1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 1
Inhalt der Vorlesung „Computational Chemistry“1 Molekulare Geometrie Intra-molekulare Kräfte
Energielandschaft eines Moleküls
Wie kann man diese berechnen? Quantenchemie vs. Kraftfeld
Konformationsraum Samplingmethoden
Moleküleigenschaften
2 Assoziation, Dissoziation Intermolekulare Kräfte
Nicht behandelt wird Docking:
siehe Bioinformatik II bzw. Spezialvorlesungen von A. Kämper „Computer-Aided
Drug Design“ und von A. Hildebrandt/D. Neumann „Docking“
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 2
Was ist Computational Chemistry?
Computational Chemistry ist ein Arbeitsgebiet an der Schnittstelle von
theoretischer Chemie, Molecular Modelling und Bioinformatik.
Der Schwerpunkt von Computational Chemistry ist nicht unbedingt,
neue Methoden der theoretischen Chemie zu entwickeln, sondern eher mittels
Rechnungen Antworten auf chemische Problem zu finden.
Die Geschichte von Computational Chemistry ist entweder recht lang (man kann
die Entwicklung der Quantenmechanik in den 1920er Jahren als Ursprung der
theoretischen Chemie ansehen) oder recht jung, da man erst durch die
Entwicklung moderner, leistungsstarker Computer in den 1980er Jahren genaue
Rechnungen an Molekülen mit vielen hundert Atomen durchführen kann.
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 3
Erhebung der Computational Chemistry in den Adelsstand
Der Ritterschlag der Computational Chemistry war gewissermaßen der
Nobelpreis für Chemie in 1998 an
- John Pople "for his development of
computational methods in quantum chemistry"
- Walther Kohn "for his development
of the density-functional theory"
Diese Preise wurden in der “community” mit ungeheurer Befriedigung
aufgenommen, nicht allein als Auszeichnung der beiden Forscher,
sondern als Auszeichnung des gesamten Gebiets.
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 4
Welche Methoden verwendet Computational Chemistry?
- Molekül-Mechanik (klassische Newton-Mechanik)
- Semi-empirische Molekül-Orbital-Theorie
- ab Initio Molekül-Orbital-Theorie
- Dichtefunktional-Theorie
- Moleküldynamik
- Quantitative Structure-Activity Relationships (QSAR)
- Graphische Darstellung von Strukturen und Eigenschaften
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 5
Wozu brauche ich Computational Chemistry?
Protein-Liganden Bindung
Protein-Protein Bindung
Entwicklung von Medikamenten ?
http://www.aventis.com/
http://www.dell.com Univ. Buffalo cluster
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Computational Chemistry 6
Überblick über den Inhalt der Vorlesung
Molekül-Mechanik (V. Helms)
1 Einleitung
2 Elektrostatik, hydrophober Effekt
3 Kraftfelder
4 Statistische Mechanik
5 Sampling des Konformationsraums
6 Moleküldynamik-Simulation
….
12 Intermolekulare Bindungen,
Berechnung von Bindungsenergien
13 Proteinfaltungssimulationen +
Zusammenfassung
Quantenchemie (M. Hutter)
7 Molekülorbital Theorie
8 Semi-empirische Molekül Orbital
Theorie
9 Solvatationsmodelle
10 Chemische Reaktionen
11 Berechnung von
Moleküleigenschaften
….
14 Klausur 13. Juli 2005
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 7
Schein
Es wird jede Woche in der Vorlesung 1 Übungsblatt ausgegeben, also insgesamt
etwa 10 – 12 Übungsblätter. Jeder aktive Teilnehmer der Vorlesung muss ein
eigenes Lösungsblatt abgeben.
An der Abschlussklausur kann teilnehmen, wer 50% der Punkte in den
Übungsblättern erreicht hat.
Einen Übungsschein über die erfolgreiche Teilnahme an der Vorlesung (6 LP)
gibt es bei erfolgreicher Teilnahme an der Abschlussklausur und/oder der
Nachklausur.
Die Note des Übungsscheins entspricht der besseren Note aus beiden Klausuren.
-Sprechstunde: nach Vereinbarung
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Computational Chemistry 8
Übungsgruppen - Termin
wann haben Sie Zeit?
