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B A C H E L O R A R B E I T
Schallschutz im Hochbau Thema
- Anforderungen und Berechnungsverfahren
der DIN 4109:1989-11 und der DIN 4109:2016-07
sowie der DIN EN 12354 im Vergleich.
Messtechnische Überprüfung in der Praxis.
eingereicht von
Herrn Andreas Trümper
10283019 Matrikelnummer
BA / 2019 - 05 Registriernummer
14.01.2019 Ausgabe
11.03.2019 Abgabe
Herr Dipl.-Ing. Christian Stangenberger Erstprüfer
FR. Bauingenieurwesen
Herr Prof. Dr.- Ing. André Spindler Zweitprüfer
FR. Bauingenieurwesen
Herr Dipl.-Ing. Ronald Grüner Praxisbetreuer
Tragwerk - Ingenieure am Bau
Erstprüfer ………………………………
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Registriernummer: BA / 2019 - 05
Aufgabenstellung
Mit Neuausgabe der DIN 4109 im Jahr 2016 ändern sich sowohl Anforderungen als auch
Berechnungsverfahren bei der schallschutztechnischen Bewertung von Gebäuden.
Die Arbeit soll herausarbeiten, welche grundsätzlichen Unterschiede die im Titel genannten Normen in
Bezug auf die Bewertung von Luftschall und Trittschall aufweisen sowie ob und wie sich diese
Unterschiede im Nachweisverfahren bemerkbar machen. Der Schwerpunkt soll hierbei auf den
Geschossdecken liegen.
An ausgewählten Beispielen aus der Baupraxis sollen die Berechnungsergebnisse messtechnisch
untersetzt werden.
Die bei der Lösungsfindung eingesetzten Methoden sind zu reflektieren.
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Registriernummer: BA / 2019 - 05
Erklärung
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Bachelorarbeit selbständig und ausschließlich
unter Zuhilfenahme der im Literaturverzeichnis angegebenen Quellen und der darüber hinaus
genannten Hilfsmittel angefertigt habe.
, den
Unterschrift
11.03.2019Erfurt
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Inhaltsverzeichnis
I
INHALTSVERZEICHNIS
Inhaltsverzeichnis I
Vorwort IV
Abkürzungsverzeichnis V
Abbildungsverzeichnis V
Tabellenverzeichnis V
0 Einführung 1
0.1 Motivation 1 0.2 Zielsetzung 1 0.3 Aufbau der Arbeit 2
1 Akustische und bauphysikalische Grundlagen 3
1.1 Schallentstehung und Schallausbreitung 3 1.2 Schalldruck und Schalldruckpegel 3 1.3 Hörwahrnehmung des Menschen 4 1.4 Bauakustischer Frequenzbereich 6 1.5 Schalldämmung 7 1.6 Schallübertragungswege 8 1.7 Schallpegeldifferenz 9 1.8 Schalldämmmaß und bewertetes Bau-Schalldämmmaß 9 1.9 Norm-Trittschallpegel und bewerteter Norm-Trittschallpegel 11
2 Einflüsse auf die Schalldämmung 12
2.1 Schalltechnisches Verhalten einschaliger, massiver Bauteile 12 2.2 Schalltechnisches Verhalten mehrschaliger Bauteile 14 2.3 Schalltechnisches Verhalten einschaliger, leichter Bauteile 15 2.4 Schalltechnisches Verhalten von Trittschalldämmungen 17
3 Schallschutz im Hochbau 19
3.1 Intention und rechtliche Grundlagen 19 3.2 Normen und Regelwerke für den Schallschutz in Deutschland 20 3.2.1 Schallschutznorm DIN 4109:1989-11 20 3.2.2 Schallschutznorm DIN 4109:2016-07 und DIN 4109:2018-01 21 3.2.3 Schallschutznorm DIN EN ISO 12354 22
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Inhaltsverzeichnis
II
4 Anforderungen an den Luft- und Trittschallschutz in Gebäuden 23
4.1 Allgemeine Daten 23 4.2 Mindestschallschutz nach DIN 4109:1989-11 und DIN 4109-1:2018-01 im
Vergleich 24 4.2.1 Anforderungen an die Luft- und Trittschalldämmung in
Mehrfamilienhäusern, Bürogebäuden und in gemischt genutzten Gebäuden 24 4.2.2 Anforderungen an die Luft- und Trittschalldämmung zwischen Einfamilien-,
Reihenhäusern und zwischen Doppelhäusern 26 4.2.3 Anforderungen an die Luft- und Trittschalldämmung in Hotels und
Beherbergungsstätten 27 4.2.4 Anforderungen an die Luft- und Trittschalldämmung zwischen Räumen in
Krankenhäusern und Sanatorien 28 4.2.5 Anforderungen an die Luft- und Trittschalldämmung in Schulen und
vergleichbaren Einrichtungen 29 4.3 Erhöhter Schallschutz im Wohnungsbau 30
5 Berechnungsverfahren für den Luft- und Trittschallschutz in Gebäuden 31
5.1 Berechnungsverfahren nach DIN 4109:1989-11 Beiblatt 1 31 5.1.1 Luftschalldämmung 31 5.1.2 Trittschalldämmung 33 5.1.3 Schallschutznachweise 33 5.2 Berechnungsverfahren nach DIN 4109:2016-07 34 5.2.1 Luftschalldämmung 34 5.2.2 Trittschalldämmung 36 5.2.3 Schallschutznachweis 37 5.3 Vor- und Nachteile des neuen Berechnungsverfahren nach DIN 4109:2016-
07 38 5.4 Zukünftige Erweiterung des Berechnungsverfahrens am Beispiel
Massivholzbau 39
6 Anwendungsbeispiele für den Luft- und Trittschallschutz in Gebäuden 41
6.1 Allgemeine Erläuterungen 41 6.2 Anwendungsbeispiel 1 – Mehrfamilienhaus in Eisenach (Massivbau) 41 6.3 Anwendungsbeispiel 2 – Mehrfamilienhaus in Karlsfeld (Massivbau) 43 6.4 Anwendungsbeispiel 3 – Einfamilienhaus in Erfurt (Massivholzbau) 46
7 Bauakustische Messungen 50
7.1 Grundlagen 50 7.2 Messtechnik 51
-
III
7.3 Bauakustische Messung am Anwendungsbeispiel 3 53
8 Zusammenfassung der Ergebnisse 55
Formelverzeichnis 58
Literaturverzeichnis 59
Anhang zur Bachelorabeit 62
-
Vorwort
IV
VORWORT
Diese Bachelorarbeit entstand im Rahmen meines Studiums an der Fachhochschule Erfurt im
Studiengang Bauingenieurwesen im Zeitraum vom 14. Januar 2019 bis 11. März 2019.
Mit dem Thema „Schallschutz im Hochbau – Anforderungen und Berechnungsverfahren der
DIN 4109:1989-11 und der DIN 4109:2016-07 sowie der DIN EN 12354 im Vergleich“ erfolgte
eine sachliche Ausarbeitung, die auf eigenem Interesse basiert.
Ich bedanke mich bei Herrn Dipl.-Ing. Christian Stangenberger, der mich im Bereich der
Bauphysik fachlich unterstützt hat und mir für die bauakustische Messung die notwendige
Messtechnik zur Verfügung gestellt hat.
Ebenso gilt mein Dank Dipl.-Ing. Ronald Grüner, der mir für diese Arbeit bauorientierte
Anwendungsbeispiele im Bereich Massivbau bereitstellen konnte und mir hilfreiche Tipps und
Erfahrungen aus der Praxis vermittelte.
Ein großer Dank geht auch an Frau Dipl.-Ing. Tanja Ernst-Adams, die mir sämtliche Baupläne
ihres Massivholzhauses bereitstellte und mir ihr Eigenheim für eine akustische Baumessung
zur Verfügung stellen konnte.
Ich bedanke mich auch bei Frau Lena Tschiersch, Studentin an der Fachhochschule Erfurt,
die mich bei der bauakustischen Messung unterstütz hat und für Fragen rund um die
Messtechnik zur Verfügung stand.
Erfurt, März 2019 Andreas Trümper
-
Abkürzungsverzeichnis
V
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
a.a.R.d.T allgemein anerkannte Regel der Technik L’nw bewerteter Norm-Trittschallpegel m‘ flächenbezogene Masse OG Obergeschoss R’w bewertetes Bau-Schalldämmmaß
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Frequenzbewertungskurve 6
Abbildung 2: Frequenzbereiche für die Bau- und Raumakustik 6
Abbildung 3: Energieverhalten bei der Schallaussendung 7
Abbildung 4: Schallübertragungswege im Hochbau 8
Abbildung 5: Entwicklung der Mindestanforderung an den Schallschutz von
Wohnungstrennwänden 23
Abbildung 6: Flankenübertragungswege beim Trittschall von Holzbalkendecken 37
Abbildung 7: Bauteilaufbau der Geschossdecke im Anwendungsbeispiel 1 41
Abbildung 8: Bauteilaufbau der Geschossdecke im Anwendungsbeispiel 2 44
Abbildung 9: Bauteilaufbau der Geschossdecke im Anwendungsbeispiel 3 47
Abbildung 10: Messtechnik in der Bauakustik 52
Abbildung 11: Messergebnisse der bauakustischen Messungen am
Anwendungsbeispiel 3 54
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Schalldruckpegel diverser Schallquellen 4
Tabelle 2: Vergleich Prognose- und Labor-Schalldämmmaß einer Massivholzwand 17
Tabelle 3: Struktureller Aufbau der DIN 4109:2016-07 und DIN 4109:2018-01 21
Tabelle 4: Mindestanforderungen in Mehrfamilienhäusern, Bürogebäuden und
gemischt genutzten Gebäuden 25
Tabelle 5: Mindestanforderungen zwischen Einfamilien-, Reihenhäusern und
zwischen Doppelhäusern 26
Tabelle 6: Mindestanforderungen in Hotels und Beherbergungsstätten 27
-
Tabellenverzeichnis
VI
Tabelle 7: Mindestanforderung in Krankenhäusern und Sanatorien 28
Tabelle 8: Mindestanforderungen in Schulen und vergleichbaren Einrichtungen 29
Tabelle 9: Auswertung Luftschalldämmung Anwendungsbeispiel 1 42
Tabelle 10: Auswertung Trittschalldämmung Anwendungsbeispiel 1 43
Tabelle 11: Auswertung Luftschalldämmung Anwendungsbeispiel 2 45
Tabelle 12: Auswertung Trittschalldämmung Anwendungsbeispiel 2 46
Tabelle 13: Auswertung Luftschalldämmung Anwendungsbeispiel 3 48
Tabelle 14: Auswertung Trittschalldämmung Anwendungsbeispiel 3 49
-
Einführung
1
0 EINFÜHRUNG
0.1 Motivation
„Nichts an unserer Neuen Zeit scheint mir so neu zu sein wie der Lärm, den sie macht.“ Das
Zitat des österreichischen Dichters Karl Heinrich Waggerl ist bereits über 50 Jahre alt und
dennoch hat es an Bedeutung nicht verloren. Im Gegenteil, wir leben in einer Welt in der Flug-
und Verkehrslärm zur Normalität geworden sind. Auch in den eigenen vier Wänden erzeugt
unsere Gesellschaft immer mehr Lärm. Durch den Fortschritt der Technik und die steigende
Lebensqualität ist es möglich in der eigenen Wohnung die Filme und Serien mit Kino-Surround
Sound zu erleben oder mit einem Fahrrad-Rollentrainer die Tour de France nachzufahren.
Was für den einen erfreulich ist, kann für andere nur wenige Meter davon entfernt zur Qual
werden. Gemäß einer repräsentativen Umfrage des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2016,
fühlen sich circa 60 Prozent der Befragten durch den Lärm von Nachbarn belästigt. Dabei ist
bekannt, dass sich Lärm negativ auf die Kommunikation, die Erholung und Entspannung
auswirkt und somit das psychische Wohlbefinden jedes Einzelnen deutlich leidet.
Um Menschen in Wohnräumen, Schulen, Beherbergungsstätten und anderen Lokalitäten vor
Lärm zu schützen, führte man im Jahr 1944 erstmal die DIN 4109 ein. Diese Norm beinhaltet
den Schallschutz im Hochbau und sollte fortan für den Mindestschallschutz in Gebäuden
sorgen. Nach einer letzten großen Änderung im Jahr 1989, stellte dieses Regelwerk bis Juli
2016 die Grundlage für die Berechnungen und die Anforderungen an den Schallschutz bereit.
