 für „Norma“ zurückkehrte.
Mit Il Giardino Armonico nahm Antonini zahlrei-
che CDs auf, darunter Instrumentalwerke von
Vivaldi (u. a. „Die vier Jahreszeiten“) und anderen
italienischen Komponisten des 17. und 18. Jahr-
hunderts, Bach (Brandenburgische Konzerte),
Biber, Locke und Händel (Concerti grossi op. 6)
sowie Vivaldis Oper „Ottone in villa“ und das
Album „Sacrificium“ mit Cecilia Bartoli. 2014 und
2015 erschienen die ersten beiden CDs eines
monumentalen Projekts, das sich in Zusammen-
arbeit mit Il Giardino Armonico und dem Kammer-
orchester Basel der Aufnahme und Aufführung
aller 107 Symphonien von Joseph Haydn widmet.
Mit dem Kammerorchester Basel spielt Antonini
auch sämtliche Beethoven-Symphonien ein, von
denen die ersten sechs bereits erschienen sind.
2013 nahm er „Norma“ mit dem Orchestra La
Scintilla und Cecilia Bartoli in der Titelrolle auf.
Seit September 2013 ist Antonini künstlerischer
Leiter des Festivals Wratislavia Cantans in Polen.
GIOVANNI ANTONINILEITUNG
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 7 11.11.15 13:43
SOLISTIN | 07
ANNA PROHASKASOPRAN
Anna Prohaska studierte an der Hochschule für
Musik Hanns Eisler in Berlin bei Norma Sharp,
Brenda Mitchell und Wolfram Rieger. Mit 17 Jah-
ren gab sie ihr Debüt an der Komischen Oper,
mit 23 Jahren war sie erstmalig an der Staats-
oper Unter den Linden zu hören, wo sie heute
festes Ensemblemitglied ist und mit Dirigenten
wie Daniel Barenboim, Simon Rattle, Philippe
Jordan, Ingo Metzmacher und René Jacobs zu-
sammenarbeitet.
Neben dem Standardrepertoire befasst Prohas-
ka sich mit zeitgenössischer Musik. So sang sie
an der Bayerischen Staatsoper Inanna in Jörg
Widmanns Auftragswerk „Babylon“; zudem wid-
mete Wolfgang Rihm ihr sein Werk „Mnemosyne“,
das mit dem Leipziger Gewandhausorchester
uraufgeführt wurde. Außerdem beherrscht sie
das Genre Alte Musik und steht regelmäßig mit
Nikolaus Harnoncourt, der Academy of Ancient
Music und der Akademie für Alte Musik Berlin
auf der Bühne. Im Konzertbereich war sie mit
den Wiener Philharmonikern (Boulez), den Berli-
ner Philharmonikern (Rattle, Abbado), dem
Symphonieorchester des Bayerischen Rund-
funks (Jansons, Harding, Labadie und Gilbert),
dem Lucerne Festival Orchestra und dem Simón
Bolívar Symphony Orchestra of Venezuela
(Abbado), Los Angeles Philharmonic (Dudamel)
und dem Boston Symphony (von Dohnányi) zu
hören. Liederabende führten sie in die großen
Musikzentren Europas, wo sie u. a. mit den
Pianisten Eric Schneider, Maurizio Pollini, András
Schiff und Daniel Barenboim auftrat. Bei den
Salzburger Festspielen, wo sie 2008 debütierte,
verkörperte Anna Prohaska u. a. Zerlina („Don
Giovanni“), eine Partie, die sie auch an der
Mailänder Scala und dem Bolschoi in Moskau
sang, und Despina („Così fan tutte“); ferner trat
sie gemeinsam mit dem Cleveland Orchestra
und den Wiener Philharmonikern auf.
Prohaskas Diskografie umfasst Pergolesis
Stabat Mater mit Bernarda Fink und zwei DVD-
Aufnahmen, darunter Bergs Lulu-Suite mit
dem Simón Bolívar Youth Orchestra of Venezuela
unter Claudio Abbado sowie Mozarts Requiem
mit dem Lucerne Festival Orchestra. 2011 er-
schien ihr erstes Studio-Album „Sirène“. Mit
ihrem zweiten Album „The Enchanted Forest“
war sie auf Tournee in London, Wien, Frankfurt,
Berlin, Essen und München. Anna Prohaska
wurde ausgezeichnet mit einen Echo Klassik,
dem Daphne-Preis und 2010 dem Schneider-
Schott-Musikpreis.
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 8 11.11.15 13:43
08 | PROGRAMM
Passives Erleiden war ihre Sache nicht: Die Köni-
ginnen der Antike, allen voran Dido, die mytholo-
gische Gründerin Karthagos, und die Pharaonin
Kleopatra, waren gewiefte Politikerinnen, die
sich mit Mut und Geschick für ihre Belange und
die ihrer Reiche einsetzten. Dass diese beiden
schillernden Gestalten darüber hinaus die Liebe
legendärer Helden und Herrscher auf sich
zogen, machte sie gerade in der Zeit des Barock
zu Vorzeige-Heroinen der Opernbühne.
