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EDITORIAL
KONZERTVOM LESEN DER GESCHICHTE(N) – WERKE FÜR CEMBALO, HAMMERFLÜGEL,
KLAVIER UND AKKORDEON AUS FÜNF JAHRHUNDERTEN
BIOGRAFIEN
VORSCHAU
IMPRESSUM
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PHANTASTENMUSIK
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Ausschnitte dieses Konzerts werden am 31. Mai ab 22.05 Uhr
auf NDR Kultur übertragen; zuvor gibt es an diesem Abend
ab 20.05 Uhr eine Ausgabe von PRISMA MUSIK unter dem Titel
„Ein Klavier! Ein Klavier!“.
Andreas Staier ist zweifellos der führende deutsche Spezialist
für die Spielpraxis und Klangwelt des Hammerflügels – seine
Interpretationen haben ihm längst weltweite Reputation einge-
bracht. Tamara Stefanovich, die in der Reihe NDR das neue werk
zuletzt mit György Ligetis Klavierkonzert zu erleben war, hat sich
in einer wahrlich rasanten Karriere an die Spitze der internatio-
nalen Pianistenzunft gespielt. Und Teodoro Anzellotti, der dem
modernen Akkordeon als Konzertinstrument unerhörte Facetten
erschlossen und wichtige Kompositionen uraufgeführt hat (mehr
als 300 neue Werke wurden für ihn geschrieben), ist der bekann-
teste Akkordeonist unserer Zeit.
Ich freue mich also sehr, dass diese drei Künstler für ein gemein-
sames Konzert der Reihen NDR Das Alte Werk und NDR das
neue werk gewonnen werden konnten. Sie widmen sich in einem
großen Programm virtuoser Musik für Cembalo, Hammerflügel,
Klavier und Akkordeon aus fünf Jahrhunderten, und sie werden
auch einigen Nebenwegen des Repertoires nachgehen. Teodoro
Anzellotti wird dabei ein Auftragswerk des NDR aus der Taufe
heben: Die „Wiegenlieder“ von Brice Pauset.
Ich wünsche Ihnen einen anregenden Konzertabend im Rolf-
Liebermann-Studio!
EDITORIAL
ROLF BECK
Leitung Bereich Orchester und Chor des NDR
ROLF-LIEBERMANN-STUDIO DES NDR
OBERSTRASSE | 20 UHR
KONZERTANDREAS STAIER, Cembalo und
Hammerflügel
TAMARA STEFANOVICH, Klavier
TEODORO ANZELLOTTI, Akkordeon
BRICE PAUSET (*1965)
Kontra-Sonate für Hammerflügel (2000)
I. Movement
FRANZ SCHUBERT (1797 – 1828)
Sonate a-moll op. 42 D 845 für Hammerflügel
(1825)
I. Moderato
II. Andante, poco mosso
III. Scherzo. Allegro vivace
IV. Rondo. Allegro vivace
BRICE PAUSET
Kontra-Sonate für Hammerflügel (2000)
II. Movement
— Pause —
OLIVIER MESSIAEN (1908 – 1992)
Auszüge aus „Catalogue d’oiseaux“ für Klavier
(1956 – 1958)
L’alouette calandrelle (Die Kurzzehenlerche)
Le Loriot (Der Pirol)
Le courlis cendré (Der Große Brachvogel)
Le traquet rieur (Der Trauersteinschmätzer)
— Pause —
JOHANN JACOB FROBERGER
(1616 – 1667)
Suite VI C-Dur FbWV 612
„Lamento sopra la dolorosa perdita della Real
Maestà di Ferdinando IV“ für Cembalo (1656)
(Lamento) – Gigue – Courante – Sarabande
„Tombeau fait à Paris sur la mort de Monsieur
Blancheroche, lequel se joue fort lentement a la
discrétion sans oberserver aucune mesure “
FbWV 632 (1652)
bearbeitet für Akkordeon
BRICE PAUSET
Wiegenlieder für Akkordeon (2008)
Uraufführung, Auftragswerk des NDR
JOHANN JACOB FROBERGER