Nach vielen Streitigkeiten in der Normierung, bei denen der Inhalt dieses Regelwerkes stark
in Frage gestellt worden ist, führte man in Deutschland im Juli 2016 eine gänzlich überarbeitete
Fassung der DIN 4109 ein. Diese beinhaltet ein gründlich überarbeitetes
Berechnungsverfahren, welches in Zukunft dem steigenden Ruhebedürfnis der Menschen
gerecht werden soll. Damit in gut geplanten Gebäuden nicht nur die Wärmeverluste verringert
werden, an die regelmäßig steigende Anforderungen gestellt werden, muss die neue DIN 4109
in Zukunft die Grundlage für einen guten Schallschutz garantieren. Doch ist diese neue Norm
den Anforderungen unserer steigenden Schallemission auch gewachsen? Können die
Gebäude von Morgen die Lärmbelästigungen senken, um so wortwörtlich für Ruhe zu sorgen?
0.2 Zielsetzung
In dieser wissenschaftlichen Arbeit soll ein Vergleich zwischen der alten DIN 4109 aus dem
Jahr 1989 und der im Jahr 2016 eingeführten Neufassung erfolgen. Durch die Einführung
eines gänzlich neuen Berechnungsverfahren werden die Bemessungen für den Luft- und
-
Einführung
2
Trittschall der jeweiligen Normierung untersucht. Dabei wird auch Bezug auf die europäische
Norm DIN EN ISO 12354 genommen. Die Untersuchung soll zeigen, welche Unterschiede bei
der Ermittlung der Schalldämmung auftreten und welche Faktoren auf den Grad des
Schalldämmmaßes Einfluss nehmen. Des Weiteren soll dargestellt werden, inwiefern neue
Bauweisen, wie z.B. die Massivholzbauweise, mit den Berechnungsverfahren kompatibel sind.
Zur Unterstützung dienen dabei praxisorientierte Anwendungsbeispiele, bei denen die Luft-
und Trittschalldämmung von Geschossdecken ermittelt wird. Um die Anwendbarkeit der
Berechnungen im Massivholzbau zu überprüfen, wird zusätzlich eine bauakustische
Schallmessung durchgeführt.
Ein weiteres Ziel dieser Abschlussarbeit ist die Begutachtung und der Vergleich der
Mindestanforderungen an den Schallschutz im Hochbau, gemäß neuer und alter Normierung.
Dabei liegt der Fokus ausschließlich auf der Luft- und Trittschalldämmung in Gebäuden. Die
gewonnenen Erkenntnisse sollen bewerten, in welchem Maß die im Jahr 2016 geänderte
Schallschutznorm eine zukunftsorientierte Basis für den Schallschutz im Hochbau bietet.
0.3 Aufbau der Arbeit
Zum besseren Verständnis der in dieser Arbeit geschilderten Problematik, werden im ersten
Teil wichtige Grundlagen und Begriffe der Bauakustik sowie der Bauphysik beschrieben und
erläutert. Sie sollen helfen die in den Berechnungs- und Messverfahren ermittelten Werte
gerecht zu beurteilen und die in den Normen festgelegten Anforderungen an den Schallschutz
richtig zu deuten. Anschließend werden die Norm- und Regelwerke für den Schallschutz näher
betrachtet. Hier werden die Anforderungen an den Schallschutz verglichen und der
Grundinhalt der Berechnungsverfahren erläutert. Nebenbei wird auf das schalltechnische
Verhalten verschiedener Bauteile eingegangen, um die Wirkung der Schalldämmung besser
zu verstehen.
Nach Vermittlung der theoretischen Grundlagen werden die Berechnungsverfahren anhand
von Anwendungsbeispielen getestet. Die detaillierten Berechnungen mit allen Annahmen und
Erläuterungen befinden sich im Anhang dieser Arbeit. Eine Auswertung der Ergebnisse findet
in Kapitel 6 statt. Im letzten Abschnitt dieser wissenschaftlichen Ausarbeitung wird das
Elementarwissen über bauakustische Messungen vermittelt, sodass die Auswertung der
Messergebnisse nachvollziehbar ist. Das Messprotokoll mit allen wichtigen Angaben zur
Durchführung und Auswertung kann im Anhang eingesehen werden. Um einen fortlaufenden
Lesefluss zu gewährleisten, werden die Quellen aller verwendeten Formel und Gleichungen
in einem separaten Formelverzeichnis aufgelistet.
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Akustische und bauphysikalische Grundlagen
3
1 AKUSTISCHE UND BAUPHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN
1.1 Schallentstehung und Schallausbreitung
In der Physik werden Schallwellen als mechanische Schwingungen bezeichnet, die sich in
elastischen Stoffen ausbreiten. Diese Stoffe können fest, flüssig oder gasförmig sein. Je nach
Aggregatzustand der jeweiligen Materie, wird zwischen Luftschall, Körperschall und
Flüssigkeitsschall unterschieden. Im Bereich der Bauphysik ist die Schallausbreitung in der
Luft und in den Bauteilen von besonderer Bedeutung.1
Luftschall wird durch Druckschwingungen der Luft übertragen und entsteht beispielsweise
durch die Sprachkommunikation oder durch das Abspielen von Musik. Körperschall hingegen
breitet sich in den Bauteilen aus und wird als Luftschall abgestrahlt. Dies geschieht unter
anderem bei der Begehung einer Geschossdecke, wobei im darunter liegenden Raum
Trittgeräusche auftreten. Aus diesem Grund wird der Körperschall in der Bauakustik auch als
Trittschall bezeichnet.2
Durch eine von außen hervorgerufene Krafteinwirkung werden Teilchen in Bewegung gesetzt,
sodass sich Schallwellen ausbreiten können. Ausgehend von einem Anregungspunkt breiten
sich die Wellen kreisförmig aus. Ein anschauliches Beispiel dafür ist das Einwerfen eines
Steines in einen Teich. Je nach Materie treten Schallwellen in verschiedenen Formen auf. So
entstehen in der Luft ausschließlich Longitudinalwellen und in festen Stoffen darüber hinaus
Transversal-, Dehn- und Biegewellen. Zur physikalischen Beschreibung der Schallausbreitung
werden die Größen Druck, Energie und Leistung benötigt.3
1.2 Schalldruck und Schalldruckpegel
Der in der Luft vorherrschende Schalldruck p definiert sich als Überdruck zum vorhandenen
Atmosphärendruck. Dieser ist in der Regel um viele Größenordnungen kleiner als der
atmosphärische Luftdruck, welcher im Mittel mit 101325 Pa angesetzt wird.4 Bei einer
Druckdifferenz von etwa 20 Pa erreicht das menschliche Ohr die Schmerzgrenze. Die
Hörgrenze liegt dagegen bei nur 0,00002 Pa. Dazwischen befinden sich zahlreiche Werte für
den Schalldruck, welche keine anschaulichen Möglichkeiten bieten die Größe eines
Geräusches zu bewerten. Zur Beurteilung einer Lautstärke wurde aus diesem Grund der
1 Vgl. Dietze, Schallschutz in Gebäuden, 2009, S.11. 2 Vgl. Gigla, Schallschutz, 2018, S.13. 3 Vgl. Dietze, Schallschutz in Gebäuden, 2009, S.11 f. und Gigla, Schallschutz, 2018, S.13. 4 Vgl. Gigla, Schallschutz, 2018, S.14.
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Akustische und bauphysikalische Grundlagen
4
Schalldruckpegel Lp eingeführt, der in der Einheit Dezibel [dB] angegeben wird. Der
Schalldruckpegel ist in der Bauakustik die bedeutendste Größe und beschreibt die lokale
Wirkung eines sich ausbreitenden Luftschallfeldes.5 Die Ermittlung erfolgt aus dem jeweiligen
Schalldruck und kann über die Gleichung ( 1 ) berechnet werden.
𝐿 = 10 ∙ 𝑙𝑔 𝑝𝑝 [𝑑𝐵] ( 1 ) Lp Schalldruckpegel am Ort 0 [dB]
p momentaner (gemessener) Schalldruck am Ort x [Pa]
p0 Bezugsschalldruck (Schalldruck an der Hörgrenze) [Pa]
In der Realität ergeben sich anhand dieser Formel Schalldruckpegel zwischen 0 und 140 dB.
Jedoch können auch Schalldrücke unterhalb von 0 dB vorhanden sein, welche durch die
menschliche Hörschwelle nicht mehr wahrgenommen werden. Dabei gilt es zu beachten, dass
der Luftschall durch das menschliche Ohr wahrgenommen oder durch ein Mikrofon gemessen
wird. Somit ist der Schalldruckpegel immer eine entfernungsabhängige Größe.6 Tabelle 1 gibt
einen Überblick über verschiedene Schallquellen und deren zugehörigen Schalldruckpegel.
Schallquelle Entfernung von Schallquelle
Schalldruck p Unbewerteter Schalldruckpegel Lp
Düsenflugzeug 30 m 630 Pa 140-150 dB
Schmerzschwelle Ohr 100 Pa 134 dB
Gehörschäden bei kurzfristiger Einwirkung
Ohr ab 20 Pa 120 dB
Disco 1 m 2 Pa 100 dB
Hauptverkehrsstraße 10 m 200-630 mPa 85 dB
Fernseher (zimmerlaut) 1 m 20 mPa 60 dB
Unterhaltung 1 m 2-20 mPa 40-60 dB
ruhiges Atmen Ohr 63,2 µPa 10 dB
Hörschwelle bei 2 kHz Ohr 20 µPa 0 dB
Tabelle 1: Schalldruckpegel diverser Schallquellen7
1.3 Hörwahrnehmung des Menschen
Im Allgemeinen berücksichtigt der Schalldruckpegel nur die physikalische Größe des
Schalldrucks. Das menschliche Gehör reagiert allerdings nicht nur auf die Größe des
5 Vgl. Dietze, Schallschutz in Gebäuden, 2009, S.14. 6 Vgl. Gigla, Schallschutz, 2018, S.29. 7 Tabellenwerte entnommen aus: Cosmos indirekt, 26.02.2019.
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Akustische und bauphysikalische Grundlagen
5
Schalldruckpegels, sondern empfindet Töne unterschiedlicher Frequenzen bei identischem
Schalldruck auch als unterschiedlich laut. Diese individuelle Wahrnehmung lässt sich
physikalisch nicht messen und muss mit Hilfe von Hörversuchen an signifikanten
Probandengruppen ermittelt werden. Bei diesen Versuchen werden alle Alters- und
Berufsgruppen repräsentativ berücksichtigt, da das Hörvermögen generationsabhängig ist und
Änderungen unterliegt.8
Unter Beachtung der individuellen Lautstärkeempfindung wurde in der Akustik der
Lautstärkepegel mit der Einheit [phon] eingeführt. Dieser spiegelt die Auswertungen der
Hörversuche in Isophonen (Kurven gleichen Lautstärkepegels) im Frequenzbereich zwischen
20 und 12500 Hz wieder.9 Da diese Kurven in der Bauakustik nicht von Bedeutung sind,
werden sie in dieser Arbeit nicht näher betrachtet.
Die unterschiedliche Wahrnehmung von Lautstärke in Abhängigkeit der Frequenz ist dennoch
nicht unbedeutsam für die Bauphysik. Wenn das Gehör bei bestimmten Frequenzen weniger
lautstärkeempfindlich ist, können in diesem Bereich auch höhere Pegel toleriert werden. Aus
diesem Grund wurden in der Bauakustik die sogenannten A-Bewertungskurven eingeführt.
Diese haben vor allem im technischen Schallschutz eine hohe Bedeutung. Die A-Bewertung
ist in DIN EN 61672-1 definiert und stellt eine Abstraktion der Isophonen für einen erweiterten
Frequenzbereich von 10 bis 20.000 Hz dar. Dabei erfolgt die Bewertung durch einen
frequenzbezogenen Abschlag bzw. Zuschlag zu dem gemessenen Schalldruckpegel. Diese
Werte werden wiederum in dB angeben und zusätzlich mit einem [A] gekennzeichnet.10
Abbildung 1 zeigt ein Diagramm welches eine A-Bewertungskurve enthält. Mit Hilfe eines
Frequenzeingangswerts auf der X-Achse des Diagrammes, kann auf der Y-Achse der jeweilige
Abschlags- oder Zuschlagswert abgelesen werden.
8 Vgl. Gigla, Schallschutz, 2018, S.41. 9 Vgl. Dietze, Schallschutz in Gebäuden, 2009, S.15. 10 Vgl. Gigla, Schallschutz, 2018, S.41 f.