DIDOS SCHICKSALEVon der phönizischen Prinzessin Dido ist über-
liefert, dass sie vor ihrem Bruder, der aus Gier
ihren Ehemann Sychaeus getötet hatte, an die
Küste des heutigen Tunesien flüchtete. Der dort
herrschende König Hiarbas versprach, ihr so
viel Land zu schenken wie sie mit einer Kuhhaut
umspannen könne. Bald sollte er sein voreiliges
Angebot allerdings bereuen, denn die kluge
Dido schnitt die Kuhhaut in dünne Streifen und
erwarb sich so ein beachtliches Stück Land,
auf dem sie die Festung Byrsa errichtete, Keim-
zelle der zukünftigen Handelsmacht Karthago.
Um Didos Tod ranken sich zwei unterschiedliche
Legenden: Die erste besagt, dass sie sich selbst
tötete, um sich dem drängenden Werben des
Hiarbas zu entziehen, der Karthago im Falle
ihrer Ablehnung mit Krieg bedrohte. Dido jedoch
hatte ihrem Ehemann ewige Treue gelobt: Sie
wählte den Tod, um ihr Gelübde zu wahren und
dennoch einen Krieg zu verhindern. Zum Lohn
wurde sie von den Göttern verklärt. Anders
die Geschichte, die der Dichter Vergil in seiner
„Aeneis“ berichtet: Hier verliebt Dido sich in
den trojanischen Prinzen Aeneas, der auf der
Flucht aus seiner Heimat in Karthago landet.
Aeneas hat jedoch den göttlichen Auftrag, nach
BAROCKE FRAUENPOWERDIE KÖNIGINNEN DIDO UND KLEOPATRA AUF DER OPERNBÜHNE
Dido und Aeneas, Gemälde von Nicolas Verkolye, ca. 1700
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 9 11.11.15 13:43
PROGRAMM | 09
Italien weiterzureisen und dort ein neues Welt-
reich zu gründen – Rom. Widerwillig macht er
sich auf den Weg und die verlassene Dido nimmt
sich das Leben.
Diese bewegte Biografie im Spannungsfeld
von Liebe, Schicksal und Politik faszinierte
Librettisten und Komponisten nicht erst seit
Henry Purcell und Nahum Tate, die der kartha-
gischen Königin im Jahr 1689 ein eindrucks-
volles musikalisches Denkmal setzten. In seiner
einzigen Oper „Dido and Aeneas“ legte der viel
gepriesene Orpheus britannicus Purcell den
Fokus ganz auf das Gefühlsleben Didos. Bereits
zu Beginn der Oper martern die Königin böse
Vorahnungen und ein schlechtes Gewissen
angesichts ihrer noch unausgesprochenen Liebe
zu Aeneas. Das unveränderlich sich wieder-
holende Bassmotiv, das ihre Arie „Ah! Belinda –
I am prest with torment“ untermalt, verdeutlicht
die tragische Unausweichlichkeit des Gesche-
hens: Der innere Konflikt Didos zwischen der
Liebe zu Aeneas und dem Wunsch, ihrem toten
Mann die Treue zu halten, wird sich letztlich
als unlösbar erweisen. Und so gibt sie sich nach
Aeneas’ Abreise ihrem Kummer hin, dem
berühmten Lamento „When I am laid in earth“,
das seit mehr als dreihundert Jahren das Pub-
likum in seinen Bann zieht und in seiner qual-
vollen Fatalität den aktiven Selbstmord der Dido
schier unnötig macht.
Im Gegensatz zu Henry Purcell mit seiner ganz
auf Dido und ihren inneren Konflikt konzen-
trierten Oper beeindruckte Johann Christoph
Graupner das Publikum in seiner 1707 in Ham-
burg uraufgeführten „Dido, Königin von Cartha-
go“ mit üppigem theatralem Aufwand. Gleich
zwei Nebenstränge der Handlung stellen zusätz-
liche Liebesverwirrungen vor; herabsteigende
Götter, Zeichen aus dem Jenseits und eine
Seeschlacht boten reichlich Anlass, das volle
Instrumentarium barocker Illusionskunst
zum Einsatz zu bringen. Dass in dieser Oper
deutsche und italienische Arien unbekümmert
koexistieren, entspricht den damaligen Ham-
burger Gepflogenheiten. Das tragische Ende
Didos wird bei Graupner eindeutig als Resultat
göttlicher Streitigkeiten dargestellt. Gleich zu
Beginn des Stücks steigt die zornschnaubende
Göttin Juno vom Himmel und rüttelt die nichts
ahnende Dido mit wüsten Unheilsprophezei-
ungen wach. Junos ebenso kurze wie schlag-
kräftige Eröffnungsarie und das ihr folgende
Rezi tativ lassen keinen Zweifel daran, dass die
Göttin, welche im trojanischen Krieg auf Seiten
der Griechen gestanden hatte, dem Trojaner
Aeneas keinen Frieden gönnen wird.