Lamentation „sur ce que j’ay été volé et se joue
à la discrétion et encore mieux que les soldats
m’ont traité“ aus der Suite XIV g-moll FbWV 614
(ca. 1652)
bearbeitet für Akkordeon
DOMENICO SCARLATTI
(1685 – 1758)
Sonata Es-Dur Andante e cantabile K 474
(ca. 1745)
Sonata G-Dur Allegro K 105 (ca. 1735)
Sonata H-Dur Vivo K 262 (ca. 1750)
bearbeitet für Akkordeon
LUCIANO BERIO (1925 – 2003)
Sequenza XIII
(Chanson) für Akkordeon (1995/1996)
Moderation: Habakuk Traber
SAMSTAG, 19.04.08
PHANTASTENMUSIK
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04KONZERT
in Kooperation mit
NDR Das Alte Werk
VOM LESEN DER GESCHICHTE(N)
„Gegenstand, Stoff, Aufgabe einer künstlerischen Darstellung“,
so lautet die einschlägige Duden-Definition des Begriffes „Su-
jet“. Den Werken des heutigen Abends ist gemeinsam, dass sie
in ganz unterschiedlicher Weise auf Sujets bezogen sind. Eine
solche Vorlage kann rein musikalischer Art sein, wie dies in
Brice Pausets Kontra-Sonate zu Schuberts Sonate D 845 der Fall
ist. Es kann sich dabei aber auch um das möglichst getreue Ab-
bild eines Naturphänomens handeln, wie bei Messiaens akri-
bischer Transkription von Vogelstimmen. Einen ähnlichen Hang
zum Realismus hatte auch der große Geschichtenerzähler der
barocken Klaviermusik, Johann Jacob Froberger, der in seinen
Suiten allerdings lieber denkwürdige Begebenheiten aus seinem
Leben detailgetreu in Töne setzte. Domenico Scarlatti und der
Vater der musikalischen Postmoderne, Luciano Berio, nutzten
dagegen Stilschablonen und instrumententypische Wendungen
als Vorlage und Ausgangspunkt für ihre Musik. Unterschiedlich
stark gebrochen und verwandelt klingen in den Werken des heu-
tigen Abends also entweder die Stimme der Natur, Flamenco-
gitarren, Kneipenklänge oder Klassiker der Klavierliteratur mit.
Eine in Worten zu erzählende Geschichte, einschlägig bekannte
Musik oder idiomatische Spielweisen werden in ein anderes
Medium, in den Gesamtzusammenhang eines neuen Stückes
oder auf ein anderes Instrument verpflanzt.
Für den 1965 in Besançon geborenen Brice Pauset ist die Mu-
sikgeschichte das zentrale Thema seiner Arbeit. In einer Zeit, in
der gleichzeitig und gleichberechtigt die verschiedensten Stile
nebeneinander bestehen und das Musikerbe der Menschheit in
kritischen Ausgaben und auf Tonträgern nahezu beliebig verfüg-
bar geworden ist, arbeitet Pauset sich konsequent an den Denk-
mälern der europäischen Musikkultur ab. „Das kompositorische
Werk steht heute dem Konsum der gesamten kulturellen Ver-
gangenheit gegenüber“, so lautet Pausets Analyse der gegen-
wärtigen Situation. Und entsprechend fällt sein künstlerisches
Credo aus: „Unsere musikalische Zeit ist derart mit der Vergan-
genheit konfrontiert, dass man gezwungen ist, eine Nahtstelle
WERKE FÜR CEMBALO, HAMMERFLÜGEL, KLAVIER UND AKKORDEON AUS FÜNF JAHRHUNDERTEN
OLIVIER
MESSIAEN
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zwischen Vergangenheit und heute zu finden.“ Auf diese Heraus-
forderung reagiert Pauset mit dem Entwurf einer Musik über