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Akustische und bauphysikalische Grundlagen
6
Abbildung 1: Frequenzbewertungskurve11
1.4 Bauakustischer Frequenzbereich
Bevor ein tiefgreifender Einblick in den Schallschutz und in die Schalldämmung erfolgt, muss
der bauakustische Frequenzbereich definiert sein. Das menschliche Gehör ist in der Lage
Töne und Geräusche in einem Frequenzbereich von etwa 16 bis 20.000 Hz wahrzunehmen.
Wie im vorhergehenden Punkt erwähnt, können diese Werte je nach Alter schwanken. Unsere
Sprache umfasst einen Bereich von etwa 100 bis 8.000 Hz. Für die Bauakustik und damit
verbundene Beurteilung von Schalldämmungen und Schalldruckpegeln ist ein
Frequenzbereich von 100 bis 3150 Hz ausreichend. Dieser Bereich wird als bauakustischer
Frequenzbereich bezeichnet.12 Die für die Bau- und Raumakustik relevanten
Frequenzbereiche werden in Abbildung 2 dargestellt.
Abbildung 2: Frequenzbereiche für die Bau- und Raumakustik13
Unterhalb von 100 Hz beginnt der Bereich der tiefen Frequenzen. Da hier sehr große
Wellenlängen zum Tragen kommen, ist die Belästigungswirkung und die verbundene
11 Abb. entnommen aus: Gigla, Schallschutz, 2018, S.41. 12 Vgl. Dietze, Schallschutz in Gebäuden, 2009, S.19. 13 Abb. entnommen aus: Dietze, Schallschutz in Gebäuden, 2009, S.19.
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Akustische und bauphysikalische Grundlagen
7
Resonanz besonders groß. Hierfür gibt es ein eigenes Fachgebiet in der Akustik, welches in
dieser Arbeit nicht näher untersucht wird. Dazu zählen auch Frequenzen unterhalb der
Hörschwelle, die zu schweren Erschütterungen und Schwingungen in den jeweiligen Bauteilen
führen.14
1.5 Schalldämmung
Wie in der Schallentstehung beschrieben, benötigt eine Schallwelle die Größen Druck, Energie
und Leistung. Ausgehend von einer Schallquelle in einem Senderaum, trifft eine Schallwelle
mit der Schallenergie Ws auf ein trennendes Bauteil. Dieses kann beispielsweise eine
Trennwand oder eine Geschossdecke sein. Die Schallenergie wird zu einem Teil von dem
Trennbauteil absorbiert. Ein anderer Teil wird in den Raum zurückreflektiert. Der restliche
Energieanteil dringt in das Bauteil ein, wird von dort als Körperschall weitergeleitet und
anschließend im Empfangsraum als Luftschall wieder abgestrahlt. Die Definition der
Schalldämmung eines Bauteils ist dabei die Differenz der Schallenergien zwischen dem
Sende- und Empfangsraum. Veranschaulicht wird dieses Energieverhalten durch Abbildung
3. Dabei beschreibt Wab die Absorption, WR die Reflektion und WE die Weiterleitung. Je nach
Anregungsart wird die Schalldämmung in Luftschall- und Trittschalldämmung unterschieden.
Diese Unterscheidung nimmt besonders im schallschutztechnischen Nachweis eine
besondere Rolle ein.15
Abbildung 3: Energieverhalten bei der Schallaussendung16
14 Vgl. Gigla, Schallschutz, 2018, S.24. 15 Vgl. Dietze, Schallschutz in Gebäuden, 2009, S.17 f. 16 Abb. entnommen aus: Dietze, Schallschutz in Gebäuden, 2009, S.18.
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Akustische und bauphysikalische Grundlagen
8
1.6 Schallübertragungswege
Der Luftschall wird nicht nur durch das trennende Bauteil übertragen, sondern auch durch die
flankierenden Bauteile. Dies sind Bauteile, die mit dem trennenden Bauteil unmittelbar
verbunden sind. Vor allem im Massivbau kommt es zwischen diesen beiden Komponenten zu
Wechselwirkungen, da das Trennbauteil und die angeschlossenen Flanken biegesteif
miteinander verbunden sind. Dadurch kann eine Schwingung in ein Flankenbauteil
übertragen, weitergeleitet und im Empfangsraum abgestrahlt werden. Je flankierendem
Bauteil existieren drei Schallübertragungsmöglichkeiten. Wird von vier flankierenden Bauteilen
eines Trennbauteils ausgegangen, ergeben sich für die Flanken insgesamt zwölf
Möglichkeiten der Schallübertragung, zuzüglich einer für das Trennbauteil. Im Massivbau
existieren somit 13 Schallübertragungswege, welche bei der Luftschalldämmung beachtet
werden müssen.17
Abbildung 4: Schallübertragungswege im Hochbau18
Abbildung 4 zeigt die vorhandenen Schallübertragungswege im Massivbau, die durch die
Buchstabenkombinationen sehr gut nachvollziehbar sind. Der Großbuchstabe bezeichnet das
vom Schall angeregte Bauteil im Senderaum. Der darauffolgende Kleinbuchstabe das im
Empfangsraum abstrahlende Bauteil. Der Buchstabe D steht hier für das trennende Bauteil
und F für ein flankierendes Bauteil.
Im Holz- und Skelettbau sind die flankierenden Bauteile in der Regel nicht biegesteif
miteinander verbunden. Dabei ist anzunehmen, dass die Anschlüsse so biegeweich sind, dass
nur ein vernachlässigbar kleiner Schallanteil übertragen werden kann. Nach Abbildung 4
17 Vgl. Dietze, Schallschutz in Gebäuden, 2009, S.21. 18 Abb. entnommen aus: DIN 4109-2:2018-01, Kapitel 4.2.1.1, Bild 1.
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Akustische und bauphysikalische Grundlagen
9
werden lediglich die Schallübertragungswege Dd und Ff als relevant angesehen. Somit
reduziert sich die Anzahl der Schallübertragungswege auf insgesamt fünf.19
In abgewandelter Form gelten diese Übertragungswege auch für den Körperschall. Da die
Schallanregung jedoch erst im trennenden Bauteil beginnt, kann die Flankenübertragung über
den Weg Ff und Fd vernachlässigt werden. Somit ergeben sich wiederum insgesamt fünf
Übertragungswege.
1.7 Schallpegeldifferenz
Die Schallpegeldifferenz ist die Differenz des mittleren Schalldruckpegels im Senderaum und
dem gleichermaßen gemittelten Schalldruckpegel im Empfangsraum. Diese Größe nimmt bei
bauakustischen Messungen einen großen Stellenwert ein. Im Allgemeinen gilt: 𝐷 = 𝐿 − 𝐿 [𝑑𝐵] ( 2 ) D Schallpegeldifferenz [dB]
L1 mittlerer Schalldruckpegel im Senderaum [dB]
L2 mittlerer Schalldruckpegel im Empfangsraum [dB]
Aufgrund der Nachhallzeit, die im Sende- und Empfangsraum unterschiedlich groß sein kann,
ergeben sich bei gleichgroßen Räumen unterschiedliche Schallpegeldifferenzen. Durch die
Einführung der Norm-Schallpegeldifferenz wurde dieses Problem gelöst. Hierbei wird die
Nachhallzeit durch Beachtung der Absorptionsfläche korrigiert. Für die Berechnung wird
Gleichung ( 3 ) herangezogen.20
𝐷 = 𝐷 + 10 ∙ 𝑙𝑔 𝐴𝐴 [𝑑𝐵] ( 3 ) Dn Norm-Schallpegeldifferenz [dB]
D Schallpegeldifferenz [dB]
A0 Bezugsabsorptionsfläche 10m²
A gemessene äquivalente Absorptionsfläche des Empfangsraums [m²]
1.8 Schalldämmmaß und bewertetes Bau-Schalldämmmaß
Das Schalldämmmaß ergibt sich aus der unter Abschnitt 1.1 beschriebenen Theorie der
Schallübertragung und zeigt die Differenz der Schallenergien zwischen dem Sende- und
19 Vgl. Dietze, Schallschutz in Gebäuden, 2009, S.22. 20 Vgl. Sälzer et. al., Schallschutz im Hochbau, 2015, S.37.
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Akustische und bauphysikalische Grundlagen
10
Empfangsraum. Somit bezeichnet das Schalldämmmaß die Luftschalldämmung eines Bauteils
und kann durch Gleichung ( 4 ) beschrieben werden.21
𝑅 = 10 ∙ 𝑙𝑔 𝑊𝑊 [𝑑𝐵] ( 4 ) R Schalldämmmaß [dB]
WS auftreffende Schallenergie im Senderaum [J]
WE abgestrahlte Schallenergie im Empfangsraum [J]
Da sich in der Praxis die auftreffende- sowie abstrahlende Schallenergie nur schwer messen
lässt, ist die messtechnische Ermittlung des Schalldämmmaßes auch über die
Schallpegeldifferenz möglich. Hierfür ist Gleichung ( 5 ) anzuwenden.
𝑅 = 𝐷 + 10 ∙ 𝑙𝑔 𝑆𝐴 [𝑑𝐵] ( 5 ) R Schalldämmmaß [dB]
D Schallpegeldifferenz [dB]
S Prüffläche des Bauteils [m²]
A äquivalente Schallabsorptionsfläche im Empfangsraum [dB]
Zur richtigen Beurteilung der Schalldämmung eines Bauteils ist die Unterscheidung zwischen
Schalldämmmaß R, bewertetes Schalldämmmaß Rw und dem bewerteten Bau-
Schalldämmmaß R’w von großer Bedeutung. Das bewertete Schalldämmmaß resultiert aus
den Messwerten des Schalldämmmaßes unter Einbeziehung einer Normkurve nach DIN EN
ISO 717-1. Hierbei wird das menschliche Hörvermögen berücksichtigt. Bei diesem Wert findet
die Schallübertragung ausschließlich über das Bauteil selbst statt. Die Übertragung über
flankierende Bauteile und Schallnebenwege ist ausgeschlossen. Aus diesem Grund eignet
sich das Maß vor allem für die Beurteilung der Schalldämmung von Fenster- und
Türenelementen. Für den Schallschutz in Gebäuden ist das bewertete Bau-Schalldämmmaß
die bedeutendste Größe. In diesem Fall wird das bewertete Schalldämmmaß durch ein
Apostroph gekennzeichnet welches symbolisiert, dass sich das Bauteil in einem eingebauten
Zustand befindet und flankierende Bauteile an der Schallübertragung beteiligt sind.22
21 Vgl. Dietze, Schallschutz in Gebäuden, 2009, S.18. 22 Vgl. Sälzer et. al., Schallschutz im Hochbau, 2015, S.38.
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Akustische und bauphysikalische Grundlagen
11
Im Allgemeinen handelte es sich bei dem Schalldämmmaß um eine bauteilbezogene
Kenngröße, da es Bezug auf die Trennfläche des Bauteils nimmt. Je höher die Werte für R,
Rw oder R’w sind, desto besser ist die Luftschalldämmung der untersuchten Konstruktion.23
1.9 Norm-Trittschallpegel und bewerteter Norm-Trittschallpegel
Wie unter Kapitel 1.1 beschrieben, wird der Trittschall durch einen mechanischen Anstoß
angeregt. Da so im Senderaum kein Schalldruckpegel gemessen werden kann, ist die
Bewertung der Trittschalldämmung nicht über die Schallpegeldifferenz möglich. Der Norm-
Trittschallpegel stellt im Allgemeinen das Maß für ein erwartendes Störgeräusch dar. Je höher
dieses Geräusch im Empfangsraum ist, desto schlechte ist der Trittschallschutz. Um dieses
Störgeräusch einheitlich und genormt zu erfassen, wird als Anregungsgerät ein speziell
entwickeltes Normhammerwerk verwendet. Der im Empfangsraum entstehende Luftschall
wird durch ein Mikrofon gemessen. Der Norm-Trittschallpegel bezeichnet somit die
Trittschalldämmung des Bauteils und kann nach Gleichung ( 6 ) bestimmt werden.24
𝐿 = 𝐿 + 10 ∙ 𝑙𝑔 𝐴𝐴 [𝑑𝐵] ( 6 ) Ln Norm-Trittschallpegel [dB]
L gemessener Schallpegel [dB]
A0 Bezugs-Absorptionsfläche 10m²
A äquivalente Schallabsorptionsfläche im Empfangsraum [dB]
Für die Bewertung dieses Norm-Trittschallpegels gelten die gleichen Voraussetzungen wie für
das bewertete Bau-Schalldämmmaß aus Kapitel 1.8. Der bewertete Norm-Trittschallpegel, der
unter Berücksichtigung der Flankenübertragung ermittelt wurde, wird mit L’nw bezeichnet.
23 Vgl. Sälzer et. al., Schallschutz im Hochbau, 2015, S.38. 24 Vgl. Sälzer et. al., Schallschutz im Hochbau, 2015, S.58.