Wenig wundert es angesichts dieser Vorzeichen,
dass Graupners Dido ihrem Liebesglück kaum
mehr traut als die Purcells. Gleich zwei Arien
kleiden Didos begründete Zweifel beredt in
Töne: die stürmische Arie „Agitato da tempeste“
im ersten Akt mit dem typisch barocken Gleich-
nis des Menschen als von den Elementen
ge beuteltem Schiff auf hoher See und Didos
Klage „Infido Cupido“ im zweiten Akt, dessen
rezitativartig reduzierter Mittelteil die Betrübnis
der Königin deutlich hörbar macht. Anders als
bei Purcell wird in Graupners Oper das tragische
Ende jedoch ein Stück weit relativiert: Die ster-
bende Dido wird von der Götterbotin Iris in den
Himmel gehoben. Zudem finden sich mit Didos
Schwester Anna und dem Tyrerkönig Juba auf
der einen und Hiarbas und der Prinzessin Mena-
lippe auf der anderen Seite noch zwei glückliche
Paare. So erscheint spätestens mit Annas
Entschluss, Altäre zu Ehren ihrer Schwester zu
errichten und sie künftig als Schutzgöttin Kar-
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 10 11.11.15 13:43
10 | PROGRAMM
thagos zu ehren, die göttliche Ordnung der Welt
wiederhergestellt – der Tragödie zum Trotz.
Einen ganz unzweifelhaft positiven Schluss prä-
sentiert Francesco Cavallis 1641 uraufgeführte
Oper „La Didone“, in welcher die tragischen Ver-
strickungen der im ersten Akt vollständig erzähl-
ten Vorgeschichte des Aeneas weitgehend aufge-
hoben werden. Aktiver noch als bei Graupner
greifen in Cavallis Oper die Götter in die Hand-
lung ein, darunter die Liebesgöttin Venus, Mutter
des Aeneas. Um ihren Sohn vor Junos Zorn zu
schützen, bewirkt Venus, dass ein Pfeil Amors
Dido trifft. Diese verliebt sich prompt in Aeneas
und gewährt ihm Schutz. Eine prononçierte Rolle
spielt in der Oper auch der Numiderkönig Hiar-
bas, dem Dido gleich bei ihrem ersten Auftritt
eine geharnischte Abfuhr erteilt. In der Arie „Re
de’ Getuli altero“ mit ihrer schlichten dreistro-
phigen Struktur erklärt sie ihm würdevoll und
doch nicht frei von verbalen Spitzen, dass sie
kein Interesse an seiner Werbung habe – eine
Kränkung, welche den zartbesaiteten Hiarbas bei
Cavalli vorübergehend in den Wahnsinn treibt.
Doch auch hier intervenieren die Götter und
geben Hiarbas am Ende seinen Verstand wieder.
Die von Aeneas verlassene Dido, wieder befreit
von der Wirkung des manipulierten Amorpfeils,
willigt ein, Hiarbas’ Frau zu werden, und macht
so den Weg frei für ein echt barockes lieto fine,
ein happy end, wie es in den Opern rund um die
karthagische Königin sonst selten zu finden ist.
Selbst Pietro Metastasio, der unangefochtene
Meisterlibrettist der Opera seria, vermochte
dem Dido-Stoff – im Gegensatz zu seiner
üblichen Tendenz zu maßvoller Vernunft und
staatstragend glücklichem Ende – keine positive
Seite abzugewinnen. Im Gegenteil: An Düsternis,
Tragik und weltumfassend katastrophalem
Schluss sucht sein Librettoerstling „Didone
abbandonata“ seinesgleichen. Der Numider Hiar-
bas ist hier ein echter Finsterling, der vor keiner
Intrige zurückschreckt, um Dido zu einer Heirat
zu zwingen, und schließlich Karthago in Brand
steckt, als sie in ihrer Weigerung standhaft
bleibt. Bedrängt von den kaum verhohlenen Dro-
hungen des Hiarbas, ihren eigenen Gewissens-
bissen ihrem verstorbenen Gatten gegenüber
und dem Kummer über Aeneas’ Verrat sieht die
verzweifelte Dido am Ende keinen anderen
Ausweg als den Tod in den Flammen: Weder der
Trost eines sanften Entschlafens noch ein
Versprechen auf posthume Verklärung lenken
hier vom einsamen und verzweifelten Sterben
der stolzen Königin ab.
Bühnenbild zu „Dido and Aeneas“ von
Giuseppe Galli da Bibiena, 1712
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 11 11.11.15 13:43
PROGRAMM | 11
Dennoch erfreute sich kaum ein anderes Libret-
to Metastasios größerer Beliebtheit als „Didone
abbandonata“. Von den über 60 Vertonungen
des Librettos gehört die 1742 uraufgeführte des
Bergedorfer Meisters Johann Adolph Hasse
wohl zu den bekanntesten. Die Arie „Già si desta
la tempesta“ stammt aus dem dritten Akt der
Oper. Sie markiert den letzten Versuch von Aras-
pe – einem Vertrauten des Hiarbas, der ange-
sichts der Grausamkeit seines Herrn die Seiten
gewechselt hat –, Dido zur Flucht zu überreden.