Musik. Er greift auf große Denkmäler der Tonkunst wie Kanons
von Bach, Suiten von Froberger und Couperin oder eine Sonate
von Schubert zurück, um diese Werke neu zu lesen und sie aus
heutiger Sicht fortzuschreiben. Der Titel von Pausets bekann-
testem Werk spiegelt dabei geradezu programmatisch jene
Idee, die seinem gesamten Œuvre zugrunde liegt: Die acht Rät-
selkanons, die Johann Sebastian Bach seinem berühmtesten
Variationswerk als Anhang beigegeben hat, verarbeitete Pauset
1997 zu seinen „Goldberg-Ausbreitungen“. In der im Jahre 2000
komponierten „Kontra-Sonate“ nimmt Pauset dagegen Franz
Schuberts Klaviersonate a-moll op. 42 zum Ausgangspunkt
eines zweisätzigen Werkes. Pausets Musik funktioniert dabei
wie ein Kommentar, der auf der Basis von Material aus deren
erstem und letztem Satz Schuberts Vorlage einrahmt und in ei-
nen neuen Gesamtzusammenhang stellt. Dass der Alte-Musik-
Experte Pauset dabei für einen historischen Hammerflügel der
Schubert-Zeit schreibt, rückt – wenn Schubert ebenfalls auf
dem historischen Instrument gespielt wird – sowohl seine zeit-
genössischen Klänge als auch unsere längst vom modernen
Konzertflügel geprägten Hörerwartungen in eine neue Perspek-
tive. Seine „Wiegenlieder“ für Akkordeon bezeichnet Pauset
dagegen als späten Abkömmling des barocken „stylus phantas-
ticus“, wobei die Assoziation zu Wiegenliedern in diesem Fall
einmal nicht über eine konkrete musikalische Vorlage begründet
ist, sondern durch die Haltung des Instrumentes, das der Spie-
ler „wie ein Kind“ in seinen Armen wiegt.
Einer der wichtigsten Faktoren im Leben und Schaffen des
Olivier Messiaen war seine franziskanische Zugewandheit zum
großen Buch der Natur. Als echte Forscherleidenschaft äußerte
sich diese Naturliebe in einem ausgeprägten Hang zu enzyklo-
pädischer Vollständigkeit bei ausführlicher Würdigung sämt-
licher Details. So informieren umfangreiche Vorworte den Inter-
preten Messiaenscher Werke genauestens über alle darin vor-
kommenden Vogelarten, deren Lebensumfeld, die Färbung ihres
Gefieders sowie das Verbreitungsgebiet. Naturtreue und orni-
thologische Sorgfalt waren für den Komponisten eine Glaubens-
sache. Und er scheute sich nicht, dem um Authentizität bemüh-
ten Interpreten seines Vogelkataloges frühmorgendliche Wald-
spaziergänge anzuraten. Messiaen selber betrieb solche Studien
mit im Laufe seines Lebens stetig wachsender Gründlichkeit.
Immer mit Notizblock und Notenpapier ausgerüstet, nutzte er
jede Gelegenheit, Vogelstimmen und Naturgeräusche aufzuzei-
chnen, um sie später in seinen Kompositionen zu verwenden.
Eine Frucht dieser musikalischen Feldforschung ist sein „Cata-
logue d’oiseaux“, in dem nicht nur die Stimmen seiner gelieb-
ten Vögel auf das Klavier übertragen werden, sondern zugleich
auch deren Lebensumfeld in Musik gesetzt wird. Für morgend-
liche Sänger wird eine Dämmerung mitkomponiert, wer am Was-
ser nistet, wird samt Wellenbewegungen portraitiert, und wes-
sen Gefieder bunt schillert, den ehrt Messiaen mit dem ganzen
Spektrum seiner raffinierten Harmonik.