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Einflüsse auf die Schalldämmung
12
2 EINFLÜSSE AUF DIE SCHALLDÄMMUNG
2.1 Schalltechnisches Verhalten einschaliger, massiver Bauteile
Die Schalldämmung einschaliger, massiver Bauteile ist grundsätzlich abhängig von der Masse
und der vorhandenen Undichtigkeit. Für das schalltechnische Verhalten einschaliger Bauteile
kann somit das Bergersche Massegesetz angewendet werden. Dieses besagt, dass mit
steigender flächenbezogener Masse m‘ [kg/m²], die Schalldämmung eines Bauteils zunimmt.
Des Weiteren beinhaltet das Massegesetz, dass die Schalldämmung mit zunehmender
Frequenz steigt.25
Weiterhin spielt der Faktor der Biegesteifigkeit eines Bauteils eine große Rolle. Diese ist
Abhängig vom E-Modul, von der Bauteilstärke, den Plattenabmessungen sowie von den
Randanschlüssen des Bauteils. In Verbindung mit der Rohdichte lässt sich aus diesen Werten
eine Grenzfrequenz fg ermitteln, die in der Bauakustik auch unter dem Namen
Koinzidenzgrenzfrequenz bekannt ist.26
Gleichung ( 7 ) zeigt, dass die Grenzfrequenz mit steigendem E-Modul bzw. ansteigender
Dicke abnimmt, hingegen mit steigender Rohdichte zunimmt. Im Bereich dieser Frequenz stellt
sich das jeweilige Dämmungsminimum und somit eine sehr schlechte Luftschalldämmung ein.
Die Koinzidenzgrenzfrequenz sollte bei massiven Bauteilen möglichst niedrig sein.27
𝑓 = 6,4 ∙ 10 ∙ 1ℎ ∙ 𝜌𝐸 [𝐻𝑧] ( 7 ) fg Grenzfrequenz bei homogenen Platten [Hz]
h Dicke der Platte [mm]
ρ Dichte des Plattenmaterials [kg/m³]
E: Elastizitätsmodul [N/m²]
Eine 17,5 cm dicke Stahlbetonplatte erreicht beispielsweise eine Grenzfrequenz von etwa 95
Hz, wohingegen eine 11,5 cm dicke Kalksandstein-Wand eine Frequenz von 200 Hz erreicht.
Liegt die Grenzfrequenz von Bauteilen unterhalb von 200 Hz können diese in der Bauakustik
als biegesteif angesehen werden. Von biegeweichen Bauteilen spricht man ab Frequenzen
25 Vgl. Gigla, Schallschutz, 2018, S.141 und Fischer, KS-Handbuch, 2018, S.347. 26 Vgl. Gigla, Schallschutz, 2018, S.142. 27 Vgl. Gigla, Schallschutz, 2018, S.142.
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Einflüsse auf die Schalldämmung
13
von 1600 Hz. Die lineare Zunahme der Schalldämmung je Frequenzverdopplung wird oberhalb
der Koinzidenzgrenzfrequenz wirksam.28
Gemäß der neuen DIN 4109-32:2016-07 kann das bewertete Schalldämmmaß einer einscha-
ligen Massivkonstruktion aus Beton, Mauerziegel und Füllsteinen nach Gleichung ( 8 )
berechnet werden.
𝑅 = 30,9 ∙ 𝑙𝑜𝑔 𝑚′𝑚 − 22,2 [𝑑𝐵] ( 8 ) Rw bewertetes Schalldämmmaß [Hz]
m‘ges flächenbezogene Masse des Grundbauteils [kg/m2]
m0 Bezugsgröße = 1,0 [kg/m2]
Bei einer 10 cm dicken Stahlbetonwand mit einer flächenbezogenen Masse von 240 kg/m²
würde sich ein bewertetes Schalldämmmaß von 51,3 dB einstellen. Ein Vergleich mit dem
Berechnungsansatz der 1989er Norm lässt sich hier nur schwer darstellen, da in dieser bereits
das bewertete Bau-Schalldämmmaß berechnet wird. Für Leicht- und Porenbeton darf
Gleichung ( 8 ) nicht verwendet werden. Aufgrund der niedrigeren flächenbezogenen Masse
kommen bei diesen Baustoffen veränderte Formeln zum Einsatz, die im Bauteilkatalog der
DIN 4109-32:2016-07 zusammengestellt sind.
Wie bereits erwähnt, spielt die Undichtigkeit einer Wand eine große Rolle. Durch unverputzte
Wände, nicht abgedichtete Stöße oder gebohrte Löcher können erhebliche
Schalldämmungseinbrüche entstehen. Die Luftmassen des Sende- und Empfangsraums
stehen dabei unmittelbar in Verbindung und können Schallwellen direkt übertragen. Daher ist
es wichtig in der Bauausführung mindestens einen einseitig und vollflächig haftenden Putz
anzubringen, um die Rechenwerte zu erreichen.29
Zu den einschaligen, massiven Bauteilen zählen nach DIN 4109-32:2016-07 unter anderem
Mauerwerk-, Beton- und Porenbeton-Wände, ebenso Wände mit unmittelbar aufgebrachten
Putz und mit Beton verfülltes Füllsteinmauerwerk. Stahlbetondecken, Hohlkörperdecken und
Fertigteildecken aus unterschiedlichen Baustoffen können ebenfalls in diese Kategorie
eingeordnet werden. Für Lochsteine mit Dämmfüllung gibt es allerdings noch keine gültigen
Berechnungsansätze, die in der Schallschutznorm verankert sind. Hierbei sollte man sich auf
Herstellerangaben beziehen, die durch eine bauaufsichtliche Zulassung belegt werden.
28 Vgl. Dietze, Schallschutz in Gebäuden, 2009, S.27 f. 29 Vgl. Gigla, Schallschutz, 2018, S.141.
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Einflüsse auf die Schalldämmung
14
2.2 Schalltechnisches Verhalten mehrschaliger Bauteile
Das schalltechnische Verhalten mehrschaliger Bauteile wird in erster Linie nicht durch die
Masse bestimmt, sondern durch die Anordnung verschiedener Schalen. Die Konstruktionen
entsprechen dem Feder-Masse-System. Dabei wirken zwei Schalen als Masse. Der
Zwischenraum, der beispielsweise durch eine Dämmung gefüllt wird, wirkt als Feder. Somit
beeinflussen bei mehrschaligen Bauteilen verschiedene Faktoren die Schalldämmwirkung.
Die Biegeweichheit und das Gewicht der einzelnen Schalen spielen eine genauso große Rolle,
wie der Schalenabstand und der Füllstoff im Schalenzwischenraum. Nicht zu vergessen sind
die Verbindungselemente, die bei falscher Ausführung zu erheblichen Schallübertragungen
führen können. Bei gleicher flächenbezogener Masse erreichen zweischalige Konstruktionen
mit ausreichend weicher Federung deutlich bessere Schalldämmmaße als einschalige
massive Bauteile.30
Durch die Kombination der einzelnen Schalen entsteht ein schwingungsfähiges System,
welches eine Eigenfrequenz f0 aufweist. Die Eigenfrequenz wird in der Praxis zudem als
Resonanzfrequenz oder Doppelwandresonanzfrequenz bezeichnet. Dieses System findet
auch bei Vorsatzschalen Anwendung.31
Wird eine Vorsatzschale mit einer eingebrachten Dämmschicht ohne Lattung oder anderer
Tragkonstruktion eingebaut, so kann die Eigenfrequenz nach Gleichung ( 9 ) berechnet
werden. Hierbei beeinflusst die dynamische Steifigkeit s‘ die Größe der Resonanzfrequenz.
Desto weicher die Dämmschicht und somit kleiner die dynamische Steifigkeit ist, desto kleiner
ist auch die Eigenfrequenz. Handelt es sich bei der Vorsatzschale um ein frei stehendes
System, welches durch Blechprofile oder einer Holzständerkonstruktion errichtet wurde, wird
Gleichung ( 10 ) für die Berechnung verwendet.
𝑓 = 160 ∙ 𝑠′ ∙ 1𝑚′ + 1𝑚′ [𝐻𝑧] ( 9 ) f0 Resonanzfrequenz (Hz)
s‘ dynamische Steifigkeit der Dämmschicht nach DIN EN 290521 [MN/m³]
m‘1 flächenbezogene Masse des Grundbauteils [kg/m2]
m‘2 flächenbezogene Masse der Vorsatzschale [kg/m2]
30 Vgl. Dietze, Schallschutz in Gebäuden, 2009, S.28. 31 Vgl. Gigla, Schallschutz, 2018, S.143.
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Einflüsse auf die Schalldämmung
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𝑓 = 160 ∙ 0,08𝑑 ∙ 1𝑚′ + 1𝑚′ [𝐻𝑧] ( 10 ) f0 Resonanzfrequenz [Hz]
d Hohlraumtiefe [m]
m‘1 flächenbezogene Masse des Grundbauteils [kg/m2]
m‘2 flächenbezogene Masse der Vorsatzschale [kg/m2]
Soll die Resonanzfrequenz nach Gleichung ( 10 ) bestimmt werden ist darauf zu achten, dass
zwischen den Schalen keine körperschallübertragende Verbindung besteht und dass der Hohl-
raum zu mindestens 70% mit einem Dämmstoff nach DIN EN 29053 gefüllt ist. Erreicht die
Eigenfrequenz einen Wert von unter 100 Hz, kann von einer durchaus guten
Luftschalldämmung ausgegangen werden.32
Gemäß DIN 4109-34:2016-07 wird mit Hilfe dieser Eigenfrequenz bei einseitig angebrachten
Vorsatzkonstruktionen ein Verbesserungsmaß ΔRw berechnet, welches zusätzlich auf die
Schalldämmung der massiven Tragschale addiert wird.
Genau wie bei dem schalltechnischen Verhalten einschaliger, massiver Bauteile hat die
Koinzidenz der Einzelschalen einen großen Anteil an der Schalldämmwirkung einer
Konstruktion. Um eine gute Luftschalldämmung bei zweischaligen Leichtbauwänden zu
erreichen, sollte die Koinzidenzgrenzfrequenz möglichst hoch und die Eigenfrequenz
möglichst niedrig sein.33
Zu den mehrschaligen Konstruktionen zählen beispielsweise massive Wände mit einer
Vorsatzschale, die entweder freistehend oder vollflächig verbunden ist. Auch Decken mit
einem schwimmenden Estrich verhalten sich schalltechnisch nach diesem Prinzip. Weiterhin
gehören Doppelwände aus zwei biegeweichen Einzelschalen zu den mehrschaligen
Bauteilen. Dies können Gipskartonständerwände oder Holzrahmenbauwände sein.
2.3 Schalltechnisches Verhalten einschaliger, leichter Bauteile
Durch die Entwicklung neuer Bauteile ergeben sich Konstruktionen bei denen das
schalltechnische Verhalten weder dem der massiven, einschaligen, noch der leichten,
mehrschaligen Bauteile entspricht. Ein gutes Beispiel dafür ist der Massivholzbau, der in den
letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. Die Besonderheit im Massivholzbau
32 Vgl. Gigla, Schallschutz, 2018, S.144. 33 Vgl. Dietze, Schallschutz in Gebäuden, 2009, S.31.
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Einflüsse auf die Schalldämmung
16
ist, dass die Elemente weder biegeweich noch biegesteif sind. Dadurch entstehen Probleme
bei der Koinzidenzgrenzfrequenz. Wie unter Kapitel 2.1 erklärt, entwickelt sich bei dieser
Grenzfrequenz ein Dämmungsminimum. Im Massivbau soll diese Frequenz sehr niedrig
ausfallen. In den leichten mehrschaligen Holzbaukonstruktionen dagegen sehr hoch, sodass
in beiden Fällen der Einbruch der Schalldämmung außerhalb des bauakustischen
Frequenzspektrums erfolgt. Da sich der Massivholzbau genau zwischen diesen beiden
Bauarten einordnet, entstehen Grenzfrequenzen zwischen 200 Hz und 500 Hz.34
Für die Bemessung der Luftschalldämmung kann im Massivholzbau ein ähnlicher
Berechnungsansatz wie für den Massivbau angewendet werden. Dieser wurde in dem
Forschungsprojekt „Vibroakustik im Planungsprozess für Holzbauten“35 von der Binderholz
GmbH, Saint-Gobain Rigigps Austria und dem ift Rosenheim erforscht. Aus diesem
Forschungsvorhaben geht Gleichung ( 11 ) hervor, mit der das bewertete Schalldämmmaß
eines einschaligen Trennbauteils in Massivholzbauweise bzw. Brettsperrholzbauweise
berechnet werden kann.36 𝑅 = 32,05 ∙ 𝑙𝑔(𝑚′ ) − 18,68 + 𝐾 [𝑑𝐵] ( 11 ) Rw bewertetes Schalldämmmaß [dB]
m‘Element flächenbezogene Masse des Elements [kg/m²]
K Wandtyp - 2dB für großformatige Elemente
Das Bergersche Massegesetz kann in diesem Fall auch für den Massivholzbau verwendet
werden. Belegt wird dies durch eine Beispielrechnung, die im Zuge dieser Bachelorarbeit
entstanden ist. Die Eingangsdaten stammen aus dem Massivholzhandbuch 2.0.37 Für das
Beispiel wird die Prognose des zu erwartenden Schalldämmmaßes für die in diesem
Handbuch aufgeführte Innenwand IW01c nach Gleichung ( 11 ) berechnet und anschließend
mit der Labormessung verglichen.