Erregte Koloraturen und große Intervallsprünge
bezeugen Araspes Verzweiflung darüber, dass
die Königin sich allen Argumenten verschließt.
Mit vorwurfsvollen Worten gibt er sein Unterfan-
gen schließlich auf: „Aber wenn du endlich ein-
mal / Von der Wut des Schicksals überwunden
bist; / So beklage dich nicht über die Sterne, /
Beklage dich nicht über die Götter.“
KLEOPATRA: VERFÜHRERIN UND TRAGISCH LIEBENDEKaum weniger als die mythische Dido inspirierte
die – im Gegensatz zu ihrer phönizischen
Schwes ter historisch zweifelsfrei belegte –
Pharaonin Kleopatra die Librettisten des Barock
zu künstlerischen Höchstleistungen. Sowohl
ihre Liebesbeziehungen erst zu Julius Cäsar
und später zu seinem Nachfolger Marcus Antoni-
us als auch die Intrigen, Kriege und Komplotte,
in denen sie eine Rolle spielte, machen die
Geschichte ihres Lebens zu einem Fest für jeden
Librettisten.
Die heute wohl bekannteste Kleopatra-Oper
stammt aus der Feder von Georg Friedrich
Händel. Sein 1724 unter Begeisterungsstürmen
uraufgeführter „Giulio Cesare in Egitto“ erzählt
die Geschichte der ersten Begegnung Cäsars
und Kleopatras rund um den Machtkampf der
Pharaonin mit ihrem Bruder Ptolemäus. Unge-
wöhnlich und für den bis heute andauernden
Kleopatra zeigt Octavius die Büste des Caesar, Gemälde von Pompeo Batoni, ca. 1760
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 12 11.11.15 13:43
12 | PROGRAMM
Erfolg der Oper mit ausschlaggebend ist Händels
unerhört facettenreiche Darstellung der Kleo-
patra: Ihre insgesamt acht Arien zeigen sie von
verschiedensten Seiten – als selbstbewusste
junge Frau, als klug agierende Staatschefin, als
Liebende oder Zürnende. Dabei macht sie im
Verlauf der Oper eine gut motivierte Entwicklung
durch: Aus der raffinierten Politikerin, welche
den mächtigen Cäsar aus kühler Berechnung in
ihren Bann ziehen will, wird eine liebende Frau,
die aus tiefstem Herzen um Leben und Sicher-
heit des Geliebten fürchtet. Ausdruck dieser Angst
ist Kleopatras Arie „Se pietà di me non senti“
vom Ende des zweiten Aktes. Die spannungs-
vollen melodischen Bögen der Gesangsstimme
und die quälend kreisenden Sechzehntelbewe-
gungen des Orchesterritornells zeichnen
be stechend klar das Seelenporträt einer Frau,
die gewohnt ist, ihr Schicksal resolut selbst in
die Hände zu nehmen, und sich nun zu hilflosem
Warten verurteilt sieht.
Neben seinem musikalischen Genie war Händel
ein gewiefter Geschäftsmann, der es immer
wieder verstand, die Erfolge seiner Opern auch
in anderen Bereichen nutzbar zu machen. So
begann er in der Saison 1739/40, Aufführungen
seiner Oratorien und Oden durch Konzertsätze
zu ergänzen, die häufig Melodien seiner belieb-
testen Kompositionen aufgriffen. Zu einem
solchen Anlass entstand 1739 auch das sechs-
sätzige Concerto grosso op. 6 Nr. 8, welches
im vierten Satz auf die Musik des „Giulio Cesare“
anspielt: Das ausdrucksvolle Adagio zitiert das
Eröffnungsritornell aus Kleopatras Arie „Pian-
gerò la sorte mia“.
Auf dem gleichen Libretto wie Händels „Giulio
Cesare in Egitto“ basiert auch Antonio Sartorios
heute nur noch wenig bekannte Oper gleichen
Namens. Das Werk kam 1676 höchst erfolgreich
zur Uraufführung und wurde in den letzten Jah-
ren wiederentdeckt. Besonders die kokett-
tänzerische Arie „Quando voglio“, in der Kleopa-
tra selbstbewusst erklärt, das Herz eines jeden
Mannes erobern zu können, erfreut sich mit
ihrem leichtherzigen Charme höchster Beliebt-
heit. In der entschlossenen Arie „Non voglio
amar“ verkündet die Pharaonin mit drama-
tischem Flair die Unbedingtheit ihrer Liebe. Nur
ganz oder gar nicht wird sie ihr Herz verschen-
ken – und: „Wenn ich mich in Knechtschaft gebe,
kehre ich nicht in die Freiheit zurück.“
Die gleiche Entschlossenheit, die Kleopatra in
glücklichen Zeiten der Liebe zeigt, attestieren
ihr jene Opern, die ihre tragisch endende Lieb-
Der Tod der Kleopatra, Gemälde von
Antoine Rivalz, 1715
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 13 11.11.15 13:43
PROGRAMM | 13
schaft mit Marcus Antonius in den Mittelpunkt
stellen. Auch hier stellt sie sich würdevoll und
stolz den Konsequenzen ihrer Entscheidungen
und zieht den selbstbestimmten Tod der Demü-
tigung vor. Eindrucksvoll formuliert sie diesen
Entschluss in der Arie „Morte col fiero aspetto“
aus Johann Adolph Hasses Serenade „Marc’
Antonio e Cleopatra“. Das zweiteilige Werk zeigt
ein intimes Zwiegespräch zwischen den Lie-
benden, die angesichts ihrer aussichtslosen
Lage – eine verlorene Schlacht gegen den
zu künf tigen römischen Kaiser Augustus und
drohende Gefangennahme – den gemeinsamen
Tod beschließen. Das 1725 unter Mitwirkung
der Starsänger Vittoria Tesi und Farinelli
ur aufgeführte Werk verhalf dem damals noch
unbekannten Hasse zum Durchbruch.