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Computational Chemistry 9
Literatur - QuantenchemieKopien der Vorlesung kommen auf unsere Webseite
http://gepard.bioinformatik.uni-saarland.de
Introduction to Computational Chemistry
Frank Jensen, Wiley, €54 - 62
(2 Exemplare in Info-Bibliothek)
Essentials of Computational Chemistry
Christopher J. Cramer, Wiley, €129-154
“Klassiker” für Quantenchemie:
Quantum Chemistry
Ira Levine, Prentice Hall, €77
Modern Quantum Chemistry
A. Szabo & N. Ostlund, Dover, €15
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 10
Literatur – Molekülmechanik/Simulationen
Molecular Modeling and Simulation
Tamar Schlick, Springer, € 64 – 72
(2 Exemplare in Info-Bibliothek)
Molecular Modelling. Principles and Applications
2nd ed 2001, Andrew R. Leach,
Prentice Hall, €71 – 75
Computer Simulation of Liquids
M.P. Allen & D.J Tildesley, Oxford Science, €50 – 53
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 11
Aus physikalischer Chemie wird als bekannt vorausgesetzt:
o Thermodynamische Zustandsfunktionen (3.1)
o Erster Hauptsatz der Thermodynamik (2/3)
o Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik (6)
o innere Energie U, Entropie S, Enthalpie H,
freie Energie F, freie Enthalpie G
o Grundlagen der Quantentheorie (13/14)
o Schrödinger-Gleichung
o Aufbau der Atome (15)
o Aufbau der Moleküle – Arten von Bindungen (kovalent, ionisch, H-Bindung) (16)
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 12
Was kann man mit Computational Chemistry berechnen? exakte Berechnung von Energien für verschiedene Molekülkonformationen Konformationssampling des Moleküls
angeregte Zustände
Einfluß des Lösungsmittels
Was muß man dazu wissen:
- Was ist die energetisch beste Konformation des Moleküls?
- Was sind bei Raumtemperatur erreichbare andere Konformationen (Boltzmann)?
- Dynamik von Konformationsübergängen?
- Bewertung der Energie von Konformationen: in welchen Orbitalen des Moleküls
sind seine Elektronen verteilt (Molekülorbitaltheorie).
Für ein einzelnes Molekül bis 10 Atome im Vakuum sind obige Rechnungen mit
hoher Genauigkeit durchführbar, für große Moleküle (Proteine) jedoch sehr
problematisch. Man braucht vereinfachte Verfahren.
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 13
Appetizer: das grün fluoreszierende Protein
Die Alge Aequorea victoria enthält ein Protein, das
sogenannte grün fluoreszierende Protein, das für ihre
grüne Fluoreszenz verantwortlich ist.
Dieses Protein absorbiert das von einem anderen Protein,
XYZ emittierte blaue Licht, und emittiert grünes Licht.
Dreidimensionale Struktur von GFP.
Für die Fluoreszenz verantwortlich ist das kleine
aromatische Ringsystem in seiner Mitte.
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Computational Chemistry 14
Energielevels eines AtomsHöchstes unbesetztes Molekülorbital Niedrigstes unbesetztes Molekülorbital
Helms, Winstead, Langhoff, J. Mol. Struct. (THEOCHEM) 506, 179 (2000)
Bei Lichtanregung (Absorption eines Photons)
wird ein Elektron aus dem HOMO in das
LUMO angeregt (vereinfachte Darstellung,
HOMO LUMO Übergang macht 90% der
Anregung aus).
Später wird ein Photon emittiert. Seine
Wellenlänge (Energie) entspricht der Energie-
differenz von angeregtem Zustand und
Grundzustand.
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 15
taken from Brejc et al. PNAS 94, 2306 (1997)
GFP: Equilibrium A I B
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 16
11
3322
Simulation of proton shuttle in GFP
Simulation with
ARGOS + QHOP-
MD, AMBER95
force field.
GFP in small water
box (ca. 16.000
atoms) – equili-
brated coordinates
from Helms et al.
(1999).
Lill, Helms PNAS 99, 2778 (2002)
Time scale of forward proton shuttle A* I* ca. 10 ps (Chattoraj, Boxer 1996).