„Denn dieser Phantastische Styl ist die allerfreieste und un-
gebundenste Setz- Sing- und Spielart, die man nur erdencken
kann, da man bald auf diese bald auf jene Einfälle geräth […]
An die Regeln der Harmonie bindet man sich allein bey dieser
Schreib-Art, sonst an keine.“ Mit diesen Worten charakterisierte
Johann Mattheson jenen frei schweifenden, an keine Melodie und
keine Taktordnung gebundenen „Stylus phantasticus“, an den
auch der Titel des heutigen Abends gemahnt. Einer der promi-
nentesten Vertreter dieses Stiles war Johann Jacob Froberger,
dessen intime Musik so völlig zwang- und scheinbar formlos
dahinfließt wie ein musikalisches Selbstgespräch. Vermutlich
gerade wegen dieser Freiheit von musikalischen Schemata hat
Froberger seine Musik häufig an eine erzählerische Vorlage
gebunden. Was ihm in seinem Leben als reisender Virtuose in
diplomatischen Diensten begegnete, reflektierte er getreulich
in seinen Suiten. So kann man etwa dank eines 1999 entdeckten
Manuskriptes voll detaillierter Erläuterungen Phrase für Phrase
verfolgen, wie im ersten Satz der Suite XXVII der Sturz eines
Reisegefährten in den Rhein, das Erschrecken der Mitreisenden,
das Gestrampel des Nichtschwimmers und das glückliche Ende
in Noten gesetzt sind.
Frobergers liebstes Thema aber war der Tod. Nicht nur „Ge-
danken über meinen eigenen zukünftigen Tod“ machte er sich,
sondern sein Werk weist auch eine Vielzahl von Lamentos und
Tombeaus auf, die dem Andenken Verstorbener gewidmet sind.
Das Tombeau für Monsieur Blancheroche etwa erzählt die
Geschichte von dem mit Froberger befreundeten Lautenisten
Blancheroche, der nach einem Besuch bei der stadtbekannten
Kurtisane Mme de St Thomas von einer Leiter stürzte und auch
durch einen von Froberger eiligst herbeigeholten Arzt nicht
mehr zu retten war. Das Lamento für Ferdinand IV dagegen ist
für dessen Vater Ferdinand III. geschrieben. Der hatte mit dem
frühen Tod seines Sohnes 1654 alle Hoffnungen begraben
müssen, seinen Stammhalter als Kaiser gekrönt zu sehen. Dass
Froberger hier die Tonart C-Dur wählt und dem Lamento drei
Tanzsätze folgen, erklärt man zumeist damit, dass er hier weni-
ger den Toten beklagen als seinem Dienstherren Trost zuspre-
chen wollte. Die Lamentation „sur ce que j’ay été volé …“
schließlich berichtet von den Prügeln, die der reisende Musikus
auf dem Weg von Brüssel nach Löwen von einer Bande lothrin-
gischer Grenzsoldaten bezogen hat.
Das Leben des Domenico Scarlatti war in seltsamer Weise zwei-
geteilt. Bis heute sprechen seine Biografen vom „italienischen“
und vom „spanischen“ Scarlatti, so als würde es sich um zwei
verschiedene Personen handeln. Und in der Tat trennt die bei-
den Lebenshälften des Komponisten ein tiefer Graben. Bis zu
seinem 45. Lebensjahr galt Domenico Scarlatti vor allem als der
Sohn seines großen Vaters, Alessandro Scarlatti. Zwar hatte
sich Domenico bis dahin bereits einen hervorragenden Ruf als
Cembalist erworben und eine stattliche Zahl von Opern, Sin-
fonien und Sakralwerken geschaffen, doch es gelang ihm nie,
ganz aus dem Schatten Alessandros zu treten. Dies änderte sich
erst im Jahr 1729, als Domenico im Gefolge der Prinzessin Maria
Barbara von Portugal nach Spanien übersiedelte. Als Privat-
cembalist der Monarchin schuf Scarlatti in den letzten 27 Jah-
ren seines Lebens jene 555 Kompositionen für Cembalo um
derentwillen er heute einen Ehrenplatz in der Musikgeschichte
und im Herzen vieler Musikliebhaber innehat.