Im Gegensatz zu Hasses intimem Kammerspiel
beeindruckt Daniele da Castrovillaris 1662 zum
venezianischen Karneval uraufgeführte Oper
„La Cleopatra“ mit barockem Gepränge. Das bis
vor kurzem beinahe vergessene Stück erzählt
die Geschichte von Antonius und Kleopatra als
Beziehungsdrama, in dem auch Antonius’ betro-
gene Ehefrau Octavia eine tragende Rolle spielt.
Mit dem Auftritt von Göttern und Allegorien im
Prolog sowie zahlreichen Protagonisten, Statis-
terie und Ballett bot die Oper ein dem Karneval
angemessenes Bühnenspektakel. Dass die
dramatischen Momente dennoch nicht zu kurz
kommen, beweist die erschütternde Arie „A Dio
regni“, in der Kleopatra ihren Tod beschließt.
Der ritornellartig wiederkehrende Gesang, mit
dem die Pharaonin von ihren weltlichen Gütern
ebenso Abschied nimmt wie von Antonius, ist
durchsetzt mit rezitativischen Passagen, in
denen sie ihr Leben reflektiert und sich auf das
Sterben vorbereitet.
So beleuchtet das Konzert facettenreich die
Faszination, welche die schillernden Königinnen
Dido und Kleopatra in über 100 Jahren Musik-
geschichte ausübten – eine Faszination, der man
sich noch heute gern und genussvoll hingibt.
Juliane Weigel-Krämer
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 14 11.11.15 13:43
14 | TEXTE
TEXTE
HENRY PURCELLDIDO AND AENEAS
Ah! Belinda, I am prest
Ah! Belinda I am prest,
With torment not to be confest.
Peace and I are strangers grown,
I languish till my grief is known,
Yet would not have it Guess’d.
(Arie der Dido, Akt I)
CHRISTOPH GRAUPNERDIDO, KÖNIGIN VON KARTHAGO
Holdestes Lispeln der spielenden Fluthen
Holdestes Lispeln der spielenden Fluthen,
Halte das zaubernde Rauschen zurück;
Weil ich mein Glück
Schneller als euch muss verändert vermuthen!
Halt dann das zaubernde Rauschen zurück,
Holdestes Lispeln der spielenden Fluthen.
(Arie der Menalippe, Akt I, 11)
ANTONIO SARTORIOGIULIO CESARE IN EGITTO
Non voglio amar
Non voglio amar, o voglio amar per sempre.
Se mi pongo in servitù,
più non torno in libertà.
E se giuro fedeltà,
questo cor non frange più
d’una chioma l’auree tempre.
Non voglio amar, o voglio amar per sempre.
DIDO UND AENEAS
Ach! Belinda, mich bedrückt
Ach! Belinda, mich bedrückt
Eine Qual, die ich nicht gestehen kann.
Frieden ist für mich ein Fremder geworden,
Ich leide, bis mein Schmerz bekannt ist,
Und doch möchte ich nicht, dass jemand ihn errät.
JULIUS CAESAR IN ÄGYPTEN
Ich will gar nicht lieben
Ich will gar nicht lieben oder für immer.
Wenn ich mich in Knechtschaft begebe,
kehre ich nicht in die Freiheit zurück.
Und wenn ich einmal die Treue schwöre,
wird mein Herz nie mehr auch nur
ein Haar an seiner goldenen Schläfe krümmen.
Ich will gar nicht lieben oder für immer.
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 15 11.11.15 13:43
TEXTE | 15
Se nel petto m’entra amor,
più non m’esce fuor dal sen.
E se volto sì seren
m’incatena questo cor,
mai più sciolgo l’auree tempre.
Non voglio amar, o voglio amar per sempre.
(Arie der Cleopatra, Akt I/21)
DANIELE DA CASTROVILLARILA CLEOPATRA
A Dio regni, a Dio scettri
A Dio regni,
a Dio scettri,
Antonio, Antonio,
a Dio, a Dio!
Ecco del viver mio
l’espero doloroso,
ecco dei fasti miei,
le pompe, è’l fi ne.