34 Vgl. Teibinger, Planungsbroschüre, 2013, S.28. 35 Ift Rosenheim, Vibroakustik, 2017 36 Vgl. Binderholz, MHB Schallschutz, 2018, S.8 ff. 37 Binderholz, MHB Innen- und Trennwand, 2018, S.5.
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Einflüsse auf die Schalldämmung
17
Bauteil Innenwand ohne Vorsatzschale (Wand IW01c) Dicke [m] Baustoff Rohdichte [kg/m³] m' [kg/m²]
0,1 Brettsperrholz BBS (5-schichtig) 450 45 Berechnung bewertetes Schalldämmmaß Labormesswert m'= 45,0 kg/m²
Messung über das Schallschutzzentrum ift Rosenheim Rs,w= 32,3 dB
ΔRw= 0,0 dB Rw= 32,3 dB Rw= 33,0 dB
Tabelle 2: Vergleich Prognose- und Labor-Schalldämmmaß einer Massivholzwand38
Die Berechnung zeigt sehr gut, dass Gleichung ( 11 ) ein ausreichend genaues Ergebnis für
das erwartende Schalldämmmaß der Brettsperrholzwand liefert. Sie zeigt jedoch auch, dass
mit einer 10 cm dicken Massivholzplatte gerade einmal 60 % der Schalldämmleistung einer
gleichgroßen Stahlbetonplatte erreicht werden kann.
Grundsätzlich sind die Ansätze aus den Forschungsarbeiten für den Massivholzbau noch nicht
in die Schallschutznorm eingeflossen. Daher ergeben sich bei Handhabung dieser Bauweise
gewisse Planungsprobleme für den Schallschutz.
2.4 Schalltechnisches Verhalten von Trittschalldämmungen
Das schalltechnische Verhalten von Trittschalldämmungen ähnelt dem Prinzip der
mehrschaligen Bauteile. Voraussetzung dafür ist eine Massivdecke mit schwimmendem
Estrich. Durch die weichfedernde Trittschalldämmung und den seitlich angebrachten
Randdämmstreifen findet eine Entkoppelung der massiven Schalen statt. Anstelle eines
Verbesserungsmaßes ΔRw, wird bei einer Trittschalldämmung die Trittschallminderung ΔLw
berechnet. Ist der Estrich unmittelbar mit der Rohdecke verbunden, darf dieser
Verbesserungswert nicht angesetzt werden. Die Trittschallminderung vom schwimmenden
Estrich ist in erster Linie von der dynamischen Steifigkeit s‘ der Dämmschicht und der
flächenbezogenen Masse der Estrichplatte abhängig. Gemäß der neuen Schallschutz DIN
4109-34:2016-07 kann die Minderung durch Gleichung ( 12 ) beschrieben werden. ∆𝐿 = 13 ∙ 𝑙𝑔(𝑚′) − 14,2 ∙ 𝑙𝑔(𝑠′) + 20,8 [𝑑𝐵] ( 12 ) ΔLw bewertete Trittschallminderung [dB]
m‘ flächenbezogene Masse der Estrichplatte [kg/m²]
s‘ dynamische Steifigkeit des Dämmschicht [MN/m³]
38 Laborwert aus: Binderholz, MHB Innen- und Trennwand, 2018, S.5.
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Einflüsse auf die Schalldämmung
18
Die Gleichung zeigt, dass mit steigender flächenbezogener Masse des Estrichs und mit
sinkender dynamischer Steifigkeit der Dämmschicht, eine höher bewertete
Trittschallminderung auftritt. Da der Trittschall im Empfangsraum in Luftschall umgewandelt
wird, kann eine Unterdecke im Empfangsraum die Trittschallminderung weiter erhöhen. Neben
diesen Einflussfaktoren spielt weiterhin die Bauausführung eine große Rolle. So können
Hohlschichten in der Dämmung, fehlende Randdämmstreifen oder unplanmäßige
Rohrleitungen auf der Massivdecke zur Verschlechterung der Trittschalldämmung beitragen.39
39 Vgl. Gigla, Schallschutz, 2018, S.146.
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Schallschutz im Hochbau
19
3 SCHALLSCHUTZ IM HOCHBAU
3.1 Intention und rechtliche Grundlagen
Gemäß der europäischen Bauproduktverordnung Nr. 305 vom 09. März 2011 gilt für Bauwerke
folgende Regelung: „Das Bauwerk muss derart entworfen und ausgeführt sein, dass der von
den Bewohnern oder in der Nähe befindlichen Personen wahrgenommene Schall auf einem
Pegel gehalten wird, der nicht gesundheitsgefährdend ist und bei dem zufrieden stellende
Nachtruhe-, Freizeit- und Arbeitsbedingungen sichergestellt sind.“ Diese Ziele verfolgt die in
Deutschland eingeführte DIN 4109 – Schallschutz im Hochbau. Die Anwendung und
Einhaltung dieser Norm wird durch die Baugenehmigungen garantiert, in der diese Norm als
technische Bestimmung zu beachten ist. Durch diese Bestimmung möchte der Staat gesunde
Wohnverhältnisse für die Bevölkerung sicherstellen. In der Bauausführung haben sich die am
Bau beteiligen Personen an die anerkannten Regeln der Technik zu halten. Dabei kann auf
die DIN 4109 zurückgegriffen werden.
Im Allgemeinen muss bei den Regelwerken für den Schallschutz eine Unterscheidung
beachtet werden. So gibt es Regelwerke, die Anforderungen an den Schallschutz definieren
und Regelwerke, welche die Nachweisverfahren enthalten. Die DIN 4109 regelt sowohl
Anforderungen als auch Nachweisverfahren und deckt somit den gesamten Schallschutz ab.
Die europäische Schallschutznorm DIN EN ISO 12354 hingegen legt nur ein
Berechnungsverfahren für den Schallschutz fest.40
Weiterhin ist zu beachten welche Normierung bauaufsichtlich für die Anforderungen des
Schallschutzes eingeführt ist. In Deutschland gelten derzeit je nach Bundesland drei
verschiedene Ausgaben der DIN 4109. Die DIN 4109:1989-11, DIN 4109-1:2016-07 und die
DIN-4109-1:2018-01. Die bauaufsichtliche Einführung gilt jedoch nur für Teil 1 der neuen
Schallschutznorm. Für die Berechnungsverfahren nach Teil 2 kann entweder die DIN 4109-
2:2018-01 oder weiterhin das Beiblatt 1 der DIN 4109:1989-11 verwendet werden.41
Grundsätzlich ist zu sagen, dass es sich bei den Anforderungswerten lediglich um den
Mindestschallschutz handelt. In der Einleitung der DIN 4109-1 heißt es: „Es kann nicht erwartet
werden, dass Geräusche von außen oder aus benachbarten Räumen nicht mehr bzw. als nicht
belästigend wahrgenommen werden, auch wenn die in dieser Norm festgelegten
Anforderungen erfüllt werden. Daraus ergibt sich insbesondere die Notwendigkeit, gegenseitig
40 Vgl. Fischer, KS-Handbuch, 2018, S.355 f. 41 Vgl. Gigla, Schallschutz, 2018, S.9
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Schallschutz im Hochbau
20
Rücksicht zu nehmen.“42 Mit dieser Stellungnahme definiert die Norm ein Schallschutzniveau,
welches nicht grundsätzlich ungestörtes Wohnen gewährleistet, sondern lediglich für den
Gesundheitsschutz sorgt.
3.2 Normen und Regelwerke für den Schallschutz in Deutschland
3.2.1 Schallschutznorm DIN 4109:1989-11
Im Jahr 1944 erschien in Deutschland die erste Schallschutznorm DIN 4109 – Richtlinien für
den Schallschutz im Hochbau. Durch die Nachkriegszeit und die dadurch fehlenden
Bauaufsichtsbehörden gewann jedoch erst die im Jahr 1962 erschienene Fassung an
Bedeutung. Sie behielt bis 1989 ihre Gültigkeit und unterlag kaum einer Änderung. Nach
einem Neuentwurf im Jahr 1984 und einem gescheiterten Einspruchsverfahren, wurde im
November 1989 die teilweise noch bis heute geltende Schallschutznorm DIN 4109:1989-11
eingeführt.43
Diese Norm beinhaltet im ersten Teil die Mindestanforderungen für Bauteile gegenüber Luft-
und Trittschall, welche zwingend einzuhalten sind. Die Anforderungen gelten nur für
Aufenthaltsräume, die durch eine Schallübertragung aus fremden Wohn- und
Arbeitsbereichen einen gewissen Schutz erhalten müssen. Ein weiterer Abschnitt stellt
Anforderungswerte für den Schutz gegen Geräusche aus haustechnischen Anlagen und
Betrieben bereit. Seit 1975 beinhaltet die DIN 4109 die Anforderungen an die
Luftschalldämmung von Außenbauteilen und gewährleistet somit den Schutz gegenüber
Außenlärm, zu dem unteranderem der Verkehrs- und Fluglärm zählt.
Neben der Bereitstellung der Anforderungswerte behandelt das Regelwerk auch die
Berechnungsverfahren für den rechnerischen Schallschutznachweis. Diese sind im Beiblatt 1
der Norm verankert. Das Beiblatt 1 wurde im Jahr 2003 und 2010 durch die Änderung A1 und
A2 ergänzt. Ein weiteres Beiblatt 2 gibt Hinweise für die Planung und Ausführung von Luft-
und Trittschalldämmungen und ist somit für die Bauausführung von großer Bedeutung. Des
Weiteren werden in diesem Zusatzblatt Vorschläge für einen erhöhten Schallschutz gegeben,
welche allerdings ohne vertragliche Vereinbarung nicht bindend sind. Gleiches gilt für die
Empfehlungen zum Schallschutz im eigenen Wohn- und Arbeitsbereich, die ebenfalls im
Beiblatt 2 der Norm aufgelistet sind.
42 DIN 4109-1:2018-01, 2018, Einleitung. 43 Vgl. Sälzer et. al., Schallschutz im Hochbau, 2015, S.5 ff.
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Schallschutz im Hochbau
21
3.2.2 Schallschutznorm DIN 4109:2016-07 und DIN 4109:2018-01
Nach über 25 Jahren Überarbeitung und zahlreichen Entwürfen erschien im Juli 2016 eine
gänzlich überarbeitet Fassung der Schallschutznorm DIN 4109. Durch die Umstellung des
bauaufsichtlichen Konzepts in Deutschland, kommt es bis heute zu Schwierigkeiten bei der
Einführung dieser Norm, sodass für den Massivbau auch weiterhin die Berechnungen der alten
Norm aus dem Jahr 1989 gelten. Aufgrund einer Anpassung der Verkehrslärmschutzverord-
nung (16. BlmSchV) sind die DIN 4109-1 und DIN 4109-2 im Januar 2018 als überarbeitete
Neufassung erschienen.44
Insgesamt gliedert sich die neue Schallschutznorm in neun Teile. Durch den modularen
Aufbau können zukünftig einzelne Teile der Norm gezielt geändert und erweitert werden.
Tabelle 3 gibt einen Überblick über den strukturellen Aufbau.