Erst die Begegnung mit der iberischen Musik entfesselte bei
Scarlatti jene kreative Energien, die er im Umfeld des dominan-
ten Vaters nie hatte entfalten können. In der Volksmusik seines
Gastlandes begegneten ihm jene abrupten Kontraste, perkus-
siven Rhythmen, fremdartigen Tonsysteme und dissonanten
Klangballungen, die seine Musik so kühn und unverwechselbar
machen. Und auch seine epochalen Beiträge zur Technik des
Klavierspiels verdanken sich vor allem dem Umstand, dass Scar-
latti den andalusischen Gitarristen sehr genau auf die Finger ge-
sehen hat. Blockartig verschobene Akkorde, wie sei für die Gi-
tarre typisch sind, und Abschnitte in modaler Harmonik prägen
z. B. die Sonate K. 105, die man zu Scarlattis sogenannten „Fla-
menco-Sonaten“ zählt.
Während die tonangebenden Avantgardisten der 1950er- und
1960er-Jahre darauf setzten, die Musik aus dem Geiste mathe-
matischer Rationalität völlig neu zu erfinden, war Luciano Berio
von vornherein ein Verfechter historischer Kontinuität. Statt auf
„Tabula rasa“ setzte Berio auf die „Tendenz, mit Geschichte zu
arbeiten“. Das „bewusste Transformieren historischer ,Mine-
ralien‘“ erhob der geschichtsbewusste Italiener zu seinem Pro-
gramm. Das bekannteste Zeugnis dieses Arbeitens auf einer his-
torischen Folie ist Berios „Sinfonia“ (1968/1969), deren dritter
Satz Takt für Takt auf dem dritten Satz von Gustav Mahlers Zwei-
ter Sinfonie beruht und Mahlers Klänge mit Zitaten aus der Mu-
sikgeschichte von Bach bis Stockhausen überlagert.
Musikalische Erinnerungen, auch solche, die im Klang eines
Instrumentes transportiert werden, sind Berios Material. In der
Sequenza XIII wird das Instrument dabei auch als soziales Phä-
nomen zum Thema. Auf die Herkunft des Akkordeons aus der
populären Musik, auf seine Prägung durch Arbeiterlieder, Tango,
Jazz oder Volkstümliches weist Berio mit dem Untertitel, „Can-
zone/bzw. Chanson“, bewusst hin: „Damit der Interpret versteht,
dass es einen inneren Zusammenhang mit dem populären Ge-
brauch des Instrumentes gibt.“ Speziell für Teodoro Anzellotti
hat Berio mit der Sequenza XIII ein Akkordeonstück geschrie-
ben, in dem Avantgarde und der „sehr einfache idiomatischen
Aspekt des Instrumentes“ sich vereinen. Ein schlichtes, lied-
haftes Thema, das gleichwohl „eiskalt kalkuliert ist“ (Anzellotti),
eröffnet die Sequenza und kehrt im Laufe des Stückes refrain-
artig wieder. An den populären Hintergrund des Akkordeons er-
innern zudem etliche konventionelle Akkorde, die bei Instrumen-
ten älterer Bauart als harmonische Stereotypen fest „einpro-
grammiert“ waren und den eigentümlichen Klang des Akkorde-
ons geprägt haben.
Ilja Stephan
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08 BIOGRAFIEN
Andreas Staier, in Göttingen geboren, stu-
dierte Klavier und Cembalo in Hannover
und Amsterdam. Als Cembalist des
Ensembles Musica Antiqua Köln von 1983
bis 1986 unternahm er internationale Kon-
zertreisen, die ihn in alle europäischen
Länder, nach Süd- und Nordamerika sowie
nach Australien, Neuseeland und Südosta-
sien führten. Zahlreiche Einspielungen, die
während dieser Zeit entstanden, wurden
mit internationalen Preisen ausgezeichnet.