Su quest’ignudo petto
già si prepara
a festeggiar la morte,
già destina la sorte
che copran questi anelli
i folli miei rossori,
che chiuda questa serpe
con un morso letale
i miei dolori.
Morir, morir degg’io.
A Dio regni,
a Dio scettri,
Antonio, Antonio,
a Dio, a Dio!
Grandezze più non miro, non curo,
più diademi non prezzo,
goda Augusto, pur goda
di trionfar di misera Regina,
Wenn die Liebe in meine Brust einkehrt,
dann geht sie nie mehr fort.
Und wenn ein so heiteres Antlitz
Mein Herz in Ketten legt,
lasse ich die goldenen Schläfen nie mehr los.
Ich will gar nicht lieben oder für immer.
KLEOPATRA
Lebt wohl, meine Reiche
Lebt wohl, meine Reiche
Lebt wohl, meine Szepter,
Antonio, Antonio,
lebe wohl.
Dies ist der schmerzvolle Abend
meines Lebens,
dies ist das Ende allen Prunks,
allen Pomps.
Schon ist der Tod bereit,
auf dieser nackten Brust zu feiern,
schon hat das Schicksal beschlossen,
dass diese Windungen
meine Schamröte
bedecken sollen,
dass diese Schlange
mit tödlichem Biss
meine Schmerzen beendet.
Ich muss sterben, sterben.
Lebt wohl, meine Reiche
Lebt wohl, meine Szepter,
Antonio, Antonio,
lebe wohl.
Ich strebe nicht mehr nach Größe, achte sie nicht,
nichts mehr bedeutet mir die Krone.
Freue dich nur, Augustus, freue dich
an deinem Sieg über die unglückliche Königin.
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 16 11.11.15 13:43
16 | TEXTE
ch’a freggiar suoi trofei
Roma non mi vedrà
schiava né vinta,
sol ch’in ceneri accolta
e in polvere estinta.
Morir, morir degg’io.
A Dio regni,
a Dio scettri,
Antonio, Antonio,
a Dio, a Dio!
(Arie der Cleopatra, Akt III/17)
ANTONIO SARTORIOGIULIO CESARE IN EGITTO
Quando voglio
Quando voglio, con un vezzo
so piagar, chi mi rimira.
Ed al brio d’un mio disprezzo
ha un gran cor, chi non sospira.
Quando voglio, con un vezzo
so piagar, chi mi rimira.
Quando voglio, con un riso
saettar so, chi mi guarda.
Ed al moto del mio viso
non v’è seno, che non arda.
Quando voglio, con un riso
saettar so, chi mi guarda.
(Arie der Cleopatra, AktI/13)
Um sich seiner Trophäen zu rühmen,
wird Rom mich niemals
besiegt oder als Sklavin sehen,
nur in Staub
und Asche liegend.
Ich muss sterben, sterben.
Lebt wohl, meine Reiche
Lebt wohl, meine Szepter,
Antonio, Antonio,
lebe wohl.
JULIUS CAESAR IN ÄGYPTEN
Wenn ich will
Wenn ich will, kann ich mit einer Schmeichelei
den verwunden, der mich bewundert.
Und der, der bei meiner Missachtung nicht seufzt,
hat fürwahr ein tapferes Herz.
Wenn ich will, kann ich mit einer Schmeichelei
den umgarnen, der mich bewundert.
Wenn ich will, kann ich mit einem Lachen
den durchbohren, der mich anblickt.
Und es gibt keine Brust,
die angesichts meines Mienenspiels nicht
entbrennt.
Wenn ich will, kann ich mit einem Lächeln
den durchbohren, der mich anblickt
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 17 11.11.15 13:43
TEXTE | 17
CHRISTOPH GRAUPNERDIDO, KÖNIGIN VON KARTHAGO
Rezitativ
Der Himmel ist von Donner Keylen schwer;
Mein schütternd Auge sieht bereits die Lichten
Flammen,
Die über mich und Byrsa ziehn zusammen;
Doch bleibt mein Hertz von Kummer leer,
Dieweil Aeneas treu bleibt unversehret,
Und er mir heut sein Hertz und seine Hand
gewehret;
Ach! aber Ach! was ist da bedrängte Seele,
mir unbekandter Furcht? Was ist’s?
warum ich mich in sichrer Ruhe quäle
und mitten in dem Port ein grimmer Strudel
schreckt?
Es sind, Verdammter Amor, deine Tücke,
die mich Unruh quäln, mir wircken Todes Stricke.
Infi do Cupido
Infi do Cupido
La morte mi da.
Al fi ero severo
Tormento ch’io sento
D’amore il mio core
Dispera pietà.
(Rezitativ und Arie der Dido, Akt II/19)
Agitato da tempeste
Agitato del tempeste
Sono un pin ch’aspira al porto,
Ma con aure troppo infeste
Suoglie l’onde
Più profonde
Il destin, senza conforto.
(Arie der Dido, Akt I/13)
Der treulose Cupido
Der treulose Cupido
Gibt mir den Tod.