DIN 4109:2016-07 / DIN 4109:2018-01
DIN 4109 Teil 1 DIN 4109 Teil 2 DIN 4109 Teil 31-36 DIN 4109 Teil 4
Mindestanforderungen Berechnungsverfahren /
Rechnerischer Nachweis
Teil 31: Rahmendokument
Bauakustische Prüfungen
Teil 32: Eingangsdaten Massivbau Teil 33: Bauteilkatalog Holz-, Leicht- und Trockenbau Teil 34: Vorsatzkonstruktion vor massiven Bauteilen Teil 35: Elemente, Fenster, Türen, Vorhangfassaden Teil 36: Gebäudetechnische Anlagen
Neufassung: DIN 4109-1:2018-01
Neufassung: DIN 4109-2:2018-01 - -
Tabelle 3: Struktureller Aufbau der DIN 4109:2016-07 und DIN 4109:2018-0145
Anhand des strukturierten Aufbaus entsteht eine leichtere Handhabung der Norm. Sofort ist
ersichtlich welcher Teil welches Thema beschreibt. Inhaltlich stecken die großen Änderungen
im zweiten Teil dieser Norm. Während sich die Anforderungen nur in geringen Maßen
verändert haben, ist das Nachweis- und Berechnungsverfahren gänzlich umgestellt worden.
Hier rückt die Beachtung der flankierenden Bauteile mehr in den Vordergrund. Ein detaillierter
Einblick in die Berechnungsverfahren wird in Kapitel 5.2 dieser Arbeit gegeben. In Teil 4 wird
auf die bauakustische Prüfung hingewiesen. Im Inhalt werden dabei Prüfverfahren angegeben,
mit denen die in der Normreihe schalltechnischen Größen für den Nachweis bestimmt werden
können.
44 Vgl. Gigla, Schallschutz, 2018, S.9. 45 Eigene Darstellung.
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Schallschutz im Hochbau
22
3.2.3 Schallschutznorm DIN EN ISO 12354
Die DIN EN ISO 12354 ist eine europäische Norm, mit dem Ziel den europäischen Markt und
die daraus folgenden Dienstleistungsbereiche zu vereinigen. Damit europaweit Produkte
gleicher Qualität sowie vergleichbarer Eigenschaften angeboten werden können, gehört ein
Berechnungsverfahren mit gemeinsamen Grundsätzen zur Basis dieses Vorhabens. Daher
liefert diese Norm im Gegensatz zur DIN 4109 lediglich die Berechnungsverfahren für den
Schallschutz. Erstmals erschienen ist die DIN EN ISO 12354 im Jahr 2000 und wurde durch
eine Überarbeitung im Jahr 2017 ersetzt. Insgesamt besteht die europäische
Schallschutznorm aus sechs Teilen, die in ihrer Bezeichnung gut zu unterscheiden sind:
DIN EN ISO 12354-1: Luftschalldämmung zwischen Räumen
DIN EN ISO 12354-2: Trittschalldämmung zwischen Räumen
DIN EN ISO 12354-3: Luftschalldämmung gegen Außenlärm
DIN EN ISO 12354-4: Schallübertragung von Räumen ins Freie
DIN EN ISO 12354-5: Installationsgeräusche
DIN EN ISO 12354-6: Schallabsorption in Räumen
Für die in Teil 1 behandelte Berechnung der Luftschalldämmung werden zwei Verfahren
angeboten. In einem detaillierten Verfahren werden die Bauteile frequenzabhängig berechnet.
Dadurch kann für jeden Frequenzbereich eine bestimmte Schalldämmung ermittelt werden.
Im vereinfachten Modell hingegen ergeben sich, wie in der DIN 4109 auch, Einzahlwerte. Das
heißt, dass für ein bestimmtes Bauteil genau eine definierte Kennzahl für die Schalldämmung
angegeben wird. Das vereinfachte Modell der DIN EN ISO 12354 wurde national in die neue
deutsche Schallschutznorm DIN 4109-2:2018-01 übernommen. Auch in Teil 2 –
Trittschalldämmung zwischen Räumen, wird zwischen einem detaillierten und einem
vereinfachten Modell unterschieden. Das vereinfachte Modell basiert auf der Grundlage der
DIN 4109:1989 Beiblatt 1. Zusätzlich wird der Einfluss der flankierenden Bauteile durch einen
Korrekturwert beachtet. Für dieses Rechenverfahren mussten jedoch erst neue Werte ermittelt
und verifiziert werden. Sowohl diese Werte als auch das überarbeitete Berechnungsverfahren,
wurde in die neue deutsche Schallschutznorm DIN 4109-2:2018-01 eingearbeitet. Durch die
Integration der Berechnungsverfahren kann die neue DIN 4109 sinngemäß als nationales
Anwendungsdokument für die DIN EN ISO 12354 betrachtet werden.46 Da sich die
Rechenverfahren mit der neuen DIN 4109 decken, wird eine detaillierte Betrachtung in Kapitel
5 und 6 nur für die deutsche Schallschutznorm vorgenommen.
46 Vgl. Fischer, KS-Handbuch, 2018, S.362 f.
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Anforderungen an den Luft- und Trittschallschutz in Gebäuden
23
4 ANFORDERUNGEN AN DEN LUFT- UND TRITTSCHALLSCHUTZ IN GEBÄUDEN
4.1 Allgemeine Daten
Wie bereits unter Kapitel 3.2 erwähnt, unterliegt Deutschland seit Mitte der 1940iger Jahre der
DIN 4109 und den damit verbundenen Anforderungen an den Mindestschallschutz. Die damals
festgelegten Regelungen sind teilweise noch heute Bestandteil der Schallschutznorm.
Abbildung 5 zeigt den Verlauf der Mindestanforderung an den Schallschutz von
Wohnungstrennwänden im Geschosswohnungsbau.
Abbildung 5: Entwicklung der Mindestanforderung an den Schallschutz von Wohnungstrennwänden47
Die Verlaufskurve zeigt, dass sich im abgebildeten Zeitraum die Anforderungen an den
Mindestschallschutz immer wieder geändert haben. Der seit den 1960iger Jahre steigende
Wohlstand durch Fernseher und HiFi-Anlagen und die damit verbundene steigende
Schallemission in den Wohnungen, wird somit nur sehr schlecht berücksichtigt. Die
Anforderungen liegen sogar unter dem Niveau von 1940. Zwar sah der Entwurf der DIN 4109
aus dem Jahr 1979 eine deutliche Erhöhung der Anforderungen vor, diese wurden jedoch
durch die Bauindustrie und der vermuteten enormen Preissteigerung wieder zurückgezogen.
Ein Argument welches bis heute standhält.48
Wie bereits unter Kapitel 3.2.1 erwähnt, gelten die Mindestanforderungen lediglich für
Aufenthaltsräume zwischen fremden Wohn- und Arbeitsbereichen bzw. in Schulen und
Krankenhäusern, zwischen den einzelnen schutzbedürftigen Räumen. Diese Werte sind
47 Abb. entnommen aus: Sälzer, Bauakustik, 2007, S.2. 48 Vgl. Sälzer, Bauakustik, 2007, S.2.
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Anforderungen and den Luft- und Trittschallschutz in Gebäuden
24
Krankenhäusern, zwischen den einzelnen schutzbedürftigen Räumen. Diese Werte sind
zwingend einzuhalten. Innerhalb des eigenen Wohnbereichs werden keine Anforderungen
gestellt bzw. nur gegen technische Anlagen. Besteht der Anspruch auf ein höheres
Schallschutzniveau muss dieses vertraglich vereinbart werden.49
4.2 Mindestschallschutz nach DIN 4109:1989-11 und DIN 4109-1:2018-01 im Vergleich
Auf den nachfolgenden Seiten werden die Mindestanforderungen des Schallschutzes in
Gebäuden der DIN 4109:1989-11 und der DIN 4109-1:2018-01 miteinander verglichen. Dabei
soll gezeigt werden, inwiefern die Anforderungen an die Luft- und Trittschalldämmung
Änderungen unterlagen. Unterschieden wird, wie in der jeweiligen Normierung, nach den
Anforderungen in Mehrfamilienhäusern und Bürogebäuden, zwischen Reihen- und
Doppelhäusern, in Hotels und Beherbergungsstätten, zwischen Räumen in Krankenhäusern
sowie den Anforderungen in Schulen und vergleichbaren Einrichtungen. Die gelben
Markierungen weisen auf eine Veränderung der Anforderungen hin. Eine grüne Markierung
symbolisiert eine neue Kategorie in der DIN 4109-1:2018-01.
4.2.1 Anforderungen an die Luft- und Trittschalldämmung in Mehrfamilienhäusern, Bürogebäuden und in gemischt genutzten Gebäuden
Die Anforderungswerte gelten im allgemeinen Geschosswohnungsbau und in Bürogebäuden
mit mehreren Nutzungseinheiten. Je nach Bauteil werden in der nachfolgenden Tabelle die
Mindestwerte für den Luft- und Trittschallschutz angegeben.
Decken
Bauteile DIN 4109:1989-11 DIN 4109:2018-01 R'w [dB] L'n,w [dB] R'w [dB] L'n,w [dB]
Decken unter allgemein nutzbaren Dachräumen, z. B. Trockenböden, Abstellräumen und ihren Zugängen ≥ 53 ≤ 53 ≥ 53 ≤ 52
Wohnungstrenndecken (auch Treppen) ≥ 54 ≤ 53 ≥ 54 ≤ 50a,b
Trenndecken (auch Treppen) zwischen fremden Arbeitsräumen bzw. vergleichbaren Nutzungseinheiten ≥ 54 ≤ 53 ≥ 54 ≤ 53
Decken über Kellern, Hausfluren, Treppenräumen unter Aufenthaltsräumen ≥ 52 ≤ 53 ≥ 52 ≤ 50
Decken über Durchfahrten, Einfahrten von Sammelgaragen und ähnliches unter Aufenthaltsräumen ≥ 55 ≤ 53 ≥ 55 ≤ 50
Decken unter/über Spiel- oder ähnlichen Gemeinschaftsräumen ≥ 55 ≤ 46 ≥ 55 ≤ 46
49 Vgl. Gigla, Schallschutz, 2018, S.115 ff.
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Anforderungen and den Luft- und Trittschallschutz in Gebäuden
25
Decken unter Terrassen und Loggien über Aufenthaltsräumen - ≤ 53 - ≤ 50
Decken unter Laubengängen - ≤ 53 - ≤ 53
Balkone - - - ≤ 58
Decken und Treppen innerhalb von Wohnungen, die sich über zwei Geschosse erstrecken - ≤ 53 - ≤ 50
Decken unter Bad und WC ohne/mit Bodenentwässerung ≥ 54 ≤ 53 ≥ 54 ≤ 53
Decken unter Hausfluren - ≤ 53 - ≤ 50
Treppen
Treppenläufe und Podeste - ≤ 58 - ≤ 53
Wände
Wohnungstrennwände und Wände zwischen fremden Arbeitsräumen ≥ 53 - ≥ 53 -
Treppenraumwände und Wände neben Hausfluren ≥ 52 - ≥ 53 -
Wände neben Durchfahrten, Sammelgaragen, einschließlich Einfahrten ≥ 55 - ≥ 55 -
Wände von Spiel- oder ähnlichen Gemeinschaftsräumen ≥ 55 - ≥ 55 -
Schachtwände von Aufzugsanlagen an Aufenthaltsräumen - - ≥ 57 -
Türen
Türen, die von Hausfluren oder Treppenräumen in geschlossene Flure und Dielen von Wohnungen und Wohnheimen oder von Arbeitsräumen führen
≥ 27 - ≥ 27 -
Türen, die von Hausfluren oder Treppenräumen unmittelbar in Aufenthaltsräume ≥ 37 - ≥ 37 -
Tabelle 4: Mindestanforderungen in Mehrfamilienhäusern, Bürogebäuden und gemischt genutzten Gebäuden50
Aus Tabelle 4 geht hervor, dass für den Trittschallschutz mehrere Anpassungen
vorgenommen wurden. Die dabei Wichtigste ist die Verschärfung des Höchstwerts L’n,w für
Wohnungstrenndecken. Hier darf nach neuer Norm der bewertete Norm-Trittschallpegel nicht
über 50 dB liegen. Im Luftschallschutz hingegen gab es nur eine Anpassung für
Treppenraumwände und Wände neben Hausfluren. Neu zur Norm hinzugefügt wurde die
Anforderung an den Trittschallschutz für Balkone sowie die Anforderung der
Luftschalldämmung für Schachtwände von Aufzugsanlagen an Aufenthaltsräumen.
Angesichts der Präambel der DIN 4109-1:2018-01, bei der im Mindestschallschutz lediglich
der Gesundheitsschutz eingehalten werden soll, liefern die Anforderungswerte in
Geschosshäusern sehr zielführende Ergebnisse. Darüber hinaus gilt der Ansatz der
Rücksichtnahme oder ein höheres Schallschutzniveau nach Vereinbarung.