1986 hat sich Andreas Staier endgültig der
freien Solisten-Laufbahn zugewandt und
sich als Cembalo- und Hammerklavier-
Solist einen herausragenden Ruf erworben.
Neben seiner solistischen Tätigkeit arbeitet
er mit vielen bedeutenden Kammermusik-
partnern zusammen wie z. B. Anne Sophie
von Otter, Pedro Memelsdorff, Alexej Lubi-
mov und als feststehendes Trio mit Daniel
Sepec und Jean-Guihen Queyras. Eine
langjährige enge musikalische Partner-
schaft verbindet ihn mit dem Tenor Chris-
toph Prégardien. Als Solist gibt Andreas
Staier regelmäßig Konzerte mit Concerto
Köln, dem Freiburger Barockorchester, der
Akademie für Alte Musik Berlin, dem
Orchestre des Champs-Elysées Paris u. a.
Dabei tritt Andreas Staier regelmäßig bei
den großen internationalen Musikfestivals
auf (Festival de La Roque d'Anthéron, Festi-
val de Saintes, Festival de Montreux, Styri-
arte Graz, Schubertiade Schwarzenberg,
Schleswig-Holstein Musik Festival, Bach-
Fest Leipzig, Bachtage Berlin, Bachwoche
Ansbach, Kissinger Sommer u. a.) sowie auf
vielen großen Konzertbühnen in aller Welt.
Er hat eine Vielzahl von CD-Einspielungen
vorgelegt, die größtenteils mit internatio-
nalen Schallplattenpreisen ausgezeichnet
wurden. Bei Aeon erschien 2004 die Kon-
tra-Sonate von Brice Pauset, die Andreas
Staier im Sommer 2001 zur Uraufführung
brachte.
Tamara Stefanovich, die schon in jungen
Jahren Preisträgerin mehrerer internatio-
naler Wettbewerbe war, gab ihren ersten
Soloabend mit sieben Jahren und erlangte
den Master-Abschluss als Neunzehnjährige
in ihrer Heimatstadt Belgrad. Anschließend
setzte sie ihre Studien bei Claude Frank
am Curtis Institute of Music in Philadelphia
und später bei Pierre-Laurent Aimard in
Köln fort. Außerdem besuchte die Pianistin
Meisterkurse bei herausragenden Musikern
wie bei Mitgliedern des Alban Berg und
des Guarneri Quartetts, bei Richard Goode,
Eugene Istomin, Radu Lupu sowie bei Kom-
ponisten wie Pierre Boulez, George Crumb,
Peter Eötvös und György Kurtag. Heute tritt
Tamara Stefanovich, die seit dem Jahr
2003 regelmäßig mit Pierre-Laurent
Aimard zusammenarbeitet, in den großen
Konzerthäusern der Welt auf. In der Saison
2007/2008 stehen Konzerte u. a. mit dem
Cleveland und dem London Symphony
Orchestra an sowie mit dem Philharmonia
Orchestra London, dem St. Paul Chamber
Orchestra, dem Ensemble MusikFabrik und
der Camerata Salzburg. Dabei spielt Tama-
ra Stefanovich unter Dirigenten wie Pierre
Boulez, Peter Eötvös, Jonathan Nott, Esa-
Pekka Salonen und Etienne Siebens. Tama-
ra Stefanovich hat Meisterkurse und Work-
shops in Hannover, London, Leicester und
Belgrad gegeben. Mit Jimi Tenor hat sie an
ANDREAS STAIER, Cembalo
TAMARA STEFANOVICH, Klavier
einem Remix von Ligetis Klavierkonzert
gearbeitet und Werke von York Höller,
Marco Stroppa, Vassos Nicolaou, Johannes
Maria Staud und Peter Eötvös uraufgeführt.