Für das schreckliche, grausame
Leiden, das ich fühle
Durch die Liebe
Gibt es keine Gnade.
Vom Sturm umhergetrieben
Vom Sturm umhergetrieben bin ich,
Verlange nach einem sicheren Hafen,
Doch das Schicksal lässt den Sturm anschwellen:
Er peitscht die Wellen
Immer höher,
Ohne dass ich auf Trost hoffen kann.
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 18 11.11.15 13:43
18 | TEXTE
DIE VERLASSENE DIDO
Das Ungewitter zeigt sich schon
Das Ungewitter zeigt sich schon.
Du hast die Winde und die Wellen zu Feinden.
Ich rufe dich an das Ufer,
Und du bleibst mitten im Meere.
Aber wenn du endlich einmal
Von der Wut des Schicksals überwunden bist;
So beklage dich nicht über die Sterne,
Beklage dich nicht über die Götter.
JULIUS CAESAR
Wenn du für mich kein Mitleid fühlst
Wenn du für mich kein Mitleid fühlst,
Gerechter Himmel, dann sterbe ich.
Beende meine Qualen
Oder diese Seele wird verlöschen.
DIDO
Stolzer König der Gaetuler
Rezitativ
Stolzer König der Gaetuler,
störe nicht meinen Seelenfrieden,
dämpfe das Feuer
deines dreisten und vergeblichen Begehrens,
deine Seufzer haben auf mich keine Wirkung.
JOHANN ADOLPH HASSEDIDONE ABBANDONATA
Già si desta la tempesta
Già si desta la tempesta
Hai nemici i venti, e l’onde,
Io ti chiamo su le sponde,
E tu resti in mezzo al mar.
Ma se vinta alfi n tu sei
Dal furor delle procelle,
Non lagnarti delle stelle,
Degli Dei non ti lagnar.
(Arie der Araspe, Akt III/16)
GEORG FRIEDRICH HÄNDELGIULIO CESARE IN EGITTO
Se pietà di me non senti
Se pietà di me non senti,
Giusto ciel, io morirò.
Tu dà pace a’ miei tormenti,
O quest’ alma spirerò.
(Arie der Cleopatra, Akt II/8)
FRANCESCO CAVALLILA DIDONE
Re de’ Getuli altero
Rezitativ
Re de’ Getuli altero
Non fastidir de’ miei pensier la pace,
ammorza la fornace
degl’ insolenti tuoi vani desiri,
son meco ineffi caci i tuoi sospiri.
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 19 11.11.15 13:43
TEXTE | 19
Arie
Mein schon begrabener
Ehemann
Hält meine Liebe bei sich im Grab,
Selbst wenn ich dich lieben wollte, ich könnte es
nicht.
Wenn deine Begierde
Nur hungert
Nach meiner Schönheit, aufdringlicher Iarbas,
Sei dir sicher, dass du nüchtern sterben wirst.
Geh, wenn du willst,
zurück in dein Reich
Und wenn dein Wünschen hartnäckig bleibt,
Werde ich im Traum, in der Phantasie deine Frau
sein.
MARCUS ANTONIUS UND KLEOPATRA
Der Tod mit seinem wilden Antlitz
Der Tod mit seinem wilden Antlitz
Macht mir keine Angst,
Wenn ich in Freiheit
Auf meinem Thron sterben kann,
Auf dem ich herrschte.
Die Seele hofft immer,
Frei aus der Brust zu weichen.
Schon seit Kindheitstagen
Trage ich in mir
Dieses edle Verlangen.
Arie
Il mio marito
Già seppelito
Seco in sepolcro tien gli affetti miei,
Se amarti anco volessi, io non potrei.
Se le tue brame
Han solo fame
Della bellezza mia, Iarba importuno,
Sia con tua pace, morirai digiuno.
Vanne se vuoi
A’ regni tuoi,
E se pur pertinaci avrai le voglie,
In sogno, in fantasia sarò tua moglie.
(Rezitativ und Arie der Dido Akt II/2)
JOHANN ADOLPH HASSEMARC’ ANTONIO E CLEOPATRA
Morte col fi ero aspetto
Morte col fi ero aspetto
Orror per me non ha
S’io posso in libertà
Morir sul trono mio
Dove regnai.
L’anima uscir dal petto
Libera spera ognor
Sin dalle fasce ancor
Si nobile desio
Meco portai.
(Arie der Cleopatra, Teil I)
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 20 11.11.15 13:43
20 | TEXTE
HENRY PURCELLDIDO AND AENEAS
Oft she visits
Oft she visits this lov’d mountain,
Oft she bathes her in this fountain;
Here Actaeon met his fate,
Pursued by his own hounds,
And after mortal wounds
Discover’d, discover’d too late.
(Arie der Second Woman, Akt II)
Thy hand, Belinda – When I am laid
Thy Hand, Belinda – darkness shades me,
On thy bosom let me rest,
More I would but death invades me.
Death is now a welcome guest.
When I am laid in Earth may my wrongs create
No trouble in thy breast,
Remember me, but ah! forget my fate.