50 Eigene Darstellung, Anforderungen entnommen aus: DIN 4109:1989-11 und DIN 4109-1:2018-01.
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Anforderungen and den Luft- und Trittschallschutz in Gebäuden
26
4.2.2 Anforderungen an die Luft- und Trittschalldämmung zwischen Einfamilien-, Reihenhäusern und zwischen Doppelhäusern
Die Anforderungen zwischen Reihen- und Doppelhäusern beschränken sich heutzutage nicht
mehr nur auf die zweischaligen Haustrennwände. Gemäß der aktuellen Baupraxis findet die
Trennung der Gründungsbauteile nur noch selten statt. Somit können sichere
Abdichtungsmaßnahmen und günstigere Baukosten erreicht werden. Wie in Tabelle 5
ersichtlich, wurde dieser Fakt auch in der neuen Schallschutznorm berücksichtigt.
Decken
Bauteile DIN 4109:1989-11 DIN 4109:2018-01 R'w [dB] L'n,w [dB] R'w [dB] L'n,w [dB]
Decken - ≤ 48 - ≤ 41
Bodenplatte und Erdreich bzw. Decke über Kellergeschoss - - - ≤ 46
Treppen
Treppenläufe und Podeste - ≤ 53 - ≤ 46
Wände
Haustrennwände zu Aufenthaltsräumen, die im untersten Geschoss (erdberührt oder nicht) eines Gebäudes gelegen sind
≥ 57 - ≥ 59 -
Haustrennwände zu Aufenthaltsräumen, unter denen mindestens 1 Geschoss (erdberührt oder nicht) des Gebäudes vorhanden ist
≥ 57 - ≥ 62 -
Tabelle 5: Mindestanforderungen zwischen Einfamilien-, Reihenhäusern und zwischen Doppelhäusern51
Des Weiteren wurden die Anforderungen an die Luft- und Trittschalldämmung zwischen diesen
Gebäuden deutlich verschärft. Nach neuer Norm darf eine Decke nur noch einen bewerteten
Norm-Trittschallpegel von 41 dB zulassen. Eine drastische Anhebung gab es auch bei der
Luftschalldämmung. Haustrennwände zu Aufenthaltsräumen, unter denen mindestens ein
Geschoss vorhanden ist, müssen von nun an ein bewertetes Bau-Schalldämmmaß von 62 dB
erreichen. Für die Bewertung dieser Anforderungswerte gilt der gleiche Grundsatz wie für die
Anforderungen an die Schalldämmung in Mehrfamilienhäusern. Das Schallschutzniveau, um
den Gesundheitsschutz der Menschen zu gewährleisten, sollte mit diesen
Mindestanforderungswerten erfüllt sein.
51 Eigene Darstellung, Anforderungen entnommen aus: DIN 4109:1989-11 und DIN 4109-1:2018-01.
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Anforderungen and den Luft- und Trittschallschutz in Gebäuden
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4.2.3 Anforderungen an die Luft- und Trittschalldämmung in Hotels und Beherbergungsstätten
Nahezu unverändert bleiben die Anforderungswerte an die Schalldämmung in Hotels und
Beherbergungsstätten. Lediglich der bewertete Norm-Trittschallpegel darf statt 53 dB nun den
Wert von 50 dB nicht mehr überschreiten, wie Tabelle 6 bestätigt.
Decken
Bauteile DIN 4109:1989-11 DIN 4109:2018-01 R'w [dB] L'n,w [dB] R'w [dB] L'n,w [dB]
Decken, einschl. Decken unter Fluren ≥ 54 ≤ 53 ≥ 54 ≤ 50
Decken unter/über Schwimmbädern, Spiel- oder ähnlichen Gemeinschaftsräumen zum Schutz gegenüber Schlafräumen
≥ 55 ≤ 46 ≥ 55 ≤ 46
Decken unter Bad und WC ohne/mit Bodenentwässerung ≥ 54 ≤ 53 ≥ 54 ≤ 53
Treppen
Treppenläufe und Podeste - ≤ 58 - ≤ 58
Wände
Wände zwischen Übernachtungsräumen sowie Fluren und Übernachtungsräumen ≥ 47 - ≥ 47 -
Türen
Türen zwischen Fluren und Übernachtungsräumen ≥ 32 - ≥ 32 -
Tabelle 6: Mindestanforderungen in Hotels und Beherbergungsstätten52
Kritisch ist hier die Luftschalldämmung für Wände zwischen Übernachtungsräumen sowie
zwischen Fluren und Übernachtungsräumen. Mit einem erf. R’w von 47 dB ist laut Sälzer in
den letzten Jahrzenten kein einziges Hotel gebaut worden und stellt für diesen Wert die
a.a.R.d.T. in Frage.53
Die Kritik ist berechtigt. Bis zu einem R’w von 53 dB ist die menschliche Sprache in horizontaler
Richtung wahrnehmbar.54 Mit 47 dB wird dieser Wert nochmals um 6 dB unterboten. In Hotels
und Beherbergungsstätten, in denen sich viele Menschen nach Erholung sehnen, kann dies
zu Problemen führen. Der Anforderungswert für Wände sollte daher in naher Zukunft, wie bei
den Geschossdecken, auf das Niveau von Mehrfamilienhäusern angehoben werden.
52 Eigene Darstellung, Anforderungen entnommen aus: DIN 4109:1989-11 und DIN 4109-1:2018-01. 53 Vgl. Sälzer et. al., Schallschutz im Hochbau, 2015, S.10. 54 Vgl. Fischer, KS-Handbuch, 2018, S. 350.
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Anforderungen and den Luft- und Trittschallschutz in Gebäuden
28
4.2.4 Anforderungen an die Luft- und Trittschalldämmung zwischen Räumen in Krankenhäusern und Sanatorien
Decken
Bauteile DIN 4109:1989-11 DIN 4109:2018-01 R'w [dB] L'n,w [dB] R'w [dB] L'n,w [dB]
Decken, einschl. Decken unter Fluren ≥ 54 ≤ 53 ≥ 54 ≤ 53
Decken unter/über Schwimmbädern, Spiel- oder ähnlichen Gemeinschaftsräumen ≥ 55 ≤ 46 ≥ 55 ≤ 46
Decken unter Bädern und WCs ohne/mit Bodenentwässerung ≥ 54 ≤ 53 ≥ 54 ≤ 53
Treppen
Treppenläufe und Podeste - ≤ 58 - ≤ 58
Wände
Wände zwischen Krankenräumen, Fluren und Krankenräumen, Untersuchungs- bzw. Sprechzimmern, Fluren und Untersuchungs- bzw. Sprechzimmern, Krankenräumen und Arbeits- und Pflegeräumen
≥ 47 - ≥ 47 -
Wände zwischen Räumen mit Anforderungen an erhöhtes Ruhebedürfnis und besondere Vertraulichkeit (Diskretion) - - ≥ 52 -
Wände zwischen Operations- bzw. Behandlungsräumen, Fluren und Operations bzw. Behandlungsräumen ≥ 42 - ≥ 42 -
Wände zwischen Räumen der Intensivpflege, Fluren und Räumen der Intensivpflege ≥ 37 - ≥ 37 -
Türen
Türen zwischen Untersuchungs- bzw. Sprechzimmern, Fluren und Untersuchungs- bzw. Sprechzimmern ≥ 37 - ≥ 37 -
Türen zwischen Räumen mit Anforderungen an erhöhtes Ruhebedürfnis und besondere Vertraulichkeit (Diskretion) - - ≥ 37 -
Türen zwischen Fluren und Krankenräumen, Operations- bzw. Behandlungsräumen, Fluren und Operations bzw. Behandlungsräumen
≥ 32 - ≥ 32
Tabelle 7: Mindestanforderung in Krankenhäusern und Sanatorien55
Auch die Mindestanforderungen an den Schallschutz im Krankenhausbau unterlagen kaum
einer Änderung. Mit der Einführung von Anforderungen zwischen Räumen mit erhöhtem
Ruhebedürfnis und besonderer Vertraulichkeit, welche für Türen als auch für Wände gelten,
wurde im Zeitalter des Datenschutzes eine notwendige Maßnahme getroffen.
Dennoch sind die Mindestwerte besonders für die Deckenkonstruktionen sehr veraltet. Heutige
Krankenhäuser werden in der Regel mit bewerteten Bau-Schalldämmmaßen zwischen 60 dB
55 Eigene Darstellung, Anforderungen entnommen aus: DIN 4109:1989-11 und DIN 4109-1:2018-01.
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Anforderungen and den Luft- und Trittschallschutz in Gebäuden
29
und 70 dB geplant. Für Sonderräume wie Schlaflabore und Audiometrieräume gelten noch
verschärftere Richtlinien, für die Fachplaner und Bauakustiker herangezogen werden.56 Um
für mehr Ruhe und Diskretion zwischen den Behandlungsräumen zu sorgen, sollte eine
weitere Erhöhung der Anforderungswerte an die Luftschalldämmung vorgenommen werden.
4.2.5 Anforderungen an die Luft- und Trittschalldämmung in Schulen und vergleichbaren Einrichtungen
Gemäß DIN 4109-1:2018-01 zählen zu den vergleichbaren Einrichtungen auch
Kindertagesstätten oder Universitäten. Die entsprechenden Mindestanforderungen der
jeweiligen Norm können aus Tabelle 8 entnommen werden.
Decken
Bauteile DIN 4109:1989-11 DIN 4109:2018-01 R'w [dB] L'n,w [dB] R'w [dB] L'n,w [dB]
Decken zwischen Unterrichtsräumen oder ähnlichen Räumen /Decken unter Fluren ≥ 55 ≤ 53 ≥ 55 ≤ 53
Decken zwischen Unterrichtsräumen oder ähnlichen Räumen und „lauten“ Räumen (z. B., Speiseräume, Cafeterien, Musikräume, Spielräume, Technikzentralen) Spiel- oder ähnlichen Gemeinschaftsräumen
≥ 55 ≤ 46 ≥ 55 ≤ 46
Decken zwischen Unterrichtsräumen oder ähnlichen Räumen und z. B. Sporthallen, Werkräumen ≥ 55 ≤ 46 ≥ 60 ≤ 46
Wände
Wände zwischen Unterrichtsräumen oder ähnlichen Räumen untereinander und zu Fluren ≥ 47 - ≥ 47 -
Wände zwischen Unterrichtsräumen oder ähnlichen Räumen und Treppenhäusern ≥ 52 - ≥ 52 -
Wände zwischen Unterrichtsräumen oder ähnlichen Räumen und „lauten“ Räumen (z. B. Speiseräume, Cafeterien, Musikräume, Spielräume,Technikzentralen)
≥ 55 - ≥ 55 -
Wände zwischen Unterrichtsräumen oder ähnlichen Räumen und z. B. Sporthallen, Werkräumen ≥ 55 - ≥ 60 -
Türen
Türen zwischen Unterrichtsräumen oder ähnlichen Räumen und Fluren ≥ 32 - ≥ 32 -
Türen zwischen Unterrichtsräumen oder ähnlichen Räumen untereinander - - ≥ 37 -
Tabelle 8: Mindestanforderungen in Schulen und vergleichbaren Einrichtungen57
56 Vgl. Sälzer et. al., Schallschutz im Hochbau, 2015, S.22. 57 Eigene Darstellung, Anforderungen entnommen aus: DIN 4109:1989-11 und DIN 4109-1:2018-01.
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Anforderungen and den Luft- und Trittschallschutz in Gebäuden
30
Genau wie bei den Krankenhäusern, sind auch in Schulen und vergleichbaren Einrichtungen
heute vornehmlich bessere Werte anzutreffen.58 Zwar wurde R’w für Wände und Decken
zwischen Unterrichtsräumen und Sporthallen auf 60 dB angehoben, der Grenzwert für den
Luftschallschutz für Wände zwischen Unterrichtsräumen bleibt jedoch auf 47 dB und liegt
somit unter dem Niveau von einem Mehrfamilienhaus. Inwiefern die gegenseitige
Rücksichtnahme in diesen Gebäuden zu realisieren ist, ist fraglich. Über eine Anpassung der
Werte, besonders in Grundschulen und Kindertagesstätten in denen vermehrt sehr hoher Lärm
anzutreffen ist, sollte nachgedacht werden.