Im süditalienischen Apulien geboren,
wuchs Teodoro Anzellotti in der Nähe von
Baden-Baden auf. Sein Musikstudium im
Fach Akkordeon absolvierte er an den
Musikhochschulen von Karlsruhe und Tros-
singen bei Jürgen Habermann und Hugo
Noth und gewann bald verschiedene inter-
nationale Wettbewerbe. Seit den 1980er
Jahren ist er regelmäßiger Gast bei großen
Festivals und wird als Solist von führenden
Orchestern engagiert, womit Teodoro
Anzellotti wesentlich zur Integration des
Akkordeons in das klassische Musikleben
beigetragen hat. Hierbei stellte er seine
Kunst insbesondere in den Dienst der
Neuen Musik. Durch neue Spieltechniken
hat er die Klangfarben seines Instruments
erheblich erweitert und neue Hörbilder
etabliert. Mehr als 300 neue Werke wurden
für Teodoro Anzellotti geschrieben, u. a. von
George Aperghis, Heinz Holliger, Toshio
Hosokawa, Mauricio Kagel, Michael Jarrell,
Isabel Mundry, Brice Pauset, Gerard Pes-
son, Matthias Pintscher, Wolfgang Rihm,
Salvatore Sciarrino, Marco Stroppa, Jörg
Widmann und Hans Zender. Luciano Berio
schuf für ihn die Sequenza XIII, die Anzel-
lotti 1995 in Rotterdam uraufführte und
danach bei vielen renommierten Festivals
in aller Welt interpretierte. Seit 1987 unter-
richtet Teodoro Anzellotti an der Hochschu-
le der Künste Bern, seit 2002 auch an der
Musikhochschule Freiburg im Breisgau.
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Seine Diskographie umfasst ein Werk-
spektrum, das von Bach und Scarlatti über
Janáček und Satie bis zu John Cage und
Matthias Pintscher reicht.
TEODORO ANZELLOTTI, Akkordeon
Ihre nächsten Konzerte in der Reihe
NDR das neue werk
ROLF-LIEBERMANN-STUDIO DES NDR
OBERSTRASSE 120
PORTRAIT KAIJA SAARIAHO
FREITAG, 25.04.2008 | 20 UHR
KONZERT 1
NDR SINFONIEORCHESTER
Dirigentin: SUSANNA MÄLKKI
Solisten: MELANIE WALZ, Sopran
MARKUS EICHE, Bariton
CAMILLA HOITENGA, Flöte
KAIJA SAARIAHO
Nymphea Reflection
Aile du songe
(Konzert für Flöte und Orchester)
Cinq reflets
aus der Oper „L’amour de loin“
(Deutsche Erstaufführung)
10 VORSCHAU
SAMSTAG, 26.04.2008 | 20 UHR
KONZERT 2
MELANIE WALZ, Sopran
CAMILLA HOITENGA, Flöte
JEAN-BAPTISTE BARRIERE, Video-Livekon-
zept und Projektionen
KAIJA SAARIAHO
Laconisme de l’aile
für Flöte
From the Grammar of Dreams
für Sopran und Elektronik
NoaNoa
für Flöte und Elektronik
Dolce Tormento
für Piccoloflöte
Changing Light
für Sopran und Flöte
Lonh
für Sopran und Elektronik
Herausgegeben vom
Norddeutschen Rundfunk
Programmdirektion Hörfunk
Leitung Bereich Orchester und Chor:
Rolf Beck
Redaktion NDR das neue werk:
Dr. Richard Armbruster
Redaktion des Programmheftes:
Dr. Richard Armbruster
Dr. Harald Hodeige
Textnachweis:
Der Einführungstext von Dr. Ilja Stephan
ist ein Originalbeitrag für den NDR.
E-Mail: [email protected]
Fotos: Gita Mundry | NDR;
Harmonia Mundi | France-Alvaro Jamez (Umschlag)
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