(Rezitativ und Arie der Dido, Akt III)
DIDO UND AENEAS
Oft besucht sie
Oft besucht sie diesen teuren Berg,
Oft badet sie in dieser Quelle;
Hier fand Actaeon seinen Tod,
Verfolgt von seinen eignen Hunden,
Und tödlich verwundet,
ward er zu spät gefunden.
Deine Hand, Belinda – Wenn ich in der Erde liege
Deine Hand, Belinda – Dunkelheit umhüllt mich,
Lass mich an deinem Busen ausruhen,
Mehr wollt’ ich tun, doch der Tod erreicht mich.
Der Tod ist jetzt ein willkommener Gast.
Wenn ich in der Erde liege, mögen meine
Verfehlungen
Dir keinen Kummer bereiten.
Gedenke mein, doch ach! vergiss mein Schicksal.
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 21 11.11.15 13:43
VORSCHAU | 21
NDR DAS ALTE WERK
Abo-Konzert 4
Mittwoch, 20. Januar 2016 | 20 Uhr
Hamburg, Laeiszhalle, Großer Saal
Collegium 1704
Collegium Vocale 1704
Václav Luks Leitung
Céline Scheen Sopran
Ann Hallenberg Mezzosopran
Oscar Verhaar Alt
Kamila Mazalová Alt
Alessio Tosi Tenor
Václav Čížek Tenor
Lisandro Abadie Bass
Marián Krejčík Bass
GEORG FRIEDRICH HÄNDEL
„Donna, che in ciel di tanta luce splendi“
Kantate für Sopran, Chor und Orchester
HWV 233
„Utrechter Te Deum“
für Soli, Chor und Orchester HWV 278
GEORG PHILIPP TELEMANN
„Donner-Ode“
Oratorium für Soli, Chor und Orchester TWV 6:3
Einführungsveranstaltung um 19 Uhr im Kleinen Saal
NDR DAS ALTE WERK
Abo-Konzert 5
Dienstag, 16. Februar 2016 | 20 Uhr
Hamburg, Laeiszhalle, Großer Saal
Akademie für Alte Musik Berlin
Anna Prohaska Sopran und Rezitation
SHAKESPEARE & MUSIC
HENRY PURCELL
Fantazia upon one note
Sonate Nr. 6 C-Dur (Auszüge)
„She loves and she confesses too“
Suite aus „King Arthur“
„O let me weep“ (aus „The Fairy Queen“)
Suite aus „The Gordian Knot Untied“
„Since one poor view“
„Music for a while“ (aus „Oedipus“)
„Let each gallant heart“
„If music be the food of love“
MATTHEW LOCKE I THOMAS WELDON
Suite aus „The Tempest“
JOHN DOWLAND
„Come again sweet love“
JOHN BLOW
Suite aus „Venus and Adonis“
WILLIAM SHAKESPEARE
Rezitationen aus „Twelfth Night, or What You
Will“, „Romeo and Juliet“ und den Sonnets
Einführungsveranstaltung um 19 Uhr im Kleinen Saal
KONZERTVORSCHAU
Karten im NDR Ticketshop im Levantehaus, Tel. (040) 44 192 192, online unter ndrticketshop.de
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 22 11.11.15 13:43
IMPRESSUM
Herausgegeben vom
NORDDEUTSCHEN RUNDFUNKPROGRAMMDIREKTION HÖRFUNKBEREICH ORCHESTER, CHOR UND KONZERTERothenbaumchaussee 132 | 20149 Hamburg
NDR Das Alte Werk im Internet:
www.ndr.de/dasaltewerk
Leitung: Andrea Zietzschmann
Redaktion NDR Das Alte Werk: Angela Piront
Redaktionsassistenz: Janina Hannig,
Yaltah Worlitzsch
Redaktion des Programmheftes:
Dr. Ilja Stephan
Der Text von Dr. Juliane Weigel-Krämer
ist ein Originalbeitrag für den NDR.
Fotos: Harald Hoffmann | DG (Titel, S. 7);
Francesco Ferla (S. 5); Kemal Mehmet Girgin (S. 6);
akg-images / Quint & Lox (S. 8); akg-images /
De Agostini Picture Lib. (S. 10); akg-images /
De Agostini Picture Lib. / A. Dagli Orti (S. 11);
Bernard Bonnefon / akg-images (S. 12)
NDR | Markendesign
Gestaltung: Klasse 3b; Druck: Nehr & Co. GmbH
Litho: Otterbach Medien KG GmbH & Co.
Nachdruck, auch auszugsweise,
nur mit Genehmigung des NDR gestattet.
22 | IMPRESSUM
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 23 11.11.15 13:43
Die Konzerte der Reihe NDR Das Alte Werk hören Sie auf NDR Kultur
In Hamburg auf 99,2
Weitere Frequenzen unter
ndr.de/ndrkultur
Hören und genießen
Foto
: Nic
ola
j Lu
nd
| N
DR
14740_daw1516_Abo3_24s_PRO 24 11.11.15 13:43