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 17
Transfer Statistics of Proton Shuttle in GFP I A
Run # (1) H2O Cro- (2) Ser-H OH - (3) Glu-COOH Ser-
t1 R(DA) E12 t2 R(DA) E12 t3 R(DA) E12
[ps] [Å] [kcal/mol] [fs] [Å] [kcal/mol] [ps] [Å] [kcal/mol]
1 3 in 3.77 2.54 -5.5 440 2.47 9.1 10 2.59 -10.1
2 6 in 46.54 2.51 0.7 10 2.59 0.3 10 2.62 -13.3
3 1 in 0.94 2.48 2.3 330 2.50 8.4 10 2.65 -12.6
4 1 in 2.07 2.52 3.5 530 2.41 6.8 20 2.60 -6.1
Lill, Helms PNAS 99, 2778 (2002)
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 18
Simulation of proton shuttle I A in GFP
Lill, Helms PNAS 99, 2778 (2002)
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 19
Was muß ich für solche Simulationen wissen?
(1) Wähle Startkonformation xi.
(2) Berechne Kräfte zwischen allen Atomen Fi.
(3) Verfolge Bewegung der Atome entlang von Kräften
(4) Gehe zurück zu (2)
Dies nennt man Moleküldynamiksimulation.
Man braucht ein molekulares Kraftfeld, mit dem
sich die Kräfte effizient berechnen lassen.
Zeitschritt 1-2 Femtosekunden!
106 – 109 Iterationen, dauern Tage bis Wochen.
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 20
Aus: Dickson et al. Nature 388, 355 (1997)
GFP: Blinking und SwitchingOben: Emissionsspektren einzelner
GFP-Moleküle, die in einer Polymermatrix
immobilisiert wurden und mit einem
Laser kontinuierlich angeregt werden.
Mit einem konfokalen Mikroskop wird ihre
Fluoreszenz beobachtet:
Sie „blinken“ auf einer Sekunden-Zeitskala!
Also: Aus – An – Aus – An.
Unten: provisorisches photophysikalisches
Modell der Experimentatoren.
Normalerweise Übergänge A A* nach
Photonenabsorption und Fluoreszenz.
Ab und zu Übergang nach I (dunkel).
Aus I kann GFP nach kurzer Zeit (Sekunden?)
Thermisch nach A rückkonvertieren.
Zeit (s) Zeit (s)
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 21
Weber, Helms et al. PNAS 96, 6177 (1999)
Semiempirische QM: Konische Durchschneidungen
Energie im elektronisch angeregten Zustand
Energie im elektronischenGrundzustand.
Konische Durchschneidung:In bestimmten Konformationenkönnen die Energien für zweielektronische Zustände gleich(bzw. fast gleich) seinDas Molekül kann ohneEnergieabgabe (Photon) direktin den anderen Energiezustandübergehen.
Hier: Für die rosa Konformationen sind die Energien des Grund-zustands und des angeregten S1-Zustands gleich Wenn diese Konformationenenergetisch zugänglich sind,erscheinen diese Zuständedunkel, fluoreszieren alsonicht.Frage: welche Punkte sind bei Raumtemperatur thermisch erreichbar?
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 22
Weber, Helms et al. PNAS 96, 6177 (1999)
GFP: Photophysikalisches Termschema
Neutrales Inter- Negatives ZwitterionischesChromophor mediat Chromophor Chromophor
(dunkel)
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 23
Was muß ich für solche Rechnungen wissen?
In welchen Molekülorbitalen sitzen die Elektronen?
Elektronenstrukturrechnungen
Bestimme Wellenfunktion der gesamten Elektronenverteilung.
Stelle Wellenfunktion als Linearkombination von Molekülorbitalen bzw.
Von Atomorbitalen dar.
Bestimme durch Optimierungsverfahren die Koeffizienten der Atomorbitale so,
daß die Gesamtenergie minimal wird.
Einzig benötigt: Kräfte zwischen Elektronen und zwischen Elektronen und
Atomkernen.
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 24
Quantentheorie auf einer Folie Wesentliche Elemente der Quantenmechanik sind:
Die Energie ist gequantelt (Photoeffekt). Plancksches Wirkungsquantum ħ.
Licht und Materie: Welle / Teilchendualismus (Versuch am Doppelspalt, E=mc2)
Unschärferelation:
Teilchen werden durch Wellenfunktionen beschrieben.
Tunneleffekt (Durchqueren einer Energiebarriere möglich, obwohl Energie
eigentlich nicht ausreicht).
2
2
tE
px
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 25
Review – Schrödinger-Gleichung
Die Elektronenverteilung eines Moleküls um dessen Atomkerne wird durch eine
Wellenfunktion beschrieben. Wenn man den Zustand eines quantenmechanischen
Systems zu dem gegenwärtigen Zeitpunkt kennt, gibt die zeitabhängige
Schrödinger-Gleichung dessen zukünftige Entwicklung an:
Dies ist die Form für ein Teilchen in einem 1-dimensionalen System.
2
,,,
2
,2
22
h
txtxVx
tx
mt
tx
i
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 26
Review – Schrödinger-Gleichung
Wir beschränken uns jetzt auf den Fall dass die potentielle Energie V nicht von der
Zeit, sondern nur vom Ort x abhängt (d.h. es wirken keine zeitabhängigen externen
Kräfte).
(1)
Setze an:
txtxVx
tx
mt
tx
i,,
,
2
,2
22
xtftx ,
2
2
2
2 ,,
,
dx
xdtf
x
txx
dt
tdf
t
tx
(2)
(2) in (1) eingetzt gibt:
xV
dx
xd
xmdt
tdf
tfi
fxtfxVdx
xdtf
mx
dt
tdf
i
2
22
2
22
1
2
1
2
by divide
Die rechte Seite hängt nicht von t ab die linke Seite muss unabhängig von t sein.
Die linke Seite hängt auch nicht von x ab. Daher muss f eine Konstante sein.
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 27
Review – Schrödinger-Gleichung
Wenn man die linke Seite gleich E setzt, erhält man:
iECeetf
CiE
tf
dtiE
tf
tdf
ln
t über integriere
Dies ist die zeitunabhängige Schrödingergleichung für die Bewegung eines Teilchens
der Masse m, das sich in einer Dimension bewegt.
Falls also die potentielle Energie nur von x abhängt, gibt es Wellenfunktion der Form:
die zu Zuständen konstanter Energie E gehören.
Wenn man die rechte Seite gleich E setzt, erhält man:
xExxVdx
xd
m
2
22
2
xetxiEt
,
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 28
Review – Schrödinger-Gleichung
Experimentell beobachtbar ist die Wahrscheinlichkeitsdichte | (x,t) |2 , das
Quadrat der Wellenfunktion.
Wellenfunktionen werden in der Quantenchemie üblicherweise durch
Linearkombinationen aus geeigneten atomare Basisfunktionen ( Atomorbitale)
dargestellt. Mehr dazu später.
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 29
Genauigkeit von quantenchemischen Rechnungen
Durch Verwendung hochexakter Theorien wie die coupled-cluster-Methode können
für kleine Moleküle Eigenschaften genauer als im Experiment berechnet werden!
Bei Unstimmigkeiten müssen mittlerweile oft die experimentellen Daten korrigiert
werden!
Anwendung z.B.: Berechnung von Reaktivitäten und Lösungseigenschaften von
Aktiniden mittels relativistischer Quantenchemie am Pacific Northwest National
Laboratory.
„There are 177 underground waste storage tanks at Hanford. The tanks contain
wastes collected over almost 50 years of plutonium production. The wastes include
radioactive isotopes, toxic chemicals, corrosive liquids, organic solvents, and other
dangerous and hazardous substances.“ http://www.pnl.gov/tws/
Problem hier: es fehlen experimentelle Daten,
beispielsweise für die Löslichkeiten von
Uran-Verbindungen wie UF6 Comp Chemistry!
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 30
Molekül-Mechanik ...• Basiert auf einfachen, empirisch abgeleiteten Beziehungen zwischen der
Energie und Bindungswinkeln, Diederwinkeln und Abständen.
• Ignoriert die Elektronen und den Effekt von -Systemem!
• Sehr einfach, Resultate sind jedoch okay im Rahmen der berechnenbaren
Grössen.
)(0)(
)()(
)(
2)(0
)()(
)(
2)(0
)(
)(
2)(0
)(
4
1
cos(12
22
ijpairs ij
ji
ijpairs ij
ij
ij
ij
ijkltorsions
ijklijklijkl
ijkangles
ijkij
ijk
ijbonds
ijij
ij
ESvdWtorsbendstretch
r
r
B
r
A
nk
krr
k
EEEEEE
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 31
Konformationsanalysemit Molekülmechanik:
Konformationsänderung von H4MPT beiBindung an HMD-Enzym
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 32
H4MPT – Verwandter von Folsäure
Bartoschek, Buurman, Thauer, Geierstanger, Weyrauch, Griesinger, Nilges, Hutter, Helms, ChemBioChem (2001)
H4MPT reagiert in Lösung an der
Hpro-S-Bindung, im Enzym HMD wird
aber das Hpro-R-Wasserstoffatom
abstrahiert.
NMR-Experimenten von Griesinger et al.
zeigten, dass H4MPT bei Bindung an das
Protein HMD eine
Konformationsänderung durchführt.
Welche?
Hat dies mechanistische Vorteile?
Untersuchung mit semiempirischer
AM1 Methode.
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 33
Alter Mechanismus
Vorschlag: Inversion der beiden
zwei Stickstoffatome N5 und N10.
Folge: die besetzten
Elektronenorbitale klappen um.
Bei senkrechter Stellung der
freien Elektronenpaare zu der
Hpro-R-Bindung konjugieren sie
mit dessen antibindender
*-Bindung. Dadurch wird diese
maximal geschwächt und
H-Abstraktion ermöglicht.
AM1-Rechnungen ergaben aber, dass
dieser Mechanismus eine Barriere von
über 200 kJ mol-1 besitzt. Das heisst, diese
Konformationsänderung ist praktisch
unmöglich.
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 34
NMR-Signale geben Information über Konformation
NOE-Signale geben Hinweise
auf Nachbarschaft zweier
Atomkerne mit Nettospin.
Doch anfängliche NMR-Daten
reichten nicht aus um die
Konformation zu bestimmen.
Bartoschek et al. ChemBioChem 2, 530 (2001)
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 35
Stereoselektive Dehydrogenierung von H4MPT
Oben: Konformation von H4MPT in Lösung.
Unten: Konformation von H4MPT an Protein
gebunden.
Unterschied: Inversion des Stickstoffatoms
Beide Konformationen wurden zunächst als
Energieminima in AM1-Rechnungen gefunden
und dann mit NMR bestätigt.
Bartoschek et al. ChemBioChem 2, 530 (2001)
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 36
Spezifische Aktivierung der Hpro-R- und Hpro-S-Bindungen
IIb und Ib sind wieder die beiden Minima.
Durch Verdrehung eines Torsionswinkel
nach III bzw.IV stellt sich jeweils das freie
Elektronenpaar senkrecht zu den beiden
C-H-Bindungen.
Diese Aktivierung in die hypothetischen
Übergangszustände ist im Experiment
nicht beobachtbar, sondern kann nur
berechnet werden.
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 37
Energieprofile für Aktivierung
Links: die Aktivierung des
gelösten H4MPT von Ib
nach IV erfordert 53 kJ mol-1.
Rechts: die Aktivierung der
enzymgebundenen Form
IIb nach III erfordert nur
29 kJ mol-1.
Beobachtung: alle bisher
bekannten Enzyme katalysieren
die Aktivierung des proR-H.
Dies ist vermutlich evolutionär
optimiert.
Bartoschek et al. ChemBioChem 2, 530 (2001)
1. Vorlesung SS 2005
Computational Chemistry 38
Zusammenfassung Computerchemie besitzt eine lange Geschichte.
Bedeutung der Computerchemie wuchs stets parallel zur Entwicklung der
Rechner.
Zwei wesentliche “Welten”: Quantenchemie Molekülmechanik
Quantenchemie für sehr kleine Moleküle ist heutzutage hoch exakt,
oft genauer als das Experiment
bei großen Systemen (z.B. Proteinen) müssen jedoch große Näherungen
gemacht werden
Das wesentliche Lernziel dieser Vorlesung ist zu verstehen, was die verschiedenen
Methode leisten können und wo die Probleme liegen.