4.3 Erhöhter Schallschutz im Wohnungsbau
Sind im Wohnungsbau höhere Schallschutzwerte gewünscht, muss ein höheres
Schallschutzniveau zivilrechtlich vereinbart werden. Der Mindestschallschutz gemäß DIN
4109 muss dennoch eingehalten werden. Empfehlungen für einen erhöhten Schallschutz
sowie für den Schallschutz im eigenen Wohnbereich liefert das Beiblatt 2 zur DIN 4109:1989-
11. Dieses befindet sich außerhalb des bauaufsichtlichen Bereichs und gehört somit nicht zum
Normwerk. Eine Neufassung dieser Empfehlungen wurde in die neue DIN 4109:2016-07 nicht
aufgenommen, um somit eine klare Trennung zum öffentlich-rechtlich geschuldeten
Mindestschallschutz zu bewahren.59
Weitere Werte für einen erhöhten Schallschutz liefert die VDI 4100. Diese Empfehlungen
werden jedoch nicht nach den allgemein bekannten bauteilbezogenen Größen R’w für die
Luftschalldämmung und L’n,w für die Trittschalldämmung angegeben, sondern
nachhallzeitbezogen mit der Standart-Schallpegeldifferenz D’n,T,w für den Luftschall und L’n,T,w für den Trittschall. Zwar vermitteln diese Werte physiologisch die Wirkung des Schallschutzes
deutlich besser, eine Umrechnung zu den bauteilbezogenen Größen macht dieses Verfahren
jedoch auch umständlicher und rechtfertigt, dass dieses Verfahren nicht in die neue DIN 4109
eingeflossen ist.60
Eine nähere Betrachtung dieser Empfehlungen und des nachhallbezogenen Verfahrenes der
VDI 4100 wird im Rahmen dieser Bachelorarbeit nicht vorgenommen.
58 Vgl. Sälzer et. al., Schallschutz im Hochbau, 2015, S.24. 59 Vgl. Fischer, KS-Handbuch, 2018, S.356. 60 Vgl. Sälzer et. al., Schallschutz im Hochbau, 2015, S.30.
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Berechnungsverfahren für den Luft- und Trittschallschutz in Gebäuden
31
5 BERECHNUNGSVERFAHREN FÜR DEN LUFT- UND TRITTSCHALLSCHUTZ IN GEBÄUDEN
5.1 Berechnungsverfahren nach DIN 4109:1989-11 Beiblatt 1
5.1.1 Luftschalldämmung
Im Berechnungsverfahren für die Luftschalldämmung von trennenden Bauteilen gemäß DIN
4109:1989 Beiblatt 1 wird zunächst nach Gebäude in Massivbauart sowie Gebäuden in
Skelett- und Holzbauart unterschieden.
In Gebäuden massiver Bauart erfolgt die Berechnung des bewerteten Bau-
Schalldämmmaßes R‘w für massive Bauteile direkt aus der flächenbezogenen Masse des
Trennbauteils. Der Einfluss der flankierenden Bauteile wird dabei nur durch einen pauschalen
Korrekturwert berücksichtigt. Dieser Korrekturwert ermittelt sich aus der mittleren
flächenbezogenen Masse der flankierenden Bauteile.61
Die Berechnung der flächenbezogenen Massen für das Trennbauteil sowie für die
flankierenden Bauteile erfolgt gemäß Vorgaben der Norm. Mit den ermittelten Massen können
anhand von Massetabellen bewertete Bau-Schalldämmmaße je nach Art der Baustoffe
abgelesen werden. Weicht die mittlere flächenbezogene Masse der flankierenden Bauteile von
m‘=300 kg/m² ab, findet eine Auf- oder Abwertung durch den Korrekturwert KL1 statt.
Eine Pauschalbewertung findet auch bei der Ermittlung der Luftschalldämmung für massive
Wände mit biegeweicher Vorsatzschale statt. Mittels einer Tabelle werden unterschiedliche
Vorsatzschalen dargestellt für die, unter Berücksichtigung der flächenbezogenen Masse des
Trennbauteils, ermittelte bewertete Bau-Schalldämmmaße angeboten werden.
Für zweischalige Wände aus biegeweichen Schalen, z.B. aus Gipskartonplatten oder
Spanplatten, bietet die alte DIN 4109 einen Bauteilkatalog in dem R’w für den Nachweis
abgelesen werden kann. Dieser Bauteilkatalog fällt jedoch sehr üppig aus. Auch mit der
Erweiterung durch das Änderungsblatt A1, welches im Jahr 2003 erschienen ist und
Schalldämmmaße für Trockenbau-Montage-Wände enthält, können längst nicht alle
Wandkonstruktionen wiedergegeben werden. Hier gilt es ebenfalls die flächenbezogene
Masse der flankierenden Bauteile zu beachten. Im Falle einer Abweichung vom Normwert
findet eine Korrektur durch den Wert KL1 statt.
61 Vgl. Schäfers, Bauenplus, 2018, S.19.
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Berechnungsverfahren für den Luft- und Trittschallschutz in Gebäuden
32
Soll die Luftschalldämmung für Massivdecken ermittelt werden, muss ebenfalls eine Tabelle
herangezogen werden. Auch hier ist die flächenbezogene Masse der Decke
ausschlaggebend. Die ablesbaren bewerteten Bau-Schalldämmmaße werden nach
Einbausituation unterschieden. So können Werte für einschalige Massivdecken mit
unmittelbar aufgebrachten Estrich und Gehbelag, einschalige Massivdecken mit
schwimmendem Estrich, sowie für Decken nach dieser Bauart und zusätzlicher Unterdecke
ermittelt werden. Die Werte gelten auch für Stahlbetonrippendecken und
Stahlbetonhohldielen.
Gebäude, die in Skelett- oder Holzbauart erstellt werden, unterliegen einem anderen
Berechnungsansatz. Hier wird bereits eine bessere Unterscheidung zwischen der direkten
Schallübertragung des Trennbauteils und der Flankenübertragung über den Übertragungsweg
Ff getätigt. Der Nachweis kann über ein vereinfachtes Verfahren oder über eine rechnerische
Ermittlung des resultierenden bewerteten Bau-Schalldämmmaßes durchgeführt werden.
Die Eingangsdaten für diese beiden Verfahren liefern wiederum Bauteilkataloge, die getrennt
das bewertete Schalldämmmaß Rw,R für das trennende Bauteil und das bewertete Labor-
Schall-Längsdämmmaß RL,w,R,i des flankierenden Bauteils angeben. Im vereinfachten
Verfahren reicht es aus, wenn diese beiden Werte jeweils größer sind als der erforderliche
Anforderungswert, zuzüglich einem pauschalen Aufschlag von 5 dB.
Genauere Ergebnisse erhält man durch die rechnerische Ermittlung von R‘w . Dabei wird das
Schalldämmmaß des Trennbauteils und die Schall-Längsdämmmaße der flankierenden
Bauteile energetisch addiert und auf die Einbausituation abgestimmt. Die Berechnung erfolgt
über Gleichung ( 13 ) und ( 14 ).
𝑅′ , = −10𝑙𝑔 10 , + 10 , , , [𝑑𝐵] ( 13 ) 𝑅′ , , , = 𝑅 , , , + 10𝑙𝑔 𝑆𝑆 − 10𝑙𝑔 𝑙𝑙 [𝑑𝐵] ( 14 ) R’w,R bewertetes Bau-Schalldämmmaß [dB]
Rw,R bewertetes Schalldämmmaß des Trennbauteils [dB]
R’L,w,R,i bewertetes Bau-Schall-Längsdämmmaß des flankierenden Bauteils [dB]
RL,w,R,i bewertetes Schall-Längsdämmmaß des flankierenden Bauteils [dB]
ST Fläche des trennenden Bauteils [m2]
S0 Bezugsfläche (für Wände 10m²)
li gemeinsame Kantenlänge zwischen Trennbauteil und Flanke [m]
l0 Bezugslänge (für Decken und Böden 4,5m ; Wände 2,8m)
-
Berechnungsverfahren für den Luft- und Trittschallschutz in Gebäuden
33
5.1.2 Trittschalldämmung
Wie bei der Berechnung der Luftschalldämmung, wird auch bei der Trittschalldämmung
zwischen einer Massivbauweise und einer Skelett- oder Holzbauweise unterschieden. In der
Massivbauweise errechnet sich der bewertete Norm-Trittschallpegel L’n,w,R aus dem
äquivalenten bewerteten Norm-Trittschallpegel L’n,w,eq,R der Massivdecke, abzüglich einem
Trittschallverbesserungsmaß ΔLw,R der Deckenauflage.
Der äquivalent bewertete Norm-Trittschallpegel der Massivdecke wird durch deren
flächenbezogenen Masse bestimmt. Anhand einer Tabelle kann L’n,w,eq,R abgelesen werden.
Das Trittschallverbesserungsmaß wird durch die Bauweise und die Eigenschaft der verbauten
Trittschalldämmung bestimmt. In der Bauweise wird zwischen schwimmenden Estrich und
schwimmenden Holzfußböden unterschieden. Je nach dynamischer Steifigkeit der
Trittschalldämmung ergeben sich verschiedene Werte für ΔLw,R. Ein weichfedernder Gehbelag
kann sich des Weiteren positiv auf das Verbesserungsmaß auswirken.
Liegt der für den Nachweis zu schützende Raum nicht unmittelbar unter der betrachteten
Decke, kann durch einen Korrekturwert KT die Raumanordnung berücksichtigt werden. Somit
gilt für den Trittschall in Massivbauten folgende Berechnungsgleichung: 𝐿′ , , = 𝐿 , , , − ∆𝐿 , − 𝐾 [𝑑𝐵] ( 15 ) L’n,w,R bewerteter Norm-Trittschallpegel [dB]
Ln,w,eq,R äquivalent bewerteter Norm-Trittschallpegel [dB]
ΔLw,R Trittschallverbesserungsmaß [dB]
KT Korrekturwert für die Raumanordnung [dB]
Für Holzbalkendecken in Gebäuden massiver Bauart kann der bewertete Norm-
Trittschallpegel über einen Bauteilkatalog ermittelt werden. Bei Abweichung von m‘=300kg/m²
der flankierenden Bauteile findet, wie bei der Luftschalldämmung auch, eine Korrektur statt.
Für Holzbalkendecken in Gebäuden mit Skelett- oder Holzbauweise wird ebenfalls ein
Bauteilkatalog mit Werten für L’n,w,R angeboten. Dieser beinhaltet allerdings gerade einmal
sieben Ausführungsvarianten. Für andere Holzbalkendecken muss der Nachweis über eine
Eignungsprüfung geschehen.
5.1.3 Schallschutznachweise
Für die Erfüllung des Luftschallschutznachweises muss das berechnete bewertete Bau-
Schalldämmmaß größer gleich dem jeweiligen Anforderungswert sein. Eine Abminderung
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Berechnungsverfahren für den Luft- und Trittschallschutz in Gebäuden
34
durch einen Sicherheitsbeiwert findet nicht statt. Für den Trittschallnachweis darf der
berechnete bewertete Norm-Trittschallpegel nicht größer sein wie der jeweilige
Anforderungswert. Um Planungsunsicherheiten einzubeziehen muss der berechnete Werte
zuvor um 2 dB erhöht werden.
5.2 Berechnungsverfahren nach DIN 4109:2016-07
5.2.1 Luftschalldämmung
Im Gegensatz zum alten Berechnungsverfahren der 1989er Norm, ist im
Luftschallschutznachweis der neuen DIN 4109-2 eine weitaus umfänglichere Rechnung
entstanden. Bei der Ermittlung des bewerteten Bau-Schalldämmmaßes werden nach neuer
Berechnung alle relevanten Schallübertragungswege einzeln betrachtet. Dabei werden deren
Beiträge, unter Berücksichtigung der am Bau vorliegenden Geometrie und deren Stoßstellen,
in der Schallübertragung zusammengefasst. Somit findet eine klare Trennung zwischen der
Direktschallübertragung des trennenden Bauteils und deren Flanken statt.62
Die Berechnung von R’w erfolgt im Massivbau durch die energetische Addition aller
Übertragungswege und wird durch Gleichung ( 16 ) beschrieben.
𝑅′ = −10𝑙𝑔 10 , + 10 , + 10 , + 10 , [𝑑𝐵] ( 16 ) R‘w bewertetes Bau-Schalldämmmaß [dB]
RDd,w bewertetes Direktschalldämmmaß [dB]
RFf,w; RDf,w; RFd,w bewertete Flanken-Schalldämmmaße [m²]
Das Direktschalldämmmaß setzt sich dabei aus dem bewerteten Schalldämmmaß Rs,w des
Massivbauteils und einem Verbesserungsmaß für zusätzlich angebrachte Vorsatzschalen
zusammen. Die Ermittlung von Rs,w sowie alle weiteren Berechnungen für massive Bauteile
können dabei aus dem Bauteilkatalog Massivbau der DIN 4109-32 entnommen werden. Daten
für die rechnerische Ermittlung von Vorsatzschalen entsprechend dem Bauteilkatalog DIN
4109-34. Diese unterliegen der Theorie der Resonanzfrequenz, welche in dieser Arbeit in
Kapitel 2.2 vorgestellt